Christoph Vielhaber Wertorientierte Unternehmenssteuerung in der Energiewirtschaft Dissertation Universität Dortmund, 2005 Vielhaber, Christoph: Wertorientierte Unternehmenssteuerung in der Energiewirtschaft Christoph Vielhaber Sunderner Straße 26 59821 Arnsberg e-mail: cvielhaber@gmx.de Meinen Eltern Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand berufsbegleitend während meiner Tätigkeit bei der Stadtwerke Düsseldorf Aktiengesellschaft in den Bereichen Konzernstrategie und Risikomanagement sowie Center- und Beteiligungscontrolling in den Jahren 2003 bis 2005. Sie wurde im Februar 2005 fertiggestellt und im Juni 2005 vom Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Dortmund als Dissertation angenommen. Die wesentliche theoretische Grundlage für meine Arbeit lieferten mir die Literaturquellen aus den Bereichen Unternehmenssteuerung, Strategie und Wertmanagement. Zudem konnten die aus zahlreichen Fachbeiträgen und Diskussionen gewonnenen Erkenntnisse zu vorgenannten Themenstellungen unterstützend einbezogen werden. Als Schwierigkeit und zugleich besondere Herausforderung erwies sich die Verbindung von Theorie und Praxis. Die Mitarbeit bei der Ent- wicklung und Implementierung wesentlicher Elemente einer wertorientierten strategischen Steuerung in einer bereichsübergreifenden Projektgruppe bei meinem Arbeitgeber sowie die ein- hergehenden, mit unterschiedlichen Spezialisten geführten Gespräche erwiesen sich als beson- ders hilfreich für das Gelingen des praxisnahen Forschungsansatzes. Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle insbesondere für die zahlreichen Diskussionen mit Herrn Prof. Dr. Servatius und das durch ihn zur Verfügung gestellte praxisnahe Studien- und Informationsmaterial. Danken möchte ich auch allen weiteren Gesprächspartnern aus der Energiewirtschaft sowie Unter- nehmensberatungen für ihre Diskussionsbereitschaft und die Bereitstellung von ausgewählten Projekt- und Unternehmensdaten. Auf meiner fachlichen Grandwanderung zwischen Theorie und Praxis gilt mein größter Dank jedoch meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Egon Jehle, der meine Arbeit umfassend betreut und begleitet hat. Ebenso gilt mein Dank auch Herrn Prof. Dr. Ulrich Teichmann für die Über- nahme des Koreferates. Danke sagen möchte ich auch Angelika, die mir stets mit Rat und Tat bei organisatorischen und sonstigen Fragestellungen hilfreich zur Seite Stand. Da meine Arbeit berufsbegleitend entstand, gilt mein Dank auch meinen Kollegen bei der Stadtwerke Düsseldorf Aktiengesellschaft, die mir für regelmäßige Diskussionen zur Verfügung standen. Besonderer Dank gebührt auch meinem privaten Umfeld. Ohne die Unterstützung von Dörte, Sonja, Yvonne, Dennis und Sascha wäre diese Arbeit nicht so entstanden, wie sie heute vorliegt. Abschließend möchte ich auch meinen Eltern Franz und Elisabeth Vielhaber danken, die mir die Voraussetzungen zur Promotion geschaffen haben. Ihnen widme ich diese Arbeit. Düsseldorf, den 11. September 2005 Christoph Vielhaber I. Gliederung I Thema: Wertorientierte Unternehmenssteuerung in der Energiewirtschaft Seite: I. Inhaltsverzeichnis..........................................................................................................................I II. Abbildungsverzeichnis .............................................................................................................. V III. Formelverzeichnis ................................................................................................................. VII IV. Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................................... VIII I. Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ........... ........................................................................................................................1 1.1 Ausgangslage und Problemstellung.......................................................................................1 1.2 Ziel der Arbeit........................................................................................................................6 1.3 Aufbau und Gang der Untersuchung .....................................................................................8 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft ...............................................................12 2.1 Entwicklungsstand und Öffnungsgrad der unterschiedlichen Energiemärkte.....................13 2.1.1 Status Quo des Strommarktes........................................................................................15 2.1.2 Status Quo des Gasmarktes ...........................................................................................20 2.1.3 Status Quo des Fernwärmemarktes ...............................................................................21 2.1.4 Status Quo der Wasserversorgung.................................................................................21 2.2 Auswirkungen der Liberalisierung auf die Unternehmenssteuerung ..................................23 2.2.1 Verstärkte Kundenorientierung .....................................................................................24 2.2.2 Erhöhung des Kostendrucks ..........................................................................................27 2.2.3 Entbündelung der Wertschöpfungskette........................................................................31 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung..................................................................................35 3.1 Wesentliche Aspekte der Begriffsbildung ...........................................................................35 3.1.1 Institutionaler Aspekt der Betrachtung..........................................................................36 3.1.2 Funktioneller Aspekt der Betrachtung...........................................................................36 3.1.3 Instrumentaler Aspekt der Betrachtung.........................................................................37 3.1.3.1 Nutzung von Planungssystemen .............................................................................37 3.1.3.2 Zielgerichtete Organisationsstrukturierung.............................................................38 3.1.3.3 Implementierung von Controllingsystemen............................................................39 3.2 Die zentralen Prinzipien der Unternehmenssteuerung.........................................................41 3.2.1 Das Prinzip der Integration............................................................................................41 3.2.2 Das Prinzip der Kommunikation ...................................................................................42 3.2.3 Das Prinzip der Konzentration ......................................................................................43 3.2.4 Das Prinzip der Interdisziplinarität................................................................................44 3.3 Veränderte Anforderungen an die heutige Unternehmenssteuerung...................................46 3.3.1 Unternehmensinterne Analyse der Steuerungsanforderungen ......................................46 3.3.1.1 Notwendigkeit der Marktorientierung.....................................................................48 3.3.1.2 Notwendigkeit der Systemorientierung...................................................................48 3.3.1.3 Notwendigkeit der Kreativitätsorientierung............................................................49 3.3.1.4 Notwendigkeit der Mitarbeiterorientierung ............................................................50 3.3.1.5 Notwendigkeit der Wirtschaftlichkeitsorientierung................................................52 3.3.1.5.1 Effizienz und Effektivität als wesentliche Ziele ...............................................52 3.3.1.5.2 Outcome-Orientierung als neue Herausforderung............................................54 3.3.2 Unternehmensexterne Analyse der Steuerungsanforderungen......................................56 3.3.2.1 Analyse und Vorstellung der Shareholder Value-Orientierung..............................57 3.3.2.2 Analyse und Vorstellung der Stakeholder Value-Orientierung ..............................60 3.3.3 Energiewirtschaftliche Analyse der Steuerungsanforderungen.....................................63 I. Gliederung II 3.3.3.1 Ausgangssituation auf den Energiemärkten............................................................63 3.3.3.2 Anforderungen an den Steuerungsansatz ................................................................64 3.3.3.2.1 Allokation der Steuerungsverantwortung .........................................................65 3.3.3.2.2 Festlegung von Transferpreis-Prinzipien..........................................................66 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung ..........................................................67 4.1 Vorstellung der Profit Center-Steuerung .............................................................................68 4.1.1 Thematische Einführung und Grundlagen der Organisation.........................................69 4.1.2 Begrifflichkeit und Abgrenzung zu anderen Steuerungsmodellen................................72 4.1.2.1 Notwendigkeit der Autonomie ................................................................................72 4.1.2.2 Notwendigkeit der Saldoverantwortung .................................................................74 4.1.3 Organisatorische Umsetzung des Steuerungsmodells ...................................................75 4.1.3.1 Funktionale Ausgestaltung der Organisation ..........................................................78 4.1.3.1.1 Ermittlung des Funktionsgewinns ....................................................................78 4.1.3.1.2 Delegation von Entscheidungsbefugnissen ......................................................79 4.1.3.1.3 Ausgliederung einzelner Funktionen ................................................................80 4.1.3.2 Divisionale Ausgestaltung der Organisation...........................................................81 4.1.3.2.1 Objektzentralisation ..........................................................................................81 4.1.3.2.2 Verrichtungsdezentralisation ............................................................................82 4.1.3.2.3 Entscheidungsdezentralisation..........................................................................82 4.1.4 Zielsetzung des Steuerungsmodells...............................................................................85 4.1.5 Führung der Profit Center-Konzeption..........................................................................87 4.1.5.1 Organisation der Profit Center-Führung .................................................................88 4.1.5.1.1 Führungsebenen als organisatorische Schnittstellen ........................................88 4.1.5.1.2 Service Center zur fachlichen Entlastung der Unternehmensführung..............89 4.1.5.2 Planung der Profit Center-Konzeption....................................................................91 4.1.5.2.1 Die Struktur der Planung ..................................................................................91 4.1.5.2.2 Das System der Planung ...................................................................................93 4.1.5.2.3 Der Prozess der Planung ...................................................................................94 4.1.5.2.4 Die Organisation der Planung...........................................................................95 4.2 Vorstellung der Zielsteuerung .............................................................................................98 4.2.1 Notwendigkeit der strategischen Zielplanung...............................................................98 4.2.1.1 Der Prozess der Zielbildung....................................................................................99 4.2.1.2 Das Konzept der Erfolgspotenziale.......................................................................102 4.2.1.3 Die Integration der Instrumente ............................................................................105 4.2.2 Wesentliche Eckpunkte der Steuerung über Ziele.......................................................107 4.2.2.1 Definition von Zielen und Bedeutung für die Steuerung ......................................108 4.2.2.2 Grundsätzliche Strukturierung der Steuerungskonzeptionen................................110 4.2.2.3 Zielmessung als wesentlicher Steuerungsbestandteil ...........................................112 4.2.2.4 Wesentliche Problembereiche der Steuerung........................................................113 4.2.3 Die Zielvereinbarung als das wesentliche Element der Zielsteuerung........................114 4.2.3.1 Grundsätze der Zielvereinbarung..........................................................................114 4.2.3.2 Elemente der Zielvereinbarung .............................................................................116 4.2.3.3 Kontraktinhalte der Zielvereinbarung...................................................................117 4.2.4 Rahmenbedingungen für die Steuerung über Zielvereinbarungen..............................120 4.2.4.1 Budgetierung als zentrales Element ......................................................................120 4.2.4.2 Erweiterung durch die dezentrale Ressourcenverantwortung...............................122 4.2.4.3 Berichterstattung durch das Kontrakt-Monitoring................................................124 4.3 Vorstellung der Balanced Scorecard-Steuerung................................................................128 4.3.1 Grundlagen und Intention der Steuerungskonzeption .................................................129 4.3.2 Umfassendes Managementsystem...............................................................................130 4.3.2.1 Vermittlung eines strategischen Handlungsrahmens ............................................131 I. Gliederung III 4.3.2.2 Verbesserung des Controllings-, Budgetierungs- und Planungsprozesses ...........133 4.3.3 Der Prozess der Balanced Scorecard...........................................................................134 4.3.3.1 Vision und Strategieentwicklung ..........................................................................134 4.3.3.2 Kommunikation der Gesamtstrategie....................................................................135 4.3.3.3 Strategische Zielintegration ..................................................................................136 4.3.3.4 Lernende Organisation ..........................................................................................138 4.3.4 Die Perspektiven der Balanced Scorecard...................................................................140 4.3.4.1 Finanzielle Perspektive .........................................................................................142 4.3.4.2 Kundenperspektive................................................................................................143 4.3.4.3 Interne Prozessperspektive....................................................................................145 4.3.4.4 Lern- und Entwicklungsperspektive .....................................................................148 5. Vorstellung des Wertmanagements.........................................................................................153 5.1 Entstehung und Grundlagen...............................................................................................154 5.1.1 Historischer Hintergrund .............................................................................................154 5.1.2 Defizite der traditionellen Kennzahlen........................................................................157 5.1.3 Elemente und Anwendungsformen .............................................................................159 5.2 Wertschaffung als strategischer Orientierungsrahmen ......................................................161 5.2.1 Zusammenhang zwischen Erfolgspotenzialen und dem Unternehmenswert ..............161 5.2.2 Zusammenhang zwischen Erfolgspotenzialen, Wertpotenzialen und strategischen Erfolgsfaktoren ............................................................................................................162 5.2.3 Monetäre Quantifizierung durch den Discounted Cashflow-Ansatz...........................163 5.3 Gestaltungsanforderung an die Ausgestaltung der Steuerung ...........................................165 5.3.1 Bausteine und grundsätzliche Anforderungen.............................................................165 5.3.2 Anforderungen an die Steuerungsgrößen ....................................................................167 5.3.3 Anforderungen an das Zielausmaß..............................................................................169 5.3.4 Anforderungen an Kommunikation und Durchsetzung...............................................170 5.4 Instrumente und Methoden der Wertermittlung ................................................................172 5.4.1 Kennzahlen und Bewertungsverfahren........................................................................172 5.4.1.1 Der Discounted Cashflow-Ansatz.........................................................................172 5.4.1.2 Der Economic Value Added-Ansatz .....................................................................178 5.4.1.3 Der Cash Value Added-Ansatz .............................................................................180 5.4.2 Nutzungsformen von Kennzahlen und konzeptionelle Beurteilung............................182 5.4.2.1 Instrumentelle Nutzungsform................................................................................182 5.4.2.2 Konzeptionelle Nutzungsform ..............................................................................183 5.4.3 Vorstellung und Beurteilung ergänzender Instrumente...............................................184 5.4.3.1 Mehrdimensionale Werttreiberhierarchien ...........................................................184 5.4.3.2 Management von Erfolgspotenzialen....................................................................186 5.5 Formulierung und Auswahl wertorientierter Strategien ....................................................187 5.5.1 Strategische Analyse als Grundlage der Strategieformulierung..................................187 5.5.2 Bewertung als Grundlage der Strategieauswahl..........................................................190 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses...........................................................192 6.1 Prozessanalyse der Modelle der Unternehmenssteuerung.................................................192 6.1.1 Zusammenfassende Analyse der Profit Center-Steuerung ..........................................192 6.1.2 Zusammenfassende Analyse der Zielsteuerung ..........................................................197 6.1.3 Zusammenfassende Analyse der Balanced Scorecard-Steuerung...............................199 6.2 Prozessgenerierung zu einem kombinierten Steuerungsansatz .........................................201 6.2.1 Kombination der identifizierten Prozessschritte .........................................................202 6.2.2 Analyse der identifizierten Prozessschritte .................................................................204 6.2.3 Integration der unterschiedlichen Prozessschritte .......................................................205 6.3 Strategische Prozessanalyse auf Basis der Balanced Scorecard-Steuerung ......................211 6.3.1 Verbindung der Zielsteuerung mit der Balanced Scorecard-Steuerung......................212 I. Gliederung IV 6.3.2 Verbindung der Profit Center-Steuerung mit der Balanced Scorecard-Steuerung......219 6.3.3 Beispielimplementierung und Status Quo der energiewirtschaftlichen Steuerung .....227 6.4 Ganzheitlich-integrativer Analyseansatz ...........................................................................233 6.4.1 Anforderungen der ganzheitlichen Steuerung .............................................................233 6.4.2 Anforderungen der wertorientierten Steuerung...........................................................238 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses .................................248 7.1 Bewertungsansatz auf Basis unternehmerischer Erfolgsfaktoren......................................248 7.1.1 Orientierungsgrundlage der Unternehmenssteuerung .................................................248 7.1.2 Gestaltungsansatz des Wertmanagements ...................................................................251 7.1.3 Unterstützungsleistung des kombinierten Steuerungsprozesses .................................252 7.1.3.1 Analyse der Planungsphase...................................................................................252 7.1.3.2 Analyse der Implementierungsphase ....................................................................257 7.1.3.3 Analyse der Kontrollphase....................................................................................261 7.2 Lösungsansatz der Discounted Cashflow-Problematik .....................................................263 7.2.1 Horizontale Kompatibilität der Steuerungsgrößen......................................................263 7.2.2 Vertikale Kompatibilität der Steuerungsgrößen..........................................................265 7.2.3 Komplexitätsreduktion der Wertschaffung .................................................................267 7.3 Bewertungsansatz auf Basis differenzierter Studienergebnisse ........................................271 7.3.1 Ansatz auf Basis der Studienergebnisse von KPMG ..................................................271 7.3.2 Ansatz auf Basis der Studienergebnisse von Arthur Andersen ...................................272 7.3.3 Ansatz auf Basis der Studienergebnisse von Horváth & Partners...............................274 7.3.3.1 Status Quo der strategischen Führungsprozesse ...................................................275 7.3.3.2 Erfolgsfaktoren der nachhaltigen Wertsteigerung ................................................279 7.4 Bewertungsansätze auf Basis ausgewählter Steuerungsmodelle .......................................281 7.4.1 Ansatz auf Basis der Balanced Scorecard-Steuerung..................................................282 7.4.1.1 Einführende Überlegungen ...................................................................................282 7.4.1.2 Analyse der Wertsteigerungsunterstützung...........................................................284 7.4.1.3 Analyse des Managementsystems und abschließende Betrachtung......................285 7.4.2 Ansatz auf Basis der Profit Center-Steuerung.............................................................288 7.4.2.1 Einführende Überlegungen ...................................................................................288 7.4.2.2 Analyse der Wertsteigerungsunterstützung...........................................................289 7.4.2.3 Analyse des Managementsystems und abschließende Betrachtung......................292 7.4.3 Ansatz auf Basis der Zielsteuerung .............................................................................295 7.4.3.1 Einführende Überlegungen ...................................................................................295 7.4.3.2 Analyse der Wertsteigerungsunterstützung...........................................................296 7.4.3.3 Analyse des Managementsystems und abschließende Betrachtung......................299 7.5 Alternative Bewertungsansätze und energiewirtschaftliche Analyse................................301 7.5.1 Quantifizierung der Wertschaffung über eine Defizitbetrachtung ..............................301 7.5.2 Wertrelevanz für die Energiewirtschaft.......................................................................304 7.5.2.1 Veränderte Rahmenbedingungen der energiewirtschaflichen Steuerung .............304 7.5.2.2 Steuerungserweiterung zur Bedienung neuer Anforderungen ..............................305 7.5.2.3 Bewertung des Prozessnutzens auf Basis neuer Anforderungen ..........................309 8. Ergebnisse und Ausblick.........................................................................................................317 8.1 Ergebnisse der vorliegenden Arbeit...................................................................................317 8.2 Ausblick in die Zukunft der Energiewirtschaft..................................................................321 9. Literaturverzeichnis.................................................................................................................325 II. Abbildungsverzeichnis V II. Abbildungsverzeichnis Seite: Abbildung 1: Aufbau und Gang der Untersuchung ....................................................................11 Abbildung 2: Überkapazitäten in Europa im Jahr 2000..............................................................18 Abbildung 3: Struktur der deutschen Energieversorgung...........................................................19 Abbildung 4: Mögliches Spektrum eines Utility-Unternehmens................................................27 Abbildung 5: Führung vs. Steuerung ..........................................................................................35 Abbildung 6: Wandel der Märkte ...............................................................................................46 Abbildung 7: Integrativer Ansatz der Unternehmensführung.....................................................47 Abbildung 8: Anspruchsgruppen der Unternehmensführung .....................................................56 Abbildung 9: Ermittlung des freien Cashflows...........................................................................59 Abbildung 10: Schnittstellenmanagement in Übergangsmärkten.................................................64 Abbildung 11: Integrierte Steuerung.............................................................................................68 Abbildung 12: Bestimmung von Entscheidungsaktivitäten..........................................................69 Abbildung 13: Funktionale Profit Center-Konzeption..................................................................77 Abbildung 14: Divisionale Profit Center-Konzeption ..................................................................77 Abbildung 15: Führungsebenen der divisionalen Profit Center-Konzeption................................88 Abbildung 16: Service Center in der divisionalen Profit Center-Konzeption ..............................90 Abbildung 17: Organisationsform eines Service Center Controlling ...........................................96 Abbildung 18: Konzeption der strategischen Zielplanung .........................................................101 Abbildung 19: Erfolgsfaktoren und Erfolgspotenziale im Überblick .........................................104 Abbildung 20: Strategieimplementierung ...................................................................................107 Abbildung 21: Elemente der Zielsteuerung ................................................................................116 Abbildung 22: Prozess der Leistungserstellung..........................................................................118 Abbildung 23: Beispiel eines Kontraktes als Leistungsvereinbarung ........................................119 Abbildung 24: Steuerungsunterstützung durch Controlling .......................................................121 Abbildung 25: Budgetierung und dezentrale Ressourcenverantwortung ...................................123 Abbildung 26: Voraussetzungen der dezentralen Ressourcenverantwortung.............................124 Abbildung 27: Berichtshierarchie des Unternehmens.................................................................124 Abbildung 28: Balanced Scorecard als strategischer Handlungsrahmen....................................132 Abbildung 29: Ursache-Wirkungs-Zusammenhang....................................................................137 Abbildung 30: Die Perspektiven der Balanced Scorecard ..........................................................141 Abbildung 31: Ergebniszielgrößen der Kundenperspektive .......................................................144 Abbildung 32: Wertschöpfungskette nach Porter .......................................................................147 Abbildung 33: Die interne Prozesswertkette...............................................................................147 Abbildung 34: Lernen und Wachstum ........................................................................................150 Abbildung 35: Prozesskette Mitarbeiter vs. Kundenzufriedenheit .............................................151 Abbildung 36: Wertorientierung in der Praxis............................................................................161 Abbildung 37: Unternehmenswert als Monetarisierung der Erfolgspotenziale..........................162 Abbildung 38: Wesentliche Potenzialzusammenhänge ..............................................................163 Abbildung 39: Säulen der unternehmerischen Steuerung...........................................................164 Abbildung 40: Bausteine des Wertmanagements........................................................................166 Abbildung 41: Anforderungen der Wertorientierung .................................................................167 Abbildung 42: Bilanzergebnis und Wertentwicklung.................................................................169 Abbildung 43: Werttreiberbaum .................................................................................................170 Abbildung 44: Cashflow-Beziehungen .......................................................................................173 Abbildung 45: Wertgeneratoren nach Rappaport .......................................................................174 Abbildung 46: Verfahren zur Wertbeitragbestimmung ..............................................................181 Abbildung 47: Management von Erfolgspotenzialen .................................................................187 Abbildung 48: Wettbewerbsanalyse und Bezug zur Wertgeneration .........................................188 Abbildung 49: Zusammenhänge der Wertsteigerung..................................................................189 II. Abbildungsverzeichnis VI Abbildung 50: Anforderungskriterien und Instrumente der Wertorientierung ...........................191 Abbildung 51: Rahmenbedingungen der Profit Center-Steuerung .............................................194 Abbildung 52: Gesamtprozess der Profit Center-Steuerung.......................................................196 Abbildung 53: Gesamtprozess der Zielsteuerung .......................................................................198 Abbildung 54: Gesamtprozess der Balanced Scorecard .............................................................201 Abbildung 55: Gesamtüberblick Prozesselemente der Steuerungsmodelle................................203 Abbildung 56: Zuordnung Prozesselemente ...............................................................................209 Abbildung 57: Kombinierter Prozess der Unternehmenssteuerung............................................210 Abbildung 58: Integration von Balanced Scorecard und Zielsteuerung .....................................214 Abbildung 59: Zusammenspiel der strategischen Steuerungselemente ......................................229 Abbildung 60: Gesamtzusammenhang Strategie, Center-, Individualzielvereinbarung.............232 Abbildung 61: Ganzheitliche Steuerung .....................................................................................235 Abbildung 62: Rückkopplung der Elemente der ganzheitlichen Steuerung ...............................240 Abbildung 63: Integriertes Managementsystem .........................................................................242 Abbildung 64: Beispiel einer Strategy Map................................................................................244 Abbildung 65: Selbstverantwortlicher Wandel...........................................................................245 Abbildung 66: Einfluss der strategischen Erfolgsfaktoren auf den Unternehmenswert .............250 Abbildung 67: Ebenenverknüpfung ............................................................................................273 Abbildung 68: Strategische Führungsprozesse ...........................................................................279 III. Formelverzeichnis VII III. Formelverzeichnis Seite: Formel 1: Entity-Ansatz ..............................................................................................................174 Formel 2: WACC ........................................................................................................................175 Formel 3: Renditeforderung der Eigenkapitalgeber....................................................................176 Formel 4: Economic Value Added .............................................................................................179 Formel 5: Unternehmenswertermittlung nach dem EVA-Konzept.............................................179 Formel 6: Cashflow Return on Investment .................................................................................180 Formel 7: Cash Value Added......................................................................................................181 Formel 8: Unternehmenswertermittlung nach dem CVA-Konzept ............................................181 IV. Abkürzungsverzeichnis VIII IV. Abkürzungsverzeichnis BGBl. Bundesgesetzblatt BSC Balanced Scorecard Bsp. Beispiel bspw. beispielsweise bzw. beziehungsweise CAPM Capital Asset Pricing Model CFROI Cashflow Return on Investment CVA Cash Value Added DCF Discounted Cashflow d.h. das heißt EDV Elektronische Datenverarbeitung EEG Erneuerbare-Energien-Gesetz EF Erfolgsfaktor EnWG Energiewirtschaftsgesetz EP Erfolgspotenzial etc. et cetera evtl. eventuell EVA Economic Value Added EVU Energieversorgungsunternehmen FCF Freier Cashflow ff. fortfolgende [Seiten] FuE Forschung und Entwicklung GB Geschäftsbereich ggf. gegebenenfalls grds. grundsätzlich GW Gigawatt GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen HA Hauptabteilung HGB Handelsgesetzbuch inkl. inklusive i.S.d. im Sinne der, im Sinne des IT Informationstechnologie KGSt Kommunale Gemeinschaftsstelle KWKG Kraft-Wärme-Kopplungs Gesetz MA Mitarbeiter IV. Abkürzungsverzeichnis IX MbO Management by Objectives Mio. Millionen Mrd. Milliarde M&A Mergers and Acquisitions NCF Nachhaltiger Cashflow neg. negativ NOPAT Net Operating Profit after Tax o.A. ohne Autor o.Jg. ohne Jahrgang o.O. ohne Ortsangabe ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr pers. Persönlich pos. positiv rd. rund resp. Respektive ROI Return On Investment S. Seite u. und u.a. und and[e]re, unter and[e]rem, unter ander[e]n u.U. unter Umständen vgl. vergleich[e] vs. versus WACC Weighted Average Cost of Capital 1. Einleitung 1 1. Einleitung Die vorliegende Arbeit thematisiert den kombinierten Einsatz unterschiedlicher Steuerungs- instrumente in einem ganzheitlichen Ansatz vor dem Hintergrund gestiegener Anforderungen an die heutige Unternehmenssteuerung. Bisher wurde diese Problematik in der Literatur kaum behandelt, obwohl gerade dem Controlling eine diesbezügliche Koordinationsfunktion zugespro- chen wird.1 Das Controlling kann dieser koordinierenden Funktion jedoch nur gerecht werden, wenn es gelingt, sämtliche Steuerungsinstrumente im Unternehmen effizient aufeinander abzu- stimmen. Die wertorientierte Unternehmenssteuerung bildet in der nachfolgenden Analyse den wesentlichen Bezugsrahmen für die Untersuchung eines kombinierten Ansatzes. Die Arbeit liefert eine methodische Vorgehensweise für die grundsätzliche Erweiterung heutiger Steuerungskonzeptionen. Ausgangs- und wesentlicher Bezugspunkt der Ausführungen bilden die gestiegenen Kapitalmarkt- und Liberalisierungsanforderungen der deutschen Energiewirtschaft und die damit einhergehenden Auswirkungen auf die Steuerung der Unternehmen. Insgesamt wird jedoch eine grundsätzliche und damit branchenübergreifende Herangehensweise gewählt. 1.1 Ausgangslage und Problemstellung Das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts trat am 29. April 1998 in Kraft.2 Damit ist erstmals seit dem Jahr 1935 eine grundlegende Reform des Rechtsrahmens für Strom und Gas in der Bundesrepublik Deutschland umgesetzt worden. Diese Novellierung des Energie- rechts hat zu einem weitgehenden Paradigmenwechsel geführt, welcher insbesondere die An- bieter von Elektrizität und Gas mit grundlegend neuen Herausforderungen konfrontiert.3 Die Reform beendete das Bestehen monopolistisch geschlossener Versorgungsgebiete und öffnete die Strom- und Gasmärkte im Interesse der Abnehmer für den Wettbewerb.4 Damit wurde nach der Bahn-, Post- und Telekommunikationsreform der letzte große Monopolbereich liberalisiert. 1 In der Praxis werden verschiedene Instrumente der Unternehmenssteuerung vielfach kombiniert. Aufgrund bestehender Interdependenzen stellt sich damit die Frage nach einer optimalen Abstimmung einzelner Instrumente untereinander. „Da bereits die isolierte Analyse keineswegs trivial ist, mündet die Untersuchung des kombinierten Einsatzes in theoretisch komplexen Problemstellungen“. Hofmann, C., u.a. (2004), S. 564. 2 Vgl. Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts (1998), S. 1-3; vgl. auch BGBl. (1998), S. 730. 3 Die wesentlichen Neuregelungen der Energierechtsreform vom April 1998 lassen sich wie folgt gliedern: a) Wegfall der §§ 103 und 103a des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen für Gas- und Elektrizitäts- versorger (Freistellung vom Verbot von Demarkations- und Ausschließlichkeitsvereinbarung) mit der Folge, dass das allgemeine Kartellrecht Anwendung findet; b) Wegfall der ausschließlichen Konzessionsverträge gemäß § 8 EnWG, Neuregelung in §§ 13 und 14 EnWG; c) Netzzugang Dritter im Wege des verhandelten Netzzugangs gemäß §§ 5 und 6 EnWG; d) Netzzugangsalternative „Single Buyer“ gemäß § 7 EnWG bis spätestens zum 31. Dezember 2005; e) Kaufmännisches Unbundling, d.h. getrennte Buchführung für die Bereiche Erzeugung, Übertragung und Verteilung, gemäß § 9 EnWG; f) Beibehaltung der Versorgungspflicht gemäß § 10 EnWG; vgl. hierzu Cronenberg, M. (1998), S. 85-91. 4 Vgl. Kühne, G., u.a. (1998), S. 1.902-1.909; vgl. auch Fußnote 3. 1. Einleitung 2 Die Reaktion der Energieversorgungsunternehmen besteht in einer Konzeption und Umsetzung zum Teil weit reichender Anpassungsstrategien.5 Ausgehend von einer Neuausrichtung der Unternehmensziele auf gestiegene Kundenbedürfnisse, Servicebereitschaft und individuelle Problemlösungskompetenz wird durch den Aufbau eines umfassenden Kostenmanagements6 die Optimierung der Geschäftsprozesse sowie nicht zuletzt durch eine Konzentration auf bestehende Kernkompetenzen beabsichtigt, eine erfolgreiche Neupositionierung in dem veränderten Wett- bewerbsumfeld zu realisieren. Flankiert wird diese Entwicklung durch eine Ausweitung der Wertschöpfungskette und die Entwicklung neuer Geschäftsfelder. Obwohl der Liberalisierungsprozess mit der Binnenmarkt-Richtlinie Elektrizität7 bereits zum Ende des Jahres 1996 eingeleitet wurde, kann er auch heute bei Weitem noch nicht als beendet angesehen werden. Eine Regulierungsbehörde wird in Zukunft den Strom- und Gaspreis kontrollieren. Zudem werden derzeit die Ölpreisbindung und die Langfrist-Verträge in der Erd- gasbranche in Frage gestellt und die Betreiber regenerativer Erzeugungsanlagen zielen auf eine immer teurer werdende Netzeinspeisung.8 Die teilweise erfolgreich begonnenen Anpassungs- prozesse sind damit auch in Zukunft konsequent weiterzuführen,9 wobei die eigene Markt- position kontinuierlich zu hinterfragen ist und die eigenen Stärken auszubauen sind.10 Eine Option zur Vermeidung größenbedingter Schwächen für mittlere oder kleinere Versorgungs- unternehmen besteht in der Bildung horizontaler, vertikaler oder lateraler11 Kooperationen.12 Diese ermöglichen es, bei Erhalt der Eigenständigkeit kritische Größenordnungen zu realisieren und die eigene Marktposition abzusichern. Der anhaltende Konzentrationsprozess in der deut- schen Energieversorgung bestätigt diese Entwicklung auf eine anschauliche Art und Weise. Die Energieversorgungsunternehmen befinden sich in einem umfassenden Wandlungsprozess. Mit den veränderten Liberalisierungsanforderungen gewinnt auch die Kapitalmarktorientierung einen neuen Stellenwert.13 Die Internationalisierung der Finanzmärkte führt bei der Beschaffung von Eigen- und Fremdkapital durch einen verstärkten, internationalen Wettbewerb der Unterneh- men zu einer erschwerten Erschließung von Finanzierungsquellen. Bei steigendem Finanzbedarf und vermehrtem Kapitalexport fordert der Kapitalmarkt eine erheblich höhere Markttranspa- renz.14 Um die Finanzierung zu gewährleisten, sind die Versorgungsunternehmen gezwungen, 5 Booz-Allen & Hamilton diskutieren in diesem Zusammenhang sieben unterschiedliche Geschäftsmodelle als mögliche Reaktion der Energieversorger auf die Liberalisierung; vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 39f. 6 Vgl. Köhl, D. (2004), S. 166-167. 7 Vgl. Richtlinie 96/92/EG (1996), S. 1-17. 8 Vgl. Heitker, A. (2005), S. 3. 9 Vgl. Weber, H., u.a. (2004), S. 736ff. 10 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 11. 11 Fachspezifisch für seitlich. 12 Vgl. Lause, K.-H. (2001), S. 25; vgl. Reich, M., u.a. (2004), S. 63. 13 Vgl. Moser J.-P. (2001), S. 9ff. 14 Vgl. Weber, J., u.a. (2002), S. 7. 1. Einleitung 3 die Interessen der Kapitalgeber bei der Ausrichtung der Unternehmensaktivitäten zu berücksich- tigen. Dies gilt auch für regionale Versorgungsunternehmen und Stadtwerke, da diese zuneh- mend eine privatwirtschaftliche Anteilseignerstruktur aufweisen und sich am Kapitalmarkt finanzieren.15 Damit gewinnt die externe Berichterstattung an Bedeutung. Neben der verpflich- tenden Unternehmenspublizität16 werden zusätzliche Angaben, insbesondere wertorientierte Kennzahlen17 vom Kapitalmarkt gefordert,18 um potenziell wertschaffende Investitionen zu identifizieren und die erreichte Wertschaffung kontrollieren zu können.19 Die Defizite der tradi- tionellen Kennzahlensysteme, welche sich insbesondere in der fehlenden Zukunftsorientierung und einer geringen Korrelation der Jahresabschlussdaten mit der Wertentwicklung des Unter- nehmens am Kapitalmarkt ausdrücken, sind schnellstmöglich zu beseitigen.20 Die Generierung von Unternehmenswert steht damit zunehmend im Vordergrund der Anlageentscheidung, da die Kapitalkosten an den Renditen gemessen werden. Die gegenüber den eigenen Kunden zu reali- sierende Mindestrendite entspricht der Renditeanforderung des Kapitalmarktes. Zukünftig zu erreichende Ergebnisbeiträge im Sinne einer unternehmerischen Wertsteigerung dominieren die Portfoliostrukturentscheidung der Kapitalgeber. Damit schafft die Einbeziehung der Markt- rendite als Maßstab einen zusätzlichen Erfolgsdruck. Das Verständnis des Unternehmenswertes als primär externer Bewertungsmaßstab wandelt sich hin zur Verwendung als interne Steu- erungsgröße, welche kontinuierlich zur Bewertung strategischer Aktivitäten einzusetzen ist.21 Die gestiegenen Kapitalmarktanforderungen und der durch die Marktliberalisierung zunehmende Wettbewerbsdruck zwingen die Unternehmen nicht nur zu einer konsequenten Kundenorien- tierung, sondern auch zu einer kostenbewussten, wertorientierten Unternehmenssteuerung. Das Wertmanagement, und damit eine verstärkte Orientierung am Ziel der nachhaltigen Unterneh- menswertsteigerung, rücken zunehmend in den Mittelpunkt der strategischen Unternehmens- steuerung.22 Die wertschaffende Wachstumspolitik wird auf diese Weise fester Bestandteil der 15 Die veränderte Anteilseignerstruktur bedingt einen erschwerten Zugang zu günstigen Kommunalkrediten. 16 Jahresabschluss und Lagebericht, Zwischenbericht, Ad-hoc-Mitteilungen. 17 Das so genannte „Value Reporting“ gliedert sich in eine Berichterstattung über die geforderten und erreichten Zielrenditen aus Sicht der Kapitalgeber, die realisierten Wertbeiträge der abgeschlossenen Periode und die Wert- steigerungspotenziale der Zukunft. Vgl. Müller, M. (1998), S. 125; vgl. Pellens, B., u.a. (2000b), S. 181. 18 Im Referentenentwurf für das Bilanzrechtsreformgesetz findet sich im § 315 Abs. 1 HGB ein erster Ansatz zur wertorientierten Publizität. Hierin wird gefordert, die für die Geschäftstätigkeit bedeutsamen finanziellen und nicht-finanziellen Leistungsindikatoren unter Bezugnahme auf die im Konzernabschluss ausgewiesenen Bei- träge und Angaben im Lagebericht zu erläutern. Vgl. Fischer, T. M., u.a. (2004), S. 314. 19 Vgl. Fischer, T. M., u.a. (2004), S. 305. 20 Michel sieht in einem umfassenden Wertmanagement einen guten Lösungsansatz zur Behebung wesentlicher Defizite der traditionellen Kennzahlen. Buchhalterische Renditegrößen dienen in erster Linie dem Gläubiger- schutz und sind damit nicht geeignet, Entscheidungen für künftige Kapitalgeber zu unterstützen. Die Defizite reichen von einer erschwerten Beurteilung der ökonomischen Unternehmensleistung über eine fehlende Beur- teilung von Risiken sowie einer Vernachlässigung des Zeitwertes des Geldes bis hin zu einer fehlenden Berück- sichtigung des Kapitalbedarfs zur Finanzierung des notwendigen Wachstums; vgl. Michel, U. (1999), S. 371. 21 Vgl. Lattwein, J. (2001), S. 127ff. 22 Vgl. Lübbehüsen, T. (2000); Riedl, J. B. (2000); Neukirchen, R. (2000); Rappaport, A. (1999). 1. Einleitung 4 wertorientierten Unternehmensführung. Das Wertmanagement verbindet das strategische Mana- gement mit der Wertsteigerungsanalyse und verknüpft die Lehren der Strategie23 mit denen der Wertorientierung. Die Leistungsfähigkeit von Unternehmen, Geschäftsbereichen oder strategi- schen Alternativen wird im Wertmanagement auf Basis abgezinster zukünftiger freier Cashflows durch die Wertsteigerungsanalyse bewertet.24 Maßstab der Wertschaffung sind die Kapital- kosten. Es erfolgt eine Orientierung an der zukünftigen Entwicklung und damit an den Gewinn- erwartungen. Wertmanagementkonzepte verfolgen das Ziel, sämtliche Führungs- und Steue- rungsprinzipien sowie die Gesamtportfoliostruktur des Unternehmens auf eine langfristige Wertgenerierung i.S.d. Kapitalmarktanforderungen auszurichten.25 Um Wirkung erzielen zu können, sind die Bewertungsverfahren und Instrumente der Wertsteige- rung in das gesamte Steuerungssystem des Unternehmens einzubeziehen.26 Eine Anbindung des Wertmanagements an das strategische Management, und insbesondere eine Überführung des Wertmanagements bis in den operativen Bereich, bereitet in der Praxis jedoch immern noch erhebliche Schwierigkeiten.27 Dies ist dadurch begründet, dass die Instrumente zur Umsetzung der Wertsteigerung entweder ungenügend eingesetzt werden oder gänzlich fehlen. In der Regel werden zwar wertorientierte Strategien nebst entsprechenden Initiativen formuliert, eine Operationalisierung bleibt jedoch häufig aus. Den Führungskräften und einzelnen Mitarbeitern auf den jeweiligen Unternehmensebenen fehlt damit die Möglichkeit, über Ursache- und Wirkungsbeziehungen den eigenen Wertbeitrag abzuleiten oder Zielabweichungsanalysen durchzuführen. Zudem kann festgestellt werden, dass dem Aspekt der Wertmessung in der Praxis wesentlich mehr Bedeutung zukommt, als dem des strategischen Managements.28 Wert- management wird häufig mit einem Recheninstrument zur Unternehmensbewertung gleichge- setzt, anstatt mit einer gezielten Managementaufgabe.29 Entscheidend für den Erfolg der Wert- orientierung ist jedoch die Integration in ein durchgängiges, wertorientiertes Führungssystem 23 Vgl. Strutz, E. (1993), S. 109f. Im Gegensatz zu anderen Steuerungsmodellen fokussiert das Wertmanagement die Strategie auf das eigentliche unternehmerische Oberziel der Wertsteigerung; vgl. Koller, T. (1994), S. 87. 24 Für die Wertsteigerungsanalyse sind verschiedene finanzmathematische Bewertungs- und Rechenverfahren ent- wickelt worden. Zu nennen sind der Discounted Cashflow-, der Economic Value Added- und der Cash Value Added-Ansatz; vgl. Rappaport, A. (1998), S. 33ff. 25 Vgl. Moser J.-P. (2001), S. 69f. 26 Dies belegt eine Studie von Horváth & Partners; vgl. Horváth & Partners (2003a). 27 Eine ausführliche Diskussion dieser Problemstellung findet sich bei Günther, der in diesem Zusammenhang von einer Implementierungslücke des Shareholder Value-Managements spricht; vgl. Günther (1997), S. 2 sowie Günther (1999), S. 361; vgl. hierzu auch Moser J.-P. (2001), S. 70ff. 28 „Die meisten [...] Publikationen zum Thema „Wertorientierte“ bzw. „Shareholder-Value-orientierte Unterneh- mensführung“ beschäftigen sich [...] damit, wie Wertsteigerungen präzise definiert und in Unternehmen gemes- sen werden sollten. Die Frage, mit welchem Stellhebel Unternehmen Wertsteigerung erzielen können, wird meist nur [...] abstakt behandelt. [...] Lehrbücher zum Thema „Strategisches Management“ legen ihren Schwer- punkt auf theoretische Konzepte und bleiben im Hinblick auf die Umsetzung von Wachstumsstrategien meist recht allgemein.“ Vgl. Glaum, M. (2004), S. 742. 29 Vgl. Moser J.-P. (2001), S. 71; vgl. Volkart, R. (1997), S. 80. 1. Einleitung 5 und damit die Durchgängigkeit von den Ziel- und Messgrößen des Wertmanagements bis hin zu den operativen Steuerungsgrößen.30 Eine konsequent eindimensionale, ausschließlich die finanzielle Wertschöpfung betonende Wert- orientierung tendiert dazu, die Vielfalt der für ein erfolgreiches Unternehmen steuerungsrelevan- ten Werttreiber zu vernachlässigen. Der Wert eines Unternehmens ist nicht allein durch die physischen und finanziell messbaren Mittel bestimmt. Das wertsteigernde Kapital, d.h. das Potenzial, welches in Kunden, Mitarbeitern und der Organisation gebunden ist, bildet einen wesentlichen Wertschwerpunkt31 und ist durch „Instrumente, die kreative Denk-, Kommunika- tions- und Entscheidungsprozesse in Gang setzen“32 zu erschließen. Die Generierung und Nut- zung immaterieller Vermögensgegenstände ist für das langfristige Wachstum von Unternehmen entscheidend. Damit bieten Bilanz und Erfolgsrechnung keine ausreichende Basis für das strate- gische Wertmanagement. Die quantitativen, wertorientierten Steuerungsgrößen sind um ein vor- gelagertes Steuerungsinstrumentarium auf operativer Ebene zu ergänzen. Qualitativ-inhaltliche Größen in Form von Wertpotenzialen und strategischen Erfolgsfaktoren bilden einen zentralen Ansatzpunkt.33 Eine wesentliche Schwierigkeit besteht in diesem Zusammenhang in der Darstel- lung der Ursache-Wirkungs-Beziehungen zwischen qualitativen Vorlaufgrößen und monetären Ergebnisgrößen. Entscheidend für die Wertgenerierung sind gezielte Investitionen und ein koordiniertes Management vorlaufenden Werttreiber. Dies beinhaltet eine kontinuierliche Mes- sung und das umfassende Management von Wertbeiträgen der jeweiligen Erfolgsfaktoren.34 Das strategische Management in Verbindung mit dem Wertmanagement hat aufgrund der beschriebenen Entwicklungstendenzen in den vergangenen Jahren eine verstärkte Bedeutung für die Führungsprozesse der Unternehmen erlangt. Insbesondere in der Energiewirtschaft ist zum Aufbau nachhaltiger Wettbewerbsvorteile eine grundlegende strategische Neuausrichtung und damit die Entwicklung sowie konsequente Implementierung von innovativen und ggf. schnell anzupassenden Strategien und Geschäftskonzepten erforderlich.35 Die neuen Herausforderungen des Wertmanagements und deren Anbindung an das strategische Management erhöhen zugleich die Bedeutung der unternehmerischen Führungsprozesse sowie ihre Anforderungen. Leider 30 Unter den Aktivitäten des Wertmanagements, oder entsprechend der englischen synonymen Begrifflichkeit des Value Based Managements, werden in der derzeitigen Betrachtung im Wesentlichen die nachfolgenden Schwer- punkte subsumiert: Erzeugung von Anreizsystemen auf allen Führungsebenen, Identifizierung von unter- nehmensinternen und -externen Erfolgspotenzialen, Information aller am Unternehmensgeschehen Beteiligten über die Strategien und Ergebnisse des Wertsteigerungsmanagements, Optimierung der internen und externen Überwachungs- und Steuerungssysteme; vgl. Freidank, C. (2002), S. 12. Unter dem Begriff der „wertorien- tierten Unternehmensführung resp. Steuerung“ werden in dieser Arbeit alle Strategien und Maßnahmen des Managements subsumiert, welche auf eine Erhöhung des Unternehmenswertes abzielen. 31 Vgl. Brunner, J., u.a. (1997), S. 94. 32 Volkart, R. (1997), S. 80. 33 Vgl. Breid, V. (1994), S. 37. 34 Vgl. Rappaport, A. (1994), S. 79 u. 91. 35 Vgl. Löbbe, S., u.a. (2002). 1. Einleitung 6 weisen jedoch von allen Prozessen einer Organisation insbesondere die strategischen Führungs- prozesse die größten Defizite auf.36 Ein weiterer Problembereich besteht in dem unkoordinierten Zusammenwirken einzelner, koexistierender Steuerungsmodelle.37 Hier stellt sich die Frage, wie Defizite abgestellt und eine bessere Vernetzung der bereits bestehenden Steuerungsmodelle untereinander realisiert werden kann. Nur durch ein koordiniertes Zusammenwirken aller Steu- erungsmodelle ist es möglich, ein Managementsystem zu realisieren, welches die Wertorien- tierung von der Zielbildung über die Formulierung von Strategien bis hin zur Implementierung und organisatorischen Umsetzung bis in alle Hierarchieebenen und damit bis in den operativen Bereich überführt. Für das Wertmanagement besteht damit die Notwendigkeit einer koordinier- ten Integration in die bestehenden Steuerungsmodelle. 1.2 Ziel der Arbeit Das Ziel dieser Arbeit besteht in der Konzeption und kritischen Würdigung eines kombinierten Steuerungsprozesses zur ganzheitlichen, wertorientierten Unternehmenssteuerung in der Ener- giewirtschaft aus der Synthese bestehender Steuerungsmodelle. Die Konzeption, instrumentelle Umsetzung und kritische Analyse der Ergebnisse aus der Perspektive einer umfassenden, mehr- dimensionalen Wertorientierung, welche der langfristigen Harmoniethese zwischen Stakeholder- und Shareholder Value entspricht, stehen im Betrachtungsmittelpunkt. Da der Ansatz auf einer grundsätzlichen und damit branchenübergreifenden Analyse beruht, leistet er einen allgemeinen Beitrag zur Erweiterung der Konzepte der Unternehmenssteuerung. Aus den veränderten Anforderungen des liberalisierten Marktes und den Umsetzungsschwierig- keiten der wertorientierten, strategischen Steuerung resultiert unmittelbar die Forderung nach einer Neukonzeption des heutigen Steuerungsinstrumentariums. Die in der Energiewirtschaft bislang eingesetzten Steuerungsmodelle scheinen singulär betrachtet nicht in der Lage zu sein, dem Gedanken des mehrdimensionalen Wertbegriffes und einer diesbezüglichen komplexen Steuerung gerecht zu werden. Zudem weisen die herkömmlichen Steuerungsmodelle weitrei- chende Defizite auf und es fehlt an einer umfassenden Vernetzung untereinander. Die hieran anknüpfenden Überlegungen münden in der Hypothese der vorliegenden Arbeit. Die derzeit angewandten wertorientierten Steuerungsansätze werden der Mehrdimensionalität und damit dem hochkomplexen Umfeld der Wertgenerierung innerhalb des Unternehmens nicht gerecht. Zudem kann eine Überführung der Wertorientierung in alle Unternehmensebenen, und damit bis in den operativen Bereich, bislang nicht ausreichend realisiert werden. Dies hängt entscheidend damit zusammen, dass eine Verknüpfung der Wertorientierung mit der strategischen Steuerung 36 Vgl. Davenport, T. H. (1993), S. 275. 37 Vgl. Horváth & Partners (2003a), S. 3. 1. Einleitung 7 und weiteren Steuerungsinstrumenten bislang nur in groben Ansätzen umgesetzt wird. Es fehlt an einer Steuerungskonzeption, welche den komplexen Umfeldanforderungen genügt und gleich- zeitig das Wertmanagement in eine adäquate strategische und ganzheitliche Steuerung integriert. Eine wertorientierte Analyse der derzeitigen Steuerungsinstrumente bietet sich damit an. Der Ansatz der vorliegenden Arbeit besteht in einer umfassenden Analyse und aufbauenden Syn- these der bereits in der Unternehmenspraxis verwendeten Steuerungsmodelle zu einem kombi- nierten, wertorientierten Steuerungsprozess für die Energiewirtschaft. Um der realen Kom- plexität der wertorientierten und der strategischen Steuerung gerecht zu werden, wird über eine Integration der bestehenden, unterschiedliche Schwerpunkte setzenden Steuerungsmodelle ein kombinierter Prozess entwickelt. Dieser Prozess verbindet die unterschiedlichen Kernelemente einer zeitgemäßen Steuerung im Sinne eines ganzheitlichen Wertmanagements.38 Hierbei werden die Profit Center-Steuerung, die Zielsteuerung und das aus der kommunalen Praxis stammende Kontraktmanagement sowie die strategische Steuerung auf Basis der Balanced Scorecard analy- siert, prozessorientiert dargestellt und zu einem integrierten Gesamtsystem zusammengefasst. Ein wesentliches Ziel dieses kombinierten Steuerungsprozesses besteht darin, die bestehenden Defizite der einzelnen Modelle zu beseitigen und die Modelle aufeinander abzustimmen.39 In diesem Zusammenhang wird den strukturalen, prozessualen und methodisch-instrumentalen Anforderungen40 im Sinne einer ganzheitlichen Wertorientierung entsprochen. Zudem wird dar- gestellt, wie der entwickelte Prozess implementiert und angewandt werden kann, um den Ansprüchen eines mehrdimensionalen Wertmanagements nachhaltig gerecht zu werden. Vor diesem Hintergrund werden in den nachfolgenden Ausführungen die genannten Modelle der Unternehmenssteuerung miteinader verbunden und die Wertorientierung integriert. Das Ziel der Ausarbeitung besteht darin, eine ganzheitliche Unternehmenssteuerung zu gewährleisten, welche zur nachhaltigen Sicherung und Steigerung von Erfolgspotenzialen sowohl aus strategischer, als auch aus operativer Sicht beiträgt. Alle Aktivitäten des Versorgungsunternehmens sollen darauf ausgerichtet werden, zu einer langfristigen und zielgerichteten Steigerung des Unternehmens- 38 Die Kernelemente einer zeitgemäßen Steuerung in der Energiewirtschaft lassen sich in Anlehnung an Horváth & Partners wie folgt gliedern: Selbststeuerung im Rahmen definierter Grenzen, Kosten- und Leistungstransparenz, Aufbau von internen Liefer- und Leistungsbeziehungen, Zentralisation von Aufgaben und Kompetenzen, Berücksichtigung strategischer Fragestellungen, Ergänzung des Finanzcontrollings um ein Controlling vor- gelagerter Größen, Intergration einer ganzheitlichen Betrachtungsweise sowie die Stärkung der Eigenverantwor- tung; vgl. Horváth & Partners (2003a), S. 3ff. 39 In der Praxis werden unterschiedliche Steuerungsinstrumente häufig durch das Controlling kombiniert, so dass sich aufgrund bestehender Interdependenzen die Frage nach deren Abstimmung untereinander stellt. Diese Arbeit leistet hierzu einen weitreichenden konzeptionellen Beitrag. Hofmann hingegen nähert sich dieser Pro- blematik über die Entwicklung eines nutzenorientierten Bezugsrahmens vor dem Hintergrund bestehender Anreizprobleme; vgl. Hofmann, C., u.a. (2004), S. 564. 40 In der Literatur zur strategischen Steuerung werden vorwiegend die prozessuale und die methodisch-instrumen- tale Dimension behandelt; vgl. Lattwein, J. (2002), S. 4 und 204ff. 1. Einleitung 8 wertes beizutragen. Die Überführung einer wertschaffenden Handlungsorientierung aus der strategischen Unternehmensführung in das Gesamtunternehmen ist eine entscheidende Voraus- setzung für den langfristigen Erfolg des Unternehmens.41 1.3 Aufbau und Gang der Untersuchung Die vorliegende Arbeit thematisiert zunächst die aufgrund der energiewirtschaftlichen Liberali- sierung und der damit einhergehenden Internationalisierung der Kapitalmärkte bestehenden veränderten Steuerungsanforderungen in der Energiewirtschaft. Im weiteren Gang der Unter- suchung wird der energiewirtschaftliche Kontext jedoch zeitweise verlassen, um Lösungsansätze bezüglich der veränderten Steuerungsanforderungen aus bestehenden Instrumenten der Unter- nehmenssteuerung zu generieren. Damit wird ein allgemeiner, kombinierter Steuerungsansatz konzipiert, welcher nicht nur den veränderten Anforderungen der komplexen Steuerung energie- wirtschaftlicher Unternehmen gerecht wird. Die vorliegende Arbeit umfasst sechs Teile. Im einleitenden Teil A (vgl. Kapitel 0) wurden bereits der umfassende Wandlungsprozess der Energiewirtschaft und die daraus resultierende Herausforderung einer mehrdimensionalen, wertorientierten Unternehmenssteuerung als Pro- blemfelder dargestellt. Aufbauend wurde eine Hypothese formuliert, die Zielsetzung der Unter- suchung festgelegt und die zu Grunde liegende Forschungsmethodik ausgewählt. Mit dem aufbauenden Teil B (vgl. Kapitel 2 und 3) werden zunächst zwei wesentliche Themen- komplexe als Grundlage für die Analyse der Arbeit behandelt. Zum einen werden das energie- wirtschaftliche Umfeld und die Entwicklung seit Beginn des Liberalisierung betrachtet (vgl. Kapitel 2), zum anderen wird ein grundsätzlicher Überblick über die Steuerung von Unterneh- men sowie die Entwicklung der Unternehmenssteuerung aufgrund veränderter Steuerungsanfor- derungen skizziert (vgl. Kapitel 3). Zu Beginn des Kapitels 2 wird der aktuelle Stand des energiewirtschaftlichen Liberalisierungsprozesses aufgezeigt. Aufbauend auf einer sparten- spezifischen Analyse werden im Anschluss wesentliche veränderte Anforderungen und erste Reaktionen einzelner Unternehmen thematisiert. Als wesentliche Grundlage der nachfolgenden Analyse im Teil B erfolgt ergänzend eine ausführliche Definition des Begriffs der Unterneh- menssteuerung. Hierzu werden wesentliche Aspekte der Begriffsbildung dargestellt und die zentralen Prinzipien der Unternehmenssteuerung in Kombination mit den veränderten internen und externen Anforderungen umfassend diskutiert und analysiert. Dabei werden die Steuerungs- anforderungen der liberalisierten Energiewirtschaft in die Diskussion mit einbezogen. 41 Die Wertsteigerung ist in das gesamte Unternehmen zu überführen. Hierzu ist die Wertorientierung in der tägli- chen Betriebspraxis zu verstehen und zu leben; vgl. Freidank, C. (2002), S. 11f. 1. Einleitung 9 Im Teil C (vgl. Kapitel 4 und 5) werden neben dem Wertmanagement die für diese Arbeit aus- gewählten wesentlichen Modelle der Unternehmenssteuerung, die Profit Center-Steuerung (vgl. Kapitel 4.1), die Zielsteuerung (vgl. 4.2) und die strategische Steuerung auf Basis der Balanced Scorecard (vgl. 4.3) einzeln dargestellt und ausführlich analysiert. Hierbei bilden die unter- schiedlichen Modellintentionen und letztendlich die jeweiligen Möglichkeiten zur Unterstützung der gesamten Unternehmenssteuerung einen wesentlichen Analyseschwerpunkt. Die Stärken und Schwächen der unterschiedlichen Modelle werden auf diese Weise differenziert herausgearbei- tet, so dass die Unterschiede der jeweiligen Steuerungsansätze offensichtlich werden. Ergänzend wird die idealtypische Verankerung der einzelnen Steuerungskonzeptionen in der Organisations- struktur von ihrem Aufbau und Ablauf her dargestellt. Im Teil C wird zudem eine ausführliche Einführung in das Konzept des Wertmanagements gegeben (Kapitel 5). Dabei werden dessen grundsätzliche Zielsetzung, die Generierung von Wert und damit die Schließung von Wertlücken mit der langfristigen unternehmerischen Existenzsicherung in einen direkten Bezug gebracht. Das Wertmanagement wird auf diese Weise mit dem strategischen Management verbunden und Erfolgspotenziale, Wertpotenziale und strategische Erfolgsfaktoren werden miteinander kombi- niert. Zudem wird die Forderung nach einem umfassenderen Werteverständnis vor dem Hinter- grund des Wertmanagements als Managementaufgabe erörtert. Im Anschluss werden die wesent- lichen Kennzahlen und Bewertungsverfahren, Nutzungsformen und ergänzenden Instrumente aufbauend dargestellt. Beendet wird dieser Teil durch eine Darstellung der strategischen Anwen- dung. Ausgehend von der Identifizierung möglicher Wertpotenziale wird eine Grundlage zur Ermittlung, Bewertung und Auswahl strategischer Optionen aufgezeigt. Die veränderten Ansprüche des Wertmanagements, eine Koexistenz unterschiedlicher autonomer Steuerungsmodelle sowie die im Teil B beschriebenen neuen Anforderungen an die Unter- nehmenssteuerung in der Energiewirtschaft lassen die Notwendigkeit einer Verknüpfung der unterschiedlichen Modelle der Unternehmenssteuerung und deren Verbindung mit dem Wert- management erkennen. Im Teil D dieser Arbeit (vgl. Kapitel 6 und 7) werden deshalb die unter- schiedlichen Steuerungsmodelle zu einem kombinierten Gesamtprozess integriert, dieser wird mit dem Wertmanagement verbunden, analysiert und abschließend bewertet. Das Ziel dieser Arbeit besteht in der Entwicklung eines ganzheitlich kombinierten, wertorien- tierten Steuerungsprozesses. Zu Beginn des Kapitels 6 erfolgt eine ausführliche Prozessanalyse der bereits im Kapitel 4 beschriebenen Steuerungsmodelle. Mit Hilfe einer aufbau- und ablauf- organisatorischen Betrachtungsweise werden Gemeinsamkeiten und Schnittstellen zu anderen Modellen aufgezeigt. Auf Basis differenzierter Organisationsformen wird versucht, Rahmen- bedingungen für die einzelnen Modelle aufzuzeigen und einen repräsentativen Steuerungs- und Ablaufprozess der jeweiligen Einzelmodelle abzuleiten. Anschließend wird ein kombinierter 1. Einleitung 10 Gesamtsteuerungsprozess generiert. Aufbauend auf einer Kombination und Zuordnung aller Prozesseinzelelemente und einer einhergehenden Analyse erfolgt die Prozessintegration. Damit wird beabsichtigt, einen Gesamtprozess zu definieren, welcher sowohl der Balanced Scorecard, der Zielsteuerung als auch der Profit Center-Steuerung gerecht werden kann und es gleichzeitig ermöglicht, Synergien zwischen den einzelnen Steuerungsansätzen zu erzielen, bestehende Defizite abzustellen und ihr Zusammenwirken zu erleichtern. Im Anschluss wird auf Basis einer strategischen Prozessanalyse untersucht, welche Vorteile die Prozesskombination der Center- steuerung und der Zielsteuerung mit der Balanced Scorecard-Steuerung aufweist. Ergänzend wird dies durch eine beispielhafte Implementierung des entwickelten Prozesses aufgezeigt. Das Kapitel 6 schließt mit einem ganzheitlich-integrativen Analyseansatz des konzipierten Prozesses ab. In diesem Zusammenhang wird zum einen untersucht, ob es dieser Ansatz ermöglicht, den gestiegenen Anforderungen einer ganzheitlichen strategischen Steuerung zu genügen. Zum anderen wird diskutiert, ob er den erweiterten Ansprüchen einer mehrdimensionalen Wertorien- tierung gerecht werden kann und ob eine Anknüpfung an das Wertmanagement möglich ist. Zur Überprüfung der Wertschaffung des kombinierten Steuerungsprozesses und zur Abrundung des gesamten Themenkomplexes beinhaltet Teil D einen ausführlichen, mehrdimensionalen Bewertungsansatz (Kapitel 7). Zunächst erfolgt eine Einschätzung auf Basis unternehmerischer Erfolgsfaktoren. Im Anschluss daran wird thematisiert, ob der Prozess in der Lage ist, die derzeit bestehende Eindimensionalität des Wertmanagements zu beseitigen. Zudem wird aufbauend auf aktuellen Studienergebnissen eine Analyse vorgenommen. In Ergänzung zu den ganzheitlichen Bewertungsversuchen werden singuläre Bewertungsansätze einzelner Steuerungselemente durchgeführt. Den Schwerpunkt der Untersuchung bilden die bereits in Kapitel 4 ausführlich dargestellten Modelle der Unternehmenssteuerung. In diesem Kontext wird unterstellt, dass das entwickelte Modell insgesamt zur Wertsteigerung des Unternehmens beiträgt, wenn dessen wesentliche Einzelelemente hierzu auch singulär beitragen. Teil D thematisiert zudem die Möglichkeit einer Quantifizierung des zusätzlich durch das entwickelte Modell generierbaren Wertbeitrages. Hierzu erfolgt eine Anknüpfung an die gewählte Vorgehensweise des For- schungsprojektes „Bilanzfähige Logistik“.42 Aufbauend auf den bisherigen Erkenntnissen wird in der Folge die Wertrelevanz des kombinierten Steuerungsprozesses für die Steuerung von Unternehmen in der Energiewirtschaft abgeschätzt. Aus den veränderten Rahmenbedingungen der energiewirtschaftlichen Steuerung werden neue Anforderungen abgeleitet und in einen direkten Bezug zum kombinierten Steuerungsprozess gestellt. Im Anschluss daran wird der zu- sätzliche Nutzen für die Steuerung der Energiewirtschaft ausführlich bewertet. 42 Vgl. Wildemann, H. (2004), S. 385-403. 1. Einleitung 11 Den Abschluss der Betrachtung bildet der Teil E (vgl. Kapitel 8), in dem die wichtigsten Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit zusammengefasst werden und vor dem Hintergrund der er- arbeiteten Ergebnisse ein Fazit zum Gesamtzusammenhang gegeben wird. Ein Ausblick auf die zukünftige Entwicklung der Wertorientierung in der Energiewirtschaft beschließt diese Arbeit. Die nachfolgende Abbildung 1 fasst den Aufbau und den Gang der Untersuchung der vorliegen- den Ausarbeitung in grafischer Form abschließend zusammen. Einleitung Liberalisierung der Energiewirtschaft Unternehmens- steuerung Modelle der Unternehmenssteuerung Profit Center- Steuerung Zielsteuerung Balanced Scorecard Wertmanagement Kombinierter Steuerungsprozess im Rahmen des Wertmanagements Bewertungsversuch des kombinierten Steuerungsprozesses Ergebnisse und Ausblick Teil A Teil B Teil C Teil D Teil E Abbildung 1: Aufbau und Gang der Untersuchung 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 12 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft Der europäische Liberalisierungsprozess wurde in Gang gesetzt, als der Ministerrat der Europä- ischen Union am 19. Dezember 1996 die Binnenmarkt-Richtlinie Elektrizität erließ, welche am 20. Januar 1997 in Kraft trat und die Mitgliedstaaten verpflichtete, den Inhalt dieser Richtlinie innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umzusetzen.1 Der deutsche Gesetzgeber hat die Binnenmarkt-Richtlinie Elektrizität mit der Einführung des neuen Energiewirtschaftsgesetzes am 24. April 1998 in nationales Recht überführt.2 Vor der Marktöffnung bestanden abgegrenzte Versorgungsgebiete. Ein Energieversorgungs- unternehmen war ausschließlich für die Belieferung aller in einem Gebiet ansässigen Verbrau- cher zuständig und besaß ein absatzseitiges Monopol. Begrenzt wurden diese Gebiete durch so genannte Demarkationsverträge, welche zwischen einzelnen Versorgungsunternehmen bestan- den. Zudem existierten privatrechtliche Wegenutzungs- und Konzessionsverträge zwischen Ver- sorgungsunternehmen und Gemeinden.3 Durch die Liberalisierung wurden die Demarkationsver- träge aufgehoben und die Wegenutzungs- und Konzessionsverträge zwischen den Gemeinden und den Energieversorgern vor dem Hintergrund des Energiewirtschaftsgesetzes in einem defi- nierten rechtlichen Rahmen frei verhandelbar. Integrierte Energieversorger wurden gleichzeitig zur buchhalterischen Trennung der Bereiche Stromerzeugung, Stromübertragung und -verteilung sowie Stromvertrieb und -handel verpflichtet, um den Stromnetzzugang für Dritte zu ermög- lichen. Damit galten in den Bereichen Stromerzeugung sowie Stromvertrieb und -handel Wett- bewerbsbedingungen.4 Die Bereiche Stromübertragung und -verteilung sind jedoch weiterhin durch das Monopol der bestehenden Netzkapazitäten weniger Unternehmen geprägt. Um dem entgegenzuwirken, wurden Regelungen zum diskriminierungsfreien Netzzugang geschaffen. Eine konkrete Umsetzung des Netzzuganges erfolgt in Deutschland derzeit auf Vertragsbasis durch Vereinbarungen zwischen den Dachverbänden der Industrie und der Energiewirtschaft.5 Die Netzbetreiber sind durch die Verbändevereinbarung gezwungen, den Wettbewerbern chancengleichen Zugang zu ihren Leitungen zu gewähren. Die Netzzugangsgebühren dürfen damit ausschließlich die definierten Kosten decken und sind nach bestimmten Kriterien zu berechnen und nachzuweisen.6 1 Vgl. Richtlinie 96/92/EG (1996), S. 1-17. 2 Vgl. BGBl. (1998), S. 730. 3 Vgl. Bier, C. (1999), S. 2. 4 Vgl. Jendrian, L. (2002), S. 75. 5 Vgl. Reich, M., u.a. (2004), S. 24f. 6 Die Verbändevereinbarung verpflichtet die Netzbetreiber zum freien Netzzugang Dritter. Die Netzbetreiber dür- fen in den Netzzugangsgebühren ausschließlich die anteiligen Kosten des Netzes in Rechnung stellen. Quersub- ventionierungen sollen gleichzeitig durch eine rechnungsmäßige Trennung der Bereiche Erzeugung, Übertra- gung/Verteilung und Vertrieb/Handel vermieden werden (Unbundling). Vgl. VDN (2002), S. 8ff. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 13 Die Deregulierung des Marktes stellt die Verbundunternehmen,7 die regionalen sowie die loka- len Versorgungsunternehmen vor die Herausforderungen des Wettbewerbsumfeldes, welches insbesondere strategische Neuausrichtungen erfordert.8 Die Versorgungsunternehmen haben völlig neuen Anforderungen an Geschäftsprozesse, Steuerungssysteme und den kundenorien- tierten Ansprüchen des liberalisierten Marktes zu genügen.9 2.1 Entwicklungsstand und Öffnungsgrad der unterschiedlichen Energiemärkte Seit der Einführung des neuen Energiewirtschaftsgesetzes bestehen in der Bundesrepublik Deutschland für sämtliche Anbieter und Nachfrager von Elektrizität, Gas, Wasser und Fern- wärme10 gleichermaßen neue Rahmenbedingungen.11 Auf der Kundenseite besteht seit diesem Zeitpunkt die aufgrund der ehemaligen Monopolsituation bislang nicht gegebene Möglichkeit des Versorgerwechsels.12 Der Kunde kann damit seine individuellen Energiebedürfnisse selbst- bewusst einem breiten Spektrum von Anbietern gegenüber artikulieren.13 Auf der Anbieterseite entdecken traditionelle Versorger die Chance in neue Märkte vorzustoßen und neue geschäft- liche Aktivitäten zu erschließen. Die Liberalisierung des Großhandelsmarktes für Elektrizität hat in diesem Prozess zunächst eine Vorreiterrolle gespielt.14 Die angestrebte Öffnung des Gas- marktes stellt die Energiewirtschaft vor eine weitere Herausforderung.15 Der Stand der heutigen Liberalisierung in den Bereichen Strom und Gas ist jedoch noch sehr uneinheitlich. Zwar wurden bei der Entwicklung des Strom- wie des Gasmarktes erhebliche Fortschritte realisiert, einige dieser zu Liberalisierungsbeginn erzielten Fortschritte gingen jedoch in den vergangenen Jahren insbesondere aufgrund der erheblichen Konzentration in der Branche wieder verloren.16 Ein wesentliches Problem besteht zudem darin, dass die Netznutzungsentgelte im Gastransport und die Preise für Strukturierung bzw. Regelenergie sowie die Aufwendungen beim Lieferanten- wechsel immer noch zu hoch sind. 7 Vgl. Abbildung 3 auf Seite 19. 8 Vor der Liberalisierung waren die Stadtwerke kommunale Unternehmen in einem abgegrenzten Versorgungs- gebiet für die Energieversorgung der Bevölkerung zuständig. Hierfür besaßen sie ein rechtlich abgesichertes Monopol. Mit ihren Einnahmen sorgten die Stadtwerke gleichzeitig dafür, dass defizitäre Aktivitäten wie das Betreiben von Schwimmbändern oder der öffentlichen Personennahverkehr quersubventioniert wurden. Zur aus- führlichen Darstellung und Abgrenzung der Stadtwerken von EVU vgl. Reich, M., u.a. (2004), S. 2ff. 9 Vgl. Köhler-Frost, W., u.a. (1999), S. 5ff.; vgl. Dieckmann, W. (2002), S. 99; vgl. Hammer, M. (2002), S. 11. 10 Der deutsche Strommarkt ist mit rd. 40 Mio. Kunden und einem Marktanteil von 22 Prozent „der größte und attraktivste Markt der Europäischen Union“. Marquis, G. (2001). Ein quantitativer Überblick über den deutschen Energiemarkt findet sich bei Schiffer, H.-W. (2004), S. 172-183. 11 Vgl. Pott, J. (2001), S. 1. 12 Vgl. Oberender, P. (2003). 13 Marktanteile können jedoch nur gewonnen werden, wenn Wettbewerber gleichzeitig Anteile verlieren. Es findet ein intensiver Verdrängungswettbewerb in einem stagnierenden Markt statt. Vgl. Hecker, W., u.a. (2000), S. 243. 14 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 9. 15 Vgl. o.A. (2000), S. 1. 16 Seit der Marktöffnung wurden bis Mitte des Jahres 2003 mehr als 90 Beteiligungen von den großen deutschen Energieversorgern an kleineren Versorgungsunternehmen realisiert. Vgl. Becker, C., u.a. (2004), S. 23. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 14 Dass der Liberalisierungsprozess nach sechs Jahren allenfalls die erste Stufe hinter sich hat, machen die noch zu bewältigenden Aufgaben deutlich. Mit der Einsetzung einer Regulierungs- behörde und der Verabschiedung des Energiewirtschaftsgesetzes17 sind für alle Marktteilnehmer gleiche, verlässliche und verbindliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Die verabschiedete Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie18 aus dem Jahr 1996 sowie die im Jahr 1998 verabschiedete Erdgasbinnenmarkt-Richtlinie19 sehen eine vollständige Segmentierung der Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung nach vorgegebenen Aktivitäten ab dem Jahr 2005 vor (rech- nerisches Unbundling). Damit sollen Diskriminierungen, Quersubventionierungen und Wett- bewerbsverzerrungen integrierter Energieversorgungsunternehmen vermieden und gleichzeitig die Märkte für leitungsgebundene Energie stärker dem Wettbewerb geöffnet werden.20 Die Vorgaben dieser auch als Energiebinnenmarkt-Richtlinie bezeichneten Rechtsvorgaben wurden zunächst nur für den Elektrizitätssektor über eine Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes in deutsches Recht überführt.21 Für den Erdgassektor verzögerte sich die Transformation in deut- sches Recht bis zum Frühjahr 2003.22 Der Liberalisierungsprozess kann damit auch heute bei Weiten noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden, obwohl seine derzeitigen Auswirkungen auf Marktverhalten, Marktergebnisse und Marktstruktur bereits erheblich sind.23 Auch auf Seiten der Stadtwerke wurden eigene Marktpositionen vor dem Hintergrund des libera- lisierten Umfeldes überdacht. Im Vordergrund stand die Überzeugung, dass die vollständige Eigenständigkeit langfristig nur schwer zu bewahren ist.24 Damit waren Wege zu finden, den neuen Markt zum eigenen Vorteil zu erschließen. Vier Jahre nach Inkrafttreten des neuen Energiewirtschaftsgesetzes kann jedoch festgestellt werden, dass die „Stadtwerke [...] aus der ersten Liberalisierungswelle gestärkt hervorgegangen“25 sind.26 Die sich aus der monopolisti- schen Struktur ergebene Ausgangsposition für den Wettbewerb hat sich damit als eine gute Grundlage für die weitere Entwicklung herausgestellt. Die traditionell bei den Stadtwerken vorzufindende kombinierte Versorgung aus Strom, Gas, Wärme und Wasser sowie neuen Dienst- 17 Vgl. ausführlich Reich, M., u.a. (2004), S. 24f. 18 Vgl. Richtlinie 96/92/EG (1996). 19 Vgl. Richtlinie 98/30/EG (1998). 20 Vgl. zum europäischen Binnenmarkt Gesellschaft für öffentliche Wirtschaft (1991). 21 Vgl. Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (1998). 22 Eine synoptische Gegenüberstellung der einschlägigen Regelungen der Richtlinien und des Energiewirtschafts- gesetzes findet sich bei Bolsenkötter, H. (2003), S. 14f. 23 Vgl. VDEW (2003), S. 4. Sechs Jahre nach den ersten Maßnahmen zur Marktliberalisierung für die leitungsge- bundene Energieversorgung kann konstatiert werden, dass die ehemals gewünschte Wettbewerbswirkung noch immer nicht vollständig erreicht wurde. Dies lässt sich nur bedingt auf ein passives Kundenverhalten zurückfüh- ren. Insbesondere die überhöhten Netzzugangsentgelte im Strommarkt behindern den freien Wettbewerb. Vgl. Schlack, U. (2001), S. 1; vgl. Richmann, A. (2004), S. 134. 24 Experten prognostizierten zu Liberalisierungsbeginn ein massives Stadtwerkesterben, welches die Zahl der Stadtwerke nach der Marktöffnung von ehemals rd. 900 auf rd. 100 Unternehmen reduzieren würde. Vgl. Süddeutsche Zeitung (18. August 1999). 25 Mummert Consulting (2002), S. 6. 26 Vgl. Becker, P. (2004), S. 12. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 15 leistungen entwickelt sich derzeit zum Erfolgskonzept für die Kundenbindung.27 Das Mana- gement der Stadtwerke hat auf die veränderten Bedingungen unterschiedlich reagiert, um die traditionellen Vorteile der Stadtwerke auszubauen und gleichzeitig Wettbewerbsvorteile zu erschließen.28 Zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen wurden vielfach Kooperationen auf gleicher Ebene wie auch mit Vorlieferanten in ausgewählten Bereichen eingegangen.29 Die Partnerschaftsintensität reicht von losen Einkaufsgemeinschaften zur Erzielung günstiger Markt- preise bis hin zu strategischen Partnerschaften mit engen Kapitalverpflechtungen. Im Vergleich zum europäischen Ausland waren in Deutschland seit Liberalisierungsbeginn be- reits erste Börsengänge großer Stadtwerke zu beobachten, während in Frankreich oder Italien der Strommarkt immer noch mehrheitlich staatlich bzw. kommunal bestimmt wird.30 Insgesamt ist in den europäischen Staaten jedoch übergreifend eine Reduzierung der öffentlichen Einflussnahme festzustellen. Damit wird sich auch die Rolle der Stadtwerke weiter verändern.31 Im Nachfolgenden wird kurz auf die aktuellen Liberalisierungsstände der klassischen Geschäfts- felder der Energieversorgungsunternehmen eingegangen. In Ergänzung zum Strom-, Gas- und Fernwärmemarkt wird auch der Wassermarkt thematisiert. Dieser stellt zwar kein originäres energiewirtschaftliches Geschäftsfeld dar, die Wasserversorgung bildet jedoch insbesondere im Bereich der Regionalversorger und Stadtwerke einen Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit.32 2.1.1 Status Quo des Strommarktes In Europa vollzieht sich die Privatisierung der Strommärkte in unterschiedlicher Geschwindig- keit.33 Der durchschnittliche Marktöffnungsgrad auf europäischer Ebene liegt derzeit bei 66 Prozent.34 Eine vollständige Marktöffnung ist bislang in Deutschland, Schweden, Finnland, Großbritannien und Österreich umgesetzt worden.35 In den Niederlanden oder Frankreich ist der 27 Vgl. Reich, M., u.a. (2004), S. 3. 28 Das Management kommunaler Unternehmen gleicht sich auf Grund der veränderten Markt- und Wettbewerbs- bedingungen dem Management der Privatwirtschaft an. Vgl. Edeling, T. (2002), S. 139. 29 Ein Beispiel einer gleichberechtigten Kooperation im Geschäftsfeld des Energiehandels ist die Trianel European Energy Trading GmbH. 30 Erste Tendenzen einer Lösung des Energiemonopols sind jedoch mittlerweile auch hier festzustellen. Vgl. o.A. (2004d). 31 Vgl. Heims, M. (2001), S. 25. 32 Auf eine ausführliche produktspezifische Darstellung der sich entwickelnden Energiedienstleistungen soll an dieser Stelle verzichtet werden. Vgl. jedoch ausführlich Abbildung 4 auf Seite 27. 33 Eine erhebliche Herausforderung besteht seit der Erweiterung der Europäischen Union von 15 auf 25 Mitglieds- staaten darin, diese in den Energiebinnenmarkt aufzunehmen, damit sie von den Vorteilen liberalisierter Strom- und Gasmärkte, verbesserter Energieeffizienz und der allmählichen Einführung erneuerbarer Energien profi- tieren können; vgl. o.A. (2004b), S. 4. 34 Einen Marktöffnungsgrad von bis zu 33 Prozent besitzen Belgien, die Niederlande, Portugal, Irland, Griechen- land und Frankreich. Luxemburg, Spanien und Italien hingegen bis zu 45 Prozent; vgl. VDEW (2003), S. 3. 35 Vgl. wesentliche Daten zum Strom- und Gassektor der alten und neuen EU-Mitgliedsstaaten bei VDEW (2004). 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 16 Markt hingegen erst zu maximal einem Drittel privatisiert.36 Die vollständige Marktöffnung der Strommärkte aller europäischen Staaten wird bis zum 1. Juli 2007 angestrebt.37 Durch die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes38 werden auf dem deutschen Strommarkt insbesondere die freie Lieferantenwahl, der diskriminierungsfreie Netzzugang39 sowie das rech- nungsmäßige Unbundling40 der Geschäftsbereiche Erzeugung, Transport und Verteilung vertikal integrierter Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft geregelt.41 Da jedoch immer noch erheb- liche Ungleichgewichte in den Marktöffnungsgraden der einzelnen Länder bestehen, sind die Entfaltungsmöglichkeiten der deutschen Energieversorger als überdurchschnittlich hoch zu bewerten.42 In Abweichung von den in der Binnenmarktrichtlinie der Europäischen Union vorgesehenen Teilschritten der Marktöffnung durch Abgrenzung der für eine freie Lieferanten- wahl zugelassenen Kunden, ist in Deutschland der Gesamtmarkt bis hin zum Endkunden für den Wettbewerb geöffnet.43 Der Liberalisierungsprozess vollzieht sich damit im deutschen Strom- markt erheblich schneller als in vergleichbaren Märkten anderer Mitgliedsstaaten.44 Das Umfeld der leitungsgebundenen Versorgung ist in Deutschland durch ein hohes Maß an Selbstregulierung der Marktteilnehmer geprägt. Seit Dezember 1999 liegen mit der Verbände- vereinbarung II45 und seit Juni 2000 mit dem GridCode II46 neue, privatwirtschaftliche Verein- barungen zur Gestaltung des Netzzugangs-47 und der Netzkostenkalkulation48 vor. Eine 36 Ebenda. 37 Hierüber wurde von den Energieministern der Europäischen Union am 25. November 2002 im Gesetzgebungs- paket zur Binnenmarktliberalisierung der Strom- und Gasmärkte eine politische Einigung erzielt. Die vollstän- dige Marktöffnung für alle Kundengruppen wurde damit bis zum 1. Juli 2007 beschlossen. 38 In der Bundesrepublik Deutschland waren im Jahr 1998 rd. 1000 selbständige Stromversorgungsunternehmen tätig. Von diesen verfügten 517 über eigene Kraftwerke bei einer Erzeugung von rd. 448,3 TWh (netto). Auf die 20 größten Unternehmen entfielen dabei 75 Prozent der gesamten Stromversorgung in Deutschland. Vgl. Ellersdorfer, I., u.a. (2001), S. 5. 39 Vgl. Kutschke, G., u.a. (2004), S. 139-143. Dies gilt auch für die Durchleitung. Vgl. hierzu ausführlich Büden- bender, U. (1999), S. 1-44. 40 In Deutschland ist das Unbundling bislang nur größenabhängig auf der Ebene des Rechnungswesens gefordert. Der Weg zu einem rechtlichen Unbundling wird jedoch zunehmend von Energieversorgern beschritten. Das Energiewirtschaftsgesetz stellt mit seinen Vorgaben nach Unbundling und Regulierung weitreichende Anforde- rungen an die Netzbetreiber. Vgl. zur aktuellen Diskussion Wiedemann, K.-P., u.a. (2004), S. 158-165; vgl. Bolsenkötter, H., u.a. (2003); vgl. Cord, M, u.a. (2003), S. 251-258. Vgl. auch Kapitel 2.2.3. 41 Vgl. Cronenberg, M. (1998), S. 85-91. 42 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 39-43. 43 Die vollständige Marktöffnung ist jedoch differenziert zu bewerten. Stromkonzerne aus Frankreich oder Italien können ohne Einschränkung Marktanteile in Deutschland realisieren. Deutsche Unternehmen finden in diesen Ländern hingegen Wettbewerbsbeschränkungen vor. Zudem bestehen erhebliche Belastungen durch die deutsche Energiepolitik (Ökosteuer, EEG und KWKG). 44 Vgl. Schlack, U. (2001), S. 1. 45 Die erste Verbändevereinbarung wurde am 22. Mai 1998 geschlossen. Zur Vereinfachung der Genehmigungs- verfahren der Durchleitung war eine Konkretisierung dieser in einer Folgevereinbarung am 13. Dezember 1999 notwendig. Sie regelt die Bestimmung der Netznutzungsentgelte. Vgl. Jendrian, L. (2002), S. 78f. 46 Die GridCodes regeln die Umsetzung der Netzzugangsvereinbarungen. Vgl. Jendrian, L. (2002), S. 80. 47 Vgl. Büdenbender, U. (1999), S. 1-10; vgl. Ungemach, M. (1999a), S. 131-138; vgl. Ungemach, M., (1999b), S. 223-227; vgl. Ritgen, K. (1999), S. 176-183; vgl. Walter, K. M., u.a. (1999), S. 190-208, S. 223-227. Zu Durchleitungsentgelten vgl. Büdenbender, U. (2000b), S. 2.225-2.238. 48 Vgl. Lukes, R. (1999), S. 49-57. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 17 branchenspezifische Regulierungsbehörde existiert erst seit kurzem.49 Seit Wirksamwerden des Energiewirtschaftsgesetzes hatte zunächst ein durch Überkapazitäten und Importdruck geprägter intensiver Preiswettbewerb eingesetzt, der zu Preisnachlässen zwischen 10 Prozent und 50 Pro- zent – je nach Kundengröße – geführt hat. Der konsolidierte Umsatz der Energieversorger in Deutschland ging in dieser Zeit um rd. 13,6 Prozent zurück.50 Nach dem Abbau der insgesamt vorhandenen Überkapazitäten kann mittlerweile eine leichte Erholung der Strompreise in Deutschland beobachtet werden.51 Dies begründet sich einerseits durch steigende Margen und Kosten und andererseits durch einen Anstieg staatlicher Abgaben.52 Bereits seit Sommer 1999 fand in Deutschland ein intensiver Wettbewerb um alle Kunden- segmente bis hin zum Haushaltskunden statt. Bedingt durch die hohen Überkapazitäten in der Erzeugung als auch durch einen aggressiven Marktauftritt von neuen Marktteilnehmern sowie durch Bestrebungen der traditionellen Versorger zur Verteidigung der historisch gewachsenen wie zur strategischen Besetzung neuer Marktpositionen, gerieten die Elektrizitätspreise zu Beginn der Liberalisierung zunächst stark unter Druck.53 Auf der Großhandelsebene wurden die Vertragslaufzeiten zunächst drastisch gekürzt54 und wertorientierte Preisbildungsformeln gerie- ten in den Vordergrund. Die Preisvolatilität nahm zu Liberalisierungsbeginn stark zu, der Ab- wärtstrend ist jedoch seit Mitte 2003 beendet. Insbesondere bei regionalen Versorgern mit eigener Erzeugung wurden im Rahmen dieser Entwicklung die Margen zunehmend verringert, Erträge erodiert und letztendlich sogar die Substanz gefährdet.55 Zu Beginn des Jahres 2000 wurden die auf den europäischen Markt bezogenen Überkapazitäten auf rd. 40 Gigawatt beziffert, woraus mittelfristig ein anhaltender Preiswettbewerb auch auf der deutschen Lieferantenstufe resultierte. Die Abbildung 2 vermittelt hierzu eine länderspezifische Differenzierung ausgewählter europäischer Staaten aus dem Jahr 2000. Differenziert wird in der Abbildung zudem zwischen der jeweiligen Erzeugungskapazität und der Sicherheitsreserve. Seit dem Jahr 2000 finden teilweise vereinheitlichte Verfahren für die diskriminierungsfreie Behandlung grenzüberschreitender Transporte Anwendung. Dieses begünstigt die räumliche Integration des europäischen Binnenmarktes für Strom und erhöht die Wettbewerbsintensität auf der deutschen Großhandelsebene. 49 Vgl. Steckert, U. (2004), S. 144-148. 50 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 13f. 51 Die RWE AG setzte zum Jahresbeginn 2005 eine Preiserhöhung der Kilowattstunde von 0,05 Prozent für Privatkunden durch. Vgl. o.A. (2004e), S. C 3. 52 Nach Ansicht von Roels, Vorstand von der RWE AG, sind die steigenden staatlichen Abgaben die wesentlichen Treiber der Strompreise. Die Strompreise „entscheiden in liberalisierten Märkten über Investitionen und damit auch über die Versorgungssicherheit.“ o.A. (2004e), S. C 3. Vgl. Reich, M., u.a. (2004), S. 13f. 53 Vgl. Panitz, M. (2000), S. 17. 54 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 9. 55 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 13ff. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 18 111 20 9 33 14 16 15 100 67% 78% 40%32% 50% 25% 37% 26% De uts ch lan d Fra nk rei ch Nie de rla nd e Dä ne ma rk Po len Ts ch ech os low ake i Ös ter rei ch Sc hw eiz Erzeugungskapazität in Gigawatt Sicherheitsreserve in % (15 % ist ausreichend) Gigawatt 15 % Abbildung 2: Überkapazitäten in Europa im Jahr 200056 Für einige Energieversorger57 ergab sich in der ersten Liberalisierungsphase der Vorteil, an der Preisentwicklung auf Großhandelsebene partizipieren zu können und Beschaffungskostensen- kungen zu erzielen. Diese wurden aufgrund des anfangs noch nicht geregelten Verfahrens beim Lieferantenwechsel sowie einer noch nicht stark ausgeprägten Wechselbereitschaft nicht in vergleichbarem Umfang an die Haushalts- und Kleinkunden weitergegeben. Darüber hinaus blieb der Geschäftsbereich Verteilnetze bislang aufgrund der nach wie vor kostenorientierten Netzpreisbestimmung in monopolähnlicher Struktur erhalten.58 Durch Fusionen gingen aus den ehemals acht Verbundunternehmen die nachfolgenden vier Unternehmen hervor. RWE AG (mit VEW Energie AG); E.on Energie AG (Preussen Elektra AG, Bayernwerk AG); EnBW Energie Baden-Württemberg AG (Badenwerk, Energieversorgung Schwaben); Vattenfall Europe (HEW Hamburgische Elektrizitäts-Werke AG, Bewag Aktiengesellschaft, VEAG Vereinigte Ener- giewerke AG, Laubag Lausitzer Braunkohle AG).59 Die Unternehmen RWE AG und E.on Energie AG erzeugen rd. 70 Prozent des Stroms für den deutschen Strommarkt und verfügen über mehr als die Hälfte der deutschen Stromleitungen.60 Die regionalen Versorgungsunternehmen erzeugen Strom nur in begrenztem Umfang.61 Sie sind für die Verteilung des Stroms von Verbundunternehmen und sonstigen Unternehmen „in der 56 Abbildung in Anlehnung an Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 26, S. 10. 57 Dies galt insbesondere für das B2B-Geschäft, die Weiterverteilung an kleinere oder mittelgroße Stadtwerke. 58 Das gesellschaftsrechtliche Unbundling des Betriebes von Strom- und Gasübertragungsnetzen zum 01. Juli 2004 sowie von Verteilnetzen zum 01. Juli 2007, die Schaffung einer unabhängigen Regulierungsbehörde sowie die Veröffentlichung der Tarife für den Netzzugang werden in den kommenden Jahren zu einer beschleunigten Marktöffnung bzw. einem diskriminierungsfreien Netzzugang führen. Vgl. Bolsenkötter, H., u.a. (2003), S. 13. 59 Vgl. Reich, M., u.a. (2004), S. 16. 60 Vgl. Vorholz, F. (2003). 61 Vgl. Schiffer, H.-W. (1999), S. 168. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 19 Fläche“ zuständig. Über Kapitalbeteiligungen sowie langfristige Lieferverträge bestehen zwi- schen den Verbund- und Regionalunternehmen enge Verflechtungen. Bis Ende des Jahres 2002 sank die Zahl der regionalen Versorgungsunternehmen von 60 auf 20 Stück.62 Das Tätigkeitsfeld der rd. 900 lokalen Versorgungsunternehmen oder Stadtwerke63 war vor der Liberalisierung im Allgemeinen auf einzelne Gemeindegebiete beschränkt. Bei der Versorgung der Endabnehmer mit Strom und häufig im Querverbund mit Gas, Fernwärme, Wasser und teil- weise Verkehrsbetrieben nehmen diese lokalen Unternehmen überwiegend Verteilerfunktionen war. Der Stombezug erfolgt in der Regel durch Gesellschaften vorgelagerter Marktstufen, einige lokale Unternehmen verfügen jedoch über genügend eigene Erzeugungskapazitäten, so dass grundsätzlich kein weiterer Zukauf von Strom notwendig ist.64 Die nachfolgende Abbildung 3 vermittelt einen zusammenfassenden Überblick der Struktur der deutschen Energieversorgung. Unternehmen Verbundunternehmen - Betrieb des Verbundnetzes - Betrieb von Großkraftwerken - Stromhandel (auch international) - Belieferung von (Groß-) Endkunden Aufgabenfelder Regionale Versorgungsunternehmen - Verteilung von Strom in der Fläche - Erzeugung in geringem Umfang - Betrieb von Klein- bis zu Großkraftwerken - Verteilung des Stroms an Endabnehmer - Strombezug von Verbundunternehmen - Stromverteilung an Endabnehmer ohne eigene Stromerzeugung mit eigener Strom- erzeugunglokale Versorgungs- unternehmen, Stadtwerke Abbildung 3: Struktur der deutschen Energieversorgung65 In den endkundennahen Marktsegmenten ist seit Liberalisierungsbeginn grundsätzlich ein dienst- leistungsorientiertes Wettbewerbsgeschehen zu beobachten. Dieses wird durch die Bündelung von Versorgungsbereichen, die Nutzung neuer Technologien und durch Outsourcing von Ener- giemanagement-, Beschaffungs- und Risikokontrollfunktionen der Energiekunden gestützt. Im Hinblick auf diese Marktentwicklung sind weiterverteilende Versorgungsunternehmen aufgrund ihrer Kundennähe und ihrer häufig bereits gegebenen Positionierung als Multi-Utility-Unterneh- men66 grundsätzlich in einer vorteilhaften Marktsituation. 62 Vgl. Vorholz, F. (2003). 63 Vgl. Reich, M., u.a. (2004), S. 17ff. Vgl. auch Fußnote 8. 64 Vgl. Schiffer, H.-W. (1999), S. 174f. 65 Vgl. Prigge, N., u.a. (2003), S. 10. 66 Vgl. Kapitel 2.2.1. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 20 2.1.2 Status Quo des Gasmarktes In Bezug auf die Liberalisierung des deutschen Gasmarktes setzt die Bundesregierung vergleich- bar mit dem Elektrizitätsmarkt auf eine weitgehende Selbstregulierung der Branche.67 Durch den Abschluss der ersten gaswirtschaftlichen Verbändevereinbarung zum Netzzugang68 liegen seit Juli des Jahres 2000 ebenfalls Wettbewerbsbedingungen für den deutschen Gasmarkt vor.69 Grundlage dieser Vereinbarung ist eine Richtlinie des Europäischen Parlamentes zur Verwirkli- chung eines wettbewerbsorientierten Erdgasmarktes als wichtiger Bestandteil der Vollendung des Energiebinnenmarktes.70 Die nationalen Regelungen der Verbändevereinbarung zum Netz- zugang haben jedoch bis heute, trotz des Ziels einer umfassenden, stufenlosen Marktöffnung, lediglich zu eingeschränkten Wettbewerbseffekten geführt.71 Erste Wettbewerbstendenzen bestehen im deutschen Gasmarkt bislang ausschließlich auf der Ferngasebene.72 Der Gashandel wird in dem Maße an Dynamik gewinnen, wie sich der Netzzugang vereinfachen wird und die Entgelte für Transporte Dritter kostenorientiert kalkuliert werden. Voraussetzungen sind die Ein- richtung von wenigen Regelzonen und ein Vergleichmarktkonzept aller Netzstufen.73 Die Marktteilnehmer im deutschen Gasmarkt sind Produzenten, importierende und nicht impor- tierende Ferngasgesellschaften sowie regionale und kommunale Gasversorgungsunternehmen. Die Stufe der Förder-, Ferngas- und Importgesellschaften beliefert in Deutschland rd. 23 Prozent der Endkunden. Regionale und kommunale Versorger verfügen über einen Gesamtmarktanteil von bis zu 77 Prozent.74 Der Energieträger Gas steht im Wärmemarkt prinzipiell in Substituti- onskonkurrenz zum Heizöl. Aufgrund dieses Substitutionswettbewerbs wird im Einzelhandel das Anlegbarkeitsprinzip angewandt, nachdem sich die Gaspreise an die Entwicklung der Preise für die in den einzelnen Anwendungen konkurrierenden Energieträgern anlehnen. In den letzten Jah- ren hat Gas im Wärmemarkt und vor allem als wichtigste Heizenergie seinen Marktanteil erheb- lich steigern können.75 Regionalversorgern und Stadtwerken wird sich voraussichtlich in Zukunft 67 Vgl. Kassebohm, K., u.a. (2000), S. 60-68. 68 Vgl. Verbändevereinbarung zum Netzzugang bei Erdgas (2000), S. 1-8; vgl. ausführlich Büdenbender, U. (2000a), S. 359-384; vgl. Lutz, H. (1999), S. 102-120. 69 Mit der Abschaffung wettbewerbsrechtlicher Ausnahmebereiche für leitungsgebundene Energieträger durch die Energierechtsreform von 1998 ist juristisch eine sehr weitgehende Marktöffnung des deutschen Gasmarktes erfolgt. Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 26. 70 Vgl. Richtlinie 98/30/EG (1998). Vgl. auch Scholz, R. (2001), S. 678-682. 71 Die Vereinbarung beruht auf dem „Punkt-zu-Punkt-Modell“ und ist nicht börsentauglich. Auch durch den Mitte März 2001 unterschriebenen Nachtrag zur Verbändevereinbarung wird der Wettbewerb nicht wesentlich voran- gebracht. Die Ergänzungen zur Transparenz und Vereinfachung des Netzzugangs stellen das gewählte Modell insgesamt nicht in Frage. Die Grundregel „first committed, first served“ für das Engpassmanagement birgt ange- sichts fehlender Regulierung weitreichende Missbrauchsgefahren. 72 Nach Ansicht des Europäischen Parlaments hat das Hauptaugenmerk der Regulierung auf dem grenzüber- schreitenden Gastransport zu liegen (Übergabe in andere Netzsysteme). In diesem Zusammenhang soll in Zukunft vermieden werden, dass die Durchleitungsregeln von Transportnetzbetreibern umgangen werden. Vgl. o.A. (2004c), S. 6. Vgl. auch Becker, P. (2004), S. 12. 73 Vgl. Becker, C., u.a. (2004), S. 23. 74 Vgl. VDEW (2003), S. 4. 75 Die Zahl an Erdgasheizungen stieg von 9,2 Mio. (1990) auf 15,9 Mio. (1999). Vgl. VDEW (2003), S. 12. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 21 die Möglichkeit bieten, Verbesserungen auf der Einkaufsseite zu erzielen, da zu erwarten ist, dass auf der Ferngasebene der Wettbewerb intensiviert wird und ein Preiswettbewerb einsetzt.76 Ein wesentliches Problemfeld der Liberalisierung im Gasbereich besteht in der langfristigen Bindung der Weiterverteilerunternehmen an die geschlossenen Gasbezugsverträge mit ihren Vorlieferanten. Ein erster Schritt in Richtung des Wettbewerbs wurde in diesem Zusammenhang durch die Rechtsprechung ermöglicht. Das Landgericht Köln stellte in einem Präzedenz- verfahren im Juni 2000 fest, dass der in Abweichung von den Altverträgen in Teilen reduzierte Gasbezug der Stadtwerke Aachen vom traditionellen Vorlieferanten zugunsten eines neuen Lieferanten rechtmäßig ist.77 Für die Weiterverteilerunternehmen wurde damit die Möglichkeit geschaffen, sich aus bestehenden langfristigen Bezugsverträgen, zumindest in Teilen, zu lösen und an der zukünftigen Preisentwicklung auf der Ferngasebene zu partizipieren, indem ein Drittbezug auf der Großhandelsebene Wettbewerb ermöglicht. 2.1.3 Status Quo des Fernwärmemarktes An eine Liberalisierung des Fernwärmemarktes entsprechend des Strom- oder Gasmarktes ist aus Gründen der regionalen Begrenzung der Fernwärmenutzung und des Wärmetransportes nicht zu denken. Fernwärme wird in Deutschland hauptsächlich von regionalen Energieversorgern und Stadtwerken angeboten. Sie steht jedoch im direkten Wettbewerb mit Gas und Öl. Im Wesent- lichen sind es die auf der Erzeugungsseite wirksam werdenden Veränderungen, welche die Wirt- schaftlichkeit der Fernwärme beeinflussen. Durch sinkende Einnahmen des Kuppelproduktes Strom steigt auch der Rentabilitätsdruck auf die Fernwärme. Eine gezielte Unterstützung der Fernwärme erfolgte im Rahmen der Ökosteuer im Jahr 2000 mit dem Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien, welches die Heizkraftwirtschaft gezielt unterstützt.78 2.1.4 Status Quo der Wasserversorgung Im Gegensatz zu den Energiemärkten befindet sich die Wasserversorgung79 weitgehend in der Hand der lokalen Versorgungsunternehmen.80 Die deutsche Wasserversorung ist daher durch 76 Dies ist die Auffassung der im Energiesektor tätigen Investmentbank Sal. Oppenheim. Vgl. auch die derzeitig aktuelle Entwicklung in Europa bei o.A. (2004c), S. 6. 77 Vgl. Entscheidung des Landgerichts Köln vom 7. Juni 2000 in Sachen Thyssengas GmbH ./. Stawag Stadtwerke Aachen, aus dem die Nichtigkeit langfristiger Gaslieferverträge mit Mengenvereinbarung für den gesamten Bedarf hervorging (Aufhebung der Ausnahmeregelung für Monopolanbieter). 78 Vgl. Krebs, H., u.a. (1998), S. 177-180; Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (2000). 79 Der Bereich der Wasserversorgung und Wasserentsorgung sei an dieser Stelle nur der Vollständigkeit halber aufgeführt, da insbesondere regionale Energieversorgungsunternehmen im Querverbund (Strom-, Gas-, Fernwärme-, Wasserversorgung) über dieses Geschäftsfeld verfügen. Selbstverständlich ist es grundsätzlich nicht unter der Begrifflichkeit der Energieversorgung zu subsumieren. 80 Vgl. Nitsche, A. (2004a), S. 1. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 22 eine besonders hohe Anzahl von Unternehmen gekennzeichnet. Dabei ist das Wasserversor- gungsgeschäft ein insgesamt wirtschaftlich attraktiver Geschäftsbereich.81 Das Wasser, als Grundnahrungsmittel Nummer Eins, genießt in der Bevölkerung einen hohen Stellenwert. Die Gesundheit der Menschen hängt entscheidend von der Reinheit des Wassers ab, das rund um die Uhr in ausreichender Menge bereit stehen sollte. Trinkwasser ist das zentrale Lebensmittel und kann nicht ersetzt werden. Die Güte des Wassers ist daher von höchster Be- deutung.82 Zudem benötigen gewerbliche Verbraucher einwandfreies Wasser als Grundstoff für die Erzeugung von Lebensmitteln sowie als Roh- und Betriebsstoff für die Produktionsprozesse. Wasser kann deshalb nicht als normales Wirtschaftsgut betrachtet werden.83 Auf internationaler Ebene war bis Mitte des Jahres 2003 ein zunehmender Umstrukturierungs- prozess in der Wasserversorgung zu beobachten. Bis heute unterbinden die in Deutschland gültigen rechtlichen Rahmenbedingungen jedoch weitgehend einen Wettbewerb.84 Eine Liberali- sierung in diesem Bereich ist politisch zudem mit hohen Sensitivitäten und technisch mit nur schwer überwindbaren Schwierigkeiten verbunden.85 Vertreter aus Politik und Industrie drängen jedoch seit einigen Jahren auf eine Marktöffnung und fordern den freien Wettbewerb auch bei der Trinkwasserversorgung. Von einer Liberalisierung erhoffen sich die Befürworter eine effek- tivere und wirtschaftlichere Aufgabenerfüllung, die sich in Preissenkungen bemerkbar macht. Zudem soll die Marktöffnung einen nationalen Investitionsschub und eine gesteigerte internatio- nale Konkurrenzfähigkeit durch größere markterprobte Anbieter begünstigen.86 Angestoßen durch ein im März 2001 vorgestelltes Gutachten im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums wurden bereits zwei Liberalisierungsmodelle für den Trinkwassermarkt diskutiert. Einerseits ging es um die Einführung des Netzzugangs für Dritte, andererseits um die Einführung eines Wettbewerbs um Versorgungsgebiete durch die Ausschreibung von Konzessionen. Die Liberalisierungsdiskussion hat sich mittlerweile von der nationalen auf die europäische Ebe- ne verlagert.87 Das Europäische Parlament hat sich jedoch im Januar des Jahres 2004 eindeutig gegen eine Liberalisierung des Wasserbereiches ausgesprochen und diese Entscheidung mit der „Binnenmarktstrategie 2003-2006“ bestätigt. Auf europäischer Ebene wurden damit Anfang des 81 Es besteht jedoch eine langfristige und hohe Kapitalbindung durch die Versorgungsnetze. Häufig wird in Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Kapitaldienst für die Vermögensgegenstände vernachlässigt. 82 Heute gilt die Qualität des Trinkwassers in Deutschland europa- und weltweit als beispielhaft. Die Versorgungs- sicherheit ist nirgendwo höher als in Deutschland. Die knapp 7.000 Wasserversorgungsunternehmen sind tech- nologisch „weltspitze“ und verfügen über besonders qualifizierte Fachkräfte. Vgl. o.A. (2004a), S. 1. 83 Vgl. o.A. (2004a), S. 1-2. 84 Vgl. Michaelis, P. (2002a), S. 1-2. 85 Es ergeben sich unterschiedliche Problemstellungen in den Bereichen Transport, Druckerhöhung, Mischung etc. 86 Experteninterview mit Irmscher, R. (2004), Stadtwerke Düsseldorf AG. Vgl. Brackemann, u.a. (2000); vgl. Ewers, H.-J., u.a. (2001); vgl. Michaelis, P. (2002b), S. 399-405. 87 Vgl. Michaelis, P. (2002b), S. 399-405. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 23 Jahres 2004 zwei richtungsweisende Beschlüsse gefasst, in denen einer Liberalisierung der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung grundsätzlich eine Absage erteilt wurde.88 Mit einer vollständigen Liberalisierung ist derzeit nicht mehr zu rechnen.89 In einem Beschluss zur „Nachhaltigen Wasserwirtschaft in Deutschland“90 hat sich der Deutsche Bundestag in Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Umwelt- und Innenministerkonferen- zen der Bundesländer, der kommunalen Spitzenverbände und der Verbandsvertreter der deut- schen Wasserwirtschaft ebenfalls gegen eine Liberalisierung der Wasserversorgung positioniert und dabei festgestellt, dass die Folgen einer Marktöffnung nicht mit den Prinzipien einer nach- haltigen Wasserwirtschaft zu vereinbaren sind. Zugleich wurde die Bundesregierung aufgefor- dert, eine Modernisierungsstrategie für die deutsche Wasserwirtschaft zu entwerfen, deren Kern- stücke u.a. die Förderung von Kooperationen und die Einführung eines Benchmarkings91 sind.92 Vollständig beendet ist die Liberalisierungsdiskussion im Trinkwasserbereich jedoch noch nicht. Offen steht noch eine Veröffentlichung eines weiteren wichtigen Dokumentes, des Gründungs- buchs „Private-Public-Partnership/Konzessionen“.93 Dieses wird wesentliche Aussagen zu zu- künftigen Ausschreibungspflichten treffen und die Diskussion des Wettbewerbs um den Markt möglicherweise erneut beleben. 2.2 Auswirkungen der Liberalisierung auf die Unternehmenssteuerung In der Energiewirtschaft befindet sich der Markt durch den Liberalisierungsprozess in einer Übergangsphase. Aus einstigen Abnehmern werden selbstbestimmende Kunden. Zugleich hat die Deregulierung die traditionellen Energieversorgungsstrukturen zerschlagen.94 Stadtwerke, Regionalversorger und Querverbundunternehmen95 befinden sich in einem Wandlungsprozess, welcher voraussichtlich noch drei bis fünf Jahre anhalten wird. Ehemalige Stadtwerke sind in diesem derzeitigen Zustand häufig lokale Versorgungsspezialisten. Unterschiedliche Verbund- unternehmen organisieren sich als integrierte „Utility-Anbieter“. Die Unternehmen haben sich intensiv mit unterschiedlich einschneidenden Branchentrends auseinanderzusetzen, welche die Energiewirtschaft und ihre Entwicklung maßgeblich beeinflussen.96 88 Das Europäische Parlament hat sich in dem so genannten „Bill-Miller-Bericht“ am 11. März 2004 in den Bera- tungen zur Binnenmarktstrategie 2003 bis 2006 der Europäischen Kommission gegen die Liberalisierung ausge- sprochen. Vgl. Nitsche, A. (2004b), S. 1. 89 Vgl. Beschluss des Europäischen Parlaments vom 14. Januar 2004 und Beschluss des Europäischen Parlaments vom 11. März 2004. Vgl auch Schöneich, M (2004), S. 1-2. 90 Vgl. Bundestag (2004), Beschluss Nr. BT-Drs. 14/7177. 91 Vgl. Achttienribbe, G. (2000), S. 35-45. 92 Vgl. Cronauge, U. (2004), S. 15. 93 Vgl. Nitsche, A. (2004b), S. 1. 94 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 16. Vgl. Bolsenkötter, H., u.a. (2003). 95 Unter einem Querverbundunternehmen wird ein lokaler oder regionaler Energieversorger (Stadtwerk) verstan- den, welcher gleichzeitig Gas-, Strom-, Wärme- und Wasser anbietet. Vgl. Reich, M., u.a. (2004), S. 17ff. 96 In diesem Zusammenhang wird von den Megatrends gesprochen; vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 21f. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 24 Als notwendige Folge auf diese veränderten Rahmenbedingungen97 ist eine Umsetzung zum Teil weitreichender Anpassungsstrategien unmittelbar auf diese fundamentalen Veränderungen des Umfeldes notwendig geworden. „Ausgehend von einer völlig neuen Ausrichtung der Unterneh- mensziele auf übergreifende Kundenbedürfnisse, Qualitätssicherung und Servicebereitschaft zielen ein umfassendes Kostenmanagement, die Optimierung der Geschäftsabläufe, die Einfüh- rung neuer Führungsprinzipien mit Dezentralisierung der Entscheidungsprozesse zur Steigerung der Flexibilität und Freisetzung von Kreativität sowie nicht zuletzt die Konzentration auf Kern- kompetenzen darauf ab, das Unternehmen fit zu machen für den europaweiten Wettbewerb.“98 2.2.1 Verstärkte Kundenorientierung Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich in allen Marktsegmenten ein kontinuierlicher Wandel vom Verkäufer- hin zu einem dynamischen Käufermarkt vollzogen. Nicht nur das eigentliche Angebot der Produkte, sondern auch das Produktportfolio, die Außenwirkung bzw. das Image und vom Kunden geforderte Mehrwertleistungen gewinnen branchenübergreifend stärker an Bedeutung.99 Aus Sicht der Unternehmen entsteht damit ein zunehmender Druck, auf gestiegene Kundenansprüche und Wettbewerber zu reagieren. Eine marktorientierte Unternehmensführung macht den Konsumenten zum Kern aller unternehmerischen Entscheidungen. Die Orientierung der Unternehmensziele an Kundenbedürfnissen, Qualitätssicherung und Servicebereitschaft gerät zunehmend in den Vordergrund der Unternehmenssteuerung.100 In der Energiewirtschaft wird derzeit eine marktorientierte Führungskonzeption diskutiert. Die Energieversorger haben sich hiernach durch ein proaktives Vorgehen als „Problemlöser“ und „Treiber der Veränderung“ zu positionieren und den Kunden in einen aktiven Dialog einzubeziehen.101 Die Veränderung der Kundenbedürfnisse ist insbesondere in der Energiewirtschaft als ein Trend wahrzunehmen, auf den die Unternehmen zu reagieren haben. Der durch die Liberalisierung entstandene Wettbewerbsdruck lässt eine stärkere Emanzipation und größere Marktmacht der Konsumenten entstehen. Diese neue Souveränität ist mit einer sinkenden Loyalität gegenüber dem Versorger verbunden.102 Die Konsumenten entwickeln hinsichtlich Kundenorientierung und 97 Vgl. auch Kapitel 2.1.1 bis Kapitel 2.1.4. 98 Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 10. 99 Vgl. Jehle, E. (1999), S. 68. 100 Vgl. auch Kapitel 3.3.1.1. Kennt ein Unternehmen seine Kunden und Interessenten, deren Verhalten und deren Determinanten, dann kann es Marktlücken entdecken und diese besetzen. 101 Vgl. Wiedmann, K.-P. (2004), S. 13 102 Innovative Unternehmen betrachten heute den Kunden als Mitglied des Unternehmens. Der Kunde wird aufge- fordert, sich an allen unternehmerischen Aktivitäten, von der Produkterstellung und -gestaltung bis zur Quali- tätssicherung, zu beteiligen. Durch diese neue Sichtweise wird das Unternehmen als eine Art dynamisches Beziehungsgeflecht verstanden, in dessen Mittelpunkt der Kunde als „(Mit-)Produzent“ steht. Die Kundensicht stellt damit das entscheidende Gestaltungskriterium für die Aufbau- und Ablauforganisation dar. Vgl. KGSt (1997), S. 30; vgl. Haiber, T. (1997), S. 15ff. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 25 Zusatzdienstleistungen eine gestiegene und differenzierte Erwartungshaltung. Neben dem Preis sind Servicequalität, Versorgungssicherheit und Probleme bei der Rechnungsstellung häufig die Gründe für einen Versorgerwechsel. Netzstabilität bzw. Versorgungssicherheit, individuelle Ver- tragskonzeption und transparente Abrechnungsverfahren werden heute vom Kunden, insbe- sondere beim Strom als „low-interest-product“, direkt wahrgenommen.103 Eine kundenspezifische Segmentunterteilung führt zu nachfolgendem Ergebnis:104 • Schlüsselkunden erwarten eine fehlerfreie, qualitativ hochwertige Energieversorgung. Darüber hinaus werden ergänzend energienahe Dienstleistungen bei hoher Flexibilität bzgl. der individuellen Anforderungen erwartet. • Geschäfts- und Gewerbekunden erwarten Komplettangebote. Versorgungssicherheit und Qualität sind wichtige Entscheidungskriterien. Zudem wird eine Unterstützung bei der Identifikation von kundenseitigem Rationalisierungspotenzial vorausgesetzt.105 • Privatkunden ist es neben einem günstigen Preis wichtig, einen guten Kundenservice und einfache Tarifmodelle angeboten zu bekommen. Die Reaktion der Energieversorger auf die veränderten Kundenbedürfnisse besteht zum einen in einer Produkt- und Preisdifferenzierung und zum anderen in der Erweiterung des Angebotes um energienahe Dienstleistungen. Auf diese Weise soll die Kundenbindung gefestigt und in neu zu erschließenden Marktsegmenten die eigene Problemlösungskompetenz demonstriert werden. Hierbei stellen eine konsequent kundenorientierte Kommunikation und Vermarktung neben neuen webbasierten Vertriebswegen wichtige Erfolgsfaktoren dar.106 Dem Kunden soll ein Mehrwert durch Sortiment und einen ergänzenden Service geboten werden.107 Es wird versucht, Produkte zu bündeln, die aus Sicht des Kunden in einem sach- logischen Zusammenhang stehen. Traditionelle Marktsegmente werden hierbei um neu zu er- schließende erweitert, indem die eigene Problemlösungskompetenz in vergleichbaren Geschäfts- 103 Stadtwerke sind hierdurch in ein Dilemma geraten. Werden sie als konservativ wahrgenommen, so traut der Kunde ihnen innovative Problemlösungen nicht zu. Sind sie zu fortschrittlich, wird die Versorgungssicherheit u.U. in Frage gestellt. Die Herausforderung liegt in dem Zusammenbringen von Tradition und Moderne. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Fernsehwerbung der RWE Plus AG/RWE aus dem Jahr 2003, Imagine. 104 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 33. 105 Die Stadtwerke Düsseldorf AG bietet aus diesem Grund einen Energiecheck an. Dieser wurde auf bestimmte Kundensegmente wie Hotels oder Restaurants spezialisiert. 106 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 10f. 107 Durch eine Data-Warehouse-Nutzung werden emotionale Kundendatenbanken genutzt, die nicht nur eine gezielte Kundenansprache in Bezug auf Werbung ermöglichen, sondern Interessen und persönliche Daten für einen gezielten oder zufälligen Kundenkontakt zugänglich machen. Damit wird beabsichtigt, Vertrauen auf- zubauen und den Kunden langfristig zu binden. Vgl. hierzu den Werbeslogan der HypoVereinsbank aus dem Jahr 2002: „Leben Sie, wir kümmern uns um die Details!“ 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 26 feldern eingesetzt wird.108 Im Bereich der Energieversorgung hat sich hierauf aufbauend das Konzept des Multi-Utility durchgesetzt. Auch bei regionalen Energieversorgern und kleineren Stadtwerken ist dieses Konzept häufig ein wichtiger Strategiebestandteil.109 Das Konzept des Multi-Utility zielt auf ein gebündeltes Angebot von Produkt- und Dienstlei- stungen. Kundenkompetenz, also Marketing- und Vertriebsfähigkeiten, ergänzen die Produkt- kompetenz und das Ingenieurswissen. Ein Hintergrund hierfür ist, dass sich die Wertschöpfungs- ketten der Utility-Unternehmen Strom, Gas, Fernwärme, Wasser, Entsorgung und Telekommu- nikation in weiten Bereichen sehr ähnlich sind.110 Das bisherige Geschäftsmodell wird damit abgelöst. Zudem werden die klassischen Produkte um die Bedienung der Kundenwünsche ergänzt. Eine zeitnahe Wahrnehmung von Kundenbedürfnissen, die Fähigkeit zur Segmentierung sowie zur Erstellung maßgeschneiderter Produkte und ein Ausbau des Kundenservices sind hierfür maßgeblich. Zudem bietet Multi-Utility die Chance zur Erhöhung der Marktpenetration, der Stärkung des Markennamens sowie der Synergien zum bestehenden Kerngeschäft.111 Für eine erfolgreiche Umsetzung einer Multi-Utility-Strategie ist es jedoch Voraussetzung, die Bedürfnisse der Kunden durch systematische Marktforschungen zu erkennen, zu wecken und diese erfolgreich in kommunizierbare Produkte und Dienstleistungen umzusetzen. Ein isoliertes Anbieten unterschiedlicher Produkte ist zur Umsetzung bestehender Wettbewerbsvorteile allein nicht ausreichend. Es bedarf unterschiedlicher Anreize für die Kunden, damit der Vorteil dieser Komplettangebote wahrgenommen wird.112 Die nachfolgende Abbildung 4 zeigt die unterschiedlichen Produkt-Optionen für ein Multi- Utility-Unternehmen in der Energiewirtschaft auf. Die Leistungsspektren reichen von der her- kömmlichen Energieversorgung und Managementberatung über Telekommunikationsdienst- leistungen und Kabel-TV-Angeboten bis hin zum Gebäudemanagement oder dem Management von Großprojekten. Im versorgungsfernen Bereich bzw. in relativ weit vom herkömmlichen Kerngeschäftsfeld entfernten Geschäftsfeldoptionen, verfügen die Energieversorger jedoch nicht 108 Einige Energieversorger beabsichtigen den Einstieg in das Geschäftsfeld Abwasser. Kompetenz im Netz- management ist bereits vorhanden und aufgrund einer stabilen Abwassergebühr ist eine Marge wahrscheinlich. Zudem sind die kommunalen Netze derzeit in einem sehr schlechten Zustand und finanzielle Mittel stehen der Kommune nicht im ausreichenden Maße für eine Sanierung zur Verfügung. Eine Teilprivatisierung oder Betriebsführung bei Lösung der Umsatzsteuerproblematik erscheint deshalb praktikabel. 109 Der Fokus dieser Konzepte ist vergleichbar. Es wird jedoch nicht von der Multi-Utility-Strategie, sondern von der Ausrichtung als Infrastrukturdienstleister gesprochen. 110 Vgl. Reich, M., u.a. (2004), S. 58f. 111 Die Liberalisierung fokussiert die Konvergenz von Produkten an der Kundenschnittstelle. Die Kundenbindung und somit die Marge ist hierbei umso größer, je mehr konvergente Produkte veräußert werden. Ein Ein-Produkt- Unternehmen kann i.S.d. Kostenführerschaft Skaleneffekte nutzen. Die Multi-Utility-Strategie der RWE AG basiert auf dem kombinierten Angebot von Strom, Gas und Wasser sowie Erzeugungs- und Handelsstrategien. Bei der EnBW Energie Baden-Württemberg AG wird das Angebot um Telekommunikations- und Internet- leistungen ergänzt. Die Centrica Ltd. setzt hingegen auf ein Konvergenzkonzept „Rund-ums-Haus-Service“. 112 Vgl. Mattis, M. (2003), S. 156. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 27 über entsprechende Kernkompetenzen. Damit ist in diesen Bereichen ein im Vergleich zu den traditionellen Geschäftsfeldern erhöhtes Risiko einzugehen, wenn eine entsprechende Rendite erreicht werden soll. Aus diesem Grund ist individuell zu prüfen, ob eine diesbezügliche Diversifizierung der Produktpalette einen Erfolg versprechenden Ansatz darstellt.113 Bündelung von Utility-FunktionenCommodity-Produkte tra di tio ne ll "versor- gungsnah" "versor- gungsfern" Keine Commodity- Produkte ni ch t t ra di tio ne ll Energie- versorgung Nicht energie- bezogene Versorgung Andere versorgungs- bezogene Dienstleistungen Andere infrastruktur-/ versorgungsbezogene Dienstleistungen Andere Dienstleistungen - Gas - Elektrizität - Wärme - Kälte - Energiemanage- mentberatung - Kogeneration von Energie mit Industrie- unternehmen - Wasser - Abwasser - Abfallentsorgung - Dezentrales Gebrauchtwasser- management - Beratungsleistungen - Telekommunikation - Kabel TV - Internetzugang - Multimedia - Inhalte - Gebäudemanagement - Infrastrukturwartung - Off-site Sicherheits- management - Umzugsservice - Fakturierungs- Serive - Kapitalbeschaffung - Call-Center Management - Finanzmanagement von Großprojekten Abbildung 4: Mögliches Spektrum eines Utility-Unternehmens114 Der Wettbewerb erfordert eine Differenzierung durch Angebotsmehrwerte gegenüber der Kon- kurrenz. Der Kunde erwartet mehr als in der Vergangenheit, ist jedoch auch zunehmend bereit, dieses zu entgelten. Eine kontinuierliche Beobachtung der Wettbewerber und das stetige Suchen nach Trends oder Ansprüchen, die eine Kundenbeziehung festigen bzw. die Bedürfnisse des Kunden bedienen, sind neue Wettbewerbsvoraussetzungen. Dies führt zu weitreichenden Implikationen für die Unternehmenssteuerung. Die angesprochene Ausrichtung manifestiert sich jedoch nicht nur in der stetigen Produktentwicklung oder einem innovativen Bereich Forschung und Entwicklung. Das Unternehmen hat in Bezug auf die Aufbau- und Ablauforganisation zu- dem klare Ausrichtungen auf die Kundenwünsche aufzuweisen. Angefangen von der Erfassung von Kundendaten des „emotionalen Bereiches“115 bis hin zu Innovationszirkeln mit Kundenteil- nahme sind vielfältige Ausprägungen notwendig und denkbar. 2.2.2 Erhöhung des Kostendrucks Bedingt durch den hohen Wettbewerbsdruck im Rahmen der zum Teil aggressiven Preispolitik einiger Billiganbieter begannen die Strompreise zu Beginn des Liberalisierungsprozesses im 113 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 34f. 114 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 23. 115 In diesen Datenbanken werden Kundendaten gespeichert, welche über die herkömmlichen versorgungsspezifi- schen Daten hinausgehen. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 28 Industriekundenbereich und gefolgt vom Privatkundensektor zu sinken.116 Aufgrund des Überan- gebotes von Strom war zunächst von weiteren Preissenkungen auszugehen. Seit Mitte des Jahres 2003 hat sich der Strompreis jedoch nicht nur stabilisiert, dem vorhergehenden Preisverfall tritt nun ein moderater Preisanstieg entgegen.117 Außer in Belgien, Luxemburg und Island sind in den anderen Ländern Nordwest-Europas selbst unter Berücksichtigung der Winterhöchstlast und be- nötigter Reserven erhebliche Überkapazitäten vorhanden.118 Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Stromangebot und -nachfrage wird aus diesem Grund voraussichtlich erst ab dem Jahr 2006 eintreten.119 Alte Kraftwerke sind jedoch unter dieser Annahme vom Netz zu nehmen. Fällt die Reduzierung der Erzeugungskapazitäten zu gering aus, so kann erst ab dem Jahr 2014 von einem ausgeglichenen Markt ausgegangen werden.120 Derzeit wird der Strom in vielen Fällen zu Grenzkosten angeboten, so dass ein massiver Verdrängungswettbewerb stattfindet. Die Preissenkungen leiten im Rahmen der Liberalisierung einen umfassenden Strukturwandel ein. Eine kosteneffiziente Leistungserstellung ist mitentscheidend für den langfristigen wirt- schaftlichen Fortbestand des Unternehmens. Umfassende Kostensenkungsprogramme und Restrukturierungen der Geschäftsprozesse sind hierzu mögliche, effizienzfördernde Maßnahmen. Zudem sollte eine schlanke und effiziente Struktur geschaffen werden, damit wertschöpfungs- starke Produkte entwickelt werden können.121 Der Preisverfall von Produkten und Dienst- leistungen verringert die Margen aufgrund hoher Bezugskosten und der wettbewerbsbedingten geringen Absatzpreise. In der Folge resultiert ein erheblicher Kostendruck und ein verstärktes Kostenbewusstsein, dem das Unternehmen insbesondere durch kostenreduzierende Maßnahmen und ein entsprechendes Kosten- und Erfolgscontrolling zu genügen hat.122 Die Kosten der Leistungserstellung haben zurechenbar und präsent zu sein. Die Auswirkungen des neuen Kostenbewusstseins resultieren damit sowohl auf operativer als auch auf strategischer Ebene.123 Die bisherigen Kostensenkungsbemühungen im Liberalisierungsverlauf waren bei den meisten Energieversorgern nicht ausreichend, um die im Wettbewerb geforderte nachhaltige Kostenfüh- rerschaft zu realisieren. Da eine kosteneffiziente Leistungsbereitstellung entscheidend für den 116 Niedrigpreisstrategie der Vertriebstochter Yello für das Haushaltskundensegment. 117 Vgl. VDEW (2003), S. 8. Diese Betrachtung erfolgt exklusive einer Berücksichtigung von Steuern und Ab- gaben. Vgl. auch die Aussage von Roels bzgl. der Margen aus der Stromerzeugung und der notwendigen Preisentwicklung. Vgl. o.A. (2004e), S. C 3. 118 Vgl. Abbildung 2 auf Seite 18. 119 Einschätzung VDEW. Hierbei wird davon ausgegangen, dass das durchschnittliche Wachstum der Strom- nachfrage in Europa von rd. 1,3 Prozent pro Jahr bestehen bleibt. Vgl. o.A. (2003). 120 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 34f. 121 Ein umfassendes Kostenmanagement ist darüber hinaus notwendig, um Wirtschaftlichkeit und Strategiekonfor- mität neuer Produktideen zu testen. 122 Vgl. Michel, U. (1999), S. 371. 123 Das Ziel der Kostenreduktion besteht in einer Minimierung der realen Produkt(stück)kosten bei angemessener Qualität der Leistung. Damit besteht eine Strategie der Effizienz. Vgl. Reich, M., u.a. (2004), S. 50. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 29 wirtschaftlichen Fortbestand des Unternehmens ist, findet derzeit eine weitere, deutlich stärkere Kostensenkungswelle, sowohl auf der Ebene der großen Stromversorger als auch bei den Stadt- werken und Regionalversorgern statt. Nicht nur das Wissen über die Profitabilität der Kunden sondern auch in Bezug auf die eigene Kostenstruktur und deren Verbesserung sind Grundlage einer erfolgreichen Geschäftssteuerung. Angegangen wird dieses Ziel bereits durch umfassende Kostensenkungsprogramme, Restrukturierungen der Geschäftsprozesse und der Aufbauorganisa- tion. Größen- und Effizienzvorteile sind zu identifizieren, umzusetzen und auszuschöpfen. Auf dem Weg zur kosteneffizienten Leistungsbereitstellung ist es notwendig, den eigenen Status Quo zu kennen. Hierfür sollte bereits ein intaktes Controlling von der operativen bis zur strategischen Ebene vorhanden sein. Oft besteht bereits hier eine Diskrepanz, da gerade kleine und mittlere Energieversorger ihre Kostenstrukturen nicht kennen und auch nicht über eine funktionierende Kostenrechnung oder ein umfassendes Controlling verfügen. Ein erster Ansatz besteht oftmals in der Einführung einer umfassenden, systemgestützten Kostenrechnung. Durch die Einführung der Profit Center-Rechnung124 ist es möglich, einzelne im Unternehmen existente, weitgehend wirtschaftlich selbständige Einheiten in Bezug auf Aufwendungen und Erträge darzustellen und zu steuern. Der vorhandene Leistungsbezug und die zugehörige Leistungserbringung werden hierbei erfasst und centerbezogen dargestellt. Damit soll zum einen der Leistungs- und Aufwandsbeitrag einer Einheit des Unternehmens dargestellt werden und zum anderen das Bewusstsein für die Messbarkeit einer Tätigkeit innerhalb der entsprechenden Einheit geweckt werden. Im Idealfall werden sämtliche bezogene Leistungen erfasst, bewertet und der fiktive Ertrag der Leistungserbringung dieser Einheit zugerechnet. Darüber hinaus sollten auch die Produkte des Unternehmens entsprechend der Centerbetrachtung nach Erfolgs- und Aufwandsbeiträgen darstellbar sein.125 Ein weiteres Instrument zur Reaktion auf den gestiegenen Kostendruck stellt die Prozesskosten- rechnung dar.126 Sie kann als ein systematischer Ansatz verstanden werden, welcher einen effizienten Ressourcenverbrauch sicherstellen und die Kostentransparenz in den indirekten Leistungsbereichen erhöhen soll. Sie zielt damit insbesondere in den Gemeinkostenbereichen auf eine transparente Abbildung der Kapazitätsauslastung ab, um eine weitestgehend verursachungs- gerechte Kalkulation zu ermöglichen. Ein wesentliches Ziel der Prozesskostenrechnung besteht 124 Vgl. Kapitel 4.1. 125 Die Prozesskostenrechnung ermöglicht es, die Herstellung sämtliche Produkte eines Unternehmens zu analy- sieren. Dieses würde jedoch in Bezug auf eine regelmäßige kostenwirtschaftliche Planung und Kontrolle nicht einer wirtschaftlichen Vorgehensweise entsprechen. Eine vorgelagerte ABC-Analyse ist bspw. in der Lage, eine zieladäquate Selektion bedeutsamer Prozesse vorzunehmen. Vgl. Reichmann, T. (2001), S. 176. 126 Vgl. Leidig, G. (1999), S. 53; vgl. Menden, B. (2004), S. 101-106. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 30 darin, strategische Fehlentscheidungen zu vermeiden. Sie stellt damit eine sinnvolle Ergänzung des herkömmlichen Instrumentariums dar.127 Die prozessorientierte Portfolioanalyse kann zudem als Schnittstelle zum strategischen Control- ling verwendet werden. Bei der prozessorientierten Portfolioanalyse wird „in Form von differen- zierten Portfolios eine Beurteilung und Kontrolle mengen- und wertorientierter Prozessmerkmale angestrebt.“128 Sie ermöglicht damit nicht nur eine zieladäquate Selektion bedeutsamer Aktivitä- ten, sie schafft zudem einen Bezug zu der qualitativen Denkweise des strategischen Controllings. Das Verfahren versucht dabei unterschiedlichen Zielsetzungen gerecht zu werden.129 Zur Verbindung des Kosten- und Erfolgs-Controllings mit dem Instrumentarium des strategi- schen Controllings bietet sich das produktbezogene Marktwachstums-Marktanteils-Portfolio an.130 Die ermittelten Deckungsbeitragsprofile sind hierbei die Grundlage für die Quantifizierung der strategischen Geschäftsfelder. Besonders erfolgskritische Produkte bzw. Produktgruppen können aus dem Portfolio heraus identifiziert werden. Eine weitere Möglichkeit zur Reaktion auf den gestiegenen Kostendruck kann in dem Eingehen einer Kooperation bestehen. Das Unternehmen verlässt damit eine Situation der Autonomie und begibt sich in eine Abhängigkeit von einem oder mehreren anderen Unternehmen.131 Energie- wirtschaftliche Kooperationen werden zur Realisierung kritischer Skaleneffekte durchgeführt. Der Fokus liegt generell in der Bündelung von Ressourcen und des Know-hows, um im Wett- bewerb bestehen zu können.132 Das Kostenmanagement hat die Aufgabe, die Wirtschaftlichkeit der Kooperationen vor und während des Kooperationsprozesses umfassend zu analysieren, um die Kooperationsumsetzung zu steuern und Fehlentwicklungen vorzubeugen. Nur wenige Unternehmensaktivitäten vollziehen sich mit einem ähnlich großen Maß an Begei- sterung und Euphorie wie das Eingehen von Kooperationen.133 Mehr als die Hälfte aller Koope- rationen verfehlen jedoch die gesetzten Ziele.134 Aus diesem Grund besteht eine wichtige Auf- gabe darin, die Folgen und Kosten einer Partnerschaft richtig einzuschätzen und die Umsetzung der Partnerschaft bewusst zu steuern. Synergien der Zusammenarbeit werden häufig zu hoch vorausgesagt und der Wille zur Realisierung von Veränderungen ist auf beiden Seiten nach 127 Ergänzend trägt sie der aus einer Veränderung der ökonomischen Rahmenbedingungen resultierenden zuneh- menden Bedeutung der indirekten Leistungsbereiche Rechnung. Vgl. Reichmann, T. (2001), S. 166. 128 Reichmann, T. (2001), S. 176; vgl. hierzu Fröhling, O. (1990), S. 193-198 und Witt, F.-J. (1989), S. 156-162. 129 Vgl. Reichmann, T. (2001), S. 176. 130 Vgl. Coenenberg, A. G., u.a. (1990), S. 465. 131 Hammes, W. (1994), S. 29. Zu Kooperationsgründen vgl. Lorange, P., u.a. (1992), S. 16f. 132 Gemeinsame Netzgesellschaften (Unbundling), Kompetenzzentren, Vertriebspartnerschaften, etc. 133 Vgl. Olbrich, M (2001), S, 233. 134 Vgl. Schertler, W. (1995). 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 31 Vertragsunterzeichnung oft nur beschränkt vorhanden. Neben der Sorge um den eigenen Verant- wortungsbereich erleben die Mitarbeiter zudem die Infragestellung des bewährten Ziel- und Wertesystems. Motivationseinbrüche und Orientierungslosigkeit behindern die Arbeitsleistung. Mitarbeiter verlassen das Unternehmen und nehmen Kenntnisse und Kundenkontakte mit.135 Die Aufgabe eines umfassenden Kostenmanagements wird durch diese komplex einzuschätzenden Folgewirkungen erheblich erschwert. Ein exakter Businessplan und eine umfassende Chancen- und Risikoanalyse sind insbesondere zur Vorbereitung auf derartige Entscheidungen von grund- legender Bedeutung.136 2.2.3 Entbündelung der Wertschöpfungskette Das gesetzliche Unbundling137 ist in Deutschland ausschließlich auf der Ebene des Rechnungs- wesens umzusetzen.138 Das Energiewirtschaftsgesetz schreibt eine größenabhängige Entflech- tung der Rechnungslegung für einzelne Aktivitäten ab dem Jahr 2005 vor. Hintergrund ist die nachvollziehbare Ermittlung der Höhe der Netznutzungs- und Durchleitungsentgelte. Das rechtliche Unbundling zielt damit auf eine Entkopplung der Interessen von Erzeugung und Energieverteilung im Sinne einer Trennung von Aufgaben, Prozessen und verbundenen Kosten. Große Versorgungsunternehmen sind damit zum rechtlichen Unbundling gezwungen.139 Einige Energieversorger gründen derzeit einzelne Wertschöpfungsstufen in rechtlich eigen- ständige Gesellschaften aus, um ihre Flexibilität zu erhöhen und eine größere Nähe zu tra- ditionellen und neuen Märkten zu erlangen. Seit Beginn der Liberalisierung wird das Unbund- ling mit diesem Hintergrund bereits zunehmend in den Geschäftsfeldern Erzeugung, Handel aber auch Verteilung und Vertrieb umgesetzt. Das grundsätzliche Ziel dieses Unbundlings besteht darin, auf die gestiegenen komplexen Liberalisierungsanforderungen durch Ausgründung einzelner Bereiche besser reagieren zu können.140 Zudem ermöglicht es die Kooperation mit Dritten auf einzelnen Wertschöpfungsstufen. Die wesentlichen Gründe bestehen damit in der 135 Zur Bedeutung der Mitarbeiter für Kooperationen vgl. Kümpel, T, u.a. (2004), S. 107ff. 136 Vgl. Olbrich, M. (2001), S. 233. 137 Vgl. Kapitel 2.1. Vgl. auch Wiedmann, K.-P., u.a. (2004), S. 158-165; vgl. Salje, P. (1998), S. 169-176. 138 Vgl. § 9 Abs. 2 und § 9a Abs. 2 des EnWGs. Das Ziel besteht in der nachvollziehbaren Ermittlung von Durch- leitungsentgelten im Sinne eines fairen Wettbewerbs. Quersubventionierungen soll durch diese Vorgehensweise vorgebeugt werden. Auf eine ausführliche Analyse in Bezug auf die hiermit einhergehenden Anforderungen wird an dieser Stelle jedoch verzichtet. 139 Das größenabhängige Kriterium bildet die Kundenanzahl. Vgl. Bolsenkötter, H. (2003), S. 14f. Vgl. hierzu auch die Richtlinien 96/92/EG (1996) und 98/30/EG (1998). 140 Verdrängungswettbewerb, Internationalisierung, neue Medien und Märkte sowie steigender Wettbewerbsdruck auf der Nachfrageseite erfordern von den Unternehmen insbesondere Flexibilität und Marktnähe, übergreifendes Wachstum, Entwicklung neuer wertschaffender Geschäftsfelder, Management komplexer Unternehmens- organisationen; vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 28. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 32 verbesserten Marktorientierung, einer Steigerung der Effizienz sowie der Erhöhung der Trans- parenz innerhalb des Gesamtunternehmens bzw. des neuen Konzerns.141 Das rechtliche Unbundling ist auf allen Wertschöpfungsstufen zu praktizieren. Wichtige Voraus- setzungen sind jedoch eine entsprechende Unternehmensgröße, eine Egalisierung der Vorteile einer integrierten Organisation sowie die Schaffung von Effizienz. Bei erfolgreicher Umsetzung kann durch das rechtliche Unbundling die Transparenz gesteigert und eine verbesserte Wahrnehmung der Marktchancen realisiert werden. Unbundling ist jedoch erst ab einer gewissen Unternehmensgröße erforderlich. Eine Ausgründung sollte gegenüber einer Profit Center- Organisation klare Vorteile aufzeigen. Beim Unbundling ist insbesondere auf die so genannten „soft facts“ zu achten. Die Verstärkung von Ressortegoismen, eine Verschärfung von Kommunikationsproblemen, die Erhöhung der Managementkomplexität, eine Verlängerung der Entscheidungswege sowie eine Verschlechte- rung der Kontrollmöglichkeiten können den Erfolg des Unbundlings entscheidend behindern. Unbundling erhöht die Flexibilität, steigert jedoch ebenfalls die Komplexität im Sinne einer Steuerung auf Abstand. Für die Unternehmensführung stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, wie die rechtlich entbündelten Wertschöpfungsstufen unter einer Holding zu strukturieren sind und wie die entstehende Organisation effizient geführt werden kann. Die ersten Liberalisierungsauswirkungen der deutschen Energiewirtschaft sind aus Sicht der Energieversorger differenziert zu bewerten. Bei gestiegenen Kundenansprüchen wurde durch einige Billiganbieter ein starker Preisverfall eingeleitet.142 Insbesondere bei den Energiever- sorgern mit Eigenerzeugung ließen sich in der Folge keine hinreichenden Margen mehr erwirt- schaften. Begleitet wurde dies durch bislang unzureichende Kostensenkungen. Zusätzlich stellt das gesetzliche Unbundling aufgrund der einhergehenden rechnungsmäßigen und teilweise auch organisatorischen Neustrukturierung eine zukünftige zu bewältigende Herausforderung dar. Um sich besser im Wettbewerb behaupten zu können, ist die gesamte Branche gezwungen, die sich ihr bietenden Scale- und Scope-Effekte zu nutzen. Notwendige Erfolgsfaktoren für eine ziel- und zukunftsorientierte Ausrichtung des Unternehmens sind zu erschließen.143 Über eine Verlängerung der Wertschöpfungskette, die Diversifizierung der Kernaktivitäten im nationalen 141 Weitere Gründe sind regulatorische Erfordernisse, Empowerment der ausgegründeten Bereiche, verbesserte Ko- operationsmöglichkeiten mit Dritten, verstärkte Shareholder Value-Orientierung, erhöhte Konzentration auf das Kerngeschäft sowie Tarifeinordnung der Mitarbeiter; vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 30. 142 Niedrigpreisstrategie der Yello GmbH für das Haushaltskundensegment. 143 Typische energiewirtschaftliche Erfolgsfaktoren sind: Wettbewerbsfähige Energiebeschaffungs- und Geste- hungskosten; konkurrenzfähige Marketing- und Vertriebskompetenz; modernes Image und zeitgemäßer Kun- denservice; umfassendes Produkt-/Service-Portfolio; marktnahe und flexible Führungssysteme; hinreichend wettbewerbsfähige kritische Größe. Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 14. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 33 wie internationalen Umfeld als auch die Entwicklung neuer strategischer Geschäftsfelder wurde bereits versucht, die langfristige Ertragskraft zu sichern.144 Kooperationen werden eingegangen, um die eigene Marktposition zu sichern. Zum einen wird beabsichtigt, Potenziale zu heben, indem eine Konzentration auf die Kernkompetenzen erfolgt, zum andern wird angestrebt, eine überlebensfähige kritische Größe des Gesamtunternehmens zu erreichen. Der Konzen- trationsprozess der leitungsgebundenen Energieversorgung ist damit noch nicht beendet.145 Ins- besondere die Position kleiner und mittlerer Stadtwerke wird voraussichtlich infolge der tenden- ziellen Festigung des Bezugspreisniveaus und des verstärkten Wettbewerbs auch im Tarif- abnahmebereich weiter geschwächt. Eine absehbare Verringerung der Durchleitungsgebühren als Folge des Unbundlings wird hierzu maßgeblich beitragen. Auch Stadtwerke können durch Kooperationen größenbedingte Wettbewerbsschwächen elimi- nieren und gleichzeitig die Vorteile der Marktnähe, des Querverbundes und jahrzehntelang gewachsene Kundenbeziehungen nutzen und Einfluss auf die Veränderung der Marktstruktur nehmen.146 Bislang bestand für Stadtwerke jedoch ein deutlicher Wettbewerbsnachteil. Das nordrhein-westfälische Gemeindewirtschaftsrecht beschränkte die Betätigung von Kommunen nach einem Subsidiaritätsgrundsatz in die Bereiche ein, in denen ein öffentlicher Zweck verfolgt wird. Räumlich kam die Beschränkung auf das eigene Gemeindegebiet hinzu, es sei denn, es erfolgte die Zustimmung derjenigen Gebietskörperschaften, auf deren Gebieten die Tätigkeit ausgedehnt wurde. Für Stadtwerke mit mehrheitlich kommunaler Anteilseignerschaft folgte daraus eine Einschränkung ihrer Tätigkeit auf das Stammgebiet. Angestrebte Wachstumsstrate- gien oder Kundenakquisitionen in anderen Regionen waren danach nicht legitim.147 Diese restriktive Ausgangslage wurde durch eine Änderung der Gemeindeordnung im Sinne einer erweiterten Betätigungsmöglichkeit geändert.148 Zwar bleibt das Erfordernis des „öffent- lichen Zwecks“ in abgeschwächter Form erhalten, jedoch können gegen die Ausdehnung der wirtschaftlichen Betätigung keine Verweigerungsrechte mehr geltend gemacht werden.149 Leider ist diese Novellierung in ihren Auswirkungen derzeit noch umstritten, dennoch ist eine Öffnung des Handlungsspielraums kommunaler Unternehmen gegeben und damit eine Ungleichbehand- lung der Stadtwerke im Energiemarkt im Ansatz korrigiert worden. Dies bedeutet, dass Stadt- 144 Dies gilt insbesondere für die Geschäftsfelder Energiehandel und Risikomanagement. 145 In diesem Zusammenhang sei an den Anteilserwerb der E.On AG, Düsseldorf (ehem. Veba/Viag), an der Ruhrgas AG, Essen, erinnert. Von Seiten der Kartellbehörde werden weitere Beteiligungen von E.On, RWE, Vattenfall derzeit nicht mehr in der Bundesrepublik bewilligt. 146 Vgl. Lause, K.-H. (2001), S. 25. 147 Vgl. Gemeindeordnung NRW § 18. 148 Vgl. Klaue, S. (2001), S. 13f. 149 Vgl. § 107 der Gemeindeordnung NRW. Zulässigkeit wirtschaftlicher Betätigung § 107, Absatz 1 Satz 1. 2. Die Liberalisierung der deutschen Energiewirtschaft 34 werke auch über ihr ursprüngliches Stammgebiet hinaus eine wertorientierte Wachstumsstrategie als Reaktion auf die Marktliberalisierung verfolgen können. Bedingt durch die aufgezeigten Herausforderungen der Liberalisierung sind die Versorgungs- unternehmen gezwungen, sich einem umfassenden und kontinuierlichen Veränderungsprozess zu stellen. Dieses erfordert die Entwicklung und Implementierung eines ganzheitlichen und der kontinuierlichen Veränderung gerecht werdenden Steuerungsinstrumentariums.150 Zudem ist unter Bezug auf die verstärkte Internationalisierung der Finanz- und Kapitalmärkte und die Notwendigkeit der gezielten Erschließung von energiewirtschaftlichen Erfolgsfaktoren den veränderten Anforderungen der Anteilseigner durch eine wertorientierte Ausrichtung der Unter- nehmenssteuerung nachzukommen.151 In den folgenden Kapiteln wird als wesentliche Grundlage der Arbeit zunächst ein Überblick über die Steuerung von Unternehmen gegeben, bevor auf heutige veränderte Steuerungsanforderungen im Allgemeinen und speziell in der deutschen Energiewirtschaft eingegangen wird. 150 Vgl. Löbbe, S. u.a. (2002), S. 671ff. 151 Vgl. ausführlich Kapitel 5. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 35 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung Unter der Unternehmensführung wird eine übergeordnete Begrifflichkeit verstanden, welche in einem engen Zusammenhang mit der personellen Führungsfunktion des Unternehmens steht. Einen stärkeren Fokus auf die instrumentale Betrachtungsweise1 und damit auf den Manage- mentprozess legt hingegen der Begriff der Unternehmenssteuerung. Im Folgenden wird dieser Unterschied kurz thematisiert. Da die Arbeit ihren Schwerpunkt jedoch auf die instrumentale Betrachtung legt, findet in dieser Arbeit die Begrifflichkeit der Unternehmenssteuerung Anwen- dung. Grundsätzlich werden beide Begrifflichkeiten jedoch synonym verwendet und es wird auf eine tiefer gehende Differenzierung verzichtet. Die nachfolgende Abbildung 5 liefert einführend eine kurze Differenzierung in Anlehnung an Schierks.2 Unternehmensführung - Vision, Mission, Glaube, Intuition, Werte - Leitbild - Unternehmergeist - Richtung festlegen und kommunizieren - Ertragsorientierung - Innovation - Strategien und Prozesse für den Wandel einleiten - Investieren - Mitarbeiter auf eine Linie bringen - Kommunizieren, motivieren, inspirieren - Emotionen zeigen und dazu stehen Unternehmenssteuerung, Management - Ressourcen zuteilen - Strukturen, Ordnung und Berechenbarkeit schaffen - Budget erstellen und überwachen - Kosten- und Risikomanagement - Analysieren, planen, operationalisieren, organisieren - Prozesse und Personal koordinieren und kontrollieren - Mitarbeiter einsetzen - Verantwortung delegieren - Aktionspläne entwickeln - Einfluss nehmen - Überzeugen, befehlen, anordnen Abbildung 5: Führung vs. Steuerung 3.1 Wesentliche Aspekte der Begriffsbildung In der Betriebswirtschaftslehre wird der Begriff der Unternehmensführung von unterschied- lichsten Fachvertretern thematisiert.3 Bis heute hat sich eine enorme Vielfalt unterschiedlicher Definitionsansätze herausgebildet. Grundsätzlich lassen sich jedoch drei wesentliche Aspekte einer möglichen Begriffsbildung identifizieren. Welge spricht in Anlehnung an Rühli4 in diesem Zusammenhang von dem institutionalen, dem funktionellen und dem instrumentalen Aspekt. In den nachfolgenden Ausführungen werden diese Aspekte einführend im Überblick dargestellt.5 1 Vgl. Kapitel 3.1.3. 2 Vgl. Schirchs, A. D. (1994), S. 54. 3 Vgl. Welge, M. K. (1985), S. 1; vgl. Macharzina, K. (1999), S. 7ff.; vgl. Steinmann, H. (1981), S. 1; vgl. Staehle, W. H. (1999), S. 72. 4 Vgl. Rühli, E. (1977), S. 732f. 5 Vgl. Welge, M. (1985), S. 1ff. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 36 3.1.1 Institutionaler Aspekt der Betrachtung Die institutionale Betrachtungsweise wird selten verwendet. Nach Pausenberger wird „Unter- nehmensführung [...] zunächst als eine Institution verstanden [...], die als oberste Entscheidungs- instanz in einem Unternehmen fungiert.“6 Dieser enge Definitionsversuch bezieht sich zunächst nur auf die Führungsebene des Unternehmens. Eine Ausweitung dieses Definitionsansatzes schließt jedoch sämtliche Personen oder Personengruppen, die als Entscheidungsträger perma- nent personen- und sachbezogene Führungsaufgaben im Unternehmen wahrnehmen, mit ein.7 3.1.2 Funktioneller Aspekt der Betrachtung Die funktionelle Betrachtungsweise ist auf die Lehre des Scientific Management von Taylor zurückzuführen. Hiernach ist Unternehmensführung „knowing exactly what you want men to do, and then seeing they do it in the best and cheapest way.“8 Taylor fokussiert primär auf die Managementprozesse unterer Hierarchieebenen. Fayol erweitert diesen Ansatz um die Betrach- tung der Managementfunktionen der Unternehmensleitung.9 Diese hat administrative Hilfsfunk- tionen, wie Vorausplanung, Organisation, Auftragsverteilung, Koordination und Kontrolle, zu erfüllen. Die Subsumption unterschiedlicher Führungsaufgaben, inklusive deren kontinuierliche Modifizierung nach Art und Anzahl, steht hierbei im Vordergrund.10 Aufbauend auf dem klassischen Ansatz der funktionellen Betrachtungsweise der Unternehmens- führung entwickelten sich zahlreiche weitere Definitionsansätze, welche die wesentlichen Aspekte der Unternehmensführung abdecken.11 Einzeln sind sie jedoch nicht geeignet, die Problemstellungen der Unternehmensführung oder -steuerung umfassend abzubilden oder diese gänzlich zu lösen. In der Praxis kann kaum ein Manager diesen Betrachtungsweisen gerecht werden. Starke kom- munikative und interpersonelle Aktivitäten sind wichtiger als die stärker sachbezogenen Funk- tionsbeschreibungen der Unternehmensführung. Das zu lösende Dilemma besteht in der Defi- nition von Aktionsplänen trotz Unsicherheit und der Realisierung von Aktionen mit Hilfe von zahlreichen Mitarbeitern, obwohl eine direkte Kontrolle nicht vorhanden ist. Die Planung der 6 Pausenberger, E. (1968), S. 225. 7 Vgl. Beyer, H. T. (1970), S. 53. 8 Taylor, F. (1903), S. 54. 9 Vgl. Fayol, H. (1917), S. 112. 10 Miner stellte aus einer Anzahl amerikanischer Management-Lehrbücher 18 verschiedene Funktionen zusammen: Planning, Organizing, Commanding, Coordinating, Controlling, Investigating, Communicating, Securing efforts, Formulating Purpose, Staffing, Directing, Leading, Motivating, Innovating, Repressing, Decision-Making, Acti- vating, Evaluating, Administering; vgl. Miner, J. (1971), S. 72. 11 Verhaltenswissenschaftlicher Ansatz, mathematischer Ansatz, entscheidungstheoretischer Ansatz, systemtheore- tischer Ansatz, informationstheoretischer Ansatz; vgl. Welge, M. (1985), S. 2f. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 37 Arbeit erfolgt über lose Ziele und Erfolgspläne mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und Fristen. Finanzwirtschaftliche Daten sind zunächst von sekundärem Interesse. Strategien und Pläne für das Unternehmen bekommen hingegen einen hohen Stellenwert. Es entstehen Netz- werke durch persönliche Gespräche mit oft Hunderten von Personen. Je enger die Bindungen innerhalb des Netzwerkes sind und je höher das Niveau der involvierten Personen ist, desto einfacher wird die Managementaufgabe der Unternehmensführung.12 3.1.3 Instrumentaler Aspekt der Betrachtung In der instrumentalen Betrachtungsweise werden die Instrumente, welche der Unternehmens- führung zur Verfügung stehen, in einen Steuerungsprozess einbezogen. In diesem Zusammen- hang wird nicht mehr nur von Unternehmensführung im Sinne einer reinen personellen unter- nehmerischen Führungsfunktion, sondern von der Unternehmenssteuerung gesprochen. In Theo- rie und Praxis hat sich eine Fokussierung auf die Bereiche Planung, Kontrolle und Organisation durchgesetzt.13 „Planungs-, Organisations- und Kontrollsysteme werden [...] als Instrumente oder Aktionsparameter begriffen, mit deren Hilfe bestimmte, den angestrebten Zielen entsprechende Wirkungen herbeigeführt werden können, in dem das Verhalten der Unternehmensmitglieder über die Gestaltung von Planungs-, Organisations- und Kontrollsystemen gezielt beeinflusst wird.“14 In Bezug auf die Gestaltung entsprechender Systeme und Instrumente ist zu berücksich- tigen, dass unter Zugrundelegung von bestimmten Zielen die Wirkungen zu prognostizieren sind, welche sich bei der Verwirklichung einer Alternative voraussichtlich einstellen werden.15 Die- jenige Alternative ist auszuwählen, welche, gemessen an den verfolgten Zielen, der Situation des Unternehmens am besten gerecht werden kann. 3.1.3.1 Nutzung von Planungssystemen Der langfristige Erfolg des Unternehmens ist mit Hilfe von Strategien zu sichern. Planung kann in diesem Kontext als ein systematisch zukunftsbezogenes Durchdenken und Festlegen von Zielen, Maßnahmen, Mitteln und Wegen zur zukünftigen Zielerreichung, der Unternehmens- wertsteigerung, verstanden werden.16 Die Planung ist als wichtiges Instrument in die Unterneh- menssteuerung einzubeziehen. Im strategischen Management wird durch die Planung ein mehr- stufiger und umfassender Prozess initiiert, welcher aufbauend auf der Unternehmenspolitik einen 12 Strukturierung von Problemen, Kenntnisse von spezifischen Managementfähigkeiten wie Konfliktlösung, Infor- mationsverarbeitung, Entscheidung unter Ungewissheit, Ressourcenallokation. 13 Vgl. Grochla, E. (1974), S. 12. 14 Vgl. Welge, M. (1985), S. 5. 15 Vgl. Kapitel 3.3.1.5.2. 16 Vgl. Bea, F. X., u.a. (1997), S. 45; vgl. Wild, J. (1974), S. 13; vgl. Welge, M. K. (1985), S. 15. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 38 ganzheitlichen Planungsprozess bis in den operativen Bereich in Gang setzt.17 Dieser Prozess beinhaltet die Phasen der Zielbildung, der strategischen Analyse, der Strategieformulierung und letztendlich auch die Phase der Strategieumsetzung bis in den operativen Bereich.18 In Ergän- zung zur strategischen Planung integriert der Planungsprozess auf der operativen Ebene auch sämtliche Maßnahmen und Handlungen des Tagesgeschäftes, welche zunächst nur einen mittel- baren Zusammenhang zur strategischen Unternehmenssteuerung aufweisen. Die unternehmerische Planung ermittelt und verbindet die differenzierten, zu erreichenden Ziele der jeweiligen Bereiche in einem mehrstufigen Prozess mit dem Budget und legt einen zeitlichen Rahmen zur Zielerreichung fest.19 Hierbei wird entsprechend den jeweiligen Anforderungen auf Kombinationen von top-down- und bottom-up-Planungsprozessen zurückgegriffen. Die ange- strebte Zielerreichung soll durch geeignete Gestaltung von Planungs-, Organisations- und Kontrollsystemen begünstigt werden.20 Unterschiedliche Systeme beinhalten bestimmte Erwartungen an die involvierten Personen. Durch die Systeme werden dezidierte Verhaltensweisen vorgeschrieben und das anstrebende Ziel wird letztendlich additiv durch situative Bedingungen, unter denen das Unternehmen arbeitet, geprägt. Die erwartete Wirkung wird somit durch eine Kombination von System- und Situationseffekten beeinflusst. Weichen die angestrebten Wirkungen von den prognostizierten ab, so wird angenommen, dass dies zum einen an einer mangelnden Entsprechung zwischen Planungs-, Organisations- und Kontrollsystemen und zum anderen der situativen Anforderung liegt. Daraus resultiert die Notwendigkeit, die Entsprechung zwischen Systemen und Situation wieder herzustellen. Die Ziele sind durch eine Neuplanung entweder an die Situation anzupassen oder die Situation ist entsprechend zu verändern, so dass die bestehenden Systeme wieder im Einklang mit ihr stehen.21 3.1.3.2 Zielgerichtete Organisationsstrukturierung Ergänzend zur instrumentalen Betrachtungsweise der Planung ist die Organisation die zweite Instrumentalfunktion des Managements. Die Organisation darf nicht als ausschließliche Domäne der obersten Unternehmensführung verstanden werden. „Jeder Manager muss im Rahmen seines Verantwortungsbereiches auch als Organisator oder organisatorischer Gestalter betrachtet wer- 17 Vgl. Welge, M. K., u.a. (2001), S. 96. Vgl. auch Kapitel 7.1.2. 18 Vgl. Kapitel 4.2.1. 19 Vgl. die Ausführungen zur Budgetierung und Dezentralen Ressourcenverantwortung im Kapitel 4.2.4. 20 Zur ausführlichen Darstellung des unternehmerischen Planungsprozesses vgl. Busse von Colbe, W. (1969); vgl. Adam, D. (1996); vgl. Ehrmann, H. (1997). 21 Vgl. Welge, M. (1985), S. 6f. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 39 den.“22 Die organisatorische Gestaltung ist somit Bestandteil der Aufgaben einer jeden Füh- rungskraft. Nicht nur Organisationsspezialisten sondern auch alle Angehörige des Managements haben diese Aufgaben als organisatorische Gestaltungsaufgabe arbeitsteilig zu vollziehen. Unternehmen können als sozio-technische Systeme betrachtet werden, in denen Menschen, teilweise mit Hilfe von Maschinen, bestimmte Ziele verfolgen und arbeitsteilig Tätigkeiten erfüllen. Organisatorische Regeln steuern das Zusammenwirken im Sinne von personenorien- tierten verhaltens- und maschinenbezogenen Funktionsregeln. Dieses Zusammenwirken kann nach Grochla als Organisation bezeichnet werden.23 Die Organisation bzw. die Organisations- struktur als ein System von Regeln konstituiert ein künstliches System als eine Art Handlungs- rahmen. Innerhalb dieses geschaffenen Rahmens vollziehen sich die unternehmerischen Auf- gabenerfüllungsprozesse. Sie ergeben sich nicht von selbst, sondern als Ergebnis von organi- satorischen Gestaltungshandlungen bzw. von allen Aktivitäten, die organisatorische Regeln entwickeln. Nach Grochla besteht die originäre Aufgabe der organisatorischen Tätigkeit in der Gestaltung der Organisationsstruktur des Unternehmens.24 Die Aufgabe der Unternehmenssteuerung besteht somit darin, die Organisation entsprechend des Ziels der operativen Exzellenz zu gestalten. Strukturen und Prozesse sind vor dem Hintergrund einer möglichst effizienten Leistungserstellung zu optimieren. Dies entspricht dem Gedanken der Wertsteigerung, da kostengünstig arbeitende Unternehmen einen hohen Kundennutzen schaffen, der wiederum ein profitables Wachstum mit Hilfe von Skalen- und Lernkurveneffekten ermög- licht. Die so entstehenden Vorteile können wiederum eingesetzt werden, um die Wertschöp- fungskette weiter zu optimieren.25 3.1.3.3 Implementierung von Controllingsystemen Die dritte Instrumentalfunktion des Managements stellt das Controlling dar. Seine Interpretation als Managementinstrument ist umstritten. In der klassischen Managementliteratur wird unter der Begrifflichkeit des Controllings lediglich die Lenkung, Regelung und Steuerung verstanden. Diese Definition greift ausschließlich auf die letzte Phase des Führungsprozesses, die Kontroll- phase, zurück.26 Controlling wird heute umfassender und ganzheitlicher verstanden. Einbezogen wird zusätzlich eine Rückkopplung auf die Planungsphase.27 Daraus resultiert die Integration 22 Grochla, E. (1982), S. 4. 23 Vgl. Grochla, E. (1978), S. 12. 24 Vgl. Grochla, E. (1982), S. 8ff. 25 Ansatzpunkte zur Steigerung der operativen Exzellenz bestehen in einer Vereinfachung der Leistungserstellung (z.B. durch Outsourcing). Möglich ist auch eine Fokussierung des Unternehmens auf bestimmte, wertschöp- fungsrelevante, wesentliche Funktionen, die es optimal zu gestalten gilt (z.B. durch Business Process Reengi- neering). Vgl. Glaum, M. (2004), S. 744. 26 Vgl. Koontz, H., u.a. (1955). 27 Vgl. Serfling, K. (1983), S. 16. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 40 von Planung und Kontrolle. Dies gilt insbesondere dann, wenn Korrekturentscheidungen als Reaktion auf die vorherige Kontrolle und Abweichungsanalyse Planungsanpassungen nach sich ziehen. Die Controlling-Konzeption von Reichmann zeigt diese Integration von Planung und Kontrolle umfassend auf. „Controlling ist die zielbezogene Unterstützung von Führungsaufga- ben, die der systemgestützten Informationsbeschaffung und Informationsverarbeitung zur Plan- erstellung, Koordination und Kontrolle dient; es ist eine rechnungswesen- und vorsystemgestütz- te Systematik zur Verbesserung der Entscheidungsqualität auf allen Führungsstufen der Unter- nehmung.“28 Einen weitreichenden Controllingbegriff vertritt auch Horváth.29 Aus seiner Sicht gestaltet und begleitet das Controlling den Managementprozess der Zielfindung, Planung und Steuerung.30 Damit trägt es über seine Steuerungskomponente Mitverantwortung für die Zieler- reichung31 und löst sich von der ausschließlichen Unterstützungsfunktion des Managements.32 „Der Controller ist im Laufe der Jahre betriebswirtschaftlicher Berater und Koordinator der Unternehmensführung geworden.“33 Steigende Diskontinuität, Dynamik und Komplexität der Umwelt erfordern eine Neuorientierung in der Unternehmensführung und in der Organisations- strukturorientierung. „Eine schlecht vorhersehbare Welt des Wandels kann nicht mit Instrumen- ten für eine beherrschbare, stabile Welt bewältigt werden.“34 Das Controllingverständnis wandelt sich deshalb von einer unternehmenserhaltenden Sicht des Geschehens zu einer innovationsför- dernden Aufgabe. Im Betrachtungsmittelpunkt steht die Optimierung und Entwicklung der An- passungsfähigkeit und damit der Steuerungsfähigkeit des Unternehmens.35 Hieraus resultiert eine Erweiterung und Verlagerung der Koordinations- und Informationsaufgaben des Controllings, da die Unterstützung der strategischen Planung und Kontrolle und nicht mehr ausschließlich das Tagesgeschäft im Vordergrund steht.36 Das Controlling weist damit eine stärkere Entscheidungs- beteiligung auf, da der „Schritt von der umfassenden Informations- und Methodenversorgung über deren Interpretation und Bewertung zur Entscheidungsmitwirkung nicht mehr groß ist.“37 Die neue Steuerungsaufgabe des Controllings besteht folglich darin, die einzelnen zur Ver- fügung stehenden Instrumente zu einem wirksamen und zielorientierten System zu verbinden. Dieses soll durch eine Koordination, Integration und Verdichtung der notwendigen Führungsin- formationen zu einer Zentralisation von Planungs- und Kontrollinformationen im Sinne einer 28 Reichmann, T. (2001), S. 13. 29 Vgl. Horváth, P. (1986), S. 172ff.; vgl. Horváth, P. (2002a), S. 153. 30 Vgl. Horváth, P. (2002a), S. 26. 31 Bspw. durch eine eigenständige Plananpassung zur Entlastung des Managements. 32 Vgl. Controller Akademie (2005), S. 5. 33 Horváth, P. (2002a), S. 80. 34 Berthel, J. (1984), S. 10. 35 Vgl. Vester, F. (1984), S. 3/83. 36 Vgl. Horváth, P. (2002a), S. 81. 37 Horváth, P. (2002a), S. 80. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 41 Effizienzsteigerung der Unternehmensführung beitragen. Wirtschaftlichkeit und Ergebnisziel- orientierung stehen im Fokus dieser neuen Betrachtungsweise.38 Der controllingspezifische Planungsbegriff ist jedoch weiterhin einzugrenzen, da er nach herr- schender Meinung nicht die finale Entscheidungskompetenz beinhaltet.39 Planung im control- lingspezifischen Sinne bezeichnet ausschließlich die Entscheidungsvorbereitung. In diesem Zu- sammenhang wird die Bedeutung des Controllings als Steuerungssystem deutlich. Controlling als Steuerung ist Teil des Führungssystems, unterscheidet sich aber von der Führungsfunktion im engeren Sinne insbesondere dadurch, „dass ihr die autonome, dem Unternehmen Ausrichtung und Sinn gebende letzte Entscheidungsgewalt und entsprechende Verantwortung für die Institu- tion Unternehmen als handlungsfähige Ganzheit fehlt.“40 Controllinginstrumente sind Mittel der Unternehmenssteuerung bzw. der Steuerungsunterstützung und damit Elemente des gesamten Steuerungssystems. Sie stellen die für die Unternehmensführung relevanten Daten, Verfahren und Systeme zur Verfügung. Je nach Aufgabe und Steuerungsebene bedarf es jedoch unter- schiedlicher, problem- und situationsadäquater Controlling- bzw. Steuerungsinstrumente.41 3.2 Die zentralen Prinzipien der Unternehmenssteuerung Die Problemfelder der heutigen Unternehmenssteuerung können nicht innerhalb streng getrenn- ter Disziplinen thematisiert und gelöst werden. Soziale Systeme und ihre Kontexte sind eng mit- einander vernetzt.42 Die Dynamik des Ganzen kann deshalb nicht aus den Eigenschaften der Einzelteile verstanden werden. Zur Bearbeitung der miteinander verknüpften und voneinander abhängigen Probleme ist es deshalb notwendig, ganzheitlich zu denken und zu handeln. Soziale Systeme folgen keinen einfachen Gesetzmäßigkeiten. Komplexe Zusammenhänge können deshalb nicht einfach reduziert werden. Das Ziel der Unternehmenssteuerung besteht aus diesem Grund im Wesentlichen darin, eine gemeinsame Grundlage zu schaffen, welche die Voraus- setzungen mitbringt, um die für den Bedarf und die Bedingungen hochkomplexer sozialer Systeme relevanten Zusammenhänge analytisch ausreichend rekonstruieren zu können.43 3.2.1 Das Prinzip der Integration Zur Zeit der Massenproduktion wurde der Mensch als reiner Arbeitsfaktor bzw. als Bestandteil des Produktionsprozesses neben den Maschinen gesehen. Die menschliche Leistung wurde auf 38 Vgl. Fischer-Winkelmann, W., u.a. (1982), S. 41. 39 Vgl. Irrek, W. (2003), S, 10. 40 Irrek, W. (2003), S, 10. 41 Vgl. Weber. J., u.a. (1999b); vgl. Steinle, C., u.a. (1998), S. 380. 42 Vgl. Pascale, R. T., u.a. (1981), S. 116. 43 Vgl. Willke, H. (1978), S. 228. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 42 ihr physisches Leistungsvermögen reduziert und im wissenschaftlichen Sinne analog zu Kapital und Boden optimiert. Ende der 80er Jahre wurde in diesem Zusammenhang versucht, die Fabrik- organisation weitestgehend zu automatisieren.44 In dieser Zeit wurden die Möglichkeiten der Technologie überschätzt und zugleich die Perspektiven sozial- und arbeitsorganisatorischer Innovationen unterschätzt. Die Massenproduktion fokussiert nicht einen aufeinander abgestimmten Umgang mit der Res- source Mensch, Material und Maschine, sondern eine isolierte Betrachtungsweise. Die schlanke Produktion hingegen sieht den Menschen als untrennbaren, integrierten und wertvollen Bestand- teil des organisatorischen Ganzen. Die intellektuellen Fähigkeiten des Arbeitnehmers werden hierbei in den gesamten Produktionsprozess einbezogen und damit das Produktivitätspotenzial, also das vor-Ort-Wissen, stärker genutzt und sinnvoll integriert. Entwicklung, Herstellung und Vertrieb der Produkte werden auf diese Weise zeitlich beschleunigt und die Arbeiter durch Eigenverantwortung und Integration stärker motiviert.45 Die konsequente Einführung der Grup- penarbeit nimmt bei dieser Steuerungsform eine besondere Stellung ein. Den Gruppen wird ein Maximum an Aufgaben und Verantwortung übertragen, um die Arbeitsmotivation zu erhöhen und den Arbeitsablauf zu verbessern. Weitere Bausteine dieses Konzeptes sind die Strategie der kontinuierlichen Verbesserung (KAIZEN), die konsequente Markt- und Kundenorientierung und letztendlich die Erlernung eines Systemdenkens. Auf diese Weise erfolgt eine Betrachtung nicht mehr nur einzelner Unternehmensbereiche, sondern der gesamten Prozesskette mit sämtlichen Wertschöpfungsaktivitäten. Die Neuausrichtung der betrieblichen Kommunikationsstrukturen steht damit im Gegensatz zur Korrektur einer speziellen Bereichsfunktion, einer spezifischen Technik oder einer einzelnen Branche im Mittelpunkt. Der Mensch wird nicht mehr als Störfaktor, sondern als integratives Element verstanden.46 Es findet eine Entwicklung vom tech- nokratischen hin zum anthropozentrischen Konzept statt. Im Mittelpunkt dieses Konzeptes stehen Arbeitsintegration, Team-Arbeit, Marktorientierung, flache Hierarchien, partizipativer Führungsstil und Fokussierung auf die gesamte Wertschöpfungskette.47 3.2.2 Das Prinzip der Kommunikation Unter einer Neuausrichtung der betrieblichen Kommunikationsstrukturen werden im Gegensatz zur aufgezeigten Philosophie der Massenproduktion die Partizipation, die Gemeinschaft und die Selbststeuerung verstanden. Die Generierung eines permanenten, ganzheitlichen und übergrei- 44 Vgl. Jones, D. T. (1990), S.8. 45 Vgl. Jehle, E.(1994), S. 91. 46 Der vorhandene Leistungsvorsprung der japanischen Automobilindustrie hinsichtlich Produktivität, Qualität und Produktvielfalt wird auf diese neue Steuerungsphilosophie zurückgeführt; vgl. auch Womack, J. P. (1991). 47 Vgl. Jehle, E. (1999), S. 68. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 43 fenden Abstimmungsprozesses zwischen allen Organisationsbeteiligten ist das zu erreichende Steuerungsgesamtziel. Dieses gilt für betroffene Beteiligte in und außerhalb der Organisation.48 Die Aufgabe der Unternehmensführung besteht nunmehr darin, den Mitarbeitern den Sinn ihrer Arbeit zu vermitteln und zudem ihre berufliche Entwicklung zu fördern. Die Unternehmens- führung wechselt in eine neue, verantwortungsvollere und aktivere Rolle. Der Mitarbeiter soll sich beteiligen und wird aktiv in Entscheidungsprozesse einbezogen. Die Arbeitsmotivation kann auf diese Weise gesteigert und eine engere Verbundenheit mit dem Unternehmen erreicht werden. Es beginnt ein langfristiger Identifizierungsprozess, angefangen von den jeweiligen Aufgabenbereichen bis hin zum Unternehmen an sich. Bestehende Prozesse sollen in der Folge erleichtert und Durchlaufzeiten reduziert werden. Durch eine übergreifende Kommunikation ist es zudem möglich, die Akzeptanz zu steigern und das Verständnis der Mitarbeiter positiv zu beeinflussen. Die Identifikation mit dem Unternehmen ist zu fördern, damit lange und substantielle Bindungen zum Unternehmen entstehen. Wissen bleibt auf diese Weise im Unternehmen erhalten und kann kontinuierlich weitergenutzt werden. Eine zielgerichtete Orientierung der Unternehmensleitung an Rekrutierung, Ausbildung, Motiva- tion, Information oder Kontaktnetzen ist aus diesem Grund im rationalen Interesse jedes Unter- nehmens. Umfassende Kommunikation ist deshalb keine neue Sozialethik, sondern orientiert sich an Effizienz-Überlegungen.49 3.2.3 Das Prinzip der Konzentration Die durchzuführenden Aktivitäten im Unternehmen, inklusive der Managementaufgabe, sollten möglichst eng mit dem Marktumfeld verknüpft werden. Hierbei ist es sinnvoll, die organisa- tionsexternen Belange und die interne Abstimmung am gleichen Ort stattfinden zu lassen. Bei internationalen Unternehmen wird darauf geachtet, dass sich alle Aktivitäten, vom Entwurf bis zur Montage, am gleichen Ort innerhalb der drei Weltwirtschaftsregionen konzentrieren. Auf diesem Wege können höchste Effizienz, Qualität und Flexibilität erreicht werden.50 Bei nationalen Konzernen erscheint diese Vorgehensweise zunächst weniger geeignet. Nationale Märkte werden in der Regel nicht als heterogen betrachtet und die Möglichkeit der Wahrneh- mung von organisationsexternen Belangen scheint weitgehend gewährleistet. Bei genauer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass auch innerhalb der Länder oder Regionen Unterschiede existieren, deren Kenntnis einen Mehrwert gegenüber der Konkurrenz ausmacht. I.S.d. Kunden- bzw. Marktorientierung ist es deshalb notwendig, auf Ausprägungen und Bedürfnisse zeitnah 48 Vgl. Womack, J. P. (1990), S. 58ff., S. 262f. 49 Vgl. Otto, A. (1994), S. 85f. 50 Vgl. Womack, J. P. (1991), S. 201, S. 211f. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 44 reagieren zu können. Eine intensive und zielgruppenorientierte Kommunikation setzt ein ent- sprechendes Verständnis und gegenseitiges Kennen voraus. Eine möglichst nahe regionale Anbindung und Kenntnis der individuellen Gegebenheiten ist daher zu gewährleisten. Dies kann unter anderem durch die örtliche Nähe erreicht werden.51 Zusätzlich ist es sinnvoll, dass ergänzend die unternehmensinternen Ziele, Möglichkeiten und strategischen Richtungen des Unternehmens intern bekannt sind. Die Gesamt- oder Geschäfts- feldstrategie des Konzerns bildet hierbei den wesentlichen Rahmen. Aber auch bereichs- spezifische Problemstellungen sollten kommuniziert werden. Nur wenn dem Mitarbeiter diese Rahmenbedingungen ergänzend zum Markt bekannt sind und er diese versteht, kann individuell ein zielorientiertes, dezentrales Handeln gewährleistet werden.52 3.2.4 Das Prinzip der Interdisziplinarität Die indirekte Steuerung überträgt Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf den dezentralen Bereich. Die dezentralen Arbeitsgruppen erzeugen im Gegensatz zu den Spezialisten und Ingenieuren im Stab die eigentliche Wertschöpfung und sind mit den Produktionsprozessen gut vertraut. Eine konsequente Dezentralisierung ohne das Verständnis für die übergreifenden strategischen Ziele des Gesamtunternehmens in den autonomen Einheiten ist jedoch nicht möglich. Die Aufgabe der Unternehmensführung besteht deshalb in einer gezielten indirekten Steuerung. Von einer direkten Steuerung ist abzusehen, da das Management die komplexen Wirkungszusammenhänge der gesamten Wertschöpfungskette im Detail nicht kennt und direkte Konsequenzen nicht unmittelbar einschätzen kann. Eine Steuerung kann in diesem Fall über die Vorgabe von Handlungsrahmen und Informationen über Unternehmens(teil)ziele erfolgen. Ziel- vereinbarungen im Sinne einer strategischen Steuerung sind hierfür ein pragmatischer Ansatz. Bei der internen Steuerung ist darauf zu achten, dass die Mitarbeiter hinreichend einbezogen und kontinuierlich über wichtige Entscheidungen informiert werden.53 Anderenfalls besteht die Gefahr der Demotivierung und schlechten Arbeitsleistung. Das Beispiel der vollautomatisierten Fabrik der Zukunft kann an dieser Stelle als Negativbeispiel angeführt werden.54 Dieser Ansatz ist daran gescheitert, dass sich nichtartikulierbares, unbewusstes aber doch unverzichtbares Erfahrungswissen nicht programmieren lässt. Zudem haben die Bestandteile der indirekten Steu- erung im Einklang mit dem Kommunikations- und Konzentrationsprozess zu stehen. Womack hat auf die wesentlichen verschiedenen Bestandteile der indirekten Steuerung hingewiesen. Sie 51 Dies ist ein wichtiges Differenzierungsmerkmal von Stadtwerken gegenüber Wettbewerbern. 52 Eine Möglichkeit der aktiven Mitarbeiterbeteiligung wird über die Nutzung eines kontinuierlichen Ideen- bzw. Verbesserungsmanagements geschaffen. 53 Vgl. Kapitel 3.2.2. 54 Vgl. Cronjäger, L. (1994). 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 45 bedarf des Hierarchieabbaus, der Verantwortungsdelegation, einer umfassenden Teambildung sowie unterschiedlicher Mechanismen zur Unterstützung des Know-how-Transfers.55 Ein entsprechendes, anthropozentrisches Konzept erfordert eine anspruchsvolle Arbeits- und Neuausrichtung. Hierzu sind tiefer gehende Ausbildungsanstrengungen bei den Mitarbeitern erforderlich. Ergänzend zur fachlichen Qualifikation sind soziale Kompetenzen zu schaffen und gezielt zu fördern. Ganzheitliches Denken ist zu vermitteln und problemorientierte Gruppenar- beit zu fördern. Diese Lernprozesse können durch Erfahrungsaustausch und Rotationen inner- halb einer Arbeitsgruppe unterstützt werden. Dieses gilt auch für den Dienstleistungsbereich bis hin zum mittleren Management. Der intensive Informationsaustausch fördert zudem das Zusam- mengehörigkeitsgefühl und verstärkt die Mitarbeitermotivation.56 Angelehnt an die multiregio- nale Steuerung57 stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage nach der Gewährleistung einer passenden Integration und Koordination der verschiedenen Mitarbeiter aus teilweise unter- schiedlichen Fachbereichen mit unterschiedlicher Qualifikation. Die Aufgabe der Unterneh- menssteuerung besteht darin, eine harmonische Zusammenarbeit aller Bereiche zu realisieren. Bei der dezentralen Steuerung durch unterschiedliche Fachbereiche besteht die Gefahr, dass eigene Produkte, Systeme oder Karrierewege innerhalb des eigenen Bereiches entwickelt wer- den. Es entsteht ein bereichsspezifischer Fokus, der die Vorteile des interdisziplinär aufgestellten Unternehmens vernachlässigt. Insbesondere bei Unternehmen in neuen Märkten oder veränder- ten Marktstrukturen ist dieses Phänomen festzustellen. Eine noch nicht abschließend definierte Strategieausrichtung lässt den einzelnen Fachabteilungen viel Spielraum, so dass diese ihre indi- viduellen Akzente setzen. Als Negativbeispiel kann die Entwicklung eines technischen Pro- duktes genannt werden. Schon in der Phase des Beobachtungszyklusses, spätestens jedoch während des Entstehungszyklusses vor der Markteinführung hätte dessen Unwirtschaftlichkeit festgestellt werden können. Durch Nichteinbeziehung der Marktforschung zur Erstellung einer ersten Kosten- /Nutzenanalyse wird ein Produkt in den Markt gebracht, was zwar technisch hoch interessant ist, jedoch keinen positiven Deckungsbeitrag erwirtschaftet und damit nicht wirtschaftlich ist.58 Die Vorteile der zentralen und der dezentralen Steuerung sind deshalb im Sinne einer Interdisziplinarität miteinander zu verbinden. Dieser kombinierte Steuerungsansatz setzt damit eine hohe Integration unterschiedlicher Fachbereiche und ein umfassendes Verständ- nis für fachspezifische Problembereiche voraus. Zudem trägt dieser Ansatz einer an ein verän- dertes Umfeld angepassten neuen Denkhaltung Rechnung.59 55 Vgl. den Ansatz des Neuen Steuerungsmodells bei Jann, W. (1998), S. 70 ff.; vgl. auch Womack, J. O (1991), S. 209, S. 210, S. 230ff. 56 Vgl. Otto, A. (1994), S. 86. 57 Vgl. Womack, J. P. (1991). 58 Vgl. Pfeiffer, W. (1982), S. 27, S. 45ff. 59 Vgl. Horváth, P. (2002a), S. 83. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 46 3.3 Veränderte Anforderungen an die heutige Unternehmenssteuerung In Ergänzung zu den Ausführen zu den klassischen zentralen Steuerungsprinzipien werden in der Folge die heutigen veränderten Anforderungen an die Unternehmenssteuerung vorgestellt und ausführlich analysiert. In diesem Zusammenhang soll einer Gliederung in die Analysebereiche unternehmensintern, -extern und energiewirtschaftlich gefolgt werden. 3.3.1 Unternehmensinterne Analyse der Steuerungsanforderungen Im Rahmen der traditionellen Führungsform der produktorientierten Unternehmenssteuerung stand das Produktionsproblem im Vordergrund der Betrachtung. Der Betrieb bzw. das Unter- nehmen wurde durch einen Meister oder Produktionsleiter von innen gesteuert. Die Mitarbeiter- führung erfolgte auf Basis eines autoritären Führungsstils. Dem Markt wurde hierbei das Produkt mehr oder weniger aufdiktiert. Da die Situation lange den Grundzügen des Verkäufermarktes entsprach, reichte eine grobe Markt- und Kundenorientierung in der Vergangenheit grundsätzlich aus. Das eigentliche Grundproblem bestand in der Produktion, da der Absatz zu diesem Zeit- punkt keinen wirklichen Engpassbereich darstellte. Die Situation des Verkäufermarktes ist heute nicht mehr gegeben. Der Markt hat sich im Laufe der vergangenen 150 Jahre zum Käufermarkt gewandelt (vgl. Abbildung 6). Aufgrund dieser Marktveränderung wurde eine Anpassung der Führungsform notwendig. Heute besteht ein internationaler Käufermarkt mit harter Konkurrenz. Insbesondere das Dienstleistungsangebot hat einen hohen Stellenwert erlangt. Zudem ist es möglich, Leistungen nahezu überall zu beziehen und von jedem Ort zu bestellen. Die aktive marktorientierte und systematische Unternehmens- führung ist heute eine entscheidende Grundvoraussetzung für den unternehmerischen Erfolg. Der Markt hat sich bis Ende der 80er Jahre zu einem dynamischen Käufermarkt entwickelt. Das adäquate Wirtschaftlichkeitskonzept war zu diesem Zeitpunkt die beherrschte Vielfalt (econo- mies of scope).60 Heute haben wir es mit einem äußerst dynamischem Käufermarkt zu tun. Wirtschaftlichkeit wird heute durch beherrschte Vielfalt und Zeit angestrebt (economies of scope, economies of speed). 61 1850 1950 1955 bis 1960 1970 2000 Produktionsorientierung, Führung von Innen, intuitive und passive Marktanpassung Marktorientierung, Führung von Außen, systematische und offensive, aktive Marktanpassung und -beeinflussung Verkäufermarkt Käufermarkt Abbildung 6: Wandel der Märkte62 60 Vgl. Woll, A. (1992), S. 143. 61 Vgl. Reich, M., u.a. (2004), S. 4. 62 Abbildung in Anlehnung an Matheis, R. (1973), S. 2. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 47 Aus den veralteten Führungsprinzipien der produktorientierten Unternehmenssteuerung leiteten sich in Anlehnung an Matheis bereits Mitte der siebziger Jahre drei Führungsgrundprinzipien als direkte Gegensätze ab.63 Die alten Merkmale der Führung waren im Wesentlichen produktions- orientiert, intuitiv-autoritär und improvisatorisch geprägt. Im Rahmen einer modernen Führung lassen sich als entgegengesetzte Begriffe die Marktorientierung (Führung von außen), die Systemorientierung (Führung von innen) und die Kreativitätsorientierung (kreativitätsorientierte Menschenführung) auf kooperativer Basis ableiten. Die nachfolgende Abbildung 7 vermittelt einen Überblick dieses integrativen Führungsansatzes. Integrativer Ansatz der Unternehmensführung Markt Marktorientierung Marketing Mensch Kreativitätsorientierung Management Unternehmen Systemorientierung System Prinzipien Herausforderung Integration zum Führungskonzept + + Abbildung 7: Integrativer Ansatz der Unternehmensführung64 Hierdurch wird eine Orientierung an den wesentlichen unternehmerischen Erfolgskriterien ermöglicht, aus denen die Gesamtleistung des Unternehmens resultiert. Dieses sind der Markt, der Mensch65 und das Unternehmen. In diesen Bereichen sind die unternehmerischen Engpässe zu suchen. Sie lassen sich im Wesentlichen auf Absatz, Kreativität und Systematik reduzieren und stellen damit eine wesentliche Erfolgsgrundlage dar. Eine Integration der Unternehmens- steuerung in diese Prinzipien und der daraus resultierenden wesentlichen Herausforderungen wird durch die vorherige Abbildung 7 aufgezeigt. Damit werden die zentralen unternehmeri- schen Problemstellungen, das Kundenproblem, das Selbstverwirklichungsproblem der Mitarbei- ter und das Unternehmensproblem in einer Steuerungskonzeption strukturiert. Die Kundenproblemlösung steht im Mittelpunkt der Marktorientierung. Die kreative Mitarbei- terführung bedarf der Selbstverwirklichung. Letztendlich besteht der Fokus der Systemorien- tierung in der Unternehmensproblemlösung, der Maximierung des Gewinns.66 Die Unterneh- 63 Vgl. Matheis, R. (1973), S. 5. 64 Abbildung in Anlehnung an Matheis, R. (1973), S. 7. 65 Die Mitarbeiterbedürfnisse besitzen heute einen erheblichen Stellenwert und sind Grundvoraussetzung für die angestrebte Kreativitätsorientierung; vgl. Kapitel 3.3.1.4. 66 Vgl. die Ausführungen zur Wirtschaftlichkeitsorientierung in Kapitel 3.3.1.5. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 48 mensführung hat damit die Aufgabe, diese drei Problemstellungen zu lösen.67 In den nach- folgenden Ausführungen werden diese drei Führungsgrundprinzipien ausführlicher thematisiert und um eine Diskussion der Mitarbeiter- und der Wirtschaftlichkeitsorientierung ergänzt. 3.3.1.1 Notwendigkeit der Marktorientierung Unter der Marktorientierung ist die aktive Orientierung der Unternehmensführung am Käufer- markt zu verstehen.68 Im Mittelpunkt des unternehmerischen Entscheidungsprozesses stehen der Markt bzw. die Nachfrage und damit die Befriedigung des individuellen Kundenbedürfnisses. Die Philosophie besteht darin, keine Produkte sondern Bedürfnisbefriedigung, Wunscherfüllung, Kundenproblemlösungen oder Kaufentscheide im Blickfeld zu haben. Die Produzentensicht wandelt sich damit in eine Kundensicht. Die Produktionsleistung verändert sich hin zu der not- wendigen Marktleistung. Markt- bzw. Kundenprobleme werden gelöst, Kundenwünsche erfüllt und nicht Produktionsprobleme, da letztendlich die verkaufte Produktionsleistung bzw. die kundenbezogene Problemlösung den Gewinn ermöglicht. Die Kundenbeziehung sowie die Fähigkeit, immaterielles Vermögen zu entwickeln und langfristig zur Differenzierung gegenüber dem Wettbewerber zu nutzen gewinnen besonders in der Energiewirtschaft an Bedeutung. Die Marktleistung ist die zentrale Funktion, der Existenzzweck des Unternehmens. Einkauf, For- schung, Entwicklung, Konstruktion, Buchhaltung, Finanzierung und Verwaltung haben sich an ihr auszurichten, da sie nur eine Zwischenfunktion für die eigentliche Marktfunktion darstellen. Ist diese Funktion nicht mehr erfüllt, so entzieht der Markt dem Unternehmen die Existenzgrund- lage. Die produktionsorientierte Führungsform kann die Marketingfunktion in der Überflussge- sellschaft und im Käufermarkt nicht erfüllen. Eine Führung vom Markt hat zur Maxime bzw. zur grundsätzlichen Unternehmensphilosophie zu werden.69 3.3.1.2 Notwendigkeit der Systemorientierung Die aktive Marktorientierung ist unter internationaler Konkurrenz bei intransparenten Märkten nicht mehr intuitiv improvisierbar. Aus diesem Grund ist eine systematische interne und externe Führung zu implementieren. Die systematische Führung von außen ist hierbei um die Führung von innen zu erweitern. Dies gilt sowohl für die Ablauf- als auch die Strukturorganisation des Unternehmens. Ein Unternehmen kann als ein kybernetisches System betrachtet werden, dessen Grundmodell der Regelkreis ist. Die autoritäre Improvisation ist in einem derartigen Regel- und 67 Ein Leistungsoptimum kann nicht kurzfristig erreicht werden. Sämtliche Bereiche sollten organisch entwickelt werden. Eine vertiefte Fokussierung auf nur einen Bereich erzielt zudem nicht den optimalen Wirkungsgrad. 68 Vgl. Kapitel 2.2.1. 69 Vgl. Matheis, R. (1973), S. 7. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 49 Steuerungsmodell systemwidrig. Die kooperative Führung im Regelkreis tritt an ihre Stelle. Die aktive Marktorientierung kann damit nur durch die Systemorientierung nach innen erfolgen. Diese Systemorientierung ergänzt bzw. erweitert die Marktorientierung als Führungsprinzip.70 Die Aufgaben der Manager bestehen damit auch in der Systematisierung. Nicht nur der Produk- tionsmanager wird um den Marketingmanager ergänzt, der Improvisator, Routinier oder Ad-hoc- Entscheider wird ebenso vom Systemmanager abgelöst. Grundsätzlich soll jeder Mitarbeiter marktgerecht (marktorientiert) und systemgerecht (systemorientiert) denken, handeln und ent- scheiden. Hierfür ist es zum einen notwendig, den Mitarbeitern die richtigen Informationen zur Verfügung zu stellen aber zum anderen auch, die hierfür benötigten Strukturen aufzubauen. Durch eine ganzheitliche Systembetrachtung können im Unternehmen unterschiedliche Vorteile für die Unternehmenssteuerung realisiert werden. Ziel ist es, die internen und externen Bezie- hungen der Elemente, Rückkopplung und Kontrolle, die ständig notwendige Anpassung des Systems (Unternehmens) an den Markt sowie die Einflussgrößen und Störgrößen in einem ganzheitlichen Ursache-Wirkungs-Gefüge darzustellen. Die Systemanalyse macht Stärken und Schwächen sichtbar und wird damit zu einem weiteren Führungsprinzip. Die Leistungsfähigkeit des Unternehmens wird folglich durch den Grad der Systemorientierung bestimmt, da sich die Gesamtsystemleistung aus den einzelnen Systemleistungen, den Beiträgen zum Gewinn oder zur Produktivität zusammensetzt.71 3.3.1.3 Notwendigkeit der Kreativitätsorientierung Bei der autoritären Mitarbeiterführung trifft der Vorgesetzte souverän sämtliche Entscheidungen. Der aktiv denkende und handelnde Mitarbeiter, der Ideen zu Vorschlägen entwickelt, ist bei dieser Führungsform unerwünscht und riskant. Mitarbeiter reagieren auf den autoritären Füh- rungsstil mit einem passiven und unvollständigen Einsatz. Das schöpferische Mitarbeiten, die Kreativität, die Fähigkeit durch Ideen Probleme zu lösen, wird konsequent vernachlässigt. Enttäuschung und Verärgerung sind die Folge. Die Kreativität ist für eine erfolgreiche Unterneh- mensführung jedoch von maßgeblicher Bedeutung.72 Ein kooperatives und teamorientiertes Be- triebsklima ist hierfür eine gute Grundlage. Mitarbeiter sollten schöpferisch mitdenken können und dieses auch dürfen. Das schöpferische Leistungspotenzial ist deshalb bewusst durch eine die Kreativität fördernde Menschenführung zu aktivieren. Ein durch Kreativität angestoßenes dyna- misches System kann sich ändernden Marktanforderungen auf Dauer gerecht werden, da die 70 Vgl. Matheis, R. (1973), S. 11. 71 Ebenda. 72 Vgl. Schütte, M. (2004), S. 175-179. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 50 Produktivität des Unternehmens in hohem Maße auf das latent vorhandene kreative Potenzial der Mitarbeiter zurückzuführen ist.73 Insgesamt setzt sich die kreative Gesamtleistung eines Unter- nehmens aus der Summe aller kreativen Einzelbeiträge der Mitarbeiter zusammen.74 Ein Unternehmen sollte in der Lage sein, sich ständig dem Wandel des Marktumfeldes anzupas- sen. Durch die Kreativitätsorientierung des Systems wird diese Anpassung und Weiterentwick- lung unterstützt. Es entsteht ein dynamisches Lernsystem, in dem der Führungsprozess im Sinne eines kreativen Lernprozesses strukturiert ist. Das latente Kreativitätspotenzial kann damit auch als Grundlage einer aktiven und verantwortungsvollen Mitarbeitereinbeziehung in Entscheidun- gen oder die Entscheidungsvorbereitung betrachtet werden. Einzel- und Teamkreativität sind hierfür maßgeblich und zwar sowohl im Markt- als auch im Systembereich. Die Kreativitäts- orientierung ist somit ein entscheidender Schwerpunkt der modernen Mitarbeiterführung und zugleich ein wichtiges Führungsprinzip. Arbeiter oder Mitarbeiter wechseln damit in die Rolle des Mitdenkers und insbesondere des Mitschöpfers und Mitgestalters. Es wird Mitunternehmer- tum erzeugt. Folglich wird nicht nur Motivation vorausgesetzt und begünstigt, sondern auch Kreativität verlangt und die Entwicklung schöpferischer Fähigkeiten angestrebt. Es entsteht die Möglichkeit, sich auch aus Mitarbeitersicht individuell als Persönlichkeit zu verwirklichen. Die Führung durch Motivation wird auf diesem Wege um die Führung durch Kreativität ergänzt. Das zusätzliche Leistungspotenzial ermöglicht zugleich eine Rationalisierungswelle und steigert die Lebensqualität von Mitarbeitern und Kunden. 3.3.1.4 Notwendigkeit der Mitarbeiterorientierung Die Unternehmen sehen sich heute verstärkt sozialen und gesellschaftspolitischen Anforderun- gen ausgesetzt. Diese werden von den eigenen Mitarbeitern und von der Öffentlichkeit geltend gemacht. Die Anforderungen äußern sich verstärkt in der arbeitsrechtlichen und sozialpolitischen Gesetzgebung. Zeitgemäßes Führen im Unternehmen bedeutet, dass die bisherige Dimension des Wirtschaftens um eine soziale Komponente zu erweitern ist. Die Interessen der Mitarbeiter sind insbesondere im Rahmen des Strebens nach wirtschaftlichem Erfolg zu berücksichtigen. Zudem sind leistungsfähige und -bereite Mitarbeiter für die Umsetzung wertorientierter Strategien ent- scheidend. Die Suche und Auswahl von Leistungsträgern, ihre Integration in und ihre Bindung an das Unternehmen sind notwendig für die unternehmerische Existenz. Neben der Gestaltung von Arbeitsbedingungen und interessanten, herausfordernden Arbeitsinhalten bilden heute vor allem angemessene Beurteilungs- und Vergütungssysteme sowie soziologische Betrachtungen 73 Vgl. Sparwasser, P. J. (2004), S. 161. 74 Dieses sind z.B. Marktforscher, Konstrukteure, Produktmanager, Wertanalytiker, Controller, Planer. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 51 einen Orientierungsschwerpunkt.75 Diese menschlich-soziale Dimension des Betriebes stellt ein soziales Beziehungsgefüge dar, welches den Menschen in den Mittelpunkt stellt.76 Gesteigertes Selbstbewusstsein der Arbeitnehmer sowie die mit der ständigen Produktivitätsstei- gerung einhergehende Erhöhung des Bruttosozialproduktes und des individuellen Arbeitsein- kommens führten dazu, dass neue Bedürfnisse relevant wurden.77 Hersey drückt dieses wie folgt aus: „What people want from their jobs today is different from what they wanted a few decades ago.“78 Höhere Löhne und Gehälter im Sinne traditioneller Anreize sind hiernach nur noch be- dingt in der Lage, gesteigerte Leistungen in dem gewünschten Maß zu bewirken. Dem Mitarbei- ter geht es nicht mehr ausschließlich um die Maximierung seiner wirtschaftlichen Vorteile. Die Anerkennung als Individuum erlangt zudem einen verstärkten Stellenwert. Damit wird die Chance zur Verwirklichung der eigenen Fähigkeiten erwartet und vorausgesetzt, dass die Arbeit sinnvoll ist und ihr interessante und herausfordernde Inhalte zu Grunde liegen. Der Mensch ist auf soziale Beziehungen angewiesen. Im Betriebsleben findet der Mitarbeiter soziale Befriedigung. Der Grad der erlebten Zusammenarbeit ist für sein Arbeitserlebnis von entscheidender Bedeutung.79 Das subjektive Gefühl des Einzelnen einer bestimmten Gruppe anzugehören, mit der er sich identifizieren kann, ist eine wichtige Voraussetzung der sozialen Bedürfnisbefriedigung. In dieser Gruppe entstehen soziale Strukturen, die jedem einzelnen Mit- glied eine Rolle zuweisen. Die Gruppe ermöglicht jedem einzelnen als verantwortliches Mitglied in menschliche Beziehungen zu anderen zu treten. Je kleiner die Gruppe, desto größer ist auch die Selbständigkeit des Einzelnen aus bewusster Verantwortung heraus zu handeln. Die Anerkennung der Leistung ist für viele Menschen häufig bedeutsamer, als die finanzielle Entgeltung. Anerkennung und persönliche Bestätigung treten damit verstärkt in den Mittelpunkt der Erwartungshaltung. Der Wunsch nach Teilnahme am Betriebsgeschehen drückt sich zudem in dem Verlangen nach Information aus. Der Mitarbeiter versteht sich heute als kompetenter Partner und möchte nicht nur wissen was, sondern auch warum etwas zu tun ist.80 Menschen nehmen an einer Aufgabe nur aktiv teil, wenn sie die mit der Aufgabenlösung verbun- denen Probleme kennen und diese verstanden und akzeptiert haben. Information bedeutet jedoch 75 Das Unternehmen wird heute nicht mehr als eine technisch-ökonomische Leistungseinheit gesehen. Schelsky sah den Betrieb bereits im Jahr 1955 als eine menschlich-soziale Institution zur Erfüllung einer bestimmten wirtschaftlichen Aufgabe; vgl. Schelsky H., u.a. (1995), S. 188. 76 Vgl. Neudecker, H. (1975), S. 1ff. 77 Vgl. Maslow, A. (1954), S. 92. 78 Hersey P., u.a. (1969), S. 33. 79 Vgl. Whitehead, T. N. (1955), S. 83; vgl. von Zastrow J. (1956), S. 217. 80 Leider wird diesem Wunsch in der betrieblichen Praxis bislang nur bedingt entsprochen. So ergab eine Befra- gung der Gesellschaft für soziale Betriebspraxis, dass im Durchschnitt 40-50 Prozent der Belegschaft die inner- betriebliche Information als ungenügend betrachten. Vgl. Pirker T., u.a. (1955), S. 617, Tabellengruppe 12. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 52 nicht nur Leitlinie für zukünftiges Handeln des Einzelnen, sondern auch Bestätigung der Zuge- hörigkeit und Wertschätzung durch den Vorgesetzten. Der Anspruch der Arbeitnehmer nach einer harmonischen und den individuellen Wünschen gerecht werdenden Zusammenarbeit kom- biniert mit der aus Sicht des Unternehmens optimalen Wirtschaftlichkeit, ist letztendlich nur umsetzbar, wenn die Betriebsführung den berechtigten Erwartungen der Mitarbeiter nach Infor- mation und Struktur des Arbeitsumfelds entspricht. Letztendlich ist es dem Mitarbeiter wichtig im Beruf erfolgreich zu sein. Das Interesse gilt insbesondere den Entwicklungsmöglichkeiten in Bezug auf Versetzung, Beförderung bzw. individuellen Karriereaussichten.81 Für die Unternehmensführung und jeden Vorgesetzten kommt es heute darauf an, die Bedürf- nisse der Arbeitnehmer als Rahmenbedingungen der unternehmerischen Entscheidungen und Handlungen zu verstehen. Wenn den Arbeitnehmerbedürfnissen Rechnung getragen wird, können diese langfristig gebunden und für eine konstruktive Mitarbeit gewonnen werden. Des- halb sind Gestaltungsmöglichkeiten zu identifizieren, damit die Ziele des Betriebes mit den Zielen der einzelnen Mitarbeiter in Einklang gebracht werden können.82 3.3.1.5 Notwendigkeit der Wirtschaftlichkeitsorientierung Bei sämtlichen Leistungserbringungen im Unternehmen sind Wirtschaftlichkeitsüberlegungen einzubeziehen.83 Im herkömmlichen Fokus steht hierbei die Beziehungen zwischen Input und Output und damit die Quantität und Qualität einzelner Produkte. Im heutigen dynamischen Käufermarkt ist jedoch auch auf die mit den Leistungen einhergehenden Wirkungen zu achten. Diese erweitern das bisherige Wirtschaftlichkeitsverständnis um eine neue Betrachtungsweise. 3.3.1.5.1 Effizienz und Effektivität als wesentliche Ziele Unter Effizienz und Effektivität werden ausschließlich Bewertungsmaßstäbe verstanden, die sich auf Beziehungen zwischen Input und Output sowie zwischen Zielen und Output bzw. Outcome richten. Nicht Messkriterien in Bezug auf Quantität oder Qualität einzelner Größen, sondern relationale, produktionsorientierte Kriterien stehen damit im Fokus.84 Wirtschaftlichkeit kann als Oberbegriff von Effizienz und Effektivität verstanden werden. Definiert wird Wirtschaftlichkeit häufig mit Bezug auf das ökonomische Rationalprinzip. Wirt- 81 Natürlich ist der Wunsch bzw. das Verlangen nach Karriere bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausge- prägt; vgl. Fürstenberg F. (1962), S. 53. 82 Vgl. Neudecker, H. (1975), S. 28ff. 83 Vgl. Dichtl, E., u.a. (1994), S. 2.366. 84 Vgl. Nullmeier, F. (1998a), S. 320f. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 53 schaftlich rational ist danach jenes Verhalten, das mit gegebenen Mitteln ein maximales Er- gebnis erzielt (Maximalprinzip) bzw. ein bestimmtes Ergebnis mit dem geringsten Aufwand und Mitteleinsatz (Minimalprinzip) erreicht.85 Leider wird durch dieses Verständnis ausschließlich der Inhalt von Effizienz bestimmt. Effektivität hingegen zielt auf eine weitgehende Identität von Ziel und Ergebnis, von Soll und Ist, ohne die Ziel-Mittel-Erreichung zu thematisieren. Eine umfassendere Darstellung des Wirtschaftlichkeitsverständnisses folgt aus der Differenzie- rung der Begriffe Effizienz und Effektivität. Unter Effizienz wird verstanden, die Dinge richtig zu tun (to do the things right). Effektivität hingegen zielt darauf ab, die richtigen Dinge zu tun (to do the right things).86 In vielen Unternehmen ist die Rolle von Wirtschaftlichkeit und Zielverwir- klichung jedoch umstritten. Im Rahmen von Kosteneinsparungen wird entscheidendes Gewicht auf die Kostenminimierung gelegt, eine Erhöhung der Effizienz erfolgt so oft ohne Berück- sichtigung der Folgen für die Zielerreichung. In diesem Zusammenhang besteht die Gefahr, dass Effizienzsteigerungen einem Verlust an Effektivität und Qualität gegenüberstehen. Erfolgt eine Unternehmenssteuerungsanpassung einseitig effizienzorientiert, so wird der notwendige Steu- erungsgrundsatz eines mit Zielen oder strategischen Rahmen steuernden Managements verfehlt. Die beabsichtigte Leistungssteigerung bleibt bei dieser Vorgehensweise möglicherweise aus und unter Umständen werden nicht mehr aktuelle Ziele angestrebt. Die Theorie der Organisationswissenschaften nennt als Kriterium für die Güte von ganzen Orga- nisationsstrukturen die organisatorische Effizienz und Effektivität.87 Wird Effektivität in diesem Zusammenhang als Erreichung langfristiger Zielsetzungen interpretiert, ordnet sie die Effizienz als kurzfristig betrachtetes Verhältnis von Aufwand und Ergebnis unter. In der bundesdeutschen Organisationstheorie dominiert hingegen ein Effektivitätsverständnis i.S.d grundsätzlichen Eignung einer Organisationsstruktur zur Erreichung gesetzter Ziele. Wichtiger ist hier das Verständnis von Effizienz. Diese definiert sich als quantitativ bestimmbarer relativer Beitrag einer Organisation zur Zielerreichung. Insgesamt ist jedoch festzustellen, dass effektive, aber ineffiziente Maßnahmen ebenso wenig vorteilhaft sind, wie von Anfang an gesehen effiziente Regelungen, die aber ihr Ziel verfehlen. Es ist folglich zu gewährleisten, dass die Mitarbeiter die richtigen Dinge tun (effektives Handeln) und dass diese Ziele richtig angegangen werden (effizientes Handeln). Die Unternehmenssteuerung hat in diesem Zusammenhang die passende Organisationsstruktur und eine entsprechende Handlungsorientierung zur Verfügung zu stellen.88 85 Vgl. Nullmeier, F. (1998a), S. 314. 86 Vgl. Nullmeier, F. (1998a), S. 315. 87 Das Verhältnis zwischen beiden Begriffen variiert in den unterschiedlichen Ansätzen zwischen Gleichrangigkeit und Dominanz jeweils eines der beiden Kriterien; vgl. Schmidberber, J. (1994). 88 Zur organisatorischen Effizienz vgl. ausführlich Werder, A. (1999), S. 412-417. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 54 Die Bereitstellung eines Gutes, einer Dienstleistung oder auch die Erfüllung einer komplexen Aufgabe durchläuft verschiedene Stufen oder Prozessebenen. Diese können mit den Begriff- lichkeiten Input, Output und Outcome erfasst werden. Input steht in diesem Zusammenhang für den Ressourcen-, Mittel- oder Faktoreinsatz. Output für das Faktorergebnis, den Ertrag oder die erbrachte Leistung. Outcome hingegen steht für die mit der Leistung erzielten Wirkungen.89 3.3.1.5.2 Outcome-Orientierung als neue Herausforderung Der dynamische Käufermarkt verlangt heute umfassende Produktleistungen im Sinne einer individuellen, kundenspezifischen Problemlösung. Die eigentliche Verbesserung der Kunden- gesamtsituation ist hierbei entscheidend. Dies schließt die kundenseitig wahrnehmbaren Bemü- hungen des Unternehmens im Sinne seiner Bedürfnisbefriedigung mit ein. Setzt ein Mitarbeiter sich im Rahmen einer Dienstleistung intensiv ein und nimmt sich der Probleme des Kunden wahrnehmbar an, so schafft dieses ein hohes Maß an Akzeptanz und Glaubwürdigkeit. Eine stetige Ausrichtung auf die sich wandelnden Kundenbedürfnisse ermöglicht damit eine gute Förderung der Kundenbindung. Nicht der singuläre Produktverkauf sondern die langfristige Bedürfnisbefriedigung steht im Betrachtungsmittelpunkt des Kunden.90 Effizienz oder Produktivität bezeichnet die mengenmäßige Beziehung zwischen Produktions- ergebnis und dem zu dessen Erzielung erforderlichen Aufwand an Ressourcen. Effizienz kann damit als zielunabhängiges Kriterium verstanden werden. Die Effizienz kann gesteigert werden, ohne das eigentliche Ziel oder Output-Niveau der Kundenproblemlösung zu erreichen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Ziel in Begriffen des Outcome definiert ist (z.B. Verbesserung der Situation der Kunden in Region C), der unternehmerische Output jedoch in einer bestimmten Menge oder Qualität einer bestimmten Leistung besteht (z.B. Anzahl der zuständigen Vertriebs- mitarbeiter in Region C). Zur Durchführung einer Effizienzmessung ist es erforderlich, dass be- stimmte Elemente des unternehmerischen Handelns als Output ausgewiesen sind. Der eigentliche Beitrag zum Outcome wird damit durch Effizienzuntersuchungen nicht betrachtet. Der Output ist eine gegebene Größe, die unabhängig von den angestrebten Zielen durch einen erforderlichen Ressourceneinsatz erreicht werden soll. Effektivität ist hingegen ein zielabhängiges Kriterium, welches sich an Outcome-Größen orien- tiert. Die Angebotsintensität bezeichnet das Verhältnis zwischen (Outcome-)Zielen und dem zur 89 Vgl. Nullmeier, F. (1998b), S. 340. 90 Dieses Bedürfnis der Kunden kann anhand der enormen Kundengewinnung der seit einiger Zeit im Markt befindlichen Finanzdienstleister veranschaulicht werden. Sie vergleichen finanzielle Produkte renommierter Institute und bieten diese übergreifend und damit unabhängig an. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 55 Zielerreichung erforderlichen Output. Der Soll-Ist-Vergleich steht damit im Vordergrund. Bei hoher Angebotsintensität sind zahlreiche Angebote und Maßnahmen erforderlich, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Die Outcome-Effizienz bezeichnet letztendlich das Verhältnis zwischen Input und Outcome.91 Ist es möglich, den angestrebten Outcome hinreichend genau zu messen und zu bewerten, so ist die Gegenüberstellung zum erforderlichen Ressourcenaufwand ein unmittelbares Maß zwischen Aufwand und Wirkung unter bewusster Vernachlässigung des eigentlichen Leistungsniveaus, des Output. Eine Steigerung der Outcome-Effizienz kann damit durchaus mit einem verringerten Produktangebot bei gleich bleibendem Zielerreichungsgrad ein- hergehen. Eine Berücksichtigung einer entsprechenden Betrachtungsweise kann die Unterneh- menssteuerung vor dem Hintergrund der stärkeren Kundenorientierung entscheidend erweitern. Nicht nur die Produkte und damit der Output ständen im Fokus der Betrachtung, sondern auch die beabsichtigte Wirkung beim Kunden, der Outcome. Damit würden Wirkungen in die Be- trachtung einbezogen und nicht nur der effizienzorientierte Produktfokus.92 Die Unternehmenssteuerung hat damit Outcome-Ziele zu identifizieren und sie um die her- kömmlichen Ziele zu ergänzen. Die Aufgabe der Mitarbeiter besteht darin, die definierten Ziele im Rahmen näher zu bestimmender Freiheitsgrade mit einem angemessenen Ressourceneinsatz anzugehen. Die Überlegungen zur Effizienz- und Effektivitätsverbesserung basieren damit auf der Möglichkeit, eindeutige Ziel zu vereinbaren und deren Einhaltung zu überwachen.93 Die Zielerreichung wird häufig durch eine Mischung von instrumentellen und kommunikativ- sozialen Elementen angestrebt. Kundenbindung und Vertrauen werden in der Regel nur durch eine Verbindung beider Elemente erreicht. Ziel- und Leistungsdefinition sowie Mess- und Evaluationsinstrumente haben sich dem Charak- ter der „wirkenden Dienstleistung“ anzupassen. Die erwünschte Wirkung, der Outcome, setzt einen gewissen Überschuss an nichtinstrumentellen Elementen des Outputs voraus. Diese Leistungen können nur schwer differenziert erfasst und als Outcome-Ziele vereinbart werden. Der Outcome steht in einem nur schwer darstellbaren Zusammenhang zur Leistung des Mitar- beiters. Damit besteht ein weiteres Problemfeld in der Zielerreichungskontrolle. Werden die Ziele hingegen an Output-Größen orientiert, ist unter Umständen nicht feststellbar, ob eine Dienstleistungsintensivierung zu einer Verbesserung der Kundenbeziehung geführt hat 91 Vgl. Nullmeier, F. (1998b), S. 339-347. 92 Die Kundenbindung in der Region C kann verbessert werden, wenn eine kompetente und vertrauenswürdige Leistung durch den Kundenbetreuer erbracht wird. Die Anzahl der verkauften Produkte ist zwar kurzfristig für das Unternehmen wichtig, i.S.d. langfristigen Ziels der Kundenbindung jedoch sekundär. 93 Vgl. hierzu Abbildung 23 auf Seite 119 und die Ausführungen im Kapitel 4.2. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 56 oder eher zu einer Verschlechterung. Je stärker Outcome-Ziele und Outputs differieren und je weniger eindeutig ist, ob eine Output-Steigerung den Outcome-Zielen dient, desto eher besteht die Gefahr, dass effektivitätsorientierte Anpassungen der Unternehmenssteuerung zugunsten rein effizienzorientierter Veränderungen ausbleiben. Ein langfristig wirtschaftliches und zukunfts- orientiertes Verhalten wird dann nicht oder nur zufällig erreicht.94 3.3.2 Unternehmensexterne Analyse der Steuerungsanforderungen Das Unternehmen steht im ständigen Kontakt mit seiner ökonomischen, rechtlichen, politischen, gesellschaftlichen und technologischen Umwelt. Eine Vielzahl von Austauschbeziehungen zu unterschiedlichen Gruppen findet auf den Güter- und Kapitalmärkten statt.95 Jede Anspruchs- bzw. Interessengruppe erbringt über Austauschbeziehungen mit dem Unternehmen finanzielle oder nicht-finanzielle Leistungen. Alle Beteiligten streben dabei eine Maximierung der jewei- ligen Leistung bzw. Gegenleistung an. Die nachfolgende Abbildung 8 vermittelt einen Überblick bezüglich der jeweils erbrachten Leistung und der geforderten Gegenleistung getrennt nach den Anspruchsgruppen. Anspruchsgruppe (Stakeholder) Erbrachte Leistung für das Unternehmen Geforderte Leistung vom Unternehmen Eigentümer (Shareholder) Lieferanten Arbeitnehmer Management Fremdkapitalgeber Kunden Allgemeine Öffentlichkeit - Eigenkapital - Fremdkapital - Fähigkeiten - Dispositive Arbeit - Fähigkeiten - Ausführende Arbeit - Güterverkauf - Kauf der Produkte und Dienstleistungen - Infrastruktur - Rechtsordnung - Verzinsung und Wertsteigerung des investierten Kapitals - Verzinsung und Rückzahlung des investierten Kapitals - Einkommen - Arbeitsplatzsicherheit - Zahlungsfähigkeit der Abnehmer - Stabile Lieferbeziehungen - Befriedigendes Preis-/Leistungsverhältnis - Service, günstige Konditionen - Einkommen - Macht, Einfluss, Prestige - Steuerzahlungen - Einhaltung von Gesetzen und Normen Abbildung 8: Anspruchsgruppen der Unternehmensführung96 94 Vgl. Nullmeier, F. (1998b), S. 339-347. 95 Vgl. Janisch, M. (1993), S. 119ff. 96 Abbildung in Anlehnung an Baden, A. (2001), S. 398. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 57 Alle Interessengruppen können durch das Unternehmen nicht gleichermaßen bedient werden, da die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel nur einmal zu verteilen sind. Für die Unterneh- mensleitung entsteht hierdurch ein Konflikt. Ein möglicher Lösungsansatz besteht darin, bei der Bestimmung der Unternehmensziele in der strategischen Ausrichtung im Voraus festzulegen, welche Gruppen in welchem Maße zu bedienen sind. Ein einheitliches Zielsystem kann die divergierenden Ansprüche integrieren. In der Diskussion befinden sich derzeit zwei zunächst gegensätzlich wirkende Ansätze, der Shareholder Value- und der Stakeholder Value-Ansatz.97 3.3.2.1 Analyse und Vorstellung der Shareholder Value-Orientierung Im deutschsprachigen Raum wird unter dem Shareholder Value-Ansatz die wertorientierte bzw. marktwertorientierte Unternehmensführung verstanden.98 Hiernach haben die Eigenkapitalgeber und deren finanzielles Interesse im Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns zu stehen. Dies resultiert insbesondere aus den veränderten Rahmenbedingungen des Kaptialmarktes und der zunehmenden Bedeutung für die Kapitalbeschaffung an den internationalen Kapitalmärkten.99 Das grundsätzliche Ziel der Shareholder Value-orientierten Unternehmenspolitik ist die lang- fristige Maximierung des Unternehmenswertes. Dieser bemisst sich nach dem Marktwert des Eigenkapitals (Equity Value), d.h. nach dem Gesamtunternehmenswert (Enterprise Value) abzüglich des Wertes des Fremdkapitals (Net Debt).100 Der Eigenkapitalwert wird maximiert, wenn das Unternehmen langfristig seine Gewinne maximiert. Bei näherer Betrachtung handelt es sich damit nicht um ein neues Steuerungskonzept, sondern um die bekannte langfristige Gewinn- maximierung als unternehmerisches Oberziel. Der Shareholder Value wird mittels der Discounted Cashflow-Methode (DCF) berechnet:101 SV=MWEK=UGW-MWFK Legende: SV: Shareholder Value MWEK: Marktwert des Eigenkapitals MWFK: Marktwert des Fremdkapitals UGW: Unternehmensgesamtwert 97 Vgl. Baden, A. (2001), S. 398ff. 98 Vgl. Rappaport, A. (1986), S. 1. Hierin wird gefordert, dass die Unternehmensleitung aus Sicht der Anteilseig- ner zu handeln habe. 99 Vgl. zur grundsätzlichen Thematik des Shareholder Value Raster, M. (1995). 100 Vgl. Weber, J., u.a. (2002), S. 34. 101 Vgl. ausführlich Ballwieser, W. (1998), S. 81ff.; Lorson, P. (1999), S. 1.332ff. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 58 Um den Shareholder Value (Marktwert des Eigenkapitals) zu ermitteln, sind der Unternehmens- gesamtwert und der Marktwert des Eigenkapitals zu bestimmen. Der Marktwert des Fremdkapi- tals wird über den Fremdkapitalkostensatz bzw. die diskontierten Fremdkapitalzinsen bestimmt. Die Ermittlung des Unternehmensgesamtwertes (Enterprise Value) gestaltet sich jedoch kompli- zierter.102 Hierzu sind die zukünftigen vom Unternehmen erwirtschafteten Zahlungsüberschüsse (Cashflows) zu prognostizieren. Dieser Wert kann als Zukunftserfolgswert bezeichnet werden. Da die Ermittlung der Zahlungsüberschüsse jedoch nur für einen bestimmten Zeitraum durch- führbar ist, teilt sich das DCF-Verfahren in zwei Komponenten auf. Dieses sind der Detail- planungszeitraum für einen überschaubaren Planungshorizont und der nicht hinreichend genau prognostizierbare Zeitraum nach Beendigung des sicheren Planungshorizontes.103 Für den Detailplanungszeitraum (ca. 5 - 10 Jahre) werden für jede einzelne Periode die freien Cashflows auf Basis einer Unternehmensplanung ermittelt.104 Als freier Cashflow wird dabei jener Zahlungsüberschuss bezeichnet, der zur Bedienung der Ansprüche der Eigen- und Fremd- kapitalgeber (Zinsen und Kapitalrückzahlungen) zur Verfügung steht. Dieser entspricht dem Zahlungsüberschuss aus der laufenden unternehmerischen Tätigkeit und kann entweder direkt aus den erwarteten betrieblichen Ein- und Auszahlungen oder indirekt aus den Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen abgeleitet werden.105 Der Unternehmenswert für den Detailplanungszeitraum resultiert aus einer Diskontierung der freien Cashflows mit dem Gesamtkapitalkostensatz.106 Er drückt die durchschnittliche Mindest- renditeerwartung der Eigen- und Fremdkapitalgeber aus. Da das Unternehmen auch nach Beendigung des Detailplanungszeitraums noch freie Cashflows erwirtschaftet, ist der bisherige Unternehmenswert zu ergänzen. Hierzu wird unterstellt, dass die weiteren freien Cashflows in Form einer ewigen Rente erwirtschaftet werden.107 Die Rentenhöhe entspricht dabei dem letzten freien Cashflow des Detailplanungszeitraums. Die nachfolgende Abbildung 9 zeigt die Vorgehensweise zur Ermittlung des freien Cashflows nach der direkten und der indirekten Methode auf. In der energiewirtschaftlichen Praxis wird der Cashflow i.d.R. nach der indirekten Methode ermittelt, indem auf die erwarteten Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung aus der jeweils zu erstellenden Businessplanung zurückgegriffen wird. Diese ist als wesentliche Orientierungsgrundlage bei größeren Entscheidungen zu erstellen. 102 Zur grundsätzlichen Problematik der Unternehmensbewertung vgl. Hinz, H., u.a. (2000), S. 21 -27. 103 Nichtbetriebsnotwendige Vermögensteile sind mit ihrem Marktwert zu bewerten und gesondert auszuweisen. 104 Vgl. Copeland, T., u.a. (1993), S. 237. 105 Vgl. Ballwieser, W. (1998), S. 85f.; Pape, U. (1999), S. 97ff. 106 Vgl. Ballwieser, W. (1998), S. 86ff. 107 Vgl. ausführlich Hachmeister, D. (1995), S. 87. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 59 Direkte Cashflow-Ermittlung Indirekte Cashflow-Ermittlung Betriebliche Einzahlungen aus laufender Tätigkeit - Betriebliche Auszahlungen aus laufender Tätigkeit Bilanzieller Jahresüberschuss + Abschreibungen (Zuschreibungen) + Nettozuführungen zu langfristigen Rückstellungen + Fremdkapitalzinsen = Betrieblicher bzw. Operating Cashflow (vor Zinsen und nach Steuern) - Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen in das Anlagevermögen - Investitionen in das langfristige Umlaufvermögen (Working Capital) = Freier Cashflow (aus laufender Unternehmenstätigkeit) Abbildung 9: Ermittlung des freien Cashflows108 Zur Ermittlung des Marktwertes des Eigenkapitals ist der Unternehmensgesamtwert um den Marktwert des Fremdkapitals zu vermindern. Dieser kann mit Hilfe der absoluten Höhe der Fremdkapitalzinsen und den zugehörigen Fremdkapitalkostensatz bestimmt werden.109 MWFK=FKZ/iFK Legende: MWFK: Marktwert des Fremdkapitals FKZ: Fremdkapitalzinsen iFK: Fremdkapitalkostensatz Der Marktwert des Eigenkapitals hat eine zweifache Bedeutung. Erstens verkörpert er den Wert, den die Anteilseigner bei einem Unternehmensverkauf mindestens erzielen müssen. Er stellt somit eine Preisuntergrenze für einen Unternehmenskauf dar. Zweitens ist er ein Beurteilungs- maßstab für das Management des Unternehmens. Bei einer Verringerung (Erhöhung) des Share- holder Values ist die Leistung des Managements negativ (positiv) zu bewerten. Die wertmäßige Differenz wurde für die Anteilseigner vernichtet (geschaffen). Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Bewertungskriterium für ein erfolgreiches Unternehmen beim Shareholder Value-Konzeptes höher liegt, als im handelsrechtlichen Jahres- abschluss. Nicht bereits bei Realisierung eines handelsrechtlichen Gewinns hat ein Unternehmen erfolgreich gewirtschaftet, sondern erst, wenn der Gewinn in Höhe der Mindestverzinsungsfor- derungen der Anteilseigner liegt. Die Aufgabe der Unternehmensführung besteht darin, die 108 Vgl. Baden, A. (2001), S. 98. 109 Vgl. ausführlich Kapitel 5.4.1. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 60 Unternehmensaktivitäten dahingehend zu steuern, dass der Unternehmenswert dauerhaft gesteigert wird. Entsprechend dieser Maxime dürfen im Shareholder Value-Konzept nur Ge- schäfte getätigt werden, die mindestens einen Erfolg in Höhe der geforderten Mindestrendite der Eigentümer hervorrufen.110 3.3.2.2 Analyse und Vorstellung der Stakeholder Value-Orientierung Die wesentliche Grundlage des Stakeholder-Ansatzes besteht in einer Kritik am Konzept des Shareholder Values. Diese wesentlichen Kritikpunkte lassen sich in drei Kernaussagen zusam- menfassen. Zunächst wird die ausschließliche Orientierung an den Anteilseignerinteressen des Shareholder Value-Konzeptes kritisiert. Darüber hinaus wird beanstandet, dass der Ansatz eine kurzfristige Gewinnmaximierung und Aktienkurssteigerung anstrebt. Abschließend wird unter- stellt, der Ansatz vernachlässige soziale Aspekte, insbesondere die der Mitarbeiter. Das primäre Ziel des Stakeholder Value-Ansatzes besteht darin, diese Nachteile zu vermeiden und den Shareholder Value-Ansatz zu ersetzen. Wert soll für alle Anspruchsgruppen gleicher- maßen geschaffen werden, indem im Sinne einer angemessenen Berücksichtigung aller Interes- sen gehandel wird.111 Die Unternehmensleitung hat sich hierbei umfassend mit den Interessen, Bedürfnissen, Werten und Zielen aller Anspruchsgruppen auseinanderzusetzen, um einen best- möglichen Ausgleich zwischen den Interessengruppen zu ermöglichen. Gleichzeitig ist das Interesse der Stakeholder am Unternehmen zu erhalten, damit eine breite Zustimmung zur Unter- nehmenspolitik bestehen bleibt.112 Die Höhe von Ansprüchen und Beteiligung einer Anspruchsgruppe wird von den nachfolgenden wesentlichen Faktoren bestimmt:113 • Einflussgrad: Je mehr Beteiligung, desto stärker können Ansprüche durchgesetzt werden. • Abhängigkeitsgrad: Je mehr Beteiligung, desto schwieriger ist es für das Unternehmen sich den Ansprüchen zu entziehen. • Unsicherheitsgrad: Je mehr Beteiligung, desto weniger ist das Unternehmen mit den An- sprüchen vertraut. Beim Stakeholder Value-Ansatzes stellt sich die Frage, ob die primäre Kritik am Shareholder Value-Konzept – der einseitigen Ausrichtung an den Belangen der Anteilseigner – wirklich 110 Vgl. Baden, A. (2001), S. 399f. 111 Vgl. Schaltegger, S., u.a (2000), S. 17ff. Vgl. auch Freeman, R. E. (1984), S. 223ff. 112 Vgl. die Legitimation des Unternehmens bei Hill, W. (1996), S. 415ff. 113 Vgl. Baden, A. (2001), S. 401; vgl. Schmitt, U. (1997), S. 634. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 61 berechtigt ist, da auch Shareholder Value-orientierte Unternehmen die Interessen aller am Unternehmen beteiligten Anspruchsgruppen angemessen zu berücksichtigen haben. Ein positives Ergebnis i.S.d. Anteilseigners kann nur unter angemessener Berücksichtigung der Interessen aller Anspruchsgruppen erzielt werden. Mit Bezug auf die Interessen von Arbeitnehmern, Lieferanten, Kunden, Fremdkapitalgebern und der Öffentlichkeit ist dies der nachfolgenden Gliederung folgend zu bestätigen.114 • Unzufriedene Arbeitnehmer werden langfristig kündigen. Dieses gilt insbesondere für qualifiziertes Personal, da dieses schnell einen neuen Arbeitgeber findet.115 • Die Vernachlässigung von Lieferanteninteressen (z.B. häufig das Zahlungsziel zu über- schreiten) führt zu einer Aufgabe oder Einschränkung der Geschäftsbeziehung. • Kundenunzufriedenheit führt zum Kundenverlust und zu verringertem Absatzpotenzial. • Die Interessen der Fremdkapitalgeber sind zu berücksichtigen, da dem Unternehmen anderenfalls die benötigte Liquidität entzogen wird. • Wird die Öffentlichkeit nicht angemessen berücksichtigt, kann diese über staatliche Eingriffe (Strafen, neue Gesetzt etc.) oder gesellschaftlichen Druck (Demonstrationen, Boykotte etc.) reagieren. Zudem ist in Deutschland zu bedenken, dass gesetzliche Schutzrechte für bestimmte Anspruchs- gruppen existieren. Dies sind der Gläubigerschutz, das Mitbestimmungsgesetz, der Verbrau- cherschutz oder weitreichende Umweltschutzauflagen. Eine ausschließliche Ausrichtung der Unternehmenspolitik an den Interessen der Anteilseigner ist deshalb nicht praktikabel. Die Kritik am Shareholder Value-Konzept ist damit nicht haltbar. Sie ist eher gesellschaftspolitisch und ideologisch motiviert.116 Die grundsätzliche Ausrichtung der Unternehmenspolitik an den Anteilseignerinteressen ist jedoch zu diskutieren. Die finanziellen Ansprüche von Fremdkapitalgebern, Arbeitnehmern, Kunden, Lieferanten, Öffentlichkeit und dem Management sind vertraglich oder gesetzlich fest geregelt (z.B. Zins- und Tilgungszahlungen, Löhne und Gehälter, Einkaufs- und Verkaufspreise, Abgaben). Bei diesen Ansprüchen handelt es sich um so genannte Festbetragsansprüche. Sie sind auch dann zu befriedigen, wenn das Unternehmen einen Verlust erwirtschaftet. Ausschließ- lich bei einer Insolvenz werden diese Ansprüche u.U. nicht vollständig abgegolten.117 114 Vgl. Baden, A. (2001), S. 401. 115 Vgl. Copeland, T., u.a. (1998), S. 52f. 116 Vgl. Wagner, F. W. (1997), S. 477. 117 Vgl. Schmid, S. (1998), S. 219-238. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 62 Die Anteilseigner können als Restbetragsbeteiligte bezeichnet werden, deren Ansprüche voll- ständig ergebnisabhängig vergütet werden. Für sie erfolgt erst dann eine Ausschüttung, wenn die Festbetragsansprüche bedient wurden. Die Anteilseigner gehen damit ein deutlich höheres Risiko als die Festbetragsbeteiligten ein. In einem Verlustjahr erhalten sie nicht nur keine Vergütung auf das eingesetzte Kapital, sie haben zudem den Verlust durch ihr Eigenkapital zu tragen. Eine stärkere Berücksichtigung der anderen Anspruchsgruppen würde die Möglichkeit der Eigentümer oder des von ihnen beauftragten Managements, die Unternehmenspolitik in ihrem Sinne zu gestalten, erheblich einschränken. Kapitalgeber werden jedoch nur dann Eigenkapital zur Verfügung stellen, wenn sie mittelbar eine Einflussmöglichkeit auf die Höhe der unsicheren Gegenleistung haben. Wird dieses Recht eingeschränkt, so werden sie entweder aufgrund der individuell für sie gestiegenen Unsicherheit einen höheren Risikozuschlag fordern oder ihr Kapital einem anderen Unternehmen zur Verfügung stellen. Beides führt zu einer erheblichen Insolvenzgefahr. Im ersten Fall wird die vom Unternehmen zu erzielende Mindestrendite durch den erhöhten Risikozuschlag gesteigert. Dies bewirkt eine direkte Verschlechterung der Wettbewerbsfähig- keit. Gleichzeitig wird eine Bedienung aller Anspruchsbeteiligten, auch der Festbetragsbeteilig- ten, durch die veränderte Wettbewerbsfähigkeit unsicherer. Günstigere Bedingungen für die Eigenkapitalgeber ermöglichen hingegen eine leichtere Kapitalbeschaffung und eine sichere An- spruchsbedienung der Stakeholder. Der zweite Fall betrifft den Entzug der Eigenkapitalbasis, welche die Funktion des Verlustauffangpotenzials wahrnimmt.118 Dem Unternehmen wird damit die Grundlage zur Finanzierung und somit zur Liquiditätsbeschaffung genommen. Eine weitere Kritik am Shareholder Value-Konzept besteht in dem Risiko des kurzfristigen Erzielens möglichst hoher, spekulativer Gewinne. Eine Benachteiligung von Anspruchsgruppen würde dadurch bedingt, dass die Unternehmenspolitik kurzfristig ausgerichtet ist. Diese kurz- fristige Orientierung diene vor allem Aktionären zu Erzielung schneller Spekulationsgewinne und dem Management durch die gewinnabhängigen Gehaltsbestandteile.119 Dem ist zu entgeg- nen, dass Aktionäre börsennotierter Gesellschaften meist institutionelle Anleger in Form von Fondgesellschaften, Versicherungen und Investmentbanken sind. Diese verfolgen keine kurz- fristigen, sondern langfristige Anlagestrategien. Insgesamt kann damit festgestellt werden, dass der Stakeholder-Ansatz eine wenig konkrete, mehr ideologische und gesellschaftskritisch begründete Gegenposition zum Shareholder Value- 118 Vgl. Franke, G., u.a. (1999), S. 5. 119 Vgl. Baden, A. (2001), S. 401. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 63 Konzept verkörpert. Der Shareholder Value beruht hingegen auf einem theoretisch gesicherten und ganzheitlichen Konzept, welches in der Praxis verstärkte Berücksichtigung findet.120 3.3.3 Energiewirtschaftliche Analyse der Steuerungsanforderungen Zur Vervollständigung der Analyse werden in Ergänzung zu den im Kapitel 2.2 dargestellten Liberalisierungsauswirkungen des Energiemarktes und der bereits in diesem Kapitel erfolgten Analyse der veränderten unternehmensexternen- und internen Steuerungsanforderungen zudem veränderte Anforderungen der Energiewirtschaft an die unternehmerische Steuerung erörtert. 3.3.3.1 Ausgangssituation auf den Energiemärkten Die Energiemärkte entwickeln sich langsam zu effizienten Marktformen. Von den Marktteilneh- mern wird der Weg von stark regulierten Unternehmen hin zu einem teil- bzw. vollliberalisierten Zustand jedoch unterschiedlich schnell vollzogen. Weitgehend liberalisierte Märkte zeigen deut- lich auf, wie die Veränderungen der Marktregeln auch die Marktteilnehmer, die Versorgungs- unternehmen, verändern. Die Öffnung der regionalen Märkte für Dritte sowie die durch den Gesetzgeber und Regulierer geforderte Entbündelung der Wertschöpfungsstufen Erzeugung, Transport/Netze, Handel und Vertrieb, stehen jedoch erst am Anfang der Entwicklung.121 Auch die Steuerung der Versorgungsunternehmen hat den veränderten Liberalisierungsanfor- derungen zu genügen. Der bestehende Abstimmungsmechanismus zwischen den verschiedenen Unternehmensbereichen der ehemals integrierten Unternehmen ist an den neuen internen An- forderungen und den externen Anforderungen des Marktes auszurichten. Das unternehmerische Steuerungsmodell sollte sich demnach für eine Anpassung der Organisation auf die veränderten Rahmenbedingungen des liberalisierten Marktes aber auch für die interne Zusammenarbeit zwischen den Wertschöpfungsstufen eignen. Zudem ist es sinnvoll, eine Anpassung auf das jeweilige individuelle Marktumfeld vorzunehmen.122 Die Entwicklung von Teilmärkten für neue Produkte wird durch die Aufspaltung der Energie- versorgungsunternehmen gefördert. Zudem ist es eine Folge des Entstehens neuer Teilmärkte zwischen den Wertschöpfungsstufen, wie bspw. dem Markt für Stromgroßhandelsprodukte, dem Reserve-Strommarkt oder dem Markt für Netzkapazitäten. Aufgrund eines unterschiedlichen Marktdrucks bedürfen diese Teilmärkte einer differenzierten Steuerung. Eine kostenbasierte und 120 Vgl. Pellens, B., u.a. (2000a), S. 1.825ff.; vgl. Baden, A. (2001), S. 402f. 121 Vgl. Cronenberg, M. (1998), S. 85-91. Vgl. auch die Ausführungen in Kapitel 2.2.3. 122 Es ist bspw. sinnvoll, die Kontrolle der Erzeugungsmengen und die Festlegung interner Preise zumindest zu Be- ginn der Liberalisierung einer zentralen Unternehmenseinheit vorzubehalten. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 64 integrierte Steuerung erfolgt in einem abgeschotteten und regulierten Markt. Der Vertrieb erwirt- schaftet in diesem Fall die Marge. Ein liberalisierter Markt mit effizienten Preisen auf allen Wertschöpfungsstufen erfordert eine individuelle und marktorientierte Aufstellung. Diese dezen- trale Optimierung führt zu einem Gesamtoptimum für das Versorgungsunternehmen.123 Beim Übergang vom regulierten zum liberalisierten Markt, sind die Preise in der Regel durch Marktineffizienzen gekennzeichnet. In dieser einige Jahre andauernden Übergangsphase kann eine zusätzliche Wertschöpfung durch geschickte Steuerung von Unternehmenseinheiten realisiert werden. Eine Fehlsteuerung birgt jedoch ebenso das Risiko, erhebliche Unternehmens- werte zu vernichten.124 Einen abschließenden, zusammenfassenden Überblick über das Schnitt- stellenmanagement in Übergangsmärkten vermittelt die nachfolgende Abbildung 10. Regulierter Markt (ineffizient) Liberalisierter Markt (effizient) - Management des Preisniveaus Trading / Risk & Portfoliomanagement - Strom - Absicherungsgeschäfte Erzeugung - Kapazitäten - Systemdienste Konventioneller Einzelhandelsvertrieb - Strom - Dienstleistungen Transport - Leistungskapazitäten - Systemdienste - Managem ent eines flexiblen Kraftwerkportfolios in enger Abstimm ung mit der Unternehmensstrategie - Kostenführerschaft - Managem ent strategischer Assets (z.B. Grenzleistungen) - Bereitstellungen von Systemdiensten - Einführung neuer Produkte und Management der Vertriebskanäle - Innovatives Portfoliomanagement Management interner Schnittstellen in Übergangsmärkten Übergangsphase (ineffizient) Abbildung 10: Schnittstellenmanagement in Übergangsmärkten125 3.3.3.2 Anforderungen an den Steuerungsansatz Die energiewirtschaftlichen Unternehmen befinden sich in einer außergewöhnlichen Ausgangs- situation. Kostenorientierte Preise, hierarchische Steuerungen, Quersubventionierungen und fehlender Effizienzdruck dominierten in der Vergangenheit. Die fundamentalen Umfeldver- änderungen der Branche126 erfordern damit auch einen neuartigen, ganzheitlichen Steue- rungsansatz. Dieser hat die starren und unflexiblen Großunternehmen ohne Strategieverständnis 123 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 111. 124 Die Steuerung von Großhandels- und Direktvertriebseinheiten kann als ein Beispiel angeführt werden. Fehlende Kostentransparenz sowie eine ungenügende Entwicklung der Steuerungs- und Anreizsysteme können dazu führen, dass eine ausschließliche Absatzmengenorientierung entsteht. Das Ergebnis des Gesamtunternehmens tritt zunehmend in den Hintergrund, da insbesondere das Ergebnis des eigenen Profit Centers relevant ist. 125 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 111. 126 Liberalisierung, Regulierung, Unbundling, Strombörse, EEG, KWK, Zertifikatehandel, etc. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 65 und mit einer hierarchischen Führungsstruktur im Sinne einer flexiblen, partizipativen Struktur neu auszurichten. Zudem bedarf es der Förderung einer schnellen Differenzierung im Markt zur Gewinnung von Wettbewerbsvorteilen aufgrund der homogenen Produkte. Gleichzeitig hat die Steuerung eine flexible und schnelle Handlungsdurchführung zu gewährleisten, um den sich kontinuierlich veränderten Rahmenbedingungen des Gesetzgebers zu entsprechen. Doch nicht nur die gesetzlichen Anforderungen sind fristgerecht umzusetzen. Zur Wettbewerbspositionie- rung bedarf es insbesondere umfassender Effizienzverbesserungen, um im sich weiter verschär- fenden Preiswettbewerb bestehen zu können. Dieses ist eine herausfordernde Aufgabe, da bei den meisten Versorgern erhebliche Steuerungsprobleme im Prozessablauf, der Methodik sowie der Kommunikation bestehen. Dem erheblichen Zwang zur Steuerungsverbesserung kann damit nur ganzheitlich und nachhaltig begegnet werden. Gleichzeitig bedarf es während der aufgezeigten Übergangsphase unterschiedlicher Regelungen bezüglich der operativen Steuerungsverantwortung für das Kerngeschäft. Darüber hinaus ist es erforderlich, interne Leistungen unterschiedlichen Organisationseinheiten zuzuweisen und für einen internen Leistungsaustausch die organisatorischen Bedingungen festzulegen. Es bedarf der Allokation der Steuerungsverantwortung und der Festlegung von Transferpreis-Prinzipien.127 3.3.3.2.1 Allokation der Steuerungsverantwortung Die Allokation der Steuerungsverantwortung wird durch die aktuelle Marktphase sowie die jeweils relevanten Steuerungsformen und ihren Funktionsweisen bestimmt. Da der heutige Ener- giemarkt sich immer noch in einem Übergangszustand befindet, erfolgt die Steuerung der Erzeu- gungsstufe häufig durch ein zentrales Portfoliomanagement,128 welches den Einsatz der Erzeu- gungsmengen steuert. Die Erzeugung tritt im Gegensatz zu Handel und Vertrieb am Markt damit nicht in Erscheinung. Erzeugung und Netzbereich können derzeit gut über Benchmarks gesteuert werden. Handel und Vertrieb hingegen benötigen ein marktnahes Verständnis über Kunden-, Produkt- und Vertriebskanal-Profitabilität. Aufgrund der engen Margen und der zunehmenden Marktpreisvolatilität bedarf eine erfolgreiche Marktpositionierung jedoch verschiedener inno- vativer Produktideen und einer eindeutigen und umfassenden Handelsstrategie. Darüber hinaus sind eine schnelle Produktentwicklung und effiziente Prozesse bei einem guten Verständnis für vorhandene Kostenpositionen und deren kunden-, produkt- und vertriebskanalspezifischen Zuordnung bei allen Beteiligten im Unternehmen zu gewährleisten.129 127 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 113. 128 Vgl. Auchenthalter, C. (1994); vgl. Breuer, W. (1999). 129 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 115. 3. Grundlagen der Unternehmenssteuerung 66 Die Aufgabe des Portfoliomanagements besteht darin, die Erzeugungs- bzw. Einkaufskapazi- täten sowie die Vertriebs- bzw. Verkaufskapazitäten aufeinander abzustimmen. Zentralisation bzw. Dezentralisation des Portfoliomanagements hängen hauptsächlich vom Liberalisierungs- grad ab. Die Erzeugungskapazitäten sollten jedoch zu marktnahen Preisen bewertet werden, um die richtigen Steuerungsimpulse auf der Handels- und Vertriebsseite zu setzen. Ein transparentes System von Transferpreisstellungen ist von entscheidender Bedeutung. Hierdurch können realistische Kunden-, Produkt- und vertriebskanalspezifische Deckungsbeiträge berechnet wer- den. Deckungsbeiträge sind aufgrund der niedrigeren Marge die wesentlichen Steuerungsgrößen. 3.3.3.2.2 Festlegung von Transferpreis-Prinzipien Die Entscheidung für ein Steuerungsmodell bedingt die Auswahl des geeigneten Prinzips der Centerorganisation. Grundsätzlich können Leistungen über ein Profit- oder Cost Center verrechnet bzw. ausgetauscht werden.130 Cost Center verrechnen variable oder volle Ist- bzw. Standardkosten. Bei der Entscheidung für Profit Center kann aus einem breiten Spektrum von Alternativen ausgewählt werden. Marktpreise können über Opportunitätskosten direkt über- nommen werden.131 Ein ähnliches Vorgehen ist für Deckungsbeiträge realisierbar (Cost-plus- Preise). Der Transferpreismechanismus ist hierbei wesentlich für die Ausgestaltung der Center- organisation. Marktnahe Transferpreise sind in der Lage, die bestmögliche Steuerung zu gewähr- leisten. Dadurch werden eine zeitnahe Einschätzung der Profitabilität der einzelnen Center und eine effiziente Steuerung des Vertriebs ermöglicht.132 Derzeit ist die Energiewirtschaft noch von Cost-plus-Betrachtungen dominiert,133 bei denen bestimmte Kostenstufen und eine definierte Marge erwirtschaftet werden müssen. Eine kurz- fristige Rückkopplung von Marktveränderungen zu den Entscheidungsträgern kann auf diese Weise nicht erfolgen. Es ist jedoch möglich, kurzfristig relevante Opportunitätskosten dazu zu verwenden, variable Grenzkosten für unterschiedliche Kalkulationen heranzuziehen. Im deut- schen Strommarkt wurde insbesondere durch diese Vorgehensweise ein hoher Preisdruck ausgelöst. Dieser führte bei Unternehmen mit Eigenerzeugungsanlagen in großem Ausmaß zu einer Vernichtung von Unternehmenswerten.134 Mit Marktpreisen bewertete Energiemengen lösen Vertragsangebote an Kunden weitgehend von der eigentlichen internen Kostenposition und bergen damit ein enormes Risiko. Bei geringer Kosteneffizienz wirken diese marktseitigen Preise als Zielkosten. Bei hoher Effizienz sichern sie die Produzentenrente.135 130 Vgl. Kapitel 4.1. 131 Vgl. ausführlich Kreuter, A. (1997). 132 Leider sind Marktpreise nur schwer zu ermitteln; vgl. Schmalenbach, E. (1963), S. 151. 133 Vgl. überbetrieblicher Leistungsvergleich von Horváth & Partners. 134 Vgl. Kapitel 2.2.2. 135 Vgl. Booz-Allen & Hamilton (2001), S. 118ff. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 67 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung Unter einem Steuerungsinstrument wird in Anlehnung an die in Kapitel 3.1.3 thematisierte instrumentale Betrachtungsweise der Unternehmensführung ein Planungs-, Organisations- und Kontrollsytem verstanden, welches das Verhalten aller Unternehmensmitglieder i.S.d. Unter- nehmensführung gezielt beeinflusst.1 Der Unternehmensführung zur Verfügung stehende Instru- mente werden hierzu in einen Steuerungsprozess einbezogen. In diesem Zusammenhang wird nicht mehr von Unternehmensführung im Sinne einer reinen personellen Führungsfunktion, sondern von der Unternehmenssteuerung gesprochen.2 Das Management benötigt unterschiedliche Führungsinstrumente, welche die Umsetzung der gestellten Anforderungen unterstützen helfen. Unter einem Steuerungssystem oder Steuerungs- modell wird in diesem Zusammenhang ein Bündel unterschiedlicher Instrumente zur gezielten Unterstützung der Unternehmensleitung bei der Umsetzung bestehender Zielvorstellungen ver- standen. Die beiden Begriffe Managementsystem und Managementmodell werden als Synonym betrachtet.3 Aufgrund der in der Praxis weit verbreiteten Begrifflichkeit des Steuerungsmodells wird in der Folge von den Modellen der Unternehmenssteuerung gesprochen.4 In der Unternehmenspraxis finden sich derzeit drei wesentliche partielle Führungs- und Steue- rungsmodelle wieder. Die Profit Center-Steuerung und die Zielsteuerung fokussieren auf eine eher operativ ausgeprägte Steuerungsform. Ein langfristiges und an der strategischen Kompo- nente orientiertes Steuerungsmodell stellt die Balanced Scorecard dar. Dieses Modell wird seit längerer Zeit an den Hochschulen und in der Praxis diskutiert und hat sich mittlerweile als strategisches Steuerungsinstrument in vielen Unternehmen etabliert. In der Folge sollen diese unterschiedlichen Steuerungsmodelle bzw. -konzeptionen als wesentliche Grundlage für die Analyse dieser Arbeit vorgestellt und ausführlich diskutiert werden. Der wesentliche Grund für die Analyse dieser drei Partialmodelle besteht darin, dass sich die Anforderungen an das energiewirtschaftliche Steuerungsmodell in den drei Bereichen Strategie, Struktur und Kultur zusammenfassen lassen. Strategien sind zu entwickeln und umzusetzen. Gleichzeitig ist mit der ständigen Veränderung des Umfeldes umzugehen, wobei neue Herausforderungen zu antizipieren sind. Prozesse und Organisationsstrukturen sind gleichzeitig auf den Wettbewerb auszurichten und dabei flexibel zu 1 Vgl. Welge, M. (1985), S. 5. 2 Vgl. Grochla, E. (1974), S. 12. 3 Vgl. Moser, J.-P. (2001), S. 74. 4 Um von einem umfassenden Managementsystem oder -modell sprechen zu können, hat dieses differenzierten Steuerungsanforderungen zu genügen; vgl. Kapitel 7.4.1.3 und 4.3.2; vgl. auch Kilgus, E. (1994), S. 26f.; vgl. Hax, A., u.a. (1991), S. 94. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 68 gestalten. Darüber hinaus sind die Personal- und Organisationsentwicklung wettbewerbsgerecht auszurichten. Neben der Effizienzsteigerung ist eine Voraussetzung zur Wettbwerbspositio- nierung die Differenzierung über eine konsequente Kundenorientierung. Qualifizierung, Motiva- tion und Sensibilisierung der Mitarbeiter sind hierzu wichtige Voraussetzungen. Selbstverständ- lich ist darauf zu achten, dass das Steuerungsmodell gleichzeitig die Erwirtschaftung einer angemessenen Rendite als Voraussetzung zur Unternehmenswertsteigerung in den Betrachtungs- mittelpunkt stellt. Dies bedarf einer kombinierten Steuerung der Bereiche Strategie, Struktur und Kultur. Die Fokussierung auf die Balanced Scorecard (Strategie), die Profit Center-Steuerung (Struktur) sowie die Zielsteuerung (Kultur) ist damit eine logische Folge. Vor dem Hintergrund der erforderlichen Effizienzsteigerung bedarf es einer ergänzenden Betrachtung wertschaffender Instrumentarien i.S.d. Wertmanagements. Steuerungsmodelle Integrierte Steuerung Strategie Struktur Kultur Balanced Scorcard Center Steuerung Ziel- steuerung Wertorientierung Abbildung 11: Integrierte Steuerung 4.1 Vorstellung der Profit Center-Steuerung Die ursprüngliche Idee der Profit Center-Organisation lässt sich auf die Theorie des Unterneh- mens am Markt von Schmalenbach zurückführen.5 Sie gehört zu den ältesten in der Betriebs- wirtschaft diskutierten Theorien.6 Im Vordergrund steht die Überlegung, durch Übertragung der marktwirtschaftlichen Ordnung von der volkswirtschaftlichen auf die betriebswirtschaftliche Ebene, ein sich weitgehend selbst regelndes System zur Erzielung größtmöglicher Gesamteffi- zienz zu bilden.7 Der lang anhaltende Trend zur Profit Center-Organisation8 steht jedoch im 5 Vgl. Schmalenbach, E. (1908/9), S. 165ff., sowie Schmalenbach, E. (1947). 6 Die divisionale Organisation, verbunden mit einem umfangreichen System der Koordination des Controllings, wurde im Jahr 1919 von DuPont eingeführt. Die damalige Schmalenbach´sche-Theorie wurde damit nicht mehr beachtet; vgl. Lüder, K. (1971), S. 41. 7 Vgl. die Überlegungen zur Komplexitätsreduktion in Kapitel 7.2. 8 Das Konzept findet bei den Unternehmen Henkel, Geigy, Siemens, Standard Elektrik Lorenz, AEG, Horten, Hoechst oder Hüls Anwendung; vgl. Meller, F. (1970), S. 348; vgl. Wilde, H. (1973), S. 33ff.; vgl. Drenkard, F. (1971), S. 277ff. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 69 Widerspruch zu der Tatsache, dass es der Theorie über Profit Center und ihre Steuerung bislang sowohl an einer theoretischen als auch empirischen Fundierung mangelt.9 4.1.1 Thematische Einführung und Grundlagen der Organisation Organisationen bedürfen für die durch sie beabsichtigten Handlungen „zielgerichteter Hand- lungssysteme mit interpersonaler Aufgabenteilung.“10 Dieses erfordert eine Zweiteilung der organisatorischen Systeme in ein Basissystem und ein Entscheidungssystem. Das Basissystem beinhaltet die realisationsbezogenen Handlungen. Das darüber gelagerte Entscheidungssystem ist charakterisiert von Planungs-, Leitungs- und Informationshandlungen. Entscheidungsaktivi- täten können im Wesentlichen durch drei Elemente beschrieben werden. Das Entscheidungsfeld, das Entscheidungsziel und die Transformationskomponente.11 Das Entscheidungsfeld besteht aus dem internen und externen Bereich. Der interne Bereich repräsentiert die Mittelsituation und bestimmt damit die Handlungsoptionen. Die Handlungsbedingungen werden durch den externen Bereich bestimmt. Eine Bewertung der Handlungsoptionen wird durch das Entscheidungsziel erfasst.12 Die Transformationskomponente leistet eine intellektuelle Hilfestellung bei der Infor- mationsabbildung und Überführung der Entscheidung als Grundlage der verbundenen Hand- lungen im Basissystem.13 Das nachfolgende Schaubild verdeutlicht diesen Zusammenhang. Bestimmung von Entscheidungsaktivitäten - intern: Mittelsituation - extern: HandlungsbedingungenA. Entscheidungsfeld C. Transformationskomponente B. Entscheidungsziel Bewertung der Handlungsalternativen(Subjektive Nutzenfunktion) Informationsabbildung (intellektuelle Hilfestellung) Abbildung 12: Bestimmung von Entscheidungsaktivitäten Die Entscheidungsaktivitäten der Mitglieder einer Organisation sind kombiniert zu betrachten. Entscheidungen sind ökonomischen, sozialen und organisatorischen Restriktionen unterworfen, welche eine Lenkung der Einzelaktivitäten in den dezentralen Einheiten im Hinblick auf die 9 Vgl. einen ersten Ansatz zur theoretischen Grundlage bei Welge, M. (1975a), S. 1f.; Ein erster empirischer Ver- such zur Fundierung der Profit-Center wurde von Bursk unternommen; vgl. Bursk, E. C. u.a. (1971), S. 70f. 10 Frese, E. (1970), S. 1. Vgl. auch die Ausführungen im Kapitel 3.1.3.2 und Kapitel 3.2.4. 11 Vgl. Frese, E. (1970), S. 1. 12 In der Regel durch eine subjektive Nutzenfunktion. 13 Vgl. Frese, E. (1972), S. 405. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 70 Zielsetzung der gesamten Organisation ermöglichen. Entscheidungsspielräume erfordern Maß- nahmen zur Sicherstellung des zielkonformen Verhaltens. Hierzu bedarf es unterschiedlicher Restriktionen, welche die Möglichkeit der freien Entscheidung einschränken und i.S.d. Gesamt- unternehmens kanalisieren. Die hierarchisch übergeordnete organisatorische Einheit hat einen Rahmen für die Entscheidungen der untergeordneten Einheit festzulegen.14 Da das Kapital für alle Bereiche eine knappe Ressource darstellt, bestehen zwischen sämtlichen Aktivitäten innerhalb einer Organisation Interdependenzen. Wird von einem Bereich mehr Kapital beansprucht, so resultiert eine Wirkung sowohl auf das Ziel der gesamten Organisation als auch auf die Aktivitäten der anderen Teilbereiche.15 Diese Interdependenzen bedingen eine horizontale und vertikale Kommunikation der Entscheidungseinheit. Traditionell werden Ver- haltensregeln und -programme zur Lösung des existenten Koordinationsproblems verwendet. Werden diese Regeln und Programme ihrer Aufgabe jedoch nicht gerecht, so müssen Ereignisse koordiniert und Handlungen abgestimmt werden. In diesem Fall wird die Entscheidung an die Stelle in der Organisation geleitet, welche über die notwendigen Informationen, aber auch die ausreichende Kompetenz verfügt, um über den Sachverhalt zu entscheiden.16 Die Effizienz der traditionellen Koordinationsinstrumente wird jedoch mit zunehmender Anzahl von Ausnahmen sowie steigender Belastungen der Informationsverarbeitungskapazität in Frage gestellt. Es sind Maßnahmen zu finden, welche das aufgezeigte Koordinationsproblem der Orga- nisation vereinfachen können. Welge spricht in diesem Zusammenhang von drei Strategien, mit deren Hilfe eine Organisation steigenden Koordinationsanforderungen begegnen kann.17 • Anpassung der lateralen Beziehungen an neue Anforderungen durch strukturelle Verän- derungen. • Erhöhung der Informationsverarbeitungskapazität des Entscheidungssystems durch Nut- zung computergestützter Planungs- und Informationsverarbeitungssysteme. • Vereinfachung des Koordinationsproblems durch bewusste Inkaufnahme von Autono- miekosten im Wege quasi-autonomer Teilbereiche.18 Der erstgenannte strategische Ansatz zielt auf eine strukturelle Veränderung der lateralen Bezie- hungen einer funktionalen Grundstruktur. Das Ziel besteht damit in der Implementierung einer 14 Vgl. Welge, M. (1975a), S. 4f. 15 Vgl. Thompson, J. (1967), S. 54. 16 In diesem Zusammenhang wird von hierarchischer Koordination gesprochen; vgl. Welge, M. (1975a), S. 36ff. 17 Vgl. Welge, M. (1975a), S. 7ff. Vgl. auch Galbraith, J. (1973), S. 14ff.; vgl. Szyperski, N. (1971), S. 39ff. 18 Hierin ist die wesentliche Grundlage der Steuerung auf Basis von Profit Center-Konzeptionen zu sehen; vgl. Solomons, D. (1965), S. 4. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 71 neuen, funktionsorientierten Segmentierungsform der Steuerungsorganisation. Der Aktivitäten- typ wird hierbei zum organisatorischen Gliederungsprinzip bestimmt.19 Es resultiert eine Orga- nisationsgliederung wie bspw. in Forschung, Fabrikation, Verkauf und Verwaltung. Eine Segmentierung mit der Zielrichtung der Orientierung an dem Kriterium der Ähnlichkeit des Transformationspotenzials führt dazu, dass gleiche Ressourcen durch auf unterschiedliche Objekte gerichtete Aktivitäten nutzbar sind.20 Diese Form der Segmentierung führt aufgrund der großen Anzahl von inter- und intrasegmentaler Interdependenzen jedoch zu einer verstärkten Störanfälligkeit des Steuerungssystems.21 Eine vollständige Isolation von koordinationsrelevan- ten Ereignissen in bestimmten Teilsystemen kann aufgrund der engen Interdependenzbeziehun- gen jedoch nicht erfolgen. Das Koordinationsproblem des Gesamtsystems wird damit nicht vereinfacht. Es bedarf weiterhin einer aufwendigen Steuerung des Gesamtsystems. Eine weitere Reaktion auf die gestiegenen Koordinationsanforderungen besteht in der Verbes- serung der Koordinationskapazität des Entscheidungssystems. Dieses kann über eine Erhöhung der Qualifikation der Funktionsmanager erreicht werden, indem diese an den strategischen Ent- scheidungen der Unternehmensleitung beteiligt werden. Das Wissen um die sich überschneiden- den Feldbereiche ist Voraussetzung für eine Koordination. In Ergänzung zu seinem Spezialwis- sen der eigenen Funktion hat der Funktionsmanager über ausreichend Kompetenz in den für sein Problem relevanten weiteren Bereichen zu verfügen. Damit ist eine Kombination von Spezial- und Generalwissen erforderlich. Dieses erscheint jedoch nur bis zu einem gewissen Grad prak- tikabel, da die individuellen Kapazitätsgrenzen schnell erreicht sind. Die Implementierung und Nutzung eines computergestützten Planungs- und Management- Informations-Systems als zweite strategische Alternative kann zudem einen Beitrag zur Verein- fachung des Koordinationsproblems leisten. Durch eine maschinelle Integration ist eine Zusam- menfassung interdependenter Teilaufgaben zu Aufgabenkomplexen möglich. Die Verbesserung der Informationsbasis der Entscheidungsträger sowie ein Zugriff auf integrierte Daten schaffen zudem eine größere Verlässlichkeit der Entscheidungen nachgeordneter Einheiten und entlasten diese bei der Informationsvorbereitung. Damit entsteht die Möglichkeit der Delegation von Entscheidungen. Zudem entsteht die Möglichkeit der Ausübung einer Kontrollfunktion.22 Im Ergebnis wird insgesamt eine koordinationsvereinfachende organisatorische Wirkung erzeugt. Die Koordination durch Planung wird damit durch die verbesserte Form der Informationsbereit- stellung unterstützt. Durch eine höhere Abbildungsgenauigkeit und Aktualität der Informationen können Interdependenzen berücksichtigt und die Planungsgenauigkeit gesteigert werden. 19 Vgl. Longenecker, J. (1964), S. 155. 20 Die Produktion kann zwei verschiedene Produkte in zwei ähnlichen Transformationsprozessen herstellen. 21 Vgl. Welge, M. (1975a), S. 7ff. 22 Vgl. Kieser, A., u.a. (1973), S. 25. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 72 Die bewusste Inkaufnahme von Autonomiekosten ist eine weitere Möglichkeit, um auf die stei- genden Koordinationsanforderungen zu reagieren. Bei diesem Ansatz zur Lösung des Koordi- nationsproblems der Organisation sind quasi-autonome Teilsysteme zu bilden, die relativ unabhängig voneinander agieren können. Das eigentliche Ziel besteht in der Reduktion der Inter- dependenzen zwischen den Teilbereichen und damit in der Reduktion der Komplexität des Entscheidungszusammenhanges. Die Verantwortungsdelegation für Bereichsentscheidungen an die Teilbereiche ist hierfür eine wichtige Voraussetzung. Eine Bewertung der Leistungen der dezentralen Manager in ökonomischen Kategorien ist bei dieser Steuerungsform unverzichtbar. Die Profit Center-Organisation liefert für diese Alternative die organisatorische Grundlage.23 Werden die koordinationsrelevanten Ereignisse auf die vorgegebenen Entscheidungsfelder be- schränkt, kann auf eine horizontale und vertikale Abstimmung verzichtet werden. Eine umfas- sende Abstimmung zwischen allen Teilsystemen der Organisation, bei der alle Interdependenzen Berücksichtigung finden, ist unter diesen Umständen nicht erforderlich. Die Differenz zwischen dem fiktiven Idealergebnis und dem tatsächlichem Ergebnis sind die Autonomiekosten.24 4.1.2 Begrifflichkeit und Abgrenzung zu anderen Steuerungsmodellen Der Begriff des Profit Centers25 ist aus dem amerikanischen Sprachgebrauch als feststehender Begriff in den deutschen Sprachgebrauch übernommen worden. Grundsätzlich stellt ein Profit Center jede Aktivität oder organisatorische Einheit innerhalb eines Unternehmens dar, für welche sich ein autonomer Gewinn bzw. Verlust ermitteln lässt. Ein Profit Center ist somit zum einen ein eigenständiger Verantwortlichkeitsbereich (Autonomie) und zum anderen eine abrech- nungstechnische Einheit (Saldoverantwortung).26 4.1.2.1 Notwendigkeit der Autonomie Ein Profit Center hat über einen gewissen Grad an Autonomie im Sinne einer wirtschaftlichen Unabhängigkeit zu verfügen.27 Bestimmte Aufgaben und die zu ihrer Erledigung notwendigen Kompetenzen (Rechte oder Entscheidungsbefugnisse) sind an die dezentralen Einheiten zu übertragen. In der Literatur herrscht keine einheitliche Meinung dazu, wie umfangreich dieser Autonomiegrad jeweils ausgestaltet sein sollte. Welge spricht von „relativ selbständigen Teil- 23 „ [...] no business segment will be recognized as a division unless it is a profit-center.“ Solomons, D. (1965), S. 4. 24 Vgl. ausführlich das betriebswirtschaftliche Optimierungsmodell bei Welge, M. (1975a), S. 18. 25 Wörtlich übersetzt bedeutet Profit Center „Gewinnzentrum“. 26 Vgl. hierzu die Diskussion von Gabele, E. (1981), S. 16ff. 27 Diese Begrifflichkeit steht in engem Zusammenhang zur Autarkie, welche sich insbesondere auf die wirtschaft- liche Unabhängigkeit fokussiert. Da Autarkie jedoch die wirtschaftliche Unabhängigkeit aus Sicht des Auslan- des einbezieht, findet in der Folge die Begrifflichkeit Autonomie Verwendung. Vgl. Duden (1996), S. 140. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 73 systemen,“28 Solomons von „a substantial degree of decentralization.“29 Eine grundsätzliche Beschränkung der Autonomie ist jedoch aufgrund der Einordnung in die Hierarchie unter die Unternehmensführung als unvermeidlich zu akzeptieren. In diesem Zusammenhang sind die Entscheidungsfreiheit und die Autonomie im Sinne einer „weitgehenden Ausschaltung sequen- zieller und reziproker horizontaler Interdependenzen“30 voneinander zu trennen. Unter den letzt- genannten ist die geringst mögliche Leistungsverflechtung mit anderen Abteilungen oder Cen- tern zu verstehen. Bis zu welchem Grad an dieser Stelle noch von Profit Centern gesprochen werden kann und ob neben horizontalen auch vertikale Inderdependenzen möglich sind, ist in der Literatur insgesamt strittig.31 Ein Vorteil dieser Autonomie besteht in den eigenständig bewertbaren und steuerbaren Aufgabenfeldern für die Energiewirtschaft. Insbesondere über Centerkontrakte ist es möglich, auch ohne direkte Zielvereinbarungen kritische Wertschöpfungsprozesse oder Bereiche über das wertorientierte Gewinnziel zu steuern. Ein wesentlicher Vorteil besteht zudem in der flexibel anpassbaren Organisationsstruktur, welche es ermöglicht, schnell und konsequent auf veränderte Umfeldanforderungen durch eine erhöhte Reaktions- und Anpassungsfähigkeit zu reagieren.32 Ermöglicht wird dies durch die Reduktion der Entscheidungskomplexität in einem klar abge- grenzten Bereich. Zudem besteht die Möglichkeit der Etablierung abgegrenzter Wertschöpfungs- stufen als eigenständige Wirtschaftszweige durch den Marktzugang über den Stromhandel. Ein- deutig marktgerecht abgegrenzte Center erfüllen damit nicht nur Anforderungen des Unbund- lings, sondern schaffen darüber hinaus exzellente Perspektiven für die Wertschöpfungsstufen Erzeugung und Vermarktung. Ein weit verbreitetes Missverständnis besteht in der Gleichsetzung von Profit Center und der divisionalen Organisation. Eine Division bzw. ein Geschäfts- oder Produktbereich bietet zwar ideale Voraussetzungen für ein Profit Center, eine synonyme Betrachtung ist jedoch nicht möglich. In der Praxis existieren einerseits Geschäftsbereiche, die nicht als Profit Center abge- rechnet werden, andererseits auch Profit Center, die nach funktionalen Gesichtspunkten geglie- dert sind.33 In diesem Zusammenhang kann beispielsweise aufgeführt werden, dass selbständige Unternehmen ebenfalls nicht vollständig selbst beschaffen, fertigen oder verteilen. Wesentlich für die Profit Center-Konzeption ist jedoch die Autonomie i.S.d. Kompetenz zur Beeinflussung derjenigen Größen, für welche das Profit Center die Verantwortung im Unternehmen trägt.34 28 Welge, M. (1975b), Sp. 3.180. 29 Vgl. Solomons, D. (1970b), S. 300f. 30 Welge, M. (1975b), Sp. 3.180. 31 Vgl. Solomons, D. (1965), S. 300f. 32 Gründung eines neuen Centers wie Energiehandel oder Zertifikatehandel. 33 Die Irrelevanz funktionaler Profit Center widerlegt Menz; vgl. Menz, W.-D. (1973), S. 23. 34 Vgl. Wolf., M. (1985), S. 16. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 74 4.1.2.2 Notwendigkeit der Saldoverantwortung Die Delegation von Saldoverantwortung kann unabhängig von ihrer organisatorischen Abgren- zung unterschiedlichen Teileinheiten übertragen werden. Die Idee der Saldoverantwortung ist charakteristisch für das Profit Center. Der Erfolg des Centers wird, vergleichbar dem Gesamt- unternehmen, grundsätzlich am Saldo aus positiven und negativen Erfolgsbeiträgen gemessen. Damit ist die Gewinngröße als Ergebnis für das Center entscheidend. Eine Saldoverantwortung existiert bei jedem organisatorischen Teilbereich. Durch die Unter- nehmensführung sind hierzu den jeweiligen Verantwortlichen die notwendigen Kompetenzen zu übertragen. Das Profit Center zielt damit auf eine Reduzierung des unternehmensinternen Koor- dinationsproblems bei einer verursachungsgerechten Leistungsbeurteilung der Verantwortlichen auf Basis genau zu definierender Kriterien. In Abhängigkeit von Ausmaß und Umfang der Verantwortungsdelegation können sowohl qualitative als auch quantitative Bewertungsmaßstäbe wie Ausgaben, Kosten, Gewinn oder Rentabilität zu Grunde gelegt werden. In der amerikani- schen Literatur wird eine Hierarchie von „Responsibility Centern“ abgeleitet. Diese gliedert sich in Expense-, Cost-, Profit- und Investment-Center.35 Die Abgrenzung resultiert aus dem Rech- nungswesen. Eine Unterscheidung zwischen Ausgaben, Aufwand und Kosten sowie Einnahmen, Erträgen und Leistungen bildet hierfür die Unterscheidungsgrundlage.36 Wird die Leitung eines Verantwortungsbereiches für die Ausgaben innerhalb eines bestimmten Zeitraumes verantwortlich gemacht, so wird von einem Expense Center gesprochen.37 Unter einem Cost Center wird hingegen eine organisatorische, abrechnungstechnische Einheit ver- standen, dessen Leitung für die verursachten Kosten verantwortlich ist. Aus diesem Grund entspricht es der Kostenstelle als einem rechnungsmäßigen Teilbereich, dessen Kostenbelastung für die Zwecke der Kostenträgerrechung gesondert ermittelt wird.38 Unter einem Profit Center wird hingegen ein organisatorischer Teilbereich verstanden, der von einer oder mehreren für den Gewinn verantwortlichen Personen geleitet wird. Der Gewinn kann unterschiedlich definiert werden. Möglich ist der Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben oder die Differenz zwischen Aufwendungen und Erträgen bzw. Kosten und Leistungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes. In Anlehnung an den jeweiligen Gewinnbegriff sind unterschiedliche Begriffsbe- stimmungen der Profit Center denkbar.39 Unter dem Investment Center als stärkster Ausprägung, wird die zusätzliche Verantwortung für die Rentabilität des Centers verstanden. Nicht nur die 35 Vgl. Keller, W. I., u.a. (1966), S. 618; vgl. Anthony, R. N. (1965a), S. 251. 36 Vgl. Heinen, E. (1965), S. 91f. 37 Vgl. Anthony, R. N. (1965a), S. 251. 38 „The cost center is an accounting entity, a device for the accumulation of costs to be charged to products or ser- vices.” Anthony, R. N., u.a. (1965b), S. 163. 39 „Profit is the difference between revenue and expense. Thus if performance in a responsibility center is measured in terms of both revenue it earns and the cost it incurs it is called a profit center.” Anthony, R. N., u.a. (1965b), S. 251. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 75 Gewinnverantwortung, sondern auch die Verantwortung für den Einsatz und die Nutzung des in diesem Bereich investierten Kapitals fallen der Leitung eines solchen Investment Centers zu. Expense (Cost) als auch Profit Center sind in dieses Centerkonzept integriert.40 Da sich die Leistungskriterien der unterschiedlichen Bereiche auch auf weitere Ziele beziehen können, ist die vorgenannte theoretische Abgrenzung des Profit Centers sehr eng gefasst. Die Aufmerksamkeit unternehmerischen Handelns besteht nicht lediglich in der Gewinnerzielung. Profit- und Investment Center werden deshalb häufig auch als Einheit gesehen.41 Eine eindeutige Abgrenzung der Profit Center ist im Rahmen der Diskussion über Autonomie und Saldoverantwortung schwierig. Die Unterscheidung zwischen noch bzw. nicht mehr auto- nom ist nicht eindeutig zu erbringen. Zudem ist die ausschließliche Saldoverantwortung trotz der Berechnung einer Gewinngröße fragwürdig, da meist doch eine Verantwortlichkeit für Detail- größen gegenüber der Unternehmensführung verlangt und vorausgesetzt wird. Basierend auf der bisherigen Diskussion soll jedoch ein Definitionsversuch unternommen werden. Die Profit Center-Konzeption stellt demnach ein Unternehmen dar, welches sich in mehrere organisato- rische Einheiten unterteilt. Darüber hinaus hat die Unternehmensführung die Verantwortung für einen zu erzielbaren Gewinn und für weitere daraus abgeleitete Ziele an die entsprechenden Verantwortlichen der Center delegiert. 4.1.3 Organisatorische Umsetzung des Steuerungsmodells Das wesentliche Kriterium eines Profit Centers ist die Delegation der Gewinnverantwortung. Der organisatorische Aufbau des Unternehmens ist hiervon zunächst unabhängig.42 Die Profit Center-Konzeption leistet jedoch mittelbar einen organisatorischen Beitrag zur Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter und ihrer Hinführung zu unternehmerischem Handeln, da organisatorische Voraussetzungen im Sinne von strukturellen Grundlagen in der Auf- und Ablauforganisation des Unternehmens für ein Führungsverhalten nach dem Profit Center- Konzept geschaffen werden.43 Eigenständig bewertbare und steuerbare Aufgabenfelder i.S.v. eindeutigen Verantwortungsbereichen fördern die in der Energiewirtschaft dringend benötigte Leistungssteigerung als Grundvoraussetzung zur Wettbewerbspositionierung. Die Delegation der Entscheidungs- und Ergebnisverantwortung bei vorgegebenen Handlungs- und Budgetrahmen kann als Impuls des Wandels genutzt werden. Dies fördert die Korrektur der ehemals energie- wirtschaftlich hierarchischen Steuerung in Richtung einer wirtschaftlichen Denk- und Hand- 40 Vgl. Keller, W. I., u.a. (1966), S. 618. 41 Vgl. Anthony, R. N., u.a. (1965b), S. 167. 42 Vgl. Herz-Eichenrode, E., u.a. (1970), S. 27. 43 Vgl. Hasenack, W. (1967), S. 283. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 76 lungsweise ohne Anweisungscharakter. Zudem wird durch das Aufzeigen eines plausiblen Gesamtzusammenhanges sowie die Begünstigung der Identifikation mit dem Endprodukt mittels einer psychologischen Komponente die angestrebte Wettbewerbsentwicklung durch die Erhö- hung der Mitarbeitermotivation gefördert. Die Übertragung von Verantwortlichkeiten setzt eine möglichst vollständige Übereinstimmung des Objektbereiches der Verantwortung mit dem Objektbereich der Entscheidungsbefugnisse voraus. Sind beide kongruent, d.h. ist eine weitgehende Deckungsgleichheit von Verantwor- tungsbereich (Responsibility Center) einerseits und abrechnungstechnischer Einheit (Accounting Entity) andererseits gegeben, so sind die Voraussetzungen für eine genaue Leistungsbeurteilung vorhanden.44 Die organisatorische Anforderung der Profit Center-Konzeption besteht damit in einer möglichst vollständigen Kongruenz von Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung.45 Die weitgehend operationelle Unabhängigkeit der Center in Bezug auf die verursachungs- und verantwortungsgerechte Entstehung des Gewinns ist Grundlage der Konzeption. Voraussetzung ist die produktionstechnische und administrative Unabhängigkeit, damit zwischen den Centern und gegenüber der Unternehmensführung keine Abgrenzungsschwierigkeiten der Gewinnver- antwortung entstehen. Den Centern sind weitgehende Autonomität in Einkaufs-, Produktions-, Lagerhaltungs- und Absatzentscheidungen in einer zentral ausgearbeiteten Unternehmenspolitik einzuräumen. Zudem dient ein freier Zugang zum Bezugs- und Absatzmarkt der operativen Unabhängigkeit und ist i.S.d. Gewinnverantwortung. Die Centerleitung hat hierdurch die Wahl- möglichkeit, Güter am externen Markt zu kaufen bzw. zu verkaufen oder in einen Gütertransfer mit anderen Centern zu treten.46 Letztendlich hat das Profit Center eine Mindestgröße zu überschreiten, um ein zahlen- und quali- tätsmäßig ausreichendes Management tragen zu können. Eine diesbezügliche Entscheidung kann jedoch nur individuell durch die Unternehmensleitung getroffen werden. Objektive oder allge- mein verbindliche Maßstäbe existieren hierzu nicht. Als relativer Maßstab kann grundsätzlich der Gewinnbeitrag des Centers zum Unternehmensgesamtgewinn herangezogen werden. Kosiol versteht unter der Organisation eine „integrative Strukturierung von Ganzheiten oder Gefügen im Sinne einer Tätigkeit oder das Ergebnis dieser spezifisch ordnenden Gestaltung.“47 Organisation unterteilt sich somit in die beiden Dimensionen Aufbau- und Ablauforganisation. Bezüglich der Aufbauorganisation wird die Institutionalisierung von Aufgaben, d.h. die Schaf- 44 Vgl. Bleicher, K. (1966), S. 168. 45 Die organisatorischen Anforderungen lassen sich in Anlehnung an Drucker in operationelle Unabhängigkeit, freien Zugang zum Bezugs- und Absatzmarkt, genau zurechenbare Gewinnkomponenten sowie eine aus- reichende Größe gliedern. Vgl. Drucker, P. (1964), S. 259. 46 Die Ermittlung marktgerechter Verrechnungspreise ist hierbei eine zentrale, zu lösende Problemstellung. 47 Kosiol, E. (1969), Sp. 172. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 77 fung von Zuständigkeitsbereichen thematisiert. Die Regelung der Arbeitsprozesse innerhalb der Zuständigkeitsbereiche ist hingegen das Ziel der Ablauforganisation. Eine Abgrenzung der Auf- bauorganisation lässt sich grundsätzlich durch die Alternative der Zentralisation oder Dezentra- lisation der Aufgaben eines Unternehmens nach den Merkmalen Verrichtung und Objekt vornehmen. Die Bildung eines Profit Centers erfolgt somit entweder als Zusammenfassung von gleichartigen bzw. ähnlichen Objekt- oder Verrichtungsaufgaben.48 Im ersten Fall vollzieht sich die Verrichtung an ungleichen Objekten. Hierbei werden Abteilun- gen wie Einkauf, Fertigung oder Vertrieb gebildet (vgl. Abbildung 13). Es erfolgt eine Orien- tierung an den betrieblichen Funktionen. Diese funktionale Organisationsform bedingt eine Delegation der Gewinnverantwortung auf unterschiedliche Einzelfunktionen und lässt damit funktionale Profit Center entstehen.49 Unternehmensführung Fertigung VertriebEinkauf Abbildung 13: Funktionale Profit Center-Konzeption50 Im zweiten Fall erfolgt eine Zusammenfassung ungleicher Verrichtungen in der Stellen- oder Abteilungsaufgabe (vgl. Abbildung 14). In diesem Zusammenhang wird von Objektgliederung oder Divisionalisierung gesprochen.51 Divisionen stellen die kleinsten, selbständig operierenden Einheiten innerhalb eines Unternehmens dar. Wird die Gewinnverantwortung auf die Leitung der Divisionen delegiert, so wird von divisionalen Profit Centern gesprochen. Unternehmensführung Division BDivision A Ei nk au f Fo rs ch un g & En tw ic kl un g Ve rtr ie b Fe rti gu ng Ei nk au f Fo rs ch un g & En tw ic kl un g Ve rtr ie b Fe rti gu ng ... Abbildung 14: Divisionale Profit Center-Konzeption52 48 Vgl. Bleicher, K. (1966), S. 59f. 49 Vgl. Weber, H. (1968), S. 589; vgl. Albers, H. M. (1965), S. 97. 50 Abbildung in Anlehnung an Menz, W.-D. (1973), S. 11. 51 Vgl. Mertens, P. (1969), S. 1. 52 Abbildung in Anlehnung an Menz, W.-D. (1973), S. 12. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 78 Entsprechend der aufgezeigten Vorgehensweise sind Profit Center „funktional oder divisional organisierte Teilbereiche einer Unternehmung, auf deren Leitung die Unternehmungsführung die Verantwortung für einen zu erzielenden Gewinn delegiert.“53 Im Folgenden werden die Unter- schiede beider Organisationsformen mit Bezug zur Profit Center-Konzeption erörtert. 4.1.3.1 Funktionale Ausgestaltung der Organisation Der wesentliche Schwerpunkt der funktionalen Profit Center-Organisation besteht in der Ab- grenzung der einzelnen Funktionsbereiche. Zum einen sind hierbei die Ermittlung eines verantwortungsgerechten Funktionsgewinns und zum anderen die mit der Aufgabenerfüllung und Gewinnverantwortung kongruente Delegation von Entscheidungsbefugnissen verbunden. 4.1.3.1.1 Ermittlung des Funktionsgewinns Die einzelnen Abteilungen stehen bei einer funktionalen Aufbauorganisation in einem engen Zusammenhang zueinander. Durch diese gegenseitigen Abhängigkeiten entsteht das Problem der jeweiligen Gewinnermittlung. Eine leistungsgerechte Bewertung der Güter und Dienstleistungen der einzelnen Funktionen ist nicht verursachungsgerecht durchführbar. Zudem haben die Center keinen freien Zugang zum Beschaffungs- und Absatzmarkt, so dass die Güter und Leistungen nicht direkt zu Marktpreisen bewertet werden können. Derzeitige Lösungsansätze in der Praxis bestehen in dem Versuch der Erfolgsspaltung oder der Bildung von Verrechnungspreisen. Die Erfolgsspaltung versucht den Gesamterfolg des Unternehmens in Teilerfolge der Funktionen zu zerlegen. Hierbei bestehen jedoch erhebliche Schwierigkeiten in der verursachungsgerechten Gewinnzurechnung, da eine exakte Trennung zwischen den Außen-54 und Inneneinflüssen, wie Planung und Realisation von Aufgaben innerhalb der Funktion, nicht durchführbar ist. Eine ech- te Erfolgsspaltung ist damit nicht praktikabel. Das Messen der Zielerreichung der Bereiche ist zudem ausschließlich anhand quantitativer oder qualitativer Maßstäbe55 umsetzbar.56 Die Bil- dung funktionaler Profit Center als Responsibility Center ist unter diesem Aspekt nicht möglich. Die Bildung eines Profit Centers im Sinne eines Cost bzw. Expense Centers bedarf der Einbezie- hung einer leistungsgerechten Erlösseite. Dieses kann erreicht werden, wenn Verrechnungspreise für funktionsüberschreitende Lieferungen und Leistungen bestimmt werden. In diesem Fall ist 53 Menz, W.-D. (1973), S. 12. 54 Einflüsse des Marktes und anderer Abteilungen. 55 Wie bspw. mengenmäßiger Ausstoß, Kosten- und Ausgabenhöhe, Deckungsbeitrag und/oder Produktions- qualität. 56 Vgl. Hasenack, W. (1954), S. 276ff.; vgl. Nowak, P. (1954), S. 75f.; vgl. Wille, F. (1970), S. 69f. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 79 die funktionale Profit Center-Konzeption mit der Schmalenbach`schen pretialen Betriebslenkung identisch.57 Diese zielt darauf ab den Preismechanismus der freien Marktwirtschaft für eine gewinnoptimale Steuerung des innerbetrieblichen Güter- und Leistungsstroms zu nutzen. Der resultierende Abteilungsgewinn ist damit das entscheidende Leistungskriterium. Eine entspre- chende Preisbildung bedarf jedoch marktfähige Güter und Märkte. Die Funktionsfähigkeit eines innerbetrieblichen Marktes ist jedoch grundsätzlich nicht gegeben, da die Leistungserstellung der meisten Abteilungen nicht marktfähig ist. Ein echter Marktpreis setzt zudem eine Mindest- anzahl von Anbietern und Nachfragern voraus. Meist tritt jedoch innerhalb des Unternehmens nur eine Abteilung als Anbieter oder Nachfrager auf. Durch ein monopolistisches Preisverhalten einzelner Abteilungen kann deshalb eine gesamtunternehmensschädliche Suboptimierung erfol- gen. Dies ist der Fall, wenn der ausgehandelte Verrechnungspreis nicht den in dieser Entschei- dungssituation unternehmensgewinnoptimalen Grenzkosten entspricht.58 Von der Unterneh- mensleitung sind deshalb Betriebspreise zentral festzulegen. Sie haben den objektiven Tausch- wert der zwischen den Abteilungen zu transferierenden Güter und Leistungen zu verkörpern. D.h. als Verrechnungspreise sind bei ungehemmter Beschaffung, Produktion oder Verwendung von Gütern die Grenzkosten, bei Kapazitätsengpässen der Grenznutzen anzusetzen.59 Werden die Verrechnungspreise jedoch nicht durch einen vollkommenen Markt determiniert und wird andererseits der Abteilungsleitung jegliche Beeinflussbarkeit des Gewinns durch die Erlösseite genommen, so kann nicht von einem Profit Center im Sinne eines Responsibility Centers gesprochen werden. Die Centerleistung wird nicht über Kosten und Erlöse sondern durch die Einhaltung von Soll- und Ist-Kosten gemessen. Die funktionale Profit Center Kon- zeption realisiert damit keine Gewinne sondern Kostenersparnisse.60 4.1.3.1.2 Delegation von Entscheidungsbefugnissen Die gewinnverantwortungsbegründende Delegation von Entscheidungsbefugnissen der Unter- nehmensführung auf die Leitung des einzelnen Centers ist Voraussetzung für die notwendige Kongruenz von Aufgaben, Kompetenz und Verantwortung.61 Aufgrund der gegenseitigen Ab- hängigkeit der einzelnen Funktionen in der Aufbauorganisation und einer Zentralisation der wichtigsten gewinndeterminierenden Entscheidungen auf der Ebene der Unternehmensführung,62 ist diese Kongruenz jedoch meist nicht gegeben. Die Befugnisse der Abteilungsleitung sind 57 Vgl. Schmalebach, E. (1948), S. 8. 58 Vgl. Schneider, D. (1967), S. 276. 59 Vgl. Schmalenbach, E. (1963), S. 151. 60 Vgl. Grodon, M. J. (1966), S. 1. 61 Vgl. Heinen, E. (1968a), S. 166. 62 Eine Entscheidung über das Produktionsprogramm erfolgt so meistens zentral durch die Unternehmensführung. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 80 somit grundsätzlich auf nachgeordnete und abteilungsbezogene Entscheidungen, in der Regel die jeweiligen centerspezifischen Kosten, reduziert. Damit wird einer wichtigen Voraussetzung der Profit Center-Konzeption nicht umfassend entsprochen. 4.1.3.1.3 Ausgliederung einzelner Funktionen Funktionale Profit Center können auch über eine Ausgliederung einzelner Funktionen gebildet werden. Auf diesem Wege sollen marktfähige Leistungen erbracht werden, indem ein Marktpreis zur Bestimmung der Erlösseite ermittelt wird.63 Ergänzend zu den organisationstheoretischen Vorteilen der Profit Center-Führung lassen sich auf diese Weise sowohl weitere Diversi- fikations- und Wachstumsmöglichkeiten, als auch Möglichkeiten zur Beseitigung bestehender Unterbeschäftigungen erschließen. Dieser Strategie folgend werden häufig Einkaufs-, Personal- und Absatzfunktionen inklusive der zugehörigen Nebenfunktionen als Profit Center geführt. Die Centerleistungen können damit zum einen an die Holding, als auch zum anderen an dritte Gesellschaften veräußert werden. Einzelne funktionale Profit Center treten somit nach außen hin selbständig auf, wobei die Muttergesellschaft die weiteren Funktionen beibehält sowie koordinierend tätig wird und Kapital bereitstellt.64 Der Güter- und Leistungsaustausch zwischen Profit Center und Muttergesellschaft wird unter vergleichbaren Bedingungen wie zu fremden Unternehmen ausgestaltet. Eine umfassende Delegation von Entscheidungsbefugnissen sowie die Funktionsfähigkeit des Marktes der erzeugten Güter und Leistungen löst die Problematik der verantwortungsgerechten Gewinnbestimmung. Den Anforderungskriterien an ein Profit Center wird damit entsprochen.65 Zusammenfassend ist festzustellen, dass funktionale Profit Center den aufgeführten Beurtei- lungskriterien einer Profit Center-Konzeption grundsätzlich nicht gerecht werden. Dieses be- gründet sich darin, dass keine operationelle Unabhängigkeit zwischen den einzelnen Funktionen besteht und ein freier Zugang zu Bezugs- und Absatzmärkten nicht vorhanden ist. Damit kann von einer Funktionsfähigkeit des innerbetrieblichen Marktes in der Regel nicht ausgegangen werden. Letztendlich besteht keine verursachungsgerechte Zurechenbarkeit zwischen Kosten und Erlösen aufgrund mangelnder Kongruenz von Aufgabe, Kompetenz und Gewinnverantwor- tung. Dies begründet, warum in der Praxis keine funktionalen Profit Center-Konzeptionen vor- zufinden sind. Diese Center können bestenfalls als Accounting Entities bezeichnet werden.66 63 Vgl. Hanan, M. (1969), S. 55ff. 64 Die bereits dargestellten Divisionen in Abbildung 14 auf Seite 77 entsprechen diesen Profit Centern. 65 In Bezug auf praktische Beispiele vgl. Hanan, M. (1969), S. 64. 66 Vgl. Kosiol, E. (1959), S. 52. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 81 4.1.3.2 Divisionale Ausgestaltung der Organisation Bei der divisionalen Organisation sind die Divisionen durch eine Zentralisation des Aufgaben- elementes „Objekt“ gekennzeichnet. Die Produkte, Produktgruppen oder nach unterschiedlichen Kriterien abgegrenzte Märkte bilden die Objekte der Zentralisation. Durch die Divisionali- sierung entstehen kleine Quasi-Unternehmen, welche mit allen notwendigen Grundfunktionen ausgestattet sind.67 Die divisionale Profit Center-Konzeption entsteht jedoch erst durch eine Dezentralisation von Entscheidungen und damit verbundenen Delegationsinhalten. Dezentralisation von Entschei- dungen bedeutet eine Verteilung von Entscheidungsaufgaben auf unterschiedliche Organisa- tionseinheiten.68 Die Unternehmensführung hat auf die nachgeordneten Instanzen, die Divisio- nen, die für die spezifische Aufgabenerfüllung notwendigen Rechte und Befugnisse zu übertragen, wenn die Divisionsleitung für die Erzielung eines Gewinns verantwortlich gemacht werden soll. Zudem entsteht im Gegenzug eine Verpflichtung zur Erfüllung dieser Aufgaben innerhalb festgesetzter Normen. Für die divisionale Profit Center-Konzeption sind damit drei wesentliche Voraussetzungen zu schaffen, welche in den nachfolgenden Abschnitten kurz vor- gestellt und thematisiert werden. Die Objektzentralisation, die Verrichtungsdezentralisation und die Entscheidungsdezentralisation. 4.1.3.2.1 Objektzentralisation Produkt- bzw. Produktgruppen sowie regional oder nach Kundengruppen abgegrenzte Märkte stellen die wesentlichen Strukturierungsmöglichkeiten der divisionalen Aufbauorganisation dar. Produktorientierte Divisionen sind die häufigste Form der Profit Center. Der Schwerpunkt der organisatorischen Ausrichtung besteht bei der Objektzentralisation in der Dienstleistung oder dem entsprechenden Produkt. Das Unternehmen hat jedoch über eine Mindestkomplexität zu verfügen, da sich die Produkte technologisch oder marktspezifisch unterscheiden sollten.69 Die Objektzentralisation ist daher nur in Mehrproduktunternehmen anwendbar, in denen die Erzeug- nisse weder beschaffungs-, produktions- noch absatzseitige Abhängigkeiten aufweisen. Mit dem Fokus auf regionale Absatzmärkte werden regional orientierte Profit Center gebildet. Die Abgrenzbarkeit des jeweiligen Absatzmarktes ist hierbei Voraussetzung. Das wesentliche Ziel besteht darin, der Bedarfsstruktur des Absatzmarktes sowie der Produkteigenschaft best- möglich gerecht zu werden. Im ersten Fall wird versucht, regional unterschiedlichen Käuferwün- 67 Vgl. Gälweiler, A. (1971), S. 55. 68 Vgl. Heinen, E. (1968a), S. 166. 69 Vgl. Haiman, T. (1962), S. 161. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 82 schen durch Produktvariationen etc. gerecht zu werden. Im zweiten Fall ist es u.U. notwendig, Transportwege durch eine Verlegung der Produktionsstätten in das Absatzgebiet zu verkürzen, um die Qualität eines leicht verderblichen Produktes aufrechtzuerhalten.70 Kundenorientierte Profit Center stellen die Bedürfnisse von Käufergruppen in den Vordergrund der organisatorischen Ausrichtung. Die einzelnen Center unterhalten bestimmte Geschäfts- beziehungen zu Auftraggebern aus vergleichbaren Bereichen. Beispiele sind der Investitions- güterbereich, Rüstung, Raumfahrt sowie der Konsumgüterbereich.71 4.1.3.2.2 Verrichtungsdezentralisation Aus der Verantwortung für einen zu erzielenden Gewinn resultiert die Notwendigkeit der Verrichtungsdezentralisation für die einzelnen Divisionen. Dies erfordert eine weitgehende Ein- beziehung der für die Führung des laufenden Geschäftes wesentlichen Grundfunktionen. Die konkrete Ausstattung unterliegt jedoch keinen allgemeinen Regeln. In Abhängigkeit von der Objektzentralisation und Branchenzugehörigkeit bestehen für die Quasi-Unternehmen in dem Unternehmen unterschiedliche Variationen und Gestaltungsmöglichkeiten. Regionale Profit Cen- ter umfassen andere Funktionen als produktorientierte Center. Sogar für die so genannten allgemeingültigen Kernfunktionen wie Beschaffung, Produktion, Absatz sowie Forschung und Entwicklung kann von unterschiedlichen Gestaltungsformen ausgegangen werden.72 Ein wesentliches Merkmal der divisionalen Profit Center-Konzeption besteht in der Möglichkeit der verschiedenartigen, unternehmensindividuellen Behandlung und Aufspaltung einzelner Funktionen. Die entscheidenden Kriterien für eine Strukturierung der Aufbauorganisation sollten demnach die Ergebnisse von Kosten-Nutzen-Analysen bzw. Wirtschaftlichkeitsrechnungen in Bezug auf das Gesamtunternehmen bilden. Die Zentralisation von bestimmten Funktionen, wie Beschaffung oder Forschung und Entwicklung, kann unter Umständen kostengünstiger gemein- sam von mehreren Profit Centern in Anspruch genommen werden.73 4.1.3.2.3 Entscheidungsdezentralisation Die wichtigste Komponente in der Profit Center-Konzeption besteht in der Delegation von Entscheidungsbefugnissen.74 Der Grad der Entscheidungsdezentralisation gibt den Ausschlag darüber, ob die Divisionsleitung mit den notwendigen Entscheidungsbefugnissen ausgestattet ist, 70 Vgl. Richards, M. D., u.a. (1966), S. 219f. 71 Vgl. Stieglitz, H., u.a. (1965), S. 4. 72 Vgl. Caswell, C. (1959), S. 165. 73 Die Verrichtungsdezentralisation steht damit im engen Zusammenhang zur Konstituierung von Service Centern. 74 Vgl. Heinen, E. (1968a), S. 166. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 83 um von einem „echten Profit Center“ sprechen zu können. Anderenfalls kann das so genannte Profit Center nicht als Responsibility Center sondern nur als Accounting Entity fungieren.75 Im Vergleich zur funktionalen Aufbauorganisation bietet die divisionale Aufbauorganisation die besseren Voraussetzungen zur Delegation von Entscheidungsbefugnissen als Voraussetzung zur Gewinnverantwortung, da die für die Division charakteristische Verrichtungsdezentralisation eine wesentliche Grundlage für eine alle Funktionen umfassende Dezentralisation von Entschei- dungen schafft. Entscheidungen sind nicht an eine Funktion geknüpft, sondern können auf alle den Gewinn beeinflussenden Faktoren erweitert werden. Dem Grundsatz der Kongruenz von Aufgabe, Kompetenz und Gewinnverantwortung wird auf diese Weise umfassend Rechnung getragen. Zudem ist die Aufspaltung des Gewinnziels des Gesamtunternehmens in operationale Sub-Gewinnziele der Division als eine Grundlage zur Führung der Profit Center gegeben.76 Das Ausmaß der Entscheidungsdezentralisation wird im Wesentlichen vom Vertrauen zwischen Unternehmensführung und der Profit Center-Leitung sowie von der Effizienz eines zu installie- renden Planungs-, Entscheidungs- und Kontrollsystems bestimmt. Der Informationsaustausch zwischen der Unternehmensführung und der Centerleitung ist von wesentlicher Bedeutung. Der maßgebliche Einfluss auf die Entscheidungsdezentralisation wird durch den Wirkungsgrad der Entscheidungen bestimmt.77 Hiernach haben Entscheidungen, welche die langfristige Entwicklung des Gesamtunternehmens beeinflussen oder die Aktivitäten eines weiteren Profit Centers, zentral bei der Unternehmensleitung zu verbleiben. Eine detaillierte Gliederung dieser Bereiche ist aufgrund der Vielfältigkeit der diesbezüglichen Entscheidungen nicht sinnvoll. Einige nicht delegierbare Entscheidungskomplexe werden nachfolgend aufgeführt:78 • Gesamtunternehmerische Investitions- und Desinvestitionsentscheidungen; • Entscheidungen, welche die Beziehungen zwischen den Profit Centern betreffen; • Personalentscheidungen der Profit Center-Leitung; • Entscheidungen zur Organisationsstruktur des Gesamtunternehmens; • Entscheidungen mit einheitlicher Öffentlichkeitswirkung für das Gesamtunternehmen; • Kontrollentscheidungen in Bezug auf formale und materielle Anforderungen. 75 Vgl. Kapitel 4.1.2.2. 76 Vgl. Zannetos, Z. S. (1965), S. 57. 77 Vgl. Stieglitz, H., u.a. (1965), S. 10. 78 Vgl. Schmidt-Sudhoff., U. V. (1969), S. 432. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 84 Delegierbare Entscheidungen sind grundsätzlich kurzfristiger Natur und beziehen sich auf funk- tionale Entscheidungskomplexe:79 • Absatz: Prioritäten bei der Produktförderung, Preispolitik, Werbemaßnahmen, Ver- kaufsförderungsmaßnahmen. • Produktion: Wahl des Fertigungsverfahrens, Maschinenbelegungsplan, Material- bedarfsplanung, Lagerhaltung für Rohstoffe, Halb- und Fertigfabrikate. • Einkauf: Festlegung der Einkaufsmengen, Wahl und Zusammensetzung der Roh- materialien. • Personal: Personaleinstellungen, Vergütung. • Finanzierung: Kredit- und Inkassopolitik. Im Ergebnis wird deutlich, dass bei der divisionalen Organisationsform die innerhalb der Unter- nehmenspolitik formulierten strategischen Entscheidungen grundsätzlich bei der Unternehmens- führung verbleiben, wohingegen die operativen Entscheidungen an die Profit Center-Leitung delegiert werden. Das laufende Geschäft der Profit Center kann auf diese Weise autonom erfol- gen. Insgesamt ist jedoch darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Komplexität des Gesamtunter- nehmens für deren langfristigen Bestand die kooperative Entscheidungsfindung zwischen Unternehmensführung und Profit Center-Leitung eine notwendige Voraussetzung ist. Grund- sätzlich sind hiervon strategische, die Profit Center tangierende Entscheidungen betroffen. Für die divisionale Organisation sind zwischen den drei determinierenden Komponenten (Objektzentralisation, Verrichtungs- und Entscheidungsdezentralisation) eine Vielzahl von Kom- binationen und damit praktisch auftretenden Formen divisionaler Profit Center-Konzeptionen vorstellbar. Sämtliche Gestaltungsformen können jedoch aufgrund der zur eigenverantwortlichen Gewinnerzielung notwendigen Verrichtungs- und Entscheidungsdezentralisation als weitgehend wirtschaftlich selbständig betrachtet werden. Die Nichtdelegierbarkeit bestimmter Entschei- dungskomplexe ist jedoch stets existent, da keine vollkommen unabhängige Selbständigkeit besteht, sondern eine Einbettung in ein Gesamtunternehmen vorhanden ist.80 Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für die Bildung eines Profit Centers als Responsibility Center durch die divisionale Aufbauorganisation erfüllt werden. Dem Ideal der Kongruenz von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung für einen zu erzielenden 79 Vgl. Menz, W.-D. (1973), S. 34. 80 Vgl. Stieglitz, H., u.a. (1965), S. 39. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 85 Gewinn wird vollständig Rechnung getragen. Die Center sind entsprechend gegliedert, so dass sie operationell unabhängig sind; durch Ausstattung mit unternehmerischen Grundfunktionen freier Zugang zum Absatz- und Bezugsmarkt als wesentliche Voraussetzung zur Ermittlung leistungsgerechter Verrechungspreise besteht; über eine wirtschaftliche Selbständigkeit eine verursachungsgerechte Zuordnung von Kosten und Erlösen möglich ist sowie eine ausreichende Größe für eine wirtschaftliche Leitung existiert. In der Praxis sind aus den aufgezeigten Gründen ausschließlich divisionale Profit Center vorzu- finden. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wird in Anlehnung an Menz ein weiterer Definitionsversuch zum Profit Center unternommen. Profit Center i.e.S. sind demnach produkt-, regional- oder kundenorientierte dezentrale unternehmerische Divisionen, welche über kongru- ente Gewinnverantwortungs- und Entscheidungsbefugnisse verfügen.81 Im weiteren Sinne können damit zudem ausgegliederte und verselbständigte Funktionsbereiche sowie regionale Verkaufsniederlassungen als Profit Center bezeichnet werden. Die entsprechende Leitung des jeweiligen Centers hat jedoch stets über die für die spezifische Gewinnverantwortung not- wendigen Entscheidungsbefugnisse zu verfügen. 4.1.4 Zielsetzung des Steuerungsmodells Wird das Profit Center als Responsibility Center verstanden, so beschränkt sich die Betrachtung nicht auf Erfolgsträger der Produkt- oder Dienstleistung. Die Betrachtung wird in diesem Fall um den Beitrag einer organisatorischen Einheit zum Gesamtergebnis erweitert. Die mit der Profit Center-Konzeption verfolgte grundsätzliche Zielsetzung besteht in der Vereinfachung des Koor- dinationsproblems durch bewusste Inkaufnahme von Autonomiekosten.82 Über eine Delegation von Entscheidungsbefugnissen zur Erzielung eines Gewinns soll die Gesamtleistungsfähigkeit eines dezentral nach Profit Centern geführten Unternehmens größer sein, als die eines zentral nach Cost Centern geführten Unternehmens.83 Die Förderung des Gewinnbewusstseins auf unterschiedlichen Führungsebenen ist ein weiterer organisationstheoretischer Vorteil der Konzeption. Die Centerführung soll über einen vorzu- gebenden Gewinn die Voraussetzung für ein konsistentes, auf das Hauptziel eines marktwirt- schaftlichen Unternehmens ausgerichtetes Handeln ermöglichen. Die Steuerung über den Gewinnbeitrag der einzelnen Organisationseinheiten soll im Vergleich zur Führung über funktionale Teilziele einen höheren Gewinn für das Gesamtunternehmen realisieren. Der 81 Vgl. Menz, W.-D. (1973), S. 42. 82 Vgl. Welge, M. (1975a), S. 7ff. 83 Vgl. Henderson, D. B., u.a. (1966), S. 145. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 86 Gewinn erfüllt als Maßstab für ein leistungsorientiertes Handeln eine bessere Funktion, da funktionale Teilziele oft schwierig zu setzen bzw. zu messen sind und nicht immer in einer Mittel-Zweck-Beziehung zum Gewinnziel stehen.84 Das Funktionsspezialistentum wird zugun- sten eines unternehmerischen, gewinnorientierten Denkens auf der Ebene der Profit Center- Leitung in die unteren Ebenen innerhalb des Profit Centers verdrängt. Die umfangreiche Ausstat- tung der Profit Center-Leitung mit Entscheidungsbefugnissen erhöht zudem die Motivation und Risikobereitschaft deren Mitarbeiter. Ein weiterer organisationstheoretischer Vorteil der Profit Center besteht in einer Aufteilung des Gesamtunternehmens in verselbständigte Organisationseinheiten. Entscheidungen können somit grundsätzlich dort getroffen werden, wo auch die Handlungen vollzogen werden. Lange Infor- mationswege bis hin zur Unternehmensführung werden auf diese Weise vermieden und die Steu- erungskomplexität wird reduziert.85 Die Unternehmensführung wird weitestgehend vom tägli- chen Geschäftsablauf entlastet und kann sich auf die Führung als Ganzes konzentrieren. Gleich- zeitig erhöht sich die Flexibilität des Gesamtunternehmens durch eine schnellere Reaktions- und Anpassungsfähigkeit der dezentralen Profit Center an veränderte Umweltbedingungen.86 Divisionale Profit Center sind nach den Bedürfnissen des Marktes konzipiert. Die Tätigkeiten der Funktionen innerhalb der Profit Center sind demnach stärker spezialisiert und können im Gegensatz zur funktionalen Aufbauorganisation, bei der die Koordination und Abstimmung aller Erfolgsträger über die Unternehmensleitung erfolgt, marktbezogen koordiniert werden.87 Der durchsetzungsorientierte Aspekt der Zielvorgabe wird in diesem Zusammenhang um die Zielfor- mulierung erweitert. Da eine Orientierung der Führungskräfte der Profit Center bei der divisio- nalen Organisation auf eine überschaubare Anzahl von Produkten, Märkten, Kunden und ein spezifisches Rechnungs- und Informationswesen begrenzt ist, wird bei dieser Steuerungsform eine gute Voraussetzung für die Formulierung marktbezogener Strategien, als Grundlage für die langfristige Gesamtunternehmensplanung, geschaffen. Die divisionale Ausrichtung trägt zudem dazu bei, die Motivation der Mitarbeiter zu erhöhen, da die Bedeutung der eigenen Arbeit in einem größeren Zusammenhang besser erkennbar wird. Eine Identifikation mit einem End- produkt oder einer spezifischen Dienstleistung wird zusätzlich begünstigt. Das Profit Center weist somit auch eine psychologische Komponente auf.88 84 Vgl. Drucker, P. (1964), S. 255. 85 Vgl. die Ausführungen zur Komplexitätsreduktion in Kapitel 7.1.3.2. 86 „ [...] decentralisation aims to recreate in the large organization the conditions that give life and flexibility to the small company without sacrificing the advantages of size, diversification of risk, centralized financing and advi- sory functions of management.“ Shillinglaw, G. (1961), S. 684. 87 Vgl. Heinen, E. (1968b), S. 353. 88 Vgl. Eisnführ, F. (1970), S. 733. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 87 Ein wesentlicher Nachteil der Profit Center-Konzeption besteht jedoch darin, dass die Konzep- tion keine homöostatischen Eigenschaften in der Weise besitzt, dass durch einen natürlichen selbstregulierenden Mechanismus die einzelnen Profit Center zu einem einheitlichen Ganzen integriert werden.89 Zudem ist es möglich, dass aufgrund der pluralistischen Zielsetzung des Unternehmens einerseits und der aus den zwischen einzelnen Profit Centern möglichen (Kon- kurrenz-)Beziehungen andererseits Faktoren entstehen, welche das Gesamtkonzept gefährden. So ist es denkbar, dass divisionale Ziele, welche nicht in Einklang mit dem unternehmerischen Gesamtzielsystem stehen, von der Centerleitung angestrebt werden. Eine optimale Zielerrei- chung des Gesamtunternehmens durch alle Center wird auf diese Weise gefährdet. Zudem ist es möglich, dass die Verrechnungspreise zwischen den Centern nicht gewinnoptimal i.S.d. Gesamtunternehmens geregelt sind. Des Weiteren kann eine Leistungserstellung innerhalb einzelner Funktionsbereiche verschiedener Profit Center ungenügend koordiniert sein. Synergie- effekte durch gemeinsame Beschaffung oder Forschung und Entwicklung könnten im Ergebnis nicht realisiert werden. Es ist deshalb darauf zu achten, dass die Profit Center nicht isoliert nebeneinander stehen, sondern als integrierte Organisationseinheiten betrachtet werden. Gegen- seitige Synergiemöglichkeiten sind auszuschöpfen und ein optimaler Beitrag zu Gesamtziel- erreichung des Unternehmens ist zu leisten. Es resultiert die Notwendigkeit der gesteuerten und ganzheitlichen Profit Center-Führung durch die Unternehmensleitung. 4.1.5 Führung der Profit Center-Konzeption Unter Führung wird in diesem Zusammenhang die Gesamtheit der Institutionen, Tätigkeiten und Instrumente verstanden, welche der Willensbildung und Willensdurchsetzung zur Umsetzung der Profit Center-Konzeption dient.90 Die Willensbildung setzt sich aus der Entscheidungsvor- bereitung (Planung) und der Entscheidung zusammen. Anordnung und Kontrolle sind dagegen Elemente der Willensdurchsetzung. Die konstitutiven Elemente der Führung werden durch die Planung, Entscheidung, Anordnung und Kontrolle dargestellt.91 Die Besonderheit der Führung der Profit Center besteht darin, diese so zu führen, dass deren Leitung einerseits die Interessen des Unternehmens als Einheit bewahrt, andererseits die Unter- nehmensführung jedoch möglichst wenig in den Kompetenzbereich der Profit Center-Leitung eingreift, um die Vorteile der Delegation von Gewinnverantwortung weitgehend auszuschöpfen. Die Beziehungen zwischen Unternehmensführung und Profit Center-Leitungen sollten durch 89 Vgl. Dinkelbach, W. (1962), S. 739. Vgl. auch Kapiel 6.2.3 und Kapitel 6.3.2. 90 In diesem Zusammenhang wird in Anlehnung an die Ausführungen im Kapitel 3.1 nicht von der Unternehmens- steuerung sondern von der Unternehmensführung gesprochen, da an dieser Stelle die personelle Funktion im Vordergrund der Betrachtung steht. 91 Vgl. Rühli, E. (1971), S. 10. An dieser Stelle dominiert die instrumentale Betrachtung; vgl. Kapitel 3.1.3. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 88 eine spezifische Systematik geregelt werden. Die Aufgabe der Unternehmensführung besteht in erster Linie darin, aus den einzelnen Profit Centern eine starke Einheit zu bilden. Hierzu ist es notwendig, langfristige und daraus abgeleitete mittel- und kurzfristige Ziele zu entwickeln. Zu- dem bedarf es einer effizienten und effektiven Kontrolle der Zielerreichung.92 4.1.5.1 Organisation der Profit Center-Führung Die Führungsorganisation der Profit Center-Konzeption untergliedert sich in die spezifischen Führungsebenen sowie in die so genannten Service Center als weitere, unterstützende Organisa- tionseinheiten. Beide Formen werden in der Folge erläutert und beispielhaft vorgestellt. 4.1.5.1.1 Führungsebenen als organisatorische Schnittstellen Die Führungsebenen als organisatorische Einheiten besitzen eine doppelte Bindung im Linien- system, da sie als Schnittstelle zwischen der Unternehmensführung und der jeweiligen Center- leitung fungieren. Die Aufgabeninhalte der Führungsebenen oder Instanzen bestehen überwie- gend in Führungsaufgaben, welche durch die unterschiedlichen Divisionen und die Delegation von Entscheidungsbefugnissen entstehen.93 Die oberste Instanz ist die Unternehmensführung. Sie nimmt die Aufgabe der Führung des Unternehmens als Ganzes wahr. Unterhalb der Unter- nehmensführung befindet sich die Divisionale Führung (Operating Exekutives). Diese zweite Ebene besteht je nach dem Grad der Objektzentralisation aus der eigentlichen Profit Center- Leitung oder aus der Profit Center-Gruppenleitung, falls gleiche Center zusammengefasst sind. Untergeordnet ist im zweiten Fall die eigentliche Profit Center-Leitung, der sich weitere Führungsebenen innerhalb des Centers unterordnen. Unternehmensführung Profit Center-Leitung Division A ... Ei nk au f Fe rt ig un g Profit Center-Leitung Division B ... Ve rt ri eb Fo rs ch un g & E nt w ic kl un g Ei nk au f Fe rt ig un g Ve rt ri eb Fo rs ch un g & E nt w ic kl un g Abbildung 15: Führungsebenen der divisionalen Profit Center-Konzeption94 92 Vgl. Menz, W.-D. (1973), S. 51. 93 Vgl. Gaugler, F. (1966), S. 33. 94 Abbildung in Anlehnung an Menz, W.-D. (1973), S. 51. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 89 Im Gegensatz zur funktionalen Ausrichtung weist die Organisation bei der divisionalen Ausrich- tung die Profit Center-Leitung der jeweiligen Division als eine zusätzliche Organisationseinheit aus. Diese ist einerseits der Unternehmensführung unter- und andererseits den divisionalen Abteilungsleitern übergeordnet (vgl. obige Abbildung 15). 4.1.5.1.2 Service Center zur fachlichen Entlastung der Unternehmensführung Service Center sind nach dem Cost Center-Prinzip organisierte Verantwortungsbereiche, deren Leitung ranggleich mit den Profit Center-Leitungen der Unternehmensführung direkt unterstellt ist. Im Gegensatz zur Unternehmensführung und zur Profit Center-Leitung nehmen die Service Center Stabsaufgaben war, d.h. sie wirken beratend in allen Entscheidungen, welche die Profit Center aus ökonomischen oder unternehmenspolitischen Gründen nicht eigenständig durch- führen. Zudem wirken sie zwischen den Profit Centern koordinierend.95 Service Center haben die Aufgabe, nachhaltige Effizienz für das Gesamtunternehmen sicherzu- stellen. Die grundsätzliche Zielsetzung ihrer Bildung besteht damit in der • Realisierung von Kostenersparnissen bei der Zentralisation von Dienstleistungen; • Realisierung günstiger Kosten-Nutzen-Relationen für mehrere Profit Center durch die Zusammenfassung einzelner Grundfunktionen einzelnen Center, • Wahrnehmung der mit dem Unternehmen als Einheit verbundenen Aufgaben.96 Service Center können rein funktionelle Aufgaben zur Entlastung der Unternehmensführung wahrnehmen oder sich auf Grundfunktionen beschränken. Unter erstgenannten Aufgaben werden Planung, Organisation oder Kontrolle verstanden. Letztgenannte Bereiche, die Grundfunktionen, sind der Einkauf oder Personal. In diesem Zusammenhang werden sogar Führungsteilfunktionen, wie die Personalplanung oder die Vertriebskontrolle wahrgenommen.97 Die Gestaltungsmöglich- keiten der Service Center bewegen sich grundsätzlich zwischen der Möglichkeit der Stabsstelle einerseits und einer Zentralabteilung andererseits. Eine Stabsstelle besitzt gegenüber der ihr zu- geordneten Linie keine Weisungs- und Anordnungs- sondern nur Empfehlungs- und Beratungs- befugnisse.98 Die Zentralabteilung hingegen besitzt ein funktionales Weisungsrecht gegenüber dem Profit Center. Diese Form der Service Center wird in der Literatur als die effizienteste Führungsorganisation der Profit Center-Konzeption bezeichnet.99 95 Vgl. Berger, K.-H. (1968), S. 144. 96 Vgl. Gälweiler, A. (1971), S. 62. 97 Auf Basis einer Untersuchung amerikanischer Unternehmen ergab sich, dass Service Center grundsätzlich für die Grundfunktionen Finanzierung, Recht und Personal gebildet werden. Zudem bestehen weitere Center für die Funktionen Einkauf, Public Relation, Marketing, Forschung und Entwicklung als auch Planung und Kontrolle; vgl. Stieglitz, H., Janger, R. A. (1965), S. 13. 98 Vgl. Höhn, R. (1961), S. 1. 99 Vgl. Mellerowicz, K. (1963), S. 186; vgl. Altfeder, K. (1965), S. 137 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 90 Eine Zentralabteilung setzt sich aus einer zentralen und einer divisionalen Einheit zusammen. Die zentrale Einheit ist mit der Leitung des Profit Centers auf der zweiten Führungsebene gleich- gestellt. Das Weisungsrecht der zentralen Einheit bezieht sich in der Regel auf funktionale Tätig- keiten innerhalb des bzw. der Center. Die nach einer Zentralabteilung organisierten Funktionen sind demnach fachlich der entsprechenden zentralen Einheit unterstellt, während sie personell disziplinarisch der Profit Center-Leitung zugeordnet sind.100 Der Gesamtzusammenhang wird aus der nachfolgenden Abbildung 16 deutlich. Unternehmensführung Profit Center A Ei nk au f Fo rs ch un g & En tw ic kl un g Ve rtr ie b Fe rti gu ng Profit Center B Ei nk au f Fo rs ch un g & En tw ic kl un g Ve rtr ie b Fe rti gu ng Zentralabteilung Einkauf Zentralabteilung F & E Abbildung 16: Service Center in der divisionalen Profit Center-Konzeption101 Der bestehende Grundsatz der Kongruenz von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung der Profit Center Leitung als auch der Grundsatz der Einheitlichkeit der Auftragserteilung wird hiermit teilweise durchbrochen. Die funktionale Autorität begrenzt die Linienautorität der Profit Center-Leitung. Die Gewinnverantwortung kann somit nicht immer verursachungsgerecht fest- gestellt werden, da Abgrenzungsprobleme bei der Zurechnung des beeinflussbaren Ergebnisses und Kompetenzstreitigkeiten zwischen Profit- und Service Center-Leitung auftreten können. Die kooperative Zusammenarbeit mit dem Gesamtunternehmensfokus ist daher unerlässlich. Grundsätzlich liefert diese Organisationsform jedoch den entscheidenden Vorteil der fachlichen Entlastung der Unternehmensführung und ermöglicht gleichzeitig eine auf die Unternehmens- einheit gerichtete funktionale Führung der Profit Center. Die Schaffung eines harmonischen Gleichgewichtes bedingt jedoch eine sparsame Verleihung funktionaler Autoritäten. Diese sollte nur dort vom Profit Center übertragen werden, wo es absolut notwendig erscheint.102 100 Vgl. Altfeder, K. (1965), S. 137. 101 Abbildung in Anlehnung an Menz, W.-D. (1973), S. 57. 102 Vgl. Berger, K.-H. (1968), S. 147. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 91 4.1.5.2 Planung der Profit Center-Konzeption Unter der Planung ist im Allgemeinen die Entscheidungsvorbereitung zu verstehen.103 Entschei- dungen104 sollten so getroffen werden, dass das eigentliche Gesamtziel einer Organisation best- möglich zu erreichen ist. Grundsätzlich resultieren sämtliche Entscheidungstatbestände zum einen aus dem für das Gesamtunternehmen festgelegten Zielen und Richtlinien sowie zum an- deren aus den Interdependenzen zwischen der bei der Unternehmensführung zentralisierten Funktion der Finanzierung und den Investitionsprogrammen der Center. Ein Großteil der Ent- scheidungen resultiert zudem aus der Gestaltung der Beziehungen zwischen den Profit Centern in Bezug auf die gegenseitige absatz- und kostenseitige Verbundenheit. Entscheidungen beruhen zudem auf der Festlegung der internen Verrechnungspreise zwischen den Centern. Aus materieller Sicht wird in der Planung die Unternehmenspolitik für das Gesamtunternehmen erarbeitet. Für die Profit Center ergeben sich hieraus Zielvorgaben und Richtlinien. Formell wird unter der Planung deren praktische Durchführung verstanden. 4.1.5.2.1 Die Struktur der Planung Die Unternehmenspolitik legt die Gesamtzielsetzung sowie die für diese Zielerreichung notwen- dige Strategie fest. Grundsätzlich stellt das Gewinnziel den tragenden Grund des ökonomischen Handelns dar. Durch die Einwirkung verschiedener Interessengruppen auf das Unternehmen sind neben dem Gewinnziel weitere Ziele gleichzeitig anzugehen. Hierzu bedarf es einer ganzheitli- chen Betrachtung aller Ziele im Rahmen einer multivariablen Zielfunktion, einem Zielsystem.105 Dieses kann definiert werden als eine von der Unternehmensführung strukturierte Menge simul- tan verfolgter Ziele.106 Die Führung der Profit Center sollte daher nicht über die alleinige Vor- gabe des Gewinnziels erfolgen. Es ist ein System vorzugeben, welches sich aus dem Zielsystem des Gesamtunternehmens ableitet. Die spezifischen Gegebenheiten und Erwartungen der Profit Center sind in den Planungsprozess einzubeziehen. Die Führung der Profit Center wird somit nicht über gleichartige, sondern über individuelle Zielsysteme vorgenommen. Inhaltliche Bestimmung, zeitlicher Bezug sowie Zielbeziehung sind die drei wesentlichen Di- mensionen, welche die Zielsystemstruktur determinieren. Primär- und Sekundärziele charakteri- sieren dabei die inhaltliche Bestimmung. Das Gewinnziel in einer seiner verschiedenen Ausprä- gungen bildet das Primärziel. Die Vielzahl der mit dem Gewinnstreben verbundenen Zielvor- 103 Vgl. Rühli, E. (1971), S. 16. Vgl auch die instrumentale Betrachtung im Kapitel 3.1.3.1. 104 Unter einer Entscheidung wird ein Vorgang der Willensbildung verstanden, bei dem eine Entscheidung für eine Alternative unter mehreren Handlungsoptionen getroffen wird; vgl. Heinen, E. (1966), S. 18. 105 Vgl. Dinkelbach, W. (1962), S. 739. 106 Vgl. Schmidt-Sudhoff., U. (1967), S. 22. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 92 stellungen beinhaltet das Sekundärziel. Dieses setzt sich aus den vorhergehenden, den subsidi- ären und den begleitenden Zielen zusammen. Vorhergehende Ziele geben über die Motive des primären Gewinnziels Aufschluss (z.B. Macht, Überleben), subsidiäre Ziele stellen aus dem Gewinnziel abgeleitete, untergeordnete Ziele dar, die in einer Mittel-Zweck-Beziehung zum Primärziel stehen (Kosten, Umsatz). Begleitende Ziele stehen in einer losen, zeitlich langfristig determinierten Mittel-Zweck-Beziehung zum Primärziel (Wirtschaftlichkeit, Marktmacht).107 Die entsprechenden Zielkategorien für jedes Profit Center können aus dem Primärziel und den jeweiligen Sekundärzielen des Gesamtunternehmens abgeleitet werden. Es resultieren die subsidiären Ziele in Form von Umsatz und Kostenzielen sowohl für die Führungsebenen innerhalb der Profit Center als auch für das ganze Center. In Ergänzung zur bestehenden Organi- sationsstruktur der divisionalen Profit Center-Konzeption entsteht eine Zielstruktur, welche sich konsistent aus dem Zielsystem des Gesamtunternehmens ableitet und die eine operationale Führung auf allen Führungsebenen ermöglicht.108 Der zeitliche Bezug der Zielsysteme beinhaltet grundsätzlich eine lang- und kurzfristige Formu- lierung der Ziele. Die Funktion des langfristigen Zielsystems besteht darin, einerseits Grund- lagen für die Ableitung kurzfristiger Ziele zu schaffen und andererseits Kriterien für die Bewer- tung und Festsetzung von Strategien für die verschiedenen Profit Center-Aktivitäten festzulegen. Die Delegation von Entscheidungsbefugnissen auf die Profit Center-Leitung bedingt eine Vor- gabe von koordinierenden Rahmenbedingungen, welche das zukünftige Verhalten in Richtung auf ein einheitliches Ganzes festlegen. Zwischen den Profit Centern bestehen unterschiedliche Beziehungen. Der Gewinn eines einzelnen Centers ist demnach nicht ausschließlich von der eigenen Centerleistung abhängig. Zudem ist es oft möglich, durch ein Centerzusammenspiel synergetische Wirkungen zu realisieren.109 Die Entscheidungen der Profit Center sind entspre- chend so zu treffen, dass eine für das Gesamtunternehmen nachteilige Suboptimierung ver- mieden wird. Dieses würde eintreten, wenn ein Profit Center am freien Markt billiger einkauft als innerhalb des Unternehmens, jedoch für das gleiche Produkt freie Kapazitäten bei einem anderen Profit Center bestehen.110 Die Zielbeziehungen zwischen den Centern sind zu identifi- 107 Vgl. Chamberlain, N. W. (1968), S. 49ff. 108 Das Zielsystem der Profit Center von General Electric entspricht den aufgezeigten Anforderungen. Neben dem Gewinnziel werden begleitende Ziele durch die Unternehmensführung vorgegeben, welche in keinem unmittel- baren konkurrierenden Verhältnis zum Gewinnziel stehen. Folgende Ziele wurden aufgenommen: Gewinn, Marktanteil, Produktivität, Produktentwicklung, Personalausbildung, Personalpflege, gesellschaftliche Verant- wortung sowie der Ausgleich zwischen kurz- und langfristigen Zielen; vgl. Villers, R. (1960), S. 147; vgl. Lewis, R. W. (1959), S. 598ff. 109 Die Beziehungen zwischen den Centern können substitutional oder komplementär sein. Im ersten Fall beein- trächtigt der Erfolg des einen Centers den Erfolg des anderen. Im zweiten Fall wird der Erfolg des einen Centers durch den des anderen gefördert bzw. indirekt erhöht. 110 Lieferung von Zwischenprodukten zur Weiterverarbeitung an ein anderes Center. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 93 zieren und festzulegen. Insbesondere wenn Ziele in einem den langfristigen Bestand des Gesamt- unternehmens gefährdenden Konkurrenzverhältnis stehen (z.B. Rentabilität und finanzielle Unabhängigkeit), ist eine Bestimmung der Zielbeziehungen notwendig.111 Resultierende Ziel- konflikte sind auf der Ebene der Unternehmensführung für das Unternehmen als Ganzes durch die Festlegung von Zielpräferenzen zu lösen.112 Das langfristige Zielsystem ist aufgrund seiner allgemeinen Formulierung jedoch nicht in der Lage, die operative Centerführung vorzugeben. Der konsistente Übergang von der koordinier- enden zur integrierenden Funktion der Planung wird deshalb durch das kurzfristige Zielsystem geleistet. Dieses bietet kurzfristige Ziele als Entscheidungskriterien für die laufenden Ent- scheidungen. Vertikale Zielkonflikte werden vermieden, indem Handlungsmaximen der Profit Center mit denen des Gesamtunternehmens in Einklang gebracht werden. Ein häufiger Konflikt besteht in der lang- bzw. kurzfristigen Gewinnorientierung.113 Ausdruck des inhaltlich und zeitlich abgestimmten kurzfristigen Zielsystems ist das Budget. Unter dem Budget wird die Darstellung des gesamten in Geldeinheiten quantifizierten Betriebs- geschehens während eines Planungszeitraumes verstanden.114 Die Führung der Profit Center erfolgt jedoch nicht über funktionale Teilbudgets, sondern über Gewinnbudgets, welche die funktionalen Teilbudgets beinhalten. Die operative Führung der Profit Center bezieht sich somit auf das Profit Center als Ganzes. Das Gewinnbudget dient hiermit als Planungs- und Entschei- dungsinstrument, da es sowohl von der Unternehmensführung als auch von der Profit Center- Leitung zur Fixierung der kurzfristigen Ziele und zur Entscheidungsfindung verwendet wird. Zudem dient das Gewinnbudget als Anordnungsinstrument zur Integration der Profit Center zu einem einheitlichen Ganzen. Letztendlich dient es als Kontrollinstrument, da der Zielerrei- chungsgrad eine Leistungsbeurteilung ermöglicht. 4.1.5.2.2 Das System der Planung Aufgrund der bei der divisionalen Aufbauorganisation existenten zweiten Führungsebene der Profit Center-Leitung ergeben sich zwei horizontale Planungssysteme. Die Unternehmensfüh- rung verfügt zum einen über ein System von lang- und kurzfristigen Plänen für das Gesamtunter- nehmen. Die Ebene der Profit Center-Leitung verfügt zum anderen über ein entsprechendes System für die einzelnen Center. Hauptbestandteil des Planungssystems ist der Gewinnplan bzw. 111 Vgl. Heinen, E. (1966), S. 128f. 112 Als Entscheidungskriterium für ein Profit Center ist festzuhalten, dass zwar auf Kosten eines anderen Centers ein Gewinn erwirtschaftet werden darf, der individuelle Erfolgszuwachs des einzelnen Profit Centers hat jedoch größer zu sein, als die Erfolgseinbuße eines tangierten Centers; vgl. Solomons, D. (1965), S. 11. 113 Vgl. Dearden, J. (1962), S. 87. 114 Vgl. Heiser, H. C. (1964), S. 15. Vgl. auch Kapitel 4.2.4.1. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 94 aus kurzfristiger Sicht das Gewinnbudget. Weitere Bestandteile sind der Umsatz- und Kosten- plan bzw. das Budget.115 Ergänzend zu Gewinn- und Umsatzzielen können auch Sicherungsziele in die Planung aufgenommen werden (Liquidität, Substanzerhaltung). Das Kostenbudget wird jedoch nur als Ganzes im Sinne eines flexiblen Kostenbudgets vorgegeben. Das erforderliche Kriterium der Beeinflussbarkeit der Gewinnkomponenten bleibt auf diese Weise erhalten.116 Die Interdependenzen zwischen den Profit Center-Plänen und der Gesamtunternehmensplanung werden durch den Grad der Verrichtungs- und Entscheidungsdezentralisation bestimmt. Liegt eine vollkommene Selbständigkeit des Profit Centers vor, so sind keine Grundfunktionen bei der Unternehmensführung zentralisiert. Das Planungssystem des Gesamtunternehmens resultiert aus den funktionalen Plänen der Profit Center und der Integration der Kosten der Unternehmens- führung. Im Anschluss werden auf Basis der Gesamtzielerreichung die Vermeidung vertikaler Zielkonflikte sowie die Herbeiführung synergetischer Potenziale zwischen den Centern in der Planung berücksichtigt. Hierzu sind sämtliche Teilpläne zu koordinieren. Aufgrund der Knapp- heit der finanziellen Mittel steht der Unternehmensführung durch die Finanzplanung ein Instru- ment zur Verfügung, welches in der Lage ist, die Ziele und Aktivitäten der Profit Center in die von der Unternehmensführung gewünschte Richtung zu lenken.117 Die kurzfristigen funktionalen Teilpläne orientieren sich dabei an dem übergeordneten Finanzplan. Eine Integration von Service Centern führt zu einer Erweiterung der Planung in horizontaler Sicht. Die Service Center-Pläne legen die funktionalen Teilziele und Maßnahmen für das Gesamtunternehmen fest. Es resultiert eine Überschneidung des Funktions- mit dem Divisions- system. Bestehen konkurrierende Pläne, so werden diese im Planungsprozess durch ein gegen- seitiges Aushandeln zwischen Service- und Profit Center-Leitung in Einklang gebracht. Die Interessen des Gesamtunternehmens haben dabei den Vorrang. 4.1.5.2.3 Der Prozess der Planung Die materielle und zeitliche Formalisierung der vertikalen Interdependenzen zwischen den Plänen des Gesamtunternehmens und den Profit Center-Plänen erfolgt im Planungsprozess. Der Planungsprozess besteht aus einer Synthese aus der top-down- und der bottom-up-Planung. Dieses folgt aus der Tatsache, dass die Profit Center ihr eigenes Planungsfeld besser kennen als die Unternehmensführung. Zudem wird der Zielerreichungsgrad positiv beeinflusst, wenn unter- geordnete Instanzen an der Zielbildung beteiligt werden.118 115 Gewinnplan und Gewinnbudget können sowohl in absoluter Form (Deckungsbeitragsrechnung, Residual- gewinn) als auch in relativer Form (Return on Investment) dargestellt werden. 116 Vgl. Evans, K. M. (1965), S. 182. 117 Vgl. Menz, W.-D. (1973), S. 89ff. 118 Vgl. Heinen, E. (1966), S. 218. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 95 Zu Prozessbeginn formuliert die Unternehmensführung die Vision und das Leitbild des Gesamt- unternehmens als übergreifende Grundlage. Auf Analysen und Prognosen der Geschäftsentwick- lung basierende langfristig quantifizierbare Ziele, wie Umsatz, Deckungsbeiträge oder Umsatz- bzw. Kapitalrentabilität, werden ergänzt. Die Profit Center entwickeln auf diesen Vorgaben ba- sierende langfristige Pläne, die in Planungsbesprechungen in Kongruenz gebracht werden. Im Anschluss an diesen Prozess erstellen die Profit Center ihre Gewinnbudgets und zusammen mit den Service Centern die funktionalen Budgetsysteme. Die Unternehmensleitung hat in diesem Prozessschritt die Möglichkeit, bereits operationale Teilziele vorzugeben, falls diese aus Ge- samtsicht wichtig erscheinen. Die Abstimmung der Profit Center-Budgets und die sich anschließende Entwicklung des Budget- systems können unternehmensindividuell in unterschiedlichen, zeitlich von einander getrennten Schritten erfolgen. Das Ziel hierbei ist es, zum einen die Ermittlung des Finanzbedarfes für das Gesamtunternehmen vorzunehmen sowie synergetische Potenziale zu identifizieren, um diese in das Budgetsystem der einzelnen Profit Center zu integrieren. Zum anderen ist der mengen- und wertmäßige Gütertransfer zwischen den Centern vorzubereiten. Angebot und Nachfrage sind in diesem Sinne in einen Einklang zu bringen. Im Anschluss findet die erste Fertigstellung der Budgetsysteme statt. Die Unternehmensleitung hat an dieser Stelle nochmals die Möglichkeit, die vorgelegen Pläne anzupassen, weitere Zielvorgaben zu machen oder durch eine Zurück- weisung des beantragten Budgets eine neue Planung zu bewirken.119 4.1.5.2.4 Die Organisation der Planung Die Profit Center-Leitung bzw. ein ihr zugeordneter Planungsstab sind verantwortlich für die langfristige Planung des Centers. Ein der Unternehmensführung unterstellter zentraler Planungs- stab koordiniert und stimmt alle durch die Center erstellten Einzelpläne untereinander ab. Der langfristige Unternehmensgesamtplan resultiert aus den abgestimmten Einzelplänen. Die Budgetierung erfolgt im Regelfall durch eine Zentralabteilung. Dieses ist dadurch begründet, dass die Center häufig ihr Budget nicht im Interesse des Gesamtunternehmens, sondern zu ihrem eigenen größtmöglichen Nutzen vorschlagen. Ein weitgehend autonomer Budgetierungsprozess der Profit Center führt bei einer reinen Stab-Linienbeziehung auf unterschiedlichen Führungs- ebenen dazu, dass der zentrale Planungsstab Zielkonflikte erst nach Festlegung des Profit Center-Budgets identifizieren kann. Aufgrund der Organisationsform der Zentralabteilung wird diese Gefahr gebannt. Zudem werden mögliche Suboptimierungstendenzen bereits während des 119 Vgl. Menz, W.-D. (1973), S. 80f. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 96 Budgetierungsprozesses der Profit Center weitestgehend eliminiert. Die beschriebene Organisa- tionsstruktur wird durch die Abbildung 17 verdeutlicht. Unternehmensführung Profit Center A Profit Center BZentralesControlling B ud ge ti er un g / K on tr ol le St eu er / V er si ch er un g In te rn e Re vi sio n Re ch nu ng s- we se n Dezentrales Controlling B ud ge ti er un g / K on tr ol le St eu er / V er si ch er un g In te rn e Re vi sio n Re ch nu ng s- we se n Dezentrales Controllingfunktionale Autorität Abbildung 17: Organisationsform eines Service Center Controlling120 Das zentrale Controlling kann aufgrund der funktional begrenzten Linienautorität gegenüber dem dezentralen Controlling (divisionale Einheit) fachlich in den Budgetierungsprozess eingrei- fen. Die Linienautorität beinhaltet über den Budgetierungsprozess hinaus zudem die den ganzen Führungsprozess überlagernde Informationswirtschaft. Das Rechnungswesen im weitesten Sinne (Datenverarbeitung, interne Revision) gehört neben Steuer und Versicherungsangelegenheiten in den Aufgabenbereich des Service Center Controlling (Zentrales Controlling). Alle Stufen von der Datenvorgabe, über die Datenerfassung bis hin zur Datenauswertung sind hierbei integriert. Einerseits werden damit durch das zentrale Controlling Budgetierungs- und Kontrollrichtlinien bestimmt, indem dispositive und strukturelle Liquiditätsgrenzen, Bewertungs- und Abschrei- bungsrichtlinien festgelegt oder beeinflussbare und nicht beeinflussbare Kosten- und Erlös- elemente der Center identifiziert werden.121 Andererseits greift das zentrale Controlling, bspw. im Rahmen von Verrechnungspreisverhandlungen, direkt in den Führungsprozess ein. Die Erstellung des laufenden Soll-Ist-Vergleiches bzw. die Überprüfung von laufenden Budgetie- rungs- und Kontrollprozessen ist entsprechend zu werten.122 Von Seiten des Profit Center-Controllers wird auf Basis der von der zentralen Einheit zur Verfü- gung gestellten Budgetierungs- und Controllingprinzipien und unter Wahrung der Interessen des Gesamtunternehmens das jeweilige Profit Center-Budgetsystem herausgearbeitet. Zur Vermei- dung unterschiedlicher Zielkonflikte hat der Controller des Profit Centers einerseits von der zen- 120 Vgl. Menz, W.-D. (1973), S. 84. 121 Vgl. Bork, K. (1963), S. 17f. 122 Vgl. Heckert, B., Wilson, J. D. (1963), S. 13. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 97 tralen Einheit und andererseits von der Profit Center-Leitung vollständig informiert zu werden und an den gegenseitigen Informationsaustausch zwischen der Unternehmensführung und der Profit Center-Leitung zu Beginn des Budgetierungsprozesses teilzunehmen. Die Abstimmung des Profit Center-Budgets und die Erstellung des Gesamtbudgets als Hauptaufgabe des zentralen Controllers (Corporate Controllers) wird hierdurch wesentlich unterstützt. Auch Änderungen im Budgetsystem des Gesamtunternehmens können durch den zentralen Controller in Abstimmung mit der Unternehmensführung erfolgen. Die veränderten Budgets sind aus Sicht der Profit Center in der Folge wiederum über ihn mit den einzelnen Centern zu koordinieren. Die Budgetierungs- und Gewinnautonomie der Profit Center wird durch die funktionale Autorität des zentralen Controllers nur wenig beeinträchtigt. Dieses ist dadurch begründet, dass zum einen durch die disziplinarische Autorität der Profit Center-Leitung gegenüber dem Profit Center-Controller sowie durch die gegenseitigen Informationsrechte und -pflichten zwischen Centerleitung und den beiden Controllingeinheiten ein praktisches Mitsprache- und Mitgestal- tungsrecht existiert. Zum anderen wird die fachliche Autorität der Profit Center-Leitung nur durch die zentrale Einheit begrenzt, wenn nicht i.S.d. Gesamtunternehmens budgetiert wird und eine Korrektur aus gesamtunternehmerischer Sicht notwendig erscheint.123 123 Vgl. Altfelder, K. (1965), S. 156. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 98 4.2 Vorstellung der Zielsteuerung In der Betriebswirtschaftslehre ist der Begriff der Zielvereinbarung durch das Management by Objektives124 als Führungsinstrument bekannt geworden.125 Der Begriff hat hierbei einen Bedeutungswandel vom ehemals ausschließlichen Personal- (Zielvereinbarung) hin zu einem Organisationsführungsinstrument (Zielsteuerung) erfahren.126 Zielvereinbarungen werden heute als fester Bestandteil der unternehmerischen Gesamtführung verstanden. Aus diesem Grund wird zunehmend von der Zielsteuerung als zusammenfassenden Oberbegriff gesprochen.127 Ihr originärer Zweck besteht darin, „alle Mitarbeiter zu unternehmerischen Denken und Handeln anzuregen und deren Kreativitätspotenzial zielgerichtet zum Wohle der gesamten Unternehmung nutzbar zu machen.“128 Die Zielsteuerung stellt damit einen wichtigen Steuerungsbaustein zur Entwicklung des Versorgungsunternehmens in Richtung einer marktwirtschaftlich denken- und handelnden, fokussierten und flexiblen Organisationsform dar.129 Insgesamt bedürfen Zielvereinbarungen der differenzierten Koordinierung. In diesem Zusam- menhang wird im folgenden Kapitel zunächst einleitend auf die Bedeutung der strategischen Zielplanung eingegangen, bevor die Zielvereinbarung und Zielsteuerung im eigentlichen Sinne in der Folge vorgestellt werden. 4.2.1 Notwendigkeit der strategischen Zielplanung Unter einem Ziel wird in der Betriebswirtschaft die normative Vorstellung über einen zukünfti- gen Zustand des Unternehmens verstanden, welcher durch Handlungen realisiert werden soll.130 Übergeordnete Unternehmensziele legen die langfristige Entwicklung eines Unternehmens fest, aus diesem Grund kommt ihrer Identifizierung und Formulierung im strategischen Management eine besondere Bedeutung zu. Die Zielformulierung gilt als Grundfunktion des Managements.131 Strategische Ziele ermöglichen eine Orientierung und Ausrichtung für die strategische Planung. Strategische Ziele dienen zudem den individuellen Zielvereinbarungen und damit allen zielfüh- renden Handlungen mittelbar oder unmittelbar als Orientierungsgrundlage. Eine nachhaltige und umfassende Ausrichtung aller Aktivitäten wird auf diese Weise gewährleistet und der Gefahr des kurzfristigen Aktionismus vorgebeugt. Strategische Ziele bedürfen jedoch einer sorgfältigen Pla- 124 Vgl. Clermont, A. (2000). 125 Vgl. Horváth & Partners (2003a). 126 Vgl. Kratzer, A. (1995); vgl. Achermann, K.-F. (2000); vgl. Schneck, M. (2000). 127 Die beiden Begrifflichkeiten finden in der Arbeit zunächst synonyme Verwendung. Im späteren Verlauf der Ausführungen, im Kapitel 4.2.3, wird jedoch explizit die Zielvereinbarung i.e.S. thematisiert. 128 Bungert, W. , u.a. (2002), S. 9. 129 Vgl. Abbildung 11 auf Seite 68. 130 Vgl. Heinen, E. (1966), S. 45. 131 Vgl. Welge, M. K., u.a. (1999), S.109. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 99 nung durch die Unternehmensführung. Diese Ziele sind aufeinander abzustimmen, in Beziehung zu setzten und gemeinsam mit den handelnden Personen zu konkretisieren.132 4.2.1.1 Der Prozess der Zielbildung Bis Anfang der sechziger Jahre bestand die Maxime des unternehmerischen Handelns im Streben nach einem Maximalgewinn. Das heutige Verständnis geht davon aus, dass sich die Bildung von Unternehmenszielen in unterschiedlichen Aushandlungsprozessen auf Basis eines kooperativen, formal strukturierten Zielbildungsprozesses vollzieht.133 Die innerorganisatorischen Gruppen als auch externe Bezugsgruppen, wie Banken, Kunden und Kapitalgeber mit unterschiedlicher Interessenorientierung und Intensität, werden in diesen Prozess einbezogen.134 Den Zielbildungs- prozess kennzeichnet damit eine Suche nach konsensfähigen Unternehmenszielen.135 Die unternehmerische Zielbildung erfolgt in unterschiedlichen Phasen. Zu differenzieren sind die Phase der Zielsuche, der Zieloperationalisierung, der Zielanalyse und -ordnung, der Prüfung auf Realisierbarkeit, der Zielentscheidung (Selektion), der Zieldurchsetzung sowie der Zielüberprü- fung und -revision.136 Die unterschiedlichen Phasen werden in der Folge kurz dargestellt. Im Mittelpunkt der Zielsuche stehen die Suche und die Auswahl von möglichen Zielen. In unter- schiedlichen Selektionsprozessen sind diese Ziele zu identifizieren. Aufgrund der zahllosen denkbaren Kombinationen und Ausprägungen von Zielinhalten wird in der Praxis von einem einheitlichen und verbindlichen Zielsystem jedoch zunehmend Abstand genommen. In Ziel- katalogen werden heute meist ohne vollständige Gewichtung die wesentlichen möglichen Ziele zusammengefasst.137 In den vergangenen Jahren konnte für die Zielbildung eine deutliche Ent- wicklungstendenz aufgezeigt werden. Insbesondere in der Energiewirtschaft gewannen an- spruchsgruppenorientierte Ziele an Bedeutung.138 Die Unternehmen streben zudem zunehmend nach hoher Angebotsqualität und sind sich ihrer sozialen und umweltbezogenen Verantwortung bewusst. Vor allem bei den in der Energiewirtschaft hochgradig homogenen Produktangeboten bietet sich durch ein entsprechendes Vorgehensweise eine mögliche Differenzierungsstrategie an. Darüber hinaus rücken strategische Ziele und deren schnelle und verbindliche Überführung 132 Vgl. Voigt, K. I. (1993), S. 66. 133 Vgl. Cyert, R. M., March, J. C. (1963). 134 Entwicklung in Richtung „ interessenpluralistischer Mehrpersonenunternehmen“. Vgl. Kapitel 3.3.2. 135 Vgl. Macharzina, K. (1993), S. 161. 136 Vgl. Wild, J. (1982), S. 36ff. 137 Vgl. ausführlich Ulrich, P., u.a. (1992), 97ff. Entsprechende Kataloge enthalten Ziele unterschiedlicher Be- reiche. Dargestellt werden bspw. Ziele aus den Bereichen Marktleistung und Marktstellung bis hin zu Macht- und Prestigezielen. Natürlich sind stets auch rentabilitäts- und finanzwirtschaftliche Ziele vorhanden. Zuneh- mend werden auch soziale Ziele in Bezug auf die Mitarbeiter und gesellschaftsbezogene Ziele integriert. 138 Klassische ertragswirtschaftliche Kennzahlen, wie Gewinn und Rendite, werden weiterhin erhoben. Deren Vor- rangstellung als zentrale Steuerungsgrößen geht jedoch zunehmend verloren. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 100 in den operativen Bereich und damit in die persönliche Handlungsausrichtung stärker in den Fokus der Zielentscheidungen. Eine gezielte Entwicklung, Implementierung und Umsetzung der Strategie sowie die jeweilige Priorisierung der jeweiligen Handlungsausrichtung stellen derzeit für die Energiewirtschaft entscheidende Erfolgsfaktoren dar. Nachhaltige Wettbewerbsvorteile können im volatilen Markt nur bei schnellem Handeln generiert werden. Dies ist insbesondere dadurch zu begründen, dass die Positionierung im Markt nur durch frühzeitiges Agieren bei häufig mit erheblicher Verzögerung zum Erfolg führenden Prozessen zu realisieren ist.139 Dabei steht die Sicherung des gesamten Unternehmens i.S.d. langfristigen Erhaltung der Wettbewerbs- fähigkeit im eigentlichen Betrachtungsmittelpunkt. Zur Erfüllung der Steuerungsfunktion der Ziele bedarf es einer hinreichend genauen Zieloperati- onalisierung. Hierunter versteht sich die Überführung der Ziele in konkrete operative Maßnah- men oder Teilschritte. Um eine unterjährige Kontrolle zu ermöglichen, ist es in diesem Zusam- menhang ratsam, unterjährige Ziele im Sinne von Meilensteinen in Form von Orientierungs- rahmen abzuleiten. Nicht nur die Zielkontrolle sondern auch die Zielerreichung wird auf diesem Weg unterstützt. Zudem können in Folge einer genauen Präzisierung der Zielerreichungsgrad als Erfolgskontrolle gemessen und positive oder negative Sanktionen abgeleitet werden.140 In der Phase der Zielanalyse und -ordnung sind die Einzelziele aufgrund ihrer Beziehungen zu- einander in ein Rangverhältnis zu stellen. Es resultiert eine Ordnungsstruktur, das Zielsystem. In Bezug hierauf finden die nachfolgenden Ordnungskriterien Anwendung.141 • Rang: Verdeutlichung des relativen hierarchischen Stellenwertes eines Ziels.142 Ord- nungskriterium ist eine Mittel-Zweck-Relation. • Prioritäten: Bildung einer Rangfolge nach Präferenzen bzw. der Zielwichtigkeit. Ziele mit größeren Beiträgen zur Erreichung eines höherrangigen Ziels besitzen höhere Priorität. • Zielwirksamkeitsbeziehungen: Bei Zielneutralität besteht zwischen verschiedenen Zielen kein Zusammenhang in Bezug auf die Zielrealisierung. Liegt Zielkomplementarität vor, so fördert eine bessere Zielerreichung das Niveau einer anderen Zielgröße. Besteht zwi- schen zwei Zielen eine Konfliktsituation, so existiert Zielkonkurrenz. Maßnahmen zur Erreichung des einen Ziels verringern den Zielerreichungsgrad des Komplementärziels. 139 Effizienzsteigerungen sind mit erheblichen Vorlaufzeiten verbunden (Restrukturierungen, Kraftwerksmoderni- sierungen, Prozessoptimierungen etc.). 140 Eine Operationalisierung setzt die Bestimmung unterschiedlicher Merkmale voraus. Vgl. Wild, J. (1982), S. 58. 141 Vgl. Mag, W. (1995), S. 54.; vgl. Voigt, K. I. (1993), S. 67 ff.; vgl. Heinen, E. (1991), S. 14ff. 142 Differenziert werden kann in Ober- und Unterziele, Formal- und Sachziele, Haupt- und Nebenziele oder Primär- und Sekundärziele. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 101 • Zuordnungsbereich: Zielerreichungsverantwortung kann auf Unternehmensgesamt-, Ge- schäftsbereichs-, Abteilungs- oder Stellenziele übertragen werden. • Fristigkeit: Zielen kann ein kurz-, mittel- oder langfristiger Charakter verliehen werden. Die funktionale Beziehung zwischen Zwecken und Mitteln ist der Ausgangspunkt jeden Ziel- systems. Untergeordnete Ziele sind Mittel zur Erreichung höherer Ziele. Alle untergeordneten Ziele stehen damit in einer Mittel-Zweck-Relation zum nächst höheren Ziel.143 Über die Mittel- Zweck-Schemata entstehen hierarchisch strukturierte Zielsysteme, wie in der nachfolgenden Abbildung 18 beispielhaft aufgezeigt. Nach Heinen können diese grundsätzlich deduktiv- oder induktiv-orientiert sein.144 Ein deduktiv-orientiertes Zielsystem spiegelt lediglich definitions- logische Beziehungen zwischen Zielen wieder. Ein induktiv-orientiertes Zielsystem berücksich- tigt empirisch aufgedeckte Zielkonflikte, Mehrfachzielsetzungen und kausale Kopplungen zwischen hierarchisch gleichwertigen Zielinhalten.145 Zweck-Mittel Relation BeispieleStrategische Zielebene Zweck-Mittel Zweck-Mittel Zweck-Mittel Existenzsicherungsziel Strategische Erfolgsziele Erfolgspotenziale Erfolgsfaktoren Sicherung der Überlebensfähigkeit Shareholder Value ROI Gewinn Produkt-Marktpotenziale Wettbewerbspotenziale Marktanteil, Kundenzufriedenheit Kostenposition Abbildung 18: Konzeption der strategischen Zielplanung146 Nach der operationalen Zieldefinition sind die Ziele auf ihre Realisierbarkeit hin zu überprüfen. Hierfür ist das Zielausmaß bzw. das Anspruchsniveau realistisch festzulegen. Ziele sollten weder zu hoch noch zu niedrig angesetzt werden, um den Motivationscharakter der Ziele nicht zu kon- terkarieren. Für die Prüfung auf Realisierbarkeit ist zu hinterfragen, ob die zur Verwirklichung der Ziele geplanten Maßnahmen und Strategien vor dem Hintergrund der bereitstehenden Res- sourcen zeitgerecht durchführbar sind. Zudem haben das Leistungspotenzial und die organisa- torischen Kompetenzen der mit der Realisierung der Ziele Beauftragen mit den notwendigen Anforderungen übereinzustimmen. Zudem sind Zielkonflikte zu klären und zu bereinigen. 143 Vgl. Heinen, E. (1966). 144 Vgl. Heinen, E. (1976), S. 126. 145 Deduktiv orientierte Zielsysteme haben in der controllingorientierten Managementlehre in Form von Kenn- zahlensystemen eine weite Verbreitung gefunden. Vgl. Reichmann, T. (2001), 32ff. 146 Vgl. Welge, M. K., u.a. (1999), S. 128. Zu Erfolgspotenzialen und Erfolgsfaktoren vgl. Kapitel 4.2.1.2. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 102 Bei Zielkonflikten und Mehrfachzielsetzungen sind während der Phase der Zielentscheidung die relevanten Kombinationen und Zielalternativen auszuwählen. Hierfür sind die zielwirksamen Konsequenzen, die durchzuführenden Maßnahmen und der Ressourcenverbrauch zu ermitteln. Die im Zielbildungsprozess geplanten Ziele stellen somit lediglich Ausgangsziele dar, die erst durch die Strategieformulierung endgültig ratifiziert werden.147 Zur Durchsetzung der Ziele sind die Teilziele an die Verantwortlichen zu kommunizieren und zu vereinbaren. Hierzu sollte als Voraussetzung für die Motivation zur Zielerreichung eine entsprechende Identifikation der Betroffenen mit den individuellen Zielen vorhanden sein. Grundvoraussetzung hierfür ist die geeignete persönliche Qualifikation und die organisatorische Ausstattung mit Ressourcen und Kompetenzen.148 Ein Zielsystem ist ein dynamisches Gebilde. Aufgrund von Soll-Ist-Abweichungen, veränderter Planprämissen und Unternehmens- und Umweltbedingungen ist es erforderlich, Ziele und Ziel- systeme kontinuierlich zu überprüfen und anzupassen.149 In diesem Zusammenhang besteht die Aufgabe eines umfassenden Controllings in der kontinuierlichen Kontrolle der Zielerreichung und des Hinterfragens bereits bestehender und vereinbarter Ziele. Falls die Bereitschaft zur wettbewerbsgerechten Veränderung aufgrund von Bereichsegoismen nicht vorhanden ist, sollte die Zielsteuerung mit Hilfe positiver und negativer Sanktionen die Bereichsegoismen angehen. 4.2.1.2 Das Konzept der Erfolgspotenziale Das oberste Ziel des strategischen Managements besteht in der Sicherung der langfristigen Über- lebensfähigkeit des Unternehmens. Dieses Ziel wird in der deutschsprachigen Literatur mit Hilfe des Konzeptes der Erfolgspotenziale150 operationalisiert.151 Aufbau, Erhaltung und Nutzung von Erfolgspotenzialen152 sind demnach die wesentlichen Bausteine zur Sicherung der langfristigen Überlebensfähigkeit eines Unternehmens. Das strategische Management fokussiert sich dabei auf diejenigen Erfolgspotenziale, welche eine erhöhte strategische Relevanz besitzen.153 Das Konzept der Erfolgspotenziale zielt darauf ab, die bestehenden Voraussetzungen derart zu 147 Vgl. Kreikebaum, H. (1997), S. 62ff. 148 Vgl. Kapitel 4.1.3 und Kapitel 4.2.3. 149 Status Quo-Analyse, Analyse von unternehmensbezogenen und umweltbezogenen Erfolgsfaktoren sowie inter- nen und externen Erfolgspotenzialen. Vgl. Welge, M. K. (1988), S. 107ff. 150 Der Begriff des Erfolgspotenzials lässt sich auf Gälweiler zurückführen, der damit „das gesamte Gefüge aller je- weils produkt- und marktspezifischen, erfolgsrelevanten Voraussetzungen, die spätestens dann bestehen müssen, wenn es um die Erfolgsrealisierung geht“, definiert. Vgl. Gälweiler, A. (1987), S. 26. 151 Vgl. ausführlich Al-Laham, A. (1997), S. 401ff. 152 Vgl. Kapitel 5.2.1 und Kapitel 5.2.2. 153 Vgl. Fischer, T. M. (1993), S. 18. Vgl. auch Abbildung 40 auf Seite 166. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 103 gestalten, dass zu einem späteren Zeitpunkt Erfolge realisiert werden können. Strategisches Denken fordert ein heutiges oder in naher Zukunft liegendes Handeln, welches die besten Voraussetzungen für den zukünftigen Gesamterfolg sichert. Auf die Ausnutzung kurzfristiger Vorteile ist dabei möglicherweise zu verzichten.154 Unter Erfolgspotenzialen werden sämtliche produkt- und marktspezifischen, erfolgsrelevanten Potenziale subsumiert, welche für die nachhaltige Erfolgsrealisierung eingesetzt werden. Erfolgspotenziale können nur langfristig und mit hohem Aufwand generiert werden. Der Aufbau und die Aufrechterhaltung der strategischen Erfolgspotenziale beeinflussen mittelbar die finanz- und erfolgswirtschaftliche Situation des Unternehmens. Erfolgspotenziale sind bspw. Produkt- entwicklungen, Aufbau von Produktionskapazitäten oder Marktpositionen sowie kostengünstig agierende Organisationen.155 Die Erfolgspotenziale werden damit durch das Marktpotenzial (externe Erfolgspotenziale) und das Kosten- bzw. Leistungspotenzial (interne Erfolgspotenziale) des Unternehmens determiniert. Identifizieren lassen sie sich durch überdurchschnittliche Markt- anteile bzw. Kosten-, Qualitäts-, Image- oder Distributionsvorteile. Wettbewerbsvorteile beste- hen dann, wenn im Vergleich zur Konkurrenz kostengünstigere oder leistungsstärkere Ausprä- gungen existieren. Das Ziel des strategischen Managements besteht damit darin, dieses Erfolg versprechende Potenzial zu heben und langfristig zu erhalten.156 Durch Gälweiler wird den Erfolgspotenzialen des Unternehmens eine Vorsteuerfunktion für die operativen Steuerungsgrößen Erfolg und Liquidität zugesprochen.157 Die Möglichkeit des reali- sierbaren Erfolges wird durch die Obergrenzen der Erfolgspotenziale bestimmt. Jedes Unter- nehmen verfügt über Erfolgspotenziale, unabhängig davon, ob diese bekannt sind oder nicht. Falsche operative Entscheidungen können die Nutzung der bestehenden Erfolgspotenziale ver- hindern. Das strategische Management generiert lediglich die Voraussetzungen zur Realisierung des operativen Erfolges. Die Verantwortung der Ausschöpfung liegt beim operativen Manage- ment. Ein Verlust von Erfolgspotenzialen macht sich häufig erst spät durch eine negative Erfolgs- oder Liquiditätsauswirkung bemerkbar. Ein gegensteuerndes Handeln hat jedoch bereits frühzeitig anzusetzen. Es bedarf deshalb eines umfassenden Controllings, welches eine separate und permanente Steuerung von Erfolgspotenzial, Erfolg und Liquidität ermöglicht. Der Zusammenhang zwischen unternehmerischen Erfolgsfaktoren sowie den internen- und externen Erfolgspotenzialen wird durch die nachfolgende Abbildung 19 veranschaulicht. 154 Vgl. Gälweiler, A. (1987), S. 70. 155 Vgl. Gälweiler, A. (1987), S. 26. 156 Vgl. Coenenberg, A. G., u.a. (1987), S. 39. 157 Vgl. Gälweiler, A. (1990), S. 29ff. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 104 Produkt-, Markt- Potenziale Marktposition - Marktanteil - Marken-, Firmenimage - Produktqualität - Bekanntheit - Filialdichte Unternehmerische Erfolgsfaktoren Umweltbezogene Erfolgsfaktoren Interne und externe Erfolgspotenziale Wertschöpfungsprozess - relative Kostenposition - Erfahrungskurveneffekte - Kostenstruktur Personal - Qualifikation - Motivation - Fluktuation Infrastruktur - Anlagenkapazität - Anlagenflexibilität - Kapitalintensität Technologische Basis - FuE-Intensität - FuE-Ressourcen - Patente, Datenbanken Interne Strukturen - Führungssysteme - Organisationsstrukturen Konstitutive Faktoren - Standort - Rechtsform Kapital- und Finanzströme - Kapitalstruktur - Steuervorteile Humane Potenziale Technische Potenziale Informationelle Potenziale Strukturelle Potenziale Finanzielle Potenziale Wettbewerb - Wettbewerbsintensität - Wettbewerbskonzentration - Wettbewerbsregeln - Mobilitätsbarrieren Absatzmärkte - Marktvolumen - Marktwachstum - Produktlebenszyklus - Nachfrageelastizität Gesamtwirtschaft und Gesellschaft - Konjunktur, Wachstum - Gesetz, Subventionen - soziodemografische und soziokulturelle Trends Arbeitsmarkt - Angebots- /Nachfragestruktur - Arbeitsgesetzgebung Technologische Entwicklung - Technologischer Wandel - Technologische Komplexität - Technologietransfer Beschaffungsmärkte - Lieferantenkonzentration - Substitutionsmöglichkeiten - Gefahr der Vorwärtsintegration Gesellschaft - Steuergesetze - Umweltschutzgesetze - Subventionen Kapitalmarkt - Zinsniveau - Wechselkurse externe Erfolgspotenziale interne Erfolgspotenziale Abbildung 19: Erfolgsfaktoren und Erfolgspotenziale im Überblick158 Der Wirkungszusammenhang zwischen strategischen Erfolgspotenzialen und dem operativen Erfolg bzw. die Messbarkeit von Erfolgspotenzialen ist nicht eindeutig darstellbar. Das Konzept der Erfolgsfaktoren159 versucht jedoch, Erfolgspotenziale gezielt zu operationalisieren und diese zu steuern. Faktoren von denen angenommen wird, dass sie den unternehmerischen Erfolg oder Misserfolg direkt beeinflussen, werden als Erfolgsfaktoren bezeichnet. Sie konkretisieren damit die Erfolgspotenziale. Das strategische Management trägt über die Veränderung beeinflussbarer Erfolgsfaktoren zum gezielten Aufbau und zur Weiterentwicklung von Erfolgspotenzialen bei. 158 Abbildung in Anlehnung an Breid, V. (1994), S. 37. 159 Vgl. ausführlich Duhnkrack, T. (1984), S. 126ff. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 105 Die Sicherung des langfristigen Erfolgspotenzials wird damit als Ausgangsziel für das strate- gische Management anerkannt.160 In der Energiewirtschaft werden die Erfolgsfaktoren zunehmend durch die gestiegene Bedeutung immaterieller Werte ergänzt. Das wissensbasierte Management erlangt durch die übergreifenden Kundenbedürfnisse und die Notwendigkeit einer flexiblen und schnell anpassbaren strategischen Ausrichtung eine gesteigerte Bedeutung. Die Fähigkeit innovative Produkte und Dienst- leistungen zu entwickeln, eine hohe Qualität bei flexiblen Arbeitsprozessen und damit die Fähigkeiten und das Wissen der Mitarbeiter sind gezielt und damit zu steuernde Erfolgsfaktoren. Gleiches gilt für die Bereiche Informationstechnologie und Datenbanken. Um die Höhe der Erfolgspotenziale abschätzen zu können, ist es notwendig, die bestimmenden Erfolgsfaktoren zu identifizieren. Eine genaue Steuerung der Erfolgspotenziale bedarf zudem der Kenntnis über Wirkungsrelationen und Kausalstrukturen. Im Rahmen einer strategischen Ziel- planung bedarf es demnach nicht nur der Erkenntnis der Erfolgsfaktoren, sondern zudem einer Darstellung und Berücksichtigung der Wirkungsrelationen untereinander und der Erfolgs- potenziale. Diese stellen die Grundlage für den Erfolg des Unternehmens dar.161 4.2.1.3 Die Integration der Instrumente Die Analyse von Erfolgspotenzialen und -faktoren, das Definieren von Zielen und deren Umset- zung sind Elemente eines Ganzen. In Orientierung an Vision und Strategie ist es die Aufgabe des strategischen Managements, strategische Ziele abzuleiten, welche sich an vorhandenen Erfolgs- potenzialen und zugehörigen Erfolgsfaktoren orientieren. Für die Energiewirtschaft besteht hier die Herausforderung in relativ kurzer Zeit strategische (Neu-)Ausrichtungen zu erarbeiten und umzusetzen. Die unternehmerische Vision ist die Grundlage für die längerfristigen Strategien des Unternehmens. Sie ist das Ziel und die Strategie ist der eingeschlagene Weg, um dorthin zu gelangen. Die an der Strategie orientierten Ziele haben einen Rahmen vorzugeben, aus dem sich operative Ziele und Maßnahmen ableiten. 162 Die strategischen Ziele können insgesamt oder als spezifische strategische Ziele unterschiedlicher Geschäftsbereiche ermittelt und aufgezeigt werden. Dies ist hilfreich, da die Wirkungsrelationen der Erfolgsfaktoren in der Regel unterschiedliche Ausprägungen in den einzelnen Geschäftsbereichen aufweisen. 160 Vgl. Fischer, T. M. (1993), S. 18. 161 Vgl. Wilde, K. D. (1989), S. 54ff. 162 Mintzberg definiert Strategie als einen Plan und ein (Denk-)Muster, welche die wesentlichen Ziele, Richtlinien und Handlungsabläufe in ein kohärentes Ganzes fassen. Eine Strategie hilft damit interne Ressourcen einer Or- ganisation zu einer einzigartigen und wirksamen Vorgehensweise einzusetzen. Vgl. Mintzberg, H. (1994), S. 23. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 106 Vision, Leitbild, Strategie und Ziele stehen damit in einem engen Zusammenhang. Die Vision ist das Bild einer angestrebten Zukunftssituation, welches realistische Ziele beinhaltet. Die Vision ist zukunftsorientiert und beinhaltet auch die längerfristigen Interessen der Mitarbeiter, Kunden und Aktionäre. Die Vision weist damit eine Integrationsfunktion auf. Sie ist zudem leicht ver- ständlich und wird den Emotionen der Mitarbeiter gerecht, indem sie Denken, Tun und Handeln auf ein Ziel kanalisiert, damit die Zielvorstellungen erreicht werden können.163 Die Unsicherheit der künftigen Wettbewerbsposition – flankiert durch den zunehmenden Kon- zentrationsprozess energiewirtschaftlicher Unternehmen – erfordert es, über neue strategische Optionen nachzudenken und Strategieentwicklungsprozesse zu initiieren. Ein solcher Entwick- lungsprozess kann sich nach Lechner in vier Phasen unterteilen:164 • Analyse der Ziels des Unternehmens und der Gesellschafter; • Analyse der internen und externen Faktoren; • Entwicklung von Handlungsoptionen; • Umsetzung der Handlungsoptionen zur Zielerreichung. Die Vision ist auf Basis einer Status Quo-Analyse durch das Top-Managements des jeweiligen Unternehmens zu erarbeiten. Unternehmensbezogene und umweltbezogene Erfolgsfaktoren sowie die internen und externen Erfolgspotenziale bilden hierbei die Grundlage der individuellen Zielfestlegung. Im Leitbild wird die Vision so ausformuliert und ausgedrückt, dass alle Mitar- beiter in der Lage sind, diese und ihre eigenen Ziele zu verstehen. In den Zielvereinbarungs- gesprächen werden aus den strategischen Zielen Erfolg versprechende Maßnahmen abgeleitet. Zur Unterstützung der Kommunikation ist es möglich, Ziele mit Hilfe unterschiedlicher Medien im Unternehmen zu kommunizieren. Hierfür bietet sich insbesondere ein jährlicher Orien- tierungsrahmen, welcher auf priorisierte Ziele hinweist. Die nachfolgende Abbildung 20 zeigt auf, dass aus der Vision in einem top-down-Prozess die Gesamtstrategie und Geschäftsfeldstrategien abgeleitet werden. Die Festsetzung der Maßnahmen erfolgt in einem gegenseitigen Prozess. Hierbei werden zum einen die Geschäftsfeldstrategien als Vorgabe genutzt und somit wird top-down vorgegangen. Zum anderen ist es notwendig, Maßnahmen, die zur Erreichung der Strategie geeignet erscheinen, auch bottom-up vorzuschlagen, da die Führung bei der Maßnahmenvorgabe im Detail zu unterstützen ist. 163 Vgl. Steyrer, H. P. (1999), S. 2ff. 164 Vgl. Lechner, H., u.a. (2002), S. 2. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 107 Leitbild Strategie Vision Geschäftsfeldstrategien Maßnahmen Zielvereinbarungen Mitarbeiterebene Gegenseitiger Prozess Unternehmensziele, Orientierungsrahmen Abbildung 20: Strategieimplementierung 4.2.2 Wesentliche Eckpunkte der Steuerung über Ziele Die Steuerung eines Unternehmens über Zielvereinbarungen wird in der kommunalgeprägten Praxis auch als Kontraktmanagement bezeichnet.165 Dem kommunal geprägten Kontraktmanage- ment liegt ein partizipativ-kooperatives Verständnis für die Zielvereinbarungen zu Grunde, welches die enormen kulturellen Veränderungen durch sanfte Elemente, welche die monopo- listisch geprägten Mitarbeiter mitnehmen, unterstützt. Durch unterschiedliche Kontraktformen und das Aushandeln der Ziele im übergreifenden Zusammenhang kann gezielt ein individueller Fahrplan der Veränderung und ein wettbewerbsgeprägtes Verständnis als Grundvoraussetzung einer wirtschaftlichen Verhaltensweise initiiert werden. Die Zielsteuerung wird als ein Steuerungs-, Planungs- und Controlling-Instrument verstanden, bei dem zwischen der Leitung einer Organisationseinheit und der Leitung einer niedrigeren hierarchischen Ebene verbindliche Absprachen über die zu erbringenden Leistungen, die dafür zur Verfügung gestellten Mittel und die Art der Berichterstattung über das Ergebnis sowie eventuelle Abweichungen getroffen werden. Um eine klare Verantwortungsabgrenzung zu ermöglichen, sind im Idealfall diese Absprachen sowohl zwischen der Unternehmensführung und der ersten Führungsebene, als auch zwischen der zweiten Führungsebene und den Mit- arbeitern in den Fachabteilungen zu treffen.166 Die Zielvereinbarungen verfolgen in Anlehnung an die strategische Zielebene das Ziel, die unternehmensbezogenen Erfolgsfaktoren zu identifi- zieren und auszubauen.167 165 In der Folge wird das Kontraktmanagement in die Analyse der Zielsteuerung einbezogen, da insbesondere bei Stadtwerken eine starke kommunale Prägung besteht. Zudem verfügt das Kontraktmanagement über umfassende Steuerungsansätze und Instrumente aus der Konzeption des „Neuen Steuerungsmodells“. Vgl. von Bandemer, S., u.a. (1998). Vgl. auch Kapitel 4.2.3.1. 166 Vgl. Lieders, U. (1998), S. 29. 167 Zu den Anforderungen an das Personalmanagement bei einem Versorgungsunternehmen vgl. Kamphaus, K., u.a. (2004), S. 168-171. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 108 4.2.2.1 Definition von Zielen und Bedeutung für die Steuerung „Ziele sind [...] zukünftige Zustände, die im Wege der [...] zentralen Integration durch die Unter- nehmensleitung als Ziele der Organisation autorisiert werden. Diese angestrebten Zustände sind Handlungsauslöser, d.h. Handlungen stellen das Instrument der Zielerreichung dar; sie richten sich an den gesetzten Zielen aus. Ziele sind damit Entscheidungskriterien, die einerseits die Aus- wahl bestimmter Handlungen und Handlungsfolgen festlegen und andererseits begründen, warum auf die Realisation weiterer Alternativen verzichtet wurde.“168 Ziele sind damit imperati- vische Prämissen des Handelns und somit Voraussetzungen für die Gestaltung des Unterneh- mensprozesses.169 Die zielgerichtete Koordination aller unternehmerischen Handlungen bedingt die Implementierung eines unternehmerischen Zielsystems.170 Die Steuerung über Ziele beruht im Wesentlichen darauf, eine eigenverantwortliche Unterneh- menssteuerung zu gewährleisten. Ziele sind in der Zukunft liegende gewünschte Zustände (Soll- größen),171 welche in einem bestimmten Zeitraum (meist durch einen Input) zu erreichen sind. Ziele geben eine ergebnisbezogene Handlungsorientierung, schreiben den Weg der Zielerrei- chung jedoch nicht vor.172 Diese Definition beinhaltet drei unterschiedliche Komponenten. Zu- nächst die Darstellung eines vorläufigen oder endgültigen Zustandes, zudem dessen Idealvorstel- lung und letztlich eine Willensbekundung, d.h. eine Entscheidung für diesen und gegen andere Zustände. Die Bedeutung von Zielen lässt sich aus unterschiedlichen Funktionen ableiten:173 • Selektionsfunktion: Eine bewusste Auswahlentscheidung zwischen meh- reren Handlungsoptionen wird erst durch gesetzte Ziele ermöglicht. • Orientierungsfunktion: Ziele dienen als Rahmen für Handlungen und Ent- scheidungen. Sie ermöglichen eine Ausrichtung ver- schiedener Aktivitäten auf übergeordnete Ziele. • Steuerungsfunktion: Ziele ermöglichen die Steuerung von Verhaltenswei- sen durch Sollgrößenvorgabe, ohne dafür konkrete Handlungen und Entscheidungen vorzugeben. • Koordinationsfunktion: Ziele ermöglichen eine Harmonisierung differen- zierter Aktivitäten unterschiedlicher Bereiche. 168 Duhnkrack, T. (1984), S. 118. 169 Vgl. Heinen, E. (1976), S. 1. 170 Vgl. Kapitel 4.1.5.2.2. 171 Eine Darstellung der Differenzierungsmöglichkeiten unternehmerischer Ziele findet sich bei Schmidt-Sudhoff., U. V. (1967), S. 93ff. 172 Vgl. Pippke, W. (1997), S. 290; vgl. Breisig, T. (2001a); vgl. Breisig T. (2001b). 173 Vgl. Bea, F. X., u.a. (1997), S. 67f.; vgl. Adam, D. (1996), S. 99 ff.; vgl. Amshoff., B. (1993), S. 151ff. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 109 • Motivations- und Anreizfunktion: Ziele stellen einen persönlichen Leistungsanreiz dar und tragen damit zur Leistungssteigerung bei. • Bewertungsfunktion: Handlungsoptionen bzw. Strategien können nur in Bezug auf ihren Beitrag zur Zielerreichung bewertet werden. • Kontrollfunktion: Ziele sind Vorgaben, welche mit den realisierten Ergebnissen im Sinne von Zielerreichungs- bzw. Abweichungskontrollen verglichen werden können. Ein Ziel kann als die ausformulierte Beschreibung des angestrebten Sollzustandes bezeichnet werden. Um eine am Ergebnis orientierte Steuerung zu ermöglichen, haben Ziele unterschied- lichen Kriterien zu genügen (Leistungs- und Finanzziele).174 Ziele sind an konkrete Produkte oder Leistungen des Unternehmens zu binden. Sie sind eindeutig schriftlich festzulegen (Kon- traktform),175 um Unklarheiten auf beiden Seiten zu vermeiden. Zudem sollten Ziele in der Weise vorgegeben werden, dass der Lösungsweg unabhängig von der Zielvorgabe gewählt werden kann. Zielvorgaben haben motivierend, herausfordernd und konfliktbereinigend zu sein. Eine weitere Grundvoraussetzung der Zielvereinbarung ist es, dass der Grad der Zielerreichung durch das eigene Verhalten beeinflusst werden kann. Ziele haben realisierbar zu sein, was nicht ausschließt, Ziele anspruchsvoll festzulegen. Insgesamt soll die Zielerreichung sowohl für die Gesamtorganisation, die Fachabteilung, als auch für den Einzelnen vorteilhaft sein. Damit eine Kontrolle der Zielerreichung ermöglicht werden kann, haben Ziele messbar und bewertbar zu sein. Nur auf diese Weise kann der Grad der Zielerreichung und das Leistungsniveau festgestellt und auf Basis definierter Leistungsstandards beurteilt werden.176 In den Zielvereinbarungen können quantitative Größen (z.B. Leistungsumfang, Kosten oder Ter- mine) oder qualitative Größen festgeschrieben werden.177 Bei qualitativen Größen werden die Merkmale der Leistungsergebnisse umschrieben. Ein Beispiel eines qualitativen Standards ist die „hohe Kundenzufriedenheit“ oder die „Servicebereitschaft“. Ist es jedoch nicht möglich, ein Ziel mit einem Standard zu verbinden, sollten Maßnahmen vereinbart werden, die geeignet er- scheinen, das angestrebte Ziel zu erreichen und für die Messung abzubilden.178 Für die 174 Vgl. KGSt (1998), S. 24f. 175 Vgl. Kapitel 4.2.3.3. 176 Ein denkbarer Leistungsstandard bei dem Ziel „Kostensenkung“ wäre ein finanzieller Absolutbetrag gegenüber dem Vorjahr. Hierdurch wird das Ziel konkretisiert und eine Zeitvorgabe gemacht. 177 Vgl. Kapitel 3.3.1.5. 178 Hierbei ist zu beachten, dass die Gefahr besteht, das Ziel zu vernachlässigen und als Orientierungsmaßstab lediglich die Maßnahmen zu sehen. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 110 Energiewirtschaft bietet sich damit die Möglichkeit der Integration des Performance Measure- ments im Sinne einer gezielten Steuerung der Dienstleistungsorientierung über die Messung von Wirkungskomponenten (Outcome).179 4.2.2.2 Grundsätzliche Strukturierung der Steuerungskonzeptionen Grundsätzlich können Ziele partizipativ von Anfang an in einem wechselseitigen Verhandlungs- prozess zwischen der Unternehmensführung und der untergeordneten Einheit entwickelt werden. Auf höherer Ebene bieten sich hierfür Workshops oder Klausurtagungen an. Die Unternehmens- führung ist jedoch meist durch ihre fehlende Detailkenntnis auf entscheidungsrelevante Vor- schläge aus den operativen Bereichen angewiesen. Im so genannten Gegenstromverfahren werden diese von Mitarbeitern unterschiedlicher Ebenen mit den Vorstellungen der Unter- nehmensführung abgeglichen. Auch die einzelnen Mitarbeiter haben detaillierte Vorstellungen über die Ziele ihrer Handlungen. Die Ausformulierung einer transparenten Zielstruktur im Sinne eines Zielsystems aus den internen Zielen der Mitarbeiter kann Unklarheiten identifizieren und Widersprüche beseitigen. Der Zielbildungsprozess identifiziert individuelle Finanz- und Leistungsziele, welche im Ein- klang mit der Unternehmensstrategie stehen.180 Zudem werden die strategischen Ziele als kon- kretisierte Ziele oder als Rahmen für die Zielvereinbarung vorgegeben. Die Strategieebene wird auf diese Weise über direkte Maßnahmen zur Zielerreichung auf allen organisatorischen Ebenen konkretisiert. Da es mit Hilfe von einzelnen Zielen oft nicht möglich ist die komplexen Auf- gaben darzustellen, werden für unterschiedliche Einheiten komplette eigenständige Zielsysteme entwickelt. Die strategischen Oberziele, welche in komprimierter Form die Strategie des Unter- nehmens abbilden, werden in Teilziele auf Bereiche oder Strategiebestandteile aufgegliedert. Die Teilziele haben alle Aspekte der Oberziele abzudecken. Die Oberziele gelten als erreicht, wenn sämtliche Teilziele realisiert sind. Die taktischen Ziele eines Unternehmens sind zwischen der Unternehmensführung und den nachgelagerten Führungsebenen zu vereinbaren. Sie haben kurz- bis mittelfristige Zeitrahmen und müssen prüf- und messbar sein. Zu nennen sind die Leistungsziele (Außenorientierung) und die Ressourcenziele (Innenorientierung). Operative Ziele sind die individuellen Vereinbarungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, welche die Grundvoraussetzung für die Zielverein- barungsgespräche darstellen. 179 Vgl. Kapitel 3.3.1.5.2. 180 Vgl. Kapitel 4.2.1.1. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 111 Die eigentliche Aufgabe der Erarbeitung von Zielsystemen besteht darin, die Oberziele in Teilziele und Unterziele aufzuspalten. Um sicherzustellen, dass alle Teilaspekte berücksichtigt werden, ist der Sachverstand aller Beteiligten einzubeziehen. Die Erstellung des Zielsystems ist damit ein kollektiver und kreativer Lernprozess. Lernerfolge stellen sich jedoch nur ein, wenn regelmäßig der Zielerreichungsgrad festgestellt wird. Hierfür ist es wiederum notwendig, messbare Ziele zu vereinbaren. Die Erstellung des Zielsystems liefert die Orientierung für die individuelle Zielvereinbarung. Bei einem korrekten Aufspalten der Ziele bis in die operativen Einheiten kann auf allen Ebenen des Unternehmens ein Zielfindungs- und Zielvereinbarungsprozess erfolgen, der sich mittelbar an der Vision und am Leitbild des Unternehmens orientiert.181 In diesem Zusammenhang ist es entscheidend, dass die Zielvereinbarungen im Einklang mit dem Zielsystem gebildet werden. Diese zielsystemkonforme Entwicklung kann auf unterschiedlichen Wegen begünstigt werden. Zum einen besteht die Möglichkeit, bei der Festlegung der individuellen Kontraktziele das Ziel- system als einen koordinierenden Rahmen zu sehen. Für jedes Einzelziel ist hierbei die Konfor- mität zum Zielsystem zu hinterfragen.182 Zum anderen ist es möglich, weitere Ziele in den Kontraktinhalt einzubeziehen.183 Insbesondere bei Kontraktzielen, welche nicht direkt in einem Zusammenhang mit dem Zielsystem stehen, ist es hilfreich, einen sinnvollen Bezug herzustellen. Einer Verfehlung des angestrebten Zielinhaltes kann bei dieser Vorgehensweise umfassend vorgebeugt werden, da durch ein Zielbündel die eigentliche Richtung für beide Kontraktpartner schnell zu identifizieren ist. Innerhalb der ausformulierten Geschäftsfeldstrategien können die Bereichskontrakte nur eine begrenzte Anzahl von Informationen enthalten. In der Zielfindungsphase sind deshalb Schwer- punkte zu setzen. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, eine Systematisierung der unternehmeri- schen Ziele vorzunehmen. Dieses kann auf Basis unterschiedlicher Produkte oder orientiert an den internen und externen Dienstleistungen erfolgen. In der Literatur wird eine Untergliederung in die Zielfelder Finanzwirtschaft, Kundenorientierung, Zukunftsfähigkeit extern und Zukunfts- fähigkeit intern vorgeschlagen.184 Diese Zielfelder können die Ausgangslage zur Erstellung einer Entscheidungsmatrix bilden. Sie stehen in einem engen Zusammenhang zu den vorgestellten Zielstrukturen sowie zu den verschiedenen Perspektiven einer Balanced Scorecard. Ausgangs- grundlage sollten zudem die individuellen Erfolgspotenziale und die zugehörigen Erfolgsfak- toren des jeweiligen Unternehmens bilden. 181 Vgl. Wewer, G. (1998), S. 225ff. 182 Vgl. Kapitel 7.3.2. 183 Unter einem Kontrakt wird in diesem Zusammenhang die ausgehandelte und schriftlich fixierte Zielvereinbarung verstanden. Vgl. KGSt (1998), S. 10. Vgl. Hierzu auch Kapitel 4.2.3.1. 184 Vgl. KGSt (1998), S. 24. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 112 4.2.2.3 Zielmessung als wesentlicher Steuerungsbestandteil Die Zielmessung ist ein wesentlicher Bestandteil der Zielsteuerung. Gibt ein Indikator den Grad der Zielerreichung falsch oder nur unzureichend genau wieder, so kann die Leistung der Mit- arbeiter nicht oder nur unzureichend beurteilt werden. Bei fehlender Beurteilungsgrundlage ist jedoch auf Anreiz- und Sanktionswirkungen zu verzichten. In der Folge wird das Verhalten der Mitarbeiter negativ beeinflusst, da sich eine übermäßige Anstrengung zur Zielerreichung bei fehlender Messbarkeit nicht mehr rentiert. Ein kontraktwidriges Verhalten kann zudem nicht mehr hinreichend bestimmt werden und Sanktionen bleiben aus. Die ziel- und ergebnisorientierte Steuerung ist damit nicht mehr realisierbar, die Zielsteuerung hat ihren Sinn verloren. Für die Energiewirtschaft würde dieses bedeuten, dass Bereichsegoismen nicht angegangen und der Monopolgedanke nicht i.S.d. Durchsetzung eines wertschaffenden, wirtschaftlichen Verhaltens zur Generierung einer angemessenen Rendite durch ein zentrales Steuerungsinstrument über- wunden werden könnte. Bei der Zielbestimmung sollte jedoch der Indikatorbezug nicht dominieren. Es ist nicht entschei- dend messbare Ziele zu finden, sondern Ziele messbar zu machen. Die eigentlich anzustrebenden Ziele haben stets im Mittelpunkt zu stehen.185 Ist ein anzustrebendes Ziel nicht oder nur sehr schwer durch Indikatoren zu messen, ist es trotzdem nach Möglichkeit nicht zu vernachlässigen. In diesem Fall sind Unterziele oder Teilziele zu bilden, bei denen der Grad der Zielerreichung möglichst vollständig bestimmbar ist. Die Zielerreichung der übergeordneten Ziele ist mit Hilfe dieser messbaren Unter- oder Teilziele zu begünstigen. An die Indikatoren der Zielsteuerung werden eine Reihe von Anforderungen gestellt. Meist ist es jedoch nicht möglich, dass ein Indikator allen Kriterien gleichzeitig genügen kann:186 • Adäquanz: Eignung zur Beobachtung der entsprechenden Entwicklung. • Relevanz: Leistung eines hohen Erklärungsbeitrages. • Integrierbarkeit: Möglichkeit der Verknüpfung mit unterschiedlichen Zielebenen.187 • Eindeutigkeit: Indikatorname macht deutlich, was gemessen wird. • Vergleichbarkeit: Gewährleistung einer Vergleichbarkeit im Sinne eines Benchmarkings. • Stetigkeit: Stufenlose Ermittlung des Grades der Zielerreichung. • Zuordbarkeit: Zuordnung persönlicher Leistungsbeiträge zum erreichten Leistungsziel. 185 Vgl. Kapitel 3.3.1.5.2. 186 Vgl. Müller-Stewens, G. (1998), S. 38. 187 In Bezugsetzung des täglichen Handelns mit Leitbild, Strategie und vereinbarten Individualzielsetzungen. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 113 • Komplementarität: Darstellung der Gesamtzielerreichung durch komplementäre Ergänzung der Indikatoren zu einem umfassenden und überschaubaren Gesamtsystem. • Verfügbarkeit: Zielerreichungsaussagen sind kurzfristig zu treffen. Die Bestimmung des Berechnungsverfahrens für einen Indikator kann trotz oder gerade wegen dieser Kriterien zu erheblichen Problemen führen. Wenn die individuellen Ansichten über eine „faire Messung“ stark differieren, sollte jedoch nicht mit Hilfe eines ingenieurwissenschaftlichen Ansatzes eine richtige Messgrößenbestimmung gesucht werden. Ein zu empfehlender Weg liegt in einem konsensorientierten Ansatz.188 4.2.2.4 Wesentliche Problembereiche der Steuerung Für die Phasen der Zielfindung und -vereinbarung besteht die Gefahr, dass Ziele zu niedrig ver- einbart werden, da die Kontraktpartner ihre Ziele selbständig aushandeln. Dieses liegt nahe, da ein gutes Ergebnis für beide Kontraktpartner von Vorteil ist. Um diesem vorzubeugen, ist zu empfehlen, die Angemessenheit und den Realitätsgehalt der vereinbarten Kontraktinhalte über zwei Instrumente zu überprüfen. Zum einen bietet sich ein übergeordnetes Controlling und zum anderen Leistungsvergleiche im Sinne eines Benchmarkings an. Eine Zielvereinbarung erfolgt zudem unter Unsicherheit. Die Erreichung eines Ziels wird durch viele nicht oder nur sehr schwer zu beeinflussende und meist nicht vorherzusehende Einfluss- faktoren mitbestimmt. Negative Folgen dieser Unsicherheitsfaktoren können darin bestehen, dass die Kontraktpartner nicht bereit sind, sich auf eine Zielvereinbarung einzulassen. Um diesem entgegenzuwirken, sollte versucht werden, ein richtiges Kontraktverständnis bei den Beteiligten zu erzeugen.189 D.h. wenn eine Zielerreichung nicht realisiert werden kann, sollte es dem Kontraktnehmer möglich sein, die Ziellücke zu rechtfertigen und das Ziel zu korrigieren. Zielvereinbarungen werden im Unternehmen auf unterschiedlichen Ebenen geschlossen. Hierbei ist es möglich, dass Kontraktziele horizontal und vertikal in Konflikt zueinander stehen. Wenn Kontrakte nur punktuell und unkoordiniert geschlossen werden, ist diese Gefahr besonders groß. Um das insgesamt angestrebte einheitliche Handeln aller Beteiligten zu erreichen, ist eine Gesamtkoordination aller Kontrakte zu verwirklichen. Bei der Zielfestlegung sollte deshalb durch das Controlling gewährleistet werden, angestrebte Ziele mit über- oder nebengeordneten Zielen zu vergleichen und aufeinander abzustimmen, um eventuelle Zielkonflikte auszuschlie- 188 Vgl. Delphi-Verfahren bei Nieschlag, R., u.a. (1988), S. 807ff. 189 Ein praktikabler Lösungsansatz besteht in der Vereinbarung von Wirkungszielen; vgl. Kapitel 3.3.1.5.2. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 114 ßen. Bestehen bei unterschiedlichen Kontraktpartnern starke Zielabhängigkeiten, besteht ein Lösungsansatz in einer gemeinsamen Verpflichtung. Bei diesen Zielverknüpfungen werden unterschiedliche Kontraktpartner gemeinsam auf ein Ziel verpflichtet und gemeinsam an der Zielerreichung gemessen.190 4.2.3 Die Zielvereinbarung als das wesentliche Element der Zielsteuerung Wesentliches Element der Zielsteuerung ist die Zielvereinbarung im eigentlichen Sinne und damit der Zielvereinbarungsprozess. Er überführt die von Seiten der Unternehmensführung angestrebten Ziele in die konkrete Handlungsebene. Damit erfolgt eine Konkretisierung der übergeordneten Zielvorstellung auf Basis individueller Zielvereinbarungen in die Verantwortung des jeweiligen Mitarbeiters. Die nachfolgenden Ausführungen vermitteln hierzu einen thema- tischen Einblick. In die Ausführungen einbezogen wird zudem das kommunalgeprägte Kontrakt- management, welches im Zusammenhang des „Neuen Steuerungsmodells“ für die komunale Steuerung bekannt wurde.191 4.2.3.1 Grundsätze der Zielvereinbarung Der Zielvereinbarungsprozess i.S.d. Zielsteuerung i.e.S. reicht von der individuellen Zielplanung bis hin zur Zielkontrolle. „Ein Kontrakt ist eine verbindliche Zielabsprache über einen festgelegten Zeitraum und enthält insbesondere die zu erstellenden Leistungen/Produkte nach Quantität und Qualität (Leistungsziele); das hierfür vereinbarte Budget (Finanzziele); sowie Inhalt und Art der Berichterstattung über das tatsächlich erzielte Ergebnis.“192 Die Zielsteuerung führt zu einem formalisierten, geregelten Verfahren zwischen den Kontraktpartnern. Der Zweck der Zielsteuerung besteht darin, die hierarchische und auf Einzelanweisungen beru- hende Steuerung in dem Unternehmen durch eine ergebnisorientierte Steuerung abzulösen. Leistungs- und Finanzziele werden vereinbart und schriftlich fixiert. Eine Berichterstattung er- möglicht die Steuerung und Kontrolle der Zielerreichung.193 Der Gedanke der Motivation durch Zielvorgabe wird durch das Führen über Ziele auf die gesamte Organisation übertragen. Die übergeordneten Ziele des Unternehmens werden im Idealfall in die Ziele der Geschäftsbereiche, Hauptabteilungen, Abteilungen, Arbeitsgruppen und Mitarbeiter transformiert. Jedes einzelne Mitglied der Organisation hat somit konkrete Vorgaben und ein gewisses Zeitlimit, um die vereinbarten Ziele zu erreichen. 190 Vgl. KGSt (1998), S. 26f. 191 Vgl. Jann, W. (1998), S. 70-79. 192 KGSt (1998), S. 10. 193 Vgl. ausführlich Hill, H. (1995), S. 42-46. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 115 Die Kontraktvereinbarungen werden auf unterschiedlichen organisatorischen Ebenen geschlos- sen. Der Differenzierungs- und Konkretisierungsgrad der Kontrakte ist je nach Kontraktebene unterschiedlich. In den Zielvereinbarungsgesprächen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter besteht der höchste Differenzierungs- und Konkretisierungsgrad. Die Grundsätze der Steuerung über Ziele lassen sich wie folgt zusammenfassen: • Dezentralisierung von Verantwortung; • Delegation von Kompetenzen; • Entwicklung von der Input- zur Output-/Outcome-Kontrolle; • Steuerung über positive, motivierende Anreize; • Förderung einer Identifizierung mit der Organisation und mit den Aufgaben; • Partizipation und kooperativer Führungsstil.194 Die Kontraktziele werden zwischen dem jeweiligen Vorgesetzten und dem Mitarbeiter indivi- duell vereinbart. Die Kontrakte binden die Kontraktpartner an die ausgehandelten Ziele (Selbst- bindung) und bieten beiden Seiten eine zuverlässige Vertrauensgrundlage. Ein wesentliches Kennzeichen ist hierbei die gemeinsame Zielerarbeitung und -festlegung. Kontrakte können nicht einseitig verordnet werden, sondern sind zwischen den Partnern auszuhandeln. Der Ziel- steuerung liegt somit ein partizipativ-kooperatives Verständnis zu Grunde. Hier steht die Erkenntnis im Vordergrund, dass Ziele engagierter und motivierter angegangen werden, wenn Mitarbeiter sich einbringen können und den Sinn und Zweck ihres Handeln verstanden und akzeptiert haben. Veränderte Umfeldbedingungen sollten zudem eine Zielkorrektur ermöglichen. In diesem Fall sind Ziele ggf. neu zu verhandeln. Nach Ablauf des Planungszeitraums werden die Ziele mit den Ergebnissen abgeglichen. Dies ist Grundlage für die Mitarbeiterbeurteilung. Eine wesentliche Voraussetzung für die Zielsteuerung besteht darin, dass die Aufgabenumwelt eine hinreichende Stabilität aufweist, um Ziele planbar zu machen. Bei den Mitarbeitern sollte zudem ein beträchtliches Autonomie- und Leistungsbedürfnis vorliegen. Die Ziele haben operationalisierbar zu sein, d.h. sie müssen nicht nur festgelegt werden können sondern sollten auch messbar sein. Damit die Mitarbeiter sich individuell einbringen können, ist die Delegation von Entscheidungsbefugnissen eine notwendige weitere Grundvoraussetzung.195 194 Vgl. Wewer, G. (1998), S. 227. 195 Vgl. Wewer, G. (1998), S. 228. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 116 Nach Eisenführ lassen sich die aus der Zielsteuerung ableitbaren Vorteile zusammenfassen.196 Zunächst besteht eine Orientierung sämtlicher Tätigkeiten auf allen Ebenen an übergeordneten Zielen. Durch die Zielsteuerung wird damit eine umfassende Transparenz über die zu erbrin- gende oder die erbrachte Leistung und die damit verbundenen Kosten geschaffen. Durch an- spruchsvolle, erreichbare und spezifische Ziele wird zudem eine Motivationssteigerung bewirkt. Die bestehende neue Zielorientierung, welche die alte ineffektive Weisungsorientierung ablöst, bewirkt darüber hinaus eine umfassende Kreativitätssteigerung und zugleich fördert die periodische Erfolgskontrolle die ergebnisorientierte Selbstkontrolle. Insgesamt führt dies zu einer Stärkung der Autonomie der Mitarbeiter und damit zu der in der Energiewirtschaft notwen- digen Wettbewerbsausrichtung über motivierte und sensibilisierte Mitarbeiter. Aus diesen Vorteilen lassen sich zwei wesentliche Ziele dieses Steuerungsinstrumentes ableiten. Zum einen wird die Verantwortung dezentraler Einheiten, wie Abteilungen oder Gruppen, entscheidend gestärkt, zum anderen wird die zentrale bzw. übergeordnete Steuerung gesichert. Es wird eine Balance zwischen dezentraler Verantwortung und zentraler Steuerung hergestellt und damit eine effektive Wahrnehmung der Steuerungsfunktion im Gegensatz zur sonstigen zeit- aufwendigen Detailsteuerung geschaffen. Die Freiräume für die dezentralen Einheiten fördern darüber hinaus Kreativität, Flexibilität, Eigeninitiative, Eigenverantwortlichkeit und somit Wirt- schaftlichkeit, Qualität und Kundenorientierung.197 4.2.3.2 Elemente der Zielvereinbarung Die Zielsteuerung beabsichtigt eine Veränderung hin zu einer eigenverantwortlichen und ledig- lich auf Zielvereinbarungen beruhenden Unternehmenssteuerung. Dieses wird durch das Ziel- element, das Vereinbarungselement und das Steuerungselement ermöglicht (vgl. Abbildung 19). Nur eine Verknüpfung dieser drei einzelnen Elemente ermöglicht eine langfristige Realisierung der Intention der Zielsteuerung.198 Ziel- element Steuerungs- element Vereinbarungs- element Abbildung 21: Elemente der Zielsteuerung 196 Vgl. Eisenführ, F. (1996), S. 149f. 197 Vgl. KGSt (1998), S. 10f. 198 Vgl. KGSt (1998), S. 12f. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 117 Die Zielsteuerung steuert über Zielvereinbarungen. Hierfür ist es notwendig, dass Kontrakte Ziele enthalten. Die strategischen und unternehmenspolitischen Ziele haben hierfür genau beschrieben und in den Kontrakten verständlich und eindeutig festgehalten zu werden. Dies gilt für Kontrakte auf allen Ebenen bis hin zu den Individualzielen: • Ziele stellen die Grundlage von spezifischen Informationen dar; • Ziele ermöglichen eine effektive Planung und schaffen dadurch Sicherheit; • Zielgerichtete Entscheidungen benötigen eine klare Basis, damit nicht zögernd oder unkoordi- niert gehandelt wird; • Ziele ermöglichen gesteuerte Handlungsumsetzungen im Sinne einer Gesamtkoordination; • Ziele ermöglichen Erfolgskontrollen durch Soll-Ist-Vergleiche und schaffen damit Maßstäbe; • Ziele liefern die Grundlage für Abweichungskorrekturen. Hieraus ergibt sich eine gute Basis für Verbesserungen oder Innovationen; • Ziele sichern damit insgesamt eine erfolgsbezogene Entwicklung. Die Zielsteuerung steuert über Zielvereinbarungen. Hierfür ist es notwendig, dass Ziele verein- bart werden. Kontrakte sind Zielvereinbarungen, die in einem partizipativ-kooperativen Ver- hältnis ausgehandelt werden. Der Mitarbeiter wird hierbei in den Zielfindungsprozess integriert. Der beidseitig bindende Kontrakt ist das Ergebnis eines partnerschaftlichen Prozesses. Begrün- det wird dieses Vorgehen damit, dass Zielvereinbarungen durch partnerschaftliche Festlegung eine realistischere Grundlage verkörpern. Im Ergebnis besteht eine bessere Akzeptanz, aus welcher ein höherer Zielerreichungsgrad durch gesteigerte Motivation resultiert. Die Zielsteuerung steuert über Zielvereinbarungen. Hierfür ist es notwendig, dass zentrale Ein- heiten mit steuerungsrelevanten Informationen versorgt werden. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Zielsteuerung ist die Berichterstattung. Durch diese werden die benötigten Informationen adressatengerecht den Steuerungsinstanzen zur Verfügung gestellt. Hierbei ist darauf zu achten, dass Informationen nach oben aggregiert und quantitativ wie qualitativ verdichtet werden. 4.2.3.3 Kontraktinhalte der Zielvereinbarung Die Kontraktinhalte stellen die ausgehandelten Vorgaben dar, welche den dezentralen Einheiten zur Leistungserstellung über die Zielvereinbarungen auferlegt werden. Sie sollen die Leistungs- erstellung begünstigen, aber auch den Rahmen abstecken, der nötig ist, um eine Gesamt- koordination zu ermöglichen. Zudem wird durch die Kontraktinhalte auf mögliche Folgen bei unterschiedlichen Entwicklungen hingewiesen (Anreize/Sanktionen). Um geeignete Vorgaben 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 118 für eine Koordination durch das Controlling zu erhalten, kann bei der Festsetzung der Kontrakt- inhalte eine Orientierung an dem Prozess der Leistungserstellung erfolgen. Der Zweck der Zielsteuerung besteht in einer ziel- und ergebnisorientierten Steuerung der dezen- tralen Einheiten „auf Abstand“ und einer Koordination dieser untereinander bzw. i.S.d. gesamt- unternehmerischen Zielsetzung. Die Vorgaben in den Kontraktinhalten sollten sich deshalb nicht auf individuelle Verfahrensfragen oder Vorgaben im Sinne von engen und detaillierten Um- setzungsregeln beziehen. Wesentliche Ansatzpunkte bilden die Input- und Ergebnisgrößen und damit die eigentliche Zielerreichung. Hierzu zählen auch Vereinbarungen über die zu erzie- lenden Wirkungen der Handlungen bzw. über mögliche Produktbündel, welche im Verbund mit anderen Zielvereinbarungen bestimmte beabsichtigte Wirkungen erzielen können.199 Die nach- folgende Abbildung 22 vermittelt einen zusammenfassenden Überblick zwischen den Input- Größen, der Produktion und dem Ergebnis in Form des Outputs bzw. des Outcomes. Arbeits- schritt Arbeits- schritt Finanzmittel Personal Betriebsmittel Anlagen Gebäude ... Wertschöpfung Produkte Handlungen Arbeits- ergebnisse Ziele Wirkungen Input Produktion Output Outcome Arbeits- schritt Abbildung 22: Prozess der Leistungserstellung200 Bei einem Fokus auf die Produktionsaufträge können die Kontraktinhalte auf drei unterschied- liche Dimensionen bezogen werden. Die Leistungsziele benennen die betroffenen Produkte, Produktkombinationen oder zu erbringende Dienstleistung und definieren den gewünschten Leistungsumfang. Die Finanzziele geben den monetären Rahmen vor, der zur Produkt- oder Leistungserstellung eingesetzt werden darf. Die Qualitätsziele sind als dritte Dimension notwen- dig, damit die angestrebten Wirtschaftlichkeitsverbesserungen nicht über Qualitätsreduzierungen erreicht werden. Qualitätsziele sind produkt- und leistungsspezifische Standards und Kriterien, welche die Eigenschaft eines Produktes oder die Qualität einer Dienstleistung definieren. Zu nennende Beispiele sind neben der Produktqualität und der Versorgungssicherheit in der Energieversorgung Fragen der Fachlichkeit, Sachgerechtigkeit, Rechtmäßigkeit, Richtigkeit und Servicequalität bei der Dienstleistungserbringung.201 199 Vgl. Kapitel 3.3.1.5.2. 200 Abbildung in Anlehnung an Rembor, R.-P. (1997), S. 51. 201 Rembor, R.-P. (1997), S. 112ff. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 119 Die Abbildung 23 zeigt zusammenfassend einen Beispielkontrakt als Leistungsvereinbarung. Auf eine Darstellung weiterer Kontraktinhalte soll an dieser Stellen verzichtet werden.202 Kontrakt I. Rahmenvereinbarungen Definition der Fach- und Ressoucenverantwortung II. Leistungsvereinbarungen Umsetzungsregelungen - Kontraktpartner (Unternehmensführung - Leistungserbringer) - Produkt-/ Projektnummer, Projekt, Tätigkeit etc. - Laufzeit (i.d.R. Geschäftsjahr) Inputziele - Finanzziele - Gesamtausgaben pro Jahr - Ausgabenbestandteile - Einnahmen - Investitionsvolumen - "Miete" für Nutzung von Einrich- tungen der Zentrale, Dritter - Kostenziele - Kosten pro Leistungseinheit - Gesamtkosten pro Jahr - Erfolgsziele/Wirtschaftlichkeitsziele - Kostendeckungsgrad - Zuschussedarf Outputziele - Leistungen und Produkte - Mengenziele - Qualitätsziele - produktbezogene Qualität - rechtlich einwandfreie Aufgabenerfüllung - Sachgerechtigkeit, Fachlichkeit - Richtigkeit, Aktualität - Versorgungsgrad, Verfügbarkeit - kundenbezogene Qualität - Erreichbarkeit/Öffnungszeiten - Räumlichkeiten - Preis- und Entgeltregelungen - Sondervereinbarungen - Berichterstattung und Nachweise - Leistungsberichterstattung - Finanz-, Kostenberichterstattung - Erfolgsnachweis - Indikatoren - Anreiz und Sanktionen - pos.: Verbleib der Einsparung, Ausschüttung, Prämien - neg.: Maßnahmen bei Nicht- oder Schlechterfüllung - Öffnungsklauseln und Konfliktregelungen Verfahrensmäßige Einordnung: - Leitbild/Strategie des Unternehmens - Zielkonferenzen - Vorleistungen der Zentrale (Beratung, Qualifikation) Inhaltliche Einordnung - Stand des Wissens - strategische Ziele, Outcomeziele - Zielherkunft (Gesetze, Markt etc.) - mittelfristige Planung - Dezentrale Kompetenzen - Verantwortlichkeiten - individuelle Vorbehalte - Rückkopplungspflichten Abbildung 23: Beispiel eines Kontraktes als Leistungsvereinbarung203 202 Eine ausführliche Darstellung der Thematik findet sich bei Rembor. Er unterscheidet je nach Umfeld und Ziel des jeweiligen Kontraktes zwischen verschiedenen Kontraktformen. Vgl. Rembor, R.-P. (1997), S. 112f. 203 Abbildung in Anlehnung an Rembor, R.-P. (1997), S. 129. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 120 Durch die kommunale Gemeinschaftsstelle in Köln (KGSt) wurden die wesentlichen Vorteile des Kontraktmanagements resp. der Zielsteuerung in Bezug auf die Steuerung von Organisa- tionen bereits im Rahmen des Ende der 80er Jahre entstandenen „Neuen Steuerungsmodells“ des New Public Controllings beschrieben.204 Demnach bestand „der entscheidende Vorteil bei der Einführung des Kontraktmanagements [...] vor allem in der Kosten- und Leistungstransparenz. Die Erfahrung zeigt, dass die dezentralen Einheiten bereits im Prozess der Kontraktver- handlungen in verstärktem Maße ergebnisbezogen über die zu erstellenden [...] Leistungen nachdenken und zudem ein stärkeres Gesamtinteresse für ihren Bereich entwickeln. Transparenz, Motivation und Zielorientierung steigen und sollten Sanktionen grundsätzlich überflüssig machen.“205 Die integrierte Steuerung über das Instrument der Zielsteuerung kann dieser Aus- sage zur Folge einen weitreichenden Beitrag zur Unterstützung des kulturellen Wandels in Richtung einer wettbewerbsgerechten Personal- und Organisationsentwicklung im Sinne einer effizienten Gesamtsteuerung energiewirtschaftlicher Unternehmen leisten. Qualifizierung, Moti- vation und Sensibilisierung stehen hierbei im Betrachtungsmittelpunkt. 4.2.4 Rahmenbedingungen für die Steuerung über Zielvereinbarungen Zur erfolgreichen Umsetzung des Konzeptes der Zielsteuerung bedarf es der Einhaltung unter- schiedlicher Rahmenbedingungen. In den nachfolgenden Ausführungen werden die wesentlichen drei Rahmenbedingungen der Zielsteuerung aufgezeigt. Hierzu werden die Budgetierung, die dezentrale Ressourcenverantwortung und das Kontrakt-Monitoring als die Form des kommunal- nahen Berichtswesens der Zielsteuerung dargestellt und vor dem Hintergrund der Anforderungen an die unternehmerische Zielsteuerung diskutiert. 4.2.4.1 Budgetierung als zentrales Element Die Budgetierung ist ein zentrales Element der Zielsteuerung. Sie stellt den Entscheidungsträ- gern der unterschiedlichen Fachbereiche einen finanziellen Rahmen, das Budget, zur Verfügung, welches eigenverantwortlich zu bewirtschaften ist und innerhalb dessen die vorgegebenen Leistungs- und Finanzziele angestrebt werden.206 Auf Managemententscheidungen zurückzu- führende Mehr- und Minderbedarfe sind innerhalb des Budgets auszugleichen. Damit in den Abteilungen Anreize bezüglich einer zusätzlichen Einnahmenbeschaffung entstehen, sind beein- flussbare Einnahmen in das Budgetierungsverfahren einzubeziehen. Das Budget stellt damit die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben dar.207 204 Vgl. KGSt (1993). 205 KGSt (1998), S. 14. 206 Vgl. Dichtel, E., u.a. (1994), S. 353. 207 Vgl. Smeddinck, F. (1998), S. 111-118. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 121 Grundsätzlich kann zwischen zwei Budgetierungsformen unterschieden werden. Bei der input- orientierten Budgetierung werden Hauptabteilungen, Abteilungen oder Gruppen bestimmte Budgets pauschal zur Verfügung gestellt. Von einer output-orientierten Budgetierung kann ge- sprochen werden, wenn die Zuweisung der Mittel an bestimmten Produkten, deren Menge und Qualität ausgerichtet wird. Die output-orientierte Budgetierung stellt damit einen Bezug zur Eigenverantwortung her, indem eine Orientierung an der Zielerreichung erfolgt.208 Die Fach- bereiche erhalten bei dieser Budgetierungsform die Entscheidungskompetenz über Finanzmittel- einsatz und -verwendung zweckorientiert zur Verfügung gestellt. Bestehende Zielgrößen werden in Kontraktform vereinbart oder sind durch fixe Unternehmensziele vorzugeben.209 Organisatorisch getrennte Einheiten im Sinne von Verantwortungszentren sind die Grundvor- aussetzung einer systematischen Ressourcensteuerung.210 Ergebnisorientierte Verfahren (Kosten- und Leistungsrechnung, Controlling, output-orientiertes Rechnungswesen, Wirkungsanalysen) können erst angewandt werden, wenn Kosten und Leistungen zuordbar sind. Der Vorteil dezentraler Strukturen besteht neben geringer Komplexität in einer hohen Transparenz und einfacher Zurechenbarkeit von Kosten und Leistungen. Zudem wird die Möglichkeit der ganz- heitlichen Budgetierung geschaffen und eine Einheit zwischen Entscheidung und Verantwortung initiiert. Letztendlich ist es möglich, wettbewerbsadäquate Mechanismen zu begünstigen.211 Steuerungs- funktionen Planen Entscheiden Vollzug kontrollieren Rechenschaft legen Die Zielsteuerung in einem System dezentraler Ergebnis- und Ressourcenverantwortung Finanz- und Leistungsziele werden diskutiert und Entscheidungsvorschläge erarbeitet (kurz-, mittel- und längerfristige Prognosen). Während des Entscheidungsvollzuges werden Soll und Ist in regelmäßigen Abständen abgeglichen und der Erreichungsgrad bis zum Ende des Vollzugszeitraums abgeschätzt (unterjährige Prognose). Am Ende des Vollzugszeitraums legen die Veranwortlichen Rechenschaft über die Ergebnisse im Finanz- und im Leistungszielbereich ab. Mit der Entscheidung werden die Finanz- und Leistungsziele aufeinander abgestimmt; sie sind das anzustrebende Soll für die jeweils Verantwortlichen. Unter- stützungs- funkt ion N G L L I T R O C O N Abbildung 24: Steuerungsunterstützung durch Controlling212 Die Zielsteuerung bedarf zu ihrer erfolgreichen Umsetzung eines unterstützenden Instrumentari- ums. Ein integratives Planungs- und Controllingsystem versetzt die Abteilungen in die Lage, 208 Die Diskussion über eine effektivere und effizientere Steuerung in Bezug auf die Budgetierung wird kontrovers geführt. Hier wird davon ausgegangen, dass lediglich die output-orientierte Budgetierung in der Lage ist, eine wirtschaftliche Mittelverwendung zu bewirken. 209 Vgl. Wewer, G. (1998), S. 290. 210 Vgl. die Konzeption der Profit Center-Steuerung im Kapitel 4.1. 211 Vgl. Kißler, L. (1997), S. 24. 212 Vgl. Beckhof., H. (1997). 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 122 ihre Budgets output-orientiert zu planen und zu bewirtschaften. Darüber hinaus sind die Ent- scheidungsebenen mit den jeweils für sie relevanten aktuellen Informationen zu versorgen.213 In der Abbildung 24 werden die Grundzüge eines solchen Instrumentariums zusammengefasst. Um sämtlichen in der Abbildung aufgezeigten Ansprüchen an die Zielsteuerung zu genügen, ist die Installation eines ganzheitlichen Controlling-Konzeptes mit systematischer Berichterstattung über Ergebnisse und Abweichungen notwendig. Ein funktionsfähiges Controlling überwacht die Zielsetzungen von Vorhaben, meldet Abweichungen an die Verantwortlichen, deckt Ursachen für Abweichungen auf und initiiert notwendige Kurskorrekturen. 4.2.4.2 Erweiterung durch die dezentrale Ressourcenverantwortung Bei der dezentralen Ressourcenverantwortung wird der Entscheidungsspielraum der dezentralen Einheit gegenüber der Budgetierung erweitert. Diesen Einheiten wird zum einen ein bestimmtes Budget zur Verfügung gestellt, aus dem alle Aufwendungen zu tätigen sind, die im Leistungser- stellungsprozess eines bestimmten Produktes, einer Dienstleistung oder einer Gruppe von Pro- dukten erforderlich werden. Zum anderen wird die Verantwortung für sämtliche Ressourcen, die Organisation der Aufgabenerfüllung einschließlich aller Kompetenzen zur Wahrnehmung der Verantwortung auf die Fachbereiche bzw. Abteilungen übertragen. Durch zentral vorgegebene Regeln können die Ressourcen frei bewirtschaftet, untereinander ausgetauscht oder in das nächste Planungsjahr übertragen werden. Die Verantwortung für das Leistungsergebnis wird damit im Sinne einer persönlichen Ergebnisverantwortung weitestgehend in die Dezentralität verlagert. Entsprechend dem aus der Organisationstheorie bekannten Kongruenzprinzip wird zur Förderung eines wirtschaftlichen Verhaltens eine Übereinstimmung zwischen Aufgabe, Kompe- tenz und Verantwortung geschaffen.214 Die dezentrale Ressourcenverantwortung setzt Zielvorgaben bzw. Zielabsprachen über das Auf- gaben- und Ressourcensoll zwischen den Abteilungen und der Unternehmensführung i.S.d. Kontraktmanagements zwingend voraus. Die Zielerreichung ist regelmäßig durch eine Kontrolle zu überprüfen. Bestehende Kompetenzen der dezentralen Einheiten beziehen sich auf sämtliche operative Bereiche. Über alle Aufwands- und Kostenarten, die in den Leistungserstellungspro- zess integriert sind, kann autonom entschieden werden. Dies sind Personalkosten, Sachkosten für Büroräume, Energie, Büro- und Geschäftsbedarf sowie Kosten der Vorleistungen. 213 Vgl. Steinle, C., u.a. (1998), S. 380 sowie Kapitel 3.1.3.3. 214 Vgl. Jan, W. (1998), S. 74. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 123 Der bewirtschaftenden Abteilung werden bei der dezentralen Ressourcenverantwortung die jeweiligen Mittel pauschal zur Verfügung gestellt. Hierdurch entsteht eine Gesamtverantwortung für den Leistungserstellungsprozess mit stark ausgeweiteten dispositiven Gestaltungsverantwort- lichkeiten. Für den individuellen Fachbereich besteht z.B. die Möglichkeit zu entscheiden, in welchem Verhältnis Personal- und Sachmittel für die Leistungserstellung eingesetzt werden oder ob Vorleistungen innerhalb des Unternehmens oder privatwirtschaftlich bezogen werden. Die verantwortliche Leitung der Abteilungen ist damit vergleichbar mit der Führung einer Konzern- gesellschaft. Auf die Abteilungen wird jedoch ausschließlich die operative Verantwortung übertragen. Die Produktentscheidung und die Ressourcenaufteilung auf die Abteilungen erfolgt weiterhin durch die Unternehmensführung. Budgetierung und dezentrale Ressourcenverantwortung stehen in einem engen Zusammenhang. Wenn die dezentrale Ressourcenverantwortung als eine erweiterte Form der Übertragung von Verantwortung bezeichnet wird, kann sie auch als konsequente Fortführung des Budgetierungs- gedankens betrachtet werden (vgl. Abbildung 25).215 Für die Zielsteuerung ist es bereits ausrei- chend, dass der Kontrakt ein Budget im eigentlichen Sinne, d.h. ein Finanzziel enthält. Optimal für die Zielsteuerung ist jedoch eine Übertragung der gesamten operativen Verantwortung. Budgetierung im neuen Sinne (Finanzverantwortung) Dezentrale Ressourcenverantwortung (Finanz-, Ressourcen und organisatorische Verantwortung) Notwendige Bedingung für das Kontraktmanagement Ideale Bedingung für das Kontraktmanagement Abbildung 25: Budgetierung und dezentrale Ressourcenverantwortung Die Zielsteuerung führt zum Erfolg, wenn sie konkrete Verhaltensänderungen bei den involvier- ten Mitarbeitern bewirkt. Diese haben sich klar definierten und umfassenden Verantwortlich- keiten zu stellen. Damit die Mitarbeiter dieser Aufgabe gerecht werden, haben sie Ressourcen- verantwortung zu tragen und unternehmerisch zu denken. Die nachfolgende Abbildung 26 zeigt abschließend wesentliche Voraussetzungen der dezentralen Ressourcenverantwortung auf.216 215 Vgl. Bertelsmann Stiftung (1997), S. 17ff. 216 Vgl. Bertelsmann Stiftung (1997), S. 50ff. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 124 Systematische Personalentwicklung Ganzheitlicher Gestaltungsanspruch bei Produkterstellung Hierarchieabbau Leitlinien zurPersonalführung Verantwortungs- delegation bewirken Optimale Zielsteuerung Abbildung 26: Voraussetzungen der dezentralen Ressourcenverantwortung 4.2.4.3 Berichterstattung durch das Kontrakt-Monitoring Unter dem Berichtswesen wird „eine dem betrieblichen Informationsbedarf angepasste, geord- nete Struktur aller Berichte“ 217 verstanden. Das Berichtswesen wird in Unternehmen eingesetzt, um Informationsübermittlungsvorgänge zu ermöglichen. Es ermöglicht damit eine Verbindung zwischen dem Ort der Informationsentstehung und dem der Informationsverwendung. Die Ent- scheidungsträger werden durch das Berichtswesen mit den für sie relevanten Informationen in Bezug auf Planung und Kontrolle versorgt.218 Das Berichtswesen hat jedoch in erster Linie die Aufgabe, Kontrollen zu ermöglichen. Gegenstand der Kontrolle sind die erzielten Ergebnisse der dezentralen Einheiten und die Ermittlung der erzielten Wirkungen. Die Aufgabe der Ergebnisberichterstattung besteht darin, die eigentliche Leistungserstellung der operativen Ebene zu erfassen und zu bewerten. Die übergeordneten Stellen sind permanent über alle steuerungsrelevanten Aspekte systematisch zu informieren. Nur hierdurch besteht bei der Zielsteuerung die Möglichkeit, die weitgehend eigenverantwortlich handelnden dezentralen Einheiten zu kontrollieren und damit diese zu steuern. Verdichteter Gesamtbericht Bereichsergebnisse Ergebnisse der Hauptabteilungen Kostenstellenergebnisse, Kostenstellen-Soll-Ist-Vergleich, Kennzahlen der Kostenstellen Berichtsebene Ebene der politischen Entscheidungen Ebene der strategischen Entscheidungen Ebene der taktischen Entscheidungen Ebene der operativen Entscheidungen Entscheidungsebene Führungsebene Geschäftsleitung Bereichsleiter Hauptabteilungsleiter Kostenstellenleiter Abbildung 27: Berichtshierarchie des Unternehmens219 217 Horváth, P. (1994), S. 608. 218 Wenzel veranschaulicht unterschiedliche Berichtszwecke; vgl. Wenzel, P. (1995), S. 203. 219 Abbildung in Anlehnung an Preißler, P. R. (1991), S. 96. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 125 Die unterschiedlichen Organisationsebenen des Unternehmens haben mit den für sie sinnvoll verdichteten Informationen in Bezug auf Planung und Kontrolle versorgt zu werden. Abhängig von der jeweiligen Organisationsebene entsteht auf diese Weise eine Berichtshierarchie, wie ausführlich in der Abbildung 27 aufgezeigt wird.220 Inhaltlich hat sich jedes Berichtswesen am permanent qualitativ und quantitativ verändernden Informationsbedarf (Berichtszweck), an der Fachaufgabe des Senders, an der Hierarchiestufe des Empfängers, am erforderlichen Verdichtungsgrad, am Zeitbezug (Ist- oder Solldaten) und an der Entscheidungsweise auszurichten. Im Interesse einer wirksamen Steuerung sollten die Berichte auch Prognosen und Erläuterungen enthalten. Das Berichtswesen steht im engen Zusammenhang zur Zielsteuerung, da das eigenverantwort- liche dezentrale Handeln der einzelnen Bereiche regelmäßig auf den Grad der Zielerreichung hin zu überprüfen ist. Das Berichtswesen kann damit im weitesten Sinne „als Reaktion auf die Dezentralisierung von Verantwortung durch das Kontraktmanagement“221 angesehen werden. Es ist Bindeglied zwischen Unternehmensführung, Abteilungsleitung und den Mitarbeitern. Zu- gleich hat es die Funktion eines Frühwarnsystems, welches ein rechtzeitiges Gegensteuern er- möglicht. Aus den Steuerungseffekten der Berichte resultiert die große Bedeutung der Berichts- systeme. Die Berichte geben Auskunft über Ist-, Soll- und Wird-Werte und beeinflussen somit das Verhalten der Adressaten. Aufbauende Abweichungsanalysen untersuchen die Abwei- chungsursachen und lösen Korrekturmaßnahmen aus. Die Stärkung der dezentralen Verantwortung der Zielsteuerung findet auch in der Ausgestaltung des Berichtswesens Berücksichtigung. Das Berichtswesen sollte nicht zu einer normen- gebundenen Regelsteuerung führen, sondern sich auf die Einhaltung der in den Zielverein- barungen festgelegten Vorgaben beschränken. Für die dezentrale Einheit zielt das Berichtswesen auf eine Unterstützung zur Selbststeuerung. Es verliert den Kontrollcharakter und wird zu einem Kontrakt-Monitoring.222 Der Schwerpunkt liegt nicht im Detaillierten und Speziellen, sondern zunehmend in der Ergebniskontrolle. Der Erarbeitung von Vergleichsdaten kommt deshalb im Kontrakt-Monitoring eine besondere Bedeutung zu. Diese unterstützen eine objektive und komplexitätsreduzierende Ergebnisbeurteilung.223 220 Vgl. Rembor, R.-P. (1997), S. 156ff. 221 Rembor, R.-P. (1997), S. 161. 222 Monitoring bezeichnet das Beobachten bereits bekannter Phänomene; vgl. Rembor, R.-P. (1997), S. 49f. 223 Vgl. ausführlich die Parallelen zum Strategiecontrolling des Performance Measurements; vgl. Müller-Stewens, G. (1998), S. 41f. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 126 Die zweckmäßige und wirtschaftliche Aufgabenerledigung der Abteilungen steht damit im Mittelpunkt der Kontrakt-Berichterstattung. Das Berichtswesen zur Steuerungskonzeption sollte auf die nachfolgenden kritischen Fragestellungen eingehen: 224 • Verläuft die Selbststeuerung der dezentralen Einheiten entsprechend dem Gesamtziel? • Können externe Vergleichsdaten Leistungsbereitschaft und Innovationsstreben fördern? • Wird das Gesamtinteresse des Unternehmens beachtet und konnte die Kundenorien- tierung verbessert werden? • Sind die Zielvereinbarungen sinnvoll und realistisch oder müssen diese erweitert bzw. eingeschränkt werden? • Ist die Ressourcenausstattung zu hoch oder zu niedrig? • Ermöglicht das Berichtswesen eine Beurteilung und Weiterentwicklung der Produkte, Er- gebnisse und Wirkungen? • Bietet das Berichtswesen die Möglichkeit, Produktivitäts- und Finanzspielräume zu erkennen? Das Berichtssystem sollte es ermöglichen, „neue Wahrnehmungsräume zu schaffen und Lern- prozesse zu organisieren und zu unterstützen.“225 Es sollte die gemeinsame Kommunikation anregen und eine Grundlage für einen gemeinsamen Lern- und Verbesserungsprozess schaffen. Dies ist gleichzeitig Voraussetzung für die Realisierung des notwendigen dynamischen Pro- zesses zur positiven, eigenverantwortlichen Entwicklung der Branche. Die benötigte Flexibilität zur schnellen Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen kann auf diesem Wege durch eine Reduktion der Steuerungskomplexität auf der dezentralen Ebene und die Förderung der Er- schließung von Erfolgsfaktoren durch gezielte Steuerung der vorlaufenden Werttreiber, gefördert werden. Das Kontrakt-Monitoring ermöglicht es damit, die Kundenbeziehung sowie die Fähig- keit, immaterielles Vermögen zu entwickeln und langfristig zu nutzen, zu priorisieren. Durch die Einführung der Zielsteuerung i.S.d. Kontraktmanagement sind Leistungen und Ergeb- nisse direkt zurechenbar. Damit werden Anreize zu einem wirtschaftlichen Verhalten geschaffen. Die Schwerpunkte liegen in den Bereichen Transparenz und Eigenverantwortlichkeit im Gegen- satz zur hierarchischen Steuerung und Integration. Zusätzlich werden Anreize zu einer effizienten Mittelverwendung geschaffen, da durch die Orientierung an mittelfristigen Ent- 224 Vgl. Rembor, R.-P. (1997), S. 49f. 225 Hill, H. (1996), S. 232ff. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 127 wicklungszielen und Prioritäten sowie an klaren Zuständigkeiten Leistungen zuzuordnen sind. Positive und negative Sanktionen können die Zielorientierung zudem verstärken. Die Zielsteu- erung schafft damit die Möglichkeit, Leistungen zu bewerten. Gleichzeitig werden dem Manage- ment die Instrumente zur Verfügung gestellt, die zur Leistungsverbesserung und Strukturanpas- sung der Branche notwendig sind.226 226 Beschwerdemanagement, Mitarbeiterbefragungen, Projektgruppen, Mitarbeitergespräch, Selbstbewertung, Be- richtswesen und Controlling. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 128 4.3 Vorstellung der Balanced Scorecard-Steuerung Zu Beginn der neunziger Jahre wurde die Balanced Scorecard als Ergebnis einer Kooperation von Wissenschaftlern und Unternehmenspraktikern entwickelt. Die Kollision zwischen dem Zwang zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen und dem unverrückbaren Ziel eines an histori- schen Werten orientierten Rechnungswesenmodells hat die Balanced Scorecard als eine Synthese hervorgebracht. Der Vorteil der Balanced Scorecard besteht vor allem darin, dass die Vision und die Ziele des Unternehmens konsequent messbar und somit nachvollziehbar auf alle Ebenen des Unternehmens abgeleitet und umgesetzt werden. Sie ist damit ein Instrument zur Ausrichtung der hierarchisch geprägten Organisation der Versorgungsunternehmen auf die neue strategische Zielerreichung und zur gezielten Steuerung kritischer Prozesse. Die Balanced Scorecard fördert nicht nur die Strategieorientierung, sondern auch die Um- setzungsgeschwindigkeit der Ziele, was vor dem Hintergrund der sich weiter verschärfenden Wettbewerbsbedingungen und der einhergehenden Anforderung einer schnellen Wettbewerbs- positionierung der in der Branche agierenden Unternehmen notwendig erscheint.227 Die Balanced Scorecard ist jedoch mehr als ein Instrument zur Leistungsmessung. Sie ist eine strategische Führungsmethode, mit deren Hilfe umfassende Verbesserungen in den Bereichen Produkt-, Prozess-, Kunden- und Marktentwicklung realisierbar sind. Damit bietet sie die Möglichkeit der gezielten Steuerung der vorlaufenden Werttreiber i.S.d. Fokussierung auf Früh- indikatoren und kritische Prozesse zur Förderung der dringend benötigten Effizienzsteigerung sowie der umfassenden Kunden- und Dienstleistungsorientierung. Insbesondere für die Energie- branche bietet es sich an, durch die Aufnahme einer Kooperationsperspektive in die Balanced Scorecard die Bedeutung des Kooperierens zu stärken und verbundene Erfolgsfaktoren wie Eigenständigkeit oder gemeinsame, d.h. übergreifende, Projektaktivitäten im Sinne des Koopera- tionserfolges gezielt zu fördern. Die Balanced Scorecard bildet damit einen strategischen Handlungsrahmen für das Management und fungiert gleichzeitig als Bindeglied zwischen der Entwicklung einer Strategie und ihrer Umsetzung. Sie kann damit als strategisches Management- system bezeichnet werden, welches sich auf kritische Managementprozesse fokussiert.228 In den nachfolgenden Ausführungen wird dieses strategische Steuerungsmodell umfassend dar- gestellt und ergänzt damit die in den bisherigen Ausführungen thematisierten operativen Steuerungskonzeptionen zu einer vollständigen Betrachtung. Für die Arbeit liefert die Balanced Scorecard eine entscheidende Grundlage zur Verbindung der Wertorientierung über das strategi- sche Management mit dem operativen Bereich. In den nachfolgenden Ausführungen wird sie deshalb als ganzheitliches strategisches Managementsystem vorgestellt. 227 Vgl. Töpfer, A. (2002), S. 79. 228 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 18f. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 129 4.3.1 Grundlagen und Intention der Steuerungskonzeption Die grundsätzliche Intention der Balanced Scorecard ist die Erkenntnis, dass die Treiber des finanziellen Ergebnisses eines Unternehmens in erster Linie die nicht-finanziellen Größen dar- stellen. Finanzielle Kennzahlen reflektieren lediglich vergangene Ereignisse, was im Industrie- zeitalter durchaus ausreichte, da Investitionen in langfristige Fähigkeiten und Kundenbeziehun- gen nicht erfolgskritisch waren. Heute sind diese finanziellen Kennzahlen jedoch unangebracht, um zukünftige Werte durch Investitionen in Kunden, Zulieferer, Mitarbeiter, Prozesse, Tech- nologien und Investitionen zu schaffen. Die Balanced Scorecard ergänzt finanzielle Kennzahlen vergangener Leistungen um die individuell treibenden zukünftigen Faktoren. Sie integriert damit die nicht-finanziellen Größen in ein leistungssteuerndes Berichtssystem.229 Im Gegensatz zu den herkömmlichen Verfahren der Leistungsmessung und -steuerung wird damit eine „dreifache Ausgewogenheit“ realisiert.230 Erstens werden objektive, leicht messbare aber auch subjektiv abgeschätzte Größen in die Balanced Scorecard einbezogen. Es findet ein Ausgleich harter und weicher Faktoren statt. Damit bietet die Balanced Scorecard einen weichen Steuerungsansatz, welcher die Mitarbeiter mitnimmt und die notwendigen Veränderungen schnell und umfassend im Sinne eines sanften Kulturwandels unterstützt. Zweitens integriert die Balanced Scorecard Kennzahlen aus einer extern- und zukunftsorientierten Perspektive. Die interne Perspektive wird i.S.d. gestiegenen Transparenzanforderungen um die Kapitalgebersicht erweitert. Drittens werden in der Balanced Scorecard die Ergebnisgrößen als Resultate vergangener Handlungen ausdrücklich mit den Größen, welche den zukünftigen Erfolg determinieren, verknüpft, so dass es zu einer Integration nachlaufender und vorlaufender Indikatoren kommt.231 Die für die Energiewirtschaft notwendige Fokussierung auf wertschaffende, zukunftsgerichtete Erfolgs- faktoren und die Verbindung dieser mit den finanziellen Resultaten kann so realisiert werden. Die Balanced Scorecard ermöglicht zudem eine Abschätzung, ob Geschäftseinheiten für gegen- wärtige und zukünftige Kunden wertschöpfend arbeiten und inwieweit Investitionen in Personal, Systeme und Abläufe für eine langfristige Leistungssteigerung aufrechtzuerhalten sind. Sie erfasst damit die kritischen Wertschöpfungsaktivitäten, welche bspw. durch ausgebildete, moti- vierte Mitarbeiter generiert werden. Während sie durch die finanzielle Perspektive das Interesse an einer kurzfristig orientierten Leistung aufrechterhält, identifiziert und kommuniziert sie die Werttreiber für langfristige und wettbewerbsfähige Leistungen. Damit wird die Balanced Scorecard den veränderten Steuerungsanforderungen des liberalisierten Umfeldes gerecht. 229 Leistungstreiber reflektieren die Einzigartigkeit der Strategie eines Unternehmens oder einer Geschäftseinheit. 230 Vgl. Horváth, P., u.a. (1998b), S. 41ff. 231 Vgl. Berens, W., u.a. (2000), S. 24f. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 130 Die Balanced Scorecard orientiert sich an der Vision und der abgeleiteten Unternehmensstrate- gie. Vor dem Hintergrund der Forderung eines an den tatsächlichen Informationsbedürfnissen orientierten Berichtssystems und der aufgezeigten „dreifachen Ausgewogenheit“ kann sie die Gefahr einer Datenflut begrenzen. Zudem wird der Balanced Scorecard durch vier Perspektiven als Orientierung für die zu entwickelnden Kennzahlen ein konzeptioneller Rahmen vorgegeben. Dieser kann unternehmensindividuellen Anforderungen entsprechend flexibel angepasst werden und verhindert gleichzeitig eine zahlenmäßige und unsystematische Überfrachtung. Die Vision des Unternehmens bzw. eine sie konkretisierende Strategie bilden die Basis für die Entwicklung einer Balanced Scorecard.232 4.3.2 Umfassendes Managementsystem Die Balanced Scorecard schafft einen Rahmen, um Vision und Strategie zu vermitteln. Mit Hilfe von Kennzahlen werden Mitarbeiter über Erfolgsfaktoren für den gegenwärtigen und zu- künftigen Erfolg informiert. Eine genaue Kommunikation der gewünschten Ergebnisse und der sie determinierenden Leistungstreiber soll sämtliche Energien, Potenziale und das Spezialwissen der Mitarbeiter der gesamten Organisation auf die Erreichung der langfristigen Ziele ausrichten und somit die strategischen Ziele der Gesamtorganisation realisieren. Die Balanced Scorecard ist damit nicht nur ein herkömmliches Kennzahlensystem, sondern ein organisatorischer Rahmen für alle Managementprozesse innerhalb eines Unternehmens. Sie ermöglicht Klärung, Konsens und Fokus der Strategie sowie eine Strategiekommunikation in die gesamte Organisation. Durch die Balanced Scorecard wird damit das herkömmliche Messsystem zu einem umfassenden Managementsystem erweitert, welches im Einzelnen folgendes leistet:233 • Klärung, Herunterbrechen und Konsensbildung in Bezug auf Strategie und Vision; • Strategiekommunikation und Verknüpfung von strategischen Zielen und Maßnahmen; • Anpassung von abteilungsspezifischen und persönlichen Zielen an die Strategie; • Verknüpfung der strategischen Ziele mit langfristigen Zielen und Jahresbudgets; • Identifizierung und Verknüpfung von strategischen Initiativen; • Durchführung von periodischen und systematischen Strategie-Reviews; • Verbesserung von strategischem Feedback und Lernen; • Erfassung und Kommunikation der kritischen Erfolgsfaktoren. 232 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1996), S. 75ff. 233 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 18f. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 131 Die energiewirtschaftliche Steuerung bedarf eines Instrumentes zur Fokussierung der Organisa- tion auf die neue strategische Zielerreichung, als Voraussetzung zur schnellen Wettbewerbs- positionierung über die jeweilige Individualstrategie. Aufgrund der umfassenden Veränderungen im Unternehmen bedarf es zudem eines die Komplexität reduzierenden und Orientierung geben- den Ansatzes, der gleichzeitig aufgrund der dynamischen Umfeldveränderungen schnell korrigierbar ist. Die Balanced Scorecard kommt den energiewirtschaftlichen Steuerungsanforderungen umfas- send nach. Sie beseitigt den Mangel an systematischen Prozessen zur Implementierung und Rückkopplung der Unternehmensstrategie. Darüber hinaus ermöglicht sie es, Management- prozesse kontinuierlich an der Unternehmensstrategie auszurichten und flexibel zu gestalten. Zudem dient sie als umfassendes Kommunikationsinstrument, welches den Mitarbeitern ihren individuellen Beitrag zu Zielerreichung aufzeigt oder zu identifizieren hilft. Sie schafft damit die für die energiewirtschaftliche Steuerung dringend benötigte Kombination von Messbarkeit, Kommunikation, Verbindlichkeit und Priorisierung. 4.3.2.1 Vermittlung eines strategischen Handlungsrahmens Einige Unternehmen verfügten schon vor der Entwicklung der Balanced Scorecard über Leistungsmessungssysteme, die sowohl finanzielle als auch nicht-finanzielle Kennzahlen bein- halteten. Die nicht-finanziellen Kennzahlen wurden jedoch meist für operative Verbesserungen in Produktion oder Vertrieb verwendet. Eine Aggregation dieser finanziellen und nicht-finan- ziellen Kennzahlen wurde lediglich vorgenommen, um ein taktisches Feedback zu erhalten und um die Kontrolle über kurzfristige Operationen zu wahren. Die Informationen aus der Balanced Scorecard sind hingegen den Mitarbeitern auf allen Organisationsebenen zugänglich zu machen. Ausführende Mitarbeiter haben einerseits die finanzielle Konsequenz ihrer Handlungen und Entscheidungen zu verstehen, die Geschäftsleitung hat andererseits die treibenden Faktoren für den langfristigen finanziellen Erfolg zu kennen. Die Ziele und Kennzahlen der Balanced Scorecard sind nicht nur eine Sammlung finanzieller und nicht-finanzieller Leistungsmesser. Sie werden aus einem top-down-Prozess hergeleitet, wobei die Vision der Unternehmen bzw. die Strategie, bis hin zur Geschäftsfeldstrategie, der treibende Faktor ist. Das Ziel der Balanced Scorecard besteht demnach in der Übersetzung von Mission und Strategie einzelner Geschäftsfelder in materielle Ziele und Kennzahlen.234 Die Kennzahlen bilden eine Balance zwischen extern orientierter Messgrößen für Teilhaber und 234 Vgl. Abbildung 20 auf Seite 107. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 132 Kunden und internen Messgrößen für kritische Geschäftsprozesse, Innovation sowie Lernen und Wachstum. Zwischen den Messgrößen der Ergebnisse vergangener Tätigkeiten und den Kenn- zahlen, welche zukünftige Leistungen antreiben, wird eine Balance gehalten. Die Balanced Scorecard ist damit ein strategisches Managementsystem, welches es ermöglicht, über ein tak- tisches oder operatives Messsystem hinaus langfristig eine Strategie zu verfolgen. Die Balanced Scorecard vermittelt damit einen strategischen Handlungsrahmen, welcher aus der nachfolgen- den Abbildung 28 deutlich wird.235 Formulierung und Umsetzung von Vision und Strategie - Formulierung der Vision - Konsensfindung Kommunikation und Verbindung - Kommunikation und Ausbildung - Zielsetzung - Verknüpfung von Löhnen mit Leistungskennzahlen Planung und Zielsetzung - Zielsetzung - Anpassung strategischer Maßnahmen - Ressourcenverteilung - Meilensteine festlegen Strategisches Feedback und Lernen - Artikulation der gemeinsamen Vision - Strategisches Feedback - Strategiereviews und strategisches Lernen ermöglichen Balanced Scorecard Abbildung 28: Balanced Scorecard als strategischer Handlungsrahmen236 Von Kaplan und Norton wird die Balanced Scorecard als eine Führungsmethode verstanden, die weit mehr als ein Instrument zur Leistungsmessung darstellt. Mit Hilfe der Balanced Scorecard sollen durchgreifende Verbesserungen in den Bereichen Produkt-, Prozess-, Kunden- und Markt- entwicklung realisiert werden. Sie ist somit ein strategisches Managementsystem, welches dazu beiträgt, eine langfristige Strategieumsetzung und -verfolgung zu gewährleisten und kritische Managementprozesse zu meistern.237 Die Balanced Scorecard bildet demnach den strategischen Handlungsrahmen für das Management und fungiert als Bindeglied zwischen der Entwicklung einer Strategie und ihrer Umsetzung. Ihre intensive Beschäftigung mit den ausschlaggebenden Leistungstreibern zielt darauf ab, Hinweise auf die Strategieformulierung zu geben, welches zu einer Anpassung oder sogar Revidierung der ursprünglichen Strategie führen kann. Die Balanced Scorecard beeinflusst damit in einem zirkulären Prozess die Strategieentwicklung selbst. 235 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 9ff. 236 Horváth, P. (1998a), S. 24. 237 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 18f. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 133 4.3.2.2 Verbesserung des Controllings-, Budgetierungs- und Planungsprozesses Das Management benötigt zur Entscheidungsfindung Informationen in Bezug auf die erfolgs- kritischen Geschäftsprozesse innerhalb des Unternehmens. Die Balanced Scorecard schafft Transparenz über die strategierelevanten Leistungstreiber und Schlüsselprozesse, indem sie dem Management die erforderlichen Informationen in der richtigen Aggregationsstufe bereitstellt.238 Das herkömmliche unternehmerische Berichtswesen orientiert sich an den finanzwirtschaftlichen Größen. Prozessorientierte Daten sind nicht vorhanden und Informationen über „weiche Fak- toren“, im Sinne eines Performance Measurements, weist das herkömmliche Berichtswesen nicht aus. Die Balanced Scorecard erhebt Informationen über Prozessanalysen, Kunden- und Mitarbeiterbefragungen und erfasst sie in einem Controllingsystem.239 Sie trägt damit zu einer Verbesserung des herkömmlichen Controllingsystems bei. Die konzeptionelle wie auch system- technische Verknüpfung der Balanced Scorecard mit dem bestehenden Reporting stellt hierbei einen entscheidenden Schritt zu einem strategiefokussierten Mess- und Managementsystem dar. Sämtliche Erkenntnisse, welche bei der Einführung der Balanced Scorecard gewonnen werden, haben ebenso in das Berichtswesen einzufließen, wie die zur Strategieverfolgung benötigten Ziel- und Messgrößen. Kaplan und Norton schlagen vor, die Balanced Scorecard zu nutzen, um den Strategie- und Budgetierungsprozess zu verbessern.240 Die Notwendigkeit dieser Vorgehensweise ist offen- sichtlich, da zur Umsetzung der strategischen Initiativen Handlungen und somit Maßnahmen bzw. Budgets betroffen sind. Die Balanced Scorecard hilft die finanziellen, materiellen sowie personellen Ressourcen in Einklang mit der gewählten Strategie zu bringen. Die Ressourcen und strategischen Initiativen werden dabei so verwendet, dass bestehende Lücken zwischen der aktuellen Leistung und den strategischen Zielen geschlossen werden. In Bezug auf die Planungsprozesse kann erwartet werden, dass diese mit Hilfe der Balanced Scorecard effektiver und effizienter gestaltet werden können.241 Planungshorizonte werden gekürzt und übertriebene Planungsgenauigkeiten durch eine Reduktion des Planungsaufwandes beseitigt. Diese effizienzsteigernden Maßnahmen schaffen Freiräume, um bereits in der Phase der Strategiefindung über einen offenen Dialog die Mitarbeiter in die Strategieumsetzung ein- zubeziehen. Aus Sicht des Controllers ist demnach die strategische Kontrolle anzupassen. Die Balanced Scorecard hat sicherzustellen, dass alle bereits geplanten Projekte und Maßnahmen, in 238 Vgl. Brunner, J., u.a. (1998), S. 36. Vgl. auch die Ausführungen zu dem Konzept der Erfolgspotenziale in Bezug zu den Erfolgsfaktoren im Kapitel 4.2.1.2. 239 Vgl. Sure, M., u.a. (1999), S. 58. 240 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 216 ff und 238ff. 241 Vgl. Horvath, P., u.a. (1998), S. 47. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 134 Ergänzung zu zukünftigen, auf ihren Beitrag zur Strategieerfüllung überprüft werden. Über Strategie-Reviews ist zudem regelmäßig über Prämissen und Ergebnisse bzw. Meilensteine nachzudenken und ggf. sind mögliche strategischen Änderungen oder Anpassungen zu diskutie- ren und dem Management vorzuschlagen.242 Eine regelmäßige Überwachung der Strategieerrei- chung sowie der zu Grunde liegenden Prämissen ist kontinuierlich durch das Führungsteam mit Unterstützung der Controllingabteilung zu gewährleisten.243 4.3.3 Der Prozess der Balanced Scorecard Die Implementierung einer Balanced Scorecard bedarf eines konsequent revolvierenden Prozes- ses. Vision und Strategie sind verständlich und zielgruppengerecht in das gesamte Unternehmen zu kommunizieren und damit in die operativen Geschäftseinheiten zu überführen. 4.3.3.1 Vision und Strategieentwicklung Zu Beginn des Balanced Scorecard-Prozesses wird durch die erste Führungsebene, im Rahmen einer Teamarbeit244 aufbauend auf Vision und Gesamtstrategie, die Strategien der jeweiligen Geschäftseinheiten in spezifische strategische Einzelziele übersetzt.245 Im Rahmen finanzieller Ziele ist bspw. zu entscheiden, ob Umsatzerlöse und Marktwachstum, Rentabilität oder Cash- flow stärker zu betonen sind. Insbesondere bei der Kundenperspektive sollte sich das Manage- ment genau entscheiden, welche Kunden- und Marktsegmente auszuwählen sind.246 Nach Festlegung der Zielvorstellungen für den Bereich Finanzen und Kunden sind Vorstellun- gen und Kennzahlen für die internen Geschäftsprozesse zu identifizieren.247 Die Balanced Score- card analysiert und kommuniziert aufbauend diejenigen Prozesse, welche für die erfolgreiche Leistung für Kunden und Teilhaber erfolgskritisch sind. Hierin besteht der entscheidende Vorteil dieses Managementsystems, da herkömmliche Performance-Measurementsysteme ihren Schwer- punkt auf die grundsätzliche Verbesserung von Kosten, Qualität und Durchlaufzeiten für alle existierenden Prozesse legen. Das Steuerungssystem ermöglicht die Konzentration auf diejeni- gen internen Prozesse, welche für eine erfolgreiche Strategieumsetzung entscheidend sind. 242 Vgl. Fink, C. A., u.a. (1998), S. 226-235. 243 Vgl. Gomez, P., u.a. (1991), S. 103f. 244 Teamarbeit ist eine wichtige Handlungsmaxime des Balanced Scorecard-Konzeptes. Teamarbeit ist in folgenden Prozessschritten gefragt: Zur Strategieentwicklung mit Hilfe des Führungsteams; bei der Festlegung der Pers- pektiven sowie ihrer Ziel- und Messgrößen; bei der Umsetzung der Balanced Scorecard in der Organisation. 245 Die Vorgehensweise bei der Strategieplanung und -implementierung veranschaulicht Hoffmann; vgl. Hoffmann, W. (1998), S. 221. 246 In einem Finanzdienstleistungsunternehmen wurde bei der Analyse der Unternehmensstrategie deutlich, dass jeder Manager eine andere Vorstellung von exzellenten Service und ausgewählten Kunden hatte. Die Entwick- lung der operativen Kennzahlen für die Balanced Scorecard ermöglichte einen Konsens, welcher Kundenkreis auszuwählen ist und welche Produkte und Dienstleistungen anzubieten sind. Vgl. Horváth, P. (1998), S. 47. 247 Vgl. Müller, A. (2000), S. 105. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 135 Die Notwendigkeit für wichtige Investitionen in Personalweiterbildung, Informationstechnologie und -systeme sowie andere Organisationssysteme wird durch die Integration von Lern- und Wachstumszielen verdeutlicht. Die Begründung liegt darin, dass Investitionen in Menschen, Systeme und Abläufe eine Voraussetzung darstellen für Innovationen und Verbesserungen von internen Geschäftsprozessen, für Kunden und letztendlich auch für die Anteilseigner.248 Durch den Entwicklungsprozess einer Balanced Scorecard werden die strategischen Ziele ver- deutlicht und deren wenige kritische Einflussfaktoren aufgezeigt. Funktionale Dominanzen wer- den vermieden, da mangelnder Konsens und schlechte Teamarbeit bei der von Top-Managern gemeinsam entwickelten Balanced Scorecard nicht möglich sind. Es wird ein gemeinsames Modell des gesamten Unternehmens geschaffen, zu welchem jeder Mitwirkende einen eigenen Beitrag leistet. Es entsteht ein Rahmen für wichtige teamorientierte Managementprozesse, da die Ziele der Balanced Scorecard der gemeinsamen Verantwortung des Managements obliegen.249 4.3.3.2 Kommunikation der Gesamtstrategie Die strategischen Ziele der Balanced Scorecard sollten im ganzen Unternehmen bekannt sein. Hierfür ist ein umfassender Kommunikationsprozess der Strategie erforderlich, der auch die operative Ebene mit einbezieht.250 Das Ziel der termingerechten Lieferung einer Balanced Scorecard kann bspw. in das Ziel der kürzeren Durchlaufzeiten an einer bestimmten Maschine übersetzt werden. Einzelne Maßnahmen können auf diese Weise in einen einfachen Zusammen- hang zur Gesamtstrategie gebracht werden. Mit Hilfe einer kommunizierbaren und verständli- chen Gesamtstrategie ist es möglich, geschäftseinheitsinterne Ziele zur Unterstützung abzuleiten. Aktionspläne und Maßnahmen können damit gezielt zur Zielerreichung der Gesamtstrategie beitragen. Gleichzeitig ermöglicht es die Balanced Scorecard, die Strategie einer Geschäfts- einheit auch „bottom-up“ zu kommunizieren, um ein einheitliches Verständnis für bereichs- spezifische Belange bei der Unternehmensführung zu erzielen. Die Balanced Scorecard ist damit auch ein Kommunikationsinstrument, welches den Dialog zwischen Geschäftseinheiten, Be- reichsleitern und Vorständen in Bezug auf Formulierung und Durchführung der Strategie gewährleistet. Der Kommunikationsprozess ermöglicht es im Idealfall jedem Mitarbeiter, die langfristigen Ziele und Strategien seiner Abteilung zu verstehen.251 Damit fördert die Balanced Scorecard die erforderliche strategische (Neu-)Positionierung auf das veränderte Wettbewerbs- umfeld, indem sie einen ganzheitlichen Steuerungsansatz bietet. 248 Vgl. Brunner, J. (1998), S. 31, S. 34. 249 Vgl. Müller, A. (2000), S. 118. 250 Möglich sind Firmenzeitschriften, Aushänge, Videos oder interne Mailing-Systeme. Zudem sollte durch den Ab- teilungsleiter kontinuierlich in Form von Besprechungen die tägliche Arbeit mit der strategischen Ausrichtung in einen Bezug gesetzt werden. Vgl. auch Lattwein, J. (2001), S. 267. 251 Vgl. Müller, A. (2000), S. 60. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 136 4.3.3.3 Strategische Zielintegration Das Konzept der Balanced Scorecard sollte zur Veränderung der Steuerung der gesamten Organisation beitragen. Eine umfassende Verankerung mittel- bis langfristiger Ziele in den Balance Scorecard-Kennzahlen kann dieses im Gesamtunternehmen ermöglichen. Dies stellt eine außerordentliche Leistung der entsprechenden Geschäftseinheiten dar und zielt letztendlich auf eine Verbesserung der finanziellen Perspektive durch alle organisatorischen Bereiche. Grundvoraussetzung hierfür ist eine übergreifende Ausformulierung der Ziele und die Bildung eines umfassenden Zielsystems.252 Nach der Identifizierung und Festlegung von Zielen für Kunden, interne Geschäftsprozesse und Innovationsmaßnahmen sind diese Ziele mit den strategischen Zielen der Geschäftsfelder zu ver- binden. Die Ziele der Geschäftsfelder resultieren aus den individuellen Gegebenheiten bzw. der Individualstrategie und beziehen sich meist auf Ziele bzgl. Reaktionszeiten, Qualität und Reengineering-Maßnahmen. Angestrebt wird eine Realisierung außergewöhnlicher Leistungen. „Es werden nicht mehr nur kleine, örtlich begrenzte Veränderungen und Prozessverbesserungen mit leicht sichtbaren Ergebnissen durchgeführt, sondern revolutionäre Reengineering-Prozesse vom Management angeordnet, damit der strategische Erfolg des Unternehmens gesichert ist.“253 Die Zielerreichung wird an dieser Stelle um die strategische Komponente erweitert, da eine Abstimmung mit der Gesamtstrategie erfolgt. Einzelne strategische Initiativen werden aus den Balanced Scorecard-Kennzahlen abgeleitet und in ein umfassendes System von Ursache- Wirkungs-Beziehungen eingebettet. Diese Gesamtheit trägt gesteuert zu einer stärkeren finan- ziellen Leistung der gesamten Organisation bei. Die beschriebene Ursache-Wirkungs-Beziehung wird aus der nachfolgenden Abbildung 29 deutlich. Ausgehend von der Mitarbeiterperspektive entsteht eine gesteuerte Wirkung über die Kunden- und die Prozessperspektive bis hin zu der finanziellen Leistung. Die Balanced Scorecard liefert damit ein Instrument, welches den Mitarbeitern den Zusammenhang der Wertschöpfung verständlich aufzeigt und in einen verständlichen Bezug setzt zum eigenen Aufgabenbereich. Damit unterstützt sie den Wandel vom Monopol zum Wettbewerb, indem sie den Mitarbeitern Orientierung gibt und damit zielgerichtete Handlungen ermöglicht. Die Strategie einer Geschäftseinheit ist von der Balanced Scorecard wiederzugeben. Hierbei sind durch das Leistungsmesssystem die unterschiedlichen Beziehungen, u.U. in Form von Hypothe- sen, zwischen den Messgrößen und Zielen der unterschiedlichen Perspektiven explizit zu benen- 252 Ziele sind grundsätzlich aus dem Kundenfokus festzulegen. Der Hauptfokus und somit die Basis des wirtschaft- lichen Erfolges ist bei den Kunden zu sehen. Das Unternehmen hat mindestens die Kundenerwartungen zu erfül- len und bestmöglich diese noch zu übertreffen. 253 Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 14. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 137 nen, damit Beziehungen gesteuert und validiert werden können.254 Alle Perspektiven der Balan- ced Scorecard sind von der Ursache-Wirkungs-Kette zu durchlaufen. „Die verschiedenen Mess- größen einer sauber konstruierten Balanced Scorecard sollen Ketten verbundener Ziel- und Messgrößen darstellen, die in sich konsistent sind und sich gegenseitig verstärken.“255 Finanzielle Perspektive Kundenperspektive Interne (Geschäftsprozess-) perspektive Lern- und Entwicklungs- perspektive Fachwissen der Mitarbeiter ProzessdurchlaufzeitProzessqualität Service und Preis Kundentreue Umsatz / Ergebnis zeitliche Perspektive Frühwarn- system Abbildung 29: Ursache-Wirkungs-Zusammenhang Wenn bei einem Unternehmen der Return on Investment eine Ergebniszielgröße der finanziellen Perspektive darstellt, so sind Maßnahmen zu identifizieren, welche positiven Einfluss auf diesen ausüben. Dies könnte das wiederholte oder sogar ausgedehnte Geschäft mit bereits vorhandenen Kunden sein. Ein hoher Loyalitätsgrad unter bereits akquirierten Kunden würde dieses Ziel stützen. Die Kundenloyalität könnte folglich als Messgröße in die Balanced Scorecard auf- genommen werden. Würden Kundenpräferenzanalysen offen legen, dass die Liefertreue der Auf- träge von den Kunden besonders geschätzt wird, so würde neben der Kundenloyalität auch die Liefertreue als Messgröße in die Kundenperspektive der Balanced Scorecard aufgenommen. Anschließend sind diejenigen Prozesse zu identifizieren, welche zur besonders guten Liefertreue führen. Werden Durchlaufzeiten und geringe Fehlerquote als Haupteinflussfaktor auf die Liefer- treue identifiziert, so sind beide Kennzahlen in die interne Prozessperspektive aufzunehmen. Die betroffenen Mitarbeiter haben ihre Fähigkeiten in den kritischen Bereichen zur Reduzierung von Durchlaufzeiten und Fehlerquoten zu verbessern. In die Perspektive Lernen und Wachstum sind entsprechende Ziele zu ergänzen und mit Maßnahmen zu hinterlegen. Die Balanced Scorecard 254 Wenn die Eigenverantwortung der Mitarbeiter durch spezifische Seminare gefördert wird, werden diese selb- ständiger Arbeiten können. In diesem Falle werden Rückkopplungsgespräche verringert und der Vorgesetzte entlastet. Effektivität und Effizienz der Abteilung steigen an und die Abteilung trägt besser zum organisatori- schen Erfolg bei (höheres Centerergebnis). 255 Kaplan, R. S., u.a. (1997b), S. 326. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 138 ist somit ein Instrument zur Übersetzung der Geschäftsfeldstrategie in eine untereinander in Beziehung stehende Menge von Leistungsmessgrößen. Im Rahmen des Managementprozesses werden dabei sowohl die langfristigen strategischen Ergebnisziele, als auch die Mechanismen zur Zielerreichung sowie zum Feedback-Generieren bestimmt. Die Balanced Scorecard ist damit mehr als eine Sammlung von finanziellen und nicht-finanziellen Leistungsmessgrößen. Die strategische Planung ermöglicht zudem eine Integration des Budgetierungsprozesses. Für langfristige Ziele werden Meilensteine zur jährlichen Kontrolle abgeleitet und aufbauend ein Budget bestimmt. Die Meilensteine und Standortbestimmungen gewährleisten die Feststellung von kurzfristigen Planfortschritten innerhalb des langfristigen Plans. Der Planungs- und Ziel- setzungsprozess des Managements ermöglicht eine Quantifizierung der langfristig zu erreichen- den Ziele, das Aufzeigen eines abgestimmten Weges zur Zielerreichung sowie die Identifizie- rung von kurzfristigen Meilensteinen zur Standortbestimmung.256 4.3.3.4 Lernende Organisation Mit Hilfe der Balanced Scorecard ist es möglich einen strategisch revolvierenden Lernprozess zu unterstützen.257 Unterjährige Berichte garantieren eine perspektivische Zielerreichungskontrolle der einzelnen Geschäftseinheiten. Gemeinsame Rückblicke ermöglichen es auf einer gemein- samen Abstimmung aufbauend, die Zukunftsplanung zu bestätigen oder anzupassen. Die Balanced Scorecard zielt damit auf die Implementierung einer lernenden Organisation bis hin zu der Geschäftsführungsebene. Sie initiiert Rückmeldungen zur Strategieumsetzung und verschafft aufbauend die Möglichkeit die Verwirklichung der Strategie zu kontrollieren und sie ggf. zu verändern und damit anzupassen. Insgesamt steht die Balanced Scorecard in einem engen Zusammenhang zur lernenden Organisa- tion.258 Sie orientiert sich an einer gemeinsamen Vision, die für die gesamte Organisation zu erarbeiten ist. Komplexe und schwer verständliche Sachverhalte werden mit Hilfe von Kennzahlen in eine präzise Form gebracht. Eine Mobilisierung jedes Einzelnen zu Aktivitäten i.S.d. Unternehmensziele wird zudem durch den Kommunikations- und Verknüpfungsprozess ermöglicht. Zudem wird das Denken in dynamischen Systemen über die Fokussierung auf Ursache und Wirkung beim Aufbau einer Balanced Scorecard zusätzlich gefördert. Das aufzu- bauende Zielsystem der Balanced Scorecard bezieht einzelne Mitarbeiter verschiedener Bereiche mit ein. Hierdurch kann ein umfassendes Verständnis dafür entstehen, in welchem Zusam- 256 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 14. 257 Vgl. Müller, A. (2000), S. 69. 258 Vgl. Abbildung 20 auf Seite 107. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 139 menhang die jeweilige Arbeit steht und welche Auswirkungen individuelle Handlungen auf andere bzw. auf die Gesamtorganisation haben. Der Prozess der Planung, Zielsetzung und Strategie definiert zudem spezifische quantitative Leistungsziele für die Organisation über eine ausgewogene Zusammenstellung von Ergebnissen und Leistungstreibern. Die Balanced Score- card ermöglicht zudem einen Vergleich der angestrebten Leistungsziele mit dem aktuellen Stand der Leistungserbringung. Identifizierte Leistungslücken können aufbauend über strategische Initiativen geschlossen werden. Die Balanced Scorecard misst damit Veränderungen und trägt gleichzeitig zu diesen bei. Sie ist außerdem Analyse- und Steuerungsinstrument. Zur Strategieformulierung sind die bislang aufgezeigten Elemente erforderlich.259 Sie unterstüt- zen einen top-down-Ansatz, welcher ausschließlich die Vorgaben der Geschäftsführung berück- sichtigt. Dieser lineare Prozess der Formulierung einer Vision und Strategie, ihrer Kommunika- tion und Verknüpfung mit allen Teilen der Organisation und der Abstimmung von Aktionen und Initiativen mit langfristigen strategischen Zielen ist ein einfacher „single-loop Rückkopplungs- prozess“.260 Die einmalig festgelegten Ziele sind hierbei fix und Abweichungen von geplanten Ergebnissen stellen nicht das angestrebte Ziel in Frage. Auch die Methoden zur Zielerreichung bzw. die Geschäftsfeldstrategien werden nicht hinterfragt. Eine den aktuellen Ansprüchen des volatilen Marktumfeldes genügende Unternehmensführung bedarf jedoch der Möglichkeit einer schnellen und kontinuierlichen Strategieanpassung.261 Insbesondere der energiewirtschaftliche Übergangsmarkt erfordert aufgrund der erheblichen und auch in Zukunft wiederkehrenden Umfeldveränderungen eine hohe Strategieflexibilität.262 Zu- dem ist es erforderlich, Strategien zu erproben und bei ausbleibendem Erfolg anzupassen oder aufgrund aktueller, veränderter Umstände zu verwerfen, wenn diese nicht mehr zielführend sind. Neue Rahmenbedingungen sollten heute schnell identifiziert und umgehend Handlungen initiiert werden. Damit ist es möglich, Wettbewerbsvorteile zielgerichtet zu erschließen, da sich Erfolg versprechende strategische Optionen häufig aus neuen Herausforderungen ableiten, die zum Zeitpunkt der Strategieformulierung noch nicht vorhersehbar waren. Dies gilt insbesondere für den operativen Bereich bzw. die unteren Hierarchiestufen.263 Es ist entscheidend, die be- stehenden Voraussetzungen der Unternehmenssteuerung, bzw. die Annahmen, auf die sich Handlungen beziehen, unter sich ändernden Voraussetzungen, Beobachtungen und Erfahrungen kontinuierlich zu überdenken, anzuzweifeln und anzupassen. Hiezu bedarf es einer permanenten 259 Vgl. Kapitel 4.3.3.1. 260 Vgl. Argyris, C., u.a. (1996), S. 99ff. 261 Dies gilt insbesondere für die Energieversorgung; vgl. Kapitel 7.5.2.2. 262 Liberalisierung, Unbundling, Regulierung, Zertifikatehandel, EEG, KWK, etc. 263 Vgl. Simons, R. (1995), S. 20. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 140 Rückmeldung über den Stand der planmäßigen Umsetzung der strategischen Ziele an die je- weiligen Entscheidungsträger. Alle Handlungen haben auch in Zukunft noch zielführend und die Strategie noch erfolgreich und lebensfähig zu sein.264 Darüber hinaus ist es sinnvoll, Strategien schnell in operative Handlungen zu überführen, da Wettbewerbsvorteile in der Branche nur sehr langsam generiert werden können, diese jedoch aufgrund der homogenen Produkte und des einhergehenden Effizienzdrucks entscheidend sind.265 Die Balanced Scorecard-Steuerung kommuniziert die Grundannahmen des Geschäftes. Zudem werden die Beziehungen von Ursache und Wirkung einschließlich der Informationen über die Reaktionszeiten und Beziehungen zwischen den Balanced Scorecard-Kennzahlen dargestellt. Diese Beziehung zwischen den Balanced Scorecard-Messgrößen ermöglicht es durch perio- dische Berichte und Leistungsmessungen, eine ständige Hypothesenprüfung und notfalls eine Anpassung von Zielen vorzunehmen.266 Ist es notwendig Hypothesen zu hinterfragen, so sollte ein intensiver Dialog begonnen werden, welcher Marktbedingungen und Wertvorgaben überprüft, die in Bezug auf die Kundenzielgruppen, das Konkurrenzverhalten und die internen Potenziale als notwendig erachtet werden. Eine Anpassung der Balanced Scorecard ist eine not- wendige Konsequenz.267 Ein entsprechendes Vorgehen fördert den Lernprozess über die Lebensfähigkeit und Gültigkeit der Strategie im oberen Management. Es wird aufgezeigt, dass der Prozess der Datensammlung, Hypothesenprüfung, Reflektierung sowie des strategischen Lernens und der Anpassung für eine erfolgreiche Umsetzung der Geschäftsstrategie eine wichtige Grundlage darstellt.268 Die strate- gische Rückkopplung initiiert damit einen strategischen Lernprozess. Dieser bildet wiederum die Grundlage für die Phase der Visions- und Strategiefindung, in der die Ziele aus den unterschied- lichen Perspektiven überdacht und ggf. angepasst werden.269 4.3.4 Die Perspektiven der Balanced Scorecard Die individuelle Mission und die Strategie des Unternehmens werden durch die Balanced Scorecard in Ziele und Kennzahlen überführt. Dabei ist die klassische Balanced Scorecard in vier verschiedene Perspektiven unterteilt, wie bereits im Rahmen des Ursache-Wirkungs- 264 Vgl. die Diskussion zum Single-/Double-Loop-Lernprozess bei Argyris. Vg. Argyris, C., u.a. (1996), S. 99-109. 265 Kraftwerksmodernisierungen, Prozessoptimierungen, Aufbau Kundenbeziehungsmanagement, Kostensenkungs- programme, etc. 266 Sind die Leistungstreiber verbessert worden, bleiben jedoch die erwarteten Ergebnisse aus, so wird deutlich, dass die der Strategie zugrunde liegende Annahmen keine Gültigkeit mehr besitzen. 267 Strategie-Reviews können aufzeigen, dass neue Strategien notwendig sind. Diese können abgehalten werden, wenn veränderte Marktbedingungen bekannt sind oder interne Problemstellungen bekannt werden. 268 Vgl. Abbildung 28 auf Seite 132. 269 Zur Unterstützung der Konzeption durch eine Software vgl. Lingnau, V. (2004), S. 308-313. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 141 Zusammenhangs dargestellt.270 Dies ist die finanzwirtschaftliche Perspektive, die Kunden- perspektive, die interne Prozessperspektive sowie die Lern- und Entwicklungsperspektive. Diese vier Perspektiven ermöglichen eine Ausgewogenheit zwischen Kurz- und Langzeitzielen, zwischen den Messgrößen zu den gewünschten Ergebnissen sowie zwischen harten objektiven und eher weichen subjektiven Zielen. Die Balanced Scorecard schafft damit einen umfassenden Rahmen bzw. eine Sprache, um die Strategie zu vermitteln und umzusetzen. Zudem werden den Mitarbeitern die Zusammenhänge der Wertschaffung perspektivisch aufgezeigt und zu individuellen Handlungen in einen nachvollziehbaren Bezug gesetzt (vgl. Abbildung 30). Vision und Strategie Zie le Ke nnz ahl en Vo rga ben Ma ßna hm enWie sollen wir gegenüber Teil- habern auftreten, um finanziellen Erfolg zu haben? Finanziell Zie le Ke nnz ahl en Vo rga ben Ma ßna hm enWie können wir unsere Veränderungs- und Wachstums- potenziale fördern, um unsere Vision zu verwirklichen? Lernen und Entwicklung Zie le Ke nnz ahl en Vo rga ben Ma ßna hm enIn welchen Geschäfts- prozessen müssen wir die Besten sein, um unsere Teil- haber und Kunden zu befriedigen? Interne Geschäftsprozesse Zie le Ke nnz ahl en Vo rga ben Ma ßna hm enWie sollen wir gegenüber unseren Kunden auftreten, um unsere Vision zu verwirklichen? Kunde Abbildung 30: Die Perspektiven der Balanced Scorecard271 Die Balanced Scorecard kann je nach Bedarf um weitere Perspektiven ergänzt werden. In der Energiewirtschaft bietet sich die Möglichkeit der Aufnahme der Perspektiven Versorgungs- sicherheit oder einer gesonderten Kooperationsperspektive, um kritische oder entscheidende Bereiche über Perspektiven zu steuern. Darüber hinaus bietet die Balanced Scorecard eine exzellente Möglichkeit der Steuerung eines unbundelten Konzerns über koordinierende jedoch spezifische Balanced Scorecards im Sinne einer Netzwerkanwendung, um dem erhöhten Koordinations- und Steuerungsbedarf zu entsprechen.272 Die Balanced Scorecard dient somit zur Formulierung und zur Kommunikation der Unternehmensstrategie sowie zur Ausrichtung 270 Vgl. Abbildung 29 auf Seite 137. 271 Vgl. Müller, A. (2000), S. 69. 272 Vgl. Stüllenberg, F., u.a. (2003), S. 19. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 142 persönlicher, abteilungsübergreifender, unternehmens- und konzernbezogener Aktivitäten auf ein Gesamtziel. Das Ziel der Balanced Scorecard besteht jedoch nicht ausschließlich darin, ein Unternehmen auf ein vorformuliertes Ziel hin auszurichten. Die Balanced Scorecard ist gleichzeitig Kommunikations-, Informations- und Lernsystem, nicht jedoch ausschließlich Kontrollsystem. 4.3.4.1 Finanzielle Perspektive Finanzielle Kennzahlen sind für einen Überblick über die wirtschaftlichen Konsequenzen ver- gangener Initiativen notwendig. Sie zeigen an, ob die Unternehmensstrategie, ihre Umsetzung und Durchführung eine grundsätzliche Ergebnisverbesserung bewirken. Die Ziele des Finanz- bereiches basieren stets auf der Rentabilität. Der Periodengewinn, die Kapitalrendite oder auch die Steigung des Unternehmenswertes sind wichtige Kenngrößen der Unternehmenssteuerung. Finanzwirtschaftliche Ziele und Messgrößen stehen mit den weiteren Perspektiven in einem engen Zusammenhang, um die Umsetzung der gewählten Strategie gewährleisten zu können. Der langfristige Handlungsbedarf für finanzwirtschaftliche Prozesse, Kunden und die internen Pro- zesse resultiert für die Balanced Scorecard-Ziele letztendlich aus den langfristigen finanzwirt- schaftlichen Zielen.273 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass finanzielle Maßstäbe nicht unbedingt mit der Entwicklung strategischer Kompetenzen oder zumindest taktischer Ver- besserung bei nicht-finanziellen Variablen einhergehen, da die finanzwirtschaftliche Perspektive stark auf die Interessen der Shareholder bzw. potenzieller Investoren ausgerichtet ist.274 Grund- sätzlich ist jedoch zu beachten, dass als Voraussetzung für eine langfristige Wertsteigerung eine nachhaltige Fokussierung auf zufriedene Kunden, motivierte und zufriedene Mitarbeiter, Innovationen, Wettbewerbsvorteile und Wachstum entstehen sollte.275 Das Management hat sich von der kurzfristig orientierten finanzwirtschaftlichen Sichtweise zu lösen und strategisch ge- sehen effektiv zu handeln bzw. die richtigen Dinge zu tun.276 Theoretisch können finanzwirtschaftliche Leistungsmaßstäbe offen legen, ob durch die einge- schlagene Strategie das Betriebsergebnis verbessert wird. Eine vollständige Ursache-Wirkungs- Beziehung zwischen betrieblichen Maßnahmen und Finanzresultaten kann jedoch nur selten hergestellt werden.277 Letztendlich sollte zumindest versucht werden, die finanziellen Ergebnis- größen als notwendiges und angestrebtes Ergebnis in den Mittelpunkt aller Betrachtungen zu 273 Vgl. Kaufmann, L. (1997), S. 425. 274 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 60, S. 227ff. 275 Vgl. Michel, U. (1997), S. 274. 276 Vgl. Kapitel 3.3.1.5.1 sowie Kapitel 3.3.1.5.2. 277 Wie wirken sich Verbesserungen bei Qualität und Durchlaufzeit (im Vertrieb oder bei der Einführung neuer Produkte) auf den Marktanteil, eine höhere Marge oder eine bessere Kapitalverzinsung aus? 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 143 stellen. Verbesserungsprogramme in Unternehmen, wie Total Quality Management, Durchlauf- zeitenreduktion, Reengineering-Programme oder Mitarbeiter-Empowerment, sind meistens nicht direkt mit dem finanziellen Erfolg verbunden.278 Damit besteht die Gefahr, dass diese Programme als Selbstzweck verfolgt werden und letztendlich nicht dazu beitragen, die Leistun- gen für den Kunden zu verbessern und den finanziellen Erfolg zu erhöhen. Deshalb ist es grund- sätzlich notwendig, dass alle Messgrößen der Balanced Scorecard in einem kausalen Zusam- menhang zu den finanziellen Zielen stehen. Finanzwirtschaftliche Ziele und Kennzahlen haben damit eine Doppelrolle. Zum einen defi- nieren sie die finanzielle Leistung der gewählten Strategie, zum anderen dienen sie als Endziele für die Ziele und Messgrößen der anderen Balanced Scorecard-Perspektiven. Bedenklich ist hierbei, dass letztlich wieder finanzwirtschaftliche Ziele und Lenkungsgrößen eine dominierende Funktion aufweisen. Die nachrangigen Leistungstreiber aus den anderen Perspektiven laufen somit Gefahr vernachlässigt zu werden.279 4.3.4.2 Kundenperspektive Das Management eines Unternehmens identifiziert für die Kundenperspektive einer Balanced Scorecard diejenigen Kunden- und Marktsegmente, in denen sich das Unternehmen dem Markt stellen soll. Folglich enthält die Balanced Scorecard ein Bündel unterschiedlicher Leistungsmaß- stäbe für die gesetzten Zielsegmente, welche durch die formulierte und implementierte Strategie zu erreichen sind. Grundsätzlich enthält diese Perspektive allgemeine, segmentübergreifende Kennzahlen für den Strategieerfolg. Die so genannten Ergebnismaßgrößen beinhalten Kenn- zahlen zur Kundenzufriedenheit, Kundentreue, Kundenakquisition, Kundenrentabilität sowie zu Gewinn- und Marktanteilen in den Zielsegmenten (vgl. Abbildung 31). Sinnvoll ist es zudem, spezifische Kennzahlen für Wertvorgaben in aus Sicht der Unternehmensstrategie spezifischen Marktsegmenten aufzunehmen. Segmentspezifische Leistungstreiber für die kundenbezogenen Ergebnisse stehen stellvertretend für diejenigen Faktoren, welche den Ausschlag dafür geben, dass Kunden gehalten werden. Kunden schätzen Servicebereitschaft und spezifische Problem- lösungskompetenz.280 Die Leistungstreiber werden aus dem individuellen Wertangebot generiert, welches das Unternehmen seinen Kunden und Marktsegmenten anbietet. Hierbei spielen Faktoren wie Zeit, Qualität, Preis oder Service eine entscheidende Rolle.281 278 Vgl. Strauss, B. (1981), S. 5f. 279 Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 46ff. 280 Bei einem Energieversorger ist der konstante Strombezug oder das Angebot von strukturierten Produkten des Portfoliomanagements ein mögliches ausschlaggebendes Kundenbindungskriterium. 281 Vgl. ausführlich Müller, A. (2000), S. 81f. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 144 Marktanteil Kunden- rentabilität Kunden- akquisition Kundentreue Kunden- zufriedenheit Abbildung 31: Ergebniszielgrößen der Kundenperspektive282 Auf Basis der Kundenperspektive ist es für das Management der jeweiligen Ebene möglich, die marktspezifische und letztlich zum Gewinn führende Strategie zu formulieren, bzw. diese trans- parent zu machen und in das Unternehmen zu kommunizieren.283 Die Kundenperspektive sollte aus diesem Grunde den Ausgangspunkt sämtlicher Betrachtungen innerhalb des Unternehmens darstellen. Bei Kundenverlust führen weder effiziente Prozesse noch motivierte Mitarbeiter zum notwendigen positiven finanziellen Ergebnis. Kundentreue wie auch Kundenakquisition hängen von der Erfüllung der Kundenwünsche ab. Nur wenn Kunden eine zufrieden stellende Kaufer- fahrung machen, kaufen sie erneut beim gleichen Unternehmen. Moderne Managementansätze wie das Total Quality Management stellen deshalb die Erreichung von Kundenzufriedenheit in das Zentrum ihrer Verbesserungsvorschläge.284 Die Innovations-/Mitarbeiterperspektive wie auch die Prozessperspektive der Balanced Scorecard beinhalten eine konsequente Ausrichtung auf die Kundenanforderungen. Diese Perspektiven bilden somit eine Ursache-Wirkungs-Bezie- hung über die Kundenperspektive zum finanziellen Bereich. Aus diesem Grund ist es notwendig, diejenigen Aktivitäten in den Fordergrund zu stellen, welche den größten Zusatznutzen für den Kunden ermöglichen.285 Verschiedene Kunden- und Marktsegmente bzw. deren Wünsche in Bezug auf Preis, Qualität, Funktionalität, Image oder Service können mit Hilfe der Marktfor- schung identifiziert und priorisiert werden und bilden eine Grundlage für die Strategieformulie- rung. Die Aufgabe der Balanced Scorecard besteht damit auch darin, die Unternehmensstrategie zu beschreiben, indem die Kundenziele in jedem Zielsegment identifiziert und die Messgrößen abgeleitet werden.286 Hierzu bedarf es einer kontinuierlichen Kundenforschung, um Trends oder Veränderungen aufzuzeigen und Anpassungen bzw. Gegensteuerungen zu ermöglichen.287 282 Marktanteil: Zeigt den Anteil an einem gegebenen Markt eines Geschäftsbereiches; Kundengewinnung: Misst als absolute oder relative Kennzahl die Neukunden der Geschäftseinheit; Kundenbindung: Stellt als absolute oder relative Kennzahl Kundenbeziehungen der Geschäftseinheit dar; Kundennutzen: Misst den Reingewinn eines Kunden oder Bereiches (nach zurechenbarem Aufwand). Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997b), S. 322. 283 Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 24f. 284 Vgl. Stauss, B. (1981), S. 5f. 285 Vgl. Hamel, G., u.a. (1997), S. 253. 286 Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 63ff. 287 Vgl. ausführlich Müller, A. (2000), S. 89. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 145 Die Erhebung der Kundenzufriedenheit gestaltet sich jedoch grundsätzlich problematisch, da Zufriedenheit oder Unzufriedenheit sehr eng mit emotionalen Ausprägungen in Verbindung stehen.288 Zufriedenheit lässt sich nur indirekt mit Hilfe von Indikatoren erheben. Lösungen zur Messung beruhen oft auf getroffenen Annahmen über Ursache- und Folgewirkungen (Umsatz, Marktanteil etc.).289 Die Dimensionen Produkteigenschaften, Image und Kundenbeziehungen sind auf Basis von Untersuchungen von Kaplan und Norton für die Einschätzung der Kundenperspektive die entscheidenden Leistungstreiber. Es wird unterstellt, dass bei der Erfüllung dieser wesentlichen Leistungstreiber die Kundenperspektive gute Kernkennzahlen aufweist.290 Grundlage dieser Leistungstreiber sind optimal gestaltete und ausgeführte Geschäftsprozesse. Sie bestimmen damit den „added value“, den das Unternehmen seinen Kunden bieten kann und der eine hohe Kundenbindung sowie die Erreichung strategischer Marktziele gewährleistet.291 Für die Energiewirtschaft stellt die Kundenperspektive eine wichtige Steuerungskomponente dar, da sie die Entwicklung in Richtung einer kundenfokussierten Organisation unterstützen und gezielt steuern soll. Zur Differenzierung gegenüber dem Wettbewerber bedarf es gezielter kundenfokussierter Strategien bei Implementierung eines umfassenden neuen Dienstleistungs- verständnisses, welches den Kunden in den Mittelpunkt sämtlicher Entscheidungen stellt. 4.3.4.3 Interne Prozessperspektive „In der Balanced Scorecard werden die Ziele und Kennzahlen für die interne Prozessperspektive von expliziten Strategien zur Befriedigung der Anteilseigner- und Kundenerwartungen abgelei- tet. Dieser top-down-Prozess kann völlig neue verbesserungsbedürftige Geschäftsprozesse offen legen.“292 Die interne Prozessperspektive identifiziert damit diejenigen kritischen Prozesse, in denen die Organisation ihre Verbesserungsschwerpunkte setzen sollte. Optimierte Prozesse er- möglichen es dem Unternehmen die Wertvorgaben zu liefern, welche von den Kunden erwartet werden. Die Kundenbindung wird mit Hilfe entsprechender Prozesse verstärkt. Damit trägt die interne Prozessperspektive mittelbar zur Erfüllung der Kapitalgebererwartungen in Bezug auf 288 Die Kundenzufriedenheit lässt sich nach herrschender Meinung als das bewertete Ergebnis eines Soll-Ist-Ver- gleiches über Konsumerlebnisse ausdrücken. Kunden stellen die wahrgenommene Leistung (Ist-Standard) ihren Erwartungen (Soll-Standard) gegenüber, wobei eine etwaige Diskonfirmation zu (Un-)Zufriedenheit führt. Vgl. Stauss, B. (1981), S. 9-18. 289 Das Ziel des Unternehmens sollte es jedoch sein, aus den Daten der erhobenen Kundenzufriedenheit verwend- bare Rückschlüsse bezüglich Qualitätssicherung, Verhaltenssteuerung von Mitarbeitern und Führungskräften, kundenorientierter interner Prozessausrichtung und partnerschaftliche Gestaltung der Wertschöpfungskette zu ziehen. Vgl. Müller, A. (2000), S. 85. Zur tiefergehenden Analyse vgl. auch Gomez, P., u.a. (1991), S. 110f. 290 Vgl. Friedag, H. R., u.a. (1999), S. 5/13. 291 Vgl. Horstmann, W. (1999), S. 194. 292 Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 19. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 146 die finanziellen Rückflüsse bei. Die interne Prozessoptimierung ist somit aus Sicht der Kunden- bindung sowie der Mittelbeschaffung eine notwendige Voraussetzung. Die Kennzahlen der internen Perspektive konzentrieren sich auf diejenigen internen Prozesse, welche den größten Einfluss auf die Kundenzufriedenheit und die Unternehmenszielerreichung aufweisen. Die interne Prozessperspektive zielt damit nicht ausschließlich darauf ab, existierende Prozesse zu verbessern und diese zu überwachen. Sie hebt hingegen sämtliche Prozesse hervor, welche höchst kritisch für die Erfolgsstrategie der jeweiligen Organisation sind. Eine optimale Unternehmenssteuerung fokussiert sich zudem auf die Identifizierung und Implementierung neuer, innovativer Prozesse. Kontinuierlich ist kritisch zu hinterfragen, welche Prozesse die Ansprüche der Stakeholder besser als zuvor und als die Wettbewerber es ermög- lichen, bedienen können. Über die Ziele der internen Geschäftsprozesse der Balanced Scorecard werden somit zum einen die erfolgskritischen Prozesse herausgestellt. Zum anderen werden weitere Prozesse identifiziert, welche zukünftig ergänzt werden sollten. Aussagefähige Leistungsindikatoren als Orientierungshilfe für die Gestaltung und Durchführung von Prozessen bildet die Wertschöpfungskette von Porter (vgl. Abbildung 32).293 Dieses analyti- sche Instrument dient dazu, die Prozesse der unternehmerischen Leistungserstellung in die strategisch relevanten Tätigkeiten (Wertaktivitäten) zu gliedern. Die Quellen für Kosten- und Differenzierungsvorteile können durch sie identifiziert und Möglichkeiten zur Differenzierung gegenüber der Konkurrenz genutzt werden. Die wesentlichen zu analysierenden Aktivitäten beinhalten die physische Herstellung des Produktes bzw. einer Dienstleistung sowie deren Ver- kauf und Bereitstellung an den Kunden. Diese unterstützenden Tätigkeiten ermöglichen durch ihre Dienstleistungsfunktion überhaupt erst die primären Leistungserstellungs- und -verwer- tungsprozesse.294 In Summe betrachtet stellt die Wertschöpfungskette eines Unternehmens keine Aneinander- reihung voneinander unabhängigen Aktivitäten dar, sondern ein zusammenhängendes Geflecht untereinander abhängiger Aktivitäten. Dieses prozessorientierte Denken und Handeln entspricht einem ganzheitlich-vernetzten Denken in Kreisläufen.295 Wettbewerbsvorteile werden erzielt, wenn eine Orientierung des Gesamtunternehmens an den Kundenanforderungen entsteht. Die kaufbestimmenden Faktoren sind mit der Gestaltung der Wertschöpfungskette abzustimmen, um den größtmöglichen Kundennutzen zu ermöglichen.296 293 Vgl. Porter, M. E. (1992), S. 59ff. 294 Vgl. Porter, M. E. (1992), S. 65. 295 Vgl. Gomez, P., u.a. (1991), S. 91. 296 Vgl. Porter, M. E. (1992), S. 145. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 147 Eingangs- logistik Ausgangs- logistik Marketing & Vertrieb Opera- tionen Beschaffung Unternehmensinfrastruktur Personalwirtschaft Technologieentwicklung Kunden- dienst Primäre Aktivitäten Unterstützende Aktivitäten Gewinnspanne          Abbildung 32: Wertschöpfungskette nach Porter Kaplan und Norton empfehlen das Management einer vollständigen Wertschöpfungskette der internen Prozesse.297 Dieses beginnt mit dem Innovationsprozess, der sowohl aktuelle und künftige Kundenwünsche identifiziert, als auch eine Entwicklung neuer Problemlösungen für den Kunden umfasst. Zusätzlich ist es notwendig, den Produktionsprozess zu integrieren. Über diesen werden bestehende Kundenbeziehungen sowie bereits vorhandene Produkte und Dienst- leistungen in die Steuerung einbezogen. Abschließend ist der „After-sales-Bereich“ abzubilden. Der Kundendienst trägt über regelmäßige und umfassende Dienstleistungen nach dem Produkt- kauf zu einer nachhaltigen Kundenbindung bei. Dieser Zusammenhang wird aus der nach- folgenden Abbildung 33 deutlich. Kunden- wunsch befriedigt Kunden- wunsch identifiziert Entwurf Entwick- lung Service Vertrieb Ferti- gung Innovationsprozess Versorgungskette After-SalesProduktionsprozess Time-to-Market Abbildung 33: Die interne Prozesswertkette298 Die interne Prozessperspektive der Balanced Scorecard zielt im Gegensatz zu herkömmlichen Ansätzen der Leistungsmessung auf eine Einbeziehung des eigentlichen Innovationsprozesses. Alte Ansätze fokussieren ausschließlich die Prozesse bestehender Aktivitäten. Damit erfolgt eine Optimierung der Wertschöpfung von der Stufe des Bestelleingangs bis zur Auslieferung der Ware. Neue Produkte und Dienstleistungen werden jedoch nicht einbezogen. Die Treiber des 297 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 89 und S. 92f. 298 Abbildung in Anlehnung an Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 26. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 148 langfristigen finanziellen Erfolges verlangen von der Organisation jedoch die Kreation völlig neuer Produkte und Dienstleistungen, um veränderte Anforderungen der heutigen und zukünfti- gen Kunden zu erfüllen. Der Innovationsprozess ist deshalb als langfristiger Aspekt der Wert- schöpfung für zukünftige wirtschaftliche Leistungen von Unternehmen sehr bedeutsam. Die effi- ziente Durchführung eines Produktentwicklungsprozesses sowie die Erschließung eines Poten- zials zur Gewinnung neuer Kundengruppen, tragen erheblich zur nachhaltigen Erfolgssicherung bei. Der Innovationsprozess ist im Sinne einer langfristigen Wertgenerierung für viele Unterneh- men der stärkere Treiber des zukünftigen finanziellen Erfolges als das operative Geschäft. In die Balanced Scorecard werden somit sowohl Ziel- und Messgrößen des langfristigen Innovations- zyklusses, als auch des kurzfristig operativen Geschäftszyklusses aufgenommen.299 Die Prozessperspektive verdeutlicht die enge Bindung zwischen Kunden- sowie der Innovations- und Wissensperspektive. Innovation ist dabei für viele Unternehmen ein wichtiger Prozess. Wettbewerbsvorteile werden heute insbesondere aus einem kontinuierlichen Strom von innovati- ven Produkten und Dienstleistungen gewonnen. Da Innovationen oft darauf zielen, kunden- spezifische Produktionsprozesse zu optimieren, werden die Kunden heute auch als wichtige Ideengeber bzw. Quelle für Innovationen in die interne Prozesswertkette integriert. Hierdurch entsteht ein klarer Imagevorteil aus Kundensicht, da die Kundennähe nachvollziehbar praktiziert wird.300 Weitere Anknüpfungspunkte bestehen in der temporären Einbindung des Kunden durch turnusmäßige Veranstaltungen oder der gezielten Ansprache aufgrund von Hinweisen über ein bestehendes Beschwerdemanagement.301 4.3.4.4 Lern- und Entwicklungsperspektive Die vierte Perspektive der Balanced Scorecard entwickelt Ziele und Kennzahlen zur Förderung einer lernenden und wachsenden Organisation. Mit Hilfe dieser Perspektive wird diejenige Infrastruktur identifiziert, welche eine Organisation aufbauen muss, um langfristig Wachstum und kontinuierliche Verbesserung zu ermöglichen. Vor dem Hintergrund des sich kontinuierlich verändernden Übergangsmarktes durch das Wettbewerbsumfeld sowie der veränderten gesetz- lichen Anforderungen und das einhergehende Erfordernis der schnellen Anpassung, kommt dieser Perspektive für die energiewirtschaftliche Steuerung eine besondere Bedeutung zu. Die für den gegenwärtigen und zukünftigen Erfolg kritischen Faktoren werden im Konzept der Balanced Scorecard über die Kunden- und interne Prozessperspektive identifiziert. Um für die 299 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997b), S. 322ff. 300 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 89 und S. 148f. 301 Vgl. Vogel, H.-J. (1996), S. 303. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 149 Kunden und Kapitalgeber jedoch nachhaltig wertschöpfend tätig zu sein, bedarf es einer konti- nuierlichen Anpassung und Verbesserung. Die Implementierung des organisatorischen Lernens und Wachsens ist hierfür ein wichtiger Ansatz. Mitarbeiter, Systeme und organisatorische Ab- läufe stehen damit im Betrachtungsmittelpunkt. Auf Basis der finanzwirtschaftlichen, der inter- nen und der Kundenziele der Balanced Scorecard werden in der Regel durch die Steuerung über die Balanced Scorecard bestehende Diskrepanzen zwischen den vorhandenen Mitarbeiter- potenzialen, Systemen und Prozessen aufgezeigt, welche zur Realisierung von Höchstleistungen abzustellen sind. Bestehende Lücken sind nicht nur zu identifizieren, sondern über Weiter- bildungen sowie Investitionen in Informationstechnologien und Systeme gezielt und umfassend abzustellen. Letztendlich haben alle Prozesse im Einklang mit der zur Erbringung der Höchst- leistung erforderlichen Infrastruktur zu stehen. Die bestehenden Veränderungsziele werden in der Lern- und Entwicklungsperspektive artikuliert. Sie trägt zur Realisierung der Ziele der ersten drei Perspektiven durch Optimierung der benötigten Infrastruktur bei. Die Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter stehen im Zentrum dieser perspektivischen Betrachtung. „Ideen zur Verbesserung von Prozessen und Leistungen für den Kunden müssen von den Mitarbeiter an der Basis kommen, die viel direkter mit internen Prozessen und den Kunden zu tun haben.“302 Die mitarbeiterbezogenen Messgrößen umfassen sowohl Ergebnis- zielgrößen wie Mitarbeiterzufriedenheit, Fluktuationsraten, Mitarbeitertraining und Mitarbeiter- fähigkeiten, als auch zugehörige spezifische Treiber. Wichtig sind insbesondere diejenigen spezifischen Fähigkeiten, welche in einem neuartigen Wettbewerbsumfeld benötigt werden. Bei Mitarbeitern wird grundsätzlich eine intrinsische (innere) Motivation erzeugt, wenn sie erkennen können, wie ihre Aufgabe in Übereinstimmung mit der Erreichung der Zielsetzung des Unternehmens im Zusammenhang steht. Die Mitarbeiter handeln somit aufgrund ihrer inneren Vorlieben und persönlichen Überzeugung, welches kreative Lösungsansätze und Innovationen fördert. Als Grundvoraussetzung zur Erreichung finanzwirtschaftlicher Zielvorgaben trägt die Balanced Scorecard damit zu einer umfassenden Kundenorientierung und kontinuierlichen Verbesserung der Geschäftsprozesse bei.303 Das Unternehmen soll sich zu einer lernenden Organisation entwickeln. Durch intern gesteuerte kontinuierliche Verbesserung als auch durch extern hervorgerufene Adaption von Entwick- lungen und Trends wird das Unternehmen zu einem Vorreiter der Innovation und erlangt ent- scheidende Wettbewerbsvorteile.304 Zur Prüfung von Strategieoptionen ist zunächst abzu- 302 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 89 und S. 121. 303 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 213f. 304 Vgl. Sure, M., u.a. (1999), S. 57. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 150 schätzen, ob vorhandenes Know-how und die bestehenden Kompetenzen für eine Erreichung der Ziele überhaupt geeignet sind. Eine gezielte Investition in das Wissen und die Nutzung der Fähigkeiten der Mitarbeiter sind entscheidend für den Erfolg des Unternehmens.305 Die nachfolgende Abbildung 34 veranschaulicht Abhängigkeiten für die Kennzahlen der Lern- und Entwicklungsperspektive. Diese Kernergebnisgrößen sind um die jeweiligen situations- spezifischen Leistungstreiber des Outputs306 zu ergänzen, wobei die Mitarbeiterzufriedenheit als treibender Faktor der Mitarbeitertreue und Mitarbeiterproduktivität anzusehen ist.307 Letzt- endlich ist es das Ziel, die Fähigkeit der Mitarbeiter zur Erreichung der jeweiligen unterneh- merischen Vision zu steigern. Ergebnis Produktivität der Mitarbeiter Mitarbeiter- zufriedenheit Fluktuationsrate Kerngrößen situations- abhängige Messgrößen Personalpotenziale technologischeInfrastruktur Arbeitsklima Abbildung 34: Lernen und Wachstum308 Im Sinne einer umfassenden Kundenorientierung als Ausgangspunkt der strategischen Impulse, kann der Mitarbeiter als Kunde der Unternehmensführung verstanden werden. Die Unterneh- mensführung hat damit für interne Servicequalität zu sorgen, um Mitarbeitermotivation, Mitar- beiterengagement und -zufriedenheit herzustellen. Hieraus resultiert die externe Servicequalität, so dass auf diesem Wege die wesentliche Grundlage zur Kundenzufriedenheit geschaffen werden kann. Die nachfolgende Abbildung 35 gibt diesen Zusammenhang durch eine prozessuale Dar- stellung vereinfacht wieder. Eine leistungs- und zufriedenheitsorientierte Mitarbeiterführung stellt die Grundlage für eine langfristige Kundenbeziehung dar. 305 Vgl. Brunner, J., u.a. (1998), S. 33. 306 Mitarbeiterproduktivität: Organisationsausrichtung auf die Strategie aller Ebenen; Fluktuationsrate: Mitarbeitern durch Kompetenz, Motivation und Information die Visionsumsetzung ermöglichen; Mitarbeiterzufriedenheit: Messung der Mitarbeiterzufriedenheit aufgrund verschiedener Dimensionen, wie Gehalt und Betriebsklima. 307 Zufriedene Mitarbeiter bewirken Produktivitätssteigerung, Reaktionsfähigkeit, Qualität und Kundenservice. Kundenzufriedenheit wird erst ermöglicht, wenn die Kunden von zufriedenen Mitarbeitern bedient werden. 308 Abbildung in Anlehnung an Kaplan, R. S., u.a. (1997b), S. 325. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 151 Interne Servicequalität Mitarbeitermotivation, -engagement und -zufriedenheit Mitarbeiter als Kunde der Führung Mitarbeiter als Qualitätsgarant Externe Service- qualität Kundenzufrieden- heit und -loyalität Abbildung 35: Prozesskette Mitarbeiter vs. Kundenzufriedenheit309 Diese Darstellung basiert auf sehr einfachen Annahmen. Tatsächlich werden die Mitarbeiter- motivation und die Arbeitszufriedenheit sehr komplex beeinflusst. Aufgabenmerkmale, äußere Arbeitsbedingungen, Bezahlung, Beförderungschancen, Anerkennung, Führungsstil des Vor- gesetzten, Kontakt mit Kollegen, Organisation und Leitung des Unternehmens sind wesentliche Determinanten, welche die Arbeitszufriedenheit bestimmen.310 Ähnliches gilt für die Beziehung zwischen Mitarbeiterzufriedenheit und Leistung. Das Leistungsniveau wird entschieden sowohl durch emotional-affektive Prozesse, als auch durch situative Bedingungen und das individuelle Fähigkeitsniveau bestimmt.311 Viele plausible Annahmen sprechen für den Zusammenhang zwischen Mitarbeiter- und Kunden- zufriedenheit. Statistisch konnte dieser Zusammenhang bislang jedoch nicht vollständig nach- gewiesen werden. Es kann jedoch angenommen werden, dass eine hohe Kundenzufriedenheit mit den nachfolgenden Elementen in einem engen Zusammenhang steht:312 • Aufbau von Kunden-Lieferanten-Beziehungen zur Unterstützung eines Bewusstseins für Kundenprobleme als Voraussetzung zur Erreichung von Kundenzufriedenheit; • Vereinbarung von Zielen, die wertschöpfungsspezifisch den originären Kundennutzen der Handlungen aufzeigt; • Ermöglichung eines kontinuierlichen Kundenkontaktes, der von allen Bereichen des Unternehmens zu pflegen ist. Die Messung der Mitarbeiterzufriedenheit sollte als Schlüsselfaktor und Leistungstreiber der Lern- und Entwicklungsperspektive insbesondere über das Instrument repräsentativer Mitarbei- terbefragungen erfolgen.313 Für die Lern- und Entwicklungsperspektive stellt sich die Frage, wie eine Strategieübertragung auf alle Mitarbeiter erfolgen kann. Umsetzbar ist dieses über Kommunikation, Weiterbildung, 309 Vgl. Müller, A. (2000), S. 91. 310 Vgl. Gebert, D., u.a. (1996), S. 75; vgl. Rosenstiel, L.v. (1998), S. 93. 311 Vgl. Gebert, D., u.a. (1996), S. 81ff. 312 Vgl. Kricsfalussy, A. (1997), S. 100. 313 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 124f. 4. Einführung in die Modelle der Unternehmenssteuerung 152 Zielfindungsprogramme und Anreizsysteme.314 Die Balanced Scorecard unterstützt die Strategie- überführung durch ihren top-down-Ansatz. Aufbauend werden zudem nach dem Gegenstrom- prinzip durchgängige Zielketten über alle Unternehmensebenen geknüpft, damit sämtliche Mit- arbeiter ihren Strategiebeitrag eigenständig verstehen, vorschlagen und leisten können.315 In Literatur und Praxis existieren nur sehr wenige Beispiele für unternehmensspezifische Mess- größen, welche die Lern- und Entwicklungsperspektive fokussieren.316 Hieraus resultiert die Gefahr der Fehlsteuerung und Vernachlässigung dieser Perspektive. Gelöst werden kann diese Problematik nur durch die Initiierung eines permanenten, organisatorischen Lernprozesses. Regelmäßiges Mitarbeitermonitoring kann Stärken und Schwächen der Organisation aufzeigen. I.S.d. Lern- und Entwicklungsperspektive kann damit ein Anstoß zu einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess unter Einbeziehung der unternehmerischen Innovationen erfolgen. Mög- liche Innovationsansätze können damit nicht nur für eine Organisationsverbesserung, sondern auch im Sinne von neuen Produkten oder Dienstleistungen aus Mitarbeitersicht identifiziert und umgesetzt werden. Eine Voraussetzung hierzu ist jedoch ein Betriebsklima, in dem die Mit- arbeiterverantwortung und die Mitarbeitermotivation gefördert werden. Abschließend kann festgestellt werden, dass die Balanced Scorecard Vision und Strategien in Ziel- und Messgrößen eines ausgewogenen Perspektiven-Sets übersetzt. „Die Balanced Score- card umfasst sowohl Messgrößen zu den gewünschten Ergebnissen als auch zu Prozessen, die diese gewünschte Ergebniserreichung vorantreiben.“317 Sie fungiert damit als Bindeglied zwischen der Entwicklung einer Strategie und ihrer Umsetzung bei einer Fokussierung auf die kritischen Managementprozesse.318 Dieser Fokus ermöglicht es Hinweise auf die Strategieformu- lierung zu geben, indem diese kontinuierlich kritisch hinterfragt wird. Damit liefert die Balanced Scorecard eine Orientierung zum Aufbau eines umfassenden strategischen Steuerungssystems, welches die zeitgemäße Steuerung komplexer Organisationsformen unterstützt und über eine schnelle und systematische Strategieentwicklung und -umsetzung in operative Maßnahmen die Voraussetzungen zur erfolgreichen Positionierung energiewirtschaftlicher Unternehmen im Wettbewerb sicherstellt. 314 Vgl. Friedag, H. R., u.a. (1999), S. 5f. 315 Vgl. Kaufmann, L. (1997), S. 427. 316 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 138f. 317 Kaplan, R. S., u.a. (1997b), S. 325. 318 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 18f. 5. Vorstellung des Wertmanagement 153 5. Vorstellung des Wertmanagements Unter Wertmanagement wird die zielgerichtete, nachhaltige, aktive und systematische Beeinflus- sung des Eigentümerwertes eines Unternehmens verstanden.1 Wertmanagementkonzepte ent- sprechen damit keiner kurzfristigen Gewinnoptimierung, einem Corporate Raiding oder feind- lichen Übernahme.2 Sie verfolgen das Ziel, die Führungs- und Steuerungsprinzipien, Prozeduren für Allokationsentscheidungen und somit die gesamte Portfoliostruktur des Unternehmens auf die langfristige Wertsteigerung auszurichten.3 Der Wert eines Unternehmens wird über die Leistungsfähigkeit von Unternehmen oder Geschäftsfeldern bestimmt. Das spezifische Ergebnis auf Basis der Summe abgezinster zukünftiger Cashflows oder anderer Ergebnisbeiträge bildet die Grundlage der Wertbestimmung im Wertmanagement. Benchmarks sind die Marktrendite- erwartungen und -anforderungen an die unternehmerische Leistung.4 Die Bedeutung der wertorientierten Unternehmensführung5 hat innerhalb der vergangenen Jahre in den westlichen Industrienationen signifikant zugenommen.6 Dieses resultiert im Wesentlichen aus Entwicklungstendenzen im Unternehmensumfeld, insbesondere dem zunehmenden Ergeb- nisdruck der Kapitalmärkte. Das Wertmanagement betonte in der Vergangenheit die finanzielle Wertschöpfung. „Richtige Wertorientierung erfordert jedoch prospektives, langfristiges und stra- tegisches Denken.“7 Um den gestiegenen Anforderungen des Kapitalmarktes und dem heutigen volatilen Unternehmensumfeld zu genügen, sind die finanziellen Werte durch vorgelagerte quali- tative Ziele zu ergänzen.8 Eine Entwicklung des Wertmanagements im Sinne eines mehrdimen- sionalen Werteverständnisses ist daher notwendig. Dies gilt besonders für die Energiebranche, da der Finanzbedarf in den kommenden Jahren durch erhebliche Rationalisierungs- und Modernisierungszwänge, ausgelöst durch den Wettbewerb und die Anreizregulierung, voraus- sichtlich erheblich ansteigen wird.9 Vor dem Hintergrund der Internationalisierung der Finanz- märkte steht damit auch in der Energieversorgung die Wertgenerierung im Mittelpunkt der An- lageentscheidung, da die Kapitalkosten an den Renditen gemessen werden. Es besteht erhebliche Konkurrenz um Kapital bei umfassenden Transparenz- und Renditeanforderungen.10 1 Vgl. Michel, U. (1999), S. 372. 2 Vgl. Günther, T. (1999), S. 361ff. 3 Vgl. Bötzel, S. u.a. (1998), S. 1f. 4 Vgl. Moser, J.-P. (2001), S 69 ff. 5 Unter der Begrifflichkeit der wertorientierten Unternehmenssteuerung werden in dieser Arbeit alle Strategien und Maßnahmen eines Unternehmens subsumiert, die darauf abzielen, den Unternehmenswert zu steigern. Vgl. Lattwein, J. (2001), S. 1. 6 Vgl. Riedl, J. B. (2000); vgl. Lübbehüsen, T. (2000); vgl. Neukirchen, R. (2000); vgl. Rappaport, A. (1999). 7 Volkart, R. (1998), S. 34. 8 Vgl. Volkart, R. (1997), S. 81. 9 Das Investitionsvolumen deutscher Kraftwerke bis zum Jahr 2025 beträgt rd. 30 Mrd. EUR. Gleichzeitig besteht ein erschwerter Zugang zu Krediten aufgrund der verstärkten privaten Anteilseignerstruktur und veränderter Möglichkeiten durch den Gesetzgeber (EU-Gesetzgebung, § 8a EStG, etc.); vgl. Böwing, A., u.a. (2004), S. 716. 10 Vgl. Ehricke (2004), S. 3; vgl. Michel, U. (1999), S. 371, vgl. Weber, J, u.a. (2002), S. 7. 5. Vorstellung des Wertmanagement 154 In den nachfolgenden Ausführungen wird das Konzept des Wertmanagements umfassend vor- gestellt und beispielhaft erläutert. Damit wird in Ergänzung zu den in Kapitel 4 thematisierten Steuerungsmodellen die wesentliche Grundlage zur Prüfung des in Kapitel 6 zu entwickelnden kombinierten Steuerungsansatzes und damit zu seiner Erweiterung um eine wertorientierte Steuerungskomponente geschaffen. Da die vorliegende Arbeit zunächst die Steuerungsmodelle des Kapitels 4 im Rahmen des entwickelten Ansatzes sowohl analysiert als auch integriert und erst in der Folge eine Prüfung des Ansatzes bzgl. der Einhaltung der Kriterien der erweiterten Wertorientierung erfolgt, wurde die Vorstellung des Konzeptes des Wertmanagements von den Ausführungen im Kapitel 4 getrennt. 5.1 Entstehung und Grundlagen Die wertorientierte Unternehmensführung entstand Anfang der achtziger Jahre durch eine Ver- bindung des strategischen Managements mit der wertorientierten Strategieplanung.11 Die „Lehre der Strategie“ wurde zu diesem Zeitpunkt mit der Wertsteigerungsanalyse verbunden.12 Strate- gien haben seitdem einer finanzwirtschaftlichen Beurteilung standzuhalten. 5.1.1 Historischer Hintergrund Die Bewertung von Unternehmen war bis zu Beginn der achtziger Jahre primär für die Entschei- dung von Kauf- oder Verkaufstransaktionen von Bedeutung. Der Wert eines Unternehmens oder von Teilbereichen wurde zur Preisfindung bei Transaktion benötigt. Er hatte damit situativen Charakter.13 Ein wichtiger Ausgangspunkt für die Verwendung des Unternehmenswertes als interne Steuerungsgröße ist in dem starken Anstieg von Unternehmensübernahmen Mitte der achtziger Jahre zu sehen. Hintergrund war eine Identifikation von so genannten Wertlücken.14 Durch Unternehmensübernahmen und die damit einhergehenden Restrukturierungsmaßnahmen, aber auch durch Liquidation in Form von Zerschlagungen, konnten Corporate bzw. Private Raiders15 den Wert des Unternehmens oftmals erheblich steigern.16 Zudem wurden die Unter- 11 Vgl. Vettinger, T. (1996), S. 78. 12 Vgl. Strutz, E. (1993), S. 109f. 13 Vgl. Raster, M. (1995), S. 6. 14 Der Begriff Wertlücke beschreibt die positive Differenz zwischen dem potenziell realisierbaren Unternehmens- wert (Restrukturierungen und Synergien eingeschlossen) und dem aktuellen Wert; vgl. Günther, T. (1997), S. 8. 15 Bei strategisch fehlerhaft geführten Unternehmen werden durch potenzielle Übernahmeinteressenten Potenziale zur Generierung von zusätzlichem Wert identifiziert. Durch Restrukturierungen, veränderte Managementkon- zepte oder strategische Neuausrichtungen können diese erschlossen werden. Der fiktive Markt für Unter- nehmenskäufe setzt das Management damit unter einen permanenten Erfolgsdruck. Nur wenn das Management die zum aktuellen Zeitpunkt aus Sicht der Anteilseigner besten Wertsteigerungskonzepte in der strategischen Ausrichtung in Aussicht stellt, wird ein potenzieller Mehrwert durch veränderte Unternehmensstrategien nach einer potenziellen Unternehmensübernahme gegen null gehen. Vgl. Bötzel, S., u.a. (1998), S. 8. 16 Vgl. Rappaport, A. (1998), S. 2. 5. Vorstellung des Wertmanagement 155 nehmensübernahmen durch strategisch motivierte Integrations- und Diversifikationsanstrengun- gen begünstigt, welche durch die Suche nach Synergieeffekten getrieben wurden. Der Unternehmenswert geriet durch die latente Gefahr von feindlichen Übernahmen zu diesem Zeitpunkt zunehmend in den Fokus des strategischen Managements.17 Die strategische Unter- nehmensführung18 war deshalb verstärkt daran interessiert, den Wert des eigenen Unternehmens zu kennen und ihn zu steigern, um potenzielle Übernahmen zu verhindern. In der Vergangenheit orientierte sich das unternehmerische Zielsystem primär an leistungswirtschaftlichen Zielen zur langfristigen Existenzsicherung. Die strategische Führung stand nun vor der Aufgabe, auch die finanzwirtschaftliche Zielgröße des Unternehmenswertes in das Zielsystem zu integrieren.19 Ein zunehmender Koordinationsbedarf zwischen der leistungswirtschaftlichen und der finanzwirt- schaftlichen Perspektive war entstanden. Das Verständnis des Unternehmenswertes als primär externen Bewertungsmaßstab wandelte sich hin zur Verwendung als interne Steuerungsgröße, welche kontinuierlich zur Beurteilung strategischer Aktivitäten eingesetzt wird. Die Identifi- kation und Schließung von Wertlücken steigert den Unternehmenswert. Nicht nur die Gefahr von feindlichen Übernahmen wird auf diese Weise verringert, es werden zudem finanzielle Mittel generiert, die für nachhaltiges profitables Wachstum verwendet werden können. Die zunehmende Internationalisierung von Unternehmen,20 insbesondere von Konzernen als grenzüberschreitende Unternehmensverbünde, ist ein weiterer Auslöser für die Verbreitung der wertorientierten Unternehmensführung.21 Aufgrund der Globalisierung der Finanzmärkte stehen Unternehmen in einem internationalen Wettbewerb um Kapital und haben sich damit einem internationalen Renditevergleich zu stellen.22 Ein Unternehmen erhält heute nur langfristiges Kapital von den Investoren, wenn es mit dem Aktionärsvermögen international wettbewerbs- fähige Renditen erwirtschaften kann. Liegt jedoch eine mangelhafte Verzinsung oder die Vernichtung des eingesetzten Kapitals vor, so wird dem Unternehmen kein Eigenkapital mehr 17 Vgl. Born, K. (1995), S. 217. Von einer „Renaissance des Unternehmenswertes“ in der Unternehmensführung spricht in diesem Zusammenhang Günther. Vgl. Günther, T. (1991), S. 48. 18 Die strategische Unternehmensführung kann als „eine Denkhaltung verstanden werden, die aus einer konzeptio- nellen Gesamtsicht heraus die Planung, Steuerung und Koordination der Unternehmensentwicklung anstrebt“. Rüter, A., u.a. (2000), S. 133. Sie zielt auf eine Suche, den Auf- und Ausbau sowie den Erhalt von strategischen Erfolgspotenzialen. Vgl. Schröder, H. (2001), S. 22. 19 Vgl. Brune, J. W. (1995), S. 60f. 20 In der Zeit zwischen den Jahren 1986 bis 1996 fand international mehr als eine Verdopplung des Wertes der ex- portierten Güter statt; vgl. IMF (1997b), 117. Das Bruttoinlandsprodukt der Welt stieg zwischen den Jahren 1986 und 1996 von 14.364 Mrd. US$ auf 29.700 Mrd. US $. Vgl. Coopers & Lybrand International (1997), S. 16. Das Wachstum von Handel mit Gütern und Dienstleistungen wurde im Jahr 1997 vom IMF mit 7,3 Prozent und das des realen Bruttoinlandsproduktes mit 4,4 Prozent prognostiziert. Vgl. IMF (1997a), S. 5. 21 Vgl. Michel, U. (1999), S. 371. 22 Die ausländischen Direktinvestitionen haben sich über einen Zeitraum von zehn Jahren mehr als vervierfacht; vgl. IMF (1996). Ein Grund hierfür besteht in der Entreglementierung der länderübergreifenden Finanzflüsse. 5. Vorstellung des Wertmanagement 156 zugeführt und gleichzeitig die Existenz gefährdet.23 Diese gestiegenen Renditeanforderungen gelten heute ebenso für die Anteilseigner energiewirtschaftlicher Unternehmen. Im kommunalen Bereich führen die schlechten Haushaltssituationen zu verstärkten Renditeanforderungen. Damit geht auch die Möglichkeit der (Teil-)Privatisierung einher, um durch private Anteilseigner eine effizientere und damit ertragreichere Unternehmensführung zu gewährleisten. Die Entwicklung der Unternehmenssteuerung in Richtung einer umfassenden und transparenten wertorientierten Geschäftsausrichtung zur Bedienung der gestiegenen Renditeanforderungen privater und kom- munaler Anteilseigner über eine umfassende, wertorientierte Geschäftsausrichtung ist damit auch ein wichtiger Baustein für Energiebranche. Für die Unternehmen stellen sich die finanzwirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklung grund- sätzlich in zwei Dimensionen dar. Zum einen ist eine erheblich höhere Markttransparenz bei steigendem Finanzbedarf und schnelleren Entscheidungswegen festzustellen. Zum anderen besteht eine hohe Bereitschaft der Kapitalanleger zur Anlage in ausländische Unternehmen und somit ein vermehrter Kapitalexport zu Lasten der inländischen Finanzierung. Es existiert ein erschwerter Zugang zu Finanzierungsquellen zur Förderung des unternehmerischen Wachstums. Die Kapitalmarktorientierung gewinnt damit einen höheren Stellenwert und die Generierung von Unternehmenswert steht zunehmend im Vordergrund der unternehmerischen Betrachtung, da die Kapitalkosten24 an den Renditen gemessen werden.25 Die Unternehmen sind durch diese Entwicklung angehalten, sich auf unternehmenswertschaf- fende Geschäfte und Projekte zu fokussieren. Dabei ist die Finanzierung der Wachstumsaus- richtung konsequent darzustellen und das angestrebte finanzwirtschaftliche Ergebnis möglichst quantitativ aus Ertrags- und Risikogesichtspunkten zu evaluieren. Dies gilt insbesondere für Strategien mit hohem Fixkostenengagements - wie Kraftwerksmodernisierungen bzw. - Neubauten oder Investitionen im Netzbereich - oder unternehmensgrößenspezifisch getriebenen Diversifikationen. Die Orientierung der Unternehmenssteuerung am Unternehmenswert stellt damit in der heutigen Zeit eine ökonomische Notwendigkeit dar und sollte insbesondere in der Energiewirtschaft aufgrund der hohen und langfristigen Kapitalbindung durch Kraftwerke und Netzbereich gezielt gesteuert werden. Die zunehmende Verbreitung der wertorientierten Steuerung ist die notwendige Konsequenz. 23 Vgl. Stelter, D. (1997), S. 134. 24 Die Optimierung der Finanz-/Vermögensstruktur zur Verminderung von Kapitaleinsatz und -kosten ist ein wichtiges Handlungsfeld des Wertmanagements. Durch eine Verbesserung des Cash Managements, den Abbau von Lagerbeständen und eine Einsparung unnötigen Anlagevermögens ist dieses realisierbar. Ebenso bietet sich die gezielte Beeinflussung der Renditeerwartungen der Kapitalgeber an. Vgl. Glaum, M. (2004), S. 744. 25 Vgl. Bötzel, S., u.a. (1998), S. 4f. 5. Vorstellung des Wertmanagement 157 Die aufgezeigten Entstehungsursachen der wertorientierten Steuerung sind auch heute noch relevant. Unternehmen, deren finanzwirtschaftliches Ergebnis als nachrangig betrachtet wird, sind daher weiterhin in der Existenz gefährdet. Unterbewertete Unternehmen stellen dabei ein bevorzugtes Akquisitionsobjekt dar. Mit einer Tendenz zur Ausweitung besteht nach wie vor ein internationaler Wettbewerb um Kapital und wettbewerbsfähige Renditen. Hierbei wirkt verstär- kend, dass der Anteil institutioneller Investoren steigt.26 Diese Anleger werden den erhöhten Ergebnisdruck an die Unternehmen weitergeben.27 Vor dem Hintergrund der Liberalisierung und Regulierung erlangt die Wertorientierung eine besondere Bedeutung für die energiewirtschaftliche Steuerung. Der sich weiter verschärfende Preiswettbewerb aufgrund der sinkenden Netznutzungsentgelte sowie die Anforderungen durch die Anreizregulierung zwingen die Unternehmen zu einer kostenreduzierenden und effizienz- steigernden Verhaltensweise. Dieser notwendige Wandel vom monopol- zum gewinnorientierten Denken und Handeln kann durch eine präsente und ganzheitliche Wertorientierung gezielt gefördert werden, indem Zusammenhänge der Wertschöpfung aufgezeigt und die gesamt Steuerung inklusive des Gesamtportfolios auf eine langfristige Effizienz und Wertsteigerung ausgerichtet werden. 5.1.2 Defizite der traditionellen Kennzahlen Wertorientierte Steuerungsgrundsätze weisen weitreichende Vorteile gegenüber der klassischen Steuerungsphilosophie des strategischen Managements auf.28 Aus Sicht der Wissenschaft ist die Forderung nach der Wertorientierung nicht neu. Einer ihrer prominentesten Vertreter ist Rappaport, der bereits im Jahr 1986 die Interessen der Anteilseigner von Unternehmen in den Mittelpunkt der unternehmerischen Zielsetzung stellte.29 Zahlungsorientierte Größen ermöglichen eine geeignete Ergänzung des bestehenden, primär qualitativen Instrumentariums des strategischen Managements. Die Vergleichbarkeit strategi- scher Optionen wird über eine Einbeziehung expliziter Risiken und den Zeitwert des Geldes ent- scheidend verbessert, gleichzeitig bietet sich eine gute Orientierungsgrundlage für Entschei- dungen durch die Vorgabe einer Mindestrenditevorgabe zur Bewertung von Unternehmen, Centern, Initiativen oder Kunden auf Basis der Marktrendite.30 Zudem ergänzen finanzie- 26 Vgl. Rodinger, A. (1995), S. 105f. 27 Bspw. in Form höherer Renditeforderungen oder einer größeren Bereitschaft, Anteile an Unternehmen mit unterdurchschnittlichen Renditen aus dem Portfolio zu veräußern. 28 Vgl. ausführlich Günther, T. (1997), S. 204. 29 Vgl. Rappaport, A. (1986). 30 Vgl. Bühner, R., u.a. (1991), S. 187-208. 5. Vorstellung des Wertmanagement 158 rungstheoretische Steuerungsgrößen die buchhalterischen Steuerungsverfahren auf Basis von Gewinn oder Rentabilität.31 Buchhalterische Renditegrößen dienen in erster Linie dem Gläubi- gerschutz und sind damit nicht geeignet, Entscheidungen für künftige Kapitalgeber zu unter- stützen.32 Darüber hinaus besteht nur ein geringer Zusammenhang zwischen jahresabschluss- orientierten Kennzahlen und der zukünftigen Wertentwicklung des Unternehmens am Kapital- markt. Erfolgskennzahlen sind darüber hinaus aufgrund der Altersstruktur des Anlagevermögens durch Goodwill-Ausweis und Leasing verzerrt. Eine Orientierung an buchhalterischen Werten ignoriert zudem die intertemporalen Abhängigkeiten von Maßnahmen und Wirkungen und erzeugt ein falsches Bild in Bezug auf den Gewinn und die tatsächlich verfügbaren Mittel.33 Die nachfolgenden Ausführungen vermitteln einen zusammenfassenden Überblick der wesent- lichen Kritikpunkte an den traditionellen jahresabschluss- und gewinnorientierten Kennzahlen. Werden diese Defizite nachhaltig durch das Wertmanagement beseitigt, so kann eine Integration der Kapitalmarktorientierung in die Unternehmenssteuerung erfolgen.34 • Geringe Korrelation mit der Wertentwicklung auf den Aktienmärkten. • Erschwerte Beurteilung der tatsächlichen ökonomischen Unternehmensleistung aufgrund von Ansatz- und Bewertungswahlrechten beim Gewinnausweis. • Fehlende Berücksichtigung von Risiken bei unterschiedlichen Unternehmensbereichen. • Vernachlässigung des Zeitwertes des Geldes sowie inflatorischer Impulse. • Verzerrung von Erfolgskennzahlen bei unterschiedlichen Altersstrukturen des Anlage- vermögens. • Verzerrte Rendite-Darstellung bei Leasing-Finanzierungen und Goodwill-Ausweis. • Keine Berücksichtigung des Kapitalbedarfs zur Finanzierung zukünftigen Wachstums. • Unzureichende Zukunftsorientierung durch einperiodische Kenngrößen. Eine Erweiterung der Unternehmenssteuerung um kapitalmarktorientierte Elemente sowie eine Ergänzung um unternehmenswertorientierte Steuerungsgrößen wird in Teilen bereits im Share- holder Value-Ansatz gefordert.35 Um ganzheitliche Wirkung zu erzielen und zur Beseitigung der aufgezeigten Defizite, sind die Bewertungsverfahren und Instrumente der Wertsteigerung in das 31 Vgl. Rappaport, A. (1981), S. 140. 32 Vgl. Siegert, T. (1995), S. 587. 33 Vgl. Günther, T. (1997), S. 211. 34 Vgl. Michel, U. (1999), S. 371f. 35 Vgl. Rühli, E. (1996), S. 48-55. 5. Vorstellung des Wertmanagement 159 gesamte Führungssystem und damit in das strategische Management zu integrierten.36 Sämtliche bestehenden Steuerungsmodelle sind hiervon betroffen.37 Aus strategischer Sicht erscheint eine Orientierung der Unternehmenssteuerung am Unter- nehmenswert von höchster Priorität zu sein, wenn der Fortbestand des Unternehmens langfristig gesichert werden soll. Die methodische Grundlage bezieht die wertorientierte Steuerung dabei grundsätzlich aus dem Shareholder Value-Ansatz.38 5.1.3 Elemente und Anwendungsformen In Theorie und Praxis sind die genaue Ausgestaltung und die Umsetzung der wertorientierten Steuerung bislang noch nicht eindeutig vorgegeben. Grundsätzlich sollte das Konzept jedoch über die in der Folge dargestellten vier wesentliche Elemente verfügen. Die Steigerung des Unternehmenswertes ist als wesentliches Ziel aller Betrachtungen in den Mittelpunkt aller Entscheidungen zu stellen. Der Wert des Eigenkapitals (Equity Value) steht hierbei im Betrachtungsmittelpunkt. Die gesamte Unternehmenssteuerung hat sich an diesem Wert auszurichten. Die Wertbestimmung kann bei börsennotierten Unternehmen über eine Betrachtung der Marktwerte oder durch Hinzuziehung von Verfahren der Unternehmensbe- wertung erfolgen. Maßstab der Wertschöpfung sind die Kapitalkosten. Die Eigenkapitalkosten39 geben risikoadjustiert die Renditeanforderung vor. Die Kosten für genutztes Fremd- und Eigen- kapital sind damit die wesentliche Basis der unternehmerischen Entscheidungen. Freie Cash- flows sind die Grundlage der Bewertung und ermöglichen den Ausschluss buchhalterischer Belastungen. Barwerte werden als einheitliches Beurteilungskriterium verwendet, indem die freien Cashflows mit den Kapitalkosten diskontiert werden. Das Konzept der Wertorientierung zielt auf eine Berücksichtigung der langfristigen Unterneh- mensausrichtung. Die langfristige Erfolgsausrichtung ist der kurzfristigen Gewinnausrichtung vorzuziehen. Damit ist die wertschaffende Wachstumspolitik fester Bestandteil der wertorien- tierten Unternehmensführung. Die Marktrendite als Erfolgsmaßstab schafft den Rentabilitäts- druck. Eine Orientierung erfolgt nicht an dem bislang geleisteten, sondern an der voraussicht- lichen Entwicklung und damit an den zukünftigen Gewinnerwartungen.40 36 Vgl. Moser, J.-P. (2001, S. 66. 37 Zur Kritik am Shareholder Value-Management vgl. Baden, A. (2001), S. 398-403. Ein umfassender Lösungs- ansatz im Sinne einer Weiterentwicklung zu einem integrierten Ansatz zwischen Shareholder- und Stakeholder- Orientierung findet sich bei Lattwein, J. (2001), S. 114. 38 Weitere Bewertungsverfahren orientieren sich am Ertragswert. 39 Die Renditeforderung der Eigenkapitalgeber orientiert sich am risikolosen Zins zuzüglich der Marktrisikoprämie multipliziert mit dem Beta-Faktor; vgl. das Capital Asset Pricing Modell bei Lewis, T. G., u.a. (1994), S. 87. 40 Vgl. ausführlich Kapitel 5 sowie Bötzel, S. u.a. (1998), S. 1f. 5. Vorstellung des Wertmanagement 160 Die wertorientierte Steuerung verfügt im Wesentlichen über drei Verfahren der Wertbestim- mung. Dieses sind der Discounted Cashflow, der Economic Value Added und der Cash Value Added.41 Diese Kennzahlen können die Leistung von strategischen Initiativen, Unternehmens- bereichen oder ganzen Unternehmen messbar machen und in die Verfahren der Unternehmens- bewertung integriert werden. Das Kalkül des Barwertes zukünftiger Rückflüsse an die Kapital- geber hat in Theorie und Praxis große Akzeptanz erlangt.42 Wertorientierte Kennzahlenkonzepte haben weite Verbreitung in deutschen Unternehmen gefun- den und dienen als wichtige Entscheidungsgrundlage. Die Maximierung des Unternehmens- wertes scheint damit als vorrangiges Unternehmensziel weitestgehend akzeptiert zu sein. Eine langfristige Wertschaffung bedarf jedoch weiterer Ergänzungen. So ist es sinnvoll, die gesamte Unternehmenssteuerung nicht nur auf eine kurzfristige Wertorientierung sondern auch auf Lang- fristigkeit hin auszurichten. Zudem sind sämtliche Mitarbeiter in die Wertgenerierung einzu- binden. Letztendlich ist es erforderlich, nicht-finanzielle Kennzahlen in die wertschaffende Steuerung als vorlaufende Werttreiber zu integrieren.43 Nach Ansicht von Weber lässt sich der heutige Implementierungsstand der wertorientierten Unternehmenssteuerung in drei Anwendungsformen untergliedern (vgl. Abbildung 36).44 Dies begründet sich darin, dass die Wertorientierung in unterschiedlichen Umsetzungsstadien prakti- ziert werden kann. Bei der Analysten-Lösung steht die Kommunikation mit dem Kapitalmarkt im Mittelpunkt der Handlungsorientierung. Wertorientierte Kennzahlen werden den Anteilseignern kommuniziert, sind jedoch ausschließlich den Mitarbeitern im Rechnungswesen bekannt. Die nachgeordneten Hierarchieebenen haben keine Informationen über den Stand der Kennzahlen und können ihr Handeln nicht i.S.d. Wertgenerierung ausrichten. Die zweite Anwendungsform der wertorientierten Steuerung wird mit dem Begriff Engagierter Beginn tituliert. Hierunter wird eine fortgeschrittene Anwendung der Wertorientierung verstanden. Diese berücksichtigt neben der Kommunikation mit dem Kapitalmarkt zusätzlich die interne Steuerung des Unternehmens. Wertorientierte Kennzahlen werden bereits unternehmensintern strategisch und operativ in der Planung berücksichtigt und zur Steuerung von Unternehmenseinheiten verwendet. Zudem ist eine Kopplung mit dem Zielvereinbarungs- und Anreizsystem des Unternehmens vorhanden. Das dritte und abschließende Stadium ist der Idealzustand. Hierbei ist die Wertorientierung die Grundlage für ein umfassend eingeführtes Steuerungssystem. Das wertorientierte Kennzahlen- 41 Vgl. Kapitel 5.4.3. Ergänzend kann auf das Konzept der Ertragswertberechnung verwiesen werden. 42 Vgl. Drukarczyk, J. (2001). 43 Eine ausführliche Gegenüberstellung finanzieller und nicht-finanzieller Werttreiber findet sich bei Fischer. Vgl. Fischer, T. M., u.a. (2004), S. 308. Vgl. auch Weber, J., u.a. (2002), S. 8. 44 Vgl. Weber, J., u.a. (2002), S. 9ff. 5. Vorstellung des Wertmanagement 161 konzept findet in allen Hierarchieebenen des Unternehmens Verwendung und ist durchgängig mit dem Anreizsystem verbunden. Werttreiber, d.h. Wert schaffende Faktoren nicht nur finan- zieller Natur, sind die Orientierungspunkte des Handelns. Die finanziellen, wertorientierten Kennzahlen werden durch Werttreiberhierarchien ergänzt und bilden das Geschäftsmodell des gesamten Unternehmens oder eines Teilbereiches aus der Wertschöpfungsperspektive ab. In te gr at io n de r U nt er - ne hm en sb er ei ch e Externes Reporting + z.T. interne Steuerung + umfassende interne Steuerung über Werttreiber Analysten- Lösung Engagierter Beginn Idealzustand Abbildung 36: Wertorientierung in der Praxis45 5.2 Wertschaffung als strategischer Orientierungsrahmen Die Steigerung des Unternehmenswertes kann als oberste strategische Zielgröße des Unterneh- mens aufgefasst werden. Wertschaffung bildet den konstitutiven Rahmen für die Planung und Umsetzung aller strategischen Aktivitäten. Eine wertorientierte Unternehmensführung erfordert damit eine Erweiterung des betriebswirtschaftlichen Steuerungsinstrumentariums. Wertschaf- fende Ziele sind individuell zu identifizieren, zu vergleichen und als Basis für die Zielverein- barungen im Unternehmen zu kommunizieren. Wesentliche Orientierungsgrundlage hierzu bilden Wertpotenziale,46 strategische Erfolgsfaktoren sowie der Discounted Cashflow. 5.2.1 Zusammenhang zwischen Erfolgspotenzialen und dem Unternehmenswert Die Aufgabe der Unternehmensführung besteht darin, Wettbewerbsvorteile im Sinne von Erfolgspotenzialen zu generieren. Durch die Erschließung von Erfolgspotenzialen werden grund- sätzlich auch unternehmerische Wertlücken geschlossen. Als erklärende, qualitativ-inhaltliche Vorsteuerungsgröße stellen somit sowohl die Erfolgspotenziale, als auch der Unternehmenswert als finanztheoretische Steuerungsgröße, die Grundlage zur langfristigen Existenzsicherung des Unternehmens dar. Die Schaffung monetärer Werte kann damit als Indikator der unter- nehmerischen Lebensfähigkeit bezeichnet werden. Die Erschließung von Erfolgspotenzialen 45 Abbildung in Anlehnung an Weber, J., u.a.(2002), S. 10. 46 Der Begriff des Wertpotenzials kann in Anlehnung an Zettel eingeführt werden als „eine unternehmerische Chance, die als Nutzungsvorrat erkannt werden muss und durch geeignete Maßnahmen [...] zur Steigerung des Unternehmenswertes eingesetzt werden kann“. Zettel, W. (1995), S. 32. Vgl. Abbildung 37 auf Seite 162. 5. Vorstellung des Wertmanagement 162 erfolgt mit der Absicht, langfristig ökonomische Gewinne zu realisieren und muss demnach im Unternehmenswert messbar sein. Der Unternehmenswert kann demnach als eine Monetari- sierung der unternehmerischen Erfolgspotenziale verstanden werden.47 Die strategische Steuerung verfolgt das Ziel der unternehmerischen Existenzerhaltung. Wird diese mit der wertorientierten Steuerung, welche eine Schließung von Wertlücken anstrebt, verglichen, so lässt sich eine Konvergenz zwischen beiden Steuerungssystematiken erkennen. Die Einbeziehung des Shareholder Value-Ansatzes bzw. der Wertorientierung in die Konzeption einer strategischen Unternehmenssteuerung erscheint nahe liegend, da Erfolgspotenziale in einem engen Bezug zum Unternehmenswert stehen. Erfolgspotenziale, die zur langfristigen Sicherung der Existenz des Unternehmens beitragen und damit implizit den Unternehmenswert steigern, können als Wertpotenziale bezeichnet werden. Wertpotenziale beziehen sich sowohl auf marktbezogene, externe Potenziale, als auch auf unternehmensbezogene, interne Potenziale. Über diese ist es gezielt möglich, den Unternehmenswert zu steigern.48 Die nachfolgende Abbildung 37 verdeutlicht den beschriebenen Gesamtzusammenhang. Erfolgspotenziale identifizieren Unternehmenswert generieren Schließen von Wertlücken erklärende, qualitativ-inhaltliche Vorsteuerungsgröße finanztheoretische Steuerungsgröße Wertorientierte Steuerung Strategische Steuerung Existenzsicherung Abbildung 37: Unternehmenswert als Monetarisierung der Erfolgspotenziale 5.2.2 Zusammenhang zwischen Erfolgspotenzialen, Wertpotenzialen und strategischen Erfolgsfaktoren Unter dem Prozess der wertorientierten strategischen Steuerung werden sämtliche Aufgaben der Identifikation von Wertpotenzialen, deren Bewertung sowie der Planung von Maßnahmen zu deren Umsetzung verstanden.49 Aufgrund der Komplexität der steuerungsrelevanten Phänomene stellt jede dieser Aufgaben jedoch ein hohes Anspruchsniveau dar. Die praktische Eignung des Wertpotenzialkonzeptes analog zum Erfolgspotenzialkonzept erscheint eingeschränkt.50 Wert- potenziale stellen unspezifische und abstrakte Größen dar. Aufgrund des hochkomplexen Inter- aktionsverhältnisses zwischen Unternehmen und Umwelt werden die Wertpotenziale und damit 47 Vgl. Günther, T. (1991), S. 70f. 48 Vgl. Lattwein, J. (2001), S.123f. 49 Vgl. Welge, M. K., u.a. (1999), S. 96. 50 Vgl. Welge, M. K., u.a. (1999), S. 122. 5. Vorstellung des Wertmanagement 163 der langfristige Erfolg eines Unternehmens von vielen nachgelagerten Variablen bzw. Erfolgs- faktoren determiniert.51 Leider lassen sich sämtliche Einflüsse auf die unternehmerischen Wertpotenziale nicht umfassend darstellen.52 Es resultiert die Notwendigkeit der gezielten Auswahl der entscheidenden Erfolgsfaktoren, der Wertpotenziale, welche annahmegemäß die wesentliche Grundlage für das Konzept der strategischen Erfolgsfaktoren bilden. Diesem Vor- gehen liegt die Annahme zu Grunde, dass es möglich ist, durch die gezielte Auswahl einiger weniger Erfolgsfaktoren die Entwicklung der Wertpotenziale relativ sicher zu bestimmen.53 Unter strategischen Erfolgsfaktoren werden diejenigen wenigen Faktoren verstanden, die einen signifikanten Einfluss auf die Wertpotenziale und damit auf den nachhaltigen Erfolg des Unter- nehmens ausüben. „Strategische Erfolgsfaktoren bilden aus theoretischer Sicht die Ursachen für die positive oder negative Entwicklung eines Unternehmens. [...] Sie geben Antwort auf die Frage, welche Kriterien einen wesentlichen Einfluss auf das Erfolgspotenzial von strategischen Geschäftsfeldern ausüben.“54 In Abbildung 38 wird der beschriebene Zusammenhang zwischen Erfolgspotenzialen, Wertpotenzialen und strategischen Erfolgsfaktoren aufgezeigt. Erfolgspotenziale: Voraussetzung für den zukünftigen dauerhaften Unternehmenserfolg. Wertpotenziale: Einfluss auf langfristige Existenzsicherung des Unternehmens. Strategische Erfolgsfaktoren: Maßgeblicher Einfluss auf Erfolgspotenzial von stategischen Geschäftsfeldern. Abbildung 38: Wesentliche Potenzialzusammenhänge Analog zu den Erfolgspotenzialen wird in der Literatur zur Operationalisierung und Steuerung von Wertpotenzialen auf das Konzept der strategischen Erfolgsfaktoren zurückgegriffen. Dieses kann als Konkretisierung von Wertpotenzialen aufgefasst werden, da es zum Erhalt bzw. zur besseren Nutzung der unternehmerischen Wertpotenziale beiträgt.55 5.2.3 Monetäre Quantifizierung durch den Discounted Cashflow-Ansatz Die wertorientierte strategische Steuerung bedarf einer monetären Quantifizierung. Die Bewer- tung ermöglicht einen direkten und objektiven Vergleich verschiedener Wertpotenziale.56 Für eine hinreichend korrekte Wertermittlung sind jedoch auch die Wirkungsintensitäten und Inter- 51 Vgl. Grimm, U. (1983), S. 17. 52 Vgl. Mende, M. (1995), S. 38. 53 Lattwein geht in Anlehnung an Mende davon aus, dass Wertpotenziale im Wesentlichen durch einige wenige Faktoren maßgeblich bestimmt werden. Vgl. Lattwein, J. (2001), S. 124; vgl. Mende, M. (1995), S. 38. 54 Fischer, T. M. (1993), S. 18. Vgl. Abbildung 40 auf Seite 166. 55 Vgl. Lattwein, J. (2001), S. 125. 56 Vgl. hierzu die Kritik an einer reinen quantitativen, strategischen Steuerung bei Born, K. (1995), S. 212f. 5. Vorstellung des Wertmanagement 164 aktionen der einzelnen strategischen Erfolgsfaktoren untereinander sowie deren langfristige Entwicklung zu analysieren. Eine korrekte Bewertung der Wertpotenziale geht damit mit der richtigen Erfassung der Kausalstrukturen der strategischen Erfolgsfaktoren einher.57 Dieses ist aufgrund der hohen Komplexität der Zusammenhänge mit großer Unsicherheit verbunden. Die wertorientierte Steuerung zielt auf die Operationalisierung und Berechnung der internen und externen unternehmerischen Wertpotenziale in Form differenzierter Cashflow-Prognosen ab.58 Zahlungsorientierte Werte treten damit im Gegensatz zu den buchhalterischen Steuerungsgrößen in den Vordergrund und es wird eine eindeutige Abkehr von der operativen Führung hin zu kon- kreten entscheidungsrelevanten und vergleichbaren strategischen Steuerungsgrößen impliziert.59 Zahlungsorientierte Größen besitzen ein großes Potenzial für die interne Steuerung, da sie die Unternehmensführung unmittelbar beeinflussen können. Die Verwendung von diskontierten Cashflows erscheint zudem angebracht, da für diese die aufgezeigten Kritikpunkte der buch- halterischen Steuerungsgrößen nicht gelten.60 Ihre Verwendung erscheint deshalb als das methodisch geeignete Instrument zur Bewertung von strategischen Wertpotenzialen und ergänzt gleichzeitig die buchhalterischen Steuerungsgrößen der operativen Führung zu einem um- fassenden strategischen Steuerungsinstrumentarium. Aufgrund des abstrakten Charakters der Wertpotenziale, der Schwierigkeiten ihrer Identifikation und monetären Bewertung bietet sich ergänzend die Einbeziehung des Konzeptes der strategischen Erfolgsfaktoren an.61 Unternehmerische Existenzsicherung Kurzfristige Existenzsicherung Langfristige Existenzsicherung Operatives Mangement Wertorientiertes,strategisches Management Gewinn, Liquidität Wertpotenziale, StrategischeErfolgsfaktoren, DCF Steuerungs- größen Primärziel Teilziele Steuerungs- ebenen Abbildung 39: Säulen der unternehmerischen Steuerung62 In Bezug auf die Sicherung der Existenz- und Lebensfähigkeit des Unternehmens sind somit zwei wesentlichen Säulen von entscheidender Bedeutung für die Steuerung von Unternehmen. In 57 Vgl. Welge, M. K., u.a. (1992), S. 361. 58 Vgl. Lattwein, J. (2001), S. 125. 59 Vgl. Breid. V. (1994), S. 140; vgl. Peschke, M. A. (1997), S. 53f. 60 Vgl. Kapitel 5.1.2. 61 Vgl. Lattwein, J. (2001), S. 126. 62 Abbildung in Anlehnung an Lattwein, J. (2001), S. 126. 5. Vorstellung des Wertmanagement 165 der vorherigen Abbildung 39 werden diese beiden Säulen konkretisiert. Die kurzfristige Existenzsicherung wird durch die bisherigen buchhalterischen Steuerungsgrößen gewährleistet. Hier besteht die Notwendigkeit der Orientierung am Gewinn, der Liquidität und generell am Finanz- und Rechnungswesen. Die langfristige Existenzsicherung gewährleistet hingegen das wertorientierte strategische Management. Wertpotenziale, strategische Erfolgsfaktoren und Discounted Cashflows bilden hierfür die wesentliche Grundlage.63 Im Folgenden wird ausschließlich der Bereich der langfristigen Existenzsicherung i.S.d. wert- orientierten Unternehmensführung behandelt. Die kurzfristige Unternehmensführung darf jedoch nicht als nachrangige Aufgabe der Unternehmenssteuerung verstanden werden. Beide Säulen bilden die Grundlage einer erfolgreichen Existenzsicherung. 5.3 Gestaltungsanforderung an die Ausgestaltung der Steuerung Das Konzept des Wertmanagements stellt differenzierte Anforderungen an eine zweckmäßige Ausgestaltung.64 Zunächst ist im Sinne einer langfristigen Gesamtunternehmensausrichtung die nachhaltige Wertsteigerung zu fokussieren. Hierzu wird angestrebt, möglichst sämtliche Mit- arbeiter, Kunden und die Geschäftspartner des Unternehmens in das Konzept einzubeziehen. Zudem ist zur Steuerung der operativen Umsetzung eine Operationalisierung wertorientierter Kennzahlen erforderlich. Letztendlich bedarf es einer Unterstützung der operativen Umsetzung durch gezielte Managementprozesse und unterstützende Instrumente. In den nachfolgenden Ausführungen wird aufgezeigt, wie das Konzept des Wertmanagements diesen umfassenden Gestaltungsanforderungen genügen kann. Hierzu werden die wesentlichen Steuerungsgrößen, das Zielausmaß und insbesondere die Kommunikation und Durchsetzung der Wertorientierung mit Hilfe des Instrumentes der Werttreiberhierarchie vorgestellt. 5.3.1 Bausteine und grundsätzliche Anforderungen Die Aufgabe des Managements besteht in der Führung des wertorientierten Prozesses und seiner dauerhaften und umfassenden Implementierung. Nicht durch einmalige Aktionen, sondern als Daueraufgabe soll das Management mit den definierten Geschäften Werte für die Anteilseigner schaffen. Das Konzept des Wertmanagements integriert aus diesem Grund unterschiedliche Bau- steine der unternehmerischen Führung bzw. der instrumentalen Steuerung. In der nachfolgenden Abbildung 40 ist dieses zusammenfassend dargestellt. 63 Vgl. Coenenberg, A. G., u.a. (2003), S. 67ff. 64 Vgl. Michel, U. (1999), S. 372. 5. Vorstellung des Wertmanagement 166 Wertorientiertes Unternehmensmodell (vgl. Kapitel 5.4) - Bestimmung des Unternehmenswertes - Vergleich von internem und externem Wert - Bewertung von Geschäftsbereichen und -einheiten - Bestimmung der finanziellen Werttreiber/ Sensitivitätsanalyse des Unternehmenswertes Strategiebewertung und Werttreiberanalysen (vgl. Kapitel 5.4.3.1 und Kapitel 5.5) - Bewertung der Strategien - Identifizierung von Wertlücken - Initiierung von wertsteigernden Aktionen - Identifikation der wesentlichen Werttreiber i.S.d. strategischen Erfolgsfaktoren Balanced Scorecards (vgl. Kapitel 4.3) - Ableitung von strategischen Zielen aus der Strategie - Identifikation von Leistungsgrößen zur quantitativen Erfolgsmessung - Bestimmung von Zielwerten und Realisierungsmaßnahmen - Bottom-up Performance Messung Wertorientierte Controlling-, Anreiz- und Vergütungssysteme (vgl. Kapitel 4.2) - Integration in die strategische und operative Planung - Integration in das Berichtswesen - Einbindung in das Investitionscontrolling - Schulung der Mitarbeiter und Change Management - Aufbau eines wertorientierten Anreiz- und Vergütungs- systems - DV-Unterstützung Bausteine des Wertmanagements Integration der Elemente Abbildung 40: Bausteine des Wertmanagements65 Ein Ziel von Steuerungssystemen besteht in der Ausrichtung und Koordination von Handlungen einzelner Manager und Mitarbeiter auf die Unternehmensstrategie. Handlungen werden auf Basis einzelner Steuerungsgrößen koordiniert. Einerseits haben die Akteure ihre Handlungen aufeinander abzustimmen, andererseits sollten Motivationsprobleme vermieden bzw. bestehende über das Steuerungssystem gelöst werden. Um eine Informationsüberlastung zu vermeiden, sind den unterschiedlichen Adressaten nur die individuell benötigten Informationen bereitzustellen. Das Steuerungssystem hat eine wertorientierte Ausgestaltung aufzuweisen, welche die Aufmerk- samkeit des Managements auf die für den Unternehmenswert wesentlichen Einflussfaktoren lenkt. Das Ziel der Steigerung des Unternehmenswertes wird auf diese Weise gefördert. Es ist jedoch darauf zu achten, dass wesentliche Informationen nicht verloren gehen. Die entscheidenden Gestaltungsanforderungen an ein wertorientiertes Steuerungssystem lassen sich in die Anforderungen an die einzelnen Steuerungsgrößen und an das Gesamtsystem unter- gliedern. Ableiten lassen sich diese Anforderungen aus den beiden zentralen Steuerungsaufgaben Koordination und Motivation. Ein wichtiges Kriterium ist darüber hinaus eine stetige und ziel- gerichtete Kommunikation mit dem Kapitalmarkt.66 Wird diesen aufgezeigten Anforderungen nachgekommen, so wird die Wertschaffung umfassend begünstigt. Die aufgezeigten Zusammen- hänge werden aus der nachfolgenden Abbildung 41 deutlich. 65 Abbildung in Anlehnung an Michel, U. (1999), S. 372. 66 Deutscher Investor Relations Kreis e.V. (Hrsg.) (1997). 5. Vorstellung des Wertmanagement 167 Zielinhalt: Ausrichtung an der Steigerung des Wertes des Eigenkapitals Zielausmaß: Ableitung aus den Anforderungen des Kapitalmarktes Zeitbezug: Ausgerichtet auf eine langfristige Wertsteigerung Anforderungen an die Steuerungsgrößen: Ziele, gemessen über Kennzahlen Anforderungen an das Gesamtsystem - Perspektivische Ausgewogenheit der Steuerungsgrößen - Abbildung der Zusammenhänge der Wertentstehung - Durchsetzung der Wertorientierung im Gesamtunternehmen durch: - Vermittlung einer operationalen wertorientierten Zielsetzung im gesamten Unternehmen - Nutzung wertorientierter Entscheidungskalküle - Transparenz, Kommunikations- und Motivationswirkung als übergeordnete Anforderungen Steigerung des Unternehmenswertes (Marktwert des Eigenkapitals) Steuerungsaufgaben: Motivation und Koordination Abbildung 41: Anforderungen der Wertorientierung67 Wertorientierung bedeutet wertorientiert Rechnen, Handeln und Führen. Ein konsistentes Wert- management hat sich hierzu mit unterschiedlichen Problemstellungen auseinander zu setzen. Zunächst ist die Wertschaffung korrekt auszuweisen. Darüber hinaus ist festzustellen, an welcher Stelle und in welchem Zusammenhang Werte geschaffen oder diese vernichtet werden. Es ist zu hinterfragen, ob bereits Prozesse existieren, um wertschöpfende Einflussfaktoren systematisch zu identifizieren. Diese Prozesse sind im Gesamtunternehmen umfassend zu verankern. Schließ- lich ist eine systematische Anbindung der Wertschöpfung an die Führungssysteme erforderlich. 5.3.2 Anforderungen an die Steuerungsgrößen Die Steuerungsgrößen des Wertmanagements haben in einem engen sach- oder formallogischen Zusammenhang zur Steigerung des Wertes des Eigenkapitals zu stehen. Der Unternehmenswert kann dabei als Marktwert68 oder über Verfahren der Unternehmensbewertung ermittelt werden. Der Marktwert ist aus Sicht der Anteilseigner für Investitionen in ein Unternehmen die entschei- dungsrelevante Größe. Für die interne Unternehmenssteuerung ist er jedoch nur bedingt ver- wendbar. Da nicht alle Unternehmen am Kapitalmarkt notiert sind, lässt sich dieser Wert häufig nur über Benchmarks vergleichbarer Unternehmen ermitteln. Benchmarks haben jedoch den Nachteil, dass individuelle Gegebenheiten nicht oder nur sehr schwer einzubeziehen sind und damit der Wert an Aussagekraft verliert. Bei einem am Kapitalmarkt notierten Unternehmen wird der Börsenkurs börsentäglich festgestellt. In diesem Kontext stellt sich jedoch die Frage, wie dieser für die interne Steuerung verwendet werden kann. Zudem ist nur schwer zu sagen, 67 Abbildung in Anlehnung an Weber, J., u.a.(2002), S. 11. 68 Z.B. als Börsenkurs. 5. Vorstellung des Wertmanagement 168 welche Werttreiber zur Beeinflussung des Marktwertes herangezogen werden können. Streng genommen kann der Marktwert nur für eine ex-post-Kontrolle Verwendung finden.69 Proble- matisch ist zudem, dass die hohe Volatilität der Kurse häufig nicht durch das Unternehmen selbst bedingt ist, sondern von externen Faktoren ausgelöst wird. Die Messung über den Marktwert kann folglich als nicht hinreichend praktikabel angesehen werden. Die Verfahren der Unternehmensbewertung weisen diese Problematik nicht auf. Mit Hilfe der Discounted Cashflow-Methode kann der Wert des Eigenkapitals ermittelt werden, der über die Prognose von Cashflows und deren Diskontierung mit einer vorgegebenen Renditeforderung auf einen bestimmten Betrachtungszeitraum gebildet wird. Über eine mathematische Beziehung zwischen Cashflows, Kapitalkosten und dem Wert des Eigenkapitals wird versucht, die Einfluss- faktoren auf die fiktive Höhe des Eigenkapitals zu ermitteln. Die tatsächliche Kapitalmarktnotie- rung wird hierbei vernachlässigt, jedoch den Kapitalmarktanforderungen nachgekommen. Im Er- gebnis ist damit festzustellen, dass die interne Steuerung sich durchgängig an den Einflussgrößen auf den fiktiven Eigenkapitalwert ausrichtet. Der Marktwert des Eigenkapitals ist als über- geordnetes Ziel jedoch nicht zu vernachlässigen.70 Wertorientierte Steuerungsgrößen sind nicht ausschließlich finanziell auszurichten, sondern um nicht-finanzielle, vorlaufende Ziele zu ergänzen. Hierbei ist es sinnvoll, auf eine perspektivische Ausgewogenheit der wertorientierten Steuerungsgrößen zu achten.71 Dieses hat den Vorteil, dass nicht nur Symptome, sondern ursprünglich wirkende Ursachen der Wertschaffung abgebildet werden und dem Aspekt der Nachhaltigkeit Rechnung getragen wird. Vorlaufende Größen ermöglichen zudem eine Identifizierung wertschaffender Faktoren durch die Einbeziehung der Entwicklung des operativen Geschäftes.72 Dieses ist darin begründet, dass Hinweise für konkrete Handlungen bei finanziellen Größen nur schwer ableitbar sind. Finanzielle Größen sind nicht in der Lage, die verschiedenen wertbeeinflussenden Faktoren umfassend zu erfassen und abzubil- den. Aktuelle Studien belegen, dass Unternehmen, die eine perspektivische Ausgewogenheit des Steuerungssystems sicherstellen, ihr Unternehmen erfolgreicher steuern als solche, die es aus- schließlich über finanzielle Größen steuern.73 Es wird deshalb angenommen, dass eine wert- orientierte Steuerung bestmöglich durch eine ausgewogene Berücksichtigung finanzieller wie nicht-finanzieller Steuerungsgrößen gewährleistet werden kann. 69 Vergleich des Börsenkurses zu Periodenbeginn mit dem aktuellen Kurs. 70 Vgl. Donlon, J. D., u.a. (1999), S. 381ff. 71 Vgl. hierzu die Ausführungen zur perspektivischen Ausgewogenheit im Kapitel 4.3.4. 72 Ein Gewinnrückgang ist u.U. auf einen Einbruch der Mitarbeiterproduktivität zurückzuführen. 73 Vgl. Lingle, J. H., u.a. (1996), S. 56ff.; vgl. Weber, J., u.A. (2001). 5. Vorstellung des Wertmanagement 169 5.3.3 Anforderungen an das Zielausmaß Das Kapital stellt einen wichtigen Engpassfaktor des Unternehmens dar. Wird diesem die Kapitalbasis entzogen, so fehlt die Grundlage zur Finanzierung und somit zur Liquiditäts- beschaffung.74 Die Erfüllung der Ansprüche der Eigen- und Fremdkapitalgeber ist damit ein ent- scheidender Bestandteil der Unternehmenssteuerung. Die risikoadäquate Verzinsung des ein- gesetzten Kapitals kann damit als eine Mindestanforderung betrachtet werden, welche das Unternehmen zu erfüllen hat, damit es nicht zu einem Kapitalabfluss kommt. Die Ableitung eines Zielausmaßes ist unter Durchsetzungs- und Akzeptanzaspekten vorteilhaft. Zur Recht- fertigung der Zielhöhe ist der Kapitalmarktbezug eine sinnvolle und objektive Zielgröße. Der be- schriebene Gesamtzusammenhang wird aus der nachfolgenden Abbildung 42 deutlich. Verlust Gewinn Bilanzielles Ergebnis werterhöhend wertmindernd Kapitalkosten Ergebnis nach Kapitalkostenberücksichtigung Mindestrendite Abbildung 42: Bilanzergebnis und Wertentwicklung75 Damit eine sichere und dauerhafte Einkommensquelle für die Eigenkapitalgeber erhalten bleibt, ist eine kontinuierliche Steigerung des Unternehmenswertes anzustreben. Die langfristige Ausrichtung des internen Steuerungssystems an der Wertschaffung ist damit ein wesentlicher Bestandteil der wertorientierten Unternehmenssteuerung.76 Die Steuerung der langfristigen Zielausrichtung erfolgt in der Praxis regelmäßig über periodi- sche, mittel- und kurzfristige Größen.77 Auf diese Weise können rechtzeitig Gegenmaßnahmen bei Zielabweichungen eingeleitet werden. Damit die Mitarbeiter ihren Fokus auf die Opti- mierung der für sie relevanten Steuerungsgrößen legen, ist eine Verbindung mit dem Ziel- vereinbarungs- und Anreizsystem sinnvoll und notwendig.78 74 Vgl. Franke, G., u.a. (1999), S. 5. 75 Abbildung in Anlehnung an Brune, J. W. (1995), S. 94. 76 Al-Ani, A. (1996), S. 21. 77 Vgl. Steinmann, H. (1997), S. 266. 78 „The overriding goal [...] is to make everyone in the company understand how they can create value through their individual actions and decisions.“ Knight (1997), S. 262. Vgl. hierzu ausführlich Kapitel 4.2. 5. Vorstellung des Wertmanagement 170 5.3.4 Anforderungen an Kommunikation und Durchsetzung Ein wertorientiertes Steuerungssystem hat die wesentlichen Zusammenhänge der Wertschöpfung im Unternehmen zu erfassen und abzubilden. Einer Überfrachtung mit Kennzahlen ist jedoch vorzubeugen. In der Praxis werden wertorientierte Kennzahlensysteme in Form von Werttreiber- hierarchien verwendet (vgl. Abbildung 43).79 Durch diese vernetzte Darstellungsform ist es möglich, ein eindeutiges Bild von den Ursachen und Wirkungen der Unternehmenswert- schaffung zu erzeugen. Die wertorientierte Entscheidungsfindung oder Untersuchungen von Abweichungen können mit Hilfe dieses Instrumentariums unterstützt werden. Zusätzlich wird es Mitarbeitern ermöglicht, die Ziele und Wirkungen ihres Handelns und insbesondere ihren individuellen Beitrag zur Steigerung des Unternehmenswertes besser nachzuvollziehen.80 Wettbewerbs-Intensität Kundenbetreuungskosten Variable Vertriebskosten Variable Produktionskosten Variable Beschaffungskosten Marktvolumen Kundenbindung Produktqualität Produktlebenszyklus ... ... Preis Variable Stückkosten Absatzmenge Variable Kosten Fixkosten EVA Gesamtka- pitalkosten NOPAT Fremdkap.- kosten Eigenkap.- kosten Betriebl. Kosten Betriebl. Steuern Umsatz ... + - x ... ... ... x + + - - Abbildung 43: Werttreiberbaum81 Die Wertorientierung sollte im gesamten Unternehmen verstanden und gelebt werden. Insbeson- dere durch die operativen Bereiche ist ein erheblicher Beitrag zur Wertschaffung zu leisten. Die Aufgabe des Managements besteht darin, ein Steuerungssystem zu implementieren, das allen Mitarbeitern konkrete, wertorientierte Zielsetzungen vermittelt und somit eine entsprechende Denkhaltung und Handlungsorientierung im gesamten Unternehmen verankert. Auf diese Weise kann ein insgesamt adäquates wertorientiertes Vorgehen ermöglicht werden.82 Die Wert- orientierung kann damit den Wandel der monopolistisch geprägten Mitarbeiter im Sinne eines unternehmerischen Denken und Handeln gezielte unterstützen. Um Motivation zu schaffen und ein wertorientiertes Handeln zu ermöglichen, sind die am Ziel der Unternehmenswertsteigerung ausgerichteten internen Steuerungsgrößen in operationale 79 Vgl. Rappaport, A. (1999), S. 201. 80 Vgl. Rappaport, A. (1998), S. 55f. 81 Vgl. Weber, J., u.a. (2002), S. 37; Anmerkung: EVA = Economic Value Added. 82 Vgl. Welge, M. K., u.a. (1999), S. 536. 5. Vorstellung des Wertmanagement 171 verständliche Ziele für die einzelnen Mitarbeiter zu übersetzen. Hierzu sind der Zielinhalt, das Zielausmaß und der Zeitbezug des Ziels eindeutig festzuschreiben.83 Der Zielinhalt hat den Mitarbeitern eine feste Handlungsorientierung vorzugeben. Nicht-finan- zielle Größen werden dabei für eine inhaltliche Konkretisierung benötigt, da finanzielle Steu- erungsgrößen nur in bestimmten Fällen eine direkte Handlungsorientierung vermitteln.84 Dem Mitarbeiter ist aufzuzeigen, wie er durch sein individuelles Handeln zur Steigerung des Unter- nehmenswertes beitragen kann. Die Summe der aufeinander abgestimmten Einzelhandlungen führt in der Folge zu einer umfassenden Ausrichtung des Gesamtunternehmens am Ziel der Wertsteigerung. Die Verbindung der wertorientierten Steuerungsgrößen mit einem Anreizsystem entsprechend dem Zielvereinbarungsprozess bildet damit einen wesentlichen Erfolgsfaktor der Implementierung der Wertorientierung. Bei allen Zielen ist das Zielausmaß festzulegen. Nicht quantifizierte oder quantifizierbare Ziel- vorstellungen werden aufgrund der mangelnden Kontrollmöglichkeit nicht zu einer Verhaltens- änderung führen. Die Quantifizierung ermöglicht es, Mitarbeiter an ihre Ziele zu binden. Ein Gesamtunternehmensbezug ist denkbar, indem das Zielausmaß einer Spitzenkennzahl für einzelne Mitarbeiter über eine Kaskadierung konkretisiert wird.85 Eine zehnprozentige EVA- Steigerung könnte so bspw. durch eine für den Mitarbeiter notwendige prozentuale Steigerung der Kundenzahl in Verbindung gebracht werden. Für die Vermittlung der Wertorientierung bedarf es zudem eines Zeitbezuges, da das Ziel der langfristigen Wertsteigerung der unterjährigen Steuerung zugänglich zu machen ist. Zum einen ist eine klare zeitliche Abgrenzung für das Ziel der Wertsteigerung zu schaffen (10 Prozent Wertsteigerung des Eigenkapitalwertes in den nächsten 3 Jahren). Zum anderen sind die langfristigen Ziele in Bezug auf deren Inhalt und Ausmaß zu periodisieren (jährliche Umsatz- steigerung um 3,5 Prozent). Eine kurzfristige Zielperiodisierung erscheint notwendig, da auf Basis einer langfristigen Zielfestschreibung keine ausreichende Handlungsorientierung ermög- licht wird. Für Meilensteinkontrollen bedarf es zudem einer zeitlichen und inhaltlichen Kon- kretisierung, damit Gegenmaßnahmen bei einer Verfehlung initiiert werden können. Für den Erfolg der wertorientierten Steuerung ist es notwendig, die entscheidungsrelevanten wertorientierten Daten zu erheben und diese den Mitarbeitern transparent zu machen. Dies erhöht die Akzeptanz und das Verständnis für die wertorientierte Steuerung. Die Steuerungs- 83 Vgl. Rappaport, A. (1998), S. 55f. 84 Ein Mitarbeiter, der in der Produktion für die Qualitätssicherung zuständig ist, wird über eine „Gewinngröße“ nicht steuerbar sein. Hier ist eine Qualitätskennziffer vorzugeben. 85 Vgl. Pfohl, H.-C., u.a. (1997), S. 25. 5. Vorstellung des Wertmanagement 172 größen haben dabei leicht verständlich und unmittelbar in Handlungen umsetzbar zu sein.86 In Ergänzung zu der internen Ausrichtung bedarf es eines externen Systembezuges, da die Steige- rung des Unternehmenswertes auch von externen, nicht beeinflussbaren Faktoren abhängt. Die Bewertung börsennotierter Kapitalgesellschaften durch den Aktienmarkt ist von der Einschät- zung potenzieller Investoren geprägt. Die Kapitalmarktkommunikation ist somit ein wichtiger Bestandteil der Wertorientierung. Der Kapitalmarkt ist aus diesem Grund mit den für eine angemessene Unternehmensbewertung notwendigen Informationen zu versorgen.87 5.4 Instrumente und Methoden der Wertermittlung Die Anforderungen der Wertorientierung können durch bereits im Kontext anderer betriebs- wirtschaftlicher Fragestellungen etablierte Kennzahlen und Bewertungsverfahren der strategi- schen und operativen Unternehmenssteuerung erfüllt werden. Zur Ermittlung der differenzierten Wertansätze bedürfen diese Instrumentarien jedoch gezielter Anpassungen oder Erweiterungen. 5.4.1 Kennzahlen und Bewertungsverfahren In der aktuellen Diskussion zur Wertorientierung stehen unterschiedliche Kennzahlenkonzepte im Mittelpunkt der Betrachtung. Die weitest verbreiteten Methoden sind die des Discounted Cashflows, des Economic Value Added und des Cash Value Added.88 Im Folgenden werden die Methoden dieser Konzepte vorgestellt und ihre Bedeutung für die wertorientierte Unternehmens- steuerung analysiert und kritisch hinterfragt. Die Bewertung des Marktwertes des Eigenkapitals wird dabei stets in den Fokus der finalen Betrachtung gestellt. Damit wird den Interessen der Eigenkapitalgeber ein besonderer Stellenwert beigemessen. 5.4.1.1 Der Discounted Cashflow-Ansatz Der Discounted Cashflow-Ansatz nach Rappaport89 lässt sich auf Basis von vier Prozessschrit- ten beschreiben. Dieses sind die Prognose der zukünftigen Cashflows, die Ermittlung des Dis- kontierungsfaktors, die Berechnung des Residualwertes sowie die Aggregation der Ergebnisse zum Unternehmenswert. Der Ansatz ermittelt den Unternehmenswert als Barwert der zukünftig erzielbaren und den Kapitalgebern zur Verfügung stehenden Cashflows.90 86 Vgl. Weber, J., u.a. (2002), S. 18ff. 87 Sämtliche Aktivitäten, welche auf die planmäßige und systematische Gestaltung der Beziehungen des Unter- nehmens zu Investoren, Analysten, Rating-Gesellschaften und der Fachpresse ausgerichtet sind, werden als „Investor Relations“ bezeichnet; vgl. Frei, N. (1998), S. 163-183. 88 Vgl. Horváth & Partners (2003b), S. 12. 89 Vgl. Rappaport, A. (1981), S. 139-148. 90 Vgl. Knorren, N. (1998). 5. Vorstellung des Wertmanagement 173 In der Literatur besteht darüber Konsens, dass der Cashflow als eine relevante Größe zur Bestim- mung des Unternehmenswertes anzusehen ist. Er repräsentiert die verfügbaren Zahlungsmittel, mit denen die Ansprüche von Fremdkapitalgebern und Eigentümern abgegolten werden sollen.91 Grundsätzlich lassen sich drei Cashflow-Größen unterscheiden. Der betriebliche, der freie und der Netto-Cashflow.92 Der betriebliche Cashflow resultiert aus der Differenz zwischen den betrieblichen Ein- und Aus- zahlungen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Er steht für Zahlungen an Steuerbehörden und Fremdkapitalgeber, für Erweiterungsinvestitionen und für Ausschüttungen an die Eigenkapital- geber zur Verfügung. Der Teil des betrieblichen Cashflows, mit dem die Zahlungsansprüche der Kapitalgeber bedient werden, wird als freier Cashflow bezeichnet. Werden hiervon die Zinszah- lungen an die Fremdkapitalgeber subtrahiert, so resultiert der Netto-Cashflow. Dieser verbleibt als auszahlungsfähiger Gewinn für die Zahlungen an die Eigenkapitalgeber. Der geschilderte Zusammenhang wird in der Folge durch die Abbildung 44 verdeutlicht. Betriebliche Einzahlungen Betriebliche Auszahlungen (inkl. Ersatzinvestitionen) Betrieblicher (operativer) Cashflow Freier Cashflow Auszahlungen für Erweiterungs- investitionen Steuerzahlungen Netto-Cashflow Zinszahlungen Abbildung 44: Cashflow-Beziehungen93 In Anlehnung an die angelsächsische Tradition der Unternehmensbewertung verwendet der DCF-Ansatz nach Rappaport94 den freien Cashflow (Free Cashflow).95 Damit findet eine Fokus- sierung auf Zahlungen statt, welche zur Bedienung der Fremd- und Eigenkapitalgeber nach Fi- nanzierung der Steuerschuld und des geplanten Unternehmenswachstums verbleiben. Der Ansatz wird als Entity-Ansatz bezeichnet und ermittelt den Unternehmenswert aus Sicht der Eigen- und Fremdkapitalgeber über die Gesamtkapitalmethode.96 Nach Diskontierung der Freien Cashflows 91 Vgl. Rappaport, A. (1981), S. 141ff. 92 Vgl. ausführlich Raster, M. (1995), S. 42. 93 Abbildung in Anlehnung an Knorren, N., u.a. (1997b), S. 10. 94 Vgl. Rappaport, A. (1998), S. 33ff. 95 Vgl. Knorren, N. (1998), S. 45. 96 Ähnlich dem deutschen Ertragswertverfahren besteht die Möglichkeit, den Unternehmenswert auf Basis der Netto-Cashflows über den Equity-Ansatz zu ermitteln; vgl. Schmidt, J. G. (1995), S. 1.088ff. 5. Vorstellung des Wertmanagement 174 ist zur abschließenden Bestimmung des Eigenkapitalwertes des Unternehmens der Fremd- kapitalwert in Abzug zu bringen (vgl. Formel 1). EK = Marktwert des Eigenkapitals FK = Marktwert des Fremdkapitals t = Jeweils betrachtete Periode FCF = Freier Cashflow der Periode t WACC = Weighted Average Cost of Capital der Periode t M M t t t (1+WACC ) - FKMEK =M FCF t tt=1 Formel 1: Entity-Ansatz Die wertorientierte Strategieplanung und -bewertung zielt darauf ab, Abhängigkeiten und Aus- wirkungen auf den Unternehmens- bzw. Geschäftsbereichs-Cashflow aufzuzeigen. Eine Bestim- mung der durch die Strategie induzierten Cashflow-Ströme wird durch so genannte Wertgenera- toren, wie in der nachfolgenden Abbildung 45 visualisiert, angestrebt.97 Diese operativen Größen ermöglichen eine Abbildung strategieinduzierter Cashflow-Veränderungen und damit von Abweichungsanalysen zur Bestimmung der Ursachen von Wertlücken. Das von Rappaport entwickelte Wertgeneratorenmodell stellt über fünf ausgewählte Wertgeneratoren einen ursäch- lichen Zusammenhang zum freien Cashflow her.98 Umsatzwachstum Betriebliche Gewinnmarge Cash-Gewinnsteuersatz Investitionen in das Umlaufvermögen Investitionen in das Anlagevermögen FreierCashflow Unternehmenswert, Shareholder Value Abbildung 45: Wertgeneratoren nach Rappaport99 Um dem Zeitwert des Geldes Rechnung zu tragen, werden im Shareholder Value-Ansatz die freien Cashflows auf den Gegenwartszeitpunkt abgezinst und damit in diskontierte Cashflows umgewandelt. Diskontierungsfaktor sind die Kosten des eingesetzten Kapitals.100 Als geeigneter 97 Vgl. Bühner, R. (1994), S. 38; vgl. Coenenberg, A. G., u.a. (2003), S. 101. 98 Vgl. Rappaport, A. (1994), S. 55; Lattwein, J. (2001), S. 131f. 99 Abbildung in Anlehnung an Rappaport, A. (1994), S. 79. 100 Vgl. Serfling, K., u.a. (1996), S. 58. 5. Vorstellung des Wertmanagement 175 Diskontierungssatz der Cashflow-Ströme wird das gewichtete Mittel der Fremd- und Eigenkapi- talkosten (WACC: Weighted Average Cost of Capital) herangezogen.101 Dieser Gesamtkapital- kostensatz gibt das Mittel der Verzinsungsansprüche von Eigen- und Fremdkapitalgebern wieder und orientiert sich an Opportunitätskostenüberlegungen.102 Die Rendite einer vergleichbaren Alternativanlage bildet hierbei die Basis. Die Gleichsetzung der Kapitalkosten mit den gefor- derten Mindestrenditen der Investoren generiert automatisch einen kritischen Grenzwert, den zukünftige Investitionen mindestens zu erreichen haben. Eine die Kapitalkosten übersteigende Verzinsung generiert Unternehmenswert, andere Alternativen sind Wertvernichter. Zur Gewichtung der Kapitalanteile des Unternehmens sind die jeweiligen Marktwerte des Ver- mögens heranzuziehen. Dieses ist darin begründet, dass rationale Investoren ihre Entschei- dungen auf der Grundlage von Marktwerten und nicht auf Basis von historischen Buchwerten treffen.103 Problematisch bei der Ermittlung des WACC ist jedoch, dass hierzu bereits der Markt- wert des Eigenkapitals benötigt wird. Zur Lösung dieses Zirkularitätsproblems werden in der Literatur mathematische Iterationsverfahren verwendet.104 Zu berücksichtigen ist zudem, dass die gegenwärtig vorhandene Kapitalstruktur eines Unternehmens bei der Berechnung des Unter- nehmenswertes nicht als konstant angesehen werden darf. Falls diese sich im Zeitablauf ändert, sollte eine Anpassung der Berechnung vorgenommen werden.105 Die nachfolgende Formel 2 zeigt die grundsätzliche Vorgehensweise zur Bestimmung des WACC. M EK + FK + r *FK FK M EK + FKM M WACC = r *EK EK M M WACC = Weighted Average Cost of Capital EK = Marktwert des Eigenkapitals FK = Marktwert des Fremdkapitals r = Renditeforderung der Eigenkapitalgeber r = Renditeforderung der Fremdkapitalgeber M M EK FK Formel 2: WACC106 Bei der Bestimmung der Fremdkapitalkosten sind ausschließlich die Kosten für die Kapitalneu- aufnahme heranzuziehen. Das bereits aufgenommene Kapital der Vergangenheit ist nicht mehr entscheidungsrelevant (sunk costs). Dieses wird dadurch begründet, dass die Vorteilhaftigkeit 101 Vgl. Rappaport, A. (1994), S. 58. 102 Vgl. Klien, W. (1995), S. 93. 103 Vgl. Bühner, R. (1994), S. 22. 104 Vgl. Collatz, L. (1970); vgl. Pott, M. (1994). 105 Vgl. Copeland, T., u.a. (1993), S. 194ff. 106 Vgl. Weber, J., U.A.(2002), S. 23. 5. Vorstellung des Wertmanagement 176 zukünftiger Investitionen ausschließlich von den zukünftigen Kapitalkosten abhängt.107 Der Fremdkapitalkostensatz sollte grundsätzlich der langfristigen Rendite entsprechen, die im Zeit- punkt der Bewertung von den Kapitalgebern verlangt wird. Als relevanter Zeithorizont wird für die Ermittlung der Fremdkapitalkosten der gleiche Zeitraum empfohlen, der auch für die Detail- prognose der Cashflows als Grundlage Verwendung findet.108 Die Ermittlung der Eigenkapitalkosten ist ein komplexer Vorgang, da keine expliziten Rendite- vereinbarungen mit den Eigentümern bestehen. Die Kosten für das Eigenkapital können folglich nur über Schätzungen zur Renditeerwartung eines Investors approximiert werden. Die ange- strebte Verzinsung setzt sich, wie in der nachfolgenden Formel 3 verdeutlicht, aus Sicht eines Investors aus dem Zinssatz für eine risikofreie Anlage, einem allgemeinen Risikoaufschlag für die geringere Sicherheit gegenüber einer risikofreien Anlage sowie einem geschäftsspezifischen Risikofaktor109 zusammen.110 r = Renditeforderung der Eigenkapitalgeber r = Rendite der risikolosen Anlage r = Rendite des Marktportfolios ß = Beta-Faktor des Unternehmens EK S M r = r + (r - r ) * ßEK S SM Formel 3: Renditeforderung der Eigenkapitalgeber Als Rendite einer risikolosen Anlage kann die Rendite einer Bundesanleihe als Näherungswert herangezogen werden. Da die Verzinsung der Bundesanleihen je nach Laufzeit variiert, sollte eine Laufzeit entsprechend des Detailprognosezeitraumes der Cashflows ausgewählt werden. Inflationstendenzen werden somit bereits berücksichtigt.111 Bei risikobehafteten Anlageformen wie Aktien, wird vom Investor eine zusätzliche Risikoprämie für die Bereitstellung des Kapitals verlangt. Die Differenz zwischen der Rendite des Marktport- folios (durchschnittliche Rendite auf dem Aktienmarkt)112 und der risikolosen Anlage (Ertrag einer Bundesanleihe), die Risikoprämie, unterteilt sich in die durchschnittliche Marktrisiko- 107 Vgl. Rappaport, A. (1994), S. 59f. 108 Vgl. Bühner, R. (1990), S. 41. Die Literatur schlägt die Vorgabe einer Zielkapitalstruktur vor, die „nicht von Änderungen des Unternehmenswertes beeinflusst wird und die potentiell falsche Schlussfolgerungen über die Auswirkungen der Kapitalstruktur auf den Unternehmenswert ausschließt.“ Copeland, T. (1993), S. 195. 109 Vgl. Van Horne, J. C., (1997), S. 64. 110 Vgl. Mirow, M. (1994), S. 97. 111 Vgl. Bühner, R. (1990), S. 42. 112 Das Modell greift auf die Rendite eines marktrepräsentativen, möglichst internationalen Aktienindexes zurück. 5. Vorstellung des Wertmanagement 177 prämie und einen geschäftsbereichsspezifischen Risikofaktor des Unternehmens (ß).113 Durch die Kapitalmarkttheorie wird mit dem Capital Asset Pricing Model114 ein Instrument zur Ver- fügung gestellt, welches sowohl die Risikoprämie als auch die Eigenkapitalkosten abschätzen kann.115 Zur Ermittlung des geschäftsbereichsspezifischen Risikozuschlages (ß) einer Aktie wird die Veränderung des Kurses der betrachteten Aktie in Relation zur Kursveränderung des Ge- samtmarktes betrachtet. Der Beta-Faktor wird durch die Regression zwischen den historischen durchschnittlichen Risikoprämien des Aktienmarktes und den entsprechenden Aktienrenditen ermittelt.116 Er drückt aus, wie stark sich die Rendite einer Anlage bei Schwankungen der Markt- rendite verändert. Damit wird ein Zusammenhang zwischen dem systematischen Risiko eines Wertpapiers (ß) und der von den Investoren geforderten Mindestrendite unterstellt.117 Zur Er- mittlung der Kapitalkosten eines nicht börsennotierten Unternehmens eignet sich die Ver- wendung von Analogiesätzen. Der Beta-Faktor eines nicht börsennotierten Unternehmens kann auf Basis der Analyse des geschäftsbereichsspezifischen Risikos eines vergleichbaren einzelnen börsennotierten Unternehmens approximiert werden. Diesem Vorgehen liegt die Annahme zu Grunde, dass Unternehmen in einer Branche auch einem ähnlichen Marktrisiko unterliegen.118 Der zu ermittelnde Diskontierungsfaktor ist auch auf steuerliche Effekte hin zu analysieren. Der DCF-Ansatz berücksichtigt grundsätzlich die wertorientierten Auswirkungen der Steueref- fekte.119 Hierbei ist insbesondere die ertragssteuerliche Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen bei den Fremdkapitalkosten zu beachten und der resultierende Steuervorteil (Tax Shield) bei der Ermittlung der Kapitalkosten einzubeziehen.120 Grundsätzlich ist bei der Steuerberechnung ein einheitlicher unternehmensspezifischer Steuerbelastungsfaktor sowohl bei der Ermittlung der freien Cashflows als auch bei der Berücksichtigung der Kapitalkosten zu verwenden.121 Die Berechnung des Unternehmenswertes erfolgt bei einer detaillierten Schätzung zukünftiger Cashflows nur für einen begrenzten Zeitraum. Aus diesem Grund wird auf einen Residualwert zurückgegriffen. Dieser soll den Wert des Unternehmens nach dem Prognosezeitraum abbilden. 113 Der Gewichtungsfaktor Beta (ß) wird auch als Renditeschwankungskoeffizient bezeichnet; vgl. Lattwein , J. (2002), S. 137. 114 Die wesentliche Kritik am Capital Asset Pricing Modell besteht darin, dass dieses Modell das Marktrisiko als das wesentliche und bedeutende Risiko ansieht. Zudem wird im Modell davon ausgegangen, dass über eine historische Analyse des Beta-Faktors Annahmen als Basis für die Vorhersage des zukünftigen, geschäfts- spezifischen Risikos getroffen werden können; vgl. Lewis, T. G., u.a. (1994), S. 87. 115 Vgl. Raster, M. (1995), S. 66. 116 Vgl. Zens, N. H., u.a. (1994), S. 101. 117 Vgl. Rappaport, A. (1994), S. 92. 118 Vgl. Raster, M. (1995), S. 88; vgl. Obermeiner, G. (1994), S. 77ff. 119 Wertorientierte Steuerungskonzepte sollten idealerweise die Privatsteuern der Investoren berücksichtigen. Aus pragmatischen Gründen ist dieses jedoch nicht zu empfehlen. Es sind Nährungswerte zu verwenden. 120 Vgl. Küting, K., u.a. (1997), S. 8. 121 Vgl. auch die steuerliche Berücksichtigung von Verlustvorträgen; vgl. Streitferdt, F. (2004), S. 669-693. 5. Vorstellung des Wertmanagement 178 Der Residualwert stellt einen Anteil von bis zu 80 Prozent am Unternehmensgesamtwert und damit einen wesentlichen Wertfaktor der Unternehmensbewertung dar. Die Annahmen zur Er- mittlung des Restwertes stehen in einem engen Zusammenhang mit den Prämissen der Detail- bewertung. Eine allgemeingültige Formel zur Wertbestimmung lässt sich jedoch nicht ableiten.122 Unterschiedliche Verfahren zu Ermittlung des Residualwertes können situative Ver- wendung finden.123 Zur Vereinfachung wird in der Praxis der Fortführungswert auf Basis der Annahmen des Perpetuity-Verfahrens verwendet.124 Danach sollen langfristig gesehen die betrieblichen Renditen den Kapitalkosten entsprechen, da aufgrund des Markteintritts von neuen Konkurrenten annahmegemäß langfristig keine höheren Erträge des Unternehmens im Vergleich zum Kapitalmarkt bestehen können. Die Renditen werden auf das Niveau des Kapitalmarktes sinken. Befindet sich die Rendite eines Unternehmens auf dem Niveau seiner Kapitalkosten, so lassen periodische Änderungen der zukünftigen Cashflows den Unternehmenswert unverändert. Die geforderte Rendite in Höhe der Kapitalkosten trägt bei einer Abzinsung mit den Kapital- kosten nicht zu einer Wertveränderung bei. Aus diesem Grund können die zukünftigen Zahlungsströme so behandelt werden, als seien sie eine ewige Rente. Der Residualwert ergibt sich aus der Division des ewigen Cashflows durch den Kapitalkostensatz.125 Der ganzheitliche Unternehmenswert resultiert aus den diskontierten Cashflows des Betrach- tungszeitraums und dem Residualwert. Die ermittelten zukünftigen Cashflows werden anhand der Kapitalkosten als Diskontierungsfaktor auf die Gegenwart abgezinst und zum diskontierten Residualwert addiert. Der errechnete Barwert ist noch um die Marktwerte nicht-betriebsnotwen- diger Vermögensgegenstände zu erhöhen und um die zinstragenden Verbindlichkeiten zu redu- zieren. Diese sind im betrieblich freien Cashflow nicht enthalten. Die Summe dieser einzelnen Komponenten entspricht dem Gesamtunternehmenswert (Enterprise Value). Zur Ermittlung des Marktwertes des Eigenkapitals ist abschließend das Fremdkapital in Abzug zu bringen. 5.4.1.2 Der Economic Value Added-Ansatz Der Economic Value Added (EVA) wurde durch die amerikanische Beratungsgesellschaft Stern Stewart126 entwickelt und gibt an, ob ein Unternehmen oder Geschäftsbereich in der vergange- 122 Vgl. Bühner, R. (1990), S. 49; vgl. Rappaport, A. (1994), S. 63f. 123 Verfolgt ein Unternehmen eine Abschöpfungsstrategie in der Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen ausbleiben, so ist davon auszugehen, dass die Cashflows höher sind, als in der Zukunft möglich. Als Residualwert ist hier u.U. der Liquidationswert des Unternehmens anzusetzen. Bei einer unternehmerischen Wachstumsstrategie, die zu hohen Investitionen und somit geringerem Cashflow führt, erscheint ein Residualwert in Form eines Fortfüh- rungswertes angemessen. Vgl. Klien, W. (1995), S. 149. 124 Vgl. Weber, J., u.a. (2002), S. 23; vgl. Lattwein, J. (2001), S. 141. 125 Vgl. Lattwein, J. (2001), S. 141. 126 Vgl. Stewart, B. G. (1990), S. 118ff. 5. Vorstellung des Wertmanagement 179 nen Periode seine Kapitalkosten erwirtschaftet hat. Es wird somit die periodenbezogene Diffe- renz zwischen dem durch das eingesetzte Kapital erwirtschafteten betrieblichen Gewinn und den mit dem Kapitaleinsatz verbundenen Kosten dargestellt. Ist dieser Wert, der Residualgewinn, positiv, so wird zusätzlicher Unternehmenswert geschaffen.127 Der EVA einer Periode resultiert aus der Differenz aus dem Net Operating Profit after Tax (NOPAT) und den Eigen- und Fremdkapitalkosten (vgl. Formel 4). Unter dem NOPAT wird der betriebliche Gewinn nach Steuern verstanden. Der Steueraufwand ist hierbei um sämtliche Steuerminderungen durch außerbetriebliche Aufwendungen erhöht und um die steuererhöhenden Wirkungen betriebsfremder Erträge gemindert worden. Das investierte Kapital einer Periode ist nach dem EVA-Konzept eine modifizierte Buchwertgröße, die aus den Aktiva abzüglich der unverzinslichen Verbindlichkeiten resultiert. t EVA EVA t t t EVA = NOPAT - (WACC * IK )t EVA t t t EVA EVA = Economic Value Added, Periode t NOPAT = Net Operating Profit after Tax, Periode t WACC = Weighted Average Cost of Capital, Periode t IK = Investiertes Kapital, Periode t t = Jeweils betrachtete Periode Formel 4: Economic Value Added 128 Der NOPAT entspricht dem Free Cashflow nach Steuern und Abschreibungen. Ein positiver EVA übererfüllt die Renditeforderungen der Eigen- und Fremdkapitalgeber. Damit wird zu- sätzlicher Wert für die Eigenkapitalgeber geschaffen. t (1+WACC ) - FKMEK = IK +M EVA t EK = Marktwert der Eigenkapitals FK = Marktwert des Fremdkapitals t = Jeweils betrachtete Periode EVA = Economic Value Added der Periode t WACC = Weighted Average Cost of Capital der Periode t IK = Investiertes Kapital im Betrachtungszeitpunkt M EVA t t M 0 t EVA 0 t=1 Formel 5: Unternehmenswertermittlung nach dem EVA-Konzept129 127 Vgl. Hostettler, S. (1997). 128 Vgl. Bötzel, S., u.a. (1998), S. 134. 129 Vgl. Weber, J., u.a.(2002), S. 24. 5. Vorstellung des Wertmanagement 180 Auf Basis des EVA ist es zudem möglich, den Marktwert des Eigenkapitals zu ermitteln, wie in der Formel 5 verdeutlicht. Hierzu sind die zukünftigen EVA mit den gewichteten Kapitalkosten für das Gesamtkapital (WACC) zu diskontieren, das investierte Kapital hinzuzurechnen und das Fremdkapital abzuziehen. Dieser Eigenkapitalwert stimmt bei Einhaltung bestimmter Voraus- setzungen mit dem nach der DCF-Methode ermittelten Unternehmenswert überein.130 5.4.1.3 Der Cash Value Added-Ansatz Zur Ermittlung des Cash Value Added ist es zunächst erforderlich, den Cashflow Return on In- vestment (CFROI) zu ermitteln. Dieser Wert stellt eine Renditekennzahl dar, welche als interner Zinsfuß eines fiktiven Cashflow-Profils ermittelt wird.131 Korrigierte Brutto Cashflows bilden die Basis seiner Berechnung (vgl. Formel 6). In diesem Zusammenhang wird unterstellt, dass diese Brutto Cashflows für die gesamte Nutzungsdauer der betrachteten Investition anfallen. Damit sich die Erfolgsgröße auf das Gesamtkapital bezieht, werden die Abschreibungen als nicht-zahlungswirksame Aufwendungen entsprechend der Zinsaufwendungen hinzugerechnet. Die Kapitalbasis resultiert aus der Summe von Umlauf- und Anlagevermögen, abzüglich der nicht-zinstragenden Verbindlichkeiten. Der CFROI bildet die Ist-Rentabilität ab und kann mit den Kapitalkosten in Bezug gesetzt werden. t (1+CFROI ) +C = - IK +0 BCF Ttt=10 CFROI T tNaA (1+CFROI ) = 0 C = Kapitalwert in t = 00 IK = Kapitalbasis in t = 00 CFROI t = Jeweils betrachtete Periode BCF = Brutto Cash Flow der Periode tt CFROI = Cash Flow Return on Investment NaA = Nichtabschreibbares Anlagevermögen in TT T = Nutzungsdauer der Investition/des Unternehmens Formel 6: Cashflow Return on Investment Als Kriterium für die Auswahl wertmaximierender Strategien ist die Höhe des CFROI wegen des Fehlens einer absoluten Gewinngröße problematisch.132 Der CFROI wird in die Übergewinn- größe des Cash Value Added (CVA) überführt (vgl. Formel 7). Dieser resultiert aus dem Produkt des eingesetzten Kapitals mit der Differenz aus CFROI und dem gewichteten Kapitalkostensatz. 130 Vgl. Lücke, W. (1955), S. 310ff. 131 Vgl. Lewis, T. G. (1955). 132 Vgl. Weber, J., u.a. (2002), S. 25f. 5. Vorstellung des Wertmanagement 181 tCVA = (CFROI - WACC ) * IK CVA = Cash Value Added der Periode t IK = Kapitalbasis in t CFROI = Cash Flow Return on Investment der Periode t WACC = Weighted Average Cost of Capital der Periode t t = Jeweils betrachtete Periode t t CFROI t t t t t CFROI Formel 7: Cash Value Added Entsprechend der EVA-Methode kann auch für den CVA der Unternehmenswert bestimmt wer- den. Dafür sind die zukünftigen CVA mit dem gewichteten Kapitalkostensatz zu diskontieren. Zudem ist das investierte Gesamtkapital zu addieren und das Fremdkapital in Abzug zu bringen. Die beschriebene Vorgehensweise wird aus der nachfolgenden Formel 8 deutlich. EK = Marktwert des Eigenkapitals FK = Marktwert des Fremdkapitals CVA = Cash Value Added der Periode t IK = Gesamtkapitalbasis in t = 0 t = Jeweils betrachtete Periode WACC = Weighted Average Cost of Capital der Periode t M M 0 t CFROI t t (1+WACC ) - FK MEK = IK +M CVA t tt=10 CFROI Formel 8: Unternehmenswertermittlung nach dem CVA-Konzept Die vorgestellten Kennzahlen stellen die zentralen Instrumente der wertorientierten Steuerung dar. Sie berücksichtigen die Kapitalkosten und sind in Verbindung mit den korrespondierenden Unternehmensbewertungsverfahren am langfristigen Unternehmenswert ausgerichtet. Werden diese drei wichtigsten Verfahren zur Bestimmung des Unternehmenswertbeitrages gegenüber- gestellt, so resultiert zusammenfassend die nachfolgende Darstellung der Abbildung 46. Economic Value Added Discounted CashflowCash Value Added Gewinngröße (Ergebnis) Vermögensgröße (Kapitalbindung) Rentabilitätsgröße (Kapitalkosten) NOPAT Ergebnisorientierte Kenngröße Freier Cashflow Cashflow-orientierte Kenngröße Nachhaltiger Cashflow Cashflow-orientierte Kenngröße Angepasste Buchwerte Bruttoinvestitions- basis WACC WACC Teilelemente der Bewertung NCF=Nachhaltiger Cashflow; FCF=Freier Cashflow; NOPAT=Net Operating Profit after Tax - WACC Abbildung 46: Verfahren zur Wertbeitragbestimmung133 133 Abbildung in Anlehnung an Horváth & Partners (2003b), S. 28. 5. Vorstellung des Wertmanagement 182 5.4.2 Nutzungsformen von Kennzahlen und konzeptionelle Beurteilung Nutzungsformen von Kennzahlen lassen sich unterscheiden in die instrumentelle und die kon- zeptionelle Nutzungsform.134 Im Folgenden wird kurz auf die wesentlichen Inhalte der Nutzungsformen bezüglich der bereits im Kapitel 5.4.1 aufgezeigten Kennzahlen eingegangen. 5.4.2.1 Instrumentelle Nutzungsform Die instrumentelle Nutzung stellt die klassische Kennzahlenverwendung bei der Entscheidungs- findung dar. Wertorientierte Kennzahlen können grundsätzlich als Bewertungsregel oder aber auch als periodische Zielgrößen Verwendung finden. Als Bewertungsregel für Investitionsentscheidungen beinhaltet der DCF-Ansatz das Verfahren der Kapitalwertmethode. Damit wird der Kapitaleinsatz einbezogen und durch das CAPM135 zudem die aus dem Kapitalmarkt abgeleitete Verzinsung, welche den risikoadäquaten Renditean- forderungen der Eigen- und Fremdkapitalgeber entspricht. Über prognostizierte Cashflows werden darüber hinaus zukünftige Perioden berücksichtigt. Die DCF-Methode erscheint aus diesem Grund geeignet, die wertorientierte Zielsetzung von Investitionsentscheidungen abzu- bilden und eine optimale Kapitalallokation zu ermöglichen. Als nachteilig ist jedoch anzusehen, dass mit dieser Methode die Leistung eines Mitarbeiters in der vergangenen Periode nicht hinreichend beurteilt werden kann. Der Cashflow berücksichtigt keine Kapitalkosten und kann keine Aussagen über wertschaffendes Verhalten treffen. Das DCF-Verfahren erscheint somit ausschließlich für die wertorientierte Steuerung geeignet zu sein. Bei der Economic Value Added-Methode kann als Bewertungsregel für Investitionsentschei- dungen ebenfalls die Kapitalwertmethode verwendet werden. Dieses führt jedoch nur unter bestimmten Bedingungen zur optimalen Kapitalallokation.136 Entsprechend der DCF-Methode werden Kapitaleinsatz, die risikoadäquaten Renditeforderungen der Kapitalgeber und auch die erwarteten Rückflüsse der zukünftigen Perioden berücksichtigt. Ein entscheidender Vorteil dieser Methode besteht in der Eignung der EVA als periodische Zielgröße. Ermittelbar ist, ob wertschaffendes Verhalten vorgelegen hat, d.h. ob die Kapitalkosten verdient wurden. Die Nutzung des Cash Value Added-Ansatzes ist beim Wertmanagement als problematisch zu beurteilen, da sich die Ermittlung des CFROI als sehr umfangreich darstellt.137 Zudem wird die 134 Eine weitere Differenzierungsform ist die symbolische Nutzung. Diese fokussiert sich jedoch auf die Möglichkeit der Manipulation. Auf eine ausführliche Darstellung dieser Nutzungsform soll an dieser Stelle verzichtet werden. Vgl. Weber, J. (2002), S. 28. 135 Vgl. Raster, M. (1995), S. 66; vgl. Nicklas, M. (1998), S. 91; vgl. Herter, R. N. (1994), S. 95. 136 Vgl. hierzu das Theorem von Lücke, W. (1955), S. 310-324. 137 Vgl. Männel, W. (2001), S. 39-51. 5. Vorstellung des Wertmanagement 183 unrealistische Prämisse getroffen, dass freigesetzte Mittel bei einer Mehrperiodenbetrachtung zum internen Zinsfuß erneut anlegbar sind. Darüber hinaus konnten die Bedingungen, welche zu einer theoretisch korrekten Verwendung des CVA bei der Kapitalwertmethode führen sollen, bislang noch nicht nachgewiesen werden.138 5.4.2.2 Konzeptionelle Nutzungsform Die konzeptionelle Nutzung von Kennzahlen soll Denkprozesse und Haltungen von Mitarbeitern bzgl. ihrer individuellen Tätigkeiten zielgerichtet beeinflussen. Ein Beispiel hierfür ist das Auf- zeigen der Relation mangelhafter Produkte im Verhältnis zur produzierten Menge. Letztendlich soll ein Verständnis für die aus Kundensicht kaufentscheidenden Anforderungen entstehen. Die konzeptionelle Kennzahlennutzung beeinflusst damit indirekt die zukünftigen Handlungsent- scheidungen von Mitarbeitern, ohne eine bestimmte Situationsentscheidung vorzunehmen. Durch die Verwendung von wertorientierten Kennzahlen sollen Einstellungen und Lerneffekte bei den Mitarbeitern bewirkt werden, welche der wertorientierten Zielsetzung entsprechen. Zukunftsorientiertes Handeln und Denken kann den Mitarbeitern damit dargestellt werden. Die DCF-Methode berücksichtigt sowohl Kapitalkosten, als auch zukünftige Ergebnisbeiträge. Sie erscheint demnach für die konzeptionelle Nutzung wertorientierter Kennzahlen geeignet. Zudem ist sie durch ihre einfache Wertermittlung gut verständlich. Schwierig ist hingegen die praktische Überführung der Discounted Cashflows in periodische Zielgrößen. Über diese erfolgt jedoch die Beurteilung der Mitarbeiterleistung. Die periodischen Zielgrößen haben in Kombina- tion mit Anreizen zur Leistungsbeurteilung einen dominierenden Einfluss auf das Mitarbeiter- verhalten. Die DCF-Methode übt hierauf nur eingeschränkten Einfluss aus. Der Economic Value Added ist direkt als periodische Zielgröße verwendbar. Leider ist er nur schwer als periodenübergreifende Zielgröße anzuwenden. Eine Zukunftsorientierung ist daher nur schwer zu vermitteln. Bei der Ermittlung des EVA werden zudem Anpassungen an buch- halterische Größen vorgenommen, um „cash-nahe“ Größen zu bestimmen. Die hiermit einher- gehende Komplexität der Kennzahl wirkt sich negativ auf deren konzeptionelle Nutzung aus. Verständnis- und Akzeptanzprobleme bei den Mitarbeitern sind die Folge. Als periodische Größe ist der Cash Value Added eine geeignete Zielgröße. Seine komplexe Ermittlung sollte jedoch gezielt unterstützt werden. Beim CVA-Ansatz ist zudem die Zukunfts- orientierung nur schwer darstellbar. Insbesondere die Berechnung des CFROI erweist sich als sehr komplex und an enge Prämissen gebunden.139 138 Vgl. Weber, J., u.a. (2002), S. 28f. 139 Vgl. Weber, J., u.a. (2002), S. 30f. 5. Vorstellung des Wertmanagement 184 5.4.3 Vorstellung und Beurteilung ergänzender Instrumente Zur Unterstützung der internen Kommunikation und einer nachhaltigen Entwicklung ent- sprechend den jeweiligen unternehmerischen Potenzialen, sind die Kennzahlen und Bewertungs- verfahren des Wertmanagements um zwei unterstützende Instrumente zu ergänzen. Der Einsatz von mehrdimensionalen Werttreiberhierarchien und das Management von Erfolgspotenzialen. 5.4.3.1 Mehrdimensionale Werttreiberhierarchien Werttreiber sind beeinflussbare Faktoren, die in einem ursächlichen Zusammenhang zum wirt- schaftlichen Ergebnis des Unternehmens stehen. Eine positive Werttreiberentwicklung bewirkt ceteris paribus eine Erhöhung des wirtschaftlichen Erfolges eines Unternehmens. Werttreiber können in finanzielle und operative Werttreiber unterteilt werden. Finanzielle Wert- treiber sind finanzielle Ergebnisgrößen, die aus den Aktivitäten und Entscheidungen im Unter- nehmen resultieren. Beispiele sind Umsatzwachstum und -rentabilität, Gewinnsteuern, Investi- tionen in Anlage- und Umlaufvermögen sowie Kapitalkosten. Die operativen Werttreiber sind den finanziellen Größen vorgelagert. Ein Beispiel ist die Erhöhung der Erreichbarkeit durch ein professionelles Call Center. Um die operativen Werttreiber greifbar zu machen, sollten sie mit Kennzahlen hinterlegt werden. Ein wesentlicher Werttreiber für die Erreichbarkeit ist z.B. das Service Level des Call Centers. Die Steigerung des Unternehmenswertes wird über die Handlungen der Mitarbeiter erreicht. Den Mitarbeitern sind hierfür Ziele und Aufgaben zu vermitteln, welche zur Steigerung des Unter- nehmenswertes beitragen. In der Praxis wird dieses durch die Darstellung der Zusammenhänge über Werttreiberhierarchien ermöglicht.140 Werttreiber werden über diese Hierarchien mitein- ander verbunden und stellen ein durchgängig logisch verknüpftes System von finanziellen und operativen Größen dar, welche auf die Unternehmenswertsteigerung ausgerichtet sind. Die Wert- treiber können mathematisch oder über eine vermutete Ursache-Wirkungs-Beziehung in Bezug zueinander stehen. Übergeordnet aggregierte Wertkennzahlen werden grundsätzlich zunächst mathematisch unterteilt. Darauf aufbauend folgt ein Übergang zu sachlogischen Zusammen- hängen, welche nicht immer eindeutig quantifiziert werden können. Die Operationalisierung der Wertsteigerung ist das eigentliche Ziel der Steuerung über Wert- treiber. Alleingestellt vermitteln die Werttreiber keine konkrete Handlungsorientierung. Damit die Wertorientierung über alle Organisationsebenen im Unternehmen verstanden, akzeptiert und konsequent verfolgt werden kann, ist eine aufbauende Konkretisierung in Form einer Hierarchie 140 Vgl. hierzu die Darstellung einer Werttreiberhierarchie in Abbildung 64 auf Seite 244. 5. Vorstellung des Wertmanagement 185 bis in den operativen Bereich erforderlich. Die wesentlichen Einflussfaktoren auf den unter- nehmerischen Erfolg können auf diese Weise anhand von Werttreiberhierarchien identifiziert, kommuniziert und diskutiert werden. Über Werttreiber kann damit eine konkrete Handlungs- orientierung geschaffen und aufbauend Ziele vereinbart werden. Wesentliche Zusammenhänge des individuellen Handelns werden i.S.d. unternehmerischen Erfolges verdeutlicht und der Fokus auf entscheidungsrelevante Sachverhalte gerichtet. Der Einsatz der Werttreiberhierarchie ist auch für die Unternehmensplanung sinnvoll. Strategien können in Bezug auf ihren voraussichtlichen Einfluss auf die relevanten Werttreiber als Vorstufe zur Unternehmenswertsteigerung bezeichnet werden. Darüber hinaus kann ihr Einfluss auf die Werttreiber mit Hilfe von Sensitivitätsanalysen141 analysiert werden. Bei der operativen Planung ist eine laufende Steuerung und Kontrolle der Zielerreichung möglich. Wird die Werttreiberent- wicklung der jeweiligen strategischen Initiative in kurzen Abständen erfasst, so sind Abwei- chungsanalysen und aufbauende Gegenmaßnahmen praktikabel. Die Steuerung über Werttreiber ist jedoch auch problembehaftet. Werttreiberhierarchien besitzen zwischen den einzelnen wertschaffenden Faktoren nicht ausschließlich mathematische Zusam- menhänge. Meistens beruhen diese auf unterstellten Ursache-Wirkungs-Beziehungen. Eine Quantifizierung der Planungsdaten ist jedoch eine Grundvoraussetzung, um Alternativen ver- gleichen oder prognostizieren zu können. Sie ist auch eine Grundlage zur Leistungsmessung der Mitarbeiter. Scheingenauigkeiten sind deshalb zu vermeiden und die bestehenden Beziehungen zwischen den Werttreibern ständig zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.142 Die Priorisierung der Werttreiber stellt einen weiteren Problembereich der Werttreibersteuerung dar. Die Werttreiberhierarchie enthält nur die wesentlichen Werttreiber zur unternehmerischen Wertgenerierung. Bei mathematischen Zusammenhängen kann die Stärke des Einflusses auf den Unternehmenswert einfach bestimmt werden. Qualitative Ursache-Wirkungs-Beziehungen lassen sich hingegen in Bezug auf die individuelle Einflussstärke nur sehr schwer quantifizieren und in Relation zueinander bringen. Auch die Gliederungstiefe der Werttreiberhierarchie ist zu klären. Die Kaskadierung der Oberziele in finanzielle und operative Werttreiber sollte dort enden, wo eine Handlungsorientierung für den Mitarbeiter erkennbar wird und er durch sein individuelles Handeln am Ziel der Wertsteigerung beteiligt werden kann. Letztendlich ist zu entscheiden, bis zu welcher hierarchischen Gliederungstiefe die Zusammen- hänge der Wertsteigerung erkennbar bleiben und damit abbildbar sind. Zudem erfordert ein sich kontinuierlich verändertes Unternehmensumfeld eine fortlaufende Anpassung der Werttreiber- 141 Vgl. Franke, G., u.a. (1994), S. 245. 142 Vgl. Hill, H. (1994), S. 40-43. 5. Vorstellung des Wertmanagement 186 hierarchien. Der Verharrungstendenz eines geschaffenen Systems ist entgegenzuwirken.143 Dies gilt insbesondere für die energiewirtschaftliche Steuerung, da das dynamische Wettbewerbs- umfeld und veränderte Anforderungen des Gesetzgebers auch in Zukunft ein schnelles Agieren und damit eine veränderte Priorisierung von Handlungsausrichtungen voraussetzen. Darüber hinaus sind Zusammenhänge aufgrund unterschiedlicher Wechselwirkungen erst langsam zu erproben und bei ausbleibendem Erfolg, d.h. falschen Strategieansätzen, zu revidieren. 5.4.3.2 Management von Erfolgspotenzialen Die langfristige Unternehmensausrichtung bildet einen Schwerpunkt der Unternehmenssteue- rung. Leider vermag die Einbeziehung eines Anreizsystems den Trade-off zwischen der Nutzung periodisierter Größen und der langfristigen Zukunftsorientierung nicht zu lösen.144 Unter Erfolgspotenzialen werden sämtliche für den zukünftigen Unternehmenserfolg notwendi- gen Voraussetzungen verstanden.145 Erfolgspotenziale sind durch einen langfristigen Zeitraum charakterisiert, der für ihre Bildung notwendig ist. Ihre wertorientierte Steuerung soll eine Er- weiterung des unternehmerischen Handlungsspielraums erreichen. Annahmegemäß stehen bei einer frühzeitigen Vorbereitung auf mögliche Entwicklungen mehr Handlungsoptionen für das Management zur Verfügung. Das Management von Erfolgspotenzialen zeichnet sich durch einen langfristigen Planungszeit- raum aus, der nur schwer abgeschätzt und eingegrenzt werden kann.146 Der fünfjährige Planungshorizont der Praxis wird hierdurch regelmäßig überschritten. Zudem ist das Ziel der Einzelaktivitäten nicht immer darstellbar, da zu Beginn der Aktivitäten unter Umständen noch keine konkrete Zielsetzung vorliegt.147 Des Weiteren bestehen weitreichende Defizite in Bezug auf die Steuerung der Erfolgspotenziale. Mitarbeiter haben hierfür einen neuen Denkprozess zu erlernen und sich von ihrem täglichen Geschäft zu lösen. Wirtschaftliche Erfolge alternativer, vorgeschlagener Handlungen können zudem nicht eindeutig quantifiziert werden. Diese Art der Steuerung setzt einen beidseitigen, neuartigen Lernprozess voraus, der individueller Austa- rierung bedarf. Die Steuerung der Erfolgspotenziale unterscheidet sich demnach von der strategischen Planung, da das Mitarbeiterhandeln stark entdeckungsgetrieben und intuitiv aus- gerichtet sein sollte. Weber schlägt zur Steuerung von Erfolgspotenzialen eine Vorgehensweise vor, die in der nachfolgenden Abbildung 47 verdeutlicht wird. Auf eine ausführliche Diskussion der einzelnen Prozessschritte wird an dieser Stelle verzichtet. 143 Vgl. Weber, J., u.a. (2002), S. 36f. 144 Vgl. ausführlich Kapitel 4.2.1.2. 145 Vgl. Gälweiler, A. (1990); vgl. auch Kapitel 4.2.1.2. 146 Vgl. Günther, T. (1997), S. 70f. 147 Die Grundlagenforschung in Pharmaunternehmen weist diese Problematik auf. 5. Vorstellung des Wertmanagement 187 Interdisziplinäre Teambildung Ist-Situations- aufnahme des Unternehmens Analyse Trends und Entwicklungen Maßnahmen- entwicklung und -auswahl Umsetzungs- planung und Genehmigung Prozesswiederholung und Maßnahmenanpassung Abbildung 47: Management von Erfolgspotenzialen148 Grundsätzlich sollte die Steuerung von Erfolgspotenzialen situations- und unternehmens- spezifischen Gegebenheiten Rechnung tragen. Hierbei ist darauf zu achten, dass eine offene Unternehmenskultur entsteht, die einerseits die Risikobereitschaft fördert und andererseits ein den Verhältnissen entsprechendes Vorgehen mit „Augenmaß“ ermöglicht.149 Für die Energie- wirtschaft steht damit das Management des immateriellen Vermögens im Sinne eines wissens- basierten Ansatzes im Fokus, um über die Entwicklung innovativer Produkte, Dienstleistungen und Problemlösungsansätze den gestiegenen Kundenanforderungen nachhaltig Rechnung zu tragen. Die Fähigkeiten und das Wissen der Mitarbeiter erlangen damit einen neuen Stellenwert. 5.5 Formulierung und Auswahl wertorientierter Strategien Im Mittelpunkt der strategischen Anwendung steht die strategische Analyse und damit die Strategieauswahl. Das Unternehmen hat die Aufgabe, auf Basis seiner individuellen Branchen- attraktivität und der Wettbewerbsposition spezifische Wettbewerbsvorteile zu identifizieren und ableitbare strategische Optionen als Grundvoraussetzung für die Strategieauswahl zu bewerten. Die Umsetzung der letztendlich vom Management ausgewählten Strategie wird im Wertmanage- ment bislang leider immer noch vernachlässigt.150 5.5.1 Strategische Analyse als Grundlage der Strategieformulierung Ausgangspunkt der Strategieformulierung bildet die strategische Analyse.151 Konstituierende Elemente dieser Strategieanalyse sind Branchenanalysen, die Bestimmung der eigenen Wettbe- werbsposition und letztendlich die Identifikation von Wettbewerbsvorteilen. Von Porter steht zur strategischen Analyse ein umfassender Ansatz zur Verfügung.152 Er empfiehlt unterschiedliche Instrumente für eine adäquate Bestandsaufnahme der unternehme- rischen Position sowie zur Formulierung von Strategien zur Erlangung von Wettbewerbsvor- teilen als Grundvoraussetzung der Wertsteigerung. 148 Abbildung in Anlehnung an Weber, J., u.a.(2002), S. 43f. 149 Ebenda. 150 Vgl. Moser, J.-P. (2001), S. 70. 151 Vgl. Kreilkamp, E. (1987), S. 5. 152 Vgl. ausführlich Porter, M. E. (1999). 5. Vorstellung des Wertmanagement 188 Da annahmegemäß die Branche einen entscheidenden Einfluss auf die Wettbewerbsstrategie des Unternehmens besitzt, ist zunächst eine Branchenanalyse durchzuführen. Strukturelle Wettbe- werbskräfte der Branche153 und deren Auswirkungen auf das Wertsteigerungspotenzial sollen hierdurch identifiziert und analysiert werden. Die Bestimmung der eigenen Wettbewerbsposition dient der attraktiven Segmentauswahl. Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen und der Nutzung der Wertkettenanalyse soll abschließend mit der Phase der Identifikation von Wert- potenzialen die Grundlage zur Ableitung strategischer Initiativen geschaffen werden.154 Die Möglichkeit zur Formulierung wertsteigernder Strategien setzt die Existenz von Wertpotenzialen und damit von Wettbewerbsvorteilen voraus. Der beschriebene Zusammenhang wird durch die nachfolgende Abbildung 48 deutlich. Branchenattraktivität Verhandlungsmacht der Lieferanten Verhandlungsmacht der Abnehmer Bedrohung durch neue Konkurrenten Bedrohung durch Substitutprodukte Rivalität unter den bestehenden Konkurrenten Wettbewerbsposition in der Branche Branchensegmentierung Merkmale des Segments Position innerhalb des Segments Identifikation von Wettbewerbsvorteilen Wertkettenanalyse in Bezug auf Kostenführerschaft, Differenzierung, Spezialisierung etc. Auswirkungen auf die Wertgeneratoren Auswirkungen auf den Unternehmenswert Bewertung der alternativen Geschäfts- strategien Abbildung 48: Wettbewerbsanalyse und Bezug zur Wertgeneration155 Aufbauend auf die Analysephase folgt die Phase der Formulierung. Das Ziel besteht darin, eine Beziehung in Form einer Strategie abzubilden, die den Zusammenhang zwischen qualitativen Aussagen der strategischen Analyse und deren Auswirkungen auf den Unternehmenswert quan- tifiziert. Ausgangspunkt zur Formulierung bilden die zuvor identifizierten Wertpotenziale. Die Auswirkungen der Wertpotenziale auf den Unternehmenswert werden über die Wertgenera- toren als Bindeglied analysiert. Die nachfolgende Abbildung 49 zeigt die wesentlichen Wert- 153 Dieses sind bspw. potenzielle neue Konkurrenten, Kunden, Lieferanten etc. 154 Von Porter werden Kostenführerschaft, Differenzierung und Spezialisierung vorgeschlagen. Vgl. Porter, M. E. (1999), S. 77ff. 155 Abbildung in Anlehnung an Rappaport, A. (1994), S. 91. 5. Vorstellung des Wertmanagement 189 generatoren auf, welche nach Rappaport Einfluss auf den Unternehmenswert ausüben.156 Hierbei kann es sich um finanzielle und nicht-finanzielle Indikatoren handeln. Wichtig ist, dass die Wert- treiber im Unternehmen zur Entscheidungsunterstützung und Verhaltenssteuerung beitragen. Unternehmenswertsteigerung Betrieblicher Cashflow Diskontsatz Fremdkapital - Dauer der Wertsteigerung - Umsatzwachstum- Gewinnmarge - Gewinnsteuersatz - Investitionen in Anlagevermögen - Investitionen in Umlaufvermögen - Kapitalkosten Operationale Entscheidungen Investitions- Entscheidungen Finanzierungs- Entscheidungen Führungs- entscheidungen Wert- generatoren Bewertungs- komponenten Zielsetzung des Unternehmens Abbildung 49: Zusammenhänge der Wertsteigerung157 Der Erfolg der Wertsteigerung durch Erfolgspotenziale hängt letztlich davon ab, inwieweit es gelingt, die relevanten Wettbewerbsfaktoren in Prognosen für die Wertgeneratoren zu über- führen. Aufbauend auf der Entscheidung für eine strategische Richtung, können für das Unter- nehmen unterschiedliche strategische Programme und Initiativen mit jeweils unterschiedlichen Auswirkungen auf verschiedene Wertgeneratoren abgeleitet werden.158 Zudem gilt es, eine quan- titativ-monetäre Fundierung der Strategien vorzunehmen. Über eine Sensitivitätsanalyse ist es möglich, aufbauend auf die wettbewerbsanalytische Voroptimierung der strategischen Richtung, die Auswirkungen auf die Wertgeneratoren quantitativ zu bewerten. Aufbauend auf dieser Sensi- tivitätsanalyse der einzelnen Wertgeneratoren kann die Sensitivität des Unternehmenswertes hinsichtlich der veränderten Wertgeneratoren analysiert werden. Die für den Unternehmenswert kritischen Wertgeneratoren werden auf diese Weise identifiziert und können bei der strate- gischen Planung eine gezielte Berücksichtigung finden. Für die Energiewirtschaft gilt es die jeweils relevanten Wertgeneratoren zur spezifischen Marktpositionierung und internen Aus- richtung im Rahmen eines partizipativen Prozesse gezielt zu identifizieren und zu erschließen. 156 Vgl. Rappaport, A. (1994), S. 79, S. 91. 157 Abbildung in Anlehnung an Rappaport, A. (1994), S. 79, S. 91. 158 Aus einer Kostenführerstrategie können demnach einzelne Aktionen abgeleitet werden. 5. Vorstellung des Wertmanagement 190 5.5.2 Bewertung als Grundlage der Strategieauswahl Zur Auswahl der Strategie sind aufbauend auf der Phase der Strategieformulierung die einzelnen (Geschäftsfeld-)Strategien hinsichtlich ihres potenziellen Wertbeitrages zu bewerten. Der DCF- Ansatz weist für diese Auswahl eindeutige Vorteile gegenüber anderen Verfahren auf. Dies ist dadurch begründet, dass die Vorteilhaftigkeit von Strategien im DCF-Ansatz nicht ausschließlich auf Basis qualitativer Erfolgsfaktoren beurteilt wird, ohne ein einheitliches Entscheidungskriteri- um vorzugeben. Der Ansatz konzentriert sich auf die eindeutige Erhöhung des Unternehmens- wertes und damit auf eine vergleichbare quantitative Basis. Über diese Vorgehensweise wird ausschließlich diejenige Strategie ausgewählt, welche den voraussichtlich größten Beitrag zur Wertsteigerung ermöglicht. Eindeutiges Entscheidungskriterium ist damit der Wertbeitrag als quantitative Größe, welche die Strategiebewertung auf Basis von Erfolgsfaktoren unterstützt. Der strategiebedingte Wertbeitrag resultiert aus der Differenz zwischen dem strategiebedingten Unternehmenswert und dem Unternehmenswert vor der jeweiligen strategischen Alternative.159 In der Wertsteigerungsanalyse werden ausschließlich strategieinduzierte Cashflow-Veränderun- gen betrachtet. Damit wird der Residualwert als definitorisch strategieunabhängiger Wert ange- sehen und hat keinen entscheidungsrelevanten Charakter. Die häufige Kritik am DCF-Verfahren in Bezug auf das übermäßige Gewicht und den einhergehenden starken Einfluss des Residual- wertes bei der Unternehmensbewertung ist demnach nicht mehr haltbar.160 Die Strategieentscheidung wird durch das aufgezeigte DCF-Verfahren auf Basis des strategie- bedingten Wertbeitrages gut unterstützt. Ein negativer Wertbeitrag der strategischen Alternative zeigt auf, dass diese nicht in der Lage ist, die Kapitalkosten zu decken. Anderenfalls übersteigen die Kapitalkosten die Gewinnspanne. Der bilanzielle Gewinn als Entscheidungskriterium tritt damit in den Hintergrund. Die Ermittlung der jeweiligen strategiebedingten Wertsteigerung er- möglicht eine objektiv nachvollziehbare und eindeutige Beurteilungsgrundlage für die Auswahl der strategischen Optionen.161 Zum Abschluss des Kapitels des Wertmanagements zeigt die nachfolgende Abbildung 50 eine ausführliche Gegenüberstellung unterschiedlicher Anforderungskriterien und zugehöriger Instru- mente der wertorientierten Unternehmenssteuerung. Die Schwerpunkte lassen sich untergliedern in die Orientierung der Steuerung an der Steigerung des Wertes des Eigenkapitals, der Steu- 159 „Der Vorstrategie-Shareholder Value repräsentiert den heutigen Wert des Geschäftes unter der Annahme, dass kein zusätzlicher Wert geschaffen wird.“ Vgl. Rappaport, A. (1994), S. 74; vgl. Abbildung 42 auf Seite 169. 160 Vgl. Breid, V. (1994), S. 160. 161 Die Prognose der zukünftigen Cashflows der strategischen Alternativen stellt die eigentliche Kernaufgabe der strategischen wertorientierten Steuerung dar. Durch unterschiedliche Interaktionsbeziehungen zwischen nicht- monetären Wertpotenzialen und den Cashflows wird die Abschätzung zudem erschwert. Zur diesbezüglichen Problematik vgl. ausführlich Hachmeister, D. (1995), S. 79. 5. Vorstellung des Wertmanagement 191 erungsausrichtung am Kapitalmarkt, der Nachhaltigkeit der Steuerung, einer perspektivischen Steuerungsausrichtung, einer Darstellung der Zusammenhänge zwischen den Steuerungsgrößen, der Implementierung der Wertorientierung in die operationale Zielsetzung, der Nutzung wert- orientierter Steuerungsgrößen, der Durchsetzung von Transparenz, Kommunikations- und Motivationswirkung sowie der Kapitalmarktkommunikation. Die Darstellung in der Abbildung 50 verbindet diese Anforderungen mit der in diesem Kapitel thematisierten instrumentellen Aus- gestaltung der wertorientierten Unternehmenssteuerung. Steuerungsorientierung an der Steigerung des Wertes des Eigenkapitals Steuerungsausrichtung am Kapitalmarkt Nachhaltigkeit der Steuerung Perspektivische Steuerungsausrichtung Darstellung der Zusammenhänge zwischen den Steuerungsgrößen Implementierung der Wertorientierung in die operationale Zielsetzung Nutzung wertorientierter Entscheidungsgrößen Durchsetzung von Transparenz, Kommunikations- und Motivationswirkung Kapitalmarktkommunikation - Nutzung von Discounted Cash Flow (DCF), Economic Value Added (EVA) bzw. Cash Value Added (CVA) Anforderungen Instrumentelle Ausgestaltung - Nutzung wertorientierter Kennzahlen - Renditeforderung der Eigenkapitalgeber aus CAPM - Nutzung der Unternehmensbewertungsverfahren (Marktwerte) - Anreizsystem (Bonusbank, Stock-Options-Pläne, Werttreiberbindung) - Prozess zum Management von Erfolgspotenzialen - Nutzung mehrdimensionaler Werttreiberhierarchien - Nutzung mehrdimensionaler Werttreiberhierarchien - Anwendung funktionaler und sachlogischer Ursache-Wirkungs- beziehungen - Nutzung mehrdimensionaler Werttreiberhierarchien - Zielvereinbarungs- und Anreizsysteme - Investitionsrechnung mit adäquaten Kapitalkosten - Nutzung von Werttreiberhierarchien - Einfache und übersichtliche Gestaltung des Steuerungssystems - Diskussion im Erstellungsprozess der Werttreiberhierarchien - Zielvereinbarungs- und Anreizsystem - Investor Relations - Internatinoale Ausrichtung der Rechnungslegung Abbildung 50: Anforderungskriterien und Instrumente der Wertorientierung162 162 Abbildung in Anlehnung an Weber, J., u.a. (2002), S. 46. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 192 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses Nach Kosiol1 gliedert sich eine Organisation in die Dimensionen Aufbau- und Ablauforganisa- tion. Die Institutionalisierung von Aufgaben, d.h. die Zuweisung von Zuständigkeiten, wird durch die Aufbauorganisation thematisiert. Die Regelung der Arbeitsprozesse, innerhalb der Zuständigkeitsbereiche, ist das Ziel der Ablauforganisation. Dieses Kapitel zeigt auf Basis beider Organisationsformen wesentliche Rahmenbedingungen und Bausteine der bereits ausführlich im Kapitel 4 dargestellten Steuerungsmodelle auf. Da diese in der Praxis teilweise in Kombination mit anderen Instrumenten und Steuerungsmodellen Verwendung finden, werden sie einer aus- führlichen Analyse unterzogen und bestehende Gemeinsamkeiten oder Schnittstellen zu anderen Modellen aufgezeigt. Abschließend wird unter Berücksichtigung heutiger Steuerungsanforde- rungen ein kombinierter, neuer Steuerungsprozess abgeleitet und analysiert. Da die aufgezeigten Partialmodelle wesentliche der durch Liberalisierung und Regulierung ent- standenen Steuerungsanforderungen i.S.d. integrierten Steuerungsanforderungen bedienen,2 können diese auch als die entscheidenden Instrumente für die Steuerung energiewirtschaftlicher Unternehmen bezeichnet werden. Damit stellt sich die Frage einer kombinierten Anwendung zur weiteren Steuerungsverbesserung.3 6.1 Prozessanalyse der Modelle der Unternehmenssteuerung Die Prozessanalyse der einzelnen Modelle beinhaltet jeweils eine Darstellung der wesentlichen Rahmenbedingungen des eigentlichen Steuerungsprozesses. Der Analyseschwerpunkt besteht jedoch in der Identifizierung und ausführlichen Darstellung von einzelnen aufbau- und ablauf- organisatorischen Steuerungsbausteinen. Rahmenbedingungen und Steuerungsbausteine werden modellspezifisch zueinander in Bezug gebracht und damit wird ein revolvierender, integrierter Steuerungsprozess dargestellt. Die nachfolgenden Ausführungen stellen damit einen direkten Bezug zu den Erläuterungen im Kapitel 4 dieser Arbeit dar. Die wesentlichen aufbau- und ablauforganisatorischen Elemente werden in der Folge als Grundlage für die Konzeption nochmals zusammenfassend aufgeführt. 6.1.1 Zusammenfassende Analyse der Profit Center-Steuerung Unter einem Profit Center wird jede Aktivität oder organisatorische Einheit innerhalb eines Unternehmens verstanden, für welche sich ein Gewinn ermitteln lässt. Der eigenständige 1 Kosiol, E. (1969), Sp. 172. 2 Vgl. Abbildung 11 auf Seite 68. 3 Verbesserung der Integration durch Vernetzung der Modelle untereinander; Synchronisation der strategischen Ebene mit der operativen Ebene; Abstellung von einzelnen Steuerungsdefiziten; Verbesserung der Strategie- umsetzung; vgl. Horváth & Partners (2003a) sowie Kapitel 7.3.3.2. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 193 Verantwortlichkeitsbereich im Sinne von Autonomie, als auch die abrechnungstechnische Einheit i.S.d. Saldoverantwortung, bilden eine Voraussetzung des Profit Centers und stehen im Betrachtungsmittelpunkt. Aus diesen Ansprüchen an die Centersteuerung leiten sich verschie- dene Rahmenbedingungen ab, die für einen ordnungsgemäßen Prozessablauf notwendig sind.4 Die autonome Entscheidungsbefugnis bedingt die Übertragung der für die spezifische Aufgaben- erfüllung notwendigen Rechte, Befugnisse und Kompetenzen auf die dezentrale Einheit. Hierzu ist die Übereinstimmung des Objektbereiches der Verantwortung mit dem der Entscheidungsbe- fugnisse eine Voraussetzung.5 Zudem ist eine Möglichkeit zur Beeinflussung der Größen, für die das Center Verantwortung übernimmt, zu gewährleisen.6 Nur in diesem Fall ist die Saldoverant- wortung über die abrechnungstechnische (Center-)Einheit, die Gewinnverantwortung, darstell- bar. Für diese ist es entscheidend, dass genau zurechenbare und beeinflussbare Gewinnkompo- nenten für die Centerleitung identifiziert werden. Ein weiteres für eine funktionierende Profit Center-Steuerung grundlegendes Kriterium ist die Festlegung der Verrechnungspreise. Grundsätzlich sollten diese durch einen vollkommenen Markt bestimmt sein, der aber insbesondere beim internen Leistungsaustausch zwischen den Centern kaum existiert. Sollten die Verrechnungspreise nicht den Grenzkosten bzw. dem Grenz- nutzen der Leistungserstellung entsprechen, so sind diese durch die Unternehmensführung zu korrigieren.7 Hieraus resultiert jedoch das Dilemma, dass der Centerleitung die Gewinnbeein- flussung seitens der Erlöse zu erhalten ist. Anderenfalls werden die Center nicht über Kosten und Erlöse, sondern durch die Einhaltung von Soll- und Istkosten gemessen. Eine die Gewinnverant- wortung begründende Delegation von Entscheidungsbefugnissen wäre nicht mehr gegeben. Für die Spezialform der divisionalen Profit Center wurden bereits notwendige Kriterien aufge- führt, denen an dieser Stelle gefolgt werden soll:8 • Zentralisation des Aufgabenelementes; • Ausstattung der kleinen Quasi-Unternehmen mit den notwendigen Grundfunktionen; • Dezentralisation von Entscheidungen und damit verbundenen Aufgaben; • Übertragung der zur spezifischen Aufgabenerfüllung relevanten Rechte und Befugnisse; • Saldoverantwortung über die abrechnungstechnische Einheit (Gewinnverantwortung). 4 Vgl. Kapitel 4.1. 5 Kongruenz von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung. 6 Bspw. freier Zugang zum Bezugs- und Absatzmarkt. 7 Der teilweise eingeschränkte oder nur theoretische Anspruch des freien Zugangs zum Bezugs- und Absatzmarkt erfordert in der Realität eine gewisse Kontrollfunktion der Unternehmensleitung, um ein funktionsfähiges Center-Prinzip zu ermöglichen. 8 Vgl. Kapitel 4.1.3.2. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 194 Die Institutionalisierung von Aufgaben, d.h. die Schaffung von Zuständigkeiten, ist das wesent- liche Element der Aufbauorganisation.9 Als wesentliche Rahmenbedingung einer Profit Center- Steuerung resultieren damit die in der Abbildung 51 aufgezeigten, nachfolgenden drei Prozess- elemente, welche vor Beginn des eigentlichen Steuerungsprozesses zu realisieren sind. Die Prozesselemente Objektzentralisation, Verrichtungsdezentralisation sowie die Entscheidungs- und Verantwortungsdezentralisation leiten sich als die wesentlichen Anforderungen ab und werden in der Folge als vorlaufende Prozesselemente der Aufbauorganisation einer Center- steuerung verstanden. Sie sind damit die entscheidenden Rahmenbedingungen. Objektzentralisation Verrichtungs-dezentralisation Entscheidungs- und Verantwortungs- dezentralisation - Zentralisation des Aufgabenelementes - Ausstattung mit allen benötigten Grundfunktionen - Dezentralisation von Entschei- dungen und damit verbundenen Aufgaben - Rechts- und Befugnisübertragung - Gewinnverantwortung Abbildung 51: Rahmenbedingungen der Profit Center-Steuerung Im Rahmen der Objektzentralisation erfolgt eine Strukturierung nach Produkten bzw. Produkt- gruppen sowie nach regional oder kundenspezifisch abgegrenzten Märkten. Regionalorientierte Profit Center legen den Fokus auf regionale Absatzmärkte. In der Energiewirtschaft kann eine diesbezügliche Trennung bspw. durch die Gründung einer Vertriebsgesellschaft für das Privat- oder Geschäftskundengeschäft erfolgen. Für das Privatkundensegment wurde von der Energie Baden-Württemberg AG die Yello GmbH zum Absatz von Strom im gesamten Bundesgebiet gegründet. Im Geschäftskundensegment kann die Gründung der SWD Energie Nordrhein-West- falen GmbH im Jahr 2002 als ein vergleichbares Beispiel zur Bearbeitung des Geschäftskunden- segmentes in der gleichnamigen Region genannt werden.10 Die Verrichtungsdezentralisation resultiert aus der Verantwortung für einen zu erzielenden Gewinn in dem abgegrenzten Verantwortungsbereich. Die Entscheidungs- und Verantwortungs- dezentralisation als wichtigste Komponente der Profit Center-Steuerung ermöglicht die Funk- tionsweise eines Responsibility Centers.11 Dem Grundsatz der Kongruenz von Aufgabe, Ent- scheidungskompetenz und Gewinnverantwortung wird damit umfassend Rechnung getragen. 9 Kosiol, E. (1969), Spalte 172. 10 Mittlerweile umfimiert zur SWD EnegieNRW GmbH. 11 Vgl. Kapitel 4.1.2.2. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 195 Ergänzend zu den Rahmenbedingungen ist auch der eigentliche, wiederkehrende Prozess der Centersteuerung i.S.d. Ablauforganisation zu identifizieren. Das Ausmaß der Entschei- dungsdezentralisation hängt entscheidend vom Vertrauen zwischen Unternehmensführung und der Profit Center-Leitung sowie von der Effizienz eines zu installierenden Planungs-, Entschei- dungs- und Kontrollsystems ab. Der Informationsaustausch zwischen der Unternehmensführung und der Centerleitung ist damit von wesentlicher Bedeutung für den Erfolg der Profit Center. Entscheidungen, welche die langfristige und übergeordnete Gesamtunternehmensentwicklung beeinflussen, sind durch die Unternehmensleitung zu treffen. Dezentrale Entscheidungen sollten die Gesamtzielausrichtung nicht konterkarieren. Zur Unterstützung der Planung werden den Centern neben dem originären Gewinnziel weitere Ziele zur unterstützenden Orientierung vor- geben. Hierzu wird im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung aller Ziele auf eine multivariable Zielfunktion,12 ein Zielsystem, zurückgegriffen.13 Das Zielsystem der Profit Center sollte sich aus dem Zielsystem des Gesamtunternehmens ableiten. Zielsysteme beinhalten lang- und kurz- fristige Zielformulierungen. Zur Bestimmung des Zielsystems für das einzelne Center sind die inhaltliche Bestimmung, der zeitliche Bezug sowie die jeweilige Zielbeziehung zu ermitteln.14 Unter der inhaltlichen Bestimmung sind in diesem Fall das Primärziel i.S.d. Gewinnziels und das Sekundärziel, eine Mittel-Zweck-Beziehung zum Primärziel, zu verstehen. Das langfristige Zielsystem des Gesamtunternehmens ist aufgrund seiner allgemeingültigen Formulierung nicht in der Lage, die operative Centerführung vorzugeben. Das sich aus der Zielstruktur des Gesamt- unternehmens ableitende Zielsystem hat deshalb diese konkrete Führungsfunktion auf den nachfolgenden Centerebenen zu ermöglichen. Der Prozess der Centersteuerung beginnt im Wesentlichen mit dem Planungsprozess.15 Das Leit- bild des Gesamtunternehmens sowie das zugehörige Zielsystem sind die wesentliche Planungs- grundlage für die unternehmerische Gesamtzielorientierung. In einer aufbauenden Synthese aus top-down- und bottom-up-Planung werden gemeinsame Formulierungsvorschläge für markt- und centerbezogene Strategien erarbeitet. Durch diese Art der Partizipation des Centers an der Unternehmens(teil)strategie wird eine erhebliche Motivationswirkung erzeugt. Im Anschluss werden das Zielsystem des Profit Centers aus dem übergeordneten Zielsystem sowie die center- bezogenen Strategien entwickelt. Inhaltliche Bestimmung, zeitlicher Bezug sowie die Zielbezie- hung werden für die Ebene der Center festgeschrieben. Ergänzt werden zudem langfristig quan- tifizierbare Ziele wie Umsatz, Deckungsbeiträge oder Umsatz- und Kapitalrentabilität. Haupt- bestandteil des festzuschreibenden Zielsystems ist jedoch der Gewinnplan, bestehend aus 12 Eine von der Unternehmensführung strukturierte Menge simultan verfolgter Ziele. 13 Vgl. Kapitel 4.2.1. 14 Vgl. Kapitel 4.1.5.2.1. 15 Vgl. Kapitel 4.1.5.2.3. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 196 Umsatz- und Kostenplan. Hierauf aufbauend erfolgt die Budgetierung. Ein zentraler Planungs- stab stimmt die Einzelpläne untereinander ab und teilt das zur Verfügung stehende Gesamt- budget auf die einzelnen Center auf. Der langfristige Unternehmensgesamtplan resultiert aus den abgestimmten Centereinzelplänen. Bei überschüssigem oder nicht ausreichendem Budget erfolgt eine Revolvierung des Planungsprozesses. Mit der endgültigen Festlegung der Budgets ist der Planungsprozess beendet. In der Folge beginnt die Phase der Zielerreichung, in der sich auch die Möglichkeit der Meilensteinkontrolle bietet. Im Anschluss an die Zielerreichungsphase wird in der Kontrollphase der Ziel- erreichungsgrad ermittelt und analysiert. Wesentlich in dieser Phase ist die Überprüfung der Erreichung des bestehenden Gewinnplans. Der eigentliche Prozess der Profit Center-Steuerung ist ein jährlicher oder entsprechend der Pla- nungsperiode unterjährig sich wiederholender Prozess. Nach Beendigung des Planungsab- schnittes erfolgt im Anschluss an die Phase der Zielerreichung und die Zielkontrolle eine erneute Formulierung von markt- und centerbezogenen Strategien auf Basis des unternehmerischen Leitbildes und vor dem Hintergrund der gewonnenen Erkenntnisse. Das Zielsystem des Profit Centers ist erneut abzuleiten. Vorgabe des Unter- nehmensziels über das Leitbild Formulierung markt- und center- bezogener Strategien Ableitung des Profit Center- Zielsystems - Ermöglichung einer Gesamtzielorientierung - Integration von Vision und Strategie in die Zielplanung - Motivationserhöhung durch Partizipation - Integration von top-down- und bottom-up-Planung Bestimmung des Zielsystems durch - inhaltliche Bestimmung (Primär- [Gewinnziel] und Sekundärziel [Mittel-Zweck-Be- ziehung zum Gewinnziel]) - zeitlicher Bezug - Zielbeziehung Festlegung des Gewinnbeitrages der einzelnen Center Budgetierung Zielerreichung - Förderung des Gewinn- bewusstseins, Maßstab für leistungsorientiertes Handeln - Aufnahme weiterer quantifizier- barer Ziele wie Umsatz, Deck- ungsbeiträge oder Rentabilität - Budgetierung durch zentrales Controlling - Abstimmung der Einzelpläne - Gesamtbudgetaufteilung auf einzelne Center - Umsetzungsphase - ggf. Integration einer Meilensteinkontrolle Zielkontrolle - Abgleich der Plan- mit den Istwerten - Analyse der Gründe für eine Zielverfehlung (Analysephase) Objektzentralisation Verrichtungs-dezentralisation Entscheidungs- und Verantwortungs- dezentralisation - Zentralisation des Aufgabenelementes - Ausstattung mit allen benötigten Grundfunktionen - Dezentralisation von Entscheidungen und damit verbundenen Aufgaben - Rechts- und Befugnis- übertragung - Gewinnverantwortung Rahmenbedingungen, Aufbauorganisation Prozess, Ablauforganisation revolvierender Prozess Abbildung 52: Gesamtprozess der Profit Center-Steuerung 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 197 Die vorherige Abbildung 52 gibt den gesamten konzipierten Prozess der Profit Center-Steuerung zusammenfassend wieder. Die Rahmenbedingungen des Prozesses werden an dieser Stelle als wesentliche Elemente der Aufbauorganisation, entsprechend einer Institutionalisierung von Aufgaben, klassifiziert. Der eigentliche revolvierende Steuerungsprozess beschreibt die Rege- lung der Arbeitsprozesse innerhalb der unterschiedlichen Zuständigkeitsbereiche für die Center i.S.d. Ablauforganisation auf.16 6.1.2 Zusammenfassende Analyse der Zielsteuerung Die Steuerung über Ziele beruht im Wesentlichen darauf, eine neue, eigenverantwortliche Unter- nehmenssteuerung zu gewährleisten.17 Ziele ermöglichen eine ergebnisorientierte Handlungs- orientierung, schreiben den Weg zur Zielerreichung jedoch nicht vor. Die Zielformulierung als Grundfunktion des Managements soll im Unternehmen zu einer langfristigen Unternehmensaus- richtung beitragen. Ein Ziel gibt eine normative Vorstellung eines zukünftigen Zustandes vor und dient damit als Orientierungsrahmen für zielführende Handlungen und Entscheidungen.18 Der Prozess der Zielsteuerung gliedert sich im obigen Sinne der Ablauforganisation in sieben unterschiedliche Aufgabenbereiche.19 Zudem sind einige Rahmenbedingungen einzuhalten. Die erste Prozessstufe identifiziert sinnvolle sowie auf Aufbau, Erhaltung und Nutzung von Erfolgs- potenzialen bezogene Ziele und schreibt diese in Zielkatalogen fest. Die Ziele beinhalten Markt- leistungs- bis zu Macht- und Prestigezielen. Zudem werden Rentabilitäts- und Finanzziele sowie soziale und gesellschaftsbezogene Ziele festgeschrieben. Für die Steuerung ist eine Operationalisierung der übergeordneten Ziele erforderlich. Zielpräzi- sierung und Messung sind Voraussetzungen für die Erfolgskontrolle. Zudem sind die Einzelziele in eine Rangordnung zu setzen. Durch das Herunterbrechen von übergeordneten Zielen in Teil- und Unterziele entsteht eine Ordnungsstruktur, das Zielsystem. Dieses Zielsystem ist aufbauend zu hinterfragen und zu plausibilisieren. Nur durch eine realistische Zielfestlegung ist ein Unter- nehmen sinnvoll und zielorientiert zu steuern. Die Realisierbarkeit wird nach den Komponenten Zeit, Budgets, zur Verfügung stehender Ressourcen sowie der Mitarbeiterfähigkeiten überprüft. Ein weiterer Baustein der Ablauforganisation besteht in der Phase der Zielentscheidung. Hier erfolgt eine Auswahl relevanter Kombinationen und Zielalternativen auf Basis des vorliegenden Zielsystems. Zusätzlich werden Maßnahmen, Ressourcen sowie die Festlegung der zielwirk- samen Konsequenzen der durchzuführenden Handlungen festgeschrieben. Zudem erfolgt die notwendige Abstimmung der Finanz- und Leistungsziele aufeinander. Die Ausgangsziele des 16 Vgl. Kapitel 4.1.3. 17 Vgl. Kapitel 4.2.3. 18 Zu den Funktionen von Zielen vgl. Kapitel 4.2.1. 19 Vgl. Abbildung 53 auf Seite 198. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 198 Zielbildungsprozesses werden somit ratifiziert. Anschließend werden die Teilziele in der Phase der Zieldurchsetzung an die Verantwortlichen weitergegeben. Sie werden kommuniziert und es wird eine Abstimmung in Bezug auf persönliche Qualifikationen und die organisatorische Ausstattung mit Ressourcen und Kompetenzen vorgenommen. In die Kontrakte20 sollte jedoch nur eine begrenzte Anzahl von Informationen aufgenommen werden, um eine Überfrachtung zu vermeiden. Eine Systematisierung der unternehmerischen Ziele vor dem Hintergrund der aus- formulierten Geschäftsfeldstrategien ermöglicht es, die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Im abschließenden Prozessschritt wird eine Zielüberprüfung und Zielrevision vorgenommen. Wesentlich hierfür ist die Soll-/Ist-Abweichungskontrolle. Diese Phase ist ebenso für Plananpas- sungen aufgrund veränderter Planprämissen bzw. Unternehmens- und Umweltbedingungen entscheidend. Das grundsätzliche Ziel dieser Phase besteht in einer abschließenden Rechen- schaftslegung der ausführenden Einheit gegenüber der übergeordneten Instanz. Die aufgezeigten Rahmenbedingungen in Anlehnung an die Definition der Aufbauorganisation sowie der Gesamtprozess der Zielsteuerung werden in der nachfolgenden Abbildung 53 entspre- chend der Darstellungsform im Kapitel 6.1.1 zusammenfassend dargestellt. Zielsuche Operationalisierungder Ziele Zielanalyse und Ordnung - Identifizierung von Unternehmenszielen - Zusammenfassung der Ziele in Zielkatalogen - Vorbereitung der Steuerungs- funktion (Zielpräzisierungs- und Messungsanalyse) - Bildung von Rangverhältnissen der Einzelziele zueinander - Entstehende Ordnungsstruktur ist Zielsystem (Herunterbrechen von Oberzielen in Teil- und Unterziele) Prüfung auf Realisierbarkeit Zielentscheidung und Planung Durchsetzung der Ziele Realistische Zielfestlegung - zeitlich - finanzielles Budget - Ressourcen - Fähigkeiten - Auswahl relevanter Kombina- tionen und Zielalternativen - Abstimmung von Finanz- und Leistungszielen - Maßnahmen- inkl. Ressourcen- festlegung im Kontrakt - Weitergabe der Teilziele an Verantwortliche - Zielsystematisierung Zielüberprüfung und Revision - Soll-Ist-Abweichungskontrolle - Planungsanpassung - Rechenschaft legen Erfolgspotenzial- orientierung Erweiterung des Entscheidungs- spielraums - Aufbau, Erhaltung und Nutzung von Erfolgspotenzialen und zugehörigen Faktoren Dezentrale Einheit: - Budget - andere Ressourcen - Aufgabenerfüllungsorganisation - Bereichsverantwortung Rahmenbedingungen, Aufbauorganisation Prozess, Ablauforganisation revolvierender Prozess Abbildung 53: Gesamtprozess der Zielsteuerung 20 Vgl. Kapitel 4.2.2.3 sowie Abbildung 23 auf Seite 119. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 199 Das grundlegende Ziel der unternehmerischen Steuerung basiert auf dem Aufbau, der Erhaltung und der Nutzung von Erfolgspotenzialen. Die Ableitung von strategischen Zielen bei der Ziel- suche sollte sich an den bestehenden unternehmerischen Erfolgspotenzialen und zugehörigen Erfolgsfaktoren orientieren. Die strategischen Ziele geben einen Orientierungsrahmen für opera- tive Maßnahmen vor. Hierfür ist es erforderlich, den Entscheidungsspielraum der dezentralen Einheit entsprechend zu gestalten. Das zentrale Element der Zielsteuerung ist die Budgetierung. Sie stellt den Entscheidungsträgern den finanziellen Rahmen zur Verfügung, welcher eigenver- antwortlich zu bewirtschaften ist und innerhalb dessen die vorgegebenen Leistungs- und Finanz- ziele anzustreben sind. Über das Budget hinaus ist es möglich, weitere Verantwortlichkeiten im Sinne von zusätzlichen Ressourcen, die Organisation der Aufgabenerfüllung oder die Verant- wortung für andere Bereiche auf die dezentrale Einheit zu übertragen. Ressourcen können bei dieser Vorgehensweise untereinander ausgetauscht und übertragen werden. Es entsteht eine dezentrale Ergebnisverantwortung. Das wirtschaftliche Verhalten jeder dezentralen Einheit wird auf diese Weise durch die Kongruenz von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung gefördert.21 6.1.3 Zusammenfassende Analyse der Balanced Scorecard-Steuerung Ein wesentliches Ziel der Steuerung über die Balanced Scorecard besteht darin, einen Rahmen zu gestalten, welcher es ermöglicht, Unternehmensvision und -strategie in die Organisation zu überführen. Durch eine gezielte Kommunikation der strategischen Ziele und der zugehörigen determinierenden Leistungstreiber sollen sämtliche Energien, Potenziale und das Spezialwissen der Mitarbeiter auf die strategische Zielerreichung ausgerichtet werden.22 Zur Darstellung der wesentlichen, aufbauorganisatorischen Rahmenbedingungen ist für den Pro- zess der Balanced Scorecard zu berücksichtigen, dass er verglichen mit dem Centerprinzip oder dem Zielvereinbarungsprozess den wesentlich komplexeren Steuerungsansprüchen eines Mana- gementsystems zu genügen hat und darüber hinaus Bausteine anderer Steuerungsprozesse bein- haltet. Sowohl Elemente der Zielvereinbarung als auch Elemente der centerspezifischen Dezen- tralisierung sind Bestandteil der Steuerung über die Balanced Scorecard. Als Rahmenbedin- gungen des Prozesses können zwei wesentliche Voraussetzungen angeführt werden. Erstens bedarf es einer Überführung des Steuerungsprozesses in die Organisation. Hierzu sind ent- sprechende Voraussetzungen, insbesondere im Hinblick auf die Unternehmenskommunikation, zu schaffen. Häufig wird die Kommunikation mittels eines EDV-Tools unterstützt, welches den ebenenspezifischen Zugriff auf unterschiedliche Aggregationsstufen ermöglicht. Auch das Leitbild, regelmäßige Veranstaltungen oder die Einbeziehung von Werkszeitschriften können 21 Die Budgetierung kann als notwendige Bedingung für das Kontraktmanagement und die dezentrale Ressourcen- verantwortung als sinnvolle Erweiterung der Konzeption verstanden werden. 22 Vgl. Kapitel 4.3. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 200 eine Kommunikation unterstützen. Diese Elemente sind in regelmäßigen Abständen zu wieder- holen, um eine umfassende Akzeptanz bei der Belegschaft sicherzustellen. Umgesetzt wird die Balanced Scorecard durch die Mitarbeiter, welche ihre individuelle Leistung entsprechend der Unternehmensziele ausrichten. Eine zweite Rahmenbedingung besteht deshalb in der rechtzeiti- gen Mitarbeitereinbindung. Nur wenn verstanden und akzeptiert wird, worauf sich alle Einzel- aktivitäten im Unternehmen auszurichten haben, wird auch das Individualverhalten entsprechend konform sein. Eine individuelle Partizipation der Mitarbeiter am Unternehmenserfolg bzw. am Erfolg der Umsetzung der geplanten strategischen Ziele kann dieses Verhalten zusätzlich unter- stützen. Im Idealfall ist es möglich, die individuellen Mitarbeiterziele aus den Unternehmenszie- len abzuleiten, an diesen auszurichten oder zumindest einen Einklang der Ziele untereinander zu schaffen, d.h. gegenseitige Konflikte in der Zielerreichung zu vermeiden.23 Die Darstellung der Ablauforganisation erfolgt in Anlehnung an das aufgezeigte Vorgehen von Kaplan und Norton in der Abbildung 28. Der erste Prozessschritt ist demnach die Formulierung und Umsetzung von Vision und Strategie. Die erste Führungsebene übersetzt aufbauend auf Vision und Gesamtstrategie des Unternehmens die Strategie der jeweiligen Geschäftseinheiten in spezifische strategische Einzelziele. Hierbei erfolgt eine Konzentration auf diejenigen kritischen Prozesse, die für eine erfolgreiche Strategieumsetzung notwendig sind. Zusätzlich erfolgt eine Orientierung der Zielableitung an den individuellen unternehmerischen Erfolgsfaktoren. Der nachfolgende Prozessschritt ist die Strategiekommunikation. Vision und Strategie sind durch einen verständlichen Kommunikationsprozess in das Gesamtunternehmen zu transportieren. Hierbei ist das Aufzeigen eines einfachen Zusammenhanges von Aktionsplänen und Einzelmaß- nahmen zur Gesamtstrategie entscheidend. Des Weiteren sind in einem offenen Dialog zwischen den Geschäftseinheiten, Bereichsleitern und dem Vorstand Formulierungen und die Durchfüh- rung der Strategie zu diskutieren. Dieser Prozessschritt mündet in der Zielsetzung, die Einzel- ziele der Bereiche oder Geschäftsfelder festzuschreiben und erste Erfolgskriterien zu erarbeiten. Im dritten Prozessschritt, der Planung und Zielsetzung, erfolgt die Verknüpfung der über- geordneten strategischen Ziele mit individuellen Maßnahmen. Die Einzelmaßnahmen sind an mittel- bis langfristigen Zielen zu orientieren, welche in der Balanced Scorecard perspektivisch festgehalten werden. Daraus resultiert eine Veränderung der Gesamtorganisation. Für die strategische Planung bedarf es zudem einer Durchführung des Budgetierungsprozesses i.S.d. Ressourcenverteilung. Letztendlich werden einzelne Meilensteine zur unterjährigen Standortbe- stimmung identifiziert. 23 Zielgrößen der Balanced Scorecard bis auf Mitarbeiterebene: 1. Zielvereinbarungen (Verankerung); 2. Mitar- beitergespräche (Überprüfung); 3. Anreizsystemkopplung (Eigenmotivation). 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 201 Im abschließenden und oft in den Hintergrund geratenden Prozessschritt der Balanced Scorecard steht das strategische Feedback und Lernen im Betrachtungsmittelpunkt. Die Balanced Score- card ist in einen strategischen Lernprozess zu integrieren. Im Mittelpunkt dieses Prozessschrittes steht eine Rückmeldung über die Strategieerreichung. Die Strategieumsetzung soll auf diese Weise kontrolliert werden. Zudem ist es über die Einzelziele hinaus notwendig, strategische Rückmeldungen zu geben und diese aktiv einzufordern. Entsprechende Rückmeldungen ermögli- chen es dem Management, sich ein umfassendes Verständnis in Bezug auf die Strategieum- setzung zu verschaffen. Dies ist erforderlich, um Strategieanpassungen vornehmen zu können oder bestehende Initiativen zu verändern. Letztendlich können mit Hilfe der Strategie-Reviews Vision und Strategie erneut kommuniziert und diskutiert werden. Das strategische Feedback und Lernen dient somit der Vorbereitung für eine strategische Neuformulierung oder zur Anpassung in Bezug auf das aktuelle Umfeld. Die nachfolgende Abbildung 54 zeigt die thematisierten Prozessschritte der Aufbau- und der Ab- lauforganisation der Balanced Scorecard-Steuerung zusammenfassend auf. Vision- und Strategieentwicklung Strategie- kommunikation Planung und Zielsetzung - Formulierung von Vision und Strategie - Konsensfindung - Konzentration auf strategisch relevante Prozesse - Berücksichtigung der unter- nehmensindividuellen Erfolgs- faktoren - umfassender und gestützter Kommunikationsprozess - Aufzeigen von einfachen Zusam- menhängen von Maßnahmen und Aktionen zur Gesamtstrategie - Verknüpfung von strategischen Zielen mit Maßnahmen - Anpassung bereits laufender Maßnahmen - Vereinbarung langfristiger Indivi- dualziele und Überführung in Perspektiven - Budgetierung und Ressourcen- verteilung - Meilensteine festlegen Strategisches Feed- back und Lernen - Einbindung der Balanced Scorecard in strategischen Lernprozess - strategische Zielerreichungs- kontrolle - gegenseitiges Lernen durch Kommunikation - Strategiediskussion Organisations- verankerung Akzeptanz des Prozesses - Kommunikationsunterstützung - regelmäßige Prozessrevolvierung - rechtzeitige Einbindung der Mitarbeiter - Erfolgsbeteiligung Rahmenbedingungen, Aufbauorganisation Prozess, Ablauforganisation revolvierender Prozess Abbildung 54: Gesamtprozess der Balanced Scorecard 6.2 Prozessgenerierung zu einem kombinierten Steuerungsansatz Aufbauend auf der dargestellten Prozessanalyse der betrachteten Steuerungsmodelle erscheint es möglich, die unterschiedlichen Einzelelemente, d.h. Entscheidungsprozesse, der analysierten Modelle in einen Gesamtzusammenhang zu stellen und damit kombiniert zu betrachten. Im Sinne eines integrativen Steuerungsverständnisses wird in der Folge ein Gesamtprozess abge- leitet, der Synergien untereinander ermöglicht, den Ansprüchen einzelner Steuerungsmodelle genügt und zudem den gestiegenen heutigen Steuerungsanforderungen nachkommt. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 202 6.2.1 Kombination der identifizierten Prozessschritte Die Prozesselemente der drei vorgestellten Modelle der Unternehmenssteuerung weisen deut- liche Parallelen und weitreichende Ähnlichkeiten auf. Übergreifend wird nach Zielen oder Vorgaben verlangt, welche auf Basis eines Zielsystems in Maßnahmen überführt werden. Bei genauer Betrachtung basiert die unternehmerische Steuerung im Wesentlichen auf diesen drei vorgestellten Modellansätzen. Die Balanced Scorecard-Steuerung ist dabei für den Prozess der Strategieentwicklung und -kommunikation in die Organisation hinein verantwortlich. Sie dient als Ausgangspunkt, um Organisationen grundsätzlich auf deren Strategie und Umsetzung hin zu fokussieren. Die Umsetzung der Strategie wird letztendlich nur durch konsequente Implemen- tierung der Strategieumsetzung in den Mitarbeiterzielen unter Hinzuziehung der Zielverein- barungen als wesentliches Element der Zielsteuerung realisiert.24 Entsprechend hat sich der Begriff der zielorientierten Führung oder des „Management by Objectives“ zu einer feststehen- den Begrifflichkeit der heutigen Managementliteratur entwickelt.25 Durch das Konzept der Profit Center-Steuerung wird über die Objekt- und Verrichtungsdezentralisation sowie die Ent- scheidungs- und Verantwortungsdezentralisation eine Zuordnung von Verantwortung mit ent- sprechenden Handlungs- und Budgetrahmen sowie den notwendigen Kompetenzen geschaffen.26 Ein durch die Zielvereinbarung vorgegebener Rahmen ermöglicht es, die dezentrale Leistung des Mitarbeiters nachvollziehbar zu bewerten. Die nachfolgende Abbildung 55 vermittelt einen zusammenfassenden Gesamtüberblick über die drei diskutierten Prozesselemente der unterschiedlichen Steuerungsmodelle des Kapitels 6.2.27 Ein Vergleich dieser unterschiedlichen Prozesselemente macht die bestehenden Gemeinsam- keiten der Modellkonzeptionen untereinander deutlich. Verschiedene Steuerungsmodelle aus strategischen und operativen Bereichen werden auf diese Weise in einen Zusammenhang gestellt. Die Elemente zur Strategieumsetzung stellen dabei nur einen Teil der operativen, unternehmensindividuellen Handlungen dar. Die Elemente der Zielvereinbarungen enthalten zudem den individuellen, die Persönlichkeit fördernden Teil und die rein operativen, die strategische Ausrichtung ergänzenden Ziele. Da der Transformationsprozess der Strategie in den operativen Bereich das wichtigste Ziel der Balanced Scorecard darstellt, erscheint eine tiefergehende Analyse Erfolg versprechend. Die nachfolgenden Ausführungen thematisieren diesen Zusammenhang und komplettieren damit die erfolgte Prozessanalyse. 24 Die Balanced Scorecard hilft in diesem Sinne die finanziellen, materiellen sowie personellen Ressourcen in einen Einklang mit der gewählten Strategie zu bringen; vgl. Kapitel 4.3.2.2. 25 Vgl. Fink. C. A., u.a. (2002), S. 156; vgl. hierzu auch die ausführliche Thematisierung im Rahmen der Ausführungen im Kapitel 4.2. 26 Vgl. Kapitel 4.1.3.2. 27 Vgl. hierzu Abbildung 52 bis Abbildung 54 auf den Seiten 196 bis 201. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 203 Zi el su ch e - I de nt ifi zi er un g vo n U nt er ne hm en sz ie le n - Z us am me nf as su ng d er Z ie le in Z ie lk at al og en O pe ra tio na lis ie ru ng de r Zi el e - V or be re itu ng d er S te ue ru ng sf un kt io n ( Zi el pr äz is ie ru ng , M es su ng sa na ly se ) Zi el an al ys e u nd O rd nu ng - B ild un g vo n R an gv er hä lt- n is se n de r E in ze lz ie le zu - e in an de r - E nt st eh en de O rd nu ng s- s tru kt ur is t Z ie ls ys te m ( H er un te rb re ch en v on O be rz ie le n in T ei l- un d U nt er zi el e) Pr üf un g au f R ea li si er - ba rk ei t R ea lis tis ch e Ze itf es t- le gu ng - z ei tli ch - f in an zi el le s B ud ge t - R es so ur ce n - F äh ig ke ite n Zi el en ts ch ei du ng u nd Pl an un g - A us w ah l r el ev an te r K om bi na tio ne n un d Z ie la lte rn at iv en - A bs tim mu ng v on F in an z- u nd L ei st un gs - z ie le n - M aß na hm en in kl . 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B ud ge tie ru ng - B ud ge t d ur ch ze it- n ah es C on tro lli ng - A bs tim mu ng d er E in ze lp lä ne - G es at mb ud ge ta uf te i- l un g au f E in ze lc en te r Zi el er re ic hu ng - U ms et zu ng sp ha se - M ei le ns te in ko nt ro lle Pr oz es se le m en te d er P ro fit C en te r- St eu er un g Abbildung 55: Gesamtüberblick Prozesselemente der Steuerungsmodelle 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 204 6.2.2 Analyse der identifizierten Prozessschritte Steuerungsmodelle benötigen Ziele und Orientierungen, um Handlungen durchführen oder diese anstoßen zu können. Die Profit Center-Steuerung orientiert sich an der Unternehmensstrategie bzw. dem Leitbild, über das Vision und Strategie in das Unternehmen kommuniziert werden. Ein ähnliches Vorgehen gilt auch für die Zielsteuerung, für die es erforderlich ist, Unternehmens- ziele zu identifizieren. Ziele dienen als Orientierungsgrundlage zur Ableitung konkreter Hand- lungen und Maßnahmen. Vision und Strategieentwicklung bilden damit eine wichtige Grundlage der Zielsteuerung und der Profit Center-Steuerung. Vision und Strategie sind jedoch nicht nur zu entwickeln und ausgewählten Mitarbeitern bekannt zu machen; zur Überführung in die gesamte Organisation bedarf es zusätzlich einer umfassenden Strategiekommunikation. Diese ist Grund- lage der Kombination aus dem Herunterbrechen der Strategie sowie des Gegenstromverfahrens aus der Organisation heraus zur Identifizierung von Zielen und Maßnahmen (top-down-Prinzip kombiniert mit bottom-up-Prinzip). Grundsätzlich ist es in den dezentralen Bereichen nicht möglich, die Strategie direkt umzusetzen, da diese meistens unverbindlich und abstrakt auf das Gesamtunternehmen bezogen ist. Es bedarf einer Strategiekonkretisierung, um die Gesamtstrategie verständlicher und umsetzungsnäher dar- zustellen. Dies kann über eine Aufteilung in unterschiedliche Teilstrategien sowie eine Kopp- lung unterschiedlicher Strategien erfolgen. Möglich ist auch eine produkt- oder produktgruppen- spezifische Teilstrategie in Kombination mit einer Regionalstrategie. Ein Beispiel bietet das Um- satzwachstum einer Produktgruppe in einer bestimmten Region. Unternehmen konkretisieren ihre Strategie durch spezifische Geschäftsfeldstrategien. Auf diese Weise kann über die Ablei- tung geschäftsbereichsspezifischer Teilstrategien die Strategiekommunikation erleichtert wer- den. Praktikabel erscheint auch eine funktionale Umsetzung durch anstehende Großprojekte.28 Teilstrategien sind in Zielen zu operationalisieren. Die zwar verständlichen, jedoch immer noch abstrakten Teilstrategien der unterschiedlichen Geschäftsbereiche sind in konkrete Ziele zu überführen. Diese Operationalisierung dient der Vorbereitung auf die Steuerungsfunktion. Nur messbare und formulierbare Ziele können in ein Zielsystem aufgenommen werden. Die Opera- tionalisierung dient somit einer Vorkontrolle. Ebenso ist es praktikabel, diesen Prozessschritt im Rahmen der Bildung von Zielsystemen durchzuführen. Zielsysteme setzen die Einzelziele in ein Rangverhältnis zueinander. Das Zielsystem wird dabei durch die inhaltliche Bestimmung, den zeitlichen Bezug sowie die Zielbeziehung determiniert.29 Zielsysteme sind damit in allen drei Steuerungsmodellen notwendig, um eine Priorisierung, Orientierung und Ordnung zu ermög- 28 Modernisierung des Kraftwerkparks oder Einführung von SAP etc. 29 Vgl. Kapitel 4.1.5.2.1. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 205 lichen. Das Zielsystem bildet zudem die wesentliche Grundlage zur Zielentscheidung und Planung. Aufbauend auf der Phase der Zielerreichung schließt sich in allen Modellen die Phase der Zielerreichungskontrolle an. Über Plan-/Ist-Vergleiche wird der Status Quo ermittelt. Hierbei ist es nicht nur wichtig Rechenschaft abzulegen, sondern ebenfalls das erreichte Ergebnis zu analysieren. Einen wichtigen Baustein der Zielkontrolle bilden das Erkennen von Fehlern bei der Zielerreichung bereits bei der Planung und das Vermeiden dieser Fehler in der Zukunft. Die Balanced Scorecard tituliert diesen Prozessschritt mit „strategischem Feedback und Lernen“. Eine diesbezügliche Vorgehensweise ist entscheidend für alle Steuerungsmodelle. 6.2.3 Integration der unterschiedlichen Prozessschritte Ein wichtiges Ziel dieser Arbeit besteht darin, über eine Prozessintegration einen kombinierten Steuerungsprozess abzuleiten, der sowohl den Intentionen des Konzeptes der Balanced Score- card, der Zielsteuerung als auch der Profit Center-Steuerung gerecht wird und diese Instrumente gleichzeitig integriert. Bestehende Defizite einzelner Modelle sollen auf diese Weise beseitigt und bislang ungenutzte Synergien erschlossen werden. Die Prozessintegration erfolgt aufbauend auf den Erkenntnissen der bisherigen Prozessanalysen. Der kombinierte Prozess setzt bei der Entwicklung von Vision und Gesamtstrategie an. Beide liefern die Grundlage für die sich auf strategisch relevante Prozesse konzentrierende Balanced Scorecard. Eine ergänzende Ableitung unternehmensindividueller Erfolgsfaktoren kann zudem eine unterstützende Hilfestellung geben.30 Strategie und Vision bilden ebenso die Grundlage der Zielsteuerung und der Profit Center-Steuerung. Die Zielsteuerung fokussiert sich zwar nicht aus- schließlich auf strategische Ziele, weitere Ziele werden jedoch auf Basis eines aus Vision und Strategie entstehenden strategischen Gesamtverständnisses für den persönlichen und operativen Bereich abgeleitet und vereinbart. Die Strategie bildet damit einen Rahmen, der es ermöglicht, ergänzende Ziele zu identifizieren und in einen Einklang mit anderen Zielen zu bringen. Damit die Strategie organisationsumfassend bekannt ist, wird sie gezielt in das gesamte Unter- nehmen kommuniziert. Das Leitbild liefert hierzu einen wichtigen Beitrag. Die Strategiekon- kretisierung ermöglicht eine Individualisierung der Strategie innerhalb der Organisation. Dies ist insbesondere für die Centersteuerung ein wichtiges Element. Aufgrund der funktionalen Aus- richtung nahezu aller Profit Center ist es erforderlich, die Strategie als Vorbereitung für die Zielableitung funktional zu spezifizieren. Dieses erleichtert die Zielvereinbarung, da auf Basis konkreterer strategischer Ziele eine verbesserte Zielidentifikation und -vereinbarung möglich ist. Der Aufbau eines Zielsystems liefert hierzu die wesentliche Grundlage. Dieses System wird 30 Vgl. Kapitel 4.2.1.2. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 206 nicht nur bei der Profit Center-Steuerung oder Zielvereinbarung verwendet. Auch die Balanced Scorecard der jeweils relevanten Unternehmensebene (Gesamtunternehmens-Balanced Score- card, Geschäftsfeld-Balanced Scorecard, Bereichs-Balanced Scorecard) kann als ein unter- stützendes Zielsystem zur individuellen Zielvereinbarungsentscheidung angesehen werden. Bis zur Ebene des Zielsystems können die aufgezeigten Steuerungselemente durchaus verbunden werden. Das Zielsystem der Balanced Scorecard enthält jedoch ausschließlich strategisch rele- vante Inhalte. In die Zielsysteme der Profit Center sind ergänzend die operativen Handlungen des Einzelcenters aufzunehmen. Das so genannte Tagesgeschäft hat im Regelfall einen nur eingeschränkten Strategiebezug. Da dieses jedoch den entscheidenden Beitrag zur Ziel- erreichung des Unternehmens bildet und diese Ziele kontinuierlich zu erreichen sind, stellen sie für die Bereichsleiter oder Centerleiter die entscheidenden Ziele dar. Erfolgt für diese operativen Ziele keine kurz- oder mittelfristige Zielerreichung, so liegt eine sichtbare und verantwortbare negative Ergebniswirkung vor. Dieses Zielsystem (ohne bisherige Strategieeinbeziehung) besitzt damit eine deutliche Priorität vor den strategiebasierten Zielsystemen. Durch eine Verbindung beider Zielsysteme miteinander, und damit eine Gesamtfokussierung der Handlungen in einem einheitlichem System, wäre es denkbar, eine stärkere Berücksichtigung der Gesamtzielorien- tierung zu ermöglichen. Die Gewährleistung der operativen Handlungen bei Berücksichtigung der bereichsübergreifenden Unternehmensstrategie. Zielvereinbarungen werden nicht in allen Unternehmen mit jedem Mitarbeiter vereinbart. Eine Strategieintegration in sämtliche Handlungen ist aus diesem Grund nicht gewährleistet. Mit Hilfe des Instrumentes der Centersteuerung und des diesbezüglichen Strategieeinbezuges in das Centerzielsystem kann diese strategische Lücke geschlossen werden. Centerziele werden durch die Vorgesetzten verständlich kommuniziert und für die Gruppe verbindlich. Eine fehlende Indi- vidualisierung und Konkretisierung der strategischen Ziele ohne das Instrument der Ziel- steuerung kann alternativ über das Zielsystem der Profit Center-Steuerung ermöglicht werden. Dieses Zielsystem erschließt über die Gruppendynamik zudem eine Motivation für die Umset- zung strategischer Ziele. Auf diese Weise ist es möglich, eine Übernahme von Verantwortung für strategische Ziele zu erreichen. Letztendlich ermöglicht die aufgezeigte Integration der Balanced Scorecard-Konzeption in die Centersteuerung die Steigerung von Akzeptanz, Betrof- fenheit und eine Identifikation mit den strategischen Zielen und ihren Ergebnissen. Die verbind- liche Umsetzung des Konzeptes wird bei einer diesbezüglichen Integration wahrscheinlicher. Die aufgezeigten Vorteile für Balanced Scorecard und Centersteuerung werden auch über den Einbezug strategischer, operativer sowie persönlicher Ziele im Konzept der Zielsteuerung reali- siert. Die Balanced Scorecard stellt die Fokussierung und Ausrichtung der Individualziele auf die 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 207 Unternehmensziele sicher. Über die Aufnahme der strategischen Ziele in das Zielsystem der Centersteuerung oder die Zielvereinbarungen auf individueller Ebene wird die Strategie in die Verantwortung jedes Centers oder im Idealfall jeden Mitarbeiters überführt. Eine Kombination dieser Steuerungssysteme liegt damit auf Basis dieser Betrachtungen nahe. Die Balanced Scorecard trägt ebenfalls dazu bei, die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter zu steigern. Hierfür ist es erforderlich, dass die strategischen Zielvorgaben und Messgrößen im Einklang mit den individuellen Zielen der Mitarbeiter stehen, als auch deren Entlohnung und Beurteilungssystem einander entsprechen.31 Zudem ist das Aufgabenumfeld der Mitarbeiter so zu gestalten, dass diese motiviert und befähigt werden, persönliche Ziele aus der Balanced Scorecard abzuleiten, in Einklang mit anderen Ziele zu bringen und zu erreichen.32 Grund- sätzlich können die Zielgrößen der Balanced Scorecard bis auf die Mitarbeiterebene herunter- gebrochen werden. Diese sind über die Zielvereinbarungen in die Mitarbeiterführung zu inte- grieren und hinsichtlich ihrer Erreichung in den Mitarbeitergesprächen zu überprüfen. Um die gewünschten Veränderungen der Unternehmenskultur anzustoßen, ist es deshalb erforderlich, das Anreizsystem im Unternehmen an die Balanced Scorecard-Zielvorgaben zu koppeln.33 Die Balanced Scorecard leistet einen weiteren entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Konzeption der Profit Center-Steuerung. Der Hauptnachteil der Profit Center-Konzeption besteht darin, dass diese keine homöostatischen Eigenschaften in der Weise aufweist, dass ein natürlicher Mechanismus die einzelnen Profit Center zu einem einheitlichen Ganzen integriert und damit angestrebte Synergien herbeiführt.34 Die Integration der strategischen Orientierung über die Balanced Scorecard ermöglicht die bereits angesprochene Gesamtzielorientierung. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass eine entsprechende Gewichtung dieser strategischen Ziele in sämtlichen in den Zielvereinbarungen enthaltenden Zielen erfolgt, da anderenfalls weiterhin ausschließlich die operativen Ziele dominieren und die Gesamtzielerreichung konterkariert wird. Die Balanced Scorecard weist damit deutliche Parallelen zu den beiden weiteren aufgezeigten Steuerungsmodellen, der Profit Center-Steuerung und der Zielsteuerung, auf. Über ihre perspek- tivische Leistungsmessung ermöglicht sie zudem die Integration eines Performance Measure- ment-Ansatzes in die Unternehmenssteuerung. Dieser ist vergleichbar bei der Zielsteuerung sowie der Profit Center-Steuerung vorzufinden. Die Zielsteuerung stellt nicht das finanzielle Ergebnis in den Betrachtungsmittelpunkt, sondern konkrete Leistungsvereinbarungen. Zudem werden in Ergänzung zu den operativen Zielen auch persönliche Ziele zur Förderung der 31 Vgl. Brunner, J., u.a. (1998), S. 31, S. 34. 32 Vgl. Fink, C. A., u.a. (1998), S. 232. 33 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (1997a), S. 209ff. 34 Vgl. Menz, W. D. (1973), S. 47. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 208 sozialen Kompetenzen bzw. einer individuellen Entwicklung aufgenommen. Gleiches gilt für die Ausgestaltung der Ziele der Profit Center-Steuerung. Obwohl letztendlich über die Gewinn- bzw. Ergebnisverantwortung gesteuert wird, orientiert sich das Gewinnziel am Profit Center- Zielsystem und damit dem Leitbild bzw. der Strategie des gesamten Unternehmens. Das Gewinnziel bildet die Grundlage des ökonomischen Handelns. Durch die Einwirkung ver- schiedener Interessengruppen auf das Unternehmen wird das Gewinnziel jedoch durch weitere ökonomische und nicht ökonomische Ziele ergänzt. An die Stelle einer monovariablen tritt damit eine multivariable Zielfunktion.35 Das Profit Center ist zwar wirtschaftlich relativ selbständig zu führen, es bezieht jedoch seine Zielsetzung aus dem Zielsystem des Gesamtunternehmens. Ziel- setzung i.S.d. Profit Center-Konzeption bedeutet damit die Vorgabe eines Zielsystems, welches konsistent aus dem Zielsystem des Gesamtunternehmens abzuleiten ist und auch strategische Ziele beinhaltet. Die Profit Center-Konzeption differenziert nach Primär- und Sekundärzielen. Das Gewinnziel ist das Primärziel. Sekundärziele sind die dem Gewinnziel vorgelagerten, sub- sidiären oder begleitenden Ziele. Diese Systematik ist vergleichbar mit den Frühindikatoren und dem perspektivischen Zielsystem der Balanced Scorecard. Eine entsprechende Vorgehensweise ist auch für die Kombination von Standardzielen mit individuellen Zielen bei der Überführung der strategischen Ziele der Balanced Scorecard durchaus praktizierbar (top-down kombiniert mit bottom-up).36 Die Zielerreichung des Profit Centers wird außerdem innerhalb des Centers operationalisiert. Einzelziele werden an Mitarbeiter weitergegeben und falls möglich in kon- kreten Zielvereinbarungen festgehalten. Hierzu bedarf es zusätzlicher, abzuleitender Unterziele i.S.d. Performance Measurements. Die Phase der Zielentscheidung und Planung sowie der Budgetierung ist für alle Steuerungsmo- delle einheitlich anwendbar. Strategische, operative und persönliche Ziele bedürfen der Auswahl und Entscheidung. Zudem bedarf es einer Klärung, welche Ressourcen zur Zielerreichung zur Verfügung stehen (z.B. Budget, Kompetenzen, zeitliche Freiräume).37 Die anschließende Ana- lysephase bzw. die Phase der Zielkontrolle thematisiert nicht nur das eigentliche Ergebnis, indem tiefergehende Plan-/ Ist-Vergleiche vorgenommen werden, es werden zudem unterschied- liche Wege der Zielerreichung diskutiert. Der abschließende Prozessschritt des strategischen Feedbacks und Lernens setzt ebenfalls an diesem Punkt an. Es soll erörtert, verstanden und kom- muniziert werden, welche Fehler offensichtlich zur Zielverfehlung beigetragen haben und durch welchen Ansatz eine Verbesserung erfolgen kann. Hierbei wird ergänzend die strategische Kom- ponente in den Betrachtungsmittelpunkt gestellt und analysiert, welchen Zielerreichungsgrad die 35 Z.B. Umsatz-, Liquiditäts- und Wachstumsziele bzw. Sicherheits-, Prestige-, Image-, Goodwillziele. 36 Vgl. Fink. C. A., u.a. (2002), S. 156. 37 Die Balanced Scorecard kann hier positiv beeinflussen; vgl. Kapitel 4.3.2.2. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 209 strategischen Ziele aufweisen. Durch Kommunikation soll ein gegenseitiger Lern- und zukünf- tiger Verbesserungsprozess angestossen werden. Die Balanced Scorecard wird damit über eine kontinuierliche Strategiekommunikation in den strategischen Lernprozess eingebunden. Die nachfolgende Abbildung 56 zeigt eine Zuordnung der im Kapitel 6.1 identifizierten Prozess- elemente zu der in den vorherigen Ausführungen entwickelten kombinierten Steuerungsgruppie- rung. Die in der Abbildung 55 verwendete Darstellungsform wurde hierzu übernommen und eine übergreifende Gliederung in neun aufeinander folgende Prozesselemente oder Prozessschritte vorgenommen. Die Profit Center-Steuerung, die Zielsteuerung und die Balanced Scorecard sind jeweils untereinander in Form ihrer unterschiedlichen Steuerungsprozesse abgebildet. Prozess- elemente einer gleichen Gruppe sind in der Darstellung gleich nummeriert. Der Gesamtprozess beginnt bei dem mit der Nummer 1 gekennzeichneten Prozesselement der Balanced Scorecard, der Entwicklung von Strategie und Vision. Beendet wird der gesamte Prozess ebenfalls mit einem Prozesselement der Balanced Scorecard, dem strategischen Feedback und Lernen.38 Zielsuche - ... Operationali- sierung der Ziele - ... Zielanalyse und Ordnung - ... Prüfung auf Realisierbarkeit - ... Zielentscheidung und Planung - ... Durchsetzung der Ziele - ... Zielüberprüfung und Revision - ... Vorgabe des Unternehmensziels über das Leitbild - ... Formulierung markt- und centerbezogener Strategien - ... Ableitung des Profit- Centerzielsystems - ... Festlegung des Gewinnbeitrages der Einzelcenter - ... Budgetierung - ... Zielerreichung - ... Zielkontrolle - ... Prozesselemente der Profit-Center-Steuerung Prozesselemente der Zie lsteuerung (Kontraktmanagement) Vision- und Strategie- entwicklung - ... Strategie- kommunikation - ... Planung und Zielsetzung - ... Strategisches Feedback und Lernen - ... Prozesselemente der Balanced Scorecard 1 9 8 8 7 6 7 66 6 6 5 5 4 3 3 2 2 Abbildung 56: Zuordnung Prozesselemente Auf dieser Ordnungsstruktur aufbauend resultiert eine neue kombinierte Steuerungsgruppierung sämtlicher analysierter Einzelmodelle in neun unterschiedliche Prozesselemente. Es erfolgt eine Differenzierung in die Prozessschritte Vision- und Strategieentwicklung (1), Strategie- kommunikation (2), Strategiekonkretisierung (3), Operationalisierung der Ziele (4), Aufbau des Zielsystems (5), Zielentscheidung und Planung (6), Zielerreichungsphase (7), Zielkontrolle (8) 38 Vgl. im Ergebnis auch Abbildung 57 auf Seite 210. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 210 und strategisches Feed-back und Lernen (9). Dieser kombinierte Prozess wird in der nach- folgenden Abbildung 57 als kombinierter Prozess der Unternehmenssteuerung zusammengefasst und als einheitlicher Gesamtprozess dargestellt. Der Prozess versucht damit gleichzeitig den Anforderungen der Profit Center-Steuerung, der Zielsteuerung und der Steuerung über die Balanced Scorecard gerecht zu werden. O perationalisierung der Zie le - Vorbereitung der Steuerungs- funktion (Zielpräzisierung, Messungsanalyse) - Integration von top-down- und bottom-up-Ansatz Aufbau des Zie lsystems (Ziel- setzung, -analyse und O rdnung) - Identifizierung von Zielen - Bildung von Rangverhältnissen der Einzelziele zueinander - Entstehende Ordnungsstruktur ist Zielsystem (Herunterbrechen von Oberzielen in Teil- und Unterziele) - Best immung des Zielsystems durch - inhalt liche Bestimmung - zeit lichen Bezug - Zielbeziehung - Entwicklung der Unternehmens- Balanced Scorecard - Darstellung des strategischen Ziel- systems (Ursache-Wirkungsket ten) Strategiekonkretisierung - Formulierung markt- und centerbezogener T eilstrategien - Motivationserhöhung durch Partizipat ion - Identifizierung von strategie- nahen Oberzielen und Zusammenfassung in Zielkatalogen - Integrat ion von Vision und Strategie in die Zielplanung Zie lerre ichungsphase - Umsetzungsphase, u.U.Weiter- gabe der T eilziele an direkten Verantwortlichen und dortige Umsetzung - Meilensteinkontrolle Kombinierter Prozess der Unternehmenssteuerung Vision- und Strategieent- wicklung - Formulierung von Vision und Strategie - Konsensfindung - Konzentration auf strategisch relevante Prozesse - Berücksicht igung der unter- nehmensindividuellen Erfolgs- faktoren Strategiekommunikation - umfassender und gestützter Kommunikationsprozess (Kommunikat ion von Strate- gie und Vision über Leitbild) - Aufzeigen einfacher Zusam- menhänge zwischen Maß- nahmen und Aktionen zur Gesamtstrategie - Ermöglichung einer Gesamt- zielorientierung Strategisches Feed-back und Lernen - Einbindung der Balanced Scorecard in strategischen Lernprozess - strategische Zielerreichungs- kontrolle - gegenseit iges Lernen durch Kommunikation - Strategiediskussion Zie lentscheidung und Planung - Auswahl relevanter Kombinationen und Zielalternativen - Verknüpfung von strategischen Zielen mit Maßnahmen - Integration in Zielvereinbarungs- und Anreizsystem - Vereinbarung langfrist iger Center- und Individualziele sowie Konkreti- sierung (Bildung von Perspektiven, etc; Ziele, Kennzahlen, Vorgaben, Maßnahmen) - Budgetierung und Ressourcenver- teilung (Prüfung der Realisierbar- keit (zeit ich, finanziell, Fähigkeiten) - Ziele bestehen aus strategischen, operativen (z.B. Gewinnbeitrag der Profit Center, weitere quantifizier- bare Ziele) und persönlichen Zielen. Zie lkontrolle - Soll-Ist-Abweichungskontrolle - Analysephase - Planungsanpassung - Rechenschaft legen Abbildung 57: Kombinierter Prozess der Unternehmenssteuerung Auf Basis einer Analyse des oben aufgezeigten kombinierten Steuerungsprozesses lassen sich unterschiedliche Argumente im Sinne einer kombinierten Anwendung ableiten. Diese Argu- mente lassen sich wie in den nachfolgenden Ausführungen aufgezeigt untergliedern: 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 211 • Orientierung der operativen und persönlichen Ziele an dem strategischen Rahmen (Erleichterung der Zielidentifikation für persönliche und operative Ziele). • Funktionale Profit Center-Konzeptionen bieten guten Anknüpfungspunkt für konkreti- sierte bzw. operationalisierte Ziele (funktionale Integration). • Funktionale Zielspezifizierung erleichtert die Zielvereinbarung, da auf Basis konkreter strategischer Ziele eine verbesserte Zielidentifikation und -vereinbarung möglich ist. • Balanced Scorecard der jeweiligen Ebene dient als Grundlage bzw. erster Ansatz eines Zielsystems zur centerspezifischen oder individuellen Zielvereinbarungsentscheidung. • Kombination von operativen mit strategischen und persönlichen Zielen verschafft strategischen Zielen Transparenz und fördert ihre Verfolgung durch Bindung in das Ziel- system (Verantwortungsübernahme durch Verbindlichkeit). • Einbeziehung der strategischen Komponente in das Zielsystem ermöglicht Fokussierung und Ausrichtung der Einzelziele der Center oder der Individualziele auf das Unterneh- mensziel durch strategischen Handlungsrahmen (Gesamtzielorientierung). • Integration der Centersteuerung ermöglicht Individualisierung und Konkretisierung der strategischen Ziele auch ohne direkte individuelle Zielvereinbarung des Mitarbeiters. • Erhöhung von Akzeptanz, Betroffenheit und Identifikation mit der Balanced Scorecard- Konzeption und ihren Ergebnissen. • Einbeziehung der Balanced Scorecard in die Centersteuerung ermöglicht einen natür- lichen Mechanismus, der die einzelnen Profit Center zu einem einheitlichen Ganzen integriert und Synergien herbeiführt (steady-state).39 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Zielvereinbarungen – sowie das Profit Center-Konzept bei fehlender Individualzielfestlegung – die Strategie in die Verantwortung des Mitarbeiters überführt. Die Balanced Scorecard ermöglicht durch ihre Gesamtintegration eine Fokussierung der Individual- und Centerziele auf das Gesamtunternehmensziel. 6.3 Strategische Prozessanalyse auf Basis der Balanced Scorecard-Steuerung Eine Verbindung der Balanced Scorecard mit der Zielsteuerung stellt bei genauer Betrachtung beider Steuerungsansätze eine mögliche und zugleich sinnvolle Option dar. Auch für die Center- steuerung ergeben sich unterschiedliche Anknüpfungspunkte an die strategische Steuerung i.S.d. 39 Vgl. Daly, H. E. (1977). 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 212 Balanced Scorecard-Kenngrößen. Die nachfolgenden Ausführungen identifizieren weitere, wesentliche Vorteile der Kombination beider Steuerungsansätze mit der Balanced Scorecard- Konzeption und stellen diese zur Diskussion. 6.3.1 Verbindung der Zielsteuerung mit der Balanced Scorecard-Steuerung In den vergangenen Jahren hat sich herausgestellt, dass die Balanced Scorecard nicht nur als eine geschickt vermarktete Modeerscheinung zu verstehen ist, sondern als ein wichtiger Bestandteil moderner und zeitgemäßer Führungssysteme. Sie ist sowohl in der Praxis, als auch von der Wissenschaft als das Instrument zur Unterstützung der Strategieumsetzung anerkannt. Ihre Integration in das Zielvereinbarungssystem stellt nach Berichten aus der Praxis einen zentralen Erfolgsfaktor der Strategieumsetzung dar.40 Sie dient als Ausgangspunkt, um Organisationen auf deren Strategie und Umsetzung zu fokussieren.41 Die Bildung und Durchsetzung strategischer Ziele ist eine eindeutige Führungsaufgabe. In diesem Zusammenhang hat sich der Begriff der zielorientierten Führung oder des „Management by Objectives“42 im Sinne eines planvollen, koordinierten und dadurch effizienten und effektiven Vorgehens für die Zielsteuerung etabliert. Die Ziele der Mitarbeiter werden aus einem strategischen, übergeordneten Rahmen abgeleitet, vereinbart, regelmäßig überprüft, angepasst und zur Leistungsbeurteilung herangezogen. Die Balanced Scorecard bietet hierfür beste Voraussetzungen.43 Die Verbindung der Balanced Scorecard mit der Zielsteuerung stellt damit eine wichtige Grund- lage für ein umfassendes Zielvereinbarungssystem dar. Strategische, operative sowie persönliche Ziele sind mögliche Inhalte von Zielvereinbarungen.44 Die Balanced Scorecard enthält selbst keine Zielvereinbarungen i.e.S., sie sollte die Strategie jedoch zur Umsetzung in eine persönliche Verantwortung überführen. Strategische Ziele werden zwar aufgestellt, direkte Zielvereinba- rungen jedoch nicht getroffen, da die Zielverantwortung aufgrund der übergeordneten Zielinhalte im Regelfall nicht direkt ableitbar ist und häufig mehrere Personen oder Bereiche gleichzeitig betrifft.45 Die aus der Balanced Scorecard resultierenden Zielvereinbarungen werden insbeson- dere durch Ursache-Wirkungs-Beziehung erschwert. Aufgrund des Verfehlens eines vorgela- gerten Ziels durch einen anderen Mitarbeiter ist es denkbar, dass ein Ziel nicht erreicht werden kann, jedoch zu verantworten ist. Die Balanced Scorecard stößt damit einen gruppendynami- schen und kreativen Zielfindungsprozess an, an dessen Ende der Leiter einer Organisations- 40 Vgl. Fink. C. A., u.a. (2002), S. 155f. 41 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (2001), S. 209ff. 42 Vgl. Clermont, A. (2000). 43 In der Literatur werden drei Varianten der Zielfindung differenziert: Die autoritäre Zielvorgabe, die neutrale Zielorientierung und die partizipative Zielvereinbarung. Vgl. Peuntner, T. (1999), S. 486. 44 Vgl. Richter, M. (1999), S. 428. 45 Die Balanced Scorecard wird in der Praxis meistens nur bis zur Hauptabteilungsebene kaskadiert. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 213 einheit gemeinsam mit den Mitarbeitern spezifische strategische Ziele und Aktionen festlegt und möglicherweise auch gemeinschaftliche Verpflichtungen eingeht. Dieser funktionsübergreifende und gruppenbezogene Prozess mündet im Idealfall in einer Gruppenzielsetzung, entsprechend der gemeinsamen Zielsetzung des Centerprinzips in Bezug auf Primär- und Sekundärziele. Sämt- liche Gruppenmitglieder sind in diesem Fall auf die Gesamt- und Unterziele verpflichtet. Proble- matisch ist es jedoch, wenn sich niemand der Verantwortung für die Zielerreichung annimmt. Hinsichtlich dieser Problematik stellt die Individualzielvereinbarung den Idealfall für die Unter- nehmenspraxis dar. Das Center-Prinzip kann jedoch als gute Alternative angesehen werden, da Zielvereinbarungen im Regelfall nicht im Gesamtunternehmen praktiziert werden. Die Balanced Scorecard trifft keine Zielvereinbarungen, sondern stellt strategische Ziele auf, mit deren Hilfe der jeweilige Unternehmensbereich gesteuert werden kann und soll. „Die Zielstruktur der Balan- ced Scorecard ist“ aus diesem Grund „die Basis für den (Center-)Zielvereinbarungsprozess, nicht schon dessen Ergebnis.“46 Es bestehen somit zwei Steuerungssysteme zur grundsätzlichen Ziel- erreichung, die jeweils für die Mitarbeiter handlungsweisende Ziele festlegen. Aus Effizienz- und Effektivitätsüberlegungen in der Gestaltung und dem Betrieb von Führungssystemen resul- tiert hieraus die Notwendigkeit des Zusammenwirkens bzw. Zusammenlegens beider Systeme. Der Gefahr von Doppelarbeiten, gegenseitigen Widersprüchen und der Problematik einer fal- schen Mitarbeiterorientierung durch Führung über zwei Steuerungsinstrumente wird durch eine Systemintegration vorgebeugt. Im Zweifel orientieren sich die Mitarbeiter nicht an den strate- gischen Zielen, da für die Entlohnung und Karriereentwicklung im Unternehmen die operativen Zielvereinbarungen maßgeblich sind. Die Strategieumsetzung würde auf diese Weise eindeutig benachteiligt und nachhaltig gefährdet. Das Zielsystem der Balanced Scorecard ist perspektivisch an der Strategie orientiert und somit langfristig ausgerichtet, das System der Zielsteuerung hingegen stark funktional, finanziell und kurzfristig von der Erfüllung operativer Aufgaben geprägt. Zur dauerhaften Strategiepräsenz ist die Balanced Scorecard vollständig in die vorhandenen Führungs- und Steuerungssysteme des Unternehmens zu überführen. Die Integration in das Zielvereinbarungs- und Entlohnungssystem ist hierfür zentral. Diese Integration gewährleistet, dass die Mitarbeiter ihr Denken, Handeln und Entscheiden an der Unternehmensstrategie orientieren. Der Mitarbeiter kann erkennen, was er persönlich, seine Gruppe oder sein Center zum Unternehmenserfolg beitragen. Eine erfolgreiche Umsetzung der Balanced Scorecard-Ziele wird durch eine Anbindung an die Zielsteuerung damit entscheidend begünstigt. Eine Verankerung im Zielsystem – und eben nicht nur allein die Kom- munikation – schafft Präsenz, Verständnis und die notwendige persönliche Verantwortung. 46 Buchner, H. (2000), S. 326. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 214 Die Verbindung beider Steuerungssysteme bildet eine entscheidende Grundlage einer funktiona- len und inhaltlichen Integration. Hierbei gilt es unterschiedliche Schwerpunkte in den Systemen zu nutzen und Überschneidungen zu verhindern. Möglich ist eine vollständige Systemintegra- tion. Dieses erscheint sinnvoll, da für eine Kombination der Funktionen ausschließlich die Balanced Scorecard-Ziele in die Zielvereinbarung zu integrieren sind. Einerseits stellt die Balanced Scorecard hiermit die Fokussierung und Ausrichtung der Individualziele auf die Unter- nehmensziele sicher. Andererseits wird über die Zielvereinbarungen die Strategie in der persönlichen Betroffenheit, also in der Verantwortung jedes einzelnen Mitarbeiters, verankert.47 Die nachfolgende Abbildung 58 verdeutlicht den diskutierten Integrationsgedanken. Zielvereinbarungssystem Balanced Scorecard - Zielindividualisierung und -konkretisierung - Motivation durch positive und negative Sanktionen - Verantwortungsübernahme - Schaffung von Akzeptanz, Betrof- fenheit und Identifikation mit der Balanced Scorecard und ihren Ergebnissen - Schaffung von Verbindlichkeit - Kommunikation eines strategischen Handlungsrahmens im Sinne eines Zielbezuges für Einzelmaßnahmen - Integration nicht-monetärer Ziele durch Frühindikatoren - Systematische Ableitung und Ab- sicherung der Strategieumsetzung - Identifikation von Zielkonflikten Zielvereinbarungen verankern die Strategie in der Verantwortung des Mitarbeiters Die Balanced Scorecard ermöglicht die Fokussierung der Individualziele auf die Unternehmensziele Abbildung 58: Integration von Balanced Scorecard und Zielsteuerung48 Durch die Integration der strategischen Ziele der Balanced Scorecard mit den persönlichen Zielen und den Zielen der operativen Aufgabenerfüllung entsteht ein integriertes Zielverein- barungs- und Anreizsystem. Eine Integration der strategischen Ziele in die Zielvereinbarung sollte jedoch erst nach erfolgter Kaskadierung der Strategie auf die Führungsebenen erfolgen.49 Für die Verbindung von Balanced Scorecard mit der Center- und Individualzielvereinbarung stellt sich die Frage, ob die Kombination den gestellten Anforderungen eines Steuerungssystems gerecht wird. In Anlehnung an Fink werden hierzu die nachfolgenden Kriterien analysiert:50 47 Ein entsprechendes Vorgehen gilt zudem für die Centersteuerung auf Basis der Integration in die Primär- bzw. Sekundärziele. 48 Abbildung in Anlehnung an Fink, C. A., u.a. (2002), S. 158. 49 Ein ähnliches Vorgehen wird auch bei Jenßen in der Forecast-Rechnung vorgestellt. Der Fokus liegt hier aller- ding auf der Planung und dem Ist-Reporting. Vgl. Jenßen, A., u.a. (2004), S. 263. 50 Vgl. Fink. C. A., u.a. (2002), S. 159f. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 215 • Ergebnis- und Verhaltensbeurteilung; • Sicherstellung der Belohnung; • Objektivität, Messbarkeit der Ziele; • Akzeptanz, Transparenz und Verständlichkeit der Ziele; • Flexibilität der Systeme und Transparenz inhaltlicher Anpassungen; • Anwendbarkeit für Individuen und Gruppen; • Wirtschaftlichkeit des Steuerungssystems; • Eignung nicht-finanzieller Ziele und Messgrößen für die Integration. Sind die aus der Balanced Scorecard abgeleiteten Maßnahmen nicht zielführend oder konter- karieren externe Einflüsse die Zielerreichung, so kann der Mitarbeiter nicht für eine Zielverfeh- lung verantwortlich gemacht werden. Zur fairen Bewertung der Mitarbeiterleistung sollte eine eindeutige Zuordnung von Verantwortung mit entsprechenden Handlungs- und Budgetrahmen sowie Kompetenzen erfolgen.51 Ergänzend sind ergebnisbeeinflussende Entwicklungen zu prog- nostizieren und in die Überlegungen zur Zielvereinbarung einzubeziehen. Die entsprechende Vorgehensweise der Verbindung beider Steuerungsmodelle kann durch eindeutige Zielvereinba- rungen sicherstellen, dass schwache Leistungen erkannt und gute Leistungen honoriert werden. Objektiv und messbar sind Ziele, die eindeutig quantifizierbar sind. Die Balanced Scorecard enthält jedoch aufgrund des Ansatzes des Performance Measurements insbesondere qualitative und damit schwer zu quantifizierende vorlaufende Messgrößen. Deutliche Messprobleme und die Gefahr der Manipulation der Ergebniswerte sind eine mögliche Folge. Um eine genaue Messung zu ermöglichen, sollten die zu erreichenden strategischen Ziele durch mehrere Mess- größen festgehalten werden. Das Controlling hat an dieser Stelle einem hohen Qualitäts- und Gestaltungsanspruch zu genügen.52 Eine Kaskadierung in unterschiedliche Ziele bzw. Verant- wortungsbereiche kann durch Integration von in Summe sicherer zu messenden Einzelzielen die Messbarkeit übergeordneter strategischer Ziele entscheidend erleichtern. Akzeptanz, Transparenz und Verständlichkeit der strategischen Ziele werden mit Hilfe passender Implementierungs- und Kommunikationsmethoden begünstigt. Durch die Wahl eines gruppen- dynamischen, offenen und konsensorientierten Vorgehens kann dieses erreicht werden. Work- shops mit einem interdisziplinären Führungsteam sichern zudem Transparenz, Akzeptanz und 51 Vgl. die Ausführungen zum Center-Prinzip ab Kapitel 4.1.2.ff. 52 Vgl. Nullmeier, F. (1998b), S. 339ff. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 216 ermöglichen ein gemeinsames Verständnis von Zielen und Zusammenhängen. Zudem fördern Zielvereinbarungen durch ihren integrativen Entstehungsprozess die Akzeptanz und setzen Transparenz und Verständlichkeit der Zielvereinbarung voraus. Die Systemflexibilität und Transparenz inhaltlicher Anpassungen sind gewährleistet, wenn die Balanced Scorecard wesentlicher Bestandteil des unternehmerischen Führungs- und Kommu- nikationsprozesses wird. In regelmäßigen Feedback-Runden sind der Stand der Maßnahmenum- setzung und der Grad der Zielerreichung bei einer optimalen Umsetzung zu diskutieren. Beste- hende Rahmenbedingungen und Inhalte der Balanced Scorecard sind zudem kontinuierlich zu hinterfragen und ggf. anzupassen. Anpassungsfähigkeit und -möglichkeit werden damit gewähr- leistet. Leider sind in heutigen Unternehmen die Managementprozesse im Regelfall nicht auf- einander abgestimmt. Hierin besteht ein wesentliches Problem der grundsätzlichen, als auch der strategieorientierten Unternehmensführung, da auf diese Weise Transparenz verloren geht und Systemflexibilität nur eingeschränkt möglich ist.53 Eine Verbindung beider Steuerungssysteme ist damit ein richtiger Schritt in Richtung einer erhöhten Transparenz als Grundvoraussetzung zur Vermeidung bestehender Steuerungsineffizienzen. Die Anwendbarkeit für Individuen und Gruppen ist ein entscheidender Vorteil der Verbindung der Balanced Scorecard mit dem Zielvereinbarungssystem auf Center- bzw. Individualebene. Für die Center wird über die Erstellung und Diskussion von Bereichs-Balanced Scorecards die dezentrale Anwendung in den Centern unterstützt. Zudem wird durch die Zielvereinbarungen die Überführung in den Individualbereich des einzelnen Mitarbeiters gewährleistet. Zielvereinbarungssysteme sollten grundsätzlich die unternehmerische Strategieumsetzung för- dern. Das Einbeziehen der Balanced Scorecard in den Zielvereinbarungsprozess ist folglich nahe liegend. Besteht bereits eine spezifische Balanced Scorecard, so kann die Zielvereinbarung schnell auf diese als Orientierungsmaßstab zurückgreifen. Da Zielvereinbarungen einen Orien- tierung gebenden Rahmen bedürfen, entsteht hierdurch kein zusätzlicher Aufwand. Zudem sollte davon ausgegangen werden, dass Unternehmen ihre Strategien bereits ausformuliert haben, bzw. dieses ohne einen großen Mehraufwand möglich ist. Falls die Balanced Scorecard noch nicht existiert, kann für eine erste Abschätzung zunächst auf eine Kosten-Nutzenanalyse zurückgegrif- fen werden. Grundsätzlich können Balanced Scorecards für alle Verantwortungsbereiche sowie für jede Gruppe oder für Einzelpersonen erstellt werden. Die Anwendbarkeit ist für sämtliche Teile und Mitglieder einer Organisation möglich. Da das Ziel der Balanced Scorecard darin besteht alle Organisationsmitglieder auf die Strategieumsetzung auszurichten, ist die Wirtschaft- 53 Aussagen von Führungskräften aus Beratungsprojekten von Horváth & Partners. Hier: Experteninterview mit Servatius, H.-G. (2003), damaliges Mitglied des Vorstands Horváth AG, Thema: Managementprozesse. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 217 lichkeit einer Kombination beider Systeme grundsätzlich nicht in Zweifel zu ziehen. Effektivität und Effizienz sind das Ziel einer Systemintegration. Im Anschluss stellt sich die Frage nach der Eignung nicht-finanzieller Ziele und Messgrößen für die Steuerungsintegration. Würden ausschließlich finanzielle Kennzahlen Verwendung finden, so erhielten die Mitarbeiter keine Orientierung zur Umsetzung der Strategie. Die perspektivische Ausgeglichenheit wäre damit hinfällig. Die unterschiedlichen Perspektiven der Balanced Score- card und insbesondere die Darstellung der Ursache-Wirkungs-Beziehungen ermöglichen es, die impliziten Vorstellungen über die Strategie zu konkretisieren, so dass ein einheitliches Strategie- verständnis auch auf Mitarbeiterebene entsteht und in die Zielvereinbarungen überführbar wird.54 Auch wenn der Erfolgsbeitrag von nicht-finanziellen Indikatoren empirisch heute nur zum Teil gestützt wird,55 so überwiegen doch die Vorteile der Kombination der Systeme aus Sicht der Gesamtkonzeption. Abschließend kann zusammenfassend festgestellt werden, dass das Konzept der Balanced Score- card den gestellten Anforderungen der Zielsteuerung umfassend gerecht wird. Eine Verbindung beider Systeme ist daher für die Praxis zu empfehlen. Auf kontraproduktive Verhaltens- wirkungen ist jedoch zu achten. Erstellung und Umsetzung der Balanced Scorecard erfolgen in einem kreativen und dynamischen Prozess. Dieser verlangt von allen Beteiligten ein Erkennen von Chancen und Risiken. Das Setzen von herausfordernden Zielen, um Chancen in der Zukunft zu nutzen, ein hoher Unsicherheitsgrad bezüglich der zukünftigen Entwicklung sowie die starke Vernetzung zwischen den unterschiedlichen Zielen und Perspektiven, stellen die grundlegenden Charakteristika dieses Prozesses dar. Leider kann dies dazu beitragen, dass von Seiten der Mitarbeiter nur eine geringe Bereitschaft besteht, sich an den gesetzten Zielen messen zu lassen. Bei der Erstellung der Balanced Scorecard bzw. den aus ihr resultierenden Zielen besteht somit das Risiko, dass lediglich einfach erreichbare und gut abschätzbare Ziele gebildet und vereinbart werden. Dem Grundgedanken der Balanced Scorecard, welcher eine Festlegung heraus- fordernder Ziele fordert, wird auf diese Weise widersprochen. In dieser Beziehung bestehen zwischen der Zielsteuerung und der Balanced Scorecard konfliktäre Ansätze. Dieses gilt im Übrigen auch für die Centersteuerung. Ein Lösungsansatz zu diesem „trade-off“ besteht in einem Abgleich der festgelegten Individualziele mit den Zielen der übergeordneten Hierarchieebene sowie in einem Benchmarking vergleichbarer Leistungen. Die Erreichung eines insgesamt kon- sistenten Zielsystems ist für eine zielorientierte Strategieumsetzung Grundvoraussetzung. Auch mit Hilfe einer Erfolgsbeteiligung der nachfolgenden Ebene bei Erreichung der übergeordneten 54 Vgl. Weber, J., u.a. (1999), S. 15f. 55 Vgl. Pfaff., D., u.a. (2000), S. 45ff. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 218 Ziele kann dieser trade-off verhindert werden.56 Ebenso bietet sich der bereits dargestellte An- satz über die Vereinbarung von Rahmenbedingungen zu den Zielvereinbarungen an. Bei einer Änderung bestehender Rahmenbedingungen ist es erforderlich, strategische Ziele, Zielwerte oder Zeithorizonte jederzeit anpassen zu können. Dieses gilt insbesondere für die Steuerung über die Balanced Scorecard.57 Ein Zielvereinbarungssystem, das auf der Balanced Scorecard basiert, ist für diese Änderungen flexibel auszugestalten. Unterperiodische Anpassun- gen widersprechen jedoch dem langfristigen Orientierungsgedanken, der den Mitarbeitern vermittelt werden soll. Das System hat in diesem Fall den Übergang zu neuen Zielen zu er- leichtern, bzw. diesen sogar zu fördern. Eine Integration von Balanced Scorecard, Zielvereinbarung und auch der Centersteuerung sollte im Idealfall kurz nach der Erstellung der Balanced Scorecard realisiert werden, damit frühzeitig eine strategische Zielorientierung aller Mitarbeiter erfolgen kann. Das strategische Feedback steht zunächst im Vordergrund der Betrachtung, falls das Balanced Scorecard-Konzept bereits etabliert ist. In diesem Fall ist es erforderlich, die Eignung der Balanced Scorecard-Ziele als Erfolgstreiber58 zu überprüfen. Zudem sollten erste Erfahrungen mit neuen Messgrößen gesam- melt werden. Zu Beginn ist darauf zu achten, dass die Leistungsbeurteilung der Mitarbeiter nicht zu stark an den Balanced Scorecard-Zielen, sondern eher an der Umsetzung der Maßnahmen orientiert ist. Dies gilt bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die wesentlichen Erfolgstreiber der Strate- gie bekannt sind und die Verknüpfung der Systeme im Unternehmen etabliert wurde. In der Folge sind einige Kriterien zusammengefasst, welche bei der Integration der Balanced Scorecard-Steuerung mit dem Zielvereinbarungssystem unterstützend wirken:59 • Keine Aufnahme operativer Messgrößen in die Balanced Scorecard. Ausschließlich Berücksichtigung strategischer Aspekte. • Reduzierung der strategischen Ziele auf der obersten Ebene auf eine Maximalanzahl von bis zu 20 Stück. Ungefähre, gleichmäßige Verteilung der strategischen Ziele über alle Perspektiven und Nutzung von maximal ein bis zwei Messgrößen pro Ziel. • Berücksichtigung von Zielkonflikten. • Bildung innovativer Messgrößen zur Bewertung der verschiedenen strategischen Ziele. 56 Vgl. Gaber, C. (2004), S. 339-358. 57 Vgl. Norton, D. P., u.a. (2000), S. 20. 58 Vgl. Kapitel 4.2.1.2. 59 In Ergänzung zu den Erfahrungen und gewonnenen Erkenntnissen des Autors resultieren die aufgefühten Krite- rien aus mit unterschiedlichen Praktikern geführten Interviews und Gesprächen. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 219 • Erreichbarkeitsprüfung der Kriterien der Balanced Scorecard bei der Überführung in die Zielvereinbarung. • Aufnahme von maximal vier strategischen Zielen in den Zielvereinbarungsprozess. • Identifizierung relevanter strategischer Ziele durch Ursache-Wirkungs-Beziehungen: o Aktive Ziele: Wirken auf besonders viele andere Ziele ein. o Passive Ziele: Werden von besonders vielen anderen Zielen beeinflusst (Schlüsselfaktoren für Strategieerfolg).60 • Relevante strategische Ziele sind entweder in der Zielvereinbarung der Führungskraft oder aufgrund einer direkten Zuteilung beim Mitarbeiter zu fixieren. • Einbindung mindestens eines strategischen Ziels für jede Perspektive in der Mitarbeiter- zielvereinbarung, damit die Zielvereinbarung die Balanced Scorecard nicht dominiert.61 • Möglichkeit der Aufnahme weiterer strategischer Ziele der Balanced Scorecard in Form von Rahmenbedingungen, die einen bestimmten durchschnittlichen Zielerreichungsgrad zu realisieren haben. 6.3.2 Verbindung der Profit Center-Steuerung mit der Balanced Scorecard-Steuerung Auch eine Verknüpfung des Centerprinzips mit der Balanced Scorecard erscheint praktikabel. Hierzu haben die Leiter der Funktionsbereiche in ihrer Zielvereinbarung die durch sie, bzw. ihr Center beeinflussbaren strategischen Ziele des Hauptbereiches auszuwählen und Ziele für ihr Center abzuleiten. Der Leiter des Hauptbereiches stellt sicher, dass die getroffenen Zielverein- barungen gemeinsam das Erreichen der übergeordneten Balanced Scorecard-Ziele ermöglichen. Anschließend werden die Centerziele, also das Primärziel und die Sekundärziele der Einzel- center, vereinbart. Falls ein Herunterbrechen auf die individuelle Mitarbeiterebene möglich ist, erfolgt die Zielvereinbarung des Centers nicht ausschließlich mit den Funktionsbereichsleitern, sondern zudem mit den jeweiligen Mitarbeitern. Zielvereinbarungen sollten kontinuierlich über eine Feedback-Schleife mit den strategischen Zielen der Hauptabteilung auf ihre Übereinstimmung mit dem gesamten Zielsystem überprüft werden. Die Zielidentifizierung und -vereinbarung kann in unterschiedlichen Schritten erfolgen. Denkbar ist eine Einbeziehung von Gruppen oder Mitarbeitern erst nach der Vereinbarung von 60 Vgl. Horváth, P. (2000), S. 196-201. 61 Die Zielvereinbarung enthält eine Kombination aus strategischen, operativen und individuellen, die Persönlich- keit fördernden Zielen. Vgl. Abbildung 39 auf Seite 164. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 220 Zielen mit den Centerleitern. Im Sinne eines partizipativen Prozesses sollten die Mitarbeiter jedoch möglichst früh in die Zielfindung einbezogen werden. Hierzu ist ein Überblick über die Zielvereinbarung und die Balanced Scorecard zu vermitteln. Die zu erreichenden Centerziele sollten mit Hilfe eines übergeordneten Strategieverständnisses aus einem Gesamtverständnis heraus bewusst angegangen werden. Aus Mitarbeitersicht abstrakte und schwer verständliche Zusammenhänge sollten deshalb durch Einblick in die Zielvereinbarung des Vorgesetzten, gezielte Kommunikation oder zusätzliche Erläuterungen in Individualgesprächen verdeutlicht werden. Insbesondere hierin besteht ein wesentlicher Vorteil der Systemkombination. Zielver- einbarungen sind oft sehr persönlich und eine Einsichtnahme von untergeordneten Mitarbeitern ist nicht erwünscht. Die strategischen Ziele sind neutral kommunizierbar und ermöglichen eine gute Orientierung aufgrund ihres langfristigen Rahmencharakters. Zudem sind sie auf den nach- geordneten Hierarchieebenen bereits konkretisiert und damit verständlicher ausformuliert. Wird die Profit Center-Konzeption von ihrem Ursprung her mit dem Balanced Scorecard-Ansatz verglichen, so werden Gemeinsamkeiten und Anknüpfungspunkte deutlich. Ein Profit Center definiert sich zum einen aus der Delegation der Gewinnverantwortung (Accounting Entity) und zum anderen aus der Verantwortungsdelegation (Responsibility Center).62 Eigenverantwortliche Zielerreichung sowie die Möglichkeit einer organisatorischen Abgrenzung sind ebenso wesent- liche Voraussetzungen des Konzeptes der Balanced Scorecard. Die Konzeption der Centersteu- erung wird als ein Beitrag zur Vergrößerung der Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter und ihrer Hinführung zum unternehmerischen Handeln verstanden. Dies schließt die Schaffung zweckmäßiger organisatorischer Voraussetzungen mit ein.63 Die Hinführung zum unternehme- rischen Handeln verkörpert einen Anspruch, der auch durch die Balanced Scorecard-Konzeption angestrebt wird. Über das Konzept wird den unterschiedlichen Ebenen ein Instrument zur Verfü- gung gestellt, welches die Gesamtzielorientierung als Voraussetzung des autonomen dezentralen Handelns der Profit Center ermöglicht. Damit erlangt die Centersteuerung Orientierung. Die Entscheidungsaktivitäten der Organisationsmitglieder dürfen nicht isoliert betrachtet wer- den. Sie sind ökonomischen, sozialen und organisatorischen Restriktionen unterworfen, die eine Lenkung im Hinblick auf die Gesamtzielsetzung der Organisation sicherstellen sollen. Gewisse Entscheidungsbereiche sind bereits vorgegeben, während andere einer Detaillierung durch den Entscheidungsträger bedürfen. Die übergeordnete Einheit legt den Entscheidungsrahmen für die untergeordnete Einheit fest.64 Die durch das Centerkonzept geschaffenen, organisatorischen Voraussetzungen stehen demnach mit der Balanced Scorecard-Konzeption in Einklang. Über die Objekt-, Verrichtungs- sowie Entscheidungs- und Verantwortungsdezentralisation wird ein 62 Vgl. Kapitel 4.1.2.2 sowie Solomons, D. (1970a), S. 40. 63 Vgl. Hasenack, W. (1967), S. 281-283. 64 Vgl. Welge, M. K. (1975a), S. 4f. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 221 Rahmen vorgegeben, der eigenverantwortliches und abgrenzbares Handeln gewährleistet. Die Mitarbeiter setzten sich bei diesen Rahmenbedingungen intensiv mit ihrem Tun auseinander und fordern Orientierung ein. Diese kann im Sinne eines strategischen Rahmens durch die Balanced Scorecard zur Verfügung gestellt werden. Das Vorhandensein von Entscheidungsspielräumen erfordert zudem Maßnahmen zur Sicherstellung des zielkonformen Verhaltens.65 Zur Unter- stützung der Entscheidungsfindung sowie zur Kontrolle verlangt die Profit Center-Konzeption den Aufbau eines effektiven Planungs-, Entscheidungs- und Kontrollsystems. Dieses soll nicht nur unterstützen, sondern ebenfalls einen einwandfreien Informationsaustausch zwischen der Unternehmensführung und der Profit Center-Leitung gewährleisten.66 Grundsätzlich nehmen Interdependenzen zwischen organisatorischen Einheiten in dem Maße zu, wie sie von einer oder mehreren knappen Ressourcen abhängen. Streng genommen sind alle Aktivitäten in einer Organisation interdependent, da zumindest das zur Verfügung stehende Kapital eine knappe Ressource darstellt. Es stellt sich die Frage, wie dieses bestehende organi- satorische Koordinationsproblem durch geeignete Maßnahmen vereinfacht werden kann. Welge schlägt zur Begegnung der steigenden Koordinationsaufwendungen das Einbeziehen einer strate- gischen Komponente vor.67 Neben einer Anpassung der lateralen Beziehungen der funktionalen Organisation durch strukturelle Maßnahmen68 ist es möglich, die Koordinationskapazitäten des Entscheidungssystems durch gesteigerte Qualifikation der Manager weitreichend zu verbessern. Ermöglicht wird dieses über eine Beteiligung an den strategischen Entscheidungen der Unter- nehmensleitung sowie eine Implementierung computergestützter Planungs- und Informations- systeme.69 Die Nutzung der Balanced Scorecard und insbesondere die Kombination mit der Centerplanung bzw. die Integration in diese entsprechen diesen Forderungen und bilden damit einen möglichen Lösungsansatz. Die theoretischen Zusammenhänge zwischen Entscheidung, Interdependenz, Koordination und Strategie zur Vereinfachung des Koordinationsproblems stel- len den generellen Bezugsrahmen dar, an dem sich Entscheidungen über Organisationsstrukturen orientieren. Nur über die erfolgreiche Bewältigung der Koordination der Entscheidungs- und Realisationsaktivitäten kann sichergestellt werden, dass ein Unternehmen sein Gesamtzielsystem in ökonomischer Weise erreicht. 65 Es findet ein Informationsaustausch über Feld-, Ziel- und Transformationskomponenten in vertikaler Richtung statt (vertikale Koordination). Neben der vertikalen Koordination ergibt sich aufgrund der aufgabenerfüllungs- bedingten Verflechtungen zwischen den verschiedenen organisatorischen Teilbereichen die Notwendigkeit der horizontalen Koordination. 66 Vgl. Jenßen, A. (2004), S. 262ff; vgl. Menz, W.-D. (1973), S. 33. 67 Vgl. Welge, M. K. (1975a), S. 13. 68 Eine Verbesserung der lateralen Beziehungen wird dadurch erreicht, dass durch die Verbesserung der Informa- tionsbasis der beteiligten Stellen sowie der Zugriffsmöglichkeiten auf gemeinsame Daten eine größere Verläss- lichkeit der Aktionen der nachgeordneten Einheiten gegeben ist. Daneben eröffnet sich die Möglichkeit indirek- ter Kontrollen. Vgl. Kieser, A., u.a. (1973), S. 25ff. sowie Kapitel 4.1. 69 Vgl. Kapitel 4.1.1. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 222 Ein Problembereich der Profit Center-Konzeption besteht in der Maximierung des Gewinns als Zielfunktion über alle Einzelcenter. Eine Gewinnmaximierung der Einzelcenter ist in der Regel nicht mit der Zielsetzung der Maximierung des Gesamtgewinns kompatibel. In der Praxis wird aufgrund bestehender Bereichsegoismen und der absoluten Zielgröße des Gewinns, häufig auf die Maximierung einer relativen Größe, dem Return On Investment als dem Verhältnis zwischen Gewinn und investiertem Kapital, zurückgegriffen.70 Diese vermögensorientierte Kennzahl gibt jedoch keine Aufschlüsse darüber, welche Faktoren das Ergebnis beeinflusst haben oder in Zukunft beeinflussen werden. Die Möglichkeit einer vorausschauenden Betrachtung wird durch diese Vorgehensweise nicht eröffnet. Es ist deshalb nahe liegend, das System der Centersteue- rung um die nicht-finanziellen (Früh-)Indikatoren zu erweitern und über Ursache-Wirkungs- Beziehungen die relevanten Zusammenhänge aufzuzeigen. Ein Vorteil der Centerkonzeption besteht in der Aufteilung des Gesamtunternehmens in mehrere autonome Organisationseinheiten, die Teil eines übergeordneten Ganzen sind. Dieses bietet die Voraussetzung für die umfangreiche Entscheidungsdelegation. Entscheidungen können dort ge- troffen werden, wo auch die Handlungen vollzogen werden. Lange Informations- bzw. Entschei- dungswege zur Unternehmensführung werden damit vermieden. Die Unternehmensführung wird vom täglichen Geschäftsablauf entlastet und kann sich auf die Führung des Unternehmens als Ganzes konzentrieren. Zudem erhöht sich die Reaktions- und Anpassungsgeschwindigkeit der Profit Center an Veränderungen durch die gesteigerte dezentrale Flexibilität. Dezentralisation von Entscheidungen bedeutet eine Verteilung von Entscheidungsbefugnissen auf mehrere Organisationseinheiten.71 Auch das Konzept der Balanced Scorecard wird diesen organisatorischen Anforderungen gerecht. Die Umsetzung der Strategie in die Planung oder vom Grundsätzlichen in das Konkrete, ist nur durch direkten Mitarbeitereinbezug möglich. Ein Vorgeben jedes Handlungsschrittes ist nicht beabsichtigt und möglich, da bei Verlust der Eigenständigkeit die Gefahr einer Überregulierung und somit des planwirtschaftlichen Verhal- tens, der Entscheidungsverzögerungen oder der Fehlentscheidungen aufgrund mangelnder Sach- kompetenz besteht. Eigenverantwortlich denkende und handelnde Mitarbeiter sind der beste Garant zur erfolgreichen Strategieumsetzung. Die Dezentralisation von Entscheidungen ist an dieser Stelle ein notwendiger Ansatzpunkt auch für das Modell der Balanced Scorecard. 70 Nach Auffassung von Gold bietet der ROI bzw. dessen Ausgestaltungsmöglichkeiten eine gute Basis für die Be- urteilung des Erfolges von Profit Centern. Er ermöglicht es auf finanzielle, aber auch auf physikalische Dimensi- onen zurückzugreifen. Darüber hinaus können kurzfristige und langfristige Eigenschaften erhoben werden. Vgl. Gold, B., u.a. (1964), S. 521-550. 71 Dieser Vorgang erfolgt durch den Prozess der Delegation, indem die Unternehmensführung auf nachgeordneten Instanzen die für die spezifische Aufgabenerfüllung notwendigen Rechte und Befugnisse überträgt und damit gleichzeitig eine Verpflichtung der Aufgabenträger begründet, die Aufgabe innerhalb festgesetzter Normen durchzuführen. Vgl. Heinen, E. (1968a), S. 166. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 223 Ein Problemfeld der Profit Center besteht darin, dass dezentrale Entscheidungen, welche die Aktivitäten eines anderen Centers berühren oder Entscheidungen, welche die langfristige Ent- wicklung des Gesamtunternehmens beeinflussen, nicht delegierbar sind. Zudem erlaubt es die Vielfältigkeit dieser Entscheidungen bislang nicht, einen detaillierten Zielkatalog aufzustellen. Die verschiedenen, ebenenspezifischen Balanced Scorecards und die damit verbundene Strate- giekonkretisierung auf der jeweiligen Stufe schaffen jedoch einen Rahmen für eine tiefergehende Entscheidungsdelegation auch dieser Bereiche. Grundlage ist die Bildung eines übergreifenden Verständnisses, Problembewusstseins und einer verbesserten, ganzheitlichen und centerüber- greifenden Orientierungsmöglichkeit. Die Entscheidungssituationen des Managements werden durch nachvollziehbare und kommunizierte Rahmenbedingungen präsenter und eine Delegation wird unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die operativen, d.h. für das laufende Geschäft der Profit Center notwendigen Entscheidungen können entsprechend ergänzt werden. Ein organisationstheoretischer Vorteil der Profit Center besteht in der Förderung des Gewinn- bewusstseins auf den Führungsebenen.72 Die Bildung von Gewinnverantwortungsbereichen und die Führung dieser Bereiche über Gewinnvorgaben schaffen eine gute Voraussetzung für ein konsistentes, auf das Hauptziel eines marktwirtschaftlichen Unternehmens ausgerichtetes Han- deln. Als Maßstab für leistungsorientiertes Handeln erfüllt der Gewinn eine ideale Funktion, da funktionale Teilziele oft schwierig zu setzen und zu messen sind und zudem nicht immer in einer Mittel-Zweck-Beziehung zum Gewinnziel stehen.73 Die im Rahmen der Balanced Scorecard aufgezeigten Perspektiven zeigen auf Basis ihrer Ursache-Wirkungs-Beziehungen auf, welche Subziele die Erreichung des finanziellen Ergebnisses, also des Gewinnziels, unterstützen. Die Balanced Scorecard ermöglicht es damit funktionale Teilziele zu ergänzen bzw. eigenständig abzuleiten und in eine mittelbare oder unmittelbare Mittel-Zweck-Beziehung zum Gewinnziel zu stellen. Die Centersteuerung wird damit unterstützt. Zudem ermöglicht die perspektivische Dar- stellung eine ganzheitliche Betrachtung der Leistungserbringung und ihrer Indikatoren. Das Centerkonzept beruht auf der Zielsetzung, über die Delegation von Entscheidungsbefugnis- sen zur Erzielung eines Gewinns die Gesamtleistungsfähigkeit einer dezentral nach Profit Cen- tern geführten Organisation zu steigern. Leider verfügt das Konzept nicht über eine homöostati- sche Eigenschaft, welche die Einzelcenter zu einem einheitlichen Ganzen integriert. Die plura- listischen Zielsetzungen und die Beziehungen zwischen den Einzelcentern wirken hierbei kontraproduktiv. Um die einzelnen Organisationseinheiten zielorientiert zu integrieren und bestehende Potenziale zu heben, bedarf es im Sinne einer optimalen, gesamtunternehmerischen 72 Vgl. Menz, W.-D. (1973), S. 43f. 73 Vgl. Drucker, P. (1964), S. 255. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 224 Zielerreichung der Profit Center-Führung. Die Balanced Scorecard-Konzeption liefert hierzu das passende Instrument zur umfassenden Steuerungsintegration.74 Die Führung der Profit Center hat nach herrschender Meinung nicht nur durch die Vorgabe eines Gewinnziels, sondern auch über ein ergänzendes Zielsystems zu erfolgen. Das Gewinnziel bildet die Grundlage des ökonomischen Handelns. Aufgrund der Einwirkung unterschiedlicher Interes- sengruppen auf das Unternehmen sollte dieses Ziel jedoch durch andere ökonomische und nicht- ökonomische Ziele begrenzt werden.75 Für jedes Center ist deshalb eine strukturierte Menge simultan verfolgter Ziele aus dem Zielsystem des Gesamtunternehmens abzuleiten. Die Führung der Profit Center wird damit nicht über gleichartige, sondern auf Basis unterschiedlicher Ziel- systeme vorgenommen, welche individuellen Centergegebenheiten Rechnung tragen. Die Ziel- systeme bestehen aus den Primär- und den Sekundärzielen. Das Primärziel verkörpert das Gewinnziel in seinen verschiedenen Ausprägungen. Das Sekundärziel beinhaltet die Vielzahl der mit dem Gewinnstreben verbundenen Zielvorstellungen. Es setzt sich aus den vorgelagerten, subsidiären und den begleitenden Zielen zusammen.76 Die Entscheidungstatbestände des Ziel- systems der individuellen Profit Center resultieren zum einen aus den für das Gesamtunterneh- men festgelegten Zielen und Richtlinien und zum anderen aus den Interdependenzen zwischen den bei der Unternehmensführung zentralisierten übergeordneten Entscheidungen. Die Balanced Scorecard kann beim Aufbau und der kontinuierlichen Anpassung der aufgezeig- ten Zielsysteme einen guten Unterstützungsbeitrag leisten. Sie gewährleistet auf allen Ebenen Orientierung an der übergeordneten Strategie bzw. der Gesamtunternehmenszielsetzung oder mit Hilfe kaskadierter Sub-Balanced Scorecards an den Bereichszielen. Eine Kombination beider Steuerungsmodelle ermöglicht es, Gesamtzusammenhänge aufzuzeigen und damit auch ein centerübergreifendes Verständnis in Bezug auf Ursache und Wirkungen zu vermitteln. Auf diese Weise können auch das Gesamtunternehmen betreffende, bislang nicht delegierbare Entschei- dungen in Ansätzen dezentralisiert und damit die Unternehmensleitung entlastet werden. Eine das Gesamtunternehmen betreffende Zielableitung und Zielverfolgung wird damit durch das Aufzeigen von Interdependenzen und Gesamtzusammenhängen entscheidend unterstützt. Die perspektivische Ausgewogenheit ermöglicht darüber hinaus über die Einbeziehung der Ursache- Wirkungs-Beziehungen zu den wesentlichen Erfolg schaffenden Faktoren eine Integration der Ziele verschiedener Interessengruppen als zu beachtende, nachhaltigen Gewinn schaffende Rahmenbedingungen. Die Balanced Scorecard dient damit als Kommunikations- und Ent- scheidungsunterstützungsinstrument. Sie ermöglicht eine Überführung strategisch relevanter 74 Vgl. Menz, W.-D. (1973), S. 80. 75 Vgl. Dinkelbach, W. (1962), S. 739. 76 Vgl. ausführlich Kapitel 4.1.5.2.1. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 225 Ziele in das Centerzielsystem und leistet zugleich einen Beitrag zu seinem orientierten und dezentralen Aufbau. Eine Verbindung beider Systeme erscheint damit praktikabel und sinnvoll. Nach Menz besteht die Aufgabe der Strategie für die Profit Center-Konzeption darin, die Ziele und den Tätigkeitsbereich der wirtschaftlich selbständigen Profit Center klarer zu definieren und ggf. zu ergänzen.77 Die strategischen Ziele haben den spezifischen Anforderungen der Einzel- center zu genügen. Hierfür ist eine Konkretisierung von abstrakt formulierten Unternehmensstra- tegien in konkretere Teil- bzw. Bereichs- oder Centerstrategien erforderlich. Es sind Wege zur Zielerreichung aufzuzeigen, um die angestrebte Einheit des Unternehmens als Ganzes sicherzu- stellen. Die individuellen Centerentscheidungen sind an den durch die Strategie vorgegebenen Rahmenbedingungen zu orientieren. Bei der Centerkonzeption steht bislang kein institutionali- siertes Instrumentarium zur Verfügung, um die Gesamtstrategie zwecks Orientierung und Inte- gration in die Center- oder Individualziele centerspezifisch zu kommunizieren. Möglichkeiten hierzu bestehen ausschließlich in dem Aufzeigen der Gesamtstrategie oder einem persönlichen Gespräch mit dem jeweiligen Vorgesetzten. Durch die Konzeption der Balanced Scorecard wird den Profit Centern das benötigte Instrument zur Centerzielfindung und -vereinbarung zur Ver- fügung gestellt. Durch das Herunterbrechen der Strategie in Bereichs- oder Centerstrategien kann die geforderte Strategiekommunikation für jede Centerebene adäquat sichergestellt werden. Zudem werden die Centerleiter entlastet, da die Nutzung von durch die Balanced Scorecard geforderten ergänzenden Kommunikationsmitteln wie Zeitschriften, Intranet oder Strategiekarten die Anzahl und den Aufwand der Individualgespräche reduzieren hilft. Auch eine Abstimmung einzelner Center untereinander sowie ihrer Strategien zur gemeinsamen Zielerreichung kann durch Nutzung der Balanced Scorecard ermöglicht oder verbessert werden. Eine Unterstützung der Centersteuerung bietet sich damit an. Anknüpfungspunkte ergeben sich ebenso im Rahmen des unternehmerischen Planungssystems. Bislang verfügt die Centersteuerung über zwei horizontale Führungssysteme. Einerseits wird auf der Ebene der Unternehmensführung ein System von lang- und kurzfristigen Plänen für das Gesamtunternehmen erarbeitet. Andererseits geschieht dieses auf der Ebene der Profit Center- Leitung für die Einzelcenter.78 Die Besonderheit des Planungssystems in der Profit Center- Konzeption besteht in der vertikalen Interdependenz zwischen Profit Center-Plänen und den Gesamtplänen des Unternehmens.79 Die Profit Center-Konzeption verfügt jedoch nur über einen 77 Vgl. Menz, W.-D. (1973), S. 70. 78 Vgl. Bareuther, E., u.a. (1957), S. 35f. 79 Der Planungsprozess besteht aus der Synthese einer top-down- und bottom-up-Planung. Diese ist notwendig, da die Profit Center das eigene Planungsfeld besser kennen als die Unternehmensführung. Zudem trägt dieses Vor- gehen der Erkenntnis Rechnung, dass eine Beteiligung untergeordneter Instanzen an der Zielbildung den Ziel- erreichungsgrad positiv beeinflusst. Vgl. Heinen, E. (1966), S. 218. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 226 aufwendig revolvierenden Abstimmungsprozess bezüglich der vertikalen Interdependenzen zwi- schen den Plänen des Gesamtunternehmens und den Profit Center-Plänen.80 Das Einbeziehen der strategischen Steuerung in die Planung ermöglicht die Kombination dieser Systeme auf beiden Ebenen. Strategische Ziele könnten bei einer diesbezüglichen Vorgehensweise ebenenspezifisch operationalisiert, kommuniziert und in einem einheitlichen Planungssystem weitergegeben werden. Die strategische Planung wird auf diesem Wege in die Gesamtplanung integriert. Zudem besteht die Möglichkeit der Aufnahme strategischer Ziele in die Einzelplanungen. Ein diesbe- zügliches Einbeziehen der strategischen Komponente kann die Entwicklung des Unternehmens im Sinne einer lernenden Organisation unterstützen.81 Abschließend werden die wesentlichen Gemeinsamkeiten beider Steuerungsmodelle und die entscheidenden Vorteile einer Verbindung beider Konzeptionen zusammenfassend aufgezeigt: • Strategische Ziele werden neutral in das Unternehmen kommuniziert und ermöglichen für die Centersteuerung bzw. ihre Zielfestlegung aufgrund ihrer langfristigen Ausrich- tung eine gute Orientierung im Sinne eines Entscheidungsrahmens. • Die eigenverantwortliche Zielerreichung stellt einen wesentlichen Grundsatz beider Steuerungsmodelle dar. • Das Centerprinzip schafft die wesentlichen organisatorischen Voraussetzungen für eine Vergrößerung der Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter und ihrer Hinführung zum unternehmerischen Handeln. • Das Centerprinzip verlangt nach effektiven Planungs-, Entscheidungs- und Kontroll- systemen zur Gewährleistung eines optimalen Informationsaustausches und zur Unter- stützung der dezentralen Entscheidungen. • Die Kombination beider Steuerungsmodelle ermöglicht die geforderte Integration von Frühindikatoren bzw. nicht-finanziellen Indikatoren in die Centersteuerung. • Dezentralisation von Entscheidungen bedeutet eine aktive Mitarbeitereinbeziehung i.S.d. Balanced Scorecard-Konzeption. • Die Strategiekommunikation generiert einen Rahmen, welcher eine tiefer gehende Ent- scheidungsdelegation in den dezentralen Centern ermöglicht. 80 Die materielle und zeitliche Formalisierung der vertikalen Interdependenzen wird zwischen den Plänen ermög- licht; vgl. Kapitel 4.1.5.2.3. 81 Vgl. ausführlich Hill, H. (1994), S. 40ff. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 227 • Die Einbeziehung von Ursache-Wirkungs-Beziehungen fördert das Gewinnbewusstsein durch das Aufzeigen der Gewinnentstehung über Erfolgsfaktoren. Ergänzend wird die Gesamtzielorientierung durch die Fokussierung auf ein übergeordnetes Ziel unterstützt. • Die Balanced Scorecard besitzt eine homöostatische Wirkung, welche die Einzelcenter zu einem einheitlichen Ganzen integriert. • Die Balanced Scorecard transportiert die Gesamtstrategie in die Center- und Individual- ziele und ermöglicht damit Orientierung und Gesamtausrichtung. • Das Einbeziehen der Balanced Scorecard in die Centerplanung ermöglicht die Kombina- tion zweier Planungssysteme auf zwei Ebenen. 6.3.3 Beispielimplementierung und Status Quo der energiewirtschaftlichen Steuerung Die Integration der Balanced Scorecard mit der Centersteuerung und dem Zielvereinbarungs- system beginnt im Idealfall mit einer Überarbeitung der unternehmerischen Vision und der Strategie. Die Vision vermittelt ein Wunschbild des Unternehmens in der Zukunft. Die Strategie zeigt den Weg zur Erreichung der Vision auf und ermöglicht damit die langfristige Handlungs- orientierung. Die Balanced Scorecard überführt und konkretisiert die Strategie durch Ableitung strategischer Kernziele in das Gesamtunternehmen. Sie schafft damit einen Orientierungsrahmen zur Ableitung der festzulegenden Maßnahmen. Zur Unterstützung der einheitlichen Kommunikation sind Vision und Strategie klar zu formu- lieren und kontinuierlich in das Unternehmen zu kommunizieren. Das Leitbild hat hierzu einen entscheidenden Beitrag zu leisten.82 Bei genauer Betrachtung der deutschen Energielandschaft fehlt den Stadtwerken und regionalen Energieversorgern jedoch häufig eine klar formulierte Vision oder Strategie.83 Grundsätzlich stellen Kundenbindung, Regionalität und Kooperation einen entscheidenden Erfolgsfaktor der Strategie dar, im Regelfall existiert jedoch ausschließlich eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen, die nicht aus einer konsistenten Strategie abgeleitet wurden. Ein klarer top-down-Ansatz, der Orientierung ermöglicht und die unternehmerischen Kräfte auf ein gemeinsames Ziel ausrichtet, ist im Regelfall nicht vorzufinden. Häufig fehlt es an einer klaren Positionierung und strategischen Ausrichtung.84 82 Vgl. das Leitbild der Firma Porsche, in Bezug auf die Emotionalisierung. Online: www.porsche.de, Abruf: 10. Januar 2004. 83 Eine ausführliche Darstellung strategischer Optionen von Stadtwerken findet sich bei Reich; vgl. ausführlich Reich, M., u.a. (2004), S. 55-70. 84 Vgl. Edelmann, H., u.a. (2003), S. 4. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 228 Handlungsbedarf zur strategischen Neuausrichtung besteht in der kommunalen und regionalen Energiewirtschaft insbesondere für die internen Geschäftsprozesse. Die vielfältigen Umfeldver- änderungen seit Liberalisierungsbeginn, aber auch resultierende Veränderungen in den Unter- nehmen selbst, haben zu einer Reihe von Ad-hoc-Lösungen und wenig stabilen, belastbaren Prozessen geführt. Eine integrierte, bereichsübergreifende Betrachtungsweise der Einzelprozesse gerät daher verstärkt in den Betrachtungsmittelpunkt. Erheblicher Verbesserungsbedarf besteht aufgrund der Erwartungen an einen sich weiter verschärfenden Wettbewerb. Aufgrund der vor der Liberalisierung bestehenden Demarkationsgebiete war eine Kundenorientierung schlichtweg nicht erforderlich. Kundennähe und -bindung erlangen nunmehr als Erfolgsfaktoren zunehmende Bedeutung. Neben der Optimierung der Marketingmaßnahmen und der Verbesserung der all- gemeinen Kunden- und Serviceorientierung ist der Auf- und Ausbau von Customer Relationship Management-Systemen voranzutreiben. Bei einigen Energieversorgern ist jedoch parallel zu beobachten, dass das Ziel der Kundenorientierung bisweilen mehr Bedeutung als das Gesamt- unternehmensziel der letztendlichen Gewinnorientierung erlangt. Wichtiger Faktor der Erfolgs- steuerung ist selbstverständlich weiterhin die Stromerzeugung und -beschaffung. Aufgrund der unterschiedlichen historischen Ausgangsbedingungen sind in diesem Bereich unternehmens- individuelle Strategien zu entwickeln. Eine mögliche Option besteht in dem Mehrlieferanten- bezug. Dies gilt schon heute für den Strom- und teilweise auch für den Gasbereich. Der Aufbau eines Energiehandels zur Bezugsoptimierung und Integration in die Kraftwerkseinsatzplanung stellt sowohl für größere Stadtwerke als auch für Stadtwerkekooperationen einen möglichen Strategieansatz dar. Auch Kooperationen, d.h. Zusammenarbeiten zwischen Unternehmen zur Erreichung gemein- samer Ziele, können zu einem wichtigen Strategiebestandteil werden.85 In der deutschen Ener- gielandschaft werden derzeit horizontale Kooperationen, d.h. Zusammenarbeiten in ein und derselben Wertschöpfungsstufe, präferiert.86 Derzeit bestehen rund 300 solcher Kooperations- ansätze. Für die Zukunft wird zudem von einer weiteren Forcierung auch von Kooperationen zwischen Unternehmen mit diversifizierter Wertschöpfung ausgegangen, da zur Erschließung vorhandener Synergiepotenziale weitere und tiefer gehende Zusammenarbeiten notwendig er- scheinen. Zudem ist es bei einer entsprechenden Ausgestaltung möglich, Kooperationen als ein Mittel zum Erhalt der Eigenständigkeit zu nutzen. Hierzu bedarf es jedoch eines professionellen Kooperationsmanagements, um die Potenziale auch wirklich erschließen zu können und um die angestrebte Eigenständigkeit zu bewahren. 85 Vgl. Balling, R. (1998), S. 9ff. 86 Bei einer Befragung der Unternehmensberatung Ernst & Young im Juli 2003 gaben 76 Prozent der befragten Unternehmen der horizontalen Kooperation den Vorzug vor der vertikalen Kooperation; vgl. Edelmann, H., u.a. (2003), S. 17 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 229 Grundsätzlich sollte eine Strategie klar formuliert sein und einen überschaubaren Rahmen vorge- ben. Gut veranschaulichen lässt sich diese Vorgehensweise auf Basis des Leitbildes bzw. durch die Vision und Strategie von E.on. Die Vision von E.on lautet: „Ein globales Powerhouse.“87 Die Kernstrategie ist der Ausbau des Unternehmens zu diesem Powerhouse. Im Sinne einer eindeuti- gen Kommunikation wird in der Folge durch E.on klar konkretisiert, was unter diesem globalen Powerhouse zu verstehen ist: • Reiner Energiedienstleister; • Weltweit führende Position; • Zielsetzung „Best in Class“; • Erfolgreiches integriertes Geschäftsmodell. Zudem wird die Strategie bzw. der Weg zum Ausbau des Unternehmens zu einem globalen Powerhouse aufgezeigt. Dieses soll durch Fokussierung und Wachstum realisiert werden. • Konzentration von E.on auf das Kerngeschäft Energiedienstleistung; • Wertschaffende Akquisitionen zur Festigung der Spitzenposition in Europa und zur Erreichung einer starken Position weltweit; • Trennung von nicht zum Versorgungssektor gehörenden Aktivitäten; • Kontinuierliche konzernweite Kostensenkungs- und Restrukturierungsmaßnahmen; • Stärkung des Kerngeschäfts in Deutschland; • Rasche Expansion in Europa und Wachstum außerhalb Europas. Das Leitbild von E.on macht deutlich, wie Vision, Strategie und Ziele zusammenspielen (vgl. Abbildung 59). Zunächst wird die Vision kommuniziert (Globales Powerhouse). Die Strategie, also der Weg, um das Ziel des globalen Powerhouses zu erreichen, ist in der Folge die Fokussierung und das Wachstum. Aus eben dieser Strategie resultieren weitere strategische Ziele, die schon einem etwas konkreteren Anspruch genügen. Der Aufbau der strategischen Unternehmenssteuerung kann hieraus idealtypisch abgeleitet werden. Vision Ziele Strategie Globales Powerhouse Fokussierung und Wachstum - Konzentration von E.On auf das Kerngeschäft - ... top-down Abbildung 59: Zusammenspiel der strategischen Steuerungselemente 87 Vgl. Homepage von E.On. Online: www.eon.de, Abruf: 25. August 2003. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 230 Über eine entsprechende Betrachtungsweise könnten auch die Steuerungselemente eines lokalen Energieversorgungsunternehmens formuliert werden. Die Stadtwerke Krefeld kommunizieren in ihrem Leitbild ihre Vision wie folgt: „Wir sind ein kommunales Dienstleistungsunternehmen der Stadt Krefeld und ihrer Bürger. Unsere Aufgabe ist es: • Haushalte, Betriebe und Industrie mit Elektrizität, Erdgas, Fernwärme und Wasser zu versorgen; • den Bürgern in Stadt und Umland öffentliche Verkehrsleistungen anzubieten; • für die Haushalte, die Betriebe und die Industrie die Abfallentsorgung, die Abwasser- beseitigung und -aufbereitung sicherzustellen.“88 Darüber hinaus werden weitere neuartige Aufgabenkomplexe und Ziele genannt: • „Wir entwickeln unser Dienstleistungsangebot und -verhalten bedarfsorientiert und kundenfreundlich weiter. • Die Erfüllung dieser Aufgaben stellen wir, bei Beachtung einer wirtschaftlichen Betriebs- führung, unter die Ziele, die Lebensqualität zu verbessern und unsere Umwelt zu schützen und zu schonen.“89 Beim Vergleich beider Unternehmen wird deutlich, dass bei E.on die Vision ein klares Ziel für die Zukunft verkörpert. Die Stadtwerke Krefeld beschreiben und definieren sich ausschließlich aus einer Aufgabe heraus, die zum derzeitigen Zeitpunkt zum Großteil bereits durchgeführt wird. Es wird nicht ausgesagt was erreicht werden soll, sondern ausschließlich was das Unternehmen bereits umsetzt. In Bezug auf die strategische Steuerung kann dieses als ein Negativbeispiel angeführt werden. Ansprüche und Ziele im Sinne einer Orientierung an einem in der Zukunft liegenden Ziel werden nicht wiedergegeben. Eine Handlungsausrichtung ist somit nur für bereits praktizierte Tätigkeiten möglich. Eine vom Grundsatz herausfordernde und Zukunftsorientierung ermöglichende Steuerung für Stadtwerke oder regionale Energieversorger sollte einen ähnlichen Anspruch verkörpern, wie die aufgezeigte Unternehmenssteuerung von E.on. Eine entsprechende Strategie zur Abhebung vom Wettbewerb ist bspw. der Ausbau eines Stadtwerkes zu einem regionalen Energieversorgungs- unternehmen. Hierunter versteht sich das Angebot von Produkten und Dienstleistungen nicht nur im Stammgebiet, sondern auch bis in die Region bzw. das Umland. Die Vision wäre hiermit: Das regionale Energieversorgungsunternehmen. 88 Homepage der Stadtwerke Krefeld GmbH. Online: www.swk.de, Abruf: 25. August 2003. 89 Ebenda. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 231 Die Frage nach der Erfolg versprechenden Unternehmensstrategie für Stadtwerke und Regio- nalversorger im liberalisierten Markt kann bislang nicht eindeutig beantwortet werden. Entschei- dungen zwischen Diversifizierung oder Kostenführerschaft stehen jedoch im Mittelpunkt für eine Vielzahl von Versorgern.90 Größere Unternehmen setzen dabei tendenziell auf die Kosten- führerschaft, kleinere Stadtwerke hingegen auf eine Strategie der Differenzierung. Die wesentlichen strategischen Ziele oder Strategieelemente lassen sich für deutsche Energiever- sorger wie folgt zusammenfassen:91 • Multi-Utility, Ausweitung des Angebotes an Dienstleistungen; • Serviceorientierung; • Kundenorientierung und Kundennähe; • Modifikation und Ausbau des Produktangebotes; • Preis- und Tariftransparenz schaffen und erhalten sowie • Betonung von Standortfaktoren. Zusammenfassend lässt sich festhalten, die Strategieelemente (Vision, Strategie und strategische Ziele) münden in einem strategischen Zielsystem, welches die wesentlichen strategischen Eckpunkte konkretisiert. Aus diesen Zielen wird perspektivisch die Unternehmens-Balanced Scorecard abgeleitet. Individuelle Erfolgsfaktoren und -potenziale sind in die Überlegungen zur Strategieentscheidung einzubeziehen. Stärken sind zu nutzen und Schwächen zu begrenzen.92 Eine Ableitung der Unternehmens-Balanced Scorecard bietet sich gut auf Basis der strategischen Ziele an, da diese leicht um quantitative Zielwerte ergänzt werden können. Zudem gestaltet sich eine Zuordnung zu den Perspektiven unproblematisch.93 Die Balanced Scorecard des Gesamt- unternehmens kann in der Folge auf Geschäftsbereiche, Hauptabteilungen oder sogar einzelne Center heruntergebrochen werden. Die spezifischen Balanced Scorecards dienen damit als Rahmen zur Ableitung von Center- und Individualzielvereinbarungen. Wie bereits ausgeführt, sollte die Balanced Scorecard als Rahmenbedingung zur Zielfindung und -formulierung als auch zur direkten Zielableitung für die Center- und Individualzielvereinbarung genutzt werden. Je nach Ausprägung der Unternehmenssteuerung werden bei der Center- steuerung die operativen Ziele um die Gruppen- oder Centerzielvereinbarungen ergänzt und bei 90 Die Entscheidung zwischen Diversifizierung oder Kostenführerschaft fällt mit 65 Prozent zu 44 Prozent zu Gun- sten der Diversifizierung aus; vgl. Edelmann, H., u.a. (2003), S. 9. 91 Vgl. Edelmann, H., u.a. (2003), S. 9. Vgl. auch Reich, M., u.a. (2004), S. 32ff. 92 Vgl. Kapitel 4.2.1.2. 93 Das strategische Ziel der Ausweitung der Produkt- und Dienstleistungsangebotes kann möglicherweise mit der (Teil-)Quantifizierung – Neuproduktumsatzanstieg p.a. von 0,5 Prozent – hinterlegt werden. Hierbei wäre eine Zuordnung zur Kundenperspektive möglich. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 232 der Individualzielvereinbarung die persönlichen Ziele aufgenommen. Bei einem regionalen Versorger mit der Strategie der Ausweitung des Produkt- und Dienstleistungsangebotes könnte für eine Gruppe im Vertrieb ein Ziel in dem gezielten Vertrieb von Produkt A in der Region B bestehen. Spezifiziert werden könnte dieses Ziel durch einen absoluten Ergebnis- oder Umsatz- beitrag. In Ergänzung zu den aus der Balanced Scorecard direkt oder indirekt abgeleiteten Zielen sind in den Centervereinbarungen die normalen operativen Ziele des herkömmlichen Tagesge- schäftes aufzunehmen. Werden Individualzielvereinbarungen getroffen, so sind zudem die per- sönlichen Ziele zu ergänzen. Die jeweilige Bereichs-Balanced Scorecard bildet einen Rahmen für die Gesamtorientierung. Eine solche Balanced Scorecard enthält alle relevanten strategischen Ziele der übergeordneten Hierarchieebene als Grundvoraussetzung zur Bildung eines konsisten- ten Zielsystems und für ein hohes Commitment zu den Zielen des Gesamtunternehmens. Die nachfolgende Abbildung 60 zeigt die geschilderten Zusammenhänge zwischen Vision, Stra- tegie, Balanced Scorecard sowie den operativen und persönlichen Zielen zusammenfassend auf. Vision Strategie Potenziale Finanzen ProzesseKunden Rahmenbedingung Balanced Scorecard für den jeweiligen Unternehmensbereich. Rahmenbedingungen für operative und teilweise persönliche Ziele. Direkte Zielableitung Zielkonkretisierung/ Individualisierung Ausgewählte und übernommene strategische Ziele oder Maßnahmen Individualisierte Ziele oder Maßnahmen Balanced Scorecard-Ziele Übernommene oder abgeleitete BSC-Ziele für das Center, die Gruppe oder den Mit- arbeiter. Zielvereinbarung Operative Ziele Persönliche Ziele Aus den operativen Maßnahmen des Tagesgeschäftes. Im Rahmen der Indivi- dualzielvereinbarung festgelegte Ziele. Operative Ziele Persönliche Ziele St ra te gis ch e Zi ele C en te r- zie le In di vid ua l- zie le Rahmenbedingungen Rahmenbedingungen Abbildung 60: Gesamtzusammenhang Strategie, Center-, Individualzielvereinbarung94 94 Abbildung in Anlehnung an Fink, C. A., Heineke, C. (2002), S. 165. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 233 Die in der vorstehenden Abbildung 60 aufgezeigten Zusammenhänge vermitteln einen guten Überblick einer möglichen Vorgehensweise zur Ableitung und Festelegung von unterschied- lichen Zielen und in Bezug auf die aufzunehmenden Inhalte. Die Festlegung strategischer Ziele sollte jedoch in einem langfristigen und kontinuierlich weiterzuentwickelnden Prozess von der Unternehmenssteuerung und allen dezentralen Beteiligten langsam erprobt werden. 6.4 Ganzheitlich-integrativer Analyseansatz Die nachfolgenden Ausführungen enthalten eine ganzheitlich-integrative Analyse des kombi- nierten Steuerungsprozesses, insbesondere vor dem Hintergrund der neuen Anforderungen an die Wertorientierung. Hierzu wird hinterfragt, ob dieser Prozess den Anforderungen eines ganz- heitlichen Steuerungsmodells genügen kann. Hierunter wird eine Integration strukturaler, prozessualer und methodisch-instrumentaler Steuerungselemente95 zu einem kombinierten Steu- erungsprozess verstanden, welcher das strategische Management mit den wertorientierten Führungskonzepten zu einer ganzheitlich-integrativen Gestaltungskonzeption der wertorien- tierten strategischen Steuerung verbindet.96 In der Folge werden die einzelnen Prozesselemente den verwendeten Steuerungselementen gegenübergestellt und aufbauend die Erkenntnisse der Wertorientierung in eine tiefergehende, ergänzende Analyse einbezogen. 6.4.1 Anforderungen der ganzheitlichen Steuerung Die langfristige Existenzerhaltung des Unternehmens kann als die Kernaufgabe des strategischen Managements bezeichnet werden. Hierzu ist ein kontinuierlicher Koordinationsprozess mit der Umwelt erforderlich. Die langfristige Sicherung des unternehmerischen Fortbestandes beruht auf der Identifikation und Erreichung einer führenden Wettbewerbsposition. Zur Erhaltung der lang- fristigen Handlungsfähigkeit bedarf es einer permanenten Auseinandersetzung mit umweltspezi- fischen Auswirkungen und einer Antizipation einhergehender Anforderungen.97 Ergänzend bedarf es eines Anstoßes, den veränderten Umweltanforderungen zu entsprechen. Damit sind Veränderungsprozesse gezielt zu initiieren, zu steuern und zu betreuen sowie kontinuierlich zu hinterfragen. Letztendlich bedarf es einer durch die Führung gestützten, dauerhaften internen Kommunikation, um die Notwendigkeit und Richtung der Veränderung deutlich zu machen. Die Unternehmenssteuerung hat damit die Aufgabe, alle erforderlichen Instrumente in ein ganzheit- liches Konzept zu integrieren, um eine optimale Zielerreichung zu ermöglichen. 95 Vgl. Lattwein, J. (2002), S. 4. 96 Unter einer „Gestaltungskonzeption der Unternehmensführung“ wird ein Rahmenkonzept verstanden, das Aus- sagen über den Vollzug der Führung im Unternehmen beeinhaltet; vgl. Macharzina, K. (1999), S. 489. 97 Vgl. Lattwein, J. (2002), S. 37. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 234 Zur Erreichung einer führenden Wettbewerbsposition entscheidet sich das Unternehmen unter Berücksichtigung der vorhandenen Umfeldfaktoren für eine individuelle Strategie. Diese steht im Mittelpunkt des strategischen Managements. Wichtiger Erfolgsfaktor einer strategischen Neuausrichtung ist jedoch nicht nur die Strategieexistenz, sondern auch deren Umsetzung.98 Hierbei ist es problematisch, dass Strategien neuen Anforderungen zu genügen, die Instrumente zur Strategieumsetzung sich bislang jedoch nur langsam weiterentwickelt haben. Energie- wirtschaftliche Strategien haben einem volatileren Unternehmensumfeld gerecht zu werden und reichen vom herkömmlichen Management materieller Vermögenswerte bis hin zum wissensba- sierten Management, welches die immateriellen Vermögenswerte der Organisation berücksich- tigt. Kundenbeziehungen, innovative Produkte und Dienstleistungen, hohe Qualität und flexible Arbeitsprozesse, Informationstechnologie und Datenbanken, Fähigkeiten und das Wissen der Mitarbeiter, Fachkenntnisse sowie Motivationen sind heute die entscheidenden Erfolgspotenziale des Unternehmens. Die Strategie hat sich an diesen neuen Anforderungen zu orientieren. Das immaterielle Vermögen stellt heute eine wichtige Grundlage zur Erschließung von Wett- bewerbsvorteilen dar. Dies erfordert Instrumente, welche wissensbasierte Vermögenswerte sowie die zugehörigen wertschaffenden Strategien beschreiben. Zudem ist es erforderlich, diese wissensbasierten Strategien in die Organisation zu überführen. In der Vergangenheit waren strategische Veränderungen so gering, dass eine Steuerung mit langsam reagierenden Systemen wie der Budgetierung möglich war. Diese Systeme sind für heutige Unternehmen, welche durch eine schnell und dynamisch wachsende Umwelt geprägt sind, gänzlich ungeeignet. Für die Strategieimplementierung ist es erforderlich, dass sich sämtliche Geschäftsbereiche, Center und Mitarbeiter kurzfristig an neuen Strategien ausrichten können und aktiv in diese eingebunden werden. Strategieformulierung und -implementierung sollten zu einem kontinuierlich, partizipa- tiven Prozess ausgebaut werden. Die Aufgabe der ganzheitlichen Steuerung besteht demnach darin, Strategien, Prozesse und Systeme zu vermitteln, die bei der kontinuierlichen Strategie- implementierung unterstützen und eine Rückmeldung über den Strategieerfolg ermöglichen.99 Eine ganzheitliche Steuerung beinhaltet jedoch nicht ausschließlich den Teil der strategischen Steuerung. „From strategy to action“, wie es bei Kaplan und Norton ausgedrückt wird,100 bedeutet auch eine Integration bzw. eine Überführung der Strategie bis in den operativen Bereich und in die zugehörigen Steuerungssysteme. Damit lässt sich die ganzheitliche Steuerung in An- lehnung an den kombinierten Prozess der Unternehmenssteuerung101 und die von Greiner formu- lierten unterschiedlichen Ebenen der Strategiedokumentation102 wie folgt gestalten: 98 Vgl. Charan, R., u.a. (1999). 99 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (2001), S. 4f. 100 Ebenda. 101 Vgl. ausführlich Kapitel 6.2.3. 102 Vgl. Greiner, O., u.a. (2001), S. 499ff. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 235 Kombinierter Prozess der Unternehmenssteuerung 1. Vision- und Strategieentwicklung Unternehmerische Steuerungselemente 2. Strategiekommunikation 3. Strategiekonkretisierung 4. Operationalisierung der Ziele (strategisches Zielsystem) 5. Aufbau des Zielsystems (top-down + bottom-up) 7. Zielerreichungsphase 6. Zielentscheidung und Planung 8. Zielkontrolle 9. Strategisches Feedback und Lernen Strategische Grundsatz- entscheidungen Führungsgrundsätze Leitbild Balanced Scorecard Balanced Scorecard Balanced Scorecard Center- steuerung Zielverein- barungs- prozess (MbO) Strategy Maps Budgetierung Investitions- und Absatz- planung Führungsinstrumente (Besprechungen, Klausurtagungen) Grundsätzliche Zielkontrolle aller Ziele (pers., etc.) Mitarbeiter- gespräch Vision/ Strategie Erarbeitung und Verankerung der Grundstrategie Strategieumsetzung und -integration Planung und Budgetierung Zielanalyse BSC -W irkungskette Zielerläuterungen M aßnahm en, M ess- größen, Zielw erte Abbildung 61: Ganzheitliche Steuerung Die Abbildung 61 zeigt auf, dass ein kombinierter Prozess zwischen Balanced Scorecard, Centersteuerung und Zielvereinbarung die ganzheitliche Steuerung zu einem integrativen, ganzheitlichen Steuerungsmodell komplettiert.103 Der ganzheitliche Steuerungsprozess verfügt zudem über weitere, ergänzende Elemente als in den vorherigen Ausführungen dargestellt. Strategische Grundsatzentscheidungen sind so bspw. keine anzugehenden Ziele, sondern Festlegungen, die getroffen werden und in der Folge als „Leitplanken“ klare Richtlinien für die Geschäftstätigkeit darstellen. Sie unterscheiden sich von strategischen Zielen derart, dass sie nur auf ihre Einhaltung hin überprüft werden können. Bei 103 Vgl. den Ansatz von Servatius, in: Servatius, H. G. (2002b), S. 185. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 236 strategischen Zielen sind hingegen die jeweilige genaue Entwicklung der Messgröße und deren Zielerreichung entscheidend. Führungsgrundsätze sind zwar nicht im Konzept der Balanced Scorecard enthalten, jedoch für die strategische Führung von hoher Bedeutung, da sie die Beziehung und den Umgang mit den Interessengruppen des Unternehmens festlegen. Hierzu gehören auch die Mitarbeiter. Im Wesentlichen spiegeln sie die Denkhaltung und die Werte der Führung wider.104 Zwischen den einzelnen Steuerungsprozessen bestehen vielfältige Rückkopplungen im Sinne eines organisatorischen Lernens. Entsprechend den Prinzipien komplexer adaptiver Systeme erscheinen lose Kopplungen Erfolg versprechender, als starre lineare Verkettungen. Lose Systemkopplungen ermöglichen die Gleichzeitigkeit von Beweglichkeit und Beständigkeit. Eine Anpassung der Strategie hat bei einer entsprechenden Strukturierung nicht unmittelbar in eine aufwendige Anpassung der Organisation zu münden. Andererseits ist es jedoch sinnvoll sicher- zustellen, dass aus den Wechselwirkungen zwischen den Teilprozessen neue Eigenschaften für das ganze Steuerungsgeflecht entstehen. Diese sind nachhaltig zu nutzen und können das Steu- erungssystem weiterentwickeln. Eine Umsetzung der Steuerung, entsprechend der Vorgehensweise in der Abbildung 61, erfüllt zu einem hohen Maße die wesentlichen Anforderungen, welche heute an die strategische Unter- nehmenssteuerung gestellt werden. Diese Anforderungen lassen sich wie folgt gliedern:105 • Klare Strategiekommunikation in das Gesamtunternehmen; d.h. Aufzeigen, was das Unternehmen will bzw. woran gearbeitet wird. • Verdeutlichung des Zusammenhanges der Wertschöpfung; d.h. prozessuale Sicht bis zum Kunden verständlich und gegenwärtig machen. Was sind die Erfolgstreiber? • Messbarkeit ermöglichen und Verantwortlichkeit schaffen; d.h. Verantwortung dele- gieren und persönliche mit unternehmerischen Zielen verbinden. • Gewährleistung der Zielorientierung; d.h. Abstimmung von Einzelprozessen untereinan- der und Ausrichtung auf das Gesamtziel. Die Abbildung 61 leistet zudem eine Differenzierung bzw. Clusterung wesentlicher Einzel- bestandteile von Steuerungselementen zu vier generelleren Prozessschritten. Diese verschaffen nochmals einen zusammenfassenden Überblick der wesentlichen Einzelschritte. Der erste integrierte Bereich kann als die Erarbeitung und Verankerung der Grundstrategie bezeichnet werden. Neben den Führungsgrundsätzen und den strategischen Grundsatzentscheidungen 104 Kundenorientierung, Wertorientierung, Professionalität etc. 105 Die Anforderungen basieren auf persönlichen, in der Praxis gesammelten Erfahrungen. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 237 enthält die Grundstrategie auch die Vision und das Leitbild. Diese sind der Balanced Scorecard- Steuerung und ihrem strategischen Zielsystem vorgelagert. Der folgende, zweite Bereich befasst sich grundsätzlich mit der Strategieumsetzung bzw. deren Integration in ein aufzubauendes unternehmerisches Gesamtzielsystem. Dieses Programm beinhaltet die Ursache-Wirkungs-Kette als Einstiegsunterlage, quasi als Inhaltsübersicht der folgenden Kennzahlen, Zielwerte und Aktionen zu den einzelnen strategischen Zielen. Das Strategieumsetzungsprogramm enthält somit die Balanced Scorecard im engeren Sinne. Der dritte Bereich, der Planung und Budgetie- rung, identifiziert und vereinbart die Zielwerte, Maßnahmen und Messgrößen und stellt die benötigten Mittel zur Verfügung. Die Zielanalyse stellt abschließend das Ergebnis fest und hinterfragt das bisherige Vorgehen. Ein entsprechend dieser Vorgehensweise implementiertes System der Unternehmenssteuerung ermöglicht es, strategische Initiativen als einen Schlüssel zur Veränderung aus der Vision und der Kernstrategie heraus abzuleiten und gemeinsam zu implementieren. Ziele werden ernst genommen und klar kommunizierbar. Fokussierung, Durchgängigkeit und Überschaubarkeit werden auf allen Ebenen der Hierarchie ermöglicht. Eine wichtige Aufgabe der ganzheitlichen Steuerung besteht darin, die Notwendigkeit der Ver- änderung im gesamten Unternehmen begreifbar zu machen. Ein kontinuierlicher Veränderungs- prozess ist in Gang zu setzen, der durch einen konsequenten Steuerungsprozess ganzheitlich zu begleiten ist. Der Schlüssel zum Erfolg dieses Veränderungsprozesses liegt darin, die Strategie über ein verlässliches und logisches Rahmengerüst zur Strategiebeschreibung in den Mittelpunkt des Managementprozesses zu stellen. Der aufgezeigte Prozess wird diesen Ansprüchen umfas- send gerecht. Die ganzheitliche Steuerung wird erklärt, veranschaulicht und stärkt die neuen Werte für die Organisation. Das Brechen mit traditionellen, hierarchischen Strukturen kann auf diese Weise ermöglicht werden. Durch die Initiierung von Strategieteams, Großveranstaltungen und durch eine offene Kommunikation sind die entscheidenden Komponenten dieses Wand- lungsprozesses jedoch zu flankieren. Die Aufgabe der Führung besteht in der kontinuierlichen Weiterentwicklung des Management- systems, um die Entwicklung voranzutreiben und die Veränderung zu ermöglichen. Durch die Verbindung der traditionellen Prozesse106 mit der Balanced Scorecard kann ein ganzheitliches strategisches Managementsystem aufgebaut werden. Die Balanced Scorecard beschreibt hierbei die Strategie, während das Managementsystem die einzelnen Teile der Organisation mit dem Balanced Scorecard-Konzept verbindet. 106 Vergütungssysteme, Ressourcenallokation im Sinne von Zielsteuerung und Centersteuerung. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 238 6.4.2 Anforderungen der wertorientierten Steuerung Zur langfristigen Wertsteigerung bedarf es einer Ausrichtung des Gesamtunternehmens auf eine wertorientierte Strategie.107 In Anlehnung an eine Studie von Ernst & Young kann ausgesagt werden, dass die Fähigkeit, eine Strategie umzusetzen ebenso wichtig ist, wie die eigentliche Qualität der Strategie an sich.108 In der Strategieimplementierung wird heute der wesentliche Erfolgsfaktor der Gestaltung der Führung als Voraussetzung zur Unternehmenswertsteigerung gesehen. Weniger als 10 Prozent der formulierten Strategien wurden tatsächlich auch erfolgreich im Unternehmen implementiert.109 Das eigentliche Problem der strategischen Steuerung liegt somit nicht in einer schlechten Strategie, sondern in deren mangelhafter Umsetzung. In den häufigsten Fällen gelingt es den Unternehmen nicht, die Strategien mit den Zielen der Führungs- kräfte zu verknüpfen und die Strategie in das Gesamtunternehmen zu transportieren. Das Problem der unbefriedigenden Strategieumsetzung kann nach Servatius mit Hilfe einer bes- seren Abstimmung der im Unternehmen existenten Managementprozesse gelöst werden.110 Hier- nach ist es notwendig, Strategie, Controlling, Organisation111 und Personalführung aufeinander abzustimmen. Die Verbesserung der Führungsprozesse durch eine bessere Abstimmung beste- hender Steuerungsmodelle untereinander ist damit ein wesentlicher Schritt zur Implementierung der ganzheitlichen wertorientierten Unternehmenssteuerung. Eine bereits im Jahr 1999 durchge- führte Studie international tätiger Unternehmen kommt zu dem Ergebnis, dass diejenigen Unter- nehmen, die ihre Systeme zur Leistungsmessung und -bewertung explizit mit den Strategien ver- knüpfen, eine um 52 Prozent bessere Aktienkursentwicklung erreichen als ihre Wettbewerber.112 Die traditionellen Führungsprozesse sind heute nur noch bedingt in der Lage, den Anforde- rungen der immer stärker kundenorientierten Unternehmensausrichtung gerecht zu werden.113 Im Mittelpunkt der unternehmerischen Neuausrichtung steht grundsätzlich die Realisierung von mehr kundenorientierter Wertschöpfung im Sinne einer vorgelagerten Wertschöpfung. Um den Kunden gruppieren sich netzwerkartige Organisationsstrukturen, mit denen das Unternehmen und seine Partner Lösungen für individuelle Kundenprobleme erarbeiten. Die unternehmerischen Steuerungsprozesse sind demnach auf eine effizientere Kundenorientierung hin auszurichten. Angesichts immer kürzerer Halbwertzeiten des Wissens verlagert sich der Fokus der Führung vom Strategieergebnis hin zum Strategie- und Steuerungsprozess, den es zu optimieren gilt.114 107 Die zentralen Werttreiber des Unternehmenswertes sind grundsätzlich die Ausrichtung auf die Wachstums- und Produktivitätssteigerung; vgl. Servatius, H.-G. (2002a), S. 439. 108 Vgl. Ernst & Young (1989), S. 9. 109 Vgl. Kiechel, W. (1982), S. 38. 110 Vgl. Servatius, H. G. (2002b), S. 180. 111 Hierunter kann auch die Center-Konzeption subsumiert werden. 112 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (2001), S. 313. 113 Vgl. Hammer, M. (2001). 114 Vgl. Mintzberg, H., u.a. (1999). 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 239 Der Wert des Unternehmens resultiert nicht mehr ausschließlich aus dem materiellen Vermögen. Der Unternehmenswert, quantifiziert in den zukünftigen Erträgen auf Basis des Cashflows, resultiert insbesondere aus der Fähigkeit, immaterielles Vermögen zu entwickeln und dieses langfristig zu nutzen.115 Zur zielorientierten Entwicklung des immateriellen Vermögens und dessen Weiterentwicklung ist eine abgestimmte Unternehmenssteuerung notwendig. Vision und Strategie sind Grundvoraussetzung, um eine diesbezügliche Gesamtorientierung zu ermöglichen. Die Balanced Scorecard transferiert die Strategie in das Unternehmen und gewährleistet eine Verbindung mit dem Zielvereinbarungssystem und der Centersteuerung. Die Verknüpfung zwischen Ursache und Wirkung in einer Strategy Map, d.h. einer „Strategielandkarte“,116 der Balanced Scorecard zeigt, wie immaterielles Vermögen in materielle (finanzielle) Erfolge transformiert wird. Finanzielle Systeme erfassen lediglich einzelne Positionen des materiellen Vermögens, wie z.B. liquide Mittel, Forderungen, Inventar, Grundstücke, Gebäude und Produk- tionsausrüstung. Diese haben für sich einzeln einen Wert. Hingegen haben immaterielle Vermögensgegenstände isoliert betrachtet kaum einen Wert. Wertsteigerung entsteht erst durch Einbettung in zusammenhängende und verknüpfte Strategien. Der Einsatz quantitativer aber nicht-finanzieller Größen in die Balanced Scorecard, wie Zykluszeiten, Marktanteile, Innova- tionen, Kompetenzen und Kundenzufriedenheit, erlaubt es, wertschaffende Prozesse nicht nur zu vermuten, sondern diese zu beschreiben, zu messen und zu fördern. Das Wertangebot für den Kunden definiert einen Kontext, in welchem immaterielles Vermögen, wie zielgerichtete Kundeninformationssysteme und fähige, motivierte Mitarbeiter in materielle Erfolge, wie z.B. Erhaltung des Kundenstamms, Umsatzgenerierung durch neue Produkte und Dienstleistungen und damit letztlich in Gewinne umgewandelt werden kann. Die Annahme des Wertangebotes durch den Kunden ist letztendlich die Grundvoraussetzung der Unternehmenswertsteigerung für das Unternehmen.117 Der Kunde steht im Mittelpunkt der Betrachtung. Um diesen kontinu- ierlichen Mehrwert für den Kunden zu generieren, ist das klassische strategische Management in Richtung einer kundenorientierten strategischen Führung aus- bzw. umzubauen.118 Die Balanced Scorecard liefert hierzu einen entscheidenden Beitrag. Das zuvor entwickelte, kombinierte Modell der ganzheitlichen Unternehmenssteuerung kann als Prozessmodell der Führung verstanden werden, welches die verschiedenen steuerungsrelevanten Teilprozesse miteinander verbindet.119 Die Rückkopplungen zwischen den einzelnen Elementen 115 Vgl. Kapitel 6.4.1. Vgl. auch Stewart A.T. (2001); vgl. Palass, B., u.a. (2001); vgl. Daum, J. H. (2002). 116 Vgl. Abbildung 64 auf Seite 244. In den nachfolgenden Ausführungen wird die englische Begrifflichkeit der „Strategy Map“ verwendet, da diese auch in der deutschsprachigen Literatur gebräuchlich ist. 117 Vgl. Kapitel 2.2.1. 118 Vgl. Servatius, H. G. (2002b), S. 182; vgl. auch Kapitel 3.3.1.1. 119 Vgl. Abbildung 61 auf Seite 235. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 240 bewirken ein organisatorisches Lernen, welches die geforderte Entwicklung unterstützt.120 Die nachfolgende Abbildung 62 zeigt diesen Zusammenhang grafisch auf. Kombinierter Prozess der Unternehmenssteuerung 1. Vision- und Strategieentwicklung Unternehmerische Steuerungselemente 2. Strategiekommunikation 3. Strategiekonkretisierung 4. Operationalisierung der Ziele (strategisches Zielsystem) 5. Aufbau des Zielsystems (top-down + bottom up) 7. Zielerreichungsphase 6. Zielentscheidung und Planung 8. Zielkontrolle 9. Strategisches Feedback und Lernen Strategische Grundsatz- entscheidungen Führungsgrundsätze Leitbild Balanced Scorecard Balanced Scorecard Balanced Scorecard Center- steuerung Zielverein- barungs- prozess (MbO) Strategy- Maps Budgetierung Investitions- und Absatz- planung Führungsinstrumente (Besprechungen, Klausurtagungen) Grundsätzliche Zielkontrolle aller Ziele (pers., etc.) Mitarbeiter- gespräch Vision/ Strategie Erarbeitung und Verankerung der Grundstrategie Strategieumsetzung und -integration Planung und Budgetierung Zielanalyse BSC -W irkungskette Zielerläuterungen M aßnahm en, M ess- größen, Zielw erte Abbildung 62: Rückkopplung der Elemente der ganzheitlichen Steuerung Die bestehenden Wechselwirkungen zwischen den Teilprozessen generieren neue Eigenschaften für den Gesamtprozess. Im Vergleich zur Balanced Scorecard ist es jedoch wichtig, dass der Strategieprozess mit dem operativen Prozess über die Centersteuerung und die Zielvereinbarung verbunden wird. Die strategische Steuerung ist somit kein organisatorischer Fremdkörper, son- dern wird integrativer Bestandteil der unternehmerischen Steuerungsprozesse. 120 Vgl. Wildemann, H. (2004), S. 390f. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 241 Starr verkettete Subsysteme lassen außerordentlichen Input und Störungen aus anderen Sub- systemen nur in beschränktem Umfang zu. Der Vorteil einer losen Kopplung unterschiedlicher Teilprozesse besteht in einer besseren Anpassungsfähigkeit der modular aufgebauten Systeme und deren größeren Robustheit gegenüber Störungen. Beweglichkeit und Beständigkeit werden gleichzeitig realisiert.121 Die lose Kopplung von strategischen Führungsprozessen erfordert je- doch Sensibilisierung, Abstimmung, Transparenz und Kommunikation. Ein ganzheitliches Steu- erungsmodell sollte dieses zu leisten in der Lage sein. Der kombiniertet Steuerungsprozess schafft hierfür einen guten Rahmen. Er greift auf stabile, bereits etablierte Steuerungsprozesse zurück und verbindet sich durch einen übergreifenden und koordinierenden Ansatz, der gleich- zeitig die benötigte individuelle Flexibilität gewährleistet. Das Ziel der ganzheitlichen wertorientierten Steuerung besteht damit im Aufbau und der nach- haltigen Nutzung einer wandelbaren, losen Organisationsform. Coenenberg vertritt die Meinung, dass insbesondere diese Organisationsstruktur geeignet ist, eine wertorientierte Strategie zu unterstützen. „Aus Sicht der wertorientierten Unternehmensführung muss es heute darum gehen, eine Organisationsstruktur zu schaffen, die flexibel und leistungsstark die Umsetzung des selbst gesetzten Wertsteigerungsprogramms ermöglicht. Eine solche wertorientierte Organisations- struktur [...] ist notwendigerweise proteisch:122 Sie lässt sich nicht schematisch in die Typologie historisch gewachsener Organisationsformen einordnen. Relevant ist allein, dass sie eine möglichst reibungslose Umsetzung der Wertstrategie ermöglicht.“123 Die Erfolgsfaktoren einer losen Kopplung von strategischen Führungsprozessen können in An- lehnung an Horváth & Partners wie folgt zusammengefasst werden:124 • Klärung der Prozessverantwortung; • Sensibilisierung für Schnittstellen; • Gemeinsamer Rahmen zur Selbstabstimmung; • Regelmäßige Abstimmungszyklen; • Prozesstransparenz; • Schnittstellentransparenz; • Kontinuierliche Verbesserung der Schnittstellenabstimmung; • Umfassende Kommunikation. 121 Vgl. Weick, K. (1995). 122 Proteisch bezeichnet in diesem Zusammenhang die Wandlungsfähigkeit des Systems; vgl. Duden (1996), S. 591. 123 Coenenberg, A. G., u.a. (2003), S. 246. Vgl. die Ausführungen zum organisatorischen Lernen im Kapitel 6.4.1. 124 Vgl. Horváth & Partners (2003a), S. 77. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 242 Den Mitarbeitern, insbesondere der zweiten und dritten Führungsebene, sollte das Zusammen- spiel der einzelnen Prozesselemente verdeutlicht werden. Hierzu sind vereinfachende Darstel- lungen zu generieren und individuelle Erläuterungen aufzuzeigen. Die nachfolgende Abbildung 63 zeigt eine modifizierte und erweiterte Darstellung eines integrierten Managementsystems in Anlehnung an Horváth und Partners auf. Eine entsprechend auf das Zielunternehmen angepasste Darstellungsform ermöglicht es, ein schnelles und umfassendes Verständnis des Zusammen- spiels der Einzelelemente nachvollziehbar aufzuzeigen. Grundsätze von Führung und Zusammenarbeit Strategische Steuerung z.B. Balanced Scorecard Gesamtstrategie Teilstrategieen Führungsinstrumente Besprechungen, Führung Zielvereinbarungen und Mitarbeitergespräche Vorstand/2.Ebene HA-Leiter/3.Ebene MA-Zielvereinbarung Leitbild Wirtschaftsplanung • GB-Besprechungen • Klausurtagungen • etc. Formulierung und Umsetzung von Vision und Strategie - Formulierung der Vision - Konsensfindung Kommunikation und Verbindung - Kommunizierung und Ausbildung - Zielsetzung - Verknüpfung von Löhnen mit Leistungskennzahlen Planung und Zielsetzung - Zielsetzung - Anpassung strategischer Maßnahmen - Ressourcenverteilung - Meilensteine festlegen Strategisches Feedback und Lernen - Artikulation der gemeinsamen Vision - Strategisches Feedback - Strategiereviews und strategisches Lernen ermöglichen Balanced Scorecard Centersteuerung In - und externe Kommunikation Leitbild Abbildung 63: Integriertes Managementsystem125 Die Implementierung der strategischen Unternehmenssteuerung, entsprechend den bislang auf- gezeigten Ansätzen, erfüllt zudem wesentliche Voraussetzungen für eine ganzheitliche Wert- orientierung.126 Eine Anpassung an der Umwelt wird ermöglicht, indem der Kunde in den Betrachtungsmittelpunkt aller Handlungen gestellt wird. Zudem entwickelt sich die Steuerung in Richtung der Einbeziehung des immer wichtiger werdenden immateriellen Vermögens als ent- scheidenden Werttreiber eines dynamischen Umfeldes. Dabei wird die Wertorientierung insge- samt durch die nachfolgenden Faktoren begünstigt: • Umfassende Orientierung an (wertschaffender) Gesamtstrategie und Abstimmung mit Einzelstrategien;127 • Einbeziehung des immateriellen Vermögens in die Unternehmenssteuerung; 125 Abbildung in Anlehnung an Darstellungsform von Horváth & Partners. Vgl. Horváth & Partners (2003a), S. 32. 126 Vgl. Ausführlich Kapitel 5. 127 Vgl. Hax, A. C. , u.a. (2001). 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 243 • Verankerung der Strategie in den Centern und bei den Mitarbeitern; • Kombination von top-down- und bottom-up-Planungsansätzen durch permanente Rück- kopplungen; • Der Kunde wird in den Mittelpunkt aller Entscheidungen gestellt; • Schnelle Rückkopplung zur Überprüfung des Erfolges von Maßnahmen; • Aktives Einbeziehen aller Mitarbeiter und Anreizsetzung. Insbesondere die Kombination von top-down- und bottom-up-Planungsansätzen ist für die Wert- orientierung ein wichtiger Systembestandteil der aufgezeigten Gestaltungskonzeption. Die Pro- zessmuster der aus Analysen abgeleiteten strategischen Pläne128 und der aus Handlungen resul- tierenden strategischen Optionen129 sind nicht widersprüchlich zu interpretieren.130 Während top- down ablaufende Planungsprozesse stärker auf eine Bewahrung stabiler Ordnungsmuster aus- gerichtet sind, erzeugen bottom-up entstehende Optionen dynamische Ungleichgewichte. Einer- seits führen Innovationen zu Ungleichgewichten, andererseits wirken die Ordnungsmuster stabilisierend. Diese notwendige Synthese aus Strategieentwicklung und Strategieentstehung gewährleistet die benötigten stabilen Ungleichgewichte. Die Systemkombination generiert damit einen zur langfristigen Wertsicherung des Unternehmens notwendigen Wandel in komplexen, adaptiven Systemen. In der Praxis erfordert dieses den aufgezeigten Gegenstrom aus top-down- und bottom-up-Initiativen, damit Ordnungsmuster eine sich verändernde Struktur stabilisieren und gleichzeitig Erfolgspotenziale identifiziert und erschlossen werden können. Das heutige volatile Unternehmensumfeld erfordert einen adaptiven Strategietransformations- und Strategieentwicklungsprozess mit der Möglichkeit zur schnellen Rückkopplung. Die auf- gezeigte Synthese wird diesen Ansprüchen, wie in den vorherigen Ausführungen gezeigt, gerecht. Hierbei ist es entscheidend, dass eine Verbindung zwischen den Ansätzen der Wert- steigerung und dem Performance Management besteht. Insbesondere die finanziellen Kenn- zahlen zur Messung der Wertsteigerung sind mit den operativen Werttreibern zu verbinden. Nur eine Überführung des Wertmanagements in das Tagesgeschäft kann letztendlich dessen Um- setzung in der Praxis gewährleisten. Hierbei leistet die Erstellung und Kommunikation einer Strategy Map in das Gesamtunternehmen einen entscheidenden Beitrag. Sie verbindet einzelne Strategiebestandteile miteinander und zeigt wesentliche Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge bis zur Wertsteigerung nachvollziehbar auf. Alle Beziehungen münden schließlich in der Finanz- 128 Vgl. Porter, M. E. (2001), S. 20-21. 129 Vgl. Moss Kanter, R. (2001), S. 10-12. 130 Vgl. Andersen, T. J. (2002), S. 32ff. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 244 perspektive und damit in der unternehmerischen Wertsteigerung. Diese wird bei Erreichung der aufgezeigten Unternehmensvision und -strategie durch Umsetzung der abgeleiteten Handlungen des Zielsystems gewährleistet.131 Die nachfolgende Abbildung 64 zeigt beispielhaft eine Strategy Map auf, welche in Unterneh- men als Handlungsrahmen verwendet wird. Im Sinne einer nachhaltigen Steigerung des Unter- nehmenswertes wurden die zentralen Werttreiber, Wachstum und Produktivitätssteigerung, in die Strategy Map aufgenommen. Neben der Aktiva und der technischen Infrastruktur findet auch das immaterielle Vermögen Eingang. Dieses leistet heute einen entscheidenden Beitrag zur Unternehmenswertsteigerung. Dessen Höhe hängt jedoch bislang nur von schwer erfassbaren Größen, wie Wissen, Kompetenzen, Rechte oder Standards ab. Gleichzeitig bietet die Strategy Map ein exzellentes, von der Wertorientierung dominiertes Rahmenkonzept zur Entwicklung oder Hinterfragung der Gesamtstrategie oder strategischer Optionen. Da sich die strategische Planung ständig an veränderte Bedingungen anzupassen hat, wird damit der Strategieentwick- lung ein zentrales Element zur Verfügung gestellt. Entscheidend ist es jedoch, die relevanten Wertsteigerungshebel in der Strategy Map zu berücksichtigen und darzustellen.132 Potenzial- Perspektive Prozess- Perspektive Kunden- Perspektive Finanz- Perspektive Wertsteigerung des Unternehmens ProduktivitätssteigerungWachstum Differenzierug mit Innovationen Steigerung des Kundennutzens Verbesserung der Zusammenarbeit mit Partnern Kundenbindung durch individuelle Problemlösungen Kundenprobleme im Mittelpunkt Neue Produkte und maßgeschneiderte Dienstleistungen Netzwerk aus internen und externen Spezialisten Optimierung der Entwicklungs- prozesse Optimierung der Personalprozesse Optimierung der Kooperations- prozesse Optimierung der Kundenprozesse Innovationsfreundliches Klima Leistungsfähige Wissensinfrastruktur Qualifizierte und motivierte Mitarbeiter Abbildung 64: Beispiel einer Strategy Map133 131 Vgl. Horváth, P., u.a. (1999), S. 23ff. 132 Coenenberg identifiziert hierfür die Wertsteigerungshebel Umsatzwachstum, operative Exzellenz, Finanz- und Vermögensstruktur und Unternehmensportfolio. Vgl. Coenenberg, A. G., u.a. (2003), Kapitel 3. Vgl. auch die relevanten Werttreiber nach Rappaport in Abbildung 45 auf Seite 174. 133 Abbildung in Anlehnung an Servatius, H.-G. (2002a), S. 441. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 245 Die Simulation neuer Geschäftskonzepte kann dabei unterstützen, die Zusammenhänge zwischen den Werttreibern aufzuzeigen. Adaptive Strategieprozesse sollten regelmäßige Management- abstimmungen enthalten, um notwendige Klarheit zu schaffen und um die dauerhafte Nachvoll- ziehbarkeit der sich verändernden Zusammenhänge zu gewährleisten. Zur langfristigen Ausrichtung des Gesamtunternehmens auf die Wertsteigerung sind sämtliche Prozesselemente auf die Wertsteigerung auszurichten. Ermöglicht wird dies über die Ausgestal- tung einer entsprechenden Strategy Map. Für diese ist es entscheidend, dass ausschließlich Krite- rien Berücksichtigung finden, die eine hohe Wettbewerbsrelevanz bei gleichzeitig hohem Hand- lungsbedarf aufweisen. Nicht alle strategisch sinnvollen Handlungsoptionen können gleichzeitig angegangen werden. Die Strategy Map leistet im Sinne einer Komplexitätsreduktion eine wichtige Selektion der Strategiebestandteile, für die beides zutrifft. Ein weiterer Baustein der Wertorientierung besteht in einer kontinuierlichen Anpassung des Unternehmens an sich ändernde Umfeldfaktoren. Organisatorischer Wandel bedingt den Ein- bezug der Selbstverantwortung.134 Die Verwirklichung individueller Ziele ist demnach stärker in den strategischen Gesamtrahmen zu integrieren und als Impuls des Wandelns zu nutzen. Grundlage hierzu ist die Strategiekommunikation und deren Verbindung mit der Center- und Individualzielvereinbarung. Die Kombination der aufgezeigten Steuerungselemente in einem integrierten Ansatz wird hierdurch bestätigt. Abbildung 65 zeigt diesen Zusammenhang auf. Die Grundlage für e inen selbstverantwortlichen Wandel bilden gemeinsame Zielvereinbarungen im Rahmen einer emotional inte lligenten Führung Kommunikation von Strategien Selbstverantwortliches Handeln Gemeinsame Zielvereinbarungen Internes Marketing für strategische Programme einsetzen - Aufmerksamkeit , Begeisterung und Handlungsmotivation erzeugen - Zielgruppenorientiert kommunizieren - Alle relevanten Kommunikations- kanäle nutzen - Beziehungen entwickeln - Glaubwürdig bleiben Performance Measurement in die Personalführung integrieren - Ziele aus Strategien ableiten - Richtiges Gleichgewicht aus Unter- nehmens-, Gruppen- und Individu- alzielen finden - Ziele operationalisieren - Zielvereinbarungen mit dem Anreizsystem verbinden (z.B. in Form von Bonusprogrammen) Zusammenspiel zwischen Fähigkeiten, Strategie und Umfeld erhöhen - Performance Feedbacks als gemeinsame Lernprozesse - Selbstverantwortung fördern - Zielvereinbarungssystem als Rahmen für flexibles Handeln - Interkulturelle Kompetenz steigern Emotional intelligente Führung - Ziele sollen auf den Stärken eines Menschen aufbauen - Ziele sollen von der Person selbst definiert werden - Persönliche Pläne sollen den individuellen Kontext berücksichtigen - Pläne sollen realistisch sein und aus überschaubaren Schritten bestehen - Pläne sollen zum persönlichen Lernstil passen Abbildung 65: Selbstverantwortlicher Wandel135 134 Vgl. Sprenger, R. K. (1995). 135 Vgl. Servatius, H. G. (2002b), S. 195. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 246 Eine Umsetzung der Strategie kann nur erfolgen, wenn die Mitarbeiter sie verstehen. Die Strate- giekommunikation ist daher von besonderer Bedeutung. Ein unterstützender Einsatz des internen Marketings generiert Aufmerksamkeit, Begeisterung und Handlungsmotivation. Es ist jedoch entscheidend, dass zielgruppenorientiert kommuniziert wird und dass möglichst alle relevanten Kommunikationsmedien genutzt werden. Eine Änderung des Verhaltens wird jedoch weniger durch die Kommunikation als über die Integration des Performance Measurements in die Perso- nalführung erreicht. Dieses kann durch die Integration von persönlichen und teamorientierten Centerzielvereinbarungen mit Hilfe der Balanced Scorecard ermöglicht werden.136 Zur Ausgestaltung des Zielvereinbarungssystems ist das richtige Gleichgewicht zwischen Unter- nehmens-, Gruppen- und Individualzielen zu finden.137 Eine Vernachlässigung von Gruppen- zielen kann eine Einzelkämpferkultur generieren. Nicht-monetäre Faktoren sind messbar in die Zielvereinbarungen zu integrieren, damit eine Anknüpfung an das Anreizsystem erfolgen kann. Die Zielvereinbarungen implementieren damit den organisatorischen Wandel in Richtung der wertorientierten Steuerung. Notwendig ist zudem das Einbeziehen von Feedback-Gesprächen. Diese haben den gemeinsamen Lernprozess zu fördern und sollten nicht lediglich als Beurtei- lungsgespräche dienen. Die Zielvereinbarungen sind als Instrumente zu nutzen, welche die individuellen Aktivitäten in die als wünschenswert erachtete Richtung vorantreiben. Starre Regeln sind zu vermeiden und ein flexibler Handlungsraum zu schaffen.138 Heute besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass das Zusammenspiel von Kommunikation, Zielvereinbarungen und Wandel einen wichtigen Bestandteil der emotional intelligenten Füh- rung darstellt. Ziele sollen auf den Stärken eines Menschen aufbauen und möglichst selbst definiert werden. Zudem sollten die jeweiligen persönlichen Zukunftspläne berücksichtigt wer- den. Pläne sollten realistisch sein, aus überschaubaren Schritten bestehen und dem persönlichen Lernstil des Einzelnen entsprechen. Auf diese Weise entsteht eine neue Qualität der Zusammen- arbeit, welche nicht nur die individuelle Entwicklung des Mitarbeiters, sondern auch die des Unternehmens zur zielorientierten Führung unterstützt. Die Wertorientierung hat an diesem Punkt anzusetzen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die strategische Steuerung sich weiter- entwickeln muss, um den Anforderungen des heutigen Marktes gerecht zu werden. Die auf- gezeigte Verbesserung der Führungsprozesse und bereits bestehender Elemente ist eine große Herausforderung, der sich insbesondere die Energiewirtschaft zu stellen hat. Im Mittelpunkt einer gezielten, wertorientierten Steuerung steht dabei das Performance Measurement, welches 136 Vgl. Kaplan, R. S., u.a. (2001), S. 209ff. Vgl. Kapitel 6.3. 137 Aus diesem Grund erscheint die Integration der Centersteuerung angebracht. 138 Vgl. Olson, E. E., u.a. (2001), S. 188ff. 6. Entwicklung eines kombinierten Steuerungsprozesses 247 adaptive Strategieprozesse mit schnellen Rückkopplungen ermöglicht. Der entwickelte Steue- rungsprozess leistet einen weitreichenden Beitrag zu Förderung dieser Entwicklung. Das Zusammenwirken der unterschiedlichen Steuerungselemente ermöglicht es, nachhaltige Wert- steigerungspotenziale zu erschließen und diese umfassend zu nutzen.139 Der kombinierte Ansatz generiert damit Unternehmenswert und fokussiert zugleich die der zeitgemäßen Führung entsprechende Entwicklung des immateriellen Vermögens sowie eine kontinuierliche kunden- und mitarbeiterorientierte Wertschöpfung. Die Aufgabe des Controllings ist im Rahmen des aufgezeigten Steuerungssystems entsprechend der durch Horváth geprägten neuen Sicht- bzw. Definitionsweise zu erweitern.140 Das Control- ling gestaltet und begleitet demnach den Managementprozess der Zielfindung, Planung und Steuerung und trägt Mitverantwortung in der Zielerreichung. Planungs- und Controllingprozesse wachsen damit stärker zusammen und die Neugestaltung des Steuerungsprozesses wird Bestand- teil der Controllingkonzeption. Dies ist eine notwendige Konsequenz als Reaktion auf die Anfor- derungen eines dynamischen Wettbewerbs. Die Aufgabe der Unternehmensführung besteht damit in der Identifizierung, Planung und Implementierung wertsteigernder Strategien und der permanenten Analyse von Zielabweichungen.141 Das Controlling hat diesen umfassenden Prozess zielgerichtet zu unterstützen.142 139 Vgl. in diesem Zusammenhang ausführlich die Anforderungen und die einhergehende instrumentelle Ausgestal- tung einer umfassenden wertorientierten Steuerung entsprechend der Zusammenfassung in Abbildung 50 auf Seite 191 oder die 3-Stufen der Wertorientierung nach Weber im Kapitel 5.1.3. Hierdurch wird ergänzend deutlich, dass der kombinierte Steuerungsprozess den umfassenden Ansprüchen der erweiterten, mehrdimensio- nalen Wertorientierung genügen kann und zeitgemäß ist. 140 Vgl. Horváth, P. (2002b), S. 129. Vgl. Kapitel 3.1.3.3. 141 Vgl. Servatius, H. G. (2002b), S. 200. 142 Die vom Controlling zu leistende Unterstützungsfunktion des Steuerungsprozesses entwickelt sich tendenziell mehr zu einer Mitverantwortung für die Zielerreichung, desto stärker das Controlling die Führungsfunktion der Unternehmensleistung entlastet. Diese Entwicklung findet damit im Schwerpunkt in den dezentralen Bereichen statt. Die Bedeutung der Entscheidungen nimmt bei zunehmender Dezentralität grundsätzlich ab, so dass der Mitverantwortung für Zielerreichung des Controllings ein größerer Stellenwert zukommt. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 248 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses In Ergänzung zur Analyse im Kapitel 6.4 erfolgt an dieser Stelle eine umfassende Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses. Hierzu wird ausführlich aufgezeigt, wie dieser Ansatz mittel- bar und unmittelbar zur Wertsteigerung im Unternehmen beiträgt. Schwerpunkte der Analysen bilden das Konzept der Erfolgsfaktoren, der Discounted Cashflow-Ansatz und ausgewählte Studienergebnisse. Aufbauend auf diesen ganzheitlichen Bewertungsansätzen erfolgen vor dem Hintergrund der gewonnenen Erkenntnisse zu den im Kapitel 4 thematisierten Steuerungsmodel- len ergänzende singuläre Analysen. Bestehende Defizite dieser Modelle werden aufgezeigt und es wird dargestellt, wie der entwickelte Prozess diese Defizite beseitigt und eine Entwicklung in Richtung der wertorientierten Unternehmenssteuerung fördert. Im Anschluss erfolgt eine Bewer- tung auf Grundlage einer opportunitätskostenorientierten Defizitbetrachtung. Das Kapitel schließt mit einer Beurteilung der Relevanz des Steuerungsprozesses für die Energiewirtschaft. 7.1 Bewertungsansatz auf Basis unternehmerischer Erfolgsfaktoren Das Konzept der Erfolgspotenziale stellt für das strategische Management das wesentliche In- strument zur Sicherung der langfristigen Überlebensfähigkeit des Unternehmens dar.1 Hierbei erfolgt eine Fokussierung auf diejenigen Erfolgspotenziale, welche eine erhöhte strategische Relevanz aufweisen.2 Der nachfolgende Bewertungsansatz zeigt einen Zusammenhang zwischen strategischen Erfolgsfaktoren, ausgewählten Erfolgspotenzialen und Wertpotenzialen als Vor- stufe zur Generierung von Unternehmenswert auf. Aufbauend wird der Gestaltungsansatz des Wertmanagements aufgezeigt und in drei Stufen dargestellt, wie der kombinierte Steuerungs- prozess das Wertmanagement in der Planungs-, Implementierungs- und Kontrollphase unter- stützt und damit zusätzlichen Unternehmenswert generiert.3 7.1.1 Orientierungsgrundlage der Unternehmenssteuerung Wie bereits im Kapitel 5.2.1 dargestellt, besteht die permanente Aufgabe der Unternehmens- steuerung darin, Wettbewerbsvorteile im Sinne von unternehmerischen Erfolgsfaktoren zu gene- rieren.4 Diese Erschließung neuer Erfolgspotenziale trägt dazu bei, dass potenziell vorhandene 1 Vgl. Kapitel 4.2.1.2. Aufbau, Erhaltung und Nutzung von Erfolgspotenzialen werden in den Kapiteln 5.2.1 und 5.2.2 ausführlich thematisiert. 2 Vgl. Fischer, T.M. (1993), S. 18; vgl. auch Abbildung 40 auf Seite 166. 3 Zur Beurteilung des Nutzengewinns eines kombinierten Einsatzes von Koordinationsinstrumenten sowie deren optimaler Abstimmung untereinander liefert Hofmann eine entscheidungstheoretische Analyse auf Grundlage eines erweiterten Principal/Agent-Modells. Die vorteilhafte Kombination ist danach im Sinne einer Nutzenmaxi- mierung möglich, wenn es gelingt, die unterschiedlichen Steuerungsinstrumente effizient aufeinander abzustim- men. Damit wird die Entwicklung und Prüfung des kombinierten Steuerungsansatzes vom Grundsatz her bestä- tigt. Vgl. Hofmann, C., u.a. (2004), S. 563-583. 4 Vgl. Kapitel 4.2.1.2 sowie Abbildung 19 auf Seite 104. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 249 Wertlücken im Unternehmen kontinuierlich geschlossen und vorhandene Wertpotenziale identi- fiziert werden. Die Erschließung von Erfolgspotenzialen erfolgt mit der Absicht, langfristig ökonomische Gewinne zu erzielen und muss sich daher in einer Erhöhung des Unternehmens- wertes niederschlagen. Die Identifizierung und Erschließung von Erfolgspotenzialen kann deshalb als wesentlicher Beitrag zur unternehmerischen Wertgenerierung und damit als Beitrag zum Wertmanagement verstanden werden.5 Erfolgspotenziale sind damit annahmegemäß eine erklärende, qualitativ-inhaltliche Vorsteuergröße zur eigentlichen Unternehmenswertgenerie- rung. Bei Günther wird der Unternehmenswert in diesem Zusammenhang als Monetarisierung der unternehmerischen Erfolgspotenziale bezeichnet.6 Die strategische Steuerung verfolgt das Ziel der unternehmerischen Existenzsicherung. Ver- glichen mit der wertorientierten Steuerung, welche die Schließung von Wertlücken anstrebt, lässt sich aufbauend auf den vorgenannten Ausführungen eine Konvergenz zwischen beiden Steu- erungssystematiken erkennen.7 Das Einbeziehen der Wertorientierung in die Konzeption der strategischen Unternehmenssteuerung erscheint damit nahe liegend, da Erfolgspotenziale in einem engen Bezug zum Unternehmenswert stehen. Erfolgspotenziale, die zur langfristigen Sicherung der Existenz des Unternehmens beitragen und damit implizit den Unternehmenswert steigern, werden in der Literatur als Wertpotenziale bezeichnet. Die praktische Eignung des Wertpotenzialkonzeptes ist jedoch analog zum Erfolgspotenzialkonzept relativ eingeschränkt. Wertpotenziale stellen heute immer noch relativ unspezifische und unkonkrete Größen dar. Dieses begründet sich darin, dass Wertpotenziale – und damit der langfristige Erfolg des Unter- nehmens – aufgrund des hochkomplexen Interaktionsverhältnisses zwischen Umwelt und Unternehmen von einer großen Zahl nachgelagerter Erfolgsfaktoren beeinflusst werden. Leider lassen sich diese Einflüsse der Erfolgsfaktoren auf die Wertpotenziale weder vollständig aufzählen noch in einer wechselseitigen Beziehung genügend scharf erfassen.8 Es besteht somit die Notwendigkeit der Identifizierung und Auswahl von Erfolgsfaktoren, welche beherrschbar sind und einen entscheidenden Einfluss auf die Wertgenerierung im Unternehmen ausüben.9 In der Literatur wird in diesem Zusammenhang von dem Konzept der strategischen oder kritischen Erfolgsfaktoren gesprochen.10 Dieses Konzept beruht auf der Annahme, dass Wertpotenziale grundsätzlich durch eine eingeschränkte Anzahl an Erfolgsfaktoren maßgeblich bestimmt werden. Haben Erfolgsfaktoren einen signifikanten Einfluss auf Wertpotenziale, und damit auf 5 „Managing for value begins with the strategy and ends with financial results.“ Knight, J. A. (1997), S. 2. 6 Vgl. Günther, T. (1991), S. 70f. 7 Vgl. zur Notwendigkeit der Verbindung qualitativer Strategien mit monetären Steuerungsgrößen Day, G. S. (1990), S. 333. 8 Vgl. Mende, M. (1995), S. 38. 9 Vgl. Kreikebaum, H., u.a. (1983), S. 6-12; vgl. Kolks, U. (1990), S. 32. 10 Vgl. Welge, M. K., u.a. (1999), S. 124; vgl. Hinterhuber, H. H. (1996), S. 126. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 250 den nachhaltigen Erfolg des Unternehmens, so werden diese als strategische Erfolgsfaktoren bezeichnet.11 Strategische Erfolgsfaktoren können demzufolge als Konkretisierung von Wert- potenzialen aufgefasst werden. Ein Wertpotenzial resultiert aus dem Zusammenspiel mehrerer Erfolgsfaktoren. Der Zusammenhang zwischen den aufgezeigten Größen, von den Erfolgsfak- toren bis hin zum Unternehmenswert, wird aus der nachfolgenden Abbildung 66 deutlich. Erfolgspotenziale     Erfolgsfaktoren     EF EF EFEF EF EF EF EF EF EP EP EPEP EP EP EP EP EP Unternehmenswert Strategische Erfolgsfaktoren Ausgewählte Erfolgspotenziale (Wertpotenziale) Einfluss auf Einfluss auf Abbildung 66: Einfluss der strategischen Erfolgsfaktoren auf den Unternehmenswert Für eine korrekte Bewertung der Wertpotenziale ist es notwendig, dass die Wirkungsintensität und die Wirkungsinteraktionen der einzelnen strategischen Erfolgsfaktoren sowie deren lang- fristige Entwicklung bekannt sind.12 Identifikation und Bewertung sind jedoch keine selbständig durchlaufenden Prozesse. Zwischen Identifikation und Bewertung kommt es zu permanenten Rückkopplungen, da nur die Bewertung letztendlich beantworten kann, ob eine Relevanz für ein Wertpotenzial mit Auswirkung auf den Unternehmenswert vorliegt. Zwischen den Erfolgspoten- zialen bestehen zudem multidimensionale Kausalstrukturen, welche sich durch multiple Kausali- täten, Wirkungsinterdependenzen und durch hierarchische Wirkungsrelationen zwischen den Erfolgsfaktoren und durch Rückkopplungsbeziehungen beschreiben lassen. Diese unterliegen zudem dynamischen Veränderungen.13 Eine Identifizierung von Wertpotenzialen und einher- gehender Erfolgsfaktoren und -potenzialen basiert damit auf einer vollständigen und korrekten Erfassung der Kausalstrukturen der strategischen Erfolgsfaktoren.14 Zur endgültigen Einschätzung der Wertschaffung einzelner Potenziale oder Faktoren sind diffe- renzierte Cashflow-Prognosen zu verwenden. Wertschaffende, d.h. zahlungsorientierte Größen, stehen damit beim Wertmanagement im eigentlichen Fokus der Betrachtung. Diese können als 11 Vgl. Mende, M. (1995), S. 38; vgl. Kühn, R., u.a. (1998), S. 91. 12 Vgl. Michels, K.-N. (1991), S. 21. 13 Vgl. Wilde, K. D. (1989), S. 55ff. 14 Vgl. Welge, M. K., u. A. (1992), S. 361. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 251 methodisch geeignetes Instrument zur Bewertung von strategischen Wertpotenzialen herangezo- gen werden. Die wertorientierte strategische Steuerung benötigt damit sowohl Wertpotenziale als auch Discounted Cashflows als Orientierungsgrundlage.15 7.1.2 Gestaltungsansatz des Wertmanagements Die Aufgabe der strategischen Planung besteht in der Sicherung der bestehenden sowie dem Aufbau der zukünftigen Erfolgspotenziale. Die „strategische Planung ist demnach ein Prozess der Entscheidungsvorbereitung, der darauf abzielt, entweder die bestehende Strategie des Unter- nehmens (oder Geschäftsbereichs oder bestimmter Funktionen) zu bestätigen, sie teilweise zu ändern oder eine völlig neue Strategie festzulegen.“16 Die strategische Planung stellt damit eine informationsverarbeitende Aktivität dar, welche Umweltanforderungen mit den Potenzialen des Unternehmens abstimmt. Der langfristige Erfolg des Unternehmens ist mit Hilfe von Strategien zu sichern.17 Die Planung kann in diesem Kontext als ein systematisch zukunftsbezogenes Durchdenken und Festlegen von Zielen, Maßnahmen, Mitteln und Wegen zur zukünftigen Ziel- erreichung – der Unternehmenswertsteigerung – verstanden werden.18 Zielbildung, strategische Analyse, Formulierung von Strategien sowie die Evaluation und Auswahl der Strategie gehören zu den Funktionen der strategischen Planung.19 Durch die Zielbildung werden die eigentliche Unternehmenspolitik sowie die konkreten strate- gischen Zielsetzungen des Unternehmens als Bezugsbasis zur Planung und Formulierung von strategischen Initiativen definiert. Aufgrund der hohen Beziehungskomplexität hat die Planung hierbei eine umfassende Selektionsleistung zu erbringen. Diese Selektion ist jedoch notwendig, da keine allumfänglichen Ursache-Wirkungs-Relationen abzubilden und zu steuern sind. Letztendlich ist zu akzeptieren, dass strategische Entscheidungen stets unter einer verbleibenden Unsicherheit getroffen werden.20 Die Identifikation der Wertpotenziale oder der diese beein- flussenden Erfolgspotenziale und -faktoren erfolgt damit durch die strategische Analyse. Die Notwendigkeit der Auswahl relevanter Größen, welche Einfluss auf vorhandene oder latente Wertpotenziale ausüben, führt jedoch zu Entscheidungsproblemen. Die strategischen Initiativen resultieren aus den getroffenen Entscheidungen. Die strategische Planung kann demnach als eine vorausschauende Formulierung der Gesamtsicht der Unternehmenspolitik und als eine Bestim- mung der zugehörigen Handlungen interpretiert werden.21 15 Vgl. Lattwein, J. (2001), S. 124. 16 Kreilkamp, E. (1987), S. 5. 17 Vgl. Bea, F. X., u.a. (1997), S. 45. 18 Vgl. Wild, J. (1974), S. 13; vgl. Welge, M. K. (1985), S. 15. 19 Vgl. Franz, K.-P. (2000), S. 320. 20 Vgl. Steinmann, H., u.a. (1997), S. 158. 21 Vgl. Kirsch, W., u.a. (1981), S. 290-396. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 252 Die wertorientierte strategische Planung versteht sich als Ergänzung zu bestehenden Planungs- verfahren. Sie zielt darauf ab, die Bedeutung des Unternehmenswertes zur langfristigen Existenzsicherung des Unternehmens hervorzuheben.22 Damit liegt ihr Fokus in einer Identifi- kation von Maßnahmen, Mitteln und Wegen, welche zur Unternehmenswertsteigerung beitragen. Die Zielsetzung der Entwicklung wertschaffender Strategien ist ein zentraler Gedanke der wertorientierten Steuerung. Voraussetzung hierzu ist eine Quantifizierung der Wertpotenziale. Bestehende monetäre und nicht-monetäre Wechselwirkungen sind strategiespezifisch zu identifi- zieren und in einer monetären Gesamtbewertung zu berücksichtigen. Die Wertsteigerungs- analyse stellt mit dem DCF-Ansatz hierfür das zentrale Planungselement zur Verfügung.23 7.1.3 Unterstützungsleistung des kombinierten Steuerungsprozesses Die nachfolgenden Ausführungen analysieren den kombinierten Steuerungsprozess hinsichtlich seiner Unterstützungsleistung für die wertorientierte Unternehmenssteuerung. Die dreistufige Analyse dieses Kapitels wird hierzu in die Abschnitte der Planungs-, der Implementierungs- und der Kontrollphase untergliedert. Unterstützt der kombinierte Steuerungsprozess den unternehme- rischen Steuerungsprozess i.S.d. Wertorientierung, so wird vor dem Hintergrund der Forderung nach einer optimalen Unternehmenssteuerung zusätzlicher, unternehmerischer Mehrwert ge- schaffen und damit das Wertmanagement gestützt. 7.1.3.1 Analyse der Planungsphase Aufbauend auf der Analyse zur Orientierungsgrundlage und zum Gestaltungsansatz des Wert- managements24 ist es möglich, die eigentlichen Ziele des Wertmanagements in Form differen- zierter Aufgabenstellungen zu separieren. Es resultieren nachfolgende, wesentliche Elemente: • Erschließung von Wettbewerbsvorteilen über eine Identifizierung von Erfolgsfaktoren; • Identifizierung und gezielte Schließung von Wertlücken; • Identifizierung strategischer Erfolgsfaktoren und Beschreibung ihrer Wirkung auf Wert- potenziale (Darstellung relevanter Kausalstrukturen); • Durchführung der strategischen Planung, d.h. Sicherung der bestehenden und Aufbau zukünftiger Erfolgspotenziale; • Durchführung von Cashflow-Prognosen zur abschließenden Wertbestimmung (Monetari- sierung der Wertpotenziale). 22 Vgl. Knorren, N., u.a. (1997b), S. 29. 23 Vgl. Reimann, B. C. (1988), S. 14. 24 Vgl. die Kapitel 7.1.1 und 7.1.2. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 253 Die Erschließung von Wettbewerbsvorteilen über eine Identifizierung von unternehmerischen Erfolgsfaktoren ist ein wesentliches Element des Wertmanagements. Wie bereits dargestellt, erfolgt die Erschließung von Erfolgspotenzialen mit der Absicht, langfristig ökonomische Gewinne zu erzielen. Langfristige ökonomische Gewinne gehen mit einer Erhöhung des Unter- nehmenswertes einher. Die Identifizierung und Erschließung von Erfolgspotenzialen kann daher als ein wesentlicher Beitrag zur unternehmerischen Wertgenerierung und damit zum Wert- management verstanden werden. Der kombinierte Steuerungsprozess unterstützt diese Identifi- zierung und Erschließung durch die Nutzung der Strategy Map der Balanced Scorecard.25 Das Erstellen und Aufzeigen individueller, perspektivischer Ursache-Wirkungs-Beziehungen ermög- licht eine strukturierte Vorgehensweise zur Identifizierung und Erschließung bestehender und zukünftiger Erfolgsfaktoren als Grundvoraussetzung der Wertschaffung. Darüber hinaus kann die Strategy Map einfach und schnell bereichsübergreifend bis zu den unteren Ebenen wesentliche Zusammenhänge der Wertschöpfung darstellen und somit als Kommunikations- und Handlungsorientierungsinstrument der Wertschöpfung dienen. Dieses Instrument bedient sich darüber hinaus der Darstellung über die unterschiedlichen Perspektiven der Balanced Scorecard- Konzeption. In Anlehnung an Breid kann in diesem Zusammenhang festgestellt werden, dass zwischen der Konzeption der Erfolgspotenziale und -faktoren sowie den Perspektiven der Balan- ced Scorecard deutliche Parallelen bestehen.26 Die von Breid dargestellten externen Erfolgs- potenziale (Produkt- und Marktpotenziale) entsprechen weitgehend der Kundenperspektive der Balanced Scorecard. Die Finanzperspektive wird durch den Bereich der finanziellen Potenziale gespiegelt. Zudem ist es legitim, die von ihm aufgezeigten humanen Potenziale unter die Poten- zialperspektive von Kaplan und Norton zu subsumieren. Die drei verbleibenden internen Er- folgspotenziale (technische Potenziale, informationelle Potenziale und strukturelle Potenziale) sind sowohl Bestandteil der Prozess-, als auch der Potenzialperspektive. In der Literatur besteht wenig konzeptionelle Einigkeit in Bezug auf die Messbarkeit von Erfolgspotenzialen und bezüglich existenter Wirkungszusammenhänge zwischen strategischen Erfolgspotenzialen bis hin zum operativen Erfolg. Das Konzept der Erfolgsfaktoren versucht aus diesem Grund Erfolgspotenziale zu operationalisieren und steuerbar zu machen.27 Eine Unter- stützungsleistung zur Identifikation der Erfolgspotenziale und -faktoren sowie zu deren Steuerung kann entsprechend den vorherigen Ausführungen durch Nutzung der Strategy Map erfolgen. Zudem liefert der Ansatz von Breid28 eine gute Hilfestellung zur weiteren Identifikation der vorgelagerten unternehmerischen Erfolgsfaktoren, indem grundsätzliche Zusammenhänge 25 Vgl. Abbildung 64 auf Seite 244. 26 Vgl. Abbildung 19 auf Seite 104, in Anlehnung an Breid, V. (1994), S. 37. 27 Vgl. Welge, M. K., u.a. (2001), S. 124. 28 Vgl. Abbildung 19 auf Seite 104. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 254 unternehmensbezogener und umweltbezogener Erfolgsfaktoren aufgezeigt werden. Eine Unter- stützung durch den kombinierten Steuerungsprozess integriert somit ein sinnvolles Hand- werkszeug zur Identifizierung und Steuerung von unternehmerischen Erfolgspotenzialen in der wertorientierten Unternehmensführung. Im Rahmen der Ursache-Wirkungs-Beziehungen ist es zudem möglich, weitere Zusammenhänge der Wertschöpfung aufzuzeigen und zugehörige Erfolgsfaktoren abzuleiten oder in einen kausalen Zusammenhang zu stellen.29 Bestehende Wertlücken werden auf diese Weise identifiziert und können durch die Zielableitung und Verfol- gung gezielt geschlossen werden. Das aufgezeigte Beispiel einer Strategy Map zeigt eine idealtypische Vorgehensweise zur Gene- rierung von wertorientierten Erfolgsfaktoren über die perspektivischen Ebenen nach Kaplan und Norton sowie die der Erfolgspotenziale nach Breid auf.30 Die Wertsteigerung des Unternehmens wird hierbei in der Finanzperspektive als oberstes Ziel vereinbart. Leider wurde in der Vergan- genheit die langfristige Wertsteigerung als originäres Ziel nicht hinreichend präzise in der Finanzperspektive kommuniziert. Letztendlich zielt jedoch jedes Unternehmen darauf ab, durch seine Individualstrategie langfristigen Wert zu generieren. Aufbauend auf diesen Zusammenhang kann deshalb unterstellt werden, dass die Nutzung von Strategy Maps, durch ihr Aufzeigen und Identifizieren von Erfolgsfaktoren, grundsätzlich einen positiven Beitrag zum Wertmanagement leisten kann. Für das Wertmanagement sollte jedoch darauf geachtet werden, dass der Begriff des Wertmanagements und die gesamte Philosophie als originäres Ziel in die Finanzperspektive aufgenommen wird. Das übergeordnete Ziel der Strategie bzw. der untergeordneten Teilstra- tegien wird damit deutlich, da eine zusätzliche Orientierungsgrundlage zur Ableitung möglicher Erfolgsfaktoren geschaffen wird. Insgesamt kann damit unterstellt werden, dass durch diese Vorgehensweise zusätzliche Potenziale und Faktoren zur Wertgenerierung, inklusive deren Kausalstrukturen, identifiziert und aufgezeigt werden können (orientierte Erfolgsfaktorenidenti- fikation). Der kombinierte Steuerungsansatz schafft damit mittelbar Wert. In Ergänzung zu der Annahme, dass die gezielte Identifikation unternehmerischer Erfolgsfak- toren zur Unternehmenswertsteigerung beiträgt, kann auch an das Konzept der strategischen Erfolgsfaktoren angeknüpft werden.31 Unter strategischen Erfolgsfaktoren werden diejenigen Erfolgsfaktoren verstanden, welche einen wesentlichen Einfluss auf das Erfolgspotenzial und damit auf die unternehmerische Wertgenerierung aufweisen.32 Durch die implizite Aufnahme des 29 Erfolgsfaktoren liegen den Erfolgspotenzialen zugrunde und konkretisieren diese. Die Aufgabe des strategischen Managements besteht darin, über eine Veränderung beeinflussbarer Erfolgsfaktoren zum Aufbau von Erfolgs- potenzialen beizutragen. Vgl. Welge, M. K., u.a. (2001), S. 124. 30 Vgl. Abbildung 64 auf Seite 244. 31 Vgl. Abbildung 66 auf Seite 250. 32 Vgl. hierzu Kapitel 7.1.1. oder Fischer, T. M. (1993), S. 18. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 255 Ziels der Wertsteigerung in die Finanzperspektive der Strategy Map und die Ableitung zugehö- riger Erfolgsfaktoren über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge, wird eine einfache Orientie- rungsgrundlage zur Identifizierung der strategischen Erfolgsfaktoren geschaffen. Allerdings sollten nur direkte Kausalzusammenhänge eine Grundlage zur Ableitung darstellen. Der Antwort auf die Frage, welche Erfolgsfaktoren einen wesentlich wertschaffenden Beitrag leisten können, kann sich auf diese Weise genähert werden. Strategy Maps leisten damit einen Unter- stützungsbeitrag zur Identifizierung unternehmerischer Wertpotenziale.33 Grundsätzlich lassen sich die Einflüsse der Erfolgsfaktoren auf Wertpotenziale jedoch nur sehr unvollständig nach- weisen oder in einer wechselseitigen Beziehung genügend scharf erfassen.34 Daraus resultiert die Notwendigkeit der Identifizierung und Auswahl von Erfolgsfaktoren, welche beherrschbar sind und einen voraussichtlich entscheidenden Einfluss auf die Wertgenerierung haben. Die Strategy Map liefert in Verbindung mit dem beschriebenen Ansatz von Breid hierzu eine einfache und pragmatische Vorgehensweise. Eine Sicherung der bestehenden und der Aufbau zukünftiger Erfolgspotenziale werden über die strategische Planung ermöglicht. Die strategische Planung kann daher bereits als ein Element des Wertmanagements bezeichnet werden. Mit dem kombinierten Steuerungsprozess liefert die Balanced Scorecard in Verbindung mit dem Zielvereinbarungssystem, als dem zentralen Erfolgs- faktor der Strategieumsetzung, einen entscheidenden Beitrag zur Strategieimplementierung und somit indirekt zum Wertmanagement.35 Die strategische Planung kann als ein Prozess der Ent- scheidungsvorbereitung im Sinne einer informationsverarbeitenden Aktivität verstanden werden, welcher Umweltanforderungen mit unternehmerischen Potenzialen abstimmt. Die Planung hat aus Gründen der hohen Beziehungskomplexität der Kausalstrukturen eine weitreichende Selek- tionsleistung zu erbringen. Die wesentlichen Kausalstrukturen sind darzustellen und keine allumfänglichen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aufzuzeigen. In Anlehnung an das Wert- management besteht das Ziel der strategischen Planung somit auch in der Entwicklung und Kommunikation wertschaffender Strategien. Der kombinierte Steuerungsprozess zielt im Wesentlichen auf die Entwicklung wertschaffender Strategien und deren Kommunikation in das Gesamtunternehmen durch eine integrative Nutzung vorhandener Steuerungsmodelle. Der aufgezeigte Prozess unterstützt damit das Wertmanage- ment durch eine abgestimmte und ganzheitliche Vorgehensweise. Wenn die strategische Planung als vorausschauende Formulierung der Gesamtsicht der Unternehmenspolitik und Bestimmung 33 Diese Unterstützungsleistung scheint angebracht, da Wertpotenziale sehr unkonkrete Größen darstellen. 34 Annahme: Wertpotenziale werden durch eine eingeschränkte Anzahl von Erfolgsfaktoren bestimmt. Die strate- gischen Erfolgsfaktoren entsprechen den konkretisierten Wertpotenzialen. 35 Vgl. Kapitel 6.1. und 6.2 sowie Fink. C. A., u.a. (2002), S. 155f. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 256 der zugehörigen Handlungen interpretiert wird, so geht der kombinierte Steuerungsprozess sogar darüber hinaus, indem er additiv die Umsetzung der identifizierten Strategien in die Organisation steuert und zusätzlich durch einen interaktiven Kommunikationsprozess strategisches Feedback und Lernen ergänzt.36 Insbesondere diese zusätzliche Herangehensweise stellt im Rahmen des Wertmanagements einen wichtigen Erfolgsbestandteil dar. Eine erfolgreiche strategische Aus- richtung hat sich kontinuierlich an verändernde umweltbezogene und unternehmensbezogene Erfolgsfaktoren anzupassen. Hierzu muss ein ganzheitlicher und revolvierender Prozess ent- stehen, welcher nicht nur top-down sondern auch bottom-up die gesamte Organisation mit einbe- zieht, um Wertpotenziale identifizieren und ableiten zu können. Der kombinierte Steuerungs- prozess liefert hierzu eine gute Grundlage und kann damit als Unterstützung des Wert- managements, als (mehr-)wertschaffend, bezeichnet werden. Die Balanced Scorecard stößt in Verbindung mit dem Zielvereinbarungssystem im entwickelten Ansatz einen gruppendynamischen Prozess an, an dessen Ende der Leiter einer Organisations- einheit gemeinsam mit seinen Mitarbeitern strategische Ziele und Aktionen festlegt.37 Die Balanced Scorecard ist somit gleichzeitig das Programm, um wertorientiert zu handeln und um Wertpotenziale zu erschließen. Hierzu ist die Einbeziehung aller Mitarbeiter des Unternehmens sinnvoll. Gleichzeitig ermöglicht die Balanced Scorecard-Konzeption eine übergeordnete und an der Strategie ausgerichtete Orientierungsgrundlage und ist deshalb in der Lage, im Sinne eines Kommunikationsinstruments die Wertorientierung in das Gesamtunternehmen zu transportieren. Wertschaffende Ziele werden identifiziert bzw. abgeleitet und verstanden. Auf Basis der Ziel- steuerung werden diese Ziele in der Folge in Gruppen- oder Individualziele bzw. -maßnahmen überführt. Der kombinierte Ansatz ermöglicht eine Verknüpfung zwischen der Identifikation wertschaffender Ziele über die Balanced Scorecard und der Überführung dieser Ziele in die individuelle Verantwortung durch Integration der Ziel- und Centervereinbarung. Die Durchführung von Cashflow-Prognosen zur Wertbestimmung im Sinne einer Monetarisie- rung von Wertpotenzialen stellt das abschließende Element des Wertmanagements dar.38 Die Wertsteigerungsanalyse kann als zentrales wertorientiertes Planungsinstrument im DCF-Ansatz bezeichnet werden. Sie teilt die zu diskontierenden freien Cashflows in wertbestimmende Faktoren auf. Die finanziellen Wertgeneratoren ermöglichen eine einfachere Abbildung strate- gieinduzierter Cashflow-Veränderungen. Dieses bildet die Basis zur Durchführung von Ab- weichungsanalysen zur Bestimmung der Ursachen von Wertlücken.39 36 Vgl. Kirsch, W., u.a. (1981), S. 290-396. Vgl. auch Abbildung 28 auf Seite 132. 37 Die Balanced Scorecard trifft keine Zielvereinbarungen, sie unterstützt bei der Identifikation strategischer Ziele. 38 Eine ausführliche Darstellung der Bewertungsmethodik erfolgte bereits im Kapitel 5.2. 39 Vgl. Bühner, R. (1994), S. 37. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 257 In Anlehnung an Rappaport kann der betriebliche (operative) Cashflow zur Bestimmung der zu diskontierenden freien Cashflows in unterschiedliche Wertgeneratoren unterteilt werden.40 Dieses sind das Umsatzwachstum, die betriebliche Gewinnmarge, Zusatzinvestitionen in das Anlage- oder das Umlaufvermögen (Working Capital), der Gewinnsteuersatz, die Kapitalkosten und die Dauer der Wertsteigerung. Diese fünf wertbestimmenden Faktoren haben annahmege- mäß einen direkten Einfluss auf den Unternehmenswert. Der Erfolg des Managements dieser Erfolgsfaktoren hängt jedoch davon ab, ob es gelingt, die Auswirkungen strategischer Optionen auf die Wertgeneratoren darzustellen. Ziel ist es, eine quantitativ-monetäre Fundierung der Strategieoptionen im Sinne einer strategischen Planungsentscheidung vorzunehmen. Dieses ver- langt eine Vergleichbarkeit bislang nur heuristisch messbarer Alternativen. Sensitivitätsanalysen bieten die Möglichkeit, Auswirkungen von strategischen Optionen auf Wertgeneratoren zu untersuchen und Strategiealternativen quantitativ messbar zu machen. Eine Integration der dargestellten Wertgeneratoren in die Ursache-Wirkungs-Beziehungen der Strategy Map der Balanced Scorecard-Konzeption ermöglicht eine Bewertung unterschiedlicher Strategieansätze und unterstützt die Entscheidungsfindung. Aus Sicht des Wertkonzeptes von Rappaport entsteht damit die Möglichkeit der Integration nicht nur der Wertorientierung, son- dern auch der Wertmessung in ein ganzheitliches Managementsystem. Damit kann je nach Differenzierungsgrad eine unternehmerische Gesamtstrategie beurteilt werden. 7.1.3.2 Analyse der Implementierungsphase Die Implementierung wertorientierter Strategien tritt im Wertmanagement als gleichberechtigte Phase neben die Planung. Unter Implementierung wird vor dem Hintergrund der strategischen Steuerung zum einen eine sachorientierte Umsetzung und zum anderen die verhaltensorientierte Durchsetzung der strategischen Maßnahmenprogramme verstanden.41 Die sachorientierte Umsetzung fokussiert eine „zeitliche und inhaltliche Spezifizierung der Stra- tegie im Sinne strategischer Programme.“42 Sämtliche strategische Erfolgsfaktoren sind in einem bis hin zur operativen Ebene durchgängigen Steuerungsprozess auf die Strategie hin auszurich- ten. Hierbei ist es das Ziel, strategische Programme i.S.d. Gesamtstrategie zu entwickeln und aus diesen Maßnahmen für einzelne Funktionsbereiche abzuleiten. Aufgrund der Komplexität der unternehmerischen Entscheidungsmöglichkeiten ist die Identifikation und Ableitung strategi- scher Pläne und Maßnahmen im Wesentlichen eine eigenständige planerische Leistung der 40 Rappaport fokussiert sich auf fünf wesentliche Wertgeneratoren; vgl. Rappaport, A. (1994), S. 55. Vgl. Abbildung 45 auf Seite 174. 41 Vgl. Welge, M. K., u.a. (1993), S. 199. 42 Lattwein, J. (2001), S. 150. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 258 dezentralen Einheit. In einem interaktiven Prozess sind Maßnahmen zu fixieren, welche für den Strategieerfolg entscheidend sind.43 Bereichsspezifische Teilstrategien sind in Form einer umfassenden Gesamtstrategie zu entwerfen. Die Strategie, inklusive der damit einhergehenden strukturbildenden Maßnahmen, wird durch die strategische Planung festgeschrieben. Der Aufbau und die Erschließung von Erfolgspotenzialen dienen als Handlungsrichtlinie. Die operative Planung konkretisiert Maßnahmen in Bezug auf bestehende Erfolgspotenziale. Die durch das Wertmanagement geforderte sachorientierte Umsetzung im Sinne einer zeitlichen und inhaltlichen Spezifizierung der Strategie wird durch die Kombination von Balanced Scorecard und Center- /Zielvereinbarung im kombinierten Steuerungsprozess gut unterstützt. Die strategischen Elemente werden durch die Balanced Scorecard aufgezeigt und verbindlich in Maßnahmen auf Center- oder Individualebene überführt. Zudem wird durch die Centersteuerung ein interaktiver Prozess angestoßen, der es über die Zielableitung aus den strategischen Vorga- ben ermöglicht, individuelle Erfolgsfaktoren auf Centerebene zu identifizieren. Das Wissen der relevanten Ebene kann auf diese Weise in die Zielidentifizierung, Zielausrichtung und -verein- barung integriert werden. Zudem entsteht durch Meilensteinkontrollen im Sinne unterjähriger Ziele ein dynamischer Prozess, welcher Ziele hinterfragt und ggf. anpasst sowie strategische Neuausrichtungen identifizieren hilft. Bei entsprechenden Zielvorgaben wird das Gesamtunter- nehmen in die wertorientierte Steuerung einbezogen. Eine komplexe Steuerungssituation erfordert koordinierte Entscheidungen auf den dezentralen Ebenen (Center, Gruppe, Mitarbeiter). Zur Unterstützung der Gesamtkoordination bedarf es eines übergeordneten Orientierungsrahmens. Die Implementierungsleistung ist demnach nicht auf die Überführung der zentralen Strategiepläne in operative Maßnahmenpläne zu beschränken. Espejo fordert in diesem Zusammenhang eine „Dekomposition des Gesamtsystems in ver- schiedene Subsysteme“, welche über einzelne Iterationsschritte induktiv weiterzuentwickeln sind. Hierbei ist die gesamte Zielausrichtung des Steuerungssystems durch den übergeordneten Orientierungsrahmen deduktiv zu fixieren.44 Vergleichbare empirische Erkenntnisse bestehen auch bei Welge und Al-Laham in Bezug auf Strukturmuster in Strategieprozessen.45 Hierbei dominiert die Delegation von Entscheidungskompetenzen bei der Strategieformulierung und ihrer spezifischen Umsetzung im dezentralen Bereich. In der grundsätzlichen Zielbildungsphase der konzeptionellen Gesamtsicht besteht hingegen ein hoher Zentralisationsgrad. Eine Steuerung komplexer Systeme bedarf beider Ausprägungsformen. 43 Vgl. Steinmann, H., u.a. (1997), S. 226. 44 „Inventing the future of an organization and working out its strategy is the concern of all its people, at all structural levels.” Espejo, R., u.a. (1996), S. 138. 45 Vgl. Welge, M. K., u.a. (1998), S. 888ff. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 259 Die geforderte Delegation von Entscheidungskompetenzen als auch der hohe Zentralisationsgrad der konzeptionellen Gesamtsicht sind Forderungen, welchen der kombinierte Prozess der Unter- nehmenssteuerung genügt.46 Die Entwicklung und Verankerung der Grundstrategie erfolgt stark zentralisiert durch die Unternehmensführung in Zusammenarbeit mit den Hauptabteilungsleitern und ggf. einem Projektkernteam unter Führung der Strategie- oder Entwicklungsabteilung. Hier wird ein Rahmen vorgegeben, aus welchem in der Folge einzelne Teilstrategien bis hin zu Ein- zelmaßnahmen und -handlungen des zweiten Bausteins – der Konzeption, Strategieumsetzung und -integration – abgeleitet werden können.47 Die Balanced Scorecard-Wirkungs-Kette, in Ver- bindung mit den Strategy Maps, ermöglicht in diesem Kontext eine einfache Überführung in die Dezentralität. Auf dieser Ebene dominiert die Delegation von Entscheidungskompetenzen bei der Strategieformulierung und -umsetzung. Eine Dekomposition des Gesamtsystems in verschie- dene Subsysteme ist somit gewährleistet. Zudem wird durch die Einbeziehung der Planung und Budgetierung bei der Zielentscheidungsphase eine Abgleichung mit der Wirtschaftsplanung vor- genommen. Die Verankerung der Zielerreichung ermöglicht die Center- und Individualzielver- einbarung auf der abschließenden Ebene. Ein entsprechend abgestimmter Prozess entspricht damit den geforderten Kriterien zur Implementierung der Wertorientierung und geht zusätzlich in weiten Teilen noch darüber hinaus.48 In Bezug auf die verhaltensorientierte Durchsetzung der strategischen Maßnahmenprogramme kann zudem festgestellt werden, dass mit Hilfe des kombinierten Prozesses der Unternehmens- steuerung ein gestützter Kommunikationsprozess in das Gesamtunternehmen erfolgt. Vision und Strategie werden über das Leitbild kommuniziert und durch weitere Führungsinstrumente erfolgt die gezielte Kommunikation in das gesamte Unternehmen. Eine persönliche oder organisatori- sche Verankerung wird auf Basis der Center- und Individualzielvereinbarungen umgesetzt. Die aggregierten und in langfristigen Dimensionen abstrakt auf der obersten Führungsebene vorlie- genden Strategien und strategischen Aktivitäten, werden mit Hilfe des Konzeptes auf ein disag- gregiertes und kurzfristig operationales Niveau gebracht.49 Der kombinierte Steuerungsprozess transformiert damit die Strategie in eine strategische Aktivitätsebene mit Bezug zu den lang- fristigen Erfolgs- und Wertpotenzialen. Die kurzfristigen Aktivitäten sind direkt ausführbar und gleichzeitig an den langfristigen Größen der Wertpotenziale ausgerichtet.50 Ein Ableiten strategischer Pläne durch nur eine zentrale Abteilung kann aufgrund der Komplexi- tät der einzelnen Bereichsfunktionen und deren Interaktionsbeziehungen untereinander als nicht 46 Vgl. Kapitel 6.4.1. 47 Vgl. Abbildung 62 auf Seite 240. 48 Vgl. Abbildung 60 auf Seite 232. 49 Vgl. Scholz, C. (1987), S. 6. 50 Vgl. Steinmann, H., u.a. (1997), S. 147. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 260 praktikabel angesehen werden. Die dezentralen Einheiten haben aus diesem Grund eine auto- nome strategische Handlungsdimension zu besitzen.51 Die wertorientierte Steuerung ist zur Komplexitätsbewältigung auf diese selbstorganisatorische, dezentrale Aktivität angewiesen. Sie ist ergänzend zu den in der Literatur genannten motivatorischen Elementen52 ein essentieller, erfolgskritischer Steuerungsfaktor. Aufbauend auf der kommunikativen Überführung der strate- gischen Pläne in operative oder strategische Aktionspläne leistet der kombinierte Prozess die Transformation des strategischen Plans auf den individuellen Kontext der nächst disaggregierten Ebene durch Integration der Center- und Individualzielvereinbarung in die Steuerungssyste- matik. Der strategische Plan wird in dem bereits beschriebenen bottom-up-Ansatz durch Einbe- ziehung der Abteilungsleiter, Centermitarbeiter oder Individualdiskussion mit dem verein- barenden Mitarbeiter konkretisiert und auf den spezifischen Steuerungskontext zugeschnitten.53 Der vorgestellte kombinierte Steuerungsprozess ermöglicht die Einbindung der nachgelagerten organisatorischen Hierarchieebenen in den strategischen Steuerungsprozess. Wert kann im Unternehmen nur dadurch geschaffen werden, dass operative Prozesse in die wertorientierte Steuerung einbezogen werden. Hierzu ist die strategische Implementierung im Sinne einer Verbindung zwischen den übergeordneten Unternehmenszielen und den operativen Prozessen notwendig und im kombinierten Steuerungsansatz gegeben. Zur wertorientierten Steuerung bedarf es ergänzend verhaltensorientierter Durchsetzungsmaßnahmen. Nach Welge sind dies Maßnahmen der Strategievermittlung, der Einweisung und Schulung sowie der Schaffung eines strategiebezogenen Konsenses.54 Der entwickelte Ansatz vermittelt die Strategie durch die Einbeziehung der Balanced Scorecard. Zudem wird mit Hilfe der Orientierung der Center- und Individualzielvereinbarung an den übergeordneten strategischen Zielen der strategiebezogene Konsens angestrebt.55 Die verbleibenden Elemente der Schulung und Bewusstseinsschaffung sind grundsätzliche Elemente der Einführung von Steuerungssystemen. Letztendlich leistet der kombinierte Ansatz eine Unterstützung zur Entwicklung der dezentralen Teilstrategien i.S.d. wertorientierten Steuerung durch die Nutzung kommunikativer Elemente. Diese sorgen durch ihre Verwendung als kommunikative Klammer für eine einheitliche Grundausrichtung der Organisation, trotz der geforderten und notwendigen dezentralen Teilstrategien.56 Eine Verzahnung der strategischen mit der operativen Planung ist in Anlehnung an Rappaport und den bereits im Kapitel 7.1.1 dargestellten Ausführungen ebenso durch eine Entwicklung 51 Vgl. Espejo, R., u.a. (1996), S. 22. 52 Vgl. Wild, J. (1974), S. 42f. 53 Vgl. Kapitel 6.3. 54 Vgl. Welge, M. K., u.a. (2001), S. 536. 55 Vgl. Abbildung 60 auf Seite 232. 56 Vgl. Al-Laham, A. (2000), S. 274. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 261 operativer Mikro-Wertgeneratoren darstellbar.57 Diese werden aus den Wertpotenzialen bzw. den Makro-Wertgeneratoren deduktiv abgeleitet und ermöglichen die Transformation in den operativen Bereich sowie die Ermittlung des Wertes autonomer Einheiten. Zur methodischen Strategieimplementierung erfordert das Wertmanagement eine Überführung der strategischen Makro- in die operativen Mikro-Wertgeneratoren im Sinne einer Verbindung der Schnittstelle zwischen strategischer und operativer Planung. Der vorgestellte kombinierte Steuerungsprozess leistet diese Transformation durch den Aufbau des Zielsystems mit Hilfe der vorgestellten Kom- bination aus top-down- und bottom-up-Planung bei Nutzung der Strategy Maps. Zudem ermög- licht die Einbeziehung der Center- und Individualzielvereinbarung eine Überführung der Makro- in Mikro-Wertgeneratoren bis in den persönlichen Verantwortungsbereich. Bislang endeten diese Überführungsversuche der strategischen Planung in der Ebene der Geschäftseinheiten. 7.1.3.3 Analyse der Kontrollphase Planungen weisen aufgrund der begrenzten kognitiven Fähigkeiten des Menschen einen stark selektiven Charakter auf. Die Strategieüberführung aus dem Allgemeinen bis in den Individu- albereich der Zielvereinbarung gewährleistet eine Reduktion der Komplexität und Unsicherheit auf ein signifikant geringeres Maß. Ziele werden dezentral festgeschrieben bzw. vereinbart, in Maßnahmen überführt und in grundsätzliche Zusammenhänge gebracht. Durch diesen verein- fachenden dezentralen Ansatz werden nicht nur die Planungs- und Implementierungsphase, son- dern durch die Verantwortungsdelegation auch die Kontrollphasen erleichtert. Im kombinierten Steuerungsprozess erfolgen Ableitung, Erfassung, Interpretation, Priorisierung und Selektion von Zielen und Maßnahmen autonom durch die dezentrale Stelle. Diese oder die dezentral übergeordnete Stelle ist entsprechend der jeweiligen Kompetenz für die Kontrollen verantwort- lich. Kontrolliert wird damit dezentral und somit wird die Führung entlastet.58 Die strategischen Ziele und ihr Umsetzungsstand werden kontinuierlich von der unterjährigen und jährlichen Zielerreichung kontrolliert. Dieses geschieht durch die revolvierende Planung und Budgetierung, die unterjährige Zielkontrolle der Center- und Individualzielvereinbarung durch vereinbarte Meilensteinkontrollen als auch durch die Überprüfung der Mitarbeiterleistung im Mitarbeitergespräch. Für das Wertmanagement ist es entscheidend, dass strategische Ziele in den operativen Bereich überführt, festgeschrieben und permanent angegangen werden. Der kombi- nierte Steuerungsprozess gewährleistet dieses und trägt darüber hinaus dazu bei, dass die strate- gischen Pläne und deren Umsetzungsstand permanent und unternehmensweit in Bezug auf ihre 57 Vgl. Rappaport, A. (1998), S. 55f. 58 Strategy Maps, Centersteuerung, Zielvereinbarung, Investitions- und Absatzplanung, etc. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 262 Tragfähigkeit hin überprüft und ggf. angepasst werden.59 Durch diese Initiierung eines kontinu- ierlichen „Trial-and Error-Prozesses“ entsteht eine wichtige Lenkungsfunktion für die strategi- sche Planung und Steuerung. Dies entspricht der im Balanced Scorecard-Ansatz geforderten vierten Prozessstufe des strategischen Feedbacks und Lernens. Das Einbeziehen der Steuerungs- elemente des kombinierten Prozesses ermöglicht zudem eine umfangreiche planungsbegleitende Unterstützungsleistung im Gegensatz zu einer ausschließlichen ex-post-Kontrolle.60 Potenzielle strategische Fehlentwicklungen oder Veränderungen im Steuerungsumfeld können so direkt über Frühwarnindikatoren identifiziert, erfasst und angegangen werden. Eine Kontrolle i.S.d. wertorientierten Unternehmenssteuerung verlangt neben der operativen Zielerreichungskontrolle einen weiteren entscheidenden Ansatz. Nicht ausschließlich das effiziente Erreichen strategischer Ziele steht im Mittelpunkt der Betrachtung. Eine entsprechende Kontrolle beinhaltet zudem eine Effektivitätsüberprüfung der formulierten Unternehmens- strategie in Bezug auf die Erreichung der wertschaffenden Vision.61 Hierzu bedarf es einer • strategischen Prämissenkontrolle (Annahmen über die der Strategie zu Grunde liegenden unternehmensinternen und externen Phänomene); • strategischen Durchführungskontrolle (Überwachung der Ergebnisse – auch in Form von Wirkungen – der ausgewählten Handlungen auf Basis zuvor festgelegter Kriterien); • strategischen Überwachung (Analyse der bislang nicht in der Strategieformulierung berücksichtigten Phänomene, insbesondere externe Sicht).62 Der aufgezeigte Ansatz ermöglicht eine entsprechende Kontrolle durch den direkten Individual- bezug. Wichtiges Element dieser Kontrolle ist die Herstellung des persönlichen Bezuges der strategischen Ziele durch Deduktion in die jeweiligen gemeinschaftlichen oder individuellen Verantwortungsbereiche. Zudem bedarf es eines Führungsstils, der ein persönliches Feedback im Sinne eines gemeinschaftlichen Lernens ermöglicht. Wird in diesem Zusammenhang festgestellt, dass die Strategie es nicht mehr ermöglicht, die angestrebte Vision zu erreichen, so ist eine umfassende Strategierevolvierung und Ableitung neuer strategischer Initiativen und Maßnahmen bis in den operativen Bereich erforderlich. Offensichtlich wird dieses zudem, wenn die wertbestimmenden Cashflow-Prognosen der mone- tarisierten Wertpotenziale der strategischen Erfolgsfaktoren verfehlt werden.63 59 Dieser Ansatz löst über die vorgestellte Vorgehensweise auf eine gute Weise das bestehende und oben bereits dargestellte Komplexitätsproblem. 60 Vgl. Steinmann, H., u.a. (1997), S. 233f. 61 Vgl. Kapitel 3.3.1.5.1 und 4.2.1.3. 62 Vgl. Hasselberg, G. (1989), S. 57. 63 Vgl. Kapitel 7.1.3.1. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 263 7.2 Lösungsansatz der Discounted Cashflow-Problematik Das zentrale Instrument des Wertmanagements bestand bislang im DCF-Ansatz.64 Durch seinen nachlaufenden Ergebnischarakter und seine ausschließlich monetäre Ausrichtung ist dieser Ansatz jedoch nicht geeignet, im Sinne eines erweiterten Wertbegriffs die finanziellen Werte um qualitative, vorlaufende Ziele zu ergänzen.65 Damit werden nur Symptome, keine Ursachen der Wertsteigerung identifiziert. Zudem ist es mit Hilfe des Ansatzes nicht möglich, operationale Anknüpfungspunkte zur Strategiekonkretisierung zu benennen oder die Strategie verständlich in die operativen Ebenen zu transportieren. Die nachfolgenden Ausführungen beschreiben diese Defizite und zeigen zugleich auf, wie der kombinierte Steuerungsprozess über eine Synthese der leistungswirtschaftlichen mit den finanzwirtschaftlichen Indikatoren einen pragmatischen Lösungsansatz zur Weiterentwicklung des Wertmanagements in Richtung eines durchgängigen, wertorientierten Führungssystems und zur Beseitigung dieser Defizite anbietet.66 7.2.1 Horizontale Kompatibilität der Steuerungsgrößen Das primäre Ziel der wertorientierten strategischen Steuerung besteht in der Steigerung des Unternehmenswertes. Konkret bedeutet dies, dass freie Cashflows generiert werden sollen. Freie Cashflows repräsentieren das monetarisierte Ergebnis wertschaffender Aktivitäten, haben jedoch lediglich nachlaufenden Ergebnischarakter. Rappaport hat als erster Autor die Idee des Share- holder Values als Instrument zur Unternehmenswertsteigerung beschrieben.67 Aufgrund der weiten Verbreitung des Discounted Cashflow-Ansatzes wurde dieser in der Literatur zum wesentlichen Bezugspunkt der Diskussion einer wertorientierten strategischen Steuerung. Weiterentwicklungen der wertorientierten Steuerung knüpfen in der Literatur häufig an die Ausführungen des DCF-Ansatzes von Rappaport an.68 In Bezug auf den DCF-Ansatz ist anzumerken, dass allein auf monetäre Größen ausgerichtete Steuerungskonzepte heute nicht mehr den Bedürfnissen der modernen Unternehmensführung entsprechen.69 Entscheidend für eine Erweiterung des DCF-Ansatzes ist deshalb eine Synthese der klassischen strategischen Leistungsdimension mit der finanztechnischen Evaluationsdimen- sion zu einem ganzheitlichen Steuerungskonzept. Zwischen qualitativen Vorlaufgrößen und den monetären Ergebnisgrößen ist ein direkter Zusammenhang herzustellen. Die Wertgeneratoren sind in einem idealtypischen Ansatz auf diesem Wege zu ermitteln. 64 Vgl. Kapitel 5.4.1.1. 65 Vgl. Volkart, R. (1997), S. 81. 66 Vgl. Moser, J.-P. (2001), S. 71. 67 Vgl. ausführlich Rappaport, A. (1994). 68 Vgl. Siegert, T. (1994), S. 110. 69 Vgl. Chakravarthy, B. S. (1986), S. 442ff. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 264 Zwischen den Wertgeneratoren bestehen komplexe Wirkungszusammenhänge, welche zum Teil dynamischen Veränderungen unterliegen. Leider lassen sich diese Wirkungsrelationen nicht mit Hilfe einfacher, abstrahierender Modelle abbilden. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Erfolgspotenzialen und der monetären Steuerungsinstanz ist für die Unternehmenssteuerung zudem nur schwer zu ermitteln.70 Eine Identifizierung der entscheidenden Wertgeneratoren über Sensitivitätsanalysen für eine verlässliche Einschätzung der relativen Bedeutung der Vorlaufgrö- ßen ist zudem nur schwer möglich. Wertpotenziale können daher als Zeitraumgrößen betrachtet werden, welche in Bezug auf deren Auswirkungen auf den unternehmerischen Wert erhebliche Informationsdefizite aufweisen. Das Ziel der wertorientierten Steuerung besteht deshalb darin, diese Informationsdefizite zumindest partiell zu überwinden. Unter horizontaler Inkompatibilität wird in diesem Zusammenhang die fehlende Verknüpfungs- möglichkeit der Vorlaufgrößen mit der finanztechnischen Dimension verstanden. Der kombi- nierte Steuerungsprozess der Arbeit ermöglicht durch die Erstellung der Strategy Maps eine Komplexitätsreduktion bestehender Wirkungszusammenhänge. Die Strategy Map zeigt Ursache- Wirkungs-Zusammenhänge auf und stellt damit ein Instrument zur Komplexitätsreduktion zur Verfügung. Werden in diesem Zusammenhang wertgenerierende Kennzahlen konkretisiert, so liefert die „Strategielandkarte“ auf der horizontalen Ebene eine gute Unterstützungsleistung durch eine pragmatische Herangehensweise. Als Vorstufe für die vertikale Integration in den operativen Bereich dient der wertorientierte Bereich der Strategy Map zudem der übergeord- neten Orientierung für individuelle Ableitungen bis in den Bereich der Zielvereinbarungen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das entwickelte Modell eine Erweiterung des klassischen DCF-Ansatzes zur Berücksichtigung vorgelagerter strategischer Erfolgsfaktoren ermöglicht. Eine Verbindung qualitativer Vorlaufgrößen über das Instrument der Strategy Map mit den finanziellen Ergebnisgrößen kann perspektivisch erfolgen. Angemerkt sei an dieser Stelle jedoch, dass eine umfassende Analyse der nicht-monetären Steuerungsgrößen und ihrer multiplen Interaktionsbeziehungen zu den monetären Steuerungsgrößen notwendig ist. Hierzu bedarf es einer Auswahl der wesentlichen Wertgeneratoren durch eine ausführliche Strategie- analyse. Die Strategie Map sollte durch das Top-Management in einem Workshop erarbeitet und Wirkungsrelationen eingeschätzt, festgehalten und verdeutlicht werden. Zudem ist es sinnvoll, die zeitliche Komponente aufgrund der dynamischen Veränderungen zu berücksichtigen. Zur Generierung eines wertsteigernden Systems bedarf es des Weiteren einer Ergebniskommunika- tion in das Gesamtunternehmen über eine gezielte Kommunikationsstrategie.71 Die Integration der Zielsteuerung in den kombinierten Steuerungsprozess gewährleistet letztendlich eine konti- nuierliche Verfolgung und Plausibilisierung der wertorientierten Ziele. 70 Vgl. Welge, M. K., u.a. (1999), S. 145. 71 Vgl. Lattwein, J. (2001), S. 162ff. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 265 7.2.2 Vertikale Kompatibilität der Steuerungsgrößen Die wertorientierte Unternehmensführung thematisiert in Ergänzung zur horizontalen Inkom- patibilität die vertikale Inkompatibilität der Steuerungsgrößen. Hierunter ist die Umsetzungs- problematik konzentrierter, wertorientierter Unternehmensvisionen und Ziele in die operativen Einheiten zu verstehen.72 Hier ist das Verknüpfungsproblem zwischen aggregierten und disag- gregierten Steuerungsgrößen, welche unterschiedlichen organisatorischen Ebenen angehören, zu lösen. Der DCF-Ansatz ist in der Realität nur wenig geeignet, operationale Anknüpfungspunkte zur Strategiekonkretisierung im Sinne einer Wertsteigerung zu benennen.73 „Viele Ansätze in der Praxis brechen […] dort ab, wo wertsteigernde Zielvorgaben mit den operativen Messgrößen auf Abteilungs-, Prozess- und Mitarbeiterebene verknüpft werden müssen.“74 Bestätigt wird diese Verknüpfungsproblematik durch zahlreiche empirische Untersuchungen.75 Die wertorientierte Steuerung ist zielführend, wenn sie durchgängig auf allen Ebenen der Orga- nisation und letztendlich bis in das tägliche Handeln aller Organisationsmitglieder verankert wird. Wettbewerbsvorteile werden durch Bezugnahme auf operationale Prozesse und durch kon- kretes Handeln der Organisationsmitglieder aufgebaut. Hierfür ist es Voraussetzung, dass die Idee der Wertschaffung in den spezifischen Kontext der dezentralen Einheiten übersetzt und dort konkretisiert wird. Die dezentralen Einheiten haben ihren Beitrag zum gemeinsamen Ziel der Wertsteigerung zu kennen und entsprechend zu erbringen. Dieses ist nur durch ebenenspezi- fische, wertpotenzialbezogene Steuerungsgrößen darstellbar. I.S.d. wertorientierten Steuerung sollten diese Steuerungsgrößen zur Orientierung des Entscheidungsverhaltens der dezentralen Einheiten dienen und eine Kontrolle ermöglichen.76 Der kombinierte Steuerungsprozess leistet durch die Kombination von Balanced Scorecard und Center- sowie Individualzielvereinbarung diesen geforderten Steuerungsbeitrag. Auf Basis der Ursache-Wirkungs-Beziehungen der horizontalen Ebene (Strategy Map) werden die strategi- schen Elemente in den operativen Bereich überführt.77 Dieses geschieht zum einen durch eine gezielte Strategieableitung in Form eines kombinierten top-down-/bottom-up-Ansatzes. Zum anderen werden abgeleitete strategische Ziele in die Zielvereinbarung auf Center- und Individu- alebene übernommen und damit in die jeweilige persönliche Verantwortung überführt. Die indi- 72 „ […] means translating the value concepts from abstract ideas into the reality of day-to-day business decisions about how and where a company’s resources are allocated. This translation must include an intuitive under- standing of why value management is important for the company, what value is, and how to affect it.” Knight, J. A. (1997), S. 262. 73 Vgl. Günther, T. (1997), S. 147. 74 Brunner, J., u.a. (1998), S. 34. 75 Vgl. Brunner, J. (1999), S. 13. 76 Vgl. Breid, V. (1994), S. 229. 77 Vgl. die Darstellung zur Ebenenverknüpfung in Abbildung 67 auf Seite 273. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 266 viduelle Einbindung einzelner Mitarbeiter in das Konzept der wertorientierten Führung stellt einen zentralen Erfolgsfaktor für die Generierung von Wert dar. Die Strategy Map dient der eigenverantwortlichen Steuerung als Orientierungsmuster für unternehmenskonformes Indivi- dualverhalten. Die Kombination der Balanced Scorecard mit dem Zielvereinbarungssystem stellt folglich das Instrument zur Komplexitätsreduktion und Transformation zur Verfügung. Die Aufgabe des Wertmanagements besteht nunmehr darin, hinreichend finanzwirtschaftliche Ziele zur Erreichung eines hohen freien Cashflows in das System zu integrieren. Die Übersetzungs- leistung der wertorientierten Strategie in den operativen Bereich bzw. zu den leistungswirt- schaftlichen Indikatoren erfolgt damit durch das Instrument der Balanced Scorecard (from strategy to action) und die aufbauenden dezentralen Zielvereinbarungen.78 Die Nutzung der drei Instrumentarien löst zudem ein weiteres Problem der wertorientierten Unternehmensführung. Die Implementierung von Strategien innerhalb der Organisation darf nicht als derivativer Ableitungsvorgang verstanden werden. Zur sinnvollen Überführung in den operativen Bereich bedarf es einer eigenen dezentralen strategischen Planungsleistung. Nur in der dezentralen Einheit ist es möglich, die strategischen Zielsetzungen und Planungen in Bezug auf tatsächliche Wertpotenziale und einhergehendes sinnvolles Verhalten kontextspezifisch zu ermitteln bzw. für diese abzuleiten und verbindlich in Ziele zu überführen.79 Dieses begründet sich durch die Komplexität der Wertpotenziale sowie ihre situationsspezifische Relevanz. Es ist notwendig, dass auf spezifisches Expertenwissen und die fundierten Kenntnisse hinsichtlich der dezentral relevanten Umwelteinflüsse zurückgegriffen wird. Hierbei bedarf es einer umfassenden Konformität der Strategieumsetzung bzw. Wertgenerierung zwischen den dezentralen Einheiten und der übergeordneten Konzern- oder Bereichsstrategie (vertikale Koordination). Zudem ist eine Konformität im Sinne einer horizontalen Koordination durch eine Harmonisierung unter- schiedlicher dezentraler Strategien auf einer Hierarchieebene notwendig.80 Der kombinierte Steuerungsprozess wird diesen Forderungen umfassend gerecht. Er betont den dezentralen Ent- scheidungscharakter und liefert zugleich die Struktur, um wertorientierte Ziele in die Organisa- tion zu kommunizieren, diese zu konkretisieren, zu koordinieren und zu vereinbaren. Bei Verwendung des DCF-Ansatzes wird durch eine Beschränkung der strategischen Steu- erungsaktivitäten auf die Ebene der Konzern- bzw. Geschäftsbereichsleitung bereits frühzeitig eine durchgängige Operationalisierung der Steuerung bis in den ausführenden operativen Bereich unterbunden.81 Eine Verbindung im Sinne einer vertikalen Integration kann aus diesem 78 Vgl. ausführlich Kapitel 6.2.3. 79 Vgl. Welge, M. K., u.a. (1992), S. 246. 80 Vgl. Kapitel 4.1.5.2. 81 Vgl. Lattwein, J. (2001), S. 167. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 267 Grund nicht erfolgen. Wertgeneratoren, welche top-down bestimmt werden und den Anspruch haben, alle relevanten Phänomene vollständig zu erfassen, verfehlen häufig das eigentliche Ziel, den dezentralen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Wertbeiträge können nicht in Form eines unternehmensbezogenen Totalmodells bestimmt werden. Der kombinierte Steuerungsprozess ermöglicht es jedoch, wertorientierte Strategien im Sinne von Handlungsrahmen mit Hilfe der Strategy Map in die Dezentralität zu überführen, Wertbeiträge dezentral zu identifizieren und zielorientierte Maßnahmen abzuleiten. Die bestehende Problematik kann damit gelöst werden. Zudem wird den dynamischen Veränderungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens durch die Betonung der dezentralen Kompetenzen Rechnung getragen. Meilensteinkontrollen, Integra- tion von positiven und negativen Sanktionen für die Zielvereinbarungen und die Delegation von Entscheidungsverantwortung ermöglichen eine dauerhafte Anpassung an eine sich verändernde Umwelt. Die Wertorientierung wird damit in das dezentrale Handeln aller Organisationsmit- glieder integriert und initiiert eine nachhaltige Unternehmenswertsteigerung. 7.2.3 Komplexitätsreduktion der Wertschaffung Die aufgezeigte horizontale und vertikale Inkompatibilität der Steuerungsgrößen, in Verbindung mit der bestehenden Planungsunsicherheit des DCF-Ansatzes aufgrund sich ständig verän- dernder Umfeldfaktoren, zeigen die Problematik der Einführung und Aufrechterhaltung der wertorientierten Unternehmenssteuerung deutlich auf. Die Wertgenerierung stellt dabei eine sehr komplexe Problemsituation dar. Über eine komplizierte Erfassung monetärer und nicht-mone- tärer Steuerungsgrößen hinaus, über deren multiple Interaktionsbeziehungen bis hin zu deren dynamischen Anpassung hat ein zuverlässiges wertorientiertes Steuerungssystem gezielt und koordiniert Unternehmenswerte zu steuern und zu generieren. Diese Aufgabe kann nicht mit trivialen, der Komplexität nicht genügenden Steuerungsmechanismen bewältig werden.82 Für den kombinierten Steuerungsprozess stellt sich die Frage, ob dieser den komplexen Anforde- rungen der Wertorientierung genügen kann. Bezüglich des erst genannten Kriteriums der zu lösenden komplexen Problemsituation, die Erfassung monetärer und nicht-monetärer Steu- erungsgrößen, kann festgestellt werden, dass diese Erfassung ermöglicht wird. Monetäre, wert- schaffende Ziele werden durch Einbeziehung der finanziellen Perspektive in der integrierten Balanced Scorecard erfasst und deren Zielerreichung kontrolliert. Finanzwirtschaftliche Ziele sind zudem Bestandteil der Centersteuerung und der Zielvereinbarungen. Planung und Budge- tierung enthalten ebenso finanzwirtschaftliche Steuerungsgrößen bezüglich der zu erreichenden Ziele. Nicht-monetäre Steuerungsgrößen sind zudem ein Bestandteil der Balanced Scorecard. 82 Vgl. Day, G. S. (1990), S. 334. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 268 Diese gewährleistet einen umfassenden Performance Measurement-Ansatz durch die der finanz- wirtschaftlichen Perspektive vorgelagerten Steuerungsgrößen. Eine umfassende Implementie- rung und Erweiterung dieser nicht-monetären Größen erfolgt im Steuerungsprozess durch die Anbindung der Center- und Individualzielvereinbarung.83 Zur Komplexitätsreduktion der Wertschaffung wird zudem auf die multiplen Interaktionsbe- ziehungen zwischen den Steuerungsgrößen hingewiesen. Neben der Komplexität der Wertpoten- ziale ist an dieser Stelle auf die selektive Wahrnehmung und begrenzte Verarbeitungskapazität des Menschen hinzuweisen. Eine zielorientierte Steuerung hat es aus diesem Grund zu ermög- lichen, diese Interaktionsbeziehungen zielgruppenspezifisch aufzuzeigen und zu kommunizieren. Zudem ist es erforderlich, den entsprechenden Grad an notwendigen Interaktionsbeziehungen zu identifizieren, der gerade noch abzubilden ist. Die Komplexität der relevanten in- und externen Phänomene darf nicht dazu führen, in einen fatalistischen Determinismus zu verfallen, innerhalb dessen die Unternehmensführung ohne Chance ist, konkret gesetzte Ziele zu verfolgen. Zudem sind sämtliche Beziehungen aufgrund der Komplexität der Wertschaffung nicht darstellbar. Zur Orientierung für die unterschiedlichen Bereiche und Ebenen des Unternehmens sollte jedoch ein die Wertschaffung unterstützender Handlungsrahmen abgeleitet werden. In diesem Kontext ist anzumerken, dass die internen und externen Erfolgs- bzw. Wertpotenziale nahezu unbegrenzt sind. Hieraus resultiert ein erheblicher Aktivitätsspielraum, innerhalb dessen wertorientierte Handlungen ableitbar sind. Das vorliegende Modell leistet aus diesem Grund zum einen eine Hilfestellung zur Identifizierung der wesentlichen Interaktionsbeziehungen zwischen den pers- pektivischen Zielelementen, insbesondere durch die Erstellung und Ableitung der Strategy Map. Zum anderen dient es als Kommunikationsinstrument im Sinne einer Verdeutlichung der Unter- nehmensziele, deren Abhängigkeiten und damit auch der integrierten Wertkomponenten. Eine Kommunikation der Abhängigkeiten und auch der eigentlichen Ziele des Wertmanagements wird über die Verankerung der Grundstrategie des Unternehmens durch die entsprechenden Teilelemente durchgeführt.84 Die Strategy Map leistet damit nur einen ersten Beitrag zur Dar- stellung und Steuerung der multiplen Interaktionsbeziehungen. Sie dient als Basis für die Ablei- tung der wertorientierten strategischen Ziele in die operative Ebene (vertikale Integration).85 Die Überführung der wertorientierten Ziele in die operativen Bereiche erfolgt ergänzend über regel- mäßige Strategiegespräche und durch die Integration dieser Ziele oder der zugehörigen Werttrei- ber in die Center- und Individualzielvereinbarung. Grundlage hierfür sind offene und auszuhan- 83 Vgl. die Festschreibung von Wirkungszielen in der Effektivitäts- und Effizienzdiskussion. Input, Output vs. Outcome in Kapitel 3.3.1.5. 84 Vgl. Abbildung 61 auf Seite 235. 85 Vgl. Kapitel 7.2.2., sowie Abbildung 67 auf Seite 273. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 269 delnde Prozesse. Die einzelnen Mitarbeiter diskutieren hierbei mit ihrem Vorgesetzten die über- geordneten Ziele und leiten auf Basis der in der Strategy Map verdeutlichten Ursache-Wirkungs- Beziehungen ihr eigenes Handeln ab. Dieses wird in der Zielvereinbarung auf Center- oder Individualebene festgeschrieben und prägt damit das situationsspezifische Individualverhalten. Voraussetzung der wertorientierten Steuerung ist die Identifizierung relevanter Wertpotenziale und -generatoren in den dezentralen Einheiten, anhand deren spezifische Zielsetzungen, Strategien und Maßnahmen zu entwickeln sind. Jeder Mitarbeiter sollte in der Lage sein, seinen Beitrag zum Ziel der Wertsteigerung zu erkennen und eigenständig danach zu handeln. Die wert- orientierte Steuerung weist damit einen stark situativen Charakter auf, welcher durch die Komplexität des realen Steuerungskontextes begründet ist. Der entwickelte Prozess trägt diesen aufgezeigten Ansprüchen umfassend Rechnung und trägt damit zu einem kontrollierten wert- schaffenden und wertidentifizierenden Prozess bei. Zudem generiert er durch das Einbeziehen der Komponente der Zielsteuerung und der verbundenen Dezentralisation von Entscheidungs- befugnissen einen Regelautomatismus, vergleichbar mit einer lernenden Organisation.86 Dieses ist eine Voraussetzung für den Systemerfolg, da die Wahrnehmung von Wertpotenzialen stets mit dem Standpunkt des Betrachters und der ihn unmittelbaren Umwelt korrespondiert. Der kombinierte Steuerungsprozess weist einen weiteren Vorteil auf. Vergleichbar mit dem Feedback und strategischen Lernen der Balanced Scorecard87 sind die Einzelelemente ent- sprechend angeordnet, dass permanent Rückkopplungen ermöglicht werden. Kontinuierliche Interaktionsbeziehungen zwischen den Steuerungselementen erzeugen einen dynamischen Ent- wicklungsprozess und tragen damit zur Identifizierung von Interaktionsmustern und zu deren kontinuierlicher Hinterfragung bei. Dieses geschieht durch eine weitgehende Selbstorientierung des Mitarbeiters aufgrund der Entscheidungs- und Handlungsdelegation sowie der regelmäßigen Gesprächsführungen beim Mitarbeitergespräch, den Zielvereinbarungs- und den Rückkopplungs- gesprächen.88 Lose gekoppelte Subsysteme sind sowohl beweglich, als auch beständig. Auf diese Weise kann gleichzeitig Beweglichkeit und Beständigkeit realisiert werden.89 Aufgrund eines dynamischen Umfeldes ist es für das Unternehmen notwendig, permanent nach Wertsteigerungspotenzialen zu suchen. Ein instabiles Unternehmensumfeld führt zu plötzlichen Diskontinuitäten. Vorhandene und als sicher eingestufte Wertsteigerungspotenziale werden 86 Vgl. ausführlich Hill, H. (1994), S. 40ff. 87 Vgl. Kapitel 4.3.3.4. 88 Vgl. ausführlich Abbildung 62 auf Seite 240. 89 Das Konzept der losen Kopplung entstand Anfang der siebziger Jahre in der allgemeinen Systemtheorie. Eingang in die Organisationstheorie fand es insbesondere durch die Arbeiten von Weick. Im Unterschied zu starr verketteten Subsystemen lässt eine lose Kopplung Input und Störungen aus anderen Subsystemen nur in be- schränktem Umfang zu. Jedoch besteht eine bessere Anpassungsfähigkeit modular aufgebauter, lose gekoppelter Systeme und größere Robustheit gegenüber Störungen. Vgl. ausführlich Weick, K. (1995). 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 270 plötzlich obsolet. Andererseits ist es denkbar, dass bislang unbeachtete Wertpotenziale an Rele- vanz gewinnen und es dem Unternehmen ermöglichen, zusätzlichen Wert zu generieren. Die Identifikation und kontinuierliche Überprüfung bestehender Wertpotenziale ist aus diesem Grund als ein beständiger und umfassender Prozess zu verstehen, den die strategische Unter- nehmensplanung zu gewährleisten hat. Hieraus resultiert die Forderung nach der Existenz schneller Aktions- und Reaktionspotenziale zur Wertsicherung und Werterschließung. Die dynamische Anpassung der Steuerungsgrößen ist eine Grundvoraussetzung des kombinier- ten Steuerungsprozesses. Nur durch eine kontinuierliche Anpassung des Unternehmens an sich verändernde Umweltanforderungen können Risikosituationen gemeistert und Chancen wahrge- nommen werden. Die Aufgabe der Identifizierung von und der Reaktion auf neue Umwelt- einflüsse obliegt jedem Organisationsmitglied. Grundsätzlich ist es nicht möglich, nur durch die Unternehmensführung relevante Veränderungen zu identifizieren und hieraus Handlungs- optionen abzuleiten. Aus diesem Grund verfügt der Prozess zum einen über einen regelmäßigen Feedback-Mechanismus und zum anderen über die Möglichkeit der eigenverantwortlichen Handlungsentscheidung und -anpassung. Die Notwendigkeit der Korrektur von Zielen und Steuerungsgrößen wird in der Folge bottom-up in die Organisation weitergegeben, so dass Steu- erungsgrößen einem beidseitigen Anpassungs- und Überprüfungsprozess unterliegen. Zusammenfassend kann in Bezug auf den DCF-Ansatz festgehalten werden, dass dieser das Problem der Komplexität lediglich in Form von Symptomen erkennt. Grundsätzliche Aussagen zu Mechanismen der Komplexitätsreduktion und ganzheitlichen Steuerung werden durch den DCF-Ansatz nicht geleistet. Zudem ist es nicht möglich, über ein zentral verankertes Planungs- und Kontrollsystem ganzheitlich wertorientiert zu führen. Hierzu bedarf es einer koordinieren- den Verbindung multipler und simultan ablaufender Steuerungsmechanismen in den einzelnen, dezentralen Einheiten des gesamten Unternehmens. Der kombinierte Steuerungsprozess wird diesen Ansprüchen gerecht. Er liefert einen komplexitätstauglichen Steuerungsmechanismus, welcher wertorientierte Ziele kommunizieren, identifizieren und verbindlich in den dezentralen Einheiten festlegen hilft. Durch die Betonung der Dezentralität rücken zudem die Ursachen im Gegensatz zu den Symptomen der Wertsteigerung in den Betrachtungsmittelpunkt. Mit Hilfe des Ansatzes kann die Wertorientierung umfassender und flexibler implementiert und damit den Anforderungen des volatilen Marktes begegnet werden.90 90 An dieser Stelle ist anzumerken, dass die wertorientierte Steuerung kein originärer Anspruch des DCF-Ansatzes war. Die Kritik ist daher zu relativieren. Der aufgezeigte Ansatz ermöglicht jedoch eine konstruktive Entwicklung hin zu einem umfassenden wertorientierten Steuerungssystem. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 271 7.3 Bewertungsansatz auf Basis differenzierter Studienergebnisse Die nachfolgenden Ausführungen vermitteln zunächst einen Überblick über bestehende Defizite der heutigen Unternehmenssteuerung. Hierzu wird auf aktuelle Studien der Beratungsunterneh- men KPMG, Arthur Andersen und Horváth & Partners zurückgegriffen. Aufbauend wird dar- gestellt, wie der kombinierte Steuerungsprozess dieser Arbeit einen wesentlichen Beitrag zur Beseitigung dieser bestehenden Defizite leisten kann. In diesem Zusammenhang wird unterstellt, dass er durch eine Verbesserung des gesamten Steuerungsprozesses unternehmerischen Mehr- wert schafft und damit der Wertorientierung entspricht, d.h. Wert schafft. 7.3.1 Ansatz auf Basis der Studienergebnisse von KPMG Zur Implementierung der wertorientierten Steuerung wurde durch das Cranfield Centre for Stra- tegie Management and Organizational Change in Zusammenarbeit mit der Beratungs- gesellschaft KPMG eine Studie durchgeführt.91 Die Schwierigkeiten der Implementierung einer wertorientierten Steuerung bestehen laut Studienergebnis insbesondere in der Nachvollzieh- barkeit der Verknüpfungen zwischen strategischen und finanzwirtschaftlichen Steuerungsgrö- ßen.92 Das Problem besteht folglich darin, eine einfache und plausible Kommunikationsweise für die bestehenden Zusammenhänge zu konstruieren und diese nachvollziehbar zu kommunizieren. An dieser Stelle sei an die Einbeziehung der Strategy Maps im entwickelten Steuerungsprozess erinnert.93 Die Strategy Map ermöglicht eine einfache Verbindung der übergeordneten strate- gischen Ziele mit den finanzwirtschaftlichen Zielen. Das übergeordnete Ziel der Wertsteigerung des Unternehmens wird über deutliche Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge mit den finanzwirt- schaftlichen Steuerungsgrößen in Bezug gebracht. Darüber hinaus wird über weitere Perspekti- ven ein durchgängiger Gesamtbezug hergestellt, welcher einfach darstellbar und kommuni- zierbar ist. Dieser Ansatz leistet damit eine umfassende Kommunikationsunterstützung und ermöglicht das anschauliche Nachvollziehen von Beziehungen und Wirkungen. Ein weiteres Ergebnis der Studie ist das Fehlen konzeptioneller Hilfestellungen, welche bei der Konstruktion kausaler Abhängigkeiten zwischen den strategischen Erfolgsfaktoren unterstützen. Der kombinierte Steuerungsprozess bietet durch die Integration der grundsätzlichen Zusammen- hänge zwischen Erfolgsfaktoren und Erfolgspotenzialen sowie durch eine beispielhafte Einbezie- hung grundsätzlicher Faktoren als Orientierungsgrundlage94 eine gute konzeptionelle Hilfestel- lung bei der Konstruktion von kausalen Abhängigkeiten zwischen den strategischen Erfolgsfak- 91 Die Zusammenfassung der Ergebnisse der Studie finden sich bei Peschke, M. A. (1997), S. 98f. 92 Vgl. Gentner, A. (1999), S. 45. 93 Vgl. Abbildung 64 auf Seite 244 sowie Kapitel 6.4.2. 94 Vgl. Abbildung 19 auf Seite 104, in Verbindung mit Kapitel 5.2. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 272 toren. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, sich an den dargestellten grundsätzlichen Werttrei- bern zu orientieren und hierauf aufbauend kausale Zusammenhänge abzuleiten. Zudem liefert die Strategy Map ein Instrument zur Herstellung von Kausalzusammenhängen zwischen den Wert- treibern bzw. den einzelnen strategischen Erfolgsfaktoren. Der kombinierte Steuerungsprozess bringt diese Faktoren über eine perspektivische Darstellungsform in ein grundsätzliches, die Komplexität vereinfachendes, Raster. Letztendlich ist es durch eine Überführung der in der Strategy Map festgelegten Ziele in die operative Ebene möglich, Abhängigkeiten zwischen einzelnen Abteilungszielen abzuleiten. In Bezug auf die rechentechnischen Probleme stellt die Studie zudem fest, dass diese weit weni- ger relevant sind, als in der wissenschaftlichen Diskussion dargestellt. Eine letztendliche Quanti- fizierung zu wählender strategischer Optionen ist zwar sinnvoll für eine Kommunikation gegenüber dem Kapitalmarkt oder eine Vergleichbarkeit vorhandener Alternativen, von den Entscheidungsträgern wird diese Quantifizierung aufgrund der unsicheren Zukunftsgestaltung in der Regel jedoch vernachlässigt oder nicht ernsthaft eingefordert. 7.3.2 Ansatz auf Basis der Studienergebnisse von Arthur Andersen Eine Studie der Beratungsgesellschaft Arthur Andersen zum Thema „Value-Based Performance Management“ kommt zu dem Ergebnis, dass rund 80 Prozent der Führungskräfte in deutschen Unternehmen und in der Schweiz mit den derzeitig bestehenden Führungsinformationssystemen und den entwickelten Leistungsindikatoren unzufrieden sind. Eine wesentliche Aussage der Studie ist zudem, dass die zentralen Unternehmensziele und die Steuerungsgrößen95 der wert- orientierten Steuerung zu finanzlastig sind. Zudem stehen die aggregierten Steuerungsgrößen auf der Ebene der Geschäftsführung nicht in Verbindung mit denen auf den nachgelagerten Ebenen des Unternehmens.96 Der kombinierte Steuerungsprozess verbindet insbesondere die Wertorientierung mit dem Per- formance Measurement durch Integration der Balanced Scorecard über wertorientierte Ziele. Das in der Studie proklamierte Fehlen der logisch vorgelagerten, nicht-monetären Strategieaspekte wird somit im kombinierten Steuerungsprozess hinreichend berücksichtigt. Gut ersichtlich ist dieses am Beispiel der Strategy Map.97 Diese verbindet die finanzielle Perspektive mit den vorgelagerten Werttreibern des Erfolges und zeigt die Ursache-Wirkungs-Beziehungen bis zur Finanzperspektive auf. Entscheidend ist jedoch die Integration wertorientierter Erfolgsfaktoren oder -potenziale in die Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge. 95 Key Performance Indicators. 96 Vgl. Darstellungsform bei Brunner, J. (1999), S. 13ff. 97 Vgl. Abbildung 64 auf Seite 244. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 273 Bezüglich des zweiten Kritikpunktes zur wertorientierten Steuerung kann festgestellt werden, dass das entwickelte Modell eine Verbindung zwischen den aggregierten Steuerungsgrößen auf der Ebene der Geschäftsleitung mit den Steuerungsgrößen der nachgelagerten Ebenen ermög- licht. Dieses wird insbesondere durch Integration der Center- und Individualzielvereinbarung bis in die operativen Prozessebenen bzw. die Ebene der einzelnen Mitarbeiter ermöglicht. Die fehlende vertikale Durchgängigkeit der wertorientierten Steuerungssysteme kann damit mit Hilfe des kombinierten Ansatzes realisiert werden.98 Eine gute Darstellung dieses Zusammenhanges liefert die nachfolgende Abbildung 67. Auf der übergeordneten Unternehmensebene werden für alle Bereiche relevante wertorientierte Ziele definiert. Die dezentralen Bereiche übernehmen die für sie relevanten Ziele, passen sie an oder ergänzen sie um eigene Zielvorstellungen. Gesamtunternehmensebene   Hauptabteilungs-, Center- oder Individualebene Ziele ohne Relevanz für untergeordneten Bereich. Zusätzliche Ziele, nicht direkt aus übergeordneten abgeleitet. Abbildung 67: Ebenenverknüpfung99 Die jeweiligen Zielvereinbarungen enthalten Ziele aus der übergeordneten Ebene als auch neue, eigene Ziele. Die aus der übergeordneten Ebene abgeleiteten Ziele haben einen Charakter von Mikro-Werttreibern und operationalisieren die eigentliche Strategie. Die übergeordnete Ebene stellt eine Strategy Map dar und verdeutlicht die Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge der Kern- ziele untereinander und zur Gesamtstrategie. Da das Wertmanagement einen Teil der strate- gischen Ziele unmittelbar vorgibt bzw. alle Ziele mittelbar auf die Wertsteigerung hinauslaufen, ist durch eine Orientierung an der übergeordneten Ebene die Wertorientierung gewährleistet. Ein wichtiger Schritt zur wertorientierten Führung ist die Transformation des Wertmanagements von der obersten Ebene in die konkrete Umsetzung der Wertorientierung auf der operativen Ebene. Eine wertorientierte Führung liegt erst dann vor, wenn eine Überführung in das tägliche Handeln der Organisationsmitglieder erfolgt. Die einzelnen Mitarbeiter müssen sich der Idee der Wertschaffung verpflichtet fühlen und ihren individuellen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels 98 Vgl. Gentner, A. (1999), S. 45. 99 Abbildung in Anlehnung an Vorgehensweise von Horváth & Partners; vgl. Horváth & Partners (2003a), S. 78. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 274 kennen und diesen zu leisten im Stande sein.100 Einigt sich das Unternehmen auf die Kommuni- kation wertorientierter Ziele mit Hilfe einer Verankerung der Grundstrategie und einer Strategie- umsetzung und -integration entsprechend des kombinierten Prozesses,101 so kann das wertorien- tierte Handeln kommuniziert, verstanden, konkretisiert oder ergänzt sowie individuell verankert werden. Damit wird die wertorientierte Führung durch den entwickelten Prozess verstärkt. 7.3.3 Ansatz auf Basis der Studienergebnisse von Horváth & Partners Durch Horváth & Partners wurde im Jahr 2003 eine wissenschaftliche und praxisorientierte Studie über die Qualität strategischer Führungsprozesse durchgeführt.102 Das Ziel der Studie bestand darin, die wesentlichen bislang nicht genutzten Potenziale einer nachhaltigen Unterneh- menswertsteigerung durch eine Verbesserung strategischer Führungsprozesse zu identifi- zieren.103 Die empirische Analyse der Studie fokussierte sich auf die nachfolgenden drei Frage- stellungen:104 • Wie viele und welche Prozesse verursachen in der Praxis Probleme? • Was sind die Ursachen für Probleme mit strategischen Führungsprozessen? • Welche Vernetzungen von Prozessen weisen das größte Verbesserungspotenzial auf? Das Ergebnis der Studie belegt, dass die Bedeutung strategischer Führungsprozesse für den Unternehmenserfolg kontinuierlich gestiegen ist und auch in Zukunft weiter ansteigen wird. Insbesondere für die Energiewirtschaft gilt, dass Wertsteigerung und Vernetzung als neue Herausforderungen die Bedeutung von strategischen Führungsprozessen erhöhen. Von Liberali- sierungsbeginn bis in das Jahr 2000 bestand die Strategie größtenteils in einer Sicherung von Marktanteilen und Ergebnissen. Seit dem Jahr 2000 versuchen die Energieversorger nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu generieren. Beispiele hierfür sind die umfassenden strukturellen Anpas- sungen oder der Aufbau eines Kundenbeziehungsmanagements. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der Schwerpunkt der Unternehmensentwicklung zukünftig in der Wertsteigerung und einer Vernetzung der Unternehmen über Kooperationen besteht. Das Unbundling der Wertschöpfungsketten bildet dabei nur einen Schwerpunkt für die Energieversorger. Den neuen Herausforderungen der Branche ist durch eine angepasste und weiterentwickelte Unternehmens- 100 „The overriding goal [...] is to make everyone in the company understand how they can create value through their individual actions and decisions.“ Knight, J. A. (1997), S. 262. 101 Vgl. Abbildung 62 auf Seite 240. 102 Der Anteil der an der Studie teilnehmenden Unternehmen der Energieversorgung betrug rund 16 Prozent. 103 „Von allen Prozessen einer Organisation sind die strategischen Führungsprozesse (Management Processes) am schlechtesten gestaltet.” Davenport, T. H. (1993), S. 275. 104 Vgl. Horváth & Partners (2003a), S. 32. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 275 steuerung Rechnung zu tragen. Eine Delegation von Verantwortung bei definierten Handlungs- spielräumen fördert so beispielsweise das unternehmerische Denken und Handeln.105 7.3.3.1 Status Quo der strategischen Führungsprozesse Die wesentlichen Studienergebnisse können zunächst in Bezug auf die Einschätzung des Status Quo der befragten Unternehmen zusammengefasst werden. Hieraus resultiert ein erhebliches Defizit bezüglich des derzeitigen Standes der strategischen Führungsprozesse. Die wesentlichen Studienergebnisse lassen sich wie folgt untergliedern:106 1. Bei sämtlichen befragten Unternehmen besteht ein hoher Bedarf an einer Verbesserung des Zusammenspiels der einzelnen strategischen Führungsprozesse.107 2. Das größte Potenzial besteht für das Management des immateriellen Vermögens.108 3. Wesentliche Probleme bestehen in Prozessablauf, Methodik und Kommunikation.109 4. Wesentliche Probleme bestehen ebenfalls bei aufeinander aufbauenden Prozessen.110 5. Für strategische Optionen kann kein klarer Wertbeitrag ermittelt werden, d.h die Mes- sung von Werttreibern ist unzureichend. 6. Eine Integration der Balanced Scorecard in den Managementprozess gelingt nicht. 7. Es fehlt an einem gemeinsamen Strategieverständnis. 8. Die Beziehungen zwischen strategischen Zielen und deren Übersetzung in das operative Geschäft sind unklar. 9. Zielvereinbarungen sind häufig zu starr und nicht an die Strategie gebunden. In Anlehnung an diese Punkte kann festgehalten werden, dass viele Unternehmen bei ihren strategischen Führungsprozessen Optimierungsbedarfe haben. Insbesondere die Vernetzung der Prozesselemente ist ein wichtiger Schritt zur Steuerungsoptimierung. Der Prozess mit dem größten Verbesserungspotenzial ist dabei das Management des immateriellen Vermögens. 105 Ebenda. 106 Vgl. Horváth & Partners (2003a), S. 32ff. 107 Alle der befragten Unternehmen sehen bei mindestens zwei der strategischen Führungsprozesse ein deutliches Verbesserungspotenzial. 108 Dieses bezieht sich auf Förderung, Messung, Bedeutung und Darstellung des Wertbeitrages des immateriellen Vermögens. 109 Die Mischung aus methodischen, strukturellen und kommunikativen Problemen kann Organisationen negativ beeinträchtigen. 110 Die wechselseitige Abhängigkeit der Prozesse führt nicht zu einer wirksamen Vernetzung, da Organisations- grenzen häufig als Barrieren wirken. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 276 Die vorstehenden Ergebnisse zeigen auf, dass bei den befragten Unternehmen ein weitreichender Verbesserungsbedarf des Zusammenspiels der strategischen Führungsprozesse besteht. Insbe- sondere aus Sicht der befragten Energieversorger bietet die Wertsteigerung und Vernetzung der Steuerungselemente eine sinnvolle Handlungsoption für eine zukünftige Ausrichtung der gesam- ten Organisation und ihrer Mitglieder.111 Der kombinierte Steuerungsprozess leistet zur Erfüllung dieser Forderungen einen entscheidenden Beitrag. Er zeigt die eigentlichen Aufgaben der einzelnen Führungsinstrumente in einem ganzheitlichen Kontext auf und verbindet diese zu einem integrierten Steuerungsmodell. Der Forderung nach einer Verbesserung des Zusam- menspiels einzelner Steuerungselemente wird damit entsprochen. Strukturen, Aufgaben und zeit- liche Reihenfolgen werden deutlich kommuniziert und die einzelnen Handlungen nachvoll- ziehbar mit der Grundstrategie verknüpft. Ein weiterer Ansatzvorteil besteht in einer Verbesserung des Managements des immateriellen Vermögens. Dieses stellt aufgrund des Wandels in Richtung der Dienstleistungsgesellschaft und der Homogenität vieler Güter einen wichtigen Erfolgsbestandteil des Unternehmens dar. Der kombinierte Steuerungsprozess ermöglicht eine Verbindung der finanziellen Werttreiber mit dem immateriellen Vermögen durch die Erstellung und Kommunikation der Strategy Map. Die Bedeutung des immateriellen Vermögens wird durch diese Ursache-Wirkungs-Beziehungen deutlich herausgestellt. Ergänzend wird dessen Entwicklung gezielt gefördert, da nicht nur die Zusammenhänge zu den finanziellen Werttreibern aufgezeigt werden, sondern zudem die jewei- ligen immateriellen Zielelemente mit individuellem Handlungsbedarf und Wettbewerbsrelevanz herausgestellt und damit priorisiert werden. Dies geschieht letztendlich durch eine Verbindung der identifizierten Ziele mit dem Center- und Individualzielsystem. Die Bedeutung des immate- riellen Vermögens wird durch die dargestellte Vorgehensweise im kombinierten Steuerungs- prozess gezielt gestärkt. Die umfassende Kommunikation der Zusammenhänge zwischen dem Erfolg und den immateriellen, vorlaufenden Werttreibern in der Strategy Map und deren Berücksichtigung in den messbaren Zielvereinbarungen, in Kombination mit der Verantwor- tungsdelegation bei definierten Handlungsspielräumen, bewirkt darüber hinaus eine umfassende Förderung unternehmerischen Denken und Handelns. Das wesentliche Potenzial des immateriel- len Vermögens zur Wertsteigerung resultiert jedoch aus dem Zusammenwirken seiner einzelnen Elemente.112 Diese gilt es durch den Prozess zu entwickeln und aufzuzeigen. Die Studie stellt fest, dass die wesentlichen Steuerungsprobleme in den Prozessabläufen, der Methodik und der Kommunikation zu finden sind. Zudem besteht ein erhebliches Defizit in den 111 Dies ist eine explizite Aussage der Studie. Vgl. Horváth & Partners (2003a), S. 5. 112 Elemente des immateriellen Vermögens sind: Reputation, Führung, Marken, Strategieumsetzung, Organisation und Kultur, Technologiepotenziale, Innovationspotenziale, Kundenpotenziale, Kommunikation und Transpa- renz, Anpassungsfähigkeit, Humanpotenziale, Wissenspotenziale, Netzwerkpotenziale. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 277 aufeinander aufbauenden Prozessen. Der kombinierte Steuerungsprozess dieser Arbeit zeigt deutlich die unterschiedlichen Aufgabenstellungen der jeweiligen Prozesselemente auf. Zudem wird eine verbleibende Flexibilität ermöglicht, welche zu einem flexiblen Gleichgewichtszu- stand führt (steady-state).113 Die Methodik des Gesamtmodells ist natürlich verständlich an alle Organisationsmitglieder zu kommunizieren. Durch die Berücksichtigung der Elemente der Strategiekommunikation für die Verankerung der Grundstrategie und eine umfassende Einbe- ziehung der Führungskräfte sowie deren Nutzung als Multiplikatoren, wird dieses auf eine um- fassende Weise ermöglicht. Zudem wird die Methodik nochmals bei Verankerung der Center- und Individualziele thematisiert. In diesem Zusammenhang wird auch auf das Zusammenspiel der Einzelelemente eingegangen. Wichtig ist, dass die zeitliche Reihenfolge der Handlungs- abläufe verstanden und von den Führungskräften bis zu den einzelnen Mitarbeitern kommuni- ziert wird. Hierzu leistet das Gesamtmodell durch eine ganzheitliche Darstellung im Rahmen der integrierten Kommunikationsstrategie einen wesentlichen Beitrag. Ein weiteres Problemfeld der Strategieentwicklung auf Basis der Studie ist der unklare Wert- beitrag von bestehenden strategischen Handlungsoptionen. Bestehende Optionen können nur sehr ungenau mit Hilfe des DCF-Ansatzes verglichen werden. Die Probleme der Komplexitäts- reduktion und der multivariablen Interdependenzen wurden bereits ausführlich thematisiert.114 Die entwickelte Strategy Map leistet grundsätzlich einen Beitrag zur Abschätzung des Wert- beitrages verschiedener Optionen. Eine Quantifizierung ist jedoch nur durch eine in Bezug- setzung zwischen den Werttreibern und der finanzwirtschaftlichen Ebene möglich. Das entwickelte Modell löst diese Problemstellung nicht vollständig auf, schafft aber über die Balanced Scorecard und die Integration des Ansatzes der Erfolgsfaktoren einen wichtigen Beitrag zu Lösung dieser Problemstellung.115 Zudem wird das Werteverständnis durch die wertorientierte Strategiekommunikation auf den nachgelagerten operativen Ebenen begünstigt. Der Wertbeitrag lässt sich hierdurch zwar nicht individuell quantifizieren, die Sinnhaftigkeit wertorientierter Handlungen rückt jedoch stärker in den Fokus der Handlungsentscheidung. Ein weiteres Defizit der Führung besteht darin, dass eine Integration der Balanced Scorecard in den Managementprozess nicht gelingt. Zudem fehlt es an einem gemeinsame Strategieverständ- nis der Gesamtorganisation. Der kombinierte Steuerungsprozess integriert die Balanced Score- card im Prozessschritt der Strategieumsetzung und -integration in den ganzheitlichen Führungs- prozess. Die Aufgabe der Balanced Scorecard besteht zum einen in der Verankerung der Grundstrategie und zum anderen in der Transformation der Strategie mit Hilfe der Strategy Map 113 Vgl. Daly, H. E. (1977). 114 Vgl. Kapitel 7.2. 115 Vgl. hierzu Abbildung 19 auf Seite 104. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 278 in die dezentralen Bereiche. Der kombinierte Steuerungsprozess zeigt dabei auf, welche Berüh- rungspunkte zwischen den einzelnen Steuerungselementen bestehen und welche Aufgaben in welcher Reihenfolge durchzuführen bzw. abzuleiten sind. Auf Basis der Balanced Scorecard, in Verbindung mit dem Leitbild und den hierzu einhergehenden Kommunikationselementen, wird ein gemeinsames Strategieverständnis geschaffen, regelmäßig hinterfragt und individuell in den einzelnen dezentralen Bereichen konkretisiert und ggf. weiterentwickelt. Die regelmäßigen Rückkopplungen und der offene Strategiefindungs- und Zielableitungsprozess aus der überge- ordneten Unternehmensstrategie gewährleistet es zudem, dass die Beziehungen zwischen den strategischen Zielen und deren Übersetzung in das operative Geschäft verdeutlicht werden. Ein wichtiges Element des kombinierten Steuerungsprozesses ist die Integration der Center- und Individualzielvereinbarung. Der Prozess ermöglicht eine Orientierung an den übergeordneten strategischen Zielen durch Verbindung der Center- und Individualziele mit den Bereichs- und Unternehmenszielen. Für die Zielvereinbarungen wird die Strategy Map als Orientierungsgrund- lage benutzt und damit ein bewusster Bezug zwischen strategischer Vorgabe und konkreti- siertem, abgeleitetem Handeln hergestellt und festgehalten. Ein Bezug zwischen den strate- gischen Zielen wird durch die Ursache-Wirkungs-Beziehungen in der Strategy Map ver- deutlicht.116 Gleichzeitig dient das Leitbild als verständlicher Rahmen, der die Gesamtstrategie aufzeigt. Die Balanced Scorecard schließt damit die Lücke zwischen Strategie und deren Umset- zung durch Strategiekommunikation, dezentrale Strategiediskussion und -konkretisierung, Ziel- ableitung und Zielvereinbarung.117 Eine Gesamtzielerreichung wird somit nicht nur angestrebt, sondern durch die übergeordnete Zielausrichtung an der finanzwirtschaftlichen Perspektive und damit an der Wertorientierung erreicht. Durch das strategische Feedback und Lernen der Balanced Scorecard und dessen Übersetzung in den Zielvereinbarungen entsteht im kombinier- ten Steuerungsprozess zudem ein flexibles, an der Strategie angelehntes Führungssystem. Dieses ist in der Lage, Strategien zu übersetzen und zugleich den individuell dezentralen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Zusammenfassend kann in Bezug auf die identifizierten, wesentlichen Kritikpunkte der Studie an den strategischen Führungsprozessen festgehalten werden, dass der kombinierte Steuerungspro- zess einen pragmatischen Ansatz darstellt, um diese Defizite abzustellen. Insbesondere seine ganzheitliche Betrachtungsweise und die Einbeziehung bereits bestehender, strategischer Führungsprozesse bilden einen viel versprechenden Ansatz zur Bedienung der gestiegenen Ansprüche der heutigen Steuerung von Unternehmen. 116 Vgl. die Ausführungen zur horizontalen Inkompatibilität im Kapitel 7.2.1. 117 Vgl. die Ausführungen zur vertikalen Inkompatibilität im Kapitel 7.2.2. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 279 7.3.3.2 Erfolgsfaktoren der nachhaltigen Wertsteigerung Durch die Studie wurden die wesentlichen Erfolgsfaktoren einer nachhaltigen Wertsteigerung identifiziert. Horváth & Partners geht grundsätzlich davon aus, dass eine nachhaltige Wert- steigerung über eine Performanceverbesserung für alle relevanten Bezugsgruppen realisiert werden kann. Dieses entspricht der Forderung nach einem erweiterten Wertbegriff, welcher der langfristigen Harmoniethese zwischen Stakeholder und Shareholder Value entspricht.118 Die für das Unternehmen relevanten Bezugsgruppen, welche von der Studie genannt werden, setzen sich hierbei wie folgt zusammen: • Politische(s) und regionale(s) Umfeld, Interessengruppen; • Kapitalmarkt, Investoren, Analysten; • Personalmarkt, Führungskräfte, Mitarbeiter; • Absatzmarkt, Kunden, Wertschöpfungspartner. Die Studie identifizierte ebenfalls Unternehmen, welche ihre strategischen Führungsprozesse in der Vergangenheit i.S.d. Wertorientierung optimiert haben. Hierfür waren drei unterschiedliche strategische Ziele zu realisieren. Zunächst waren die einzelnen strategischen Führungsprozesse singulär zu optimieren, ggf. fehlende in die Unternehmenssteuerung zu ergänzen. Zudem war es erforderlich, die einzelnen Prozesse untereinander zu vernetzen und aufeinander abzustimmen. Letztendlich mussten die strategischen Führungsprozesse mit den operativen Geschäftsprozessen verbunden bzw. mit diesen synchronisiert werden.119 Dieses erfolgreiche Vorgehen wird durch die nachfolgende Abbildung 68 anschaulich verdeutlicht.120 Vernetzung der strategischen Führungsprozesse Optimierung der einzelnen strategischen Führungsprozesse Synchronisation mit den operativen Geschäftsprozessen 0 + + +Zielbox * Jeweils bezogen auf die strategischen Führungsprozes Erfolgreiches, wertschaffendes Unternehmen* Nicht erfolgreiches, nicht wertschaffendes Unternehmen* Weniger erfolgreiches, weniger wertschaffendes Unternehmen* Abbildung 68: Strategische Führungsprozesse121 118 Zum erweiterten Wertbegriff vgl. die Kapitel 3.3.2.2, 7.4.1.2 und 7.4.3.2. Vgl. zudem ausführlich Volkart, R. (1997), S. 81f und Moser, J.-P. (2001), S. 69 ff. 119 In diesem Zusammenhang werden Beispielunternehmen wie Rewe, STIHL und Grohe genannt; vgl. Horváth & Partners (2003a), S. 64 ff. 120 Abbildung in Anlehnung an Horváth & Partners (2003a), S. 4. 121 Abbildung in Anlehnung an Horváth & Partners (2003a), S. 61. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 280 Die Abbildung 68 liefert eine gute Handlungsorientierung zur Verbesserung der strategischen Führungsprozesse. Erfolgt in diesen Zusammenhang eine klare Ausrichtung an dem übergeord- neten Ziel der Wertorientierung, so wird eine wichtige Grundvoraussetzung zur ganzheitlichen, wertorientierten Unternehmenssteuerung geschaffen. Der kombinierte Steuerungsprozess kommt dieser Handlungsorientierung umfassend nach und konkretisiert diese in einem eindeutigen, kombinierten Steuerungsmodell. Er bietet damit eine umfassende Handlungsorientierung zur Vernetzung der strategischen Führungsprozesse und zielt zugleich auf eine Synchronisation der strategischen mit den operativen Geschäftsprozessen. Zudem leistet er eine gute Unterstützung zur Optimierung der wesentlichen strategischen Füh- rungsprozesse, indem die spezifischen Ziele, Grundlagen und eine idealtypische Vorgehensweise der jeweiligen Führungsprozesse beispielhaft beschrieben und in einen Gesamtzusammenhang untereinander und zur Wertgenerierung gestellt werden. Das notwendige Vorgehen zur Ver- netzung, Synchronisation und Optimierung der strategischen Führungsprozesse wird damit aufgezeigt und in einem ganzheitlichen Konzept komplettiert. Letztendlich fördert die Modell- integration eine Beseitigung singulärer Defizite der einzelnen, integrierten Steuerungsmodelle.122 Ergänzend zu den drei genannten wesentlichen Erfolgsfaktoren kommt die Studie zu dem Ergeb- nis, dass weitere Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Ausrichtung der strategischen Führungs- prozesse i.S.d. Wertorientierung entscheidend sind.123 Es bedarf zudem einer gesteuerten unter- nehmerischen Führung mit einer kooperativen Führungskultur. Zudem ist das Abteilungsdenken zu überwinden und ein kontinuierlicher Wandel zu fördern. Letztendlich ist es die Aufgabe des Controllings, diesen umfassenden Steuerungsprozess zu unterstützen. Die Optimierung und bessere Vernetzung der strategischen Führungsprozesse ist eine komplexe Aufgabe. Zudem erfordern die spezifischen Probleme eines jeden Unternehmens individuelle Lösungsansätze. Für jedes Unternehmen existieren darüber hinaus unterschiedliche Prozess- gestaltungs- und Verteilungsalternativen, welche zu identifizieren und aufeinander abzustimmen sind. Zur individuellen Wertsteigerung sollte daher jeweils zunächst eine Analyse des Status Quo erfolgen, welche die Basis für ein integriertes Programm darstellt. Der kombinierte Steue- rungsprozess sollte daher mit individuellen Schwerpunkten implementiert werden. Wichtig ist es jedoch, dass der Prozess mit der in der Studie geforderten kooperativen Führungskultur ver- bunden wird. Nur auf diese Weise ist das Abteilungsdenken zu überwinden und der kontinu- ierliche Wandel zu fördern. Dieses stellt eine Grundvoraussetzung der angestrebten, dezentralen und partizipativen Steuerung des kombinierten Steuerungsansatzes dar. 122 Vgl. Kapitel 6.3, Kapitel 6.4 und Kapitel 7.4. 123 Vgl. Horváth & Partners (2003a), S. 123. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 281 Die Studie trifft zudem einige Aussagen zu unternehmerischen Erfolgsfaktoren resp. Wertpoten- zialen. Hierzu wird festgestellt, dass erfolgreiche Unternehmen ihre Erfolgsfaktoren miteinander verknüpfen. Eine die Kooperation fördernde Unternehmenskultur ist damit eine Grundvoraus- setzung zur Erschließung von Erfolgsfaktoren. Diese ermöglicht es, Wettbewerbsvorteile durch Zusammenarbeit mit anderen Partnern zu erschließen. Kooperationen im Unternehmen sind zudem notwendig, um Interessengruppen zu aktivieren und um Vorteile hieraus zu realisieren. Der Aufbau einer flexiblen Organisationsstruktur mit der Möglichkeit zur Teilnahme an verschiedenen Netzwerken erscheint zudem hilfreich. Neuen Trends oder veränderten Rahmen- bedingungen kann das Unternehmen durch schnelle Organisationsanpassung kurzfristig Rech- nung tragen und somit Wertvorteile gegenüber der Konkurrenz sichern. Zur Absatzsicherung ist es zudem sinnvoll, eine schnelle und kostengünstige Individualisierung von Produkten zu er- möglichen. Hierzu ist jedoch ein schneller und flexibler Aufbau und Betrieb von angemessen koordinierten Prozessen erforderlich. Weitere Erfolgsfaktoren sind die Fähigkeit zur internen und externen Kooperation sowie die Implementierung flexibler Informations- und Kommuni- kationssysteme, welche den technologischen Organisationsrahmen bilden.124 Die genannten Erfolgsfaktoren machen deutlich, dass sich die Unternehmen in einem dynami- schen Käufermarkt befinden.125 Schnelligkeit und Flexibilität in Bezug auf die Kundenwünsche sind heute wichtige Erfolgskriterien. Hierzu bedarf es jedoch einer entsprechend umfassenden, strategischen Steuerung, welche in der Lage ist, das Komplexitätsproblem zu lösen und die Ent- scheidungen in die dezentralen Bereiche zu verlagern. Ein solches dynamisches und eigenverant- wortliches Geflecht ist bestens für den Wettbewerb gerüstet. Es ermöglicht sowohl dezentral, als auch durch die zentrale Unternehmensführung, Risiken und Chancen zu identifizieren und die entsprechenden Impulse in die Gesamtorganisation zu geben. Der kombinierte Steuerungs- prozess leistet hierzu den erforderlichen organisatorischen Beitrag. Zentrale Führung bei dezentraler (Teil-)Entscheidung und Integration der unterschiedlichen Steuerungselemente. Zudem unterstützt er eine Integration von Kundenbeziehungsmanagement-, Innovations- und Wertschöpfungsprozessen. 7.4 Bewertungsansätze auf Basis ausgewählter Steuerungsmodelle In Ergänzung zu der ganzheitlichen Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses erfolgen an dieser Stelle jeweils singuläre Bewertungsansätze auf Basis einzelner Steuerungsmodelle. Den Schwerpunkt der Untersuchung bilden hierbei die bereits in Kapitel 4 dargestellten Modelle der Unternehmenssteuerung. In diesem Zusammenhang soll unterstellt werden, dass der ent- 124 Vgl. Horváth & Partners (2003a), S. 106. 125 Vgl. Kapitel 3.3.1. Vgl. auch Matheis, R. (1973), S. 2. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 282 wickelte Ansatz insgesamt zur Wertsteigerung des Unternehmens beiträgt, wenn deren wesent- liche Einzelelemente dieses auch singulär ermöglichen. Aus diesem Grund wird ergänzend eine explizite Analyse der Profit Center-Steuerung, der Zielsteuerung sowie der Balanced Scorecard- Steuerung in Bezug auf deren Wertschaffungsrelevanz durchgeführt. Bezüglich der Reihenfolge der Prüfung der einzelnen Steuerungsmodelle wird in der Folge von der bisherigen Vor- gehensweise der Kapitel 4 und 6.1 abgewichen. Grundlage bildet nunmehr die Reihenfolge des Rückgriffs auf die einzelnen Ansatzbestandteile des kombinierten Steuerungsprozesses entspre- chend der Vorgehensweise „from strategy to action“.126 7.4.1 Ansatz auf Basis der Balanced Scorecard-Steuerung Der nachfolgende Ansatz thematisiert ausführlich die Möglichkeiten des Steuerungsinstrumentes der Balanced Scorecard, die wertorientierte Unternehmenssteuerung zu unterstützen und damit zur Wertsteigerung beizutragen. Wichtige Analyseansätze bestehen in der heutigen Forderung nach der Erweiterung des eindimensionalen Wertverständnisses zu einem mehrdimensionalen Bewusstsein und der Unterstützungsleistung der Balanced Scorecard bei der Implementierung der wertorientierten Steuerung in die Organisation. 7.4.1.1 Einführende Überlegungen Das strategische Management entstand Anfang der achtziger Jahre. Seit diesem Zeitpunkt wurde die strategische Planung als Teil eines umfassenden Managementprozesses verstanden. Die wertorientierte Unternehmensführung entstand in der Folge durch eine Verbindung des strate- gischen Managements mit der wertorientierten Strategieplanung.127 Finanzwirtschaftliche Über- legungen werden seitdem im Sinne einer finanzwirtschaftlichen Beurteilung der Strategie in das strategische Management integriert. Das entscheidende Ziel der wertorientierten Unternehmensführung besteht in der Maximierung des Unternehmenswertes. Dieses kann mit einer Maximierung des Shareholder Value gleich- gesetzt werden, da für die Unternehmensbewertung der Barwert der künftigen Nettoeinnahmen des Investors die theoretisch einzig richtige Größe darstellt.128 Auf Basis dieser Vorgehensweise werden jedoch die Ansprüche der Eigenkapitalgeber über sämtliche verbleibenden Interessen gestellt. Gegenübergestellt werden in diesem Zusammenhang häufig der Stakeholder- und der Shareholder Value-Ansatz.129 Der Anspruch der Eigenkapitalgeber an der Gesellschaft unter- 126 Vgl. die ausführliche Darstellungform der Abbildung 60 auf Seite 232 sowie die Ausführungen im Kapitel 6.3.3. 127 Vgl. Vettiger, T. (1996), S. 78. 128 Vgl. Helbling, C. (1995), S. 107. 129 Vgl. Kapitel 3.3.2. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 283 scheidet sich gegenüber anderer Interessengruppe darin, dass er den Charakter eines Residual- anspruches hat. Der Eigenkapitalgeber verlangt für das zu tragende unternehmerische Risiko aus diesem Grund eine zusätzliche Risikoprämie. Das Spannungsfeld zwischen beiden Ansätzen und somit zwischen den beteiligten Interessen- gruppen begründet sich in einer begrenzten Mittelallokation. Eine Dominanz der Anteilseigner führt aus Sicht der Stakeholder zu einem übermäßigen Mittelabfluss, welcher das Unternehmen und damit die Stakeholder finanziell schwächt. Aus Sicht der Anteilseigner bewirkt eine ver- stärkte Stakeholderorientierung ein ineffizientes Verhalten gegenüber den Unternehmens- beteiligten und die Bildung von stillen Reserven. Beide Argumentationen können mit Bezug auf die zeitliche Komponente jedoch relativiert werden. Das Zufriedenstellen der Shareholder ist gegen die Interessen der Stakeholder langfristig nicht möglich, da diese den Erfolg des Unter- nehmens faktisch durch ihre Interaktionen bewirken. Eine angemessene Bedienung der Stake- holder-Interessen ist somit streng genommen Voraussetzung zur Erreichung der Aktionärsziele. Vor diesem Hintergrund ist eine Konfliktsituation nur kurzfristig begründet.130 Für die heutige Unternehmensführung resultiert hieraus die Forderung nach der Erweiterung des Wertverständnisses zu einem zeitgemäßen, mehrdimensionalen Wertbegriff. Eine konsequent eindimensionale Orientierung führt zu einer Vernachlässigung wichtiger, wertschaffender Poten- ziale. Wert ist mehr als nur der rein finanziell messbare Wert.131 Die Diskussion zum Wertmana- gement darf sich aus diesem Grund nicht ausschließlich auf die finanziellen und direkt mess- baren Werte beschränken. Wird auf dieser Forderung aufbauend ein Bezug zwischen dem Wertmanagement und dem Konzept der Balanced Scorecard hergestellt, so wird deutlich, dass diese bereits der langfristigen Zielharmonie zwischen den finanziellen Ergebnisgrößen und den vorlaufenden Erfolgstreibern nachkommt. Die Balanced Scorecard zeigt die bestehende zeitliche Verschiebung zwischen den vorgelagerten Frühindikatoren und den finanziellen Resultaten auf. Die geforderte Befriedigung der Stakeholder-Interessen kann in Bezug zu den langfristig resultierenden finanziellen Ergeb- nissen durch die Balanced Scorecard-Sicht begründet werden. Sie dient damit als Kommunika- tions- und Rechtfertigungsinstrument für zielgerichtetes wertorientiertes Handeln. Über eine gezielte Kommunikation der bestehenden Ursache-Wirkungs-Beziehungen durch das Investor- Relationship-Management132 ist es zudem möglich, eine punktuelle Förderung des immateriellen Vermögens und der einhergehenden Erfolgsfaktoren zur Wertsteigerung durchzusetzen. Ein ef- fektives Wertmanagement geht damit über die direkte Pflege der Beziehungen zu den Investoren hinaus und berücksichtigt auch nicht-finanzielle interne und externe Aspekte. 130 Vgl. Kapitel 3.3.2 sowie Vettiger, T. (1996), S. 95. 131 Vgl. Rappaport (1998), S. 55f; vgl. Knorren (1997b), S. 31. 132 Hier bietet sich insbesondere die Strategy Map der Balanced Scorecard an; vgl. Abbildung 64 auf Seite 244. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 284 7.4.1.2 Analyse der Wertsteigerungsunterstützung Im Konzept des Wertmanagements haben alle Aktivitäten einen Beitrag zur Steigerung des Unternehmenswertes zu leisten. Insbesondere aufgrund des Maximierungsanspruches des Aktionärsvermögens ist eine Berücksichtigung der Wertsteigerung im Strategiebildungsprozess sinnvoll. Zur realistischen Einschätzung der Auswirkungen auf den Unternehmenswert ist es erforderlich, Wertgeneratoren zu identifizieren und diesbezügliche Wirkungszusammenhänge aufzuzeigen.133 Mit Hilfe der Nutzung von Ursache-Wirkungs-Beziehungen in Strategy Maps kann ein Wertsteigerungsnetzwerk erstellt und dieser Forderung entsprochen werden.134 Um Wirkung erzielen zu können, sind die Bewertungsverfahren und Instrumente zur Wertstei- gerung in das gesamte Führungssystem des strategischen Managements zu integrieren. Der zukünftige freie Cashflow wird durch Arbeitsleistungen der Mitarbeiter des Unternehmens gene- riert und durch Käufe der Kunden ausgelöst. Die Anbindung der weichen, vorlaufenden Faktoren an den Unternehmenswert stellt für das Wertmanagement aus diesem Grund eine noch zu be- wältigende wichtige Herausforderung dar. „Rein finanzielle Werte sind [...] vermehrt durch qualitative Ziele zu überlagern.“135 Ein entsprechendes Vorgehen ergänzt die finanzielle Wert- messung und führt zu einem erweiterten Wertbegriff, welcher langfristig zu einem Ausgleich zwischen Anteilseignern und Stakeholder-Interessen führt. Eine allgemein anerkannte Vorgehensweise zur Implementierung von wertorientierten Bewer- tungs- und Analysemodellen in das Führungssystem steht bislang noch nicht zur Verfügung. Insbesondere die Überführung in den operativen Bereich ist bislang noch problembehaftet.136 Die wesentlichen Gründe hierfür werden von Moser wie folgt zusammengefasst:137 • Aufgrund der ungenügenden Ausformulierung besteht häufig keine einvernehmliche Auffassung des Managements in Bezug auf eine einheitliche wertschaffende Strategie. • Instrumente zur Umsetzung der Wertsteigerung fehlen oder werden falsch eingesetzt. • Wertmanagement wird nicht als Managementaufgabe, sondern als Recheninstrument zur Unternehmensbewertung verstanden. • Es erfolgt keine Einbindung des mittleren oder unteren Managements in das wertorien- tierte Zielsystem. • Durchgängigkeit zu den operativen Steuerungsprozessen ist nicht gegeben. 133 Vgl. Abbildung 66 auf Seite 250 sowie die zugehörigen Ausführungen in Kapitel 7.1. 134 Vgl. die Ausführungen in Anlehnung an Rappaport im Kapitel 7.1.3.1 sowie die Abbildung 67 auf Seite 273. 135 Volkart, R. (1997), S. 81. 136 Vgl. Volkart, R. (1997), S. 52. 137 Vgl. Moser J.-P. (2001), S. 70. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 285 Aus diesen Umsetzungsdefiziten kann geschlossen werden, dass der primären Wertmessung im Gegensatz zum eigentlichen strategischen Management des Wertes zu viel Bedeutung beigemes- sen wird. Instrumente im Sinne von kreativen Denk-, Kommunikations- und Entscheidungs- prozessen sind daher stärker in der Praxis des Wertmanagements zu betonen. Wertorientierung erfordert vorausschauendes, langfristiges strategisches Denken und Handeln. Hieraus kann abgeleitet werden, dass die wertorientierte Steuerung in ein durchgängiges, wertorientiertes Führungssystem zu integrieren ist. Eine Verbindung des Wertmanagements mit dem Konzept der Balanced Scorecard ermöglicht es dem Wertmanagement, diesen Ansprüchen zu genügen. Die Balanced Scorecard unterstützt die Ausformulierung und Kommunikation wertschaffender Strategien in die und aus der Organi- sation138 und kann damit die Wertsteigerung umfassend fördern. Die wertschaffende Strategie wird damit ausformuliert und eine fehlende einvernehmliche Auffassung des Managements in Bezug auf die einheitliche wertschaffende Strategie wird beseitigt. Wertsteigerungsnetzwerke oder Werttreiberhierarchien begünstigen den Strategiedefinitions- und Strategieumsetzungs- prozess. Die perspektivische Berücksichtigung der Frühindikatoren der Wertschaffung und deren Interdependenzen untereinander entsprechen der Intention der Steuerung über die Balanced Scorecard. Eine inhaltliche Verbindung beider Konzepte erscheint damit auch auf Basis dieser Überlegungen vorteilhaft. Durch Verknüpfung der Wertgeneratoren mit der Balanced Scorecard wird das Wertmanagement zugleich als Managementaufgabe und nicht nur als Rechen- instrument gesehen und es erfolgt eine durchgängige Anbindung über das mittlere und untere Management zu den operativen Steuerungsprozessen. Die Balanced Scorecard kann damit als geeignetes Instrument verstanden werden, welches es ermöglicht, die Wertorientierung zu kommunizieren, zu messen und zu managen. Die Balanced Scorecard sollte deshalb in ein ganzheitliches Wertmanagementmodell integriert werden. 7.4.1.3 Analyse des Managementsystems und abschließende Betrachtung Eine Kernaussage des Balanced Scorecard-Konzeptes besteht darin, dass Organisationen in der Zukunft neben der Berücksichtigung der finanziellen Faktoren zudem die vorlaufenden, wert- schaffenden Faktoren in ihre Steuerung integrieren müssen. Dieses steht im direkten Einklang zum beschriebenen Wertmanagement. Im Vergleich beider Steuerungssysteme wird jedoch ein grundsätzlicher Unterschied beider Systematiken deutlich. Das Wertmanagement betont intensiv die Bewertungsverfahren, weist jedoch deutliche Defizite in der Implementierung der wertorien- tierten Steuerung in die Organisation auf. Der Ansatz der Balanced Scorecard ist hingegen in der 138 Kombination aus top-down- und bottom-up-Strategiefindungsprozess; vgl. Kapitel 4.1.5.2.3. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 286 Lage, Strategien in die Organisation zu implementieren. Die Balanced Scorecard ermöglicht damit eine Verankerung des Wertgedankens in die Prozesse des Unternehmens. Schwächen bestehen hingegen in der Bewertung unterschiedlicher strategischer Handlungsoptionen. Die finanziellen Bewertungsverfahren des Wertmanagements können die Balanced Scorecard umfassend unterstützen. Hierzu ist jedoch eine Anbindung dieser Verfahren an die finanzielle Perspektive der Balanced Scorecard erforderlich. Die Wertsteigerung sollte in diesem Zusam- menhang der Rolle eines langfristigen Oberziels entsprechen. Die Berechung von Wertsensitivi- täten unterschiedlicher Kennzahlen für die Finanzperspektive kann bei der Ausrichtung der Balanced Scorecard auf das Wertsteigerungsziel unterstützen. Durch Aufnahmen und Priori- sierung dieser Kennzahlen in die Strategy Map als Orientierungsrahmen für strategische Ziele, kann die Strategielandkarte entsprechend einem Werttreibermodell verwendet werden. 139 Die Balanced Scorecard ergänzt hierbei Hypothesen über zukünftige Ursache-Wirkungs-Beziehun- gen und leistet damit eine Verbindung zu bereichsspezifischen, strategischen Messgrößen. Hierdurch wird eine langfristige Steuerungsbeständigkeit ermöglicht und die Vergangenheits- perspektive um die Sichtweise der zukünftigen Entwicklung ergänzt. Eine Verbindung beider Steuerungssysteme ermöglicht die Integration wesentlicher weiterer Elemente in das Wertmanagement. Entsprechend der oben beschriebenen Zielharmonie zwi- schen Shareholder Value und Stakeholder Value gewährleistet die Balanced Scorecard eine systematische Prüfung der jeweiligen Beiträge der verschiedenen Anspruchsgruppen des Unter- nehmens. Über die bereits im Werttreibermodell bekannten Faktoren können mit Hilfe dieser Betrachtungsweise neue Wertsteigerungspotenziale identifiziert werden. Eine ausgewogene Abbildung der Strategie wird auf diese Weise erleichtert. In Ergänzung zu den exakten Formel- zusammenhängen werden weitere wichtige strategische Faktoren berücksichtigt. Diese sind aufgrund des Komplexitätsproblems zwar nicht umfassend abbildbar, tragen jedoch ursächlich zur nachhaltigen Wertsteigerung bei und sind damit wesentlich für den Erfolg. Zudem lassen sich aus vorlaufenden Größen Ideen für eine Entwicklung wertorientierter Strategien ableiten.140 Für das Konzept der Balanced Scorecard lässt sich damit folgern, dass die Messung der Finanz- perspektive mit wertorientierten Größen erfolgen sollte. Zudem sind die wichtigsten Werttreiber der Strategie zu identifizieren. Hierbei sollte die Betrachtung der Wertsteigerung aus der Sicht- weise der Perspektiven der Balanced Scorecard erfolgen. Kernkompetenzen und die wichtigsten strategischen Ziele innerhalb der Strategie stellen hierbei den Schwerpunkt dar. 139 Kennzahlen mit dem größten Effekt der Wertschaffung können mit Hilfe von Sensitivitätsanalysen auf Basis von Vergangenheitswerten ermittelt werden. 140 Vgl. Moser J.-P. (2001), S. 78f. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 287 Zur Umsetzung eines konsistenten Wertmanagements ist es erforderlich, dass die Balanced Scorecard den Anforderungen eines umfassenden Managementsystems genügt. Nur in diesem Fall ist es möglich, das Wertmanagement umfassend und nachhaltig in die Organisation zu überführen und dort zu verankern. Ein umfassendes Managementsystem bedarf in Anlehnung an Hax141 und Kilgus142der nachfolgend aufgeführten einzelnen Bausteine: • Planungssystem; • Kommunikations- und Informationssystem; • Organisationsstruktur; • Führungskontrollsystem; • Motivations- und Belohnungssystem; • Human Ressources/Unternehmenskultur. In Bezug auf die oben dargestellten Kriterien lässt sich festhalten, dass das Konzept der Balanced Scorecard ein strategisches Planungssystem beinhaltet. Die Balanced Scorecard ermöglicht es, wertorientierte Strategien in die Organisation zu kommunizieren und dient damit gleichzeitig als umfassendes Informationssystem. Hierzu wird ein Organisationsprinzip genutzt, welches ebenenspezifisch die Strategie verdichtet und diese verdeutlicht. Es werden top-down- sowie bottom-up-Mechanismen verwendet, um dezentralen Gegebenheiten aufgrund der Kom- plexitätsreduktion gerecht zu werden. Damit ist der Balanced Scorecard-Ansatz gleichzeitig ein Führungskontrollsystem, da zum einen messbare Ziele abgeleitet und festgelegt werden und zum andern über den Automatismus des Feedbacks und strategischen Lernens am Periodenende Ziele und Strategieansätze korrigierbar sind. Strategien werden nicht nur singulär heruntergebrochen, es findet zudem eine strategische Konkretisierung für die Zielableitungen und damit eine Dis- kussion in den dezentralen Bereichen durch die strategischen Vorgaben statt. Werden Diskre- panzen oder nicht in Einklang zu bringende Sachverhalte identifiziert, so ist ein strategisches Lernen und Feedback erwünscht. Fehlentscheidungen oder falsche Strategieoptionen der Führung werden auf diese Weise durch eine mehrstufige Hinterfragung und permanente Prüfung korrigiert. Die Integration der menschlichen Perspektive erfolgt letztendlich durch die perspekti- vische Vorgehensweise (Lern- und Entwicklungsperspektive, Kundenperspektive). Eine Kopplung mit einem zugehörigen Anreizsystem ist jedoch kein eigenständiger Bestandteil der Steuerung über die Balanced Scorecard.143 Hierzu bietet sich die Anbindung an die Center- oder Individualzielvereinbarung. 141 Vgl. Hax, A., u.a. (1991), S. 94. 142 Vgl. Kilgus, E. (1994), S. 26f. 143 An dieser Stelle sei auf den kombinierten Steuerungsprozess verwiesen. Dieser ist in der Lage, die Zielverein- barung sowie die Mitarbeiterentwicklung und das Entlohnungssystem in die Wertorientierung zu integrieren. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 288 Um ein konsistentes Wertmanagement umzusetzen, hat das Konzept der Balanced Scorecard sämtlichen aufgezeigten Bausteinen eines umfassenden Managementsystems gerecht zu werden. Dabei hat die Balanced Scorecard einem klar strukturierten Prozess zu folgen, welcher die Wert- orientierung und die Strategielehre integriert. Die Strategie der Wertschöpfung sollte sich additiv zur eigentlichen Strategie top-down und klar strukturiert wieder finden. Wird die Balanced Scorecard diesen Kriterien gerecht, so kann ihre Implementierung als konsistent wertorientiertes Managementmodells, als ein eigenständiger Wertgenerator, aufgefasst werden. Die Balanced Scorecard erweitet das Wertmanagement zu einem ganzheitlichen Konzept und generiert Wert. 7.4.2 Ansatz auf Basis der Profit Center-Steuerung Durch die Profit Center-Steuerung wird dem Wertmanagement ein weiteres Instrument zur Seite gestellt, um die Wertorientierung in die Organisation zu überführen. Die eindeutige und den jeweiligen Marktgegebenheiten entsprechende Aufbau- und Ablauforganisation der einzelnen Center ermöglicht es dem Wertmanagement, direkte Zuständigkeiten für wertorientierte Ziele zu vergeben. Zudem werden die gewinnorientierten Entscheidungen der Profit Center in einen grö- ßeren Zusammenhang gestellt. Der Gefahr der Suboptimierung durch eine mögliche, kurzfristige Gewinnorientierung der Center wird durch die nachhaltige Wertorientierung vorgebeugt. 7.4.2.1 Einführende Überlegungen Der primäre Gedanke der Profit Center-Organisation besteht in der Übertragung der markt- wirtschaftlichen Ordnung von der volkswirtschaftlichen auf die betriebswirtschaftliche Ebene. Die Generierung eines sich weitgehend selbst regelnden Systems zur Erzielung einer größtmög- lichen Gesamteffizienz über die Gewinnsteuerung steht dabei im Vordergrund der Konzeption. Das in komplexen Organisationen bestehende Koordinationsproblem wird durch die Center- bildung vereinfacht, indem bewusst Autonomiekosten entstehen. Die einzelnen Center leisten dabei ihren eigenen Wert- bzw. Gewinnbeitrag durch eine gegebene Autonomie. Die wesentliche Grundlage dieser Steuerung beruht auf der Entscheidungs- und Verantwortungsdezentralisation. Diese Delegation soll eine größere Gesamtleistungsfähigkeit und damit einen höheren Gewinn eines dezentral nach Profit Centern geführten Unternehmens gegenüber einer zentralen Führung bewirken.144 Der Gewinn erfüllt als Maßstab für ein leistungsorientiertes Handeln eine bessere Funktion als funktionale Teilziele, da diese schwer zentral zu setzen und zu messen sind. Zudem stehen diese nicht immer in einer einfach darstellbaren Mittel-Zweck-Beziehung zum über- geordneten Gewinnziel. Die direkte Förderung des Gewinnbewusstseins auf unterschiedlichen 144 Vgl. Kapitel 4.1.4. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 289 Führungsebenen und darüber hinaus in allen Bereichen des Unternehmens ist damit ein organisa- tionstheoretischer Vorteil der Profit Center-Konzeption. Zur Koordination und Gesamtausrichtung der interpersonalen Einzelaktivitäten bedarf es jedoch ergänzend eines zielgerichteten Gesamthandlungssystems. Die Profit Center-Steuerung gliedert sich aus diesem Grund organisatorisch in ein Basis- und ein Entscheidungssystem. Das Basis- system enthält die realisationsbezogenen Handlungen während das Entscheidungssystem die Planungs-, Leitungs- und Informationshandlungen durchführt. Grundsätzlich erfolgt die Center- führung jedoch über einen vorzugebenden Gewinn, welcher die Voraussetzung für ein konsisten- tes, auf das Hauptziel eines marktwirtschaftlichen Unternehmens ausgerichtetes Handeln dar- stellt. Das Basissystem versteht sich nicht als lediglich ausführendes Instrument einer getrof- fenen Zielvorgabe. Es verlangt im durchsetzungsorientierten Aspekt der Zielvorgabe darüber hinaus eigenständige Zielformulierungen und selbständige Entscheidungen. Eng verbunden mit dem Centerprinzip ist zudem die Gestaltung der Organisation in die Aufbau- und Ablauforganisation. Über die Aufbauorganisation werden Zuständigkeitsbereiche für die durchzuführenden Aufgaben festgelegt. Entscheidungen können somit grundsätzlich dort getroffen werden, wo auch die Handlungen erfolgen. Die Ablauforganisation regelt die einzelnen durchzuführenden Arbeitsprozesse. Die Flexibilität des Gesamtunternehmens wird auf diesem Wege durch eine erhöhte Reaktions- und Anpassungsfähigkeit der Profit Center an veränderte Umweltbedingungen und eine Entlastung der Führung erhöht. 7.4.2.2 Analyse der Wertsteigerungsunterstützung Durch die Übertragung der marktwirtschaftlichen Ordnung von der volkswirtschaftlichen auf die betriebswirtschaftliche Ebene wird durch die Profit Center-Steuerung eine wichtige Grundvor- aussetzung zur unternehmerischen Wertgenerierung geschaffen. Die eigenständige und leistungsorientierte Erarbeitung der Wertschaffung in sämtlichen Unternehmensbereichen wird damit in den Mittelpunkt aller betrieblichen Handlungen gestellt. Die dargestellte dezentrale Entscheidungsbefugnis ermöglicht zugleich eine sinnvolle Zielidentifikation und Entscheidungs- struktur, da auf Expertenebene Ziele festgelegt und Entscheidungen getroffen werden. Das Funktionsspezialistentum wird zugleich zugunsten eines unternehmerischen und gewinnorien- tierten Denkens von der Ebene der Profit Center-Leitung in die unteren Ebenen innerhalb des Profit Centers verdrängt. Da der unternehmerische Gewinn für die Centersteuerung das vorge- gebene Oberziel aller unterschiedlichen Bereiche darstellt, werden Entscheidungen umfassend im Sinne eines maximal zu messenden Centergewinns getroffen. Die Maximierung des Gesamt- unternehmensgewinns wird durch das Optimum der Einzelpositionen angestrebt. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 290 Der individuelle Gewinnbeitrag stellt für die Profit Center-Konzeption das Hauptziel aller Einzelentscheidungen in den Centern dar. Der Gewinnbeitrag steht im direkten Bezug zum Betriebsergebnis und ist damit Grundlage des freien Cashflows als wesentlicher Maßstab der Wertorientierung. An dieser Stelle wird der direkte Bezug zur Wertsteigerung deutlich. Über das unternehmerische Oberziel der Gewinnmaximierung wird die Wertorientierung direkt in die Center überführt. Zugleich stellt die Gewinnmaximierung den wesentlichen vorgegebenen Hand- lungsrahmen der Centerentscheidungen dar. Alle Mittel-Zweck-Relationen orientieren sich aus diesem Grund am unternehmerischen Gewinn. Hierdurch entstehen eine umfassende Gewinn- sensibilisierung im gesamten Unternehmen und damit zugleich eine direkte Ausrichtung der Gesamtorganisation auf das Ziel der Wertsteigerung. Da Profit Center nach den Bedürfnissen des Marktes konzipiert sind, kann aufgrund der über- schaubaren Größe und des Expertenwissens von einer effektiven und effizienten Verhaltens- weise bzw. Entscheidungsfindung der Entscheidungsträger ausgegangen werden. Die Speziali- sierung fördert damit die Wertschaffung. Zudem werden Entscheidungen aufgrund der Gewinn- orientierung des Centers in einen größeren Gesamtzusammenhang gestellt und erlangen damit eine höhere Bedeutung. Motivation und Risikobereitschaft der Mitarbeiter werden hierdurch sowie durch die Möglichkeit der eigenen Entscheidung gezielt gefördert und es entsteht eine verstärkte Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme. Das Profit Center-Konzept weist damit auch eine psychologische Komponente auf, welche indirekt zur Wertschaffung beiträgt.145 Durch die mit der Centerkonzeption einhergehende Organisationsstruktur wird ein wichtiger Organisationsbeitrag zur Generierung von Unternehmenswert geleistet. Entscheidungen werden grundsätzlich dezentral getroffen, wodurch zugleich das Komplexitätsproblem der zentralen Entscheidungsfindung entschärft wird. Zudem wird auf diesem Wege eine schnelle und kompe- tente Entscheidungsfindung ermöglicht und die Unternehmensleitung entlastet. Die beschriebene Trennung der organisatorischen Systeme in ein Basis- und Entscheidungssystem unterstützt es zugleich, langfristige und richtungsweisende Entscheidungen strategischer Art zentral zu treffen und diese zu kommunizieren. Die eigentliche unternehmerische Zielsetzung sowie die damit einhergehende Strategie werden zentral durch die Unternehmenspolitik festgelegt. Das Gewinn- ziel stellt den tragenden Grund des ökonomischen Handelns dar (Primärziel). Aufgrund der unterschiedlichen zeitlichen Einwirkung verschiedener Interessengruppen auf das Unternehmen, der teilweise erheblichen zeitlichen Vorwirkung bis zur Realisierung des Gewinnziels und zur 145 An dieser Stelle wird entsprechend dem vorherigen Kapitel einem umfassenderen Wertbegriff gefolgt. Dieser schließt vorlaufende Faktoren der Wertschaffung entsprechend der Balanced Scorecard-Konzeption mit ein. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 291 centerspezifischen Komplexitätsreduktion ist es jedoch erforderlich, weitere Ziele für die Profit Center festzulegen und diese gleichzeitig zu verfolgen (Sekundärziele).146 Hierzu bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtungsweise aller simultan zu verfolgenden Ziele durch eine multivariable Zielfunktion. Ein solches Zielsystem kann definiert werden als eine von der Unternehmens- leitung strukturierte Menge simultan verfolgter Ziele. Das Centerkonzept zielt darauf, Centerziele über die Gewinnorientierung (Primärziel) hinaus mit weiteren übergeordneten Zielen (Sekundärzielen) zu verbinden. Dieses ist erforderlich, da das langfristige Zielsystem aufgrund seiner allgemeinen Formulierung nicht in der Lage ist, die operative Centerführung vorzugeben. Zudem wird angestrebt, vertikale Zielkonflikte mit andern Centerinteressen zu vermeiden, indem bspw. Handlungsmaximen der Profit Center mit denen des Gesamtunternehmens abgestimmt werden. In diesem Zusammenhang besteht eine weit- reichende Anknüpfungsmöglichkeit an die Werttreiberhierarchie des Wertmanagements. Die Hierarchie liefert eine ebenenspezifische Ordnung unterschiedlicher Werttreiber, welche zur übergeordneten Koordination von Einzelzielen sowie zur Ableitung von einzelnen Centerzielen verwendet werden können. Eine gezielte Verfolgung wertorientierter Ziele kann über eine Ablei- tung von wertorientierten Teilprogrammen durchgesetzt werden. Ein entsprechendes Umfeld ist bereits durch die Gewinnorientierung der Centerkonzeption geschaffen, zudem ermöglicht die Centerorganisation eine sinnvolle Aufgabenzuordnung entsprechend der vorhandenen Kompe- tenz. Die Wertorientierung kann auf diese Weise umfassend in die Gesamtorganisation überführt werden. Eine Betrachtung der Wertsteigerung aus Sicht der Center erleichtert zudem die Entdeckung und Erschließung neuer Wertsteigerungspotenziale, welche über die im Werttreiber- modell bereits identifizierten Faktoren hinausgehen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Centerkonzeption über deren Aufbau- und Ablauforganisation Zuständigkeiten für die Wertschaffung festlegen kann. Einzelne Wertpro- gramme können hierbei jedoch nicht nur zugeordnet und abgearbeitet, sondern auch centerspe- zifisch gemessen werden. Hier liegen die Stärken des Wertmanagements. Eine Verbindung des Wertmanagements mit der Centerkonzeption leistet damit nicht nur eine umfassende organisa- torische Unterstützung zur Wertgeneration, es entsteht zugleich die Möglichkeit der Messung des Beitrages jedes Einzelcenters zur Wertsteigerung am Gesamunternehmenswert. Hierdurch kann ein Wettbewerb forciert werden, der zugleich die Wertsteigerung sinnvoll unterstützt. Ein entsprechendes Benchmarking ermöglicht die Flankierung des wertorientierten Verhaltens. 146 Vgl. Kapitel 4.1.5.2.1. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 292 7.4.2.3 Analyse des Managementsystems und abschließende Betrachtung Die Stärken des Wertmanagements bestehen in der Integration unterschiedlicher Bewertungs- ansätze in die Unternehmenssteuerung.147 Deutliche Defizite liegen jedoch in der Implemen- tierung der wertorientierten Steuerung in die Organisation, d.h bis in den operativen Bereich. Die Profit Center-Konzeption stellt dem Wertmanagement ein Instrument zur Verfügung, um die Wertorientierung in die Organisation zu überführen. Der Wertgedanke kann damit gesteuert in alle Organisationsbereiche transportiert werden. Die Schwäche der Profit Center-Konzeption besteht in einem fehlenden Selbstregulierungsmechanismus, der alle Center auf ein einheitliches Ziel hin koordiniert. Eine Anknüpfung an die Werttreiberhierarchie des Wertmanagements ermöglicht ein zielorientiertes eigenständiges Handeln, orientiert an übergeordneten Zielen. Alle Center orientieren sich damit an klar zueinander strukturierten Zielen und es wird die bislang fehlende Gesamtkoordination der Einzelcenter ermöglicht. Ein weiterer Problembereich der Profit Center-Konzeption besteht in der teilweise vorhandenen Dominanz der Gewinnziele. Dieses kann zu einem suboptimalen Verhalten in Bezug auf die Wertschaffung führen. Das Wertmanagement kann diese Suboptimierung konterkarieren, indem in Ergänzung zum Center- gewinn auch der Anteil zur langfristigen Wertgenerierung ermittelt wird. Dieser Wert stellt eine langfristige Kennzahl dar und eliminiert kurzfristig vorgezogene Gewinnbeiträge. Das Wert- management verbessert bei einer entsprechenden Vorgehensweise das Centerverhalten in Richtung einer nachhaltigen Wertschöpfung. Ein wichtiges Instrument zur Umsetzung der Wertsteigerung ist die durch die Profit Center- Steuerung geschaffene Organisationsstruktur. Eine Verbindung der Bewertungs- und Analyse- modelle des Wertmanagements mit dem Steuerungssystem ist in der Praxis oft problembehaftet. Auch bei Rappaport werden hierzu nicht alle offenen Fragestellungen thematisiert.148 Die Organisationsstruktur der Profit Center-Konzeption ermöglicht grundsätzlich eine Integration der Modelle des Wertmanagements in die Einzelcenter. Die Zielerreichung in Bezug auf die Wertsteigerung wird nicht nur im Gewinnbeitrag des Centers quantifiziert und damit berechen- bar, die Werttreiberhierarchie liefert zugleich eine Orientierungsgrundlage zur Zielfestlegung und eigenständigen Zielerreichung für die Sekundärziele. Entscheidungen des Wertmanagements strategischer Art werden im Entscheidungssystem getroffen, die eigenständige Ausführung dieser Ziele erfolgt in der Zielverfolgung im Basissystem. Die langfristige Gewinnmaximierung als Basis der Wertsteigerung steht dabei im operativen Fokus. Eine Integration des Wertmanage- ments in das Führungssystem erscheint auf diesem Wege praktikabel. Einer entscheidenden 147 Vgl. Kapitel 5.4.1. 148 Vgl. Rappaport, A. (1999). 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 293 strategischen Forderung wird damit Rechnung getragen. „The best strategy for any company is one you can implement.“149 Die Strategie wird durch das Wertmanagements auf ihre entschei- denden Ziele reduziert. Das Primärziel wird als Oberziel anerkannt und zugleich durch die individuellen Sekundärziele konkretisiert. Die Werttreiberhierarchie leistet in diesem Sinne einen wesentlichen Orientierungsbeitrag zur Zielkommunikation und Orientierung durch die Wertzielkonkretisierung und Anknüpfungsmöglichkeit der Einzelcenter. Das Komplexitäts- problem wird auf diese Weise maßgeblich entschärft. Gleichzeitig ist es für das Wertmanage- ment möglich, einzelne Wertziele Organisationsbereichen bzw. Einzelcentern zuzuordnen und damit die Zielerreichung der Wertschaffung direkt zu verankern. Die Centerorganisation leistet durch ihre organisatorische Aufgabenteilung hierzu einen wesentlichen Unterstützungsbeitrag. Die beschriebene Vorgehensweise ermöglicht es, das Wertmanagement nicht nur als Rechen- aufgabe zu verstehen, sondern als organisationsumfassende, ganzheitliche Managementaufgabe. Das gesamte Unternehmen wird in das wertorientierte Zielsystem eingebunden und die bislang fehlende Durchgängigkeit zu den operativen Steuerungsgrößen ermöglicht. Zudem wird der bislang im Wertmanagement vernachlässigten Forderung des strategischen Managements genüge getan. Die strategische Planung erfordert hiernach Instrumente, welche „kreative Denk-, Kom- munikations- und Entscheidungsprozesse in Gang setzen.“150 Eine sinnvolle Wertorientierung erfordert „prospektives, langfristiges und strategisches Denken.“151 Die Kombination beider Ansätze ermöglicht die Generierung eines durchgängigen, wertorientierten Führungssystems bis in den operativen Bereich. Die Kombination von Primär und Sekundärziel sorgt dabei zugleich für den notwendigen Rahmen, um eigenständig Entscheidungen in den Centern treffen zu können, ohne übergeordnete Ziele zu konterkarieren. Der aufgezeigte Gesamtzusammenhang der eigenen Handlungsentscheidung bei verbleibender, individueller Gewinnverantwortung des Centers begünstigt dabei die geforderten kreativen Denk-, Kommunikations- und Entscheidungs- prozesse, da Entscheidungen dezentral zu treffen sind. Gleichzeitig wird durch die Gewinn- verantwortung das Risikobewusstsein gestützt und die Motivation gefördert. Im Sinne eines mehrdimensionalen Wertbegriffes, welcher die Vielfalt der in einem erfolg- reichen Unternehmen zu berücksichtigenden Werte einbezieht, kann festgestellt werden, dass eine Kombination beider Steuerungssysteme zur Wertorientierung beiträgt. Dieses erfolgt durch die Entstehung eines umfassenden Steuerungssystems, welches nicht nur das Wertmanagement fördert und in den operativen Bereichen verankert, sondern zugleich die Profit Center-Konzep- tion stärkt. Die Überführung der Wertorientierung in die Centerverantwortung ermöglicht es zu- 149 Aspesi, C., u.a. (1999), S. 89. 150 Volkart, R. (1997), S. 80. 151 Volkart, R. (1998), S. 34. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 294 dem, die Vorteile dezentraler, marktkonformer Strukturen zu nutzen, welches eine ideale Vor- aussetzung zur Erreichung wertorientierter Ziele darstellt. Dabei bleibt ein ausreichendes Maß an Entscheidungsfreiheit erhalten, jedoch wird gleichzeitig genügend Orientierung für das wert- orientierte Verhalten durch die Gewinnorientierung und die Werttreiberhierarchie ermöglicht. Um das Wertmanagement konsistent umzusetzen, hat die Profit Center-Konzeption in Verbin- dung zum Wertmanagement jedoch den Anforderungen eines umfassenden Managementsystems zu genügen. An dieser Stelle soll entsprechend der Vorgehensweise im Kapitel 7.4.1.3 eine Prüfung der in Anlehnung an Hax und Kilgus ermittelten Einzelkriterien erfolgen. Die Profit Center-Konzeption beinhaltet ein umfassendes Planungssystem. Grundlage der Pla- nung sind sowohl die beschriebene Gewinn-, als auch eine weitere individuell vorzugebende Zielorientierung. Das Wertmanagement kann an dieser Stelle über die Werttreiberhierarchie eine sinnvolle Anknüpfung realisieren. Die Kommunikation und Information über zu erreichende Ziele wird im Rahmen der Centersteuerung durch die Centergespräche umgesetzt. Die Center- ziele werden abgeleitet und Abstimmungen zur Budgetierung vorgenommen. Eine entsprechende Organisationsstruktur für das Managementsystem wird durch die bestehende Zweiteilung der Organisation in das Entscheidungs- und das Basissystem geschaffen. Zudem ist es möglich, einzelne Teilziele entsprechend der Centerstruktur abzuleiten und somit Zuständigkeiten und Verantwortlichkeit zu schaffen. Das Komplexitätsproblem der Steuerung wird damit zusätzlich entschärft. Durch die Profit Center-Zielfestschreibung werden die vereinbarten Ziele messbar festgehalten. Die Zielerreichung wird auf diesem Wege über meist quantitative Ziele kontrol- lierbar. Bedingt leistet das Profit Center-Prinzip auch einen Beitrag zur Kontrolle der Führung. Ein direkter Mechanismus zum Feedback oder Lernen ist zwar in die Konzeption entsprechend der Balanced Scorecard nicht integriert, die entstehende unternehmerische Eigendynamik in den Centern trägt jedoch dazu bei, dass Begründungen für übergeordnete Entscheidungen eingefor- dert werden. Darüber hinaus entsteht ein dynamisches System, in dem auf Umfeldveränderungen durch gezielte Steuerungsanpassungen zu reagieren ist. Das Steuerungsprinzip der dezentralen Gewinnverantwortung begünstigt die eigenständige und permanente Kontrolle aller Entschei- dungen. In Bezug auf die Kriterien Motivation und Unternehmenskultur kann zudem festgestellt werden, dass eine entscheidende begünstigende Komponente durch die Delegation von Verant- wortung in den dezentralen Bereichen geschaffen wird. In seinem Verantwortungsbereich nimmt der Mitarbeiter durch sein Handeln und Entscheiden aktiv an der Unternehmensentwicklung teil und hat die Möglichkeit, Gesamtzusammenhänge zu verstehen. Dies ist eine Entwicklung, welche die Mitarbeitermotivation fördert und die Unternehmenskultur aktiv verändert. Abschließend kann zusammenfassend festgestellt werden, dass die Profit Center-Konzeption einen umfassenden Beitrag zur Entstehung eines umfassenden Managementsystems i.S.d. Wert- 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 295 managements zu leisten vermag. Die Centerkonzeption hat dabei jedoch einem klar struktu- rierten Prozess zu folgen, der wertorientierte Ziele und Entscheidungen konsequent in die Organisation überführt und begünstigt. Wird bei einer Verbindung des Wertmanagements mit der Profit Center-Steuerung den aufgezeigten Kriterien Rechnung getragen, so ist davon auszu- gehen, dass ein konsistent wertorientiertes Managementmodell entsteht. Dieses kann die derzeit zu identifizierenden Schwachstellen des Wertmanagements verringern und damit zur Wert- generierung im Unternehmen beitragen. Die Implementierung eines entsprechenden Systems ist demnach als eigenständiger Wertgenerator zu bezeichnen. Es entsteht Unternehmenswert. 7.4.3 Ansatz auf Basis der Zielsteuerung Eine koordinierte und individuelle Zielerreichung wertorientierter Ziele ist nur bei einer Über- führung dieser in die Verantwortung der Mitarbeiter möglich. Die Mitarbeiter sind für die eigen- ständige Ausführung unterschiedlicher Handlungen verantwortlich, benötigen jedoch gleich- zeitig einen Orientierungsrahmen für ein zielgerichtetes und koordiniertes Handeln. Eine Anbindung der Zielsteuerung an das Wertmanagement ermöglicht es, wertorientierte strategische Ziele in den operativen Bereich zu überführen und verbindlich in der Organisation mit indi- viduellen Zuständigkeiten zu verbinden. Eine Überführung der wertorientierten Ziele in die individuelle Verantwortung unterstützt damit das Wertmanagement. 7.4.3.1 Einführende Überlegungen Bei einem Vergleich der Definition des Wertmanagements mit dem gelebten Wertmanagement wird deutlich, dass dem strategischen Management weniger Bedeutung zukommt, als der Wert- messung.152 Das strategische Management steuert die langfristige Unternehmensentwicklung und legt diese umfassend durch Ziele und Zielstrukturen in der Organisation fest. Der Gefahr eines kurzfristigen Aktionismus wird damit begegnet. Den Zielen kommt damit im strategischen Management eine besondere Bedeutung zu. Die Zielformulierung wird deshalb als wesentliche Grundfunktion des Managements interpretiert. Ein Ziel stellt nicht nur eine normative Vorstellung über einen zukünftigen Zustand dar, es ist zugleich auch ein Orientierungsrahmen für zielführende Handlungen. In die Zielbildung werden in Ergänzung zu den internen heute auch die externen Bezugsgruppen einbezogen. Der Zielbil- dungsprozess versteht sich damit als eine Suche nach konsensfähigen, gemeinsamen Unterneh- menszielen, welche zur Wertsteigerung des Unternehmens beitragen. Anspruchsgruppenorien- 152 Vgl. Moser J.-P. (2001), S. 71. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 296 tierte Ziele gewinnen damit zunehmend an Bedeutung. Von einem einheitlichen und verbind- lichen Zielsystem wird aufgrund der zahllosen denkbaren Kombinationen und Ausprägungen von Zielinhalten jedoch teilweise Abstand genommen. In der Phase der Zielanalyse und -ordnung sind Einzelziele aufgrund ihrer Beziehung zueinander in ein Rangverhältnis zu bringen. Es können Mittel-Zweck-Schemata abgeleitet werden, welche die Grundlage für hierarchisch strukturierte Zielsysteme bilden. Eine Zieldurchsetzung erfolgt durch die Weitergabe der Ziele in Form von Teilzielen an identifizierte Zielverantwortliche in den Zielvereinbarungen. Motivation, persönliche Qualifikation und organisatorische Ausstattung mit Ressourcen und Kompetenzen sind zur Zielerreichung eine Grundvoraussetzung. Die Ziel- steuerung wird damit als Steuerungs-, Planungs- und Controllinginstrument verstanden, bei dem zwischen der Leitung einer Organisationseinheit und der Leitung einer niedrigeren hierarchi- schen Ebene verbindliche Absprachen über die zu erbringenden Leistungen, die dafür zur Ver- fügung gestellten Mittel und die Art der Berichterstattung über das Ergebnis und eventuelle Ab- weichungen getroffen werden. Die Zielvereinbarungen verfolgen in Anlehnung an die strate- gische Zielebene das Ziel, die unternehmensbezogenen, wertschaffenden Erfolgsfaktoren zu identifizieren und durch gesteuertes Handeln in allen Unternehmensbereichen auszubauen.153 7.4.3.2 Analyse der Wertsteigerungsunterstützung Als Grundfunktion der Unternehmenssteuerung ermöglicht es die Zielformulierung, die Kom- ponente des strategischen Managements im Wertmanagement aktiv zu unterstützen. Wertorien- tierte Ziele können durch das Instrument der Zielsteuerung in das Gesamtunternehmen und damit in den operativen Bereich überführt werden. In der Zielsteuerung besteht somit ein Ansatzpunkt zur Lösung des Problems der fehlenden Durchgängigkeit der Wertorientierung bis zu den opera- tiven Steuerungsgrößen. Zudem leistet die Werttreiberhierarchie einen hilfreichen Beitrag zu einer übergreifenden Zielorientierung. Handlungsaktionismus kann auf diese Weise vorgebeugt werden, indem die Wertsteigerung einen Orientierungsrahmen für alle Unternehmensziele vermittelt. Dieses erscheint sinnvoll, da die gemeinsame und zielgerichtete Koordination aller Unternehmensziele die Implementierung eines unternehmerischen Gesamtzielsystems bedingt. Da einzelne Ziele oft nicht in der Lage sind die komplexen Aufgaben darzustellen, werden für unterschiedliche Einheiten teilweise eigenständige Zielsysteme entwickelt. Eine Vereinfachung und einheitlichere Gestaltung der bestehenden Zielsysteme kann erreicht werden, indem die Wertgenerierung als ein allumfassendes Oberziel in alle Zielsysteme aufgenommen wird. Eine 153 Vgl. Kapitel 4.2. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 297 Anknüpfung an die Werttreiberhierarchie des Wertmanagements stellt eine gute Vorgehensweise zur koordinierten Zielfestlegung und -erreichung dar. Das Instrument der Zielvereinbarung liefert dem Wertmanagement hierzu den fehlenden Baustein des strategischen Managements. Verantwortlichkeiten für Wertprogramme können damit gezielt vergeben, Ziele und Aufgaben kommuniziert sowie deren Umsetzung über Ziel- oder Meilensteinkontrollen überprüft werden. Verständnis, Identifikation und Motivation sind in diesem Kontext die wichtigen Erfolgsfaktoren der Zielerreichung. In Ergänzung zu den finanziellen Größen trägt der Zielbildungsprozess heute auch verstärkt den Ansprüchen der externen Bezugsgruppen des Unternehmens Rechnung. Diese Entwicklung steht im Einklang mit der im Rahmen des mehrdimensionalen Wertbegriffs geforderten langfristigen Zielharmonie zwischen Shareholder und Stakeholder Value.154 Potenzieller unternehmerischer Wert kann nicht immer direkt quantifiziert werden. Aufgrund des Wandels der Absatzmärkte und der damit einhergehenden Forderung nach verstärkter Kundenorientierung, tragen vor- laufende Werttreiber heute verstärkt zum langfristigen Unternehmenserfolg bei. Zudem ist es heute notwendig, den Mitarbeiter als einen wichtigen unternehmerischen Wertgenerator in das Zielsystem aufzunehmen. Die Entwicklung des Zielsystems in Richtung der Mehrdimensionali- tät trägt damit den Ansprüchen des umfassenden Wertbegriffs Rechnung. Eine Verknüpfung beider Systeme erscheint Erfolg versprechend. Ein wesentliches Ziel der Zielsteuerung besteht in der Unterstützung des strategischen Manage- ments bei der Erschließung, Erhaltung und Nutzung von spezifischen unternehmerischen Wert- bzw. Erfolgspotenzialen und -faktoren.155 Hierin drückt sich die direkte Unterstützungsleistung der Zielsteuerung für das Wertmanagement aus. Das Zielsteuerungssystem ist in der Lage, aus den strategischen Zielen, welche sich an vorhandenen Erfolgspotenzialen und zugehörigen Erfolgsfaktoren orientieren, operative Ziele abzuleiten und diese verbindlich in der Organisation mit individuellen Zuständigkeiten zu verbinden. Eine Zielorientierung erfolgt in der Regel an den aufgezeigten unternehmensbezogenen Erfolgsfaktoren, welche es in der Zielverfolgung zu ergänzen, auszubauen oder mindestens zu stabilisieren gilt. Eine Problematik des Wertmanagements besteht darin, dass die Wertorientierung häufig in blo- ßen Absichtserklärungen der Organisationsmitglieder mündet. Die Zielbestimmung ist hingegen ein wesentlicher Bestandteil der Zielsteuerung. Um die individuelle Leistung des Mitarbeiters einzuschätzen, ist es wichtig, dass die Zielerreichung messbar ist. Anderenfalls sind Anreiz- und 154 Vgl. Moser J.-P. (2001), S. 72f. 155 Vgl. Kapitel 5.2.1. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 298 Sanktionswirkungen nicht umsetzbar und das Mitarbeiterverhalten würde sich entsprechend negativ entwickeln. Die ziel- und ergebnisorientierte Steuerung bewirkt jedoch die geforderte verbindliche Überführung der einzelnen Wertziele nebst deren Messung in die Organisation und sogar bis in die persönliche Individualverantwortung. Zudem wird der Weg zur Erreichung des Ziels im Zielvereinbarungsgespräch grob aufgezeigt und die zu erstellende Leistung, die Res- sourcen als auch die Berichterstattung festgelegt.156 Der Wertorientierung wird damit durch umfassende Organisationsdurchdringung Rechnung getragen. Neben den technischen Aspekten der Implementierung der Wertorientierung spielt zudem der menschliche Aspekt eine herausragende Rolle. Leider wird diese Komponente in der Literatur zum Wertmanagement nur am Rande thematisiert.157 Für das strategische Management ist es erforderlich, dass auch die das Ziel ausführende Komponente, der Mensch, als wichtiger Faktor der wertschaffenden Zielerreichung verstanden und auf ein optimales Zielerreichungsverhalten aktiv eingewirkt wird. Rollen, Institutionen und Funktionen sowie ihr Zusammenspiel im soziokulturellen Kontext spielen für die Führung von Menschen eine tragende Rolle. Dem Indi- viduum, seinen Beziehungen und dem sozialen Kontext ist durch das strategische Management Rechnung zu tragen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist die Delegation der Entschei- dungsbefugnisse.158 Diese ermöglicht eine Veränderung der Unternehmenssteuerung hin zu einer partizipativen, eigenverantwortlichen und lediglich auf Zielvereinbarungen beruhenden Steue- rung. Über eine gemeinsame Zielerarbeitung und Zielfestlegung ist es darüber hinaus möglich, den menschlichen Steuerungsaspekt zu fördern. Dem Kontraktmanagement liegt ein partizipativ- kooperatives Verständnis zu Grunde.159 Dieses beruht auf der Erkenntnis, dass Ziele engagierter und motivierter angegangen werden, wenn Mitarbeiter sich selbst einbringen und den Sinn und Zweck ihres Handelns verstehen, akzeptieren und eigenständig ausgestalten können. Die Ziel- steuerung fördert eine Stärkung der dezentralen Verantwortung bei Sicherung der über- geordneten zentralen Steuerung. Eine diesbezügliche Balance überträgt den Gedanken der Moti- vation durch das Führen über Ziele auf die gesamte Organisation. Die Umsetzung wertorientier- ter, strategischer Ziele kann damit über das Engagement und die Identifikation der Mitarbeiter mit ihren eigenen, ausgehandelten Zielen160 erfolgen.161 156 Es verbleibt jedoch noch ausreichend Handlungsspielraum durch die Entscheidungsdelegation. 157 Entsprechend verhält es sich bei der Balanced Scorecard. Die Zielsteuerung ist in der Lage, diese Lücke zu schließen; vgl. Rappaport, A. (1995), 1995, S. 4. 158 Vgl. Kapitel 4.1.3.1.2. 159 Vgl. Kapitel 4.2.3. 160 Die Individualziele schließen das wertorientierte Handeln mit ein, indem aus den übergeordneten Wertzielen individuelle Teilziele abgeleitet werden. Selbstverständlich stellen diese abgeleiteten Wertziele nur einen Teil der auszuführenden Handlungen der Mitarbeiter dar. Vgl. Abbildung 60 auf Seite 232. 161 Zur Vertiefung der Thematik Mitarbeiterführung vgl. die Ausführungen zum Change Management bei Moser J.- P. (2001), S. 213ff. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 299 7.4.3.3 Analyse des Managementsystems und abschließende Betrachtung Der Vergleich beider Steuerungssysteme macht einen grundsätzlichen Unterschied der Systema- tiken deutlich. Das Wertmanagement betont intensiv die Bewertungsverfahren, hat jedoch deut- liche Defizite in der Implementierung der wertorientierten Steuerung in die Organisation. Die Zielsteuerung hingegen bedarf einer übergeordneten Orientierungsgrundlage zur gesamten Koordination ihrer Einzelhandlungen. Ohne diese besteht die Gefahr des blinden Aktionismus trotz jeweiliger Einzelzielfestlegung. Über einen Zielsystembezug ermöglicht die Wertorien- tierung der Zielsteuerung eine übergeordnete Ausrichtung aller Ziele an dem Oberziel der Wert- steigerung. Zugleich liefert die Werttreiberhierarchie dieser Zielorientierung einen konkreten Anknüpfungspunkt. Die Zielsteuerung ist zudem in der Lage, die bislang problematische Um- setzung des Wertmanagements in den operativen Bereich zu unterstützen. Sie stellt damit das bislang fehlende Instrument des strategischen Managements bereit. Wertmanagement als Mana- gementaufgabe rückt damit in den Fordergrund der Handlungen und verdrängt das reine Rechen- instrument der Unternehmensbewertung. Zudem wird über die Zielsteuerung das mittlere und untere Management in das wertorientierte Zielsystem einbezogen. Dies ist derzeit aufgrund der fehlenden Durchgängigkeit zu den operativen Steuerungsgrößen nicht gegeben. Auf der Ebene der Wertsteigerungsansätze erfolgt eine starke Betonung der finanziellen Wert- schöpfung. Der geforderte erweiterte Wertbegriff versucht hingegen finanzielle Werte vermehrt durch qualitative Ziele zu überlagern.162 Dieses schließt auch die Ziele der wertschaffenden Komponente Mensch, als wichtigen Stakeholder, mit ein. Über die bereits im Werttreibermodell bekannten Faktoren hinaus, können mit Hilfe dieser Betrachtungsweise weitere mitarbeiter- spezifische Wertsteigerungspotenziale identifiziert werden. Diese sind möglicherweise nicht umfassend finanzmathematisch abbildbar, tragen jedoch durch ein erweitertes Werteverständnis nachhaltig zur Wertsteigerung bei. Zudem bilden sie eine mögliche Grundlage der Entwicklung weiterer Wertgeneratoren. Eine Anbindung der Mitarbeiterziele durch das Instrument der Ziel- steuerung trägt damit dem erweiterten Wertbegriff Rechnung. Darüber hinaus wird über die Ziel- vereinbarungen die Möglichkeit geschaffen, die bislang stark vergangenheitsgeprägte Wert- steuerung um eine zukunftsgerichtete Sichtweise zu ergänzen. Das Wertmanagement erhält damit eine ganzheitliche und zukunftsgerichtete Betrachtungsweise. Abschließend wird auf Basis der notwendigen Kriterien eines umfassenden Managementsystems geprüft, ob das Zielsteuerungssystem die Umsetzung eines konsistenten Wertmanagements unterstützt.163 Die Zielsteuerung ermöglicht, entsprechend den vorher dargestellten Ausfüh- 162 Vgl. Volkart, R. (1997), S. 81. 163 Vgl. hierzu Kapitel 7.4.1.3 sowie Hax, A., u.a. (1991), S. 26f. Mögliche Kriterien: Planungssystem, Kommuni- kations- und Informationssystem, Organisationsstruktur, Führungskontrollsystem, Motivations- und Beloh- nungssystem, Human Ressources bzw. Unternehmenskultur. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 300 rungen, eine abgestimmte und umfassende Planung der unternehmerischen Ziele. Dies geschieht sowohl auf Mitarbeiterebene als auch in Anbindung an übergeordnete Ziele oder Zielsysteme.164 Durch die Zielaushandlung des Kontraktmanagements erfolgt zudem eine umfassende Kommuni- kation und Information über die zu erreichenden Ziele. Für die Zielsteuerung ist es wesentlich, dass die Mitarbeiter umfassend über die Beweggründe ihrer Individualhandlungen informiert werden, um gegebenenfalls notwendige Entscheidungen zur Handlungs- und Zielkorrektur eigenständig treffen oder zumindest initiieren zu können. Das Zielsteuerungssystem kann demnach als umfassendes Kommunikations- und Informationssystem verstanden werden. Zu- rückgegriffen wird hierzu auf die vorhandene Organisationsstruktur der Zielsteuerung. In der Regel werden die Ziele entsprechend der Center- und Aufgabenstruktur festgelegt. Ziele werden in der Zielerreichungskontrolle umfassend hinterfragt und kontrolliert. Schon bei der Festlegung der Ziele wird in diesem Zusammenhang auf deren Kontrollierbarkeit durch Messbarkeitsvoraussetzungen geachtet. Der Kontrakt enthält hierzu konkrete Angaben zur Prüfung in Meilenstein- und Endkontrollen.165 Diese deutlichen Regelungen führen dazu, dass von der Führung vorgegebene Ziele und Einschätzungen zudem bottom-up hinterfragt werden und ggf. Zielkorrekturen erfolgen. Das Führungskontrollsystem funktioniert demnach in beiden Richtungen. Werden Ziele erreicht, so erfolgt eine Belohnung entsprechend festzulegender positiver Sanktionen. Den Kriterien der Motivation und Belohnung wird die Zielsteuerung damit umfassend gerecht. Auch der menschliche Aspekt wird in der Zielsteuerung berücksichtigt. Die menschlichen Ziele geraten zunehmend in den Vordergrund durch den Wandel zur Dienst- leistungsgesellschaft und der höheren Bedeutung des qualifizierten Arbeitnehmers. In diesem Zusammenhang kann festgestellt werden, dass ein Nutzen der Zielsteuerung auch in der indivi- duellen Berücksichtigung der Potenziale der Mitarbeiter und ihrer Entwicklung besteht. Die Zielsteuerung trägt damit maßgeblich zu einem Wandel der Unternehmenskultur bei. Zusammenfassend kann damit festgestellt werden, dass die Zielsteuerung sämtliche geforderten Kriterien zur Umsetzung eines umfassenden Wertmanagements erfüllt. Wichtig ist jedoch, dass über einen klar strukturierten Prozesses eine Anbindung beider Systeme erfolgt. Die Wertorien- tierung hat dabei als Grundlage aller Zielvereinbarungen im Sinne eines Oberziels akzeptiert zu werden. Hierzu ist der Wertgedanke durch eine Überführung und Integration der Werttreiber- hierarchie in die Zielsteuerung zu konkretisierten. Wenn die Zielsteuerung diesen Anfor- derungen gerecht wird, kann sie als eigenständiger Wertgenerator interpretiert werden. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass eine Implementierung der Zielsteuerung als konsistent wert- orientiertes Managementmodell in Verbindung mit dem eigentlichen Wertmanagement zur Steigerung des Unternehmenswertes beiträgt. 164 Vgl. Kapitel 4.2.2 und Kapitel 4.2.3. 165 Vgl. Kapitel 4.2.3.3. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 301 Abschließend ist auf Basis der eigenständigen Prüfung der drei Steuerungsmodelle festzustellen, dass diese jeweils singulär zu einer Verbesserung des Wertmanagements und damit zu einer Wertsteigerung des Unternehmens beitragen. Im Rückschluss auf den kombinierten Steuerungs- prozess wird deshalb unterstellt, dass dieser durch die Kombination und Integration aller Steuerungselemente ebenfalls die Wertsteigerung unterstützt und zugleich einen umfassenden Ansatz darstellt, um die unternehmerische Steuerung wertorientiert zu gestalten. Der kom- binierte Steuerungsprozess bringt die Elemente des Wertmanagements, der Balanced Scorecard, der Centersteuerung und der Zielsteuerung in eine logische Abfolge zueinander und gewähr- leistet gleichzeitig die benötigte Flexibilität für die Selbststeuerung und Weiterentwicklung. Damit ermöglicht der kombinierte Steuerungsprozess eine umfassendere Wertsteigerung, als die jeweilige Integration der Einzelelemente in das Wertmanagement. 7.5 Alternative Bewertungsansätze und energiewirtschaftliche Analyse Ergänzend zu den bisherigen Bewertungsansätzen des kombinierten Steuerungsprozesses erfolgt an dieser Stelle eine kurze Diskussion einer alternativen Bewertung über eine Defizitbetrach- tung. Dieses stellt nach Auffassung von Servatius einen sinnvollen Ansatz dar, um den Wert integrativer Steuerungsmodelle in der Organisation einzustufen.166 Zusätzlich wird aufbauend auf diesem Ansatz ein Bezug zum Forschungsprojekt „Bilanzfähige Logistik“ hergestellt, welches über eine vergleichbare Vorgehensweise die gesamtunternehmerische Wertsteigerung durch die Generierung effizienter Logistikstrukturen abschätzt. Beendet wird dieses Kapitel mit einer ausführlichen Darstellung der Bedeutung des kombinierten Steuerungsprozesses für die Steuerung von Unternehmen in der liberalisierten Energiewirtschaft. Aufbauend auf aktuellen Rahmenbedingungen werden hierzu konkrete Steuerungsanforderungen abgeleitet, welchen ein energiewirtschaftlicher Steuerungsansatz zu genügen hat. Im Anschluss wird aufgezeigt, dass der Prozess diesen Anforderungen genügen kann und somit einen umfassenden wertorientierten Steuerungsansatz für die Energiewirtschaft darstellt. 7.5.1 Quantifizierung der Wertschaffung über eine Defizitbetrachtung Eine genaue Quantifizierung des zusätzlichen Wertbeitrages des in der Arbeit dargestellten kom- binierten Steuerungsprozesses stellt sich als komplexe Problemstellung dar. Der eigentliche Nut- zen des Ansatzes besteht in der individuellen Überwindung von Steuerungsproblemen, welche von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich ausgeprägt sind. Der Ansatznutzen besteht 166 Experteninterview mit Servatius, H.-G. (2003), damaliges Mitglied des Vorstands Horváth AG, Thema: Wert- ermittlung der Verbesserung von Managementprozessen. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 302 folglich darin, die jeweils vorhandenen Elemente der Steuerung zu integrieren, fehlende zu ergänzen und den idealtypischen Ablauf dieser integrierten Steuerung zu verdeutlichen und in der Ablauforganisation zu verankern. Eine Verbesserung der Steuerungseffektivität und -effizi- enz wird damit über das Abstellen spezifischer Steuerungsdefizite im Sinne einer möglichen Integration fehlender Steuerungskonzeptionen oder deren Kombination untereinander erreicht. Die Verbesserung der Unternehmenssteuerung auf Basis des entwickelten Ansatzes generiert damit einen individuell zusätzlichen Wertbeitrag. Die Höhe dieses Beitrages richtet sich nach den jeweilig bestehenden Steuerungsdefiziten bzw. dem Grad der Umsetzung des kombinierten Steuerungsprozesses in der jeweiligen Organisation.167 Eine mögliche Vorgehensweise zur Quantifizierung des Wertbeitrages könnte darin bestehen, die wesentlichen bestehenden Defizite der Steuerung zu identifizieren und in Bezug auf diese die Veränderung des Wertbeitrages bei einer Defizitbeseitigung abzuleiten. Ein entsprechender Ansatz zur Wertmessung in der Logistik ist durch das abgeschlossene Forschungsprojekt „Bilanzfähige Logistik“ (BiLog) durch Wildemann entwickelt worden.168 Dieser Ansatz geht davon aus, dass effiziente Logistikstrukturen durch Qualitäts-, Bestands- und Produktivitäts- wirkungen sowie durch die Senkung des Investitionsvolumens zu einer Steigerung des Unter- nehmenswertes beitragen. Investitionsauswirkungen der Logistik werden durch das Modell in Form von Geldbeträgen bewertet und damit in einen direkten Zusammenhang zur unternehme- rischen Wertschaffung gestellt. Grundlage hierzu liefert ein umfassender Logistik-Potenzial- Check, welcher auf Basis differenzierter Fragen zur gesamten unternehmensübergreifenden Wertschöpfungskette und erhobener Vergleichdaten die logistische Leistungsfähigkeit des Unternehmens ermittelt und hieraus die jeweilige Handlungslücke ableitet. Hierzu wird aus den bereitgestellten Daten ein logistisches Leistungsprofil ermittelt und mit den Profilen anderer Unternehmen des gleichen Typs und gleicher Strukturdaten verglichen. Aus den Abweichungen zu Profilen besonders wertschaffender Unternehmen werden die Höhe der Wertverschwendung des betrachteten Unternehmens in den einzelnen Kategorien abgeschätzt und quantifizierte Potenzialwerte ermittelt. Die Berechnungssystematik zur Abschätzung der Potenzialwerte basiert auf einer in der Praxis ermittelten und bewährten Heuristik. In Ergänzung zu den jeweiligen Potenzialwerten wird ein logistischer Werttreiberbaum ermittelt, welcher die Wirkung der einzelnen Schwachstellen in der Logistik auf den Unternehmenswert in quantifizierter Form ersichtlich macht. Hiermit wird dem Logistikmanagement eine Argumenta- tionshilfe zur Verfügung gestellt, mit der die Notwendigkeit der Defizitbeseitigung verdeutlicht werden kann. Über den logistischen Handlungsbedarf hinaus wird additiv über Lösungskonzepte 167 Ebenda. 168 Vgl. Wildemann, H. (2003). Online: www.tcw.de, Abruf: 24.Juni.2004; Wildemann, H. (2004), S. 385-403 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 303 informiert, welche sich in anderen Unternehmen zur Beseitigung ähnlicher Defizite bewährt haben. Diese Ansätze stützen sich auf jahrzehntelang gesammelte Logistikerfahrungen. Letzt- endlich ermittelt der Ansatz von Wildemann einen Individualbeitrag zur Ermittlung des zukünftig zu schaffenden Wertes bei spezifischen Investitionsprogrammen. Hierzu wird versucht, zukünf- tige Ein- und Auszahlungsströme infolge einer logistischen Investition zu quantifizieren und Veränderungen logistischer Systeme auf Leistungskennzahlen abzubilden. Die Ein- und Auszah- lungsströme lassen sich als Folge einer Kennzahlenveränderung ableiten und als Cashflow aus- weisen. Grundlage des Ansatzes bildet eine umfassende Benchmarking-Analyse, welche die logistische Wertlücke des zu untersuchenden Unternehmens über den zukünftig zu realisierenden Cashflow identifiziert. Der logistische Erfüllungsgrad bildet hierbei, im Bezug zur Vergleichs- gruppe, die Basis der Wertermittlung. Eine Überführung in den finanziellen Bereich erfolgt durch die Verknüpfung der logistischen Kennzahlen mit der Finanzebene. Über eine mit dem Ansatz von Wildemann vergleichbare Vorgehensweise wäre es denkbar, den expliziten Wertbeitrag einer Verbesserung von Managementprozessen hinreichend genau zu quantifizieren. In der Literatur findet sich bislang keine praktikable Vorgehensweise für eine diesbezügliche Vorgehensweise. Die Investitionen in die Logistik sind hierbei vergleichbar mit Investitionen zur Verbesserung oder Einführung von Steuerungssystemen. Angesetzt werden könnte bei der Erstellung von Leistungsprofilen der Steuerung. Ein Vergleich mit besonders werteffizient einzustufenden Unternehmen und deren durchgeführten investiven Steuerungs- verbesserungen könnte über Leistungsprofile Wertlücken ermitteln und offene Wertpotenziale aufzeigen. Hierzu ist es jedoch erforderlich, auf eine hinreichend große Vergleichsgruppe zu- greifen zu können. Zudem müssten die Auswirkungen der Veränderungen der Steuerungspro- zesse bzw. deren Integration untereinander entsprechend dem entwickelten Forschungsprojekt auf die finanziellen Leistungskennzahlen dargestellt werden. Auch den individuellen Gegeben- heiten der Unternehmen wäre Rechnung zu tragen.169 In Bezug auf die dargestellte Vorgehensweise lässt sich feststellen, dass es in dieser Arbeit aufgrund des Umfanges der Analyse nicht möglich ist, eine diesbezügliche Wertermittlung auf Basis einer vergleichbaren Anwendung des Ansatzes von Wildemann vorzunehmen. Da diese Vorgehensweise jedoch im Forschungsprojekt „Bilanzfähige Logistik“ zum Erfolg führte, stellt dieser Ansatz einen durchaus möglichen und pragmatischen Weg auch zur Prüfung des in dieser Arbeit vorgestellten kombinierten Steuerungsprozesses dar. Die Möglichkeit des Vergleichs der Wirtschaftlichkeit konkreter Maßnahmen zur Steuerungsanpassung auf Grundlage einer breiten Datenbasis würde zur Ausschöpfung offener Wertpotenziale der Unternehmenssteuerung erheb- 169 Vgl. Ausführungen zur BiLog unter www.tcw.de. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 304 lich beitragen. Maßnahmen könnten besser begründet werden, indem eine umfassende und den individuellen Gegebenheiten Rechnung tragende Kosten-Nutzen-Analyse durchführbar wäre. Der Problematik der Rechtfertigung vorgesehener Prozessverbesserungen und der oft eingefor- derten Quantifizierung des Verbesserungs- bzw. Wertbeitrages würden auf diese Weise umfassend und anschaulich Rechnung getragen. 7.5.2 Wertrelevanz für die Energiewirtschaft Den Abschluss der Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses in diesem Kapitel bildet eine umfassende Analyse vor dem Hintergrund energiewirtschaftlicher Anforderungen an ein wertorientiertes Steuerungsmodell. Hiermit wird ein Bezug zwischen den generellen Steuerungs- anforderungen im Allgemeinen und den neuen Anforderungen des liberalisierten Marktes im Speziellen hergestellt. Auf Basis unterschiedlicher Kriterien wird in der Folge aufgezeigt, dass der kombinierte Steuerungsprozess den gestiegenen energiewirtschaftlichen Steuerungsanfor- derungen genügt und bestehende Defizite auf eine umfassende Art und Weise beseitigt. Der Ansatz fördert zudem die in der Energiewirtschaft dringend benötigte Flexibilität durch seine dezentrale Ausrichtung. Die vielfältigen Chancen des liberalisierten Marktes können nur genutzt und bestehende Risiken nur vermieden werden, wenn die Unternehmenssteuerung sich kurz- fristig und permanent an die veränderten Anforderungen des dynamischen Marktes anpasst. Nur eine entsprechende Unternehmenssteuerung vermag es, langfristige nachhaltige Wettbewerbs- vorteile zu erschließen und zu sichern. Die nachfolgenden Ausführungen stellen ausführlich dar, wie der kombinierte Prozess durch seinen integrativen Charakter und seine weitreichende Dezentralität diesen umfassenden Steue- rungsanforderungen der Energiewirtschaft genügt und damit unternehmerischen Wert schafft. 7.5.2.1 Veränderte Rahmenbedingungen der energiewirtschaflichen Steuerung Mit der Veränderung der gesellschaftlichen, wettbewerblichen, politischen und rechtlichen Rah- menbedingungen als Folge der Marktliberalisierung hat sich die Energiewirtschaft einem zu- nehmend dynamischen Umfeld und veränderten Markt- und Kundenanforderungen zu stellen.170 Diese Umfeldveränderungen stellen hohe Anforderungen an die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität der Unternehmenssteuerung. Nach der ersten Phase der Liberalisierung des Energie- marktes sehen sich die Energieversorger weiterhin mit einer großen Veränderungsdynamik bei weiter wachsendem Erfolgsdruck konfrontiert. Erste Anpassungserfolge auf den Wettbewerbs- druck wurden bereits realisiert. Effizienzsteigerungen wurden durchgeführt, fehlende Ressour- cen und Know-how in Vertrieb, Marketing und Energiehandel aufgebaut oder in Kooperationen 170 Vgl. Kapitel 2. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 305 entwickelt. Die veränderte Marktlage zwingt die Unternehmen jedoch zu weiteren Anpassungs- anstrengungen in der zweiten Phase der Liberalisierung. Das Legal Unbundling im Rahmen der Regulierungsauflage, ist nur eine der zukünftig anstehenden Herausforderungen, die es für die Energiewirtschaft zu meistern gilt. Zu Beginn der Liberalisierung lagen die vordringlichen Probleme der Energieversorger im operativen Bereich. Heute rücken zunehmend strategische Fragestellungen in den Vordergrund. Dies begründet sich zum Teil in einer Ausweitung des Geschäftsfeldes. Das Selbstverständnis des umfassenden und kundenorientierten Infrastrukturdienstleisters gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die klassischen Bereiche Strom, Gas, Wasser und Wärme werden um weitere Geschäftsfelder, wie Telekommunikation oder Entsorgung, ergänzt. Hierbei spielt die eigene Individualstrategie, welche auf den unternehmensspezifischen Erfolgsfaktoren aufbaut, eine entscheidende Rolle. Aufgrund sich schnell verändernder Umfeldbedingungen wird die Planbar- keit des Geschäftes jedoch auch in Zukunft weiterhin einen hohen Unsicherheitsfaktor dar- stellen. Der Konkurs der Enron Corp. oder Mega-Kooperationen wie zwischen der E.on AG und der Ruhrgas AG verdeutlichen dieses anschaulich. Die Zukunft wird damit immer unsicherer und immer weniger vorhersehbar. Gleichzeitig ist in der Energiewirtschaft die Fähigkeit zur Strategieanpassung sehr begrenzt. Aufgrund der Volatilität des Marktes steht die Branche vor der Herausforderung, nicht nur in relativ kurzer Zeit strategische Neuausrichtungen zu erarbei- ten, sondern diese auch schnell und erfolgreich umzusetzen und kurzfristig korrigieren zu können.171 Die Unternehmen haben die Fähigkeit zu entwickeln, mit Unsicherheiten sowie ständigen Übergangs- und Veränderungssituationen umzugehen. Es ist zu agieren, nicht zu rea- gieren. Das Management wird hierbei mit zwei zentralen Problemstellungen konfrontiert. Zum einen besteht eine geringe Erfahrung mit der Umsetzung einer Strategie und zum anderen bestehen zu überwindende Bereichsegoismen. 7.5.2.2 Steuerungserweiterung zur Bedienung neuer Anforderungen Die Chancen und Risiken des liberalisierten Energiemarktes sowie der notwendige Eintritt in neue Geschäftsfelder erfordern eine Anwendung moderner Steuerungsinstrumente. Die Unter- nehmenssteuerung hat den sich ständig verändernden Marktanforderungen gerecht zu werden und gleichzeitig die interne Unternehmensentwicklung zu koordinieren.172 Rieg nennt in diesem 171 „Diese Erkenntnisse müssen zu strategischen Entscheidungen führen, die es einem Stadtwerk ermöglichen, auf sich ändernde Umweltbedingungen rechtzeitig zu reagieren und optimal zu agieren. Aus der strategischen Neu- ausrichtung [...] ergeben sich zwangläufig Änderungen der Aktivitäten [...].“ Reich, M., u.a. (2004), S. 4. 172 „Mit zunehmender Ausdifferenzierung des Geschäftes entlang der Wertschöpfungskette entstehen in Energie- unternehmen neue unternehmerische Identitäten. [...] Aus Energiewirtschaftlern werden Händler oder Vertriebs- profis, aus Technikern Netzbetreiber oder Energieerzeuger, aus Kaufleuten Controller oder Strategen.“ Löbbe, S., u.a. (2002), S. 671. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 306 Zusammenhang zwei Merkmale, denen die Steuerung der Energieversorger zu genügen hat.173 Zum einen ist dieses eine Konzentration auf einen permanenten, strategischen Umsetzungs- prozess und zum anderen die Ausgewogenheit in Bezug auf divergierende Interessen der unter- schiedlichen Interessengruppen. Die alleinige Anpassung der Unternehmensstrategie ist jedoch nicht ausreichend, um den sich ständig verändernden Anforderungen gerecht zu werden. Die Unternehmenssteuerung hat eine schnelle und systematische Umsetzung der Strategie in operative Maßnahmen sowie das regel- mäßige Überdenken der strategischen Ziele und der ihnen zu Grunde liegenden Annahmen zu gewährleisten. Der Bedeutung der Anpassung und Umsetzung von Strategien kommt aufgrund der starken Umbruchsituation der Branche eine hohe Bedeutung zu. Klarheit und Konsens über strategische Ziele und Maßnahmen haben im gesamten Unternehmen zu bestehen. Hierzu ist die Strategie effektiv zu kommunizieren und mit Zielen von Bereichen, Abteilungen, Teams und Mitarbeitern zu verknüpfen. Den einzelnen Mitarbeitern sollte der Beitrag zu Zielerreichung bewusst sein. Zudem bedarf es einer Anpassung des Berichtswesens und der Budgetierung entsprechend der verfolgten Strategien. Hierbei ist es entscheidend, Widersprüche und interne Widerstände zu bewältigen und Einzelprojekte in eine Gesamtheit zu integrieren. Auch das zweitgenannte Merkmal, die Ausgewogenheit, spielt in der Energiewirtschaft eine bedeutsame Rolle. Die Unternehmenssteuerung hat eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen- gruppen zu berücksichtigen. Insbesondere gesellschaftliche Aspekte, wie Umweltschutz und Versorgungssicherheit, sind in dieser Branche von besonderer Bedeutung und von hohem öffentlichem sowie politischem Interesse. Die ausschließliche Nutzung monetärer Kennzahlen erscheint daher zur Steuerung energiewirtschaftlicher Unternehmen als nicht ausreichend. Neben Finanz- und teilweise bereits bestehenden Kundenzielen sind weitere Leistungsziele in Form von Indikatoren in die unternehmerische Steuerung einzubeziehen. Wichtige Voraussetzung für eine langfristig zielführende und ausgewogene Entwicklung ist damit die Koordination wertmäßiger und nicht-wertmäßiger Steuerungsgrößen. Wird das strategische Zielsystem eines Unternehmens in einer Balanced Scorecard abgebildet, so ist es sinnvoll, aus der übergeordneten Finanz- perspektive das Maß der Wertsteigerung aller Aktivitäten abzuleiten. Hierdurch werden auch die vorlaufenden Erfolgsfaktoren in einen Bezug zur Wertschaffung gestellt und direkt oder mit Hilfe von Werttreiberbäumen quantifiziert. Die Rechtfertigung eines ausgewogenen Zielsystems wird damit erleichtert. Gleichzeitig verdeutlicht die Nutzung wertschaffender Kennzahlen die Höhe des zusätzlichen Wertbeitrages und vermittelt ein Verständnis über Vorgehensweise und Ursachen seiner Generierung. Zudem entsteht eine einheitliche Vergleichsbasis zur Förderung 173 Vgl. Rieg, R., u.a. (2000), S. 491. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 307 einer einheitlichen Wertschaffung. Wertbeiträge verschiedener Geschäftsfelder oder strategi- scher Initiativen werden damit darstellbar und vergleichbar.174 Für die Energiewirtschaft ist es aus Gründen der Effektivität und Effizienz notwendig, Entwick- lungsprozesse nachhaltig zu gestalten. Viele Energieversorger arbeiten derzeit an unterschied- lichen Projekten, die singulär betrachtet wichtig und sinnvoll sind.175 In der Regel fehlt es jedoch an einer strukturierten Koordination und Nachjustierungsmöglichkeit der Einzelprojekte unter- einander. Aufgrund sich ständig verändernder Umweltanforderungen sind Koordination und Nachjustierung jedoch von hoher Bedeutung. Zudem ist es aus Sicht der Unternehmenssteuerung sinnvoll, alle Prozesse in ihrer ganzheitlichen Auswirkung auf das Unternehmen darstellen zu können, um eine verlässliche Entscheidungsgrundlage zu besitzen. Ein diesen Ansprüchen genügendes Steuerungssystem ist Grundvoraussetzung für ein schnelles und flexibles Handeln. Leider ist derzeit nicht genau vorhersehbar, wie und welche Entwicklungen in der Zukunft das Geschehen der Energiewirtschaft bestimmen werden. Die wesentliche Herausforderung besteht damit in der Ausrichtung der Unternehmenssteuerung auf den beständigen Wandel. In Bezug auf die Unternehmensentwicklung hat die Unternehmenssteuerung der Energiewirt- schaft dem Spannungsfeld zwischen Strategie, Struktur und Kultur176 zu genügen. Löbbe stellt in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit der Komplexitätsreduktion dieser in sich interde- pendenten Bereiche dar und schlägt eine integrierte Betrachtungsweise vor.177 Entscheidungen sind demnach aus einer eindimensionalen Logik heraus zu treffen und umfassend umzusetzen. Die isolierte Entscheidung von Einzelfällen ohne die Integration in einen Gesamtzusammenhang ist zu vermeiden.178 Bestätigt wird dieses durch die Ergebnisse eines weltweiten Forschungs- projektes.179 Hierbei resultierten bei den 5 Prozent der Unternehmen mit Veränderungen in den drei aufgezeigten Bereichen um 60 Prozent bessere Ergebnisse, als bei singulären Veränderungs- entscheidungen. Die Studie belegt zudem eine eindeutig negative Auswirkung lediglich partieller Veränderungen. Darüber hinaus wird aufgezeigt, dass eine integrierte Unternehmensentwicklung einen nachhaltigen und erfolgreichen Entwicklungsprozess unterstützt. Hierzu bedarf es jedoch einer diesbezüglich ganzheitlichen Steuerungsunterstützung. 174 Vgl. Weinrauch, M., u.a. (2000), S. 494. 175 Kostenreduzierungs-, CRM- und Vertriebsprojekte etc. 176 Strategie (Frage nach Sinn und Zielen), Struktur (Prozesse und Organisationsstruktur), Kultur (Personal- und Organisationsentwicklung). 177 Vgl. Löbbe, S., u.a. (2002), S. 672 sowie Abbildung 11 auf Seite 68. 178 In der Energiewirtschaft besteht häufig ein Problem darin, dass gleichzeitig mehrere eindimensionale Projekte beschlossen und durchgeführt werden. Die Strategieentwicklung läuft somit parallel zum Reengineering der Technikbereiche und zur Leitbildentwicklung des Vertriebs. Dies begünstigt Fehlallokationen und spätere Ineffizienzen. 179 Vgl. Innovative forms of organizing, INNFORM (2002); vgl. Löbbe, S., u.a. (2002), S. 672f. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 308 Um den Steuerungsanforderungen des Managements der Energieversorgungsunternehmen um- fassend Rechnung zu tragen, sollten die dort eingesetzten Steuerungskonzepte den in der Folge zusammengefassten 15 Einzelkriterien genügen:180 1. Intensive Unterstützung bei der Strategieentwicklung; 2. Systematische und schnelle Überführung der Strategie in den operativen Bereich als Grundvoraussetzung der schnellen Strategieumsetzung; 3. Schnelle und flexible Strategieanpassung; 4. Strategieumsetzungsverantwortung bei allen Mitarbeitern; 5. Regelmäßige Überprüfung strategischer Ziele und zu Grunde liegender Annahmen; 6. Mittelbare Einbeziehung sämtlicher Einzelaktivitäten in die Entscheidungsfindung; 7. Nachhaltige Gestaltung von Entwicklungsprozessen; 8. Gewährleistung einer Koordinierungs- und Nachjustierungsmöglichkeit; 9. Ganzheitliche Prozessdarstellung; 10. Eindimensionale Sichtweise für Strategie, Struktur und Kultur; 11. Beseitigung von Widersprüchen, Widerständen und Bereichsegoismen; 12. Flexible Organisationsstruktur, offen für Veränderungen; 13. Unterstützung bei einer Anpassung der Mitarbeiteridentität; 14. Ausgewogene Zielerreichung für alle Anspruchsgruppen; 15. Darstellung von Frühindikatoren zur rechtzeitigen Entscheidungsunterstützung. Wird sämtlichen dieser Anforderungen an die energiewirtschaftliche Unternehmenssteuerung durch die verwendete Steuerungssystematik Rechnung getragen, so entsteht ein umfassendes Steuerungssystem zur Entscheidungs- und Handlungsunterstützung, welches zugleich dem liberalisierten Umfeld und den sich rasch verändernden Markanforderungen der Energie- wirtschaft nachhaltig gerecht werden kann. Die Kriterien gelten im Sinne einer umfassenden Steuerungsverbesserung grundsätzlich branchenübergreifend. Für die energiewirtschaftliche Steuerung besteht in den vorgenannten Punkten jedoch der größte Handlungsbedarf zur zielgerichteten Anpassung der Unternehmenssteuerung auf die neuen Anforderungen des libera- lisierten Marktes und zur Beseitigung bestehender individueller Steuerungsdefizite. 180 Diese Kriterien stellen eine Zusammenfassung der in der Arbeit bereits im energiewirtschaftlichen Zusam- menhang thematisierten Steuerungsanforderungen dar. Ergänzt wurden diese um persönliche Erfahrungen aus energiewirtschaftlichen Steuerungsprozessen und um aus Expertendiskussionen gewonnene Erkenntnisse. Vgl. Kapitel 7.3.3.1 sowie Kapitel 7.3.2. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 309 7.5.2.3 Bewertung des Prozessnutzens auf Basis neuer Anforderungen Die nachfolgenden Ausführungen analysieren ausführlich, ob der kombinierte Steuerungsprozess den zuvor aufgestellten 15 Einzelkriterien bzw. den bestehenden Steuerungsanforderungen genügen kann. In diesem Fall würde er einen umfassenden Beitrag zur wertorientierten Steu- erung von Unternehmen in der Energiewirtschaft leisten. Die Entwicklung der Strategie zur Erreichung der Vision ist grundsätzlich originäre Aufgabe der obersten Unternehmensführung. Insbesondere in der Energiewirtschaft bedarf es einer schnellen strategischen Neupositionierung,181 um den sich auch in Zukunft noch weiter verschärfenden Effizienz- und Marktanforderungen vor dem Hintergrund der staatlichen Regulierung des Netz- zugangs gerecht zu werden.182 Eine erfolgreiche Positionierung gegenüber der Konkurrenz bedarf eines schnellen, zielorientierten und umfassenden Handelns.183 Aufgrund der umfassen- den Umfeldveränderungen der Branche und der besonderen internen Steuerungsdefizite bedarf es einer intensiven strategischen Unterstützung. Der kombinierte Steuerungsprozess kann die strategischen Steuerungsanforderungen unterstützen, indem er zur Identifizierung und Ableitung strategischer Ziele eine Einbeziehung des Konzeptes der strategischen Erfolgsfaktoren anbie- tet.184 Darüber hinaus wird die Strategie in den dezentralen Bereichen durch die Überführung in die Center- oder Individualzielvereinbarung185 umfassend diskutiert und konkretisiert, so dass eine strategische (Weiter-) Entwicklung in der Organisation erfolgt. Rückmeldungen zur Stra- tegie, und damit Vorschläge zur Strategieanpassung oder zu konkreten strategischen Initiativen, gewährleisten darüber hinaus die Integration der Balanced Scorecard durch die Prozessstufe des strategischen Feedback und Lernens. Damit wird eine regelmäßige Überprüfung der strategi- schen Ziele und der zu Grunde liegenden Annahmen ermöglicht. Gleichzeitig besteht die Mög- lichkeit, sämtliche Einzelaktivitäten in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Der kombinierte Ansatz integriert die Balanced Scorecard als strategisches Steuerungsinstrument in die wesentlichen modellierten Einzelabschnitte des kombinierten Prozesses.186 Die Balanced Scorecard leistet einen Beitrag zur Strategiekommunikation, Strategieumsetzung und -integration sowie zur Strategierevolvierung in der Stufe des Feedback und Lernens. Basis der Strategie- findung und Überführung in die Organisation bildet die Transformation von der Vision über die Gesamtstrategie in Teilstrategien bzw. strategischen Initiativen. Der kombinierte Steuerungspro- 181 Teilweise sind weder Strategien ausformuliert noch grobe strategische Grundverständnisse vorhanden. 182 Vgl. Böwing, A. (2005), S. 712; vgl. § 7 Abs. 1 EnWG; vgl. § 12a Netzzugangsverordnung. 183 Es gilt das Prinzip: „Die schnellen fressen die Langsamen“; vgl. Rieg, R., u.a. (2000), S. 491. 184 Vgl. Kapitel 7.1.1 in Verbindung mit den Kapiteln 4.2.1.2 und 5.2.2. 185 Vgl. Abbildung 60 auf Seite 232. 186 Vgl. Kapitel 6.2.3, insbesondere die Abbildung 57 auf Seite 210 und die Abbildung 61 auf Seite 235. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 310 zess entspricht damit dem Prinzip des ganzheitlichen Planungsprozesses.187 Unterstützt wird die Strategiefestlegung durch die Erstellung der Strategy Maps. Die Strategy Maps bilden eine Grundlage zur Komplexitätsreduktion, zur tiefer gehenden Strategieableitung für die einzelnen Bereiche sowie für durchzuführende Maßnahmen und Projekte. Sie zeigen Wertpotenziale und Zusammenhänge der Wertschöpfung auf und ermöglichen es, spezifische Steuerungsschwer- punkte zu setzen. Zur Darstellung der wertorientierten Strategie kann darüber hinaus auf Wert- treiberhierarchien zurückgegriffen werden. Sie unterstützen eine quantitative Sichtweise. Eine schnelle und verbindliche Umsetzung der Strategie wird durch eine Verbindung der Stra- tegy Maps mit dem Zielvereinbarungssystem der Mitarbeiter- bzw. der jeweiligen Bereichsebene über die Ebenenverknüpfung ermöglicht.188 Diese Verbindung unterstützt zudem eine schnelle und flexible Strategieanpassung. Hierbei ist es entscheidend, dass Zielvereinbarungen korrigiert werden können und dass eine umfassende und kontinuierliche Strategiekommunikation erfolgt. Die Kommunikation ist neben der Entwicklung von Vision, Strategie und der Planung auf allen Ebenen während und nach der erstmaligen Zielableitung ein erheblicher Erfolgsfaktor. Mitarbei- ter, welche die Strategie verstehen und auf Basis ihrer dezentralen Entscheidungskompetenz eigenständig handeln, verstehen es auch, neue Handlungen aus veränderten Rahmenbedingungen abzuleiten und bisherige Ziele zu revidieren. Insgesamt bildet dieses die wesentliche Grundlage einer flexiblen Strategieanpassung, als Grundvoraussetzung des erfolgreichen Agierens in einem auch in Zukunft extrem volatilen Übergangsmarkt bei häufig noch zu erprobenden Strategien.189 Der zu prüfende Steuerungsansatz verbindet die Zielvereinbarung mit der Balanced Scorecard.190 Zudem wird die Strategie durch Leitbild und Strategy Map umfassend kommuniziert. Die Verbindung der Delegation von Entscheidungsbefugnissen über die Centersteuerung mit der Zielvereinbarung bewirkt zudem eine kontinuierliche Zielanalyse im Sinne eines entstehenden Automatismusses. Dies erfolgt über eine Personalisierung der Ziele, die ein selbständiges Hinterfragen und Prüfen von veränderten Entscheidungsgrundlagen, auch strategischer Art, bewirkt. Der Gewährleistung des regelmäßigen Überdenkens der strategischen Ziele, nebst der zu Grunde liegenden Handlungen, wird damit genüge getan. Dies gilt für die Führungsebene sowie für die dezentralen Einheiten.191 187 Vgl. Abbildung 20 auf Seite 107. 188 Vgl. Abbildung 67 auf Seite 273. 189 Vgl. Abbildung 10 auf Seite 64. 190 Vgl. Abbildung 58 auf Seite 214. 191 Der Zielvereinbarungsprozess ist damit „ein Instrument, das die Integration zwischen Linienaufgaben, Projekten und persönlichen Zielen herstellt. [...] Die Balanced Scorecard orientiert sich bewusst an der Hierarchie des Unternehmens und bildet so die inhaltliche Basis für Zielvereinbarungen. Direkt anknüpfend an die Strategie- entwicklung, die im Planungsprozess beschrieben wird, werden systematisch für alle gewählten Perspektiven die einzelnen Ziele und Maßnahmen für die nächste Hierarchieebene abgeleitet, auf denen ein entsprechendes Ziel- vereinbarungssystem aufbaut. [...] Die Balanced Scorecard baut auf der Strategieentwicklung auf und findet sich mit ihren Ergebnissen [...] in der Mittelfristplanung wieder.“ Löbbe, S., u.a. (2002), S. 673f. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 311 Diese Vorgehensweise, und insbesondere die Nutzung der Strategy Map nebst Ebenenverknüp- fung, ermöglichen eine systematische Überführung der Strategie in den operativen Bereich. Zudem wird aufgrund der Verankerung in der Centerstruktur bzw. der Individualzielverein- barung Strategieumsetzungsverantwortung bei allen Mitarbeitern erzeugt. Der Mitarbeiter hat durch seinen individuellen Zielbezug großes Interesse an einer optimalen und realistischen Zielvereinbarung. Er wird aus diesem Grund versuchen, Zusammenhänge zu verstehen, um Einzelaktivitäten ggf. anpassen oder bei seinem Vorgesetzten thematisieren zu können. Gewinn- verantwortung bzw. Zielerreichung bilden hierzu die wesentliche Verhaltensgrundlage. Für eine umfassende Steuerung ist es zudem entscheidend, den Gesamtzusammenhang aller Ein- zelaktivitäten in Bezug auf deren Wirkungsrelationen untereinander darstellen zu können. Der entwickelte Ansatz ermöglicht eine Komplexitätsreduktion über die Darstellung wesentlicher Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge in der Strategy Map und der einhergehenden Ebenenver- knüpfung. Werden Entscheidungen anders priorisiert und Ziele verändert, können Auswirkungen auf andere Ziele leichter antizipiert werden. Darüber hinaus ist es auf Basis eines Bezuges zur Werttreiberhierarchie möglich, einen Zusammenhang zwischen wesentlich wertschaffenden Handlungen und Einzelmaßnahmen herzustellen. Mögliche Zielverfehlungen können damit besser in Bezug auf deren Auswirkungen eingeschätzt und Ausführungsprioritäten sicherer ver- geben werden. Eine nachhaltige Gestaltung von Entwicklungsprozessen ist hierdurch leichter durchzuführen. Handlungen stehen grundsätzlich in einem einheitlichen Gesamtzusammenhang und haben damit den übergeordneten Zielen zur Wertsteigerung, bzw. der Vision und Strategie, zu genügen. Diese Gesamtabstimmung trägt dazu bei, dass der Gefahr des blinden Aktionismus vorgebeugt wird und knappe Ressourcen sinnvoll eingesetzt werden. Zur Wettbewerbs- positionierung bedarf es in der energiewirtschaftlichen Branche darüber hinaus sehr langfristiger Maßnahmen. Umfassende Restrukturierungen, die Entwicklung und Einführung neuer Dienst- leistungen, Motivation und Qualifikation der Mitarbeiter oder die erfolgreiche Umsetzung von Kooperationen führen nur langfristig zum Erfolg und sind kontinuierlich zu begleiten. Diese umfassende Anbindung des operativen Bereichs an die strategischen Ziele über verschie- dene Instrumente, die umfassende Strategiekommunikation über unterschiedliche Medien sowie die Abstimmung mit den grundsätzlichen Zielen des täglichen Handelns, gewährleisten eine umfassende Koordinierungs- und Nachjustierungsmöglichkeit der Einzelziele.192 Aufgrund der kommunizierten Interdependenzen der Einzelziele untereinander und der dezentralen Verantwor- tung erfolgt eine automatische Koordination zwischen den Zielverantwortlichen. Zielkorrekturen können damit schnell erfolgen, da Entscheidungen dezentral getroffen werden und Zielverein- 192 Vgl. Abbildung 60 auf Seite 232. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 312 barungen und deren Auswirkungen auch bei einer top-down-Korrektur schnell anpassbar sind. Damit bietet der Ansatz eine gute Möglichkeit, neue Produktideen zu erproben und gegebenen- falls schnell zu revidieren.193 Der entwickelte Ansatz zielt auf eine ganzheitliche Darstellung des gesamten Steuerungs- prozesses ab. Dies entspricht den Anforderungen der energiewirtschaftlichen Steuerung, da die Defizite in nahezu sämtlichen Steuerungsbereichen sowie insbesondere bei der Vernetzung der einzelnen Partialmodelle untereinander zu finden sind. Nachvollziehbarkeit und korrekt ge- troffene, dezentrale Entscheidungen werden nur ermöglicht, wenn allen Prozessbeteiligten die Hintergründe für vereinbarte Ziele und getroffene Entscheidungen sowie die Auswirkungen der Handlungen bekannt sind. Nur wenn der Steuerungsprozess keinen „Black-box-Bereich“ aufweist, kann der Steuerungsansatz umfassend greifen und bei allen Mitarbeitern akzeptiert werden. Der entwickelte Ansatz zeigt deshalb alle Steuerungselemente und ihre Bedeutung deutlich auf194 und kommuniziert Strategie und Ziele mit Hilfe unterschiedlicher unterstützender Elemente. Kommunikation steht hierzu im Mittelpunkt der Steuerungsphilosophie. Eigene Ziele sollten verständlich auf übergeordnete Ziele zurückzuführen sein und diese im Idealfall gemeinsam im Kontraktmanagement ausgehandelt werden. Die ganzheitliche Prozessdarstellung „from strategy to action“ nebst Begründung und Wirkungszusammenhängen ist daher umfassend, wie in dem kombinierten Steuerungsprozess dargestellt, zu kommunizieren. Ein wichtiges Element ist in diesem Zusammenhang das gezielte Management des immateriellen Vermögens zur Entwicklung des Versorgungsunternehmens in Richtung einer kundenzentrierten Organisation i.S.d. der Bedienung der gestiegenen Kundenanforderungen als Ausgangspunkt der gesamten Wertschöpfung.195 „Eine Strategie ist nur so gut, wie sie umgesetzt wird, neue Strukturen nur so gut, wie sie den praktischen Notwendigkeiten des Alltags standhalten und die Unternehmenskultur nur so gut, wie sie täglich gelebt wird.“196 Die Unternehmenssteuerung hat sämtlichen genannten, inter- dependenten Kriterien gerecht zu werden. Hierzu ist eine eindimensionale Sichtweise aller Kriterien eine wichtige Voraussetzung. Der kombinierte Steuerungsprozess ermöglicht es dem Betrachter den Blick auf das Ganze nicht zu verlieren. Die Strategie ist der Ausgangspunkt aller Handlungen und allen Mitarbeitern bekannt. Die Strukturen basieren unmittelbar auf der Strategieüberführung in den operativen Bereich und den dezentralen Umsetzungserfordernissen. Gleichzeitig fordert der kombinierte Steuerungsprozess die Partizipation aller für den Erfolg 193 Aufgrund des fehlenden Produktlebenszyklusses des Produktes Strom besteht in der Branche keine ausreichende Kompetenz zur schnellen und wirtschaftlichen Neuproduktentwicklung und Markteinführung. 194 Vgl. Abbildung 63 auf Seite 242. 195 Vgl. ausführlich Kapitel 6.2.3. 196 Löbbe, S., u.a. (2002), S. 672. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 313 Verantwortlichen. Präsenz, Kommunikation, Beweglichkeit und Partizipation ermöglichen damit eine eindimensionale Betrachtung als Grundvoraussetzung der rechtzeitigen und richtigen Entscheidungsfindung zur Umsetzung der nachhaltigen Wertsteigerung. Die Unterstützung der eindimensionalen Sichtweise der Ziele sämtlicher Interaktionen und ihrer Wechselwirkungen untereinander erfolgt insbesondere durch die Einbeziehung der Strategy Maps. Über ihre Ursache-Wirkungs-Beziehungen sowie die einhergehenden Ebenenverknüp- fungen können die wesentlichen Zusammenhänge zwischen Zielen und zur übergeordneten Strategie dargestellt werden. Eine aufbauende Verwendung von Werttreiberhierarchien ermög- licht es zudem, die Wertschaffung eindimensional aufzuzeigen und mit den operativen Hand- lungen zu verbinden. Der Gesamtzusammenhang aller Ziele und Aktivitäten wird auf diese Weise verdeutlicht und allgegenwärtig. Ein nachhaltig erfolgreiches Steuerungsmodell bedarf einer permanenten Analyse der Strategie, vorhandener Strukturen und der Kultur des Unternehmens. Ist es erforderlich, Strukturen zu ver- ändern oder passt eine Strategie nicht mehr zur Unternehmenskultur oder ist es notwendig, wesentliche Bausteine der Personal- und Organisationsentwicklung anzupassen, so hat die Unternehmenssteuerung entsprechend zu reagieren. Die regelmäßige Strategierevolvierung ist wichtiger Bestandteil der Führung über die Balanced Scorecard. Die den dezentralen Gegebenheiten Rechnung tragenden Centerstrukturen bilden darüber hinaus eine ideale Basis einer schnellen und gesamtsystemkonformen Systemanpassung. Zudem wird über diese eine Anpassung häufig aus der Dezentralität heraus eingefordert. Die Ziele der Personal- und Organisationsentwicklung sind immanente Ziele des kombinierten Steuerungsmodells. Ins- besondere das Wohl des Mitarbeiters stellt durch die Potenzialperspektive eines der originären Zielfelder zur langfristigen strategischen Zielerreichung dar. Bestehen hier Defizite, so ist es über Frühindikatoren möglich, diese zu identifizieren. Zudem erfolgt in den Zielvereinbarungs- gesprächen eine Berücksichtigung der personellen Fähigkeiten und Entwicklungsziele des Mitarbeiters.197 Werden die vorhandenen Strukturen der Zielerreichung nicht gerecht, so werden über die Zielsteuerung oder die Centersteuerung organisatorische Anpassungen eingefordert. Die Integration der Centersteuerung ermöglicht hierbei einen kontinuierlichen Abgleich der Struk- turen mit den auszuführenden Zielen. Können Ziele mit entsprechender Priorität nicht organisa- torisch verankert werden, so ist die Organisation anzupassen. Kulturelle Veränderungen sind nur sehr langsam durchzusetzen. Hierin besteht ein entscheiden- des energiewirtschaftliches Problemfeld. Der Wandel vom Monopol zum Wettbewerber ist 197 Vgl. Abbildung 23 auf Seite 119. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 314 längst erfolgt, der Wandel in den Köpfen der Mitarbeiter ist jedoch noch nicht abschließend umgesetzt. Die Unterstützung des selbstverantwortlichen Handelns über eigenverantwortliche Ziele entspricht dem Wettbewerbsgedanken. Die Implementierung des Steuerungsprozesses kann über die Zielverankerung und wirksame Kontrolle der individuellen Leistung den kultu- rellen Wandel begünstigen. Leistungsbereitschaft wird auf Basis dieses Steuerungssystems belohnt, bewertbar gemacht und gleichzeitig die Eigenverantwortung gefördert. Der Ansatz unterstützt die nachvollziehbare Kommunikation der Veränderung, zeigt die Notwendigkeit des Handelns deutlich auf und unterstützt im Individualbereich im Sinne einer nicht überfordernden Handlungsunterstützung. Ein weiterer Anspruch an den kombinierten Steuerungsprozess besteht in der Unterstützung bei der Beseitigung von Widersprüchen, Widerständen und Bereichsegoismen. Den erheblichen Widerständen gegen Veränderungen und den einhergehenden Leistungsdruck kann über einen entsprechenden Steuerungsansatz begegnet werden. Im Prozess erfolgt eine Orientierung an übergeordneten Zielen. Handlungen, welche zwar i.S.d. dezentralen Bereichs sind, aber nicht in einem Einklang mit der übergeordneten Strategie stehen, werden damit aufgezeigt. Zudem werden negative Wechselwirkungen zwischen einzelnen Zielen über Ursache-Wirkungs- Beziehungen abgebildet. Damit wird eine Grundlage zur Suche nach Lösungsansätzen geschaf- fen. Die Instrumentarien hierzu stellt der kombinierte Steuerungsprozess zur Verfügung. Widerständen und Bereichsegoismen wird durch Ziel- und Centervereinbarungen begegnet, nach denen sich das Budget richtet. Ziele werden vereinbart und am Ende der Laufzeit messbar gemacht. Wurden diese nicht angegangen oder erreicht, so resultieren Sanktionen. Sind Ziele nicht zu begründen oder stehen diese im deutlichen Widerspruch zu übergeordneten Zielfeldern, so besteht grundsätzlich keine Möglichkeit der Zielvereinbarung. In diesem Fall sind Lösungsansätzen zu suchen. Widerstände werden damit aufgebrochen und Bereichsegoismen aktiv angegangen. Letztendlich zählt der übergeordnete Wertbeitrag. Ist dieser nicht darstellbar, so sind Bereichsziele nicht durchzusetzen. Aufgrund sich ständig ändernder Umfeldbedingungen und plötzlichen Anforderungen an die Unternehmen der Energiewirtschaft198 bedarf es einer flexiblen Organisationsstruktur, welche plötzlichen Veränderungsanforderungen gerecht werden kann. Aufgrund der neuen Heraus- forderungen entwickeln sich die Unternehmen der Energiewirtschaft zunehmend von streng hierarchisch geführten Unternehmen hin zu flexiblen Organisationen mit eigenständigen Teil- bereichen und eigenverantwortlichen Mitarbeitern.199 Die Möglichkeit der flexiblen und schnel- 198 Neue Anforderungen bestehen in marktwirtschaftlichen sowie rechtlichen Bereichen: Liberalisierung, Regu- lierung, Zertifikatehandel, Umweltauflagen, Kundenanforderungen, etc. 199 Löbbe, S., u.a. (2002), S. 674. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 315 len Strategieanpassung sowie der Nachjustierung von Handlungen wurde bereits ausführlich thematisiert. An dieser Stelle soll auf die diesbezüglichen Flexibilitätsvorteile der Center- organisation eingegangen werden. Center werden auf Basis sinnvoll abzugrenzender Aufgaben- bereiche gebildet.200 Einzelne Aufgaben stehen im Einklang mit den zu verfolgenden Einzelzielen. Die Centerstruktur ermöglicht demnach eine gute Struktur der direkten Aufgaben- zuordnung und trägt zudem zur Komplexitätsreduktion bei. Wird beabsichtigt neue Ziele zu verankern, so ist es erforderlich, diese in die Organisation zu überführen. Ist eine direkte Zuord- nung der neuen Aufgaben auf bestehende Center nicht möglich, so können einzelne Center in die bestehende Struktur aufgenommen werden.201 Alte Leistungsbeziehungen bleiben grundsätzlich bestehen und im Regelfall sind die bereits vorhandenen Center davon nicht betroffen. Denkbar ist auch eine Zuordnung neuer oder bereits bestehender Center zu anderen Bereichen im Sinne einer organisatorischen Neustrukturierung. Der Veränderungsaufwand bleibt dabei überschau- bar. Zudem kann davon ausgegangen werden, dass neue Ziele grundsätzlich bereits über die vor- handenen Funktionalitäten der Einzelcenter zuordbar sind. Für die zu vereinbarenden Ziele besteht somit in der Centerstruktur ein flexibles Raster zur Umsetzung der unterschiedlichen Aufgaben. Die Centerstruktur stellt damit eine Grundlage für eine flexible Zielanpassung dar. Der Wettbewerb bewirkt auch eine Tätigkeitsveränderung für einzelne Mitarbeiter.202 Eine Füh- rungsaufgabe besteht deshalb darin, sowohl die Entwicklung erfolgsorientierter Subeinheiten und -identitäten zu fördern, als auch den Blick für die Gesamtheit und damit den strategischen Nutzen zu vermitteln. Der kombinierte Steuerungsprozess ermöglicht es, eine diesbezügliche Unterstützungsleistung zur Anpassung der Mitarbeiteridentität zu leisten. Zunächst erfolgt eine Integration des Centerprinzips, welches eine Steuerung i.S.d. Gesamtzielerreichung über Subein- heiten ermöglicht und die Wertorientierung durch die Delegation der Gewinnverantwortung unterstützt. Zudem trägt der Kommunikationsbaustein des Modells zur deutlichen Strategie- kommunikation bis in den operativen Bereich und damit zur Möglichkeit der eigenen abge- stimmten Entscheidungsfindung auf Grundlage fundierter Ziele und strategischer Bausteine bei. Das Verständnis für den Gesamtzusammenhang der eigenen Handlungen wird damit geschaffen und darüber hinaus durch den Bezug zur Werttreiberhierarchie der jeweilige Nutzen- bzw. Wert- beitrag verdeutlicht. Der kombinierte Steuerungsprozess leistet damit einen entscheidenden Beitrag zur Anpassung der Mitarbeiteridentität im Sinne eines eigenverantwortlichen Handelns autonomer Entscheidungsbereiche für den Wettbewerb und trägt damit entscheidend zur Beseiti- 200 Im Mittelpunkt der Entscheidung stehen die Objektzentralisation, die Verrichtungs- und die Entscheidungs- dezentralisation; vgl. hierzu Kapitel 4.1.3. 201 Centerbildung für neue Vertriebsregion oder neuen Produktbereich. 202 Vgl. Löbbe, S., u.a. (2002), S. 671. 7. Mehrdimensionale Bewertung des kombinierten Steuerungsprozesses 316 gung der ehemaligen, aus der Behördenmentalität resultierenden Defizite der Mitarbeiter bei. Er unterstützt damit die Leistungsorientierung und schützt vor einer Überforderung. Die ausgewogene Zielerreichung des kombinierten Prozesses im Sinne aller Anspruchsgruppen wurde bereits ausführlich dargestellt. Die Balanced Scorecard berücksichtigt aufgrund ihrer pers- pektivischen Sichtweise Anforderungen differenzierter Bereiche. Dem Anspruch nach Ausgewo- genheit zwischen Shareholder und Stakeholder Value wird damit entsprechend dem erweiterten Wertbegriff gänzlich nachgekommen.203 Der kombinierte Steuerungsprozess integriert in diesem Zusammenhang die jeweiligen Kennzahlen und differenzierten Ziele entsprechend der indivi- duellen Anforderungen vor dem Hintergrund der strategischen Zielrichtung. Ziele werden auf Basis der zukunftsgerichteten Betrachtungsweise gleichzeitig i.S.d. nachhaltigen Zielerreichung und Wertsteigerung vereinbart. Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge und ein Bezug zur Wert- schaffung bzw. der Werttreiberhierarchie ist dabei ein wesentlicher Modellbestandteil. Einer ausgewogenen Zielerreichung zur Unterstützung einer nachhaltigen Wertsteigerung wird damit genüge getan und gleichzeitig durch die implizite Aufnahme von Frühindikatoren eine recht- zeitige und anspruchsgruppengerechte Entscheidungsunterstützung ermöglicht. Die Analyse zeigt ausführlich auf, dass der kombinierte Steuerungsprozess den Ansprüchen eines zeitgemäßen, energiewirtschaftlichen Steuerungsmodells genügt.204 Gleichzeitig wird den Anforderungen des Wertmanagements nachgekommen und damit ein weitreichender Beitrag zur Wertsteigerung geleistet. Der Prozess setzt jedoch ein hohes Maß an Disziplin aller Beteiligten voraus. Nur eine konsistente Abstimmung sämtlicher Instrumente und Einzelhandlungen ermög- licht die geforderte umfassende und ganzheitliche Integrationswirkung des Modells. 203 Vgl. Moser J.-P. (2001), S. 72f. 204 Die analysierten Kriterien werden durch eine Führungskräftebefragung in der Energiewirtschaft von Cap Gemini Ernst & Young bestätigt. Die übergreifenden Erfolgseigenschaften im liberalisierten Markt sind damit die Klarheit von Strategie und Fokus, die Anpassungsfähigkeit der Organisation, der Kundenfokus und der Führer bei der Nutzung von Informationstechnologie; vgl. o.A. (2002), S. 30. 8. Ergebnisse und Ausblick 317 8. Ergebnisse und Ausblick Der kombinierte Steuerungsprozess dieser Arbeit verbindet die wesentlichen unternehmerischen Steuerungsinstrumente zu einem ganzheitlichen Ansatz. Sämtliche beschriebenen Steuerungs- instrumente werden effizient aufeinander abgestimmt, in ein Gesamtkonzept integriert und mit Vision und Strategie verknüpft. Durch eine Ausrichtung des kombinierten Steuerungsprozesses auf die Wertsteigerung des Unternehmens wird der ganzheitliche Ansatz komplettiert. Das Wert- management fokussiert die Strategie auf das eigentliche unternehmerische Oberziel der Wert- steigerung.1 Durch den Einbezug unterschiedlicher Steuerungsinstrumente im kombinierten Steuerungsprozess werden die Instrumente der Wertsteigerung mit dem gesamten Führungs- system, insbesondere mit dem strategischen Management des Unternehmens, verbunden. Zusätz- lich entsteht eine Durchgängigkeit der Steuerung bis hin zu den operativen Steuerungsgrößen. Damit stehen die notwendigen Instrumente zur Darstellung und Implementierung einer mehr- dimensionalen Wertorientierung zur Verfügung. 8.1 Ergebnisse der vorliegenden Arbeit Unter dem philosophischen Gesichtspunkt wird unter dem Begriff Wert eine „im soziokultu- rellen Entwicklungsprozess einer Gesellschaft sich herausbildende, von der Mehrheit der Gesell- schaftsmitglieder akzeptierte und internalisierte Vorstellung über das Wünschenswerte“2 verstanden. Werte sind damit allgemeine und grundlegende positive Orientierungsmaßstäbe, welche den handelnden Menschen Verhaltenssicherheit geben und Handlungsoptionen auf- zeigen. Normen, Rollen und Verhaltensweise basieren auf dieser Orientierung und bilden gesamtheitlich gesehen ein umfassendes Wertesystem, in dem unterschiedliche schicht- und klassenspezifische Wertmuster existieren. Der in der Ökonomie angewandte Wertbegriff stellt eines dieser Wertmuster dar, deckt damit jedoch nur einen Teilbereich der allgemein gefassten Sichtweise des umfassenderen, gesamten Wertverständnisses ab. Die vorliegende Arbeit ging der Frage nach, ob der derzeitige Wertbegriff in der sozialwissenschaftlichen Ökonomie weit genug gefasst ist. Damit wird die Forderung nach einer Erweiterung des Werteverständnisses in Rich- tung eines ausgewogenen, mehrdimensionalen Wertbegriffs erhoben. Eine Kombination der bislang bekannten unternehmerischen Steuerungsmodelle untereinander und mit dem Wertmana- gement wird dieser Forderung gerecht. In der Arbeit wurde ein kombinierter Steuerungsprozess erarbeitet und ausführlich aufgezeigt, wie die unternehmerische Steuerung vor dem Hintergrund der Wertorientierung durch Integration bislang verwendeter Modelle zeitgerecht erweitert 1 Vgl. Koller, T. (1994), S. 87. 2 Bibliographisches Institut (1983). Zur Einordnung in die Philosophie vgl. Störing, H. J. (1999), S. 21-29. 8. Ergebnisse und Ausblick 318 werden kann. Dabei wurde ein anwendungsbezogenes Konzept vorgestellt, welches den ge- samten Prozess der wertorientierten Führung erörtert; von der Zielbildung über die Formulierung von Strategien bis hin zur Implementierung und organisatorischen Umsetzung. Die Arbeit geht damit über die Definition und Beschreibung der Messung von Wertsteigerungen hinaus. Sie trägt zugleich der neuen Bedeutung immaterieller Werte und den gestiegenen Kapitalmarktanforde- rungen Rechnung. Zudem beantwortet sie die Frage, wie Mitarbeiter im Unternehmen auf das Ziel der Wertsteigerung verpflichtet werden können und wie dieses Ziel operationalisiert werden kann. Die Arbeit vermittelt damit eine praxisnahe Darstellung von Ansätzen und Methoden der wertorientierten Unternehmensführung und gibt gleichzeitig einen Überblick über die verschie- denen Instrumente und Facetten von Wertorientierung im Unternehmen. In den vergangenen Jahren rückte die Shareholder Value-Orientierung verstärkt in den Mittel- punkt des Wertmanagements und bedingte auf diese Weise einen generellen nicht-finanziellen Wertezerfall. Eine konsequent eindimensional finanzielle Wertorientierung tendiert jedoch dazu, die Vielfalt der in einem erfolgreichen Unternehmen zu berücksichtigenden Werte und vorlau- fenden werttreibenden Faktoren zu vernachlässigen. Unternehmerischer Wert ist mehr als der direkt messbare finanzielle Wert. Die Diskussion um Werte sollte sich aus diesem Grund nicht nur auf die dem Shareholder Value entsprechenden finanziellen Bewertungsverfahren beschrän- ken. Wertsteigerung setzt bereits bei der strategischen Entscheidung an und lässt sich intern durch Konzentration auf Kernkompetenzen und Netzwerkbildung, durch Internationalisierung, Kooperation und Fusion sowie durch innovative Geschäftsmodelle realisieren. Dem nicht-finan- ziellen Wertezerfall ist deshalb durch die gezielte Förderung eines umfassenderen und mehr- dimensionalen Werteverständnisses vorzubeugen. Finanzielle Werte sind im Sinne eines erwei- terten Wertbegriffes verstärkt durch vorlaufende Faktoren und qualitative Ziele zu ergänzen.3 Zur Weiterentwicklung des Wertmanagements in Richtung einer ganzheitlichen, wertorientierten Steuerung bietet sich die Verbindung des Wertmanagements mit diesen Forderungen bereits entsprechenden Steuerungsmodellen an. Insbesondere eine Verbindung mit der Konzeption der Balanced Scorecard ermöglicht es, die finanzielle Betrachtungsweise des Wertmanagements um vorlaufende, qualitative Ziele zu erweitern. Die wertorientierte Unternehmensführung entstand Anfang der 90er Jahre durch eine Zusam- menführung des strategischen Managements mit der finanziellen Führung zum heutigen Wert- management. Dem Aspekt der Messung kam bereits vor der Shareholder Value-Orientierung in der Praxis zunehmend mehr Bedeutung zu, als dem des strategischen Managements. Zudem bestehen auch heute immer noch konzeptionelle Schwierigkeiten in einer konkreten Anbindung 3 Dieses entspricht der langfristigen Harmoniethese zwischen Stakeholder und Shareholder Value. 8. Ergebnisse und Ausblick 319 des strategischen Managements an die wertorientierte Strategieplanung sowie der konkreten Überführung bis in den operativen und individuellen Verantwortungsbereich. Damit stehen die finanzielle Führung, und somit auch eine eindimensionale, finanzielle Betrachtungsweise, auch heute noch im Mittelpunkt der wertorientierten Entscheidungen. Das Wertmanagement ist daher mit einem ausgewogenen, mehrdimensionalen Wertbegriff zu verbinden. Dieses lässt sich reali- sieren, indem die strategische Planung mit „Instrumenten, die kreative Denk-, Kommunikations- und Entscheidungsprozesse in Gang setzen“,4 verbessert wird. Eine richtige Wertorientierung erfordert ein vorausschauendes, langfristiges und strategisches Denken. Entscheidend für den Erfolg eines mehrdimensionalen Wertmanagements dürfte daher die Integration in ein durch- gängiges, wertorientiertes Führungssystem sein. Eine wirklich wertorientierte Führung liegt jedoch erst dann vor, wenn deren Umsetzung im täglichen Tun der Organisationsmitglieder stattfindet und damit weit über die rein verbale Proklamation hinausgeht. Jeder Mitarbeiter sollte sich der Idee der Wertschaffung verpflichtet fühlen und seinen Individualbeitrag zur Erreichung dieses übergeordneten Ziels sowohl erkennen, als auch zu leisten in der Lage sein. Grundvoraus- setzung hierzu ist die Identifikation relevanter Wertpotenziale und Wertgeneratoren in allen dezentralen Einheiten, anhand derer spezifische Zielsetzungen, Teilstrategien und Maßnahmen zu entwickeln sind. Der Komplexität des realen Steuerungskontextes wird damit über eine gesteuerte und orientierte Dezentralisierung Rechnung getragen. Erst wenn dieses gewährleistet ist, kann von einem ausgewogenen, mehrdimensionalen und durchgängigen, wertorientierten Führungssystem gesprochen werden. Das in dieser Arbeit entwickelte Modell ermöglicht es, diesen Ansprüchen in einer ausführlichen Weise gerecht zu werden. Hierzu werden die unterschiedlichen Einzelelemente der wesentlichen Steuerungsmodelle – der Profit Center-Steuerung, der Zielsteuerung und der Balanced Score- card-Steuerung – miteinander kombiniert und aufbauend mit dem Wertmanagement verbunden. Eine Kombination dieser Steuerungselemente ermöglicht es, über die Einbeziehung der Balanced Scorecard neben den finanziellen Faktoren auch die vorlaufenden, wertschaffenden Faktoren in das Steuerungssystem einzubeziehen. Hierdurch wird das vorausschauende und langfristige Denken gefördert und zugleich eine Schwäche des Wertmanagements, nämlich die Implementierung wertorientierter Strategien in die Organisation, ausgeglichen. Die Einbezie- hung des Wertmanagements unterstützt zudem das strategische Management bei der Entwick- lung und Bewertung von Strategien oder Strategiebestandteilen. Darüber hinaus ermöglicht die Balanced Scorecard eine Überführung der wertorientierten Strategien und Verhaltensweisen bis in den operativen Bereich. Zur Verankerung der Grundstrategie werden des Weiteren ergänzende 4 Volkart, R. (1997), S. 80. 8. Ergebnisse und Ausblick 320 Instrumente, wie das Leitbild oder Führungsgrundsätze des Managements, einbezogen. Die Strategieumsetzung und -integration erfolgt mit Hilfe der Strategy Maps, welche in der Lage sind, bestehende Wertschöpfungszusammenhänge über Ursache-Wirkungs-Beziehungen an- schaulich allen Mitarbeitern zu verdeutlichen. In diesem Zusammenhang werden wertorientierte, unternehmerische Erfolgsfaktoren und Erfolgspotenziale ermittelt und den Mitarbeitern vor dem Hintergrund ihrer auszuführenden Handlungen aufgezeigt. Der Forderung nach einem umfas- senden und mehrdimensionalen Werteverständnis wird somit durch Aufzeigen, Identifizieren und Messen vorlaufender Werttreiber ausführlich nachgekommen. Die wertschaffende Strategie sollte jedoch nicht nur verstanden, sondern auch gelebt und indivi- duell in der Organisation umgesetzt werden. Aus diesem Grund verbleibt im kombinierten Steu- erungsprozess ein ausreichendes Maß an individueller Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit. Eine Integration kreativer Denk-, Kommunikations- und Entscheidungsprozesse bildet daher einen weiteren Schwerpunkt des entwickelten Ansatzes. Ziel ist es, Wertpotenziale und Wert- generatoren auch durch den dezentralen Bereich autonom zu identifizieren. Dieses wird über eine aktive Kommunikation von Vision, Strategie und Unternehmenszielen über das Leitbild und begleitende Instrumente, aber insbesondere auch durch die Integration der Center- und Indivi- dualzielvereinbarung in das Gesamtmodell, realisiert. Zielverarbeitungen verankern die Strategie in der Verantwortung jedes einzelnen Mitarbeiters und gewährleisten einen eigenen Handlungs- raum. Die Balanced Scorecard ermöglicht zugleich die Fokussierung der Individualziele auf die wertorientierten Unternehmensziele. Eine umfassende wertorientierte Steuerung komplexer Systeme ist jedoch nur über eine gesteuerte und die Komplexität reduzierende aktive Einbezie- hung aller Systembeteiligten möglich. Im kombinierten Steuerungsprozess erfolgt deshalb eine verstärkte Betonung der Dezentralität. Das Center stellt hierfür einen abgegrenzten und weit- reichend autonomen, dezentralen Handlungs- und Entscheidungsbereich zur Verfügung. Über die Centerzielvereinbarung werden die Mitarbeiter dazu aufgefordert, aktiv eigene Centerziele und Centermaßnahmen vorzuschlagen. Der kombinierte Steuerungsprozess ermöglicht es damit, einen centerspezifischen Orientierungs- und Entscheidungsrahmen für wertorientierte Hand- lungen – über das Vorgeben strategischer Ziele – nachvollziehbar und verständlich aufzuzeigen. Der notwendigen Komplexitätsreduktion zur Steuerung komplexer Systeme wird auf diese Weise Genüge getan. Zudem schafft das Centerprinzip die wesentlichen organisatorischen Vor- aussetzungen für eine notwendige Vergrößerung der Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter und ihre Hinführung zum unternehmerischen Handeln. Die Integration der Centersteuerung ermög- licht darüber hinaus über die Centerzielvereinbarung eine Individualisierung und Konkreti- sierung wertorientierter und strategischer Ziele auch ohne direkte Individualzielvereinbarungen. 8. Ergebnisse und Ausblick 321 Der Forderung nach einer Überführung der wertorientierten Strategie in den operativen Bereich und ihrer dortigen Implementierung und Individualisierung wird damit entsprochen. Darüber hinaus ist es das Ziel des kombinierten Steuerungsprozesses, auch die Individualzielver- einbarung zu integrieren. Über eine Kombination von operativen mit strategischen und persön- lichen Zielen werden wertorientierte, strategische Ziele transparenter gemacht und ihre Ver- folgung durch Aufnahme in das persönliche Zielsystem gefördert. Verantwortungsübernahme kann letztendlich nur durch Verbindlichkeit gesichert werden. Die Einbeziehung der strate- gischen Komponente in das Zielsystem ermöglicht eine Fokussierung und Ausrichtung der Einzelziele der Center sowie der Individualziele auf die übergeordneten Unternehmensziele durch die Vorgabe eines strategischen Handlungsrahmens. Da die unternehmerische Wertgene- rierung Finalziel und damit wesentlicher Bestandteil des strategischen Handlungsrahmens ist, wird das Wertmanagement indirekt im täglichen Tun der Mitarbeiter verankert. Der kombinierte Steuerungsprozess ermöglicht es im Sinne eines ganzheitlichen Steuerungs- ansatzes, den heutigen Anforderungen an ein ausgewogenes Wertmanagement umfassend gerecht zu werden. Er initiiert eine Erweiterung des Wertmanagements von der Dominanz der finanziellen Führung hin zu einem mehrdimensionalen und ausgewogenen Wertbegriff. Hierzu werden entscheidende Anknüpfungsprobleme zwischen dem strategischen Management und der wertorientierten, finanziellen Führung im Sinne eines ausgewogenen Werteverständnisses gelöst. Das Modell kombiniert unterschiedliche Prozesselemente der Profit Center-Steuerung, der Ziel- steuerung und der Steuerung über die Balanced Scorecard untereinander und mit dem Wert- management. Hierdurch wird es möglich, die Wertorientierung zu verstärken und in das Unter- nehmen zu überführen, sie dort zu konkretisieren, zu verankern, zu messen und damit umfassend zu steuern. Gleichzeitig zeigt die Arbeit auf, dass bestehende Steuerungsproblematiken der einzelnen Modelle durch eine Kombination dieser untereinander und nicht zuletzt mit dem Wert- management gelöst werden. Damit wird dargestellt, dass eine Verbindung bestehender, isolierter Steuerungsinstrumentarien mit dem Wertmanagement nicht nur praktikabel und für die einzelnen Modelle sinnvoll ist, sondern dass diese auch den Zielsetzungen eines erweiterten Wertmanage- ments entspricht. Eine umfassende Kombination und Integration ist damit ein Schritt in Richtung eines erweiterten, mehrdimensionalen und zukunftsweisenden wertorientierten Führungssystems. 8.2 Ausblick in die Zukunft der Energiewirtschaft Eine zielgerichtete und den Anteilseignern vermittelbare Wertsteigerung stellt eine wichtige und umfassende Herausforderung für das zukünftige Management der Versorgungsunternehmen dar. Aufgrund der schlechten Haushaltslage der Kommunen und der lang anhaltenden Rezession der deutschen Wirtschaft ist ein hoher Ergebnisdruck von Seiten der kommunalen und privatwirt- 8. Ergebnisse und Ausblick 322 schaftlichen Anteilseigner entstanden. Nicht zuletzt aus Gründen der anhaltenden Privatisierung des kommunalen Vermögens ist davon auszugehen, dass sich dieser Ergebnisdruck auch in Zu- kunft noch weiter verstärken wird. Entscheidungen werden damit nicht nur von privatwirtschaft- licher Anteilseignerseite zunehmend hinterfragt und die nachvollziehbare Generierung des unter- nehmerischen Mehrwertes rückt verstärkt in den Mittelpunkt der unternehmerischen Handlungs- und Entscheidungsorientierung. Gleichzeitig sind die Versorgungsunternehmen gezwungen, den gestiegenen Anforderungen des Kapitalmarktes gerecht zu werden. Dies gilt auch für regionale Versorgungsunternehmen und Stadtwerke, da diese zunehmend eine privatwirtschaftliche An- teilseignerstruktur aufweisen und sich damit verstärkt am Kapitalmarkt finanzieren müssen. Zudem werden günstige Kommunalkredite für Stadtwerke in Zukunft nicht mehr wie gewohnt zur Verfügung stehen, so dass die Kosten der Mittelbeschaffung steigen. Eine Reduzierung der Kapitalkosten durch eine Verbesserung des Cash Managements, den Abbau von Lagerbeständen und die Einsparung unnötigen Anlagevermögens zur Optimierung der Kapitalstruktur sind eine logische und notwendige Folge. Leider bestehen aufgrund des hohen Anlagewertes der Netze hierzu nur sehr eingeschränkte Potenziale. Zudem führt die Neuregelung des Umsatzsteuerge- setzes zu eingeschränkten konzerninternen Finanzierungsspielräumen. Die Energieversorger haben sich deshalb den wertorientierten Kapitalmarktanforderungen der Zukunft zu stellen und ihre Unternehmensführung entsprechend auszurichten. Die regelmäßige Durchführung eines Ratings durch eine unabhängige Agentur kann dabei unterstützen, den Kapitalmarkt von der Werthaltigkeit des Unternehmens und seiner zeitgemäßen Führung zu überzeugen. Hierzu haben sich die Versorgungsunternehmen jedoch jährlich einer umfassenden Analyse zu stellen, welche auch die zeitgerechte Unternehmenssteuerung hinterfragt. Auf diese Weise entsteht Vertrauen und Vergleichbarkeit als wichtige Voraussetzung zur günstigen Kapitalbeschaffung.5 Die Ver- sorgungsunternehmen haben sich damit jedoch einem immanenten Wettbewerb zu stellen. Der ergebnis- und wertorientierte externe Druck durch Anteilseigner und Kapitalgeber wird begleitet durch die gestiegenen internen Anforderungen aufgrund der erfolgten Liberalisierung. Nicht nur Prozesse und Kostenstrukturen sind an der „operativen Exzellenz“ auszurichten, die neuen Kundenanforderungen und damit das gesamte Leistungsportfolio sind zu hinterfragen. Die Liberalisierung zwingt die Versorgungsunternehmen damit zu einem Wandel weg vom alten Unternehmen des Querverbundes hin zu einem umfassenden und kundenfokussierten Energie- dienstleister. Nur diejenigen Unternehmen, welche den gestiegenen Marktanforderungen schnell, umfassend, wirtschaftlich und bedarfsgerecht Rechnung tragen, werden in Zukunft bestehen können. Die Aufgabe des energiewirtschaftlichen Managements besteht somit in der aktiven Ausrichtung des Unternehmens auf ein sich ständig veränderndes Wettbewerbsumfeld. 5 Aufbauende Möglichkeiten der Mittelbeschaffung bestehen in der Begehung einer Anleihe oder der Emission von Aktien bei größeren Kapitalgesellschaften. 8. Ergebnisse und Ausblick 323 Trotz der bereits erfolgten Liberalisierung im Strom- und Gasbereich ist der Enwicklungsprozess der Energiewirtschaft noch längst nicht abgeschlossen. Für die zukünftige Entwicklung der Branche ist davon auszugehen, dass sich die aufgezeigten Anforderungen noch weiter verstärken werden. Eine wichtige Herausforderung besteht zudem in der kontinuierlichen Anpassung und strukturierten Neuausrichtung von Unternehmensstrategie und Unternehmenssteuerung auf veränderte Anforderungen und Rahmenbedingungen. Die Unternehmenssteuerung ist damit auf einen kontinuierlichen Wandel auszurichten. Flexibilität wird in Zukunft zu einem zentralen Element der Strategieentwicklung. Der in dieser Arbeit entwickelte, kombinierte Steuerungsprozess verwendet das Wertmanage- ment in Form eines der Strategieentwicklung Orientierung gebenden Rahmenkonzeptes. Die Wertorientierung dient als wesentlicher Bestandteil aller Strategien, als das eigentliche Oberziel für die Unternehmensstrategie und gleichzeitig als das richtungsweisende Element für die gesamte Unternehmenssteuerung. Orientierung wird über die wesentlichen Werttreiber und die Verbindung mit dem Konzept der Erfolgsfaktoren geschaffen. Gleichzeitig wird die Bedeutung der Generierung und Nutzung immaterieller Vermögensgegenstände für das langfristige und flexible Wachstum betont. Damit wird ein System geschaffen, welches schnell und stetig Strategieanpassungen unterstützt. Durch den Einbezug der dezentralen Komponente entsteht gleichzeitig eine Organisationsstruktur, die flexibel und leistungsstark die Umsetzung des selbst gesetzten Wertsteigerungsprogramms fördert. Der kombinierte Steuerungsprozess wird damit den neuen Steuerungsanforderungen umfassend gerecht. Handlungen werden aufeinander abge- stimmt und an dem strategischen Finalziel, der Wertorientierung, ausgerichtet. Gleichzeitig kann kurzfristig auf veränderte Kunden- und Stakeholderansprüche reagiert werden. Darüber hinaus ermöglicht es der Prozess, die bisherige Unternehmenssteuerung durch Integration vorhandener Steuerungsmodelle zu verbessern und bestehende Defizite zu beseitigen. Insgesamt wird damit eine wesentliche Grundlage für die Erweiterung der heutigen Unternehmenssteuerung vor dem Hintergrund des auch in Zukunft noch weiter ansteigenden Wettbewerbsdrucks geschaffen. Den Steuerungsanforderungen der Energiewirtschaft wird damit genüge getan. Auch losgelöst von der Energiewirtschaft leistet dieses ganzheitliche Konzept einen weitreichen- den Beitrag zur Erweiterung der unternehmerischen Steuerung in Richtung eines dynamischeren Unternehmensumfeldes bei gestiegenen Ansprüchen des Kapitalmarktes und einer zunehmenden Bedeutung immaterieller Werte. Das Konzept zeigt anschaulich auf, wie durch die Integration unterschiedlicher Steuerungsinstrumente der Wert eines Unternehmens durch ein maßgeschnei- dertes Programm ebenso rasch wie nachhaltig erhöht werden kann. Dafür wird das Wertmanage- ment unternehmensumfassend in die Entscheidungsfindung als Grundlage für die Handlungs- 8. Ergebnisse und Ausblick 324 orientierung einbezogen und der Mitarbeiter in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Durch diese neue Art der Führung werden im gesamten Unternehmen neue Wahrnehmungsräume ge- schaffen sowie gemeinsame Lernprozesse organisiert und gezielt unterstützt. Dabei bleibt genü- gend Raum für ein eigenverantwortliches Management zur Unterstützung einer effektiven und effizienten Entwicklung und damit für eine zielgerichtete, den individuellen Gegebenheiten Rechnung tragende Selbstorganisation. Die in dieser Arbeit diskutierten Ansätze präsentieren nur einen Ausschnitt der insgesamt zum Wertmanagement und zur Unternehmenssteuerung zu erörternden Thematik. Es wurde jedoch deutlich, dass die Integration des Wertmanagements in die unternehmerischen Steuerungsmo- delle nicht nur grundsätzlich möglich erscheint, sondern dass in einer kombinierten Nutzung des Wertmanagements mit den derzeit verwendeten Steuerungsinstrumenten nutzbare Synergien zu erwarten sind. Die Weiterentwicklung des vorgestellten Ansatzes zu einem umfassenden, wert- orientierten Steuerungskonzept erscheint vor dem Hintergrund der erarbeiteten Ergebnisse und der identifizierten Zielrichtung der Entwicklung des Wertmanagements in Richtung stärkerer Ausgewogenheit und Mehrdimensionalität durchaus sinnvoll und realistisch. Zur Fortführung des vorgestellten Ansatzes wäre demnach eine entsprechend umfassendere, wertorientierte Sicht- weise in der Lage, die Weiterentwicklung des diskutierten kombinierten Steuerungsprozesses in Richtung einer selbstlernenden und zielorientierten Organisation zu unterstützen. 9. Literaturverzeichnis 325 9. Literaturverzeichnis A Achttienribbe, G. (2000): Benchmarking - Wettbewerb ohne Markt, in: Oldenburgisch-Ostfrie- sischer Wasserverband (Hrsg.): Wasserform 2000 - Europas Wasserwirtschaft zwischen Nach- haltigkeit und Liberalisierung, Brake, S. 35-45. 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