Prof. Dr. Achim Oßwald, Fachhochschule Köln
Internet-Ausbildung am Fachbereich Bibliotheks- und Informationswesen der FH Köln:
Ziele und praktische Erfahrungen


Abstract

Der Fachbereich Bibliotheks- und Informationswesen der Fachhochschule Köln (bis 31.3.1995 Fachhochschule für Bibliotheks- und Dokumentationswesen Köln) hat seit 1993 das Thema Internet in Lehrveranstaltungen einbezogen. Seit WS 1994/95 wird systematisch in die Nutzung des Internet eingeführt. Diese Veranstaltungen, die auf stetig wachsendes Interesse aus allen Ausbildungsgängen stoßen, haben ein dreifaches Ziel:

Im Zusammenspiel dieser Ziele wird ermöglicht, daß die Studenten die Möglichkeiten und Konsequenzen des Internet für die Arbeit in BID-Einrichtungen einzuschätzen lernen und auch vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen diese Sichtweise begründen können.

Die Veranstaltungen erwarten von den Studierenden ein hohes Maß an Eigeninitiative und aktiver Beteiligung während und zwischen den Veranstaltungen. Hierdurch fördern sie zusätzlich auch die Ausbildung von Arbeitstechniken und intensivieren die Kommunikation der Studenten verschiedener Ausbildungsgänge untereinander.

Gliederung

  1. Das Internet als Gegenstand von Lehrveranstaltungen im BID-Bereich -
  2. ein Versuch unsere Aktivitäten einzuordnen
  3. Die Situation am Fachbereich Bibliotheks- und Informationswesen im Frühjahr 1996
  4. Ziele, Ausgestaltung und Inhalte der Lehrveranstaltungen
  5. Erfahrungen aus der Perspektive von Studenten und Dozenten
  6. Schlußfolgerungen und Zukunftswünsche
  7. Gedruckte Quellen
1 Das Internet als Gegenstand von Lehrveranstaltungen im BID-Bereich - ein Versuch unsere Aktivitäten einzuordnen

Das Internet als Gegenstand von Lehrveranstaltungen im BID-Bereich? Diese grundsätzliche Frage bedarf in der Bundesrepublik Deutschland in manchen Ausbildungseinrichtungen noch interner Debatten. In vielen europäischen Nachbarländern und erst recht in den USA hingegen gibt es eine erprobte und mittlerweile gut dokumentierte Praxis entsprechender Lehrveranstaltungen. Auch der Fachbereich Bibliotheks- und Informationswesen der FH Köln (bis zum 31.3.1995 Fachhochschule für Bibliotheks- und Dokumentationswesen in Köln) mäandert manchmal noch zwischen diesen beiden Extremen. Einschränkungen ergeben sich insbesondere hinsichtlich

Im Gegensatz zu Ausbildungseinrichtungen beispielsweise in Großbritannien, Schweden oder USA, wo die Bereitstellung von ausgewählten Unterrichtsmaterialien im HTML- oder PDF-Format in einigen Einrichtungen allmählich zur Selbstverständlichkeit zu werden scheint1, wo auch Bibliotheken beginnen, derartige Materialien für studentische Zwecke bereitzustellen (z.B. im Galvin Electronic Reserves Project http://www.iit.edu/ÿlibrary/erp/erphome.html), backen wir noch verhältnismäßig kleine Brötchen in Einführungsveranstaltungen und einzelnen Spezialveranstaltungen. Aber die Größe der Brötchen sagt ja nichts über deren Qualität aus. Verschaffen sie sich selbst einen Eindruck! In den nächsten Minuten möchte ich ihnen hierzu einige Hintergrundinformationen geben.

Was heißt "wir" am Fachbereich Bibliotheks- und Informationswesen in Bezug auf das Thema Internet? Faktisch sind das bislang die Aktivitäten eines mittlerweile abgeworbenen Internet-Spezialisten (den wir zum Glück als Lehrbeauftragten wiedergewinnen konnten), einiger stark interessierter Studenten und mir selbst. Eine Reihe von Kollegen erwägt schon seit einiger Zeit die Einbeziehung von Internet-Aktivitäten in ihre Lehrveranstaltungen, explizit umgesetzt wurde dies bislang jedoch nur ansatzweise.

In meinem Beitrag werde ich nun eine Darstellung der Situation am Fachbereich geben, die konkrete Umsetzung des Themas in Lehrveranstaltungen erläutern sowie schließlich die dabei gesammelten Erfahrungen verdeutlichen. Welche Konsequenzen für die zukünftigen Aktivitäten des Fachbereiches sich daraus ergeben wird am Ende meines Vortrages stehen2.

2 Die Situation am Fachbereich Bibliotheks- und Informationswesen im Frühjahr 1996

Eines der DV-Labors des Fachbereiches ist seit der Eingliederung der FHBD in die FH Köln, also seit Frühjahr 1995 - über ein LAN von 9 Arbeitsplatzrechnern (PCs) direkt via TCP/IP an das Internet angeschlossen3.

Dank dem Engagement des schon genannten früheren Mitarbeiters4, der dem Fachbereich durch einen Werkvertrag und sein früheres Studium zum Diplom-Dokumentar verbunden war, sind unsere Internet-Aktivitäten technisch gesehen im Laufe des vergangenen Jahres auf eine solide Basis gestellt worden. Schon relativ rasch waren alle für die Internet-Nutzung relevanten Softwareprogramme auf unserem LAN-Server eingerichtet und seit November 1995 liegt eine Internet-Einführung elektronisch (http://www.fh-koeln.de/fbi/hilfe/manual) und mittlerweile auch gedruckt (Babiak 1996) vor, die auf die Gegebenheiten unseres Fachbereiches sowie auf BID-Fragestellungen besonders Bezug nimmt.

Bis zum Frühjahr 1995 wurden die Möglichkeiten des Internet in Lehrveranstaltungen zumindest demonstriert5 und mit einzelnen kleineren Aufgabenstellungen (z.B. subskribieren von Mailinglisten), sowie auch in Themen für Haus- und Diplom-Arbeiten in die Lehre einbezogen6

Heute werden unsere Internet-Aktivitäten in Lehrveranstaltungen begleitet von studentischen Hilfskräften, die während des Semesters pro Woche insgesamt mindestens 10 Stunden den Studenten des Fachbereiches Unterstützung anbieten. So besteht für alle Auszubildenden am Fachbereich7 die Gelegenheit, regelmäßig außerhalb von Lehrveranstaltungen unter Anleitung bzw. mit Hilfe von Kommilitonen Dienste im Internet zu nutzen. Daneben ist zu allen Zeiten zwischen morgens 7 und abends 21 Uhr, an denen der entsprechende Unterrichtsraum nicht belegt ist, die Nutzung des Internet frei zugänglich.

Schließlich soll nicht unterschlagen werden, daß dieses Angebot auch für die Dozenten des Fachbereiches gilt. Sie können zwar z.T. von ihren Arbeitszimmern via Modem auf das Netz zugreifen, angesichts der Telekom-Gebühren sowie faktisch ziemlich schlechter Telefonleitungen bietet sich allerdings bei intensiverer Netznutzung auch für sie der Laborraum an8. Aus ganz unterschiedlichen Gründen findet dies bislang allerdings noch wenig Zuspruch.

3 Ziele, Ausgestaltung und Inhalte der Lehrveranstaltungen

In der Fachöffentlichkeit ist die FHBD schon im Jahre 1994 durch zwei bundesweit stark nachgefragte, gut besuchte Fachveranstaltungen in Kooperation zuerst mit der Universitätsbibliothek Bielefeld (Juni 1994; vgl. Jüngling 1995) und dann mit der Kunsthochschule für Medien in Köln (Oktober 1994) aufgetreten. Die Kooperationspartner waren u.a. auch deshalb unabdingbar, weil wir intern unseren Studenten nicht annähernd die technischen Voraussetzungen bieten konnten, die zur Umsetzung des Vorgetragenen und Demonstrierten notwendig waren.
Nur jene speziell Interessierten, die den Netzzugang mittels Modem nutzten, konnten das in den Veranstaltungen und entsprechend auch im Unterricht Vorgetragene umsetzen. Zwei, die sich damit persönlich große Möglichkeiten eröffnet haben, sind manchem von ihnen sicher bekannt: Ulrich Babiak (Babiak 1996) und Michael Uwe Möbius (Möbius 1995). Andere haben mit dem so erworbenen Nischen-Know-how sofort einen Arbeitsplatz gefunden.

Systematische Internet-Einführungen mit größeren Gruppen von Studenten begannen mit dem Sommersemester 1995 und erfuhren dort sofort starke Nachfrage. Mittlerweile sind zwei Typen von Veranstaltungen wiederholt in das Lehrveranstaltungsprogramm des Fachbereiches aufgenommen worden: Einführungsveranstaltungen und vertiefende Seminare, mit denen einzelne Themenschwerpunkte intensiver erarbeitet werden können.

In den Internet-Einführungen unter BID-Perspektive verfolgen wir parallel drei Ziele:

Dafür wurden nach zwei bis drei einführenden Seminarterminen zu Beginn des Semesters, in denen theoretische und historische Grundlagen des Internet vermittelt wurden, bislang alle weiteren Veranstaltungen von den Studenten weitgehend selbst gestaltet. Zielvorgabe an sie war es, in Kleingruppen von jeweils 2-3 Personen ausgewählte Dienste und Instrumente zur Nutzung des Internet, wie z.B. Gopher, Veronica und Jughead, FTP, das WWW-Konzept, WWW-Browser im Vergleich, WAIS-Suchmöglichkeiten u.ä.m. im Hinblick auf ihre Funktionalität vorzustellen und diese soweit wie möglich zu bewerten. Die Präsentation der Arbeitsergebnisse hatte dabei jedoch nicht nur zum Ziel, wesentliche Aspekte des Dienstes oder Werkzeuges vorzustellen, sondern gleichzeitig die anderen Seminarteilnehmer zu dessen Nutzung anzuleiten. Auf diese Weise waren die Teilnehmer gezwungen, sich möglichst genaue Kenntnisse des Sachverhaltes anzueignen und parallel erste Erfahrungen bei der Vermittlung von Fachkenntnissen zur Nutzung von Informationsmitteln zu sammeln. Im Auskunftsdienst wird dies später selbstverständlich von ihnen verlangt werden.
Zur Präsentation des jeweiligen Instrumentes wurden von den Arbeitsgruppen überschaubare Arbeitspapiere bereitgestellt, die ihren Kommilitonen elementares Basis- und Bedienungswissen zur Verfügung stellen9.

Im letzten Teil der Lehrveranstaltung schließlich wurden vom Dozenten ausgewählte, für den BID-Bereich besonders relevante Informationsangebote vorgestellt. Hierbei konnten die Teilnehmer dann ihr instrumentelles Wissen erneut anwenden und vertiefen.

Insgesamt werden die Teilnehmer in einem Semester soweit mit dem Internet vertraut gemacht, daß sie die entsprechenden Werkzeuge im weiteren Studium nutzen und vergleichend bewerten können. Von den Studierenden wird hierbei ein hohes Maß an Eigeninitiative und aktiver Beteiligung während und zwischen den Veranstaltungen erwartet. Hierdurch wird zusätzlich auch die Ausbildung von individuellen Arbeitstechniken gefördert und die Kommunikation zwischen den Teilnehmern verschiedener Ausbildungsgänge intensiviert.

Dieser Effekt wird häufig noch durch eine parallele Aufgabe aus dem Bereich der e-mail-Nutzung verstärkt: Alle Studenten sind aufgefordert, sich in die Liste INETBIB einzutragen, um so - én passant - einen wesentlichen Aspekt der e-mail-Nutzung kennenzulernen.

Die e-mail-Nutzung, die natürlich erst nach der Bereitstellung eines Accounts an der Fachhochschule erfolgen kann, ermöglicht zudem die Kommunikation mit befreundeten Studenten in anderen Städten und Ländern - ein Motivationsfaktor bei der Nutzung, der nicht unterschätzt werden sollte. Parallel ermöglicht sie im Laufe des Seminars und danach eine vereinfachte, da u.U. zeitversetzte gegenseitige Benachrichtigung und Kommunikation.

Für Referendare (Höherer Dienst) gilt die Aufforderung, möglichst frühzeitig die für sie fachlich relevanten Mailinglisten zu subskribieren, um dort die einschlägige Fachkommunikation zu verfolgen.

Wegen der großen Zahl von Interessenten an den Internet-Einführungen mit BID-Perspektive wird ab dem kommenden Semester eine veränderte Veranstaltungskonzeption notwendig werden: Die voraussichtlich 40-60 Interessenten können alle an einem Lehrgang teilnehmen, bei dem nach einer 4-stündigen Einführung von Woche zu Woche Übungen in der Nutzung des Internet zu bearbeiten sind. Hierzu wird regelmäßige tutorielle Betreuung im Umfang von 8 Stunden pro Woche angeboten. Allwöchentlich werden dann die Lösungen der Aufgaben sowie theoretisches Hintergrundwissen zu einzelnen Werkzeugen und Angeboten in einer Art Vorlesung vermittelt. Erfahrungen mit dieser Art der "Masseneinführung" werde ich nach dem Ende des Sommersemesters dann gerne wieder veröffentlichen10.

Die vertiefenden Seminare setzten die Teilnahme an einem Einführungsseminar voraus. So haben z.B. die Teilnehmer eines Seminares "Elektronische Publikationen im Internet" im WS 95/96 entsprechende Typen von Publikationsangeboten ermittelt und analysiert und diese dann im Sinne einer kollektiven Navigationstour durch das Netz am Bildschirm präsentiert.
In einem zweiten Teil dieses Seminars wurden - falls nicht schon in Eigeninitiative der Studenten sowieso schon geschehen - die Übersichten (Papiere) in HTML-Dateien konvertiert, um sie auf unserm Fachbereich-Server zu präsentieren. Im Mai dieses Jahres werden ausgewählte Beiträge dann auch als Teil der studentischen Präsentation unseres Fachbereiches auf der INFOBASE in Frankfurt gezeigt.

Im Laufe der Semester erhoffen wir uns so eine kritische Masse von Beträgen in unserem Fachbereichsangebot (http://www.fh-koeln.de/fbi/), das bislang als Strukturbaum zwar konzipiert, bis auf das Internet-Handbuch und einige wenige Beiträge aber noch weitgehend nur als Gerüst existiert.

Die hier gegebenen Darstellung der Veranstaltungsabläufe und -inhalte sollte allerdings keineswegs statisch betrachtet werden. Abhängig von den Vorkenntnissen und dem Engagement der Auszubildenden werden sie sich dynamisch weiterentwickeln und dabei insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung der im Netz relevanten Tools angepaßt werden müssen.

4 Erfahrungen aus der Perspektive von Studenten und Dozenten

Es hat immer etwas Zwiespältiges, wenn Dozenten über die Erfahrungen von Studenten berichten. Daher habe ich mir eine Hilfskonstruktion geschaffen, die mir nicht nur für diesen Vortrag eine gute Daten- und Einschätzungsgrundlage bietet, sondern gleichzeitig auch für die zukünftigen Veranstaltungsplanungen am Fachbereich wertvolle Hinweise bereitstellt: Eine Umfrage unter den Studenten11. Hierzu verteilte ich in der 2. Januarhälfte 1996 100 Fragebogen mit insgesamt 9 Fragen an Studenten / Auszubildende des 5. Studiensemesters sowie die Referendare an unserem Fachbereich. Die Resonanz war durchweg positiv und spricht für das Interesse, die Veranstaltungsplanung und die Veranstaltungsinhalte der eigenen Ausbildung mitzugestalten. Die Ergebnisse - auf der Grundlage von 37 anonym beantworteten Fragebogen - verdeutlichen, daß

  1. die Bereitschaft, sich mit dem Thema Internet, der Nutzung des Internet im BID-Arbeitszusammenhang sowie den Konsequenzen der Internet-Nutzung für die Entwicklung der Bibliotheken auseinanderzusetzen, in wachsendem Maße ausgeprägt ist.
  2. generell eine Vertiefung der in Einführungen gewonnenen Kenntnisse gewünscht wird. Das Interesse konzentriert sich hierbei insbesondere auf den Einsatz in Auskunftssituationen einerseits und die Erstellung von Web-Seiten mittels HTML. Damit einher geht die Forderung, das Thema Internet nicht nur als fakultativen Veranstaltungsinhalt anzubieten, sondern in den regulären Veranstaltungskanon aufzunehmen.
  3. Internet-Einführungen möglichst im 1.-3. Studiensemester erfolgen sollten (abhängig von den entsprechenden EDV-Vorkenntnissen).
  4. das Surfen im WorldWideWeb neben der Nutzung von e-mail für Studenten derzeit im Vordergrund steht. Ursache hierfür könnte u.a. sein, daß die gezielte Einbeziehung der Nutzung des Internet bei den meisten Veranstaltungen noch aussteht.
  5. das Abonnieren von Mailinglisten noch wenig praktiziert wird. Wenn man jedoch einen Renner unter den Mailinglisten ausmachen will, dann ist es bestimmt INETBIB, bald gefolgt von der für unseren Fachbereich aufgrund studentischer Initiative eingerichteten Liste BIBDOK.
Solch positive Grundhaltung gegenüber der Einbeziehung des Internet in die Ausbildung empfinde ich als Ansporn. Dazu beigetragen hat sicher auch eine Studienfahrt nach Dänemark im vergangenen Herbst (1995), bei der das Ausmaß der Internet-Nutzung in den dortigen Öffentlichen und Wissenschaftlichen Bibliotheken alle Teilnehmer überrascht und deutlich motiviert hat. Eine ganze Reihe von Internet-bezogenen Diplomarbeitsthemen ist sicher auch eine Folge dieser Studienfahrt.

Ohne ins Detail zu gehen möchte ich aus meiner persönlichen Perspektive die folgenden Aspekte hinzufügen:

  1. Es ist eine eindrucksvolle Erfahrung mitzuerleben, welche positive Motivation Studenten dem Thema Internet entgegenbringen und umso verantwortungsvoller ist es, den konkreten Nutzen für die BID-Arbeit immer wieder in den Veranstaltungen kritisch zu durchleuchten.
  2. Die praktische Erfahrung beim Umgang mit den einzelnen Internet-Diensten und -Programmen ist unabdingbar für Studenten. Dies gilt insbesondere auch für die durch das Internet verstärkt angebotene Möglichkeit, Informationen nicht nur zu beschaffen, sondern auch selbst anzubieten. Die auf technischem, organisatorischem und inhaltlichem Gebiet sich erweiternden Notwendigkeiten sollten dementsprechend möglichst rasch in Studienpläne und Veranstaltungsinhalte einfließen. Von den Dozenten erfordert dies jedoch viel Offenheit und Bereitschaft zur Anpassung der Lehrinhalte.
  3. Für Dozenten ist das Internet mit seiner Angebotsvielfalt, beeindruckenden Entwicklungsdynamik und nicht zuletzt seinen technischen Imponderabilien eine stetige Herausforderung, die dazu führt, daß Veranstaltungen nur noch eingegrenzt vorbereitet werden können.
  4. Die Verfügbarkeit und Nutzung von Mailinglisten ist eine große Chance, den Lehrbetrieb aus seiner lokalen, auf die Gegebenheiten und Möglichkeiten der eigenen Organisation bezogenen Perspektive herauszuführen. Ganz banal erscheinende, praktische Fragen werden genauso transparent wie auch nationale und internationale Fragestellungen aus dem BID-Bereich. Die Auszubildenden sind - bei entsprechendem Interesse - fast genauso nah dran am Geschehen wie die Dozenten.
  5. Die Kommunikation mit den Studenten wird via e-mail erleichtert, automatisch aber auch pragmatischer. Eine Zielsetzung des Unterrichtes könnte es sein, neue Gewohnheiten der Kommunikation mit Studenten zu entwickeln, dabei die Vor- und Nachteile der zeitlich und räumlich versetzten Kommunikation erfahrbar zu machen und so allmählich einen bewußten, situationsentsprechenden Umgang mit den Möglichkeiten elektronisch gestützter Kommunikation zu etablieren (vgl. Fowell / Levy 1995).
Insgesamt kann allerdings festgehalten werden, daß die Ausbildung über und mit dem Internet von beiden Seiten positiv bewertet wird - nicht zuletzt vielleicht auch deshalb, weil sich hier studentisches Engangement direkt in spezifischem Know-how niederschlägt, das - ausnahmsweise einmal - über unsere Fachdisziplin hinaus auch gesellschaftlich Anerkennung findet.

5 Schlußfolgerungen und Zukunftswünsche

Nach mehr als einem Jahr intensiver Ausbildung im und mit dem Internet gibt es genügend Gründe, eine positive Bilanz zu ziehen: Die Studenten sind weiterhin sehr interessiert am Thema, engagieren sich z.T. zeitlich über das sonst Übliche hinaus und fordern explizit die Einbeziehung der Internet-Entwicklung in die bisherigen Lehrinhalte.

Aus der Perspektive eines Dozenten ist diese Entwicklung keine Selbstverständlichkeit. Und dennoch, um diese positive Ausgangslage entwickeln und produktiver machen zu können, sind wesentliche Veränderungen unabdingbar.

  1. Solange die Rahmenbedingungen des Studiums in Form von Studien- und Prüfungsordnungen - insbesondere in der Ausbildung der Beamtenanwärter und Referendare - kaum Flexibilität bieten, aktuelle, praxisrelevante Entwicklungen in die Ausbildung einzubeziehen, werden wir mit unserem Angebot zwangsläufig hinter den Wünschen der Studenten und dem für die Praxis Wünschbaren zurückbleiben.
  2. Solange kein zusätzliches Personal vorhanden ist, um auch nur die alltäglichen Notwendigkeiten abzudecken, die sich aus diesem erweiterten Angebot ergeben, kann das Begonnene trotz großem Engagement nur unbefriedigendes Stückwerk bleiben. Die technischen Voraussetzungen für einen verbesserten Lehrbetrieb allein reichen eben nicht aus.
  3. Alle Kollegen, die sich verstärkt auf diese Entwicklung einstellen, tragen zur verbesserten Erfüllung unseres Ausbildungsauftrages bei. Trotz erkennbaren Interesses sind es insgesamt noch zu wenige, die das Thema aufgegriffen haben. Unabdingbar ist aber sicher auch der intensivere Kontakt zu Ihnen hier im Raum, den Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis.
Insofern macht mir diese Tagung hier in Dortmund Mut - und ich bedanke mich für die Gelegenheit, Ihnen auch einmal aus unserer Arbeitspraxis berichten zu können.

6 Gedruckte Quellen

Babiak, Ulrich: Nutzung des Internet am Fachbereich Bibliotheks- und Informationswesen, Handbuch für Angehörige des Fachbereiches, Köln 1996 (Hrsg. vom FB Bibliotheks- und Informationswesen der FH Köln)

Fowell, S.P.; Levy, P.: Computer-mediated communication in the information curriculum: an initiative in computer-supported collaborative learning. - In: Education for Information 13 (1995) 3, S.193-210

Jüngling, Helmut (Hrsg.): Internet und Bibliotheken. Entwicklung - Praxis - Herausforderungen, Köln 1995, S. 136-169 (Kölner Arbeiten zum Bibliotheks- und Dokumentationswesen; 21)

Möbius, Michael Uwe: Elektronische Zeitschriften im Internet. - In: Jüngling, Helmut (Hrsg.): Internet und Bibliotheken. Entwicklung - Praxis - Herausforderungen, Köln 1995, S. 136-169 (Kölner Arbeiten zum Bibliotheks- und Dokumentationswesen; 21)

Rush-Feja, Diann: Librarian Education for Utilizing New Technologies including Networked Information Sources, IFLA Section on Education and Training - Workshop, Aug. 24, 1995; 1995 IFLA General Council, Istanbul, Turkey; 193-SET (WS)-7/LTR-11-E

Weissinger, Nancy J.; Edwards, John P.: Online Resources for Internet Trainers. - In: College & Research Library News, 56 (1995) 8 (September), S. 535-539, 572

Wilson, Tom: Education for Information and the Internet. - In: Education for Information 13 (1995), 3, S. 171-175


1 So z.B. in der bibliothekarischen Ausbildung in Lund, Schweden, in der Traugott Koch seine Internet-Kursmaterialien als HTML-Dateien aufbereitet hat (http://www.ub2.lu.se/educmenu.html), aber auch in vielen britischen und US-amerikanischen LIS-Ausbildungseinrichtungen. Eine für die deutschen Verhältnisse allerdings nicht vollständigen Darstellung gibt auch Rusch-Feja 1995. Aktuelle Übersichten zu einführenden Materialien finden sich z.B. bei Weissinger/Edwards 1995.
Die Auswirkungen des Internet auf die Ausbildung von Informationsspezialisten wurde u.a. auch in einem Sonderheft der Zeitschrift "Education for Information" im Herbst 1995 behandelt; vgl. hierzu Wilson 1995.

2 Die angegebenen URLs sowie die Anzahl der ausgewerteten Fragebogen wurden zuletzt am 10.2.1996 aktualisiert.

3 Auf verschlungenen Wegen, bei denen auch zweimal der nahegelegene Rhein überquert wird, gelangen die von uns versandten Daten an das RRZ (Regionale Rechenzentrum) der Uni Köln und von dort aus beispielsweise zum INETBIB-Mailserver an der Uni Dortmund. Technisch gesehen ist diese Anbindung über diverse LANs und das Netz der FH-Köln mittlerweile eine relativ stabile Angelegenheit.

4 Es handelt sich um Dipl.-Dok. Ulrich Babiak. Mehr Informationen zu seiner Person bzw. zu seinen Internet-bezogenen Aktivitäten findet man unter http://www.fh-koeln.de/fbi/pers/babiak sowie unter http://www.joe.law.pace.edu/staff/ub/ub-germ.html.

5 Mittels Modem-Zugang zum Regionalen Rechenzentrum auf der Grundlage von SLIP.

6 Zum damaligen Zeitpunkt waren unsere hochfliegenden Pläne noch auf eine intensive Kooperation mit der befreundeten Ausbildungseinrichtung HBI (Hochschule für Bibliotheks- und Informationswesen; http://www.uni-stuttgart.de/UNIuser/hbi/hbihome.htm) in Stuttgart ausgerichtet. Es hat sich jedoch leider herausgestellt, daß beim Thema Internet die Entwicklungsgeschwindigkeiten der beiden Einrichtungen sowie unsere technischen Voraussetzungen damals zu unterschiedlich waren, als daß sich eine wirkliche Kooperation hätte verwirklichen lassen. Es ist zu hoffen, daß wir im Laufe der nächsten Monate wieder bei dieser Idee aufsetzen können.

7 Das sind Teilnehmer einerseits der verwaltungsinternen (Beamten-)Ausbildung zum Mittleren Dienst, zum Gehobenen Dienst an Wissenschaftlichen Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen, zum Höheren Dienst (Referendariat) sowie andererseits und nicht zuletzt aus dem freien Studiengang Öffentliches Bibliothekswesen

8 Derzeit gilt dies nur für zwei Dozenten. Allerdings besteht für 1996 die Perspektive einer Vernetzung der Mitarbeiterräume, so daß sich die Situation wesentlich verbessern wird.

9 Dieser Teil der Aufgabe wird durch die elektronische und gedruckte Verfügbarkeit des von U. Babiak erstellten, fachbereichsbezogenen Internet-Handbuches (s.o.) zukünftig entfallen.
Da es in dieser Phase der Veranstaltung darum ging, möglichst rasch und intensiv Nutzungs-Know-how aufzubauen, konnten die Themenbereiche bei der Erprobung und Vorstellung der Werkzeuge nach individuellen Vorlieben ausgewählt werden. Bei den Referendaren konnten dies z.B. die mit ihrem Erststudium abgedeckten fachliche Themen sein.

10 Grundsätzliche Anmerkungen hierzu geben Fowell / Levy 1995.11

11 Vergleiche hierzu - gewissermaßen als alternatives Verfahren - das von den Kollegen in Stuttgart gewählte Vorgehen, einen Studenten - nämlich Mario Werner - zu bitten, seine Erfahrungen vorzutragen. Die Beiträge des Kongresses "Informationsspezialisten zwischen Technik und gesellschaftlicher Verantwortung" finden sich unter http://www.uni-stuttgart.de/UNIuser/hbi/publikat/hbipubl/guides/inhalt.htm, der von M. Werner unter http://www.uni-stuttgart.de/UNIuser/hbi/publikat/hbipubl/guides/hbigoes.htm.

e-mail: au008@rs1.rrz.uni-koeln.de