Fehlerkontrollierte adaptive h- und hp-Finite-Elemente-Methoden fu¨r Kontaktprobleme mit Anwendungen in der Fertigungstechnik Andreas Schro¨der Adresse des Autors: Andreas Schro¨der Im Lo¨ttenkamp 34 59510 Lippetal, Deutschland e-mail: andreas.schroeder@mathematik.uni-dortmund.de Diese Arbeit wurde vom Fachbereich Mathematik der Universita¨t Dortmund als Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Naturwissen- schaften genehmigt. 1. Gutachter: Prof. Dr. Heribert Blum 2. Gutachter: Prof. Dr. Franz-Theo Suttmeier Tag der Einreichung: 31. 10. 2005 Tag des Kolloquiums: 15. 12. 2005 Inhaltsverzeichnis Einleitung v I Elliptische Minimierungsprobleme 1 I.1 Notwendige und hinreichende Bedingungen, Existenz . . . . . 2 I.1.1 Notwendige und hinreichende Bedingungen . . . . . . 2 I.1.2 Existenz von Lo¨sungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 I.2 Sattelpunktformulierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 I.2.1 Variationelle Formulierung, Existenz von Sattelpunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 I.2.2 Sattelpunktformulierungen fu¨r Minimierungsprobleme 9 I.3 Elliptische Minimierungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . 12 I.3.1 Elliptische Minimierungsprobleme erster Art . . . . . 13 I.3.2 Elliptische Minimierungsprobleme zweiter Art . . . . . 16 I.3.3 Existenz und Eindeutigkeit von Sattelpunkten . . . . 18 I.4 Variationsungleichungen auf Hilbertra¨umen . . . . . . . . . . 21 I.4.1 Variationsungleichungen erster Art . . . . . . . . . . . 22 I.4.2 Variationsungleichungen zweiter Art . . . . . . . . . . 24 II Modellierungen von Kontaktproblemen 31 II.1 Sobolevra¨ume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 II.2 Modellprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 II.2.1 Vereinfachte Signorini-Probleme . . . . . . . . . . . . 36 II.2.2 Idealisierte Reibungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . 39 II.3 Linear-elastische Kontaktprobleme . . . . . . . . . . . . . . . 41 II.3.1 Reibungsfreie Kontaktprobleme . . . . . . . . . . . . . 45 II.3.2 Reibungsprobleme mit vorgegebener Normalspannung 47 II.3.3 Kontaktprobleme mit Reibung . . . . . . . . . . . . . 50 i ii INHALTSVERZEICHNIS II.3.4 Das Coulombsche Reibungsgesetz . . . . . . . . . . . . 51 II.4 Eine Anwendung in der Fertigungstechnik . . . . . . . . . . . 53 II.4.1 Reibungsfreier Kontakt . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 II.4.2 Reibungsbehafteter Kontakt mit vorgegebenen Normalspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 II.4.3 Reibungsbehafteter Kontakt . . . . . . . . . . . . . . . 62 II.5 Weitere Modellprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 II.5.1 Hindernisprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 II.5.2 Elastoplastische Torsionsprobleme . . . . . . . . . . . 65 II.5.3 Bingham-Fluid-Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . 66 IIIDiskretisierungen 67 III.1 Finite-Elemente-Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 III.1.1 Modellprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 III.1.2 Linear-elastische Probleme . . . . . . . . . . . . . . . 89 III.1.3 Weitere Modellprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 III.2 h- und hp-Finite-Elemente-Methoden . . . . . . . . . . . . . . 95 III.2.1 Hierarchische Basen in 2D und 3D . . . . . . . . . . . 98 III.2.2 Irregula¨re Knoten, Kanten, Facetten . . . . . . . . . . 105 III.3 Lo¨sungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 III.3.1 Das SOR-Verfahren mit Projektion . . . . . . . . . . . 111 III.3.2 Lo¨sungsalgorithmen fu¨r Sattelpunktprobleme . . . . . 117 IVFehlerkontrolle und Adaptivita¨t 123 IV.1 Ein allgemeiner Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 IV.1.1 Elliptische Minimierungsprobleme erster Art . . . . . 127 IV.1.2 Unrestringierte elliptische Minimierungsprobleme zweiter Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 IV.1.3 Restringierte elliptische Minimierungsprobleme zweiter Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 IV.2 Residuale Fehlerscha¨tzer fu¨r Variationsgleichungen . . . . . . 132 IV.2.1 Modellprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 IV.2.2 Linear-elastische Probleme . . . . . . . . . . . . . . . 138 IV.3 Fehlerscha¨tzer fu¨r vereinfachte Kontaktprobleme . . . . . . . 140 IV.3.1 Vereinfachte Signorini-Probleme . . . . . . . . . . . . 140 IV.3.2 Idealisierte Reibungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . 144 IV.4 Fehlerscha¨tzer fu¨r Kontaktprobleme . . . . . . . . . . . . . . 146 IV.4.1 Reibungsfreie Kontaktprobleme . . . . . . . . . . . . . 146 IV.4.2 Reibungsprobleme mit vorgegebener Normalspannung 148 INHALTSVERZEICHNIS iii IV.4.3 Kontaktprobleme mit Reibung . . . . . . . . . . . . . 148 IV.5 Fehlerscha¨tzer fu¨r weitere Modellprobleme . . . . . . . . . . . 150 IV.5.1 Hindernisprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 IV.5.2 Bingham-Fluid-Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . 153 IV.6 Fehlerscha¨tzer vom Goal-Oriented-Typ . . . . . . . . . . . . . 154 IV.6.1 Variationsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 IV.6.2 Modellprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 IV.6.3 Ein allgemeiner Ansatz fu¨r elliptische Minimierungsprobleme erster und zweiter Art . . . . . 158 IV.7 h- und hp-adaptive Verfeinerungen . . . . . . . . . . . . . . . 159 IV.7.1 h-adaptive Verfeinerungsstrategien . . . . . . . . . . . 162 IV.7.2 hp-adaptive Verfeinerungsstrategien . . . . . . . . . . 163 IV.7.3 Variationsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 IV.7.4 Fehlerscha¨tzer vom Goal-Oriented-Typ . . . . . . . . . 171 IV.7.5 Modellprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 IV.7.6 Linear-elastische Kontaktprobleme . . . . . . . . . . . 184 IV.7.7 Hindernisprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 V Ausblick 193 A Beispiele, Kopplungsgewichte, Grundlagen 197 A.1 h- und hp-adaptive Gitter fu¨r Variationsgleichungen . . . . . 197 A.2 Kopplungsgewichte fu¨r hierarchische Basen . . . . . . . . . . 201 A.3 Funktionalanalytische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . 203 Literaturverzeichnis 207 iv INHALTSVERZEICHNIS Einleitung Die Modellierung und die Simulation von Kontaktproblemen sind von zen- traler Bedeutung fu¨r das Versta¨ndnis vieler Ingenieur-technischer Prozesse und fu¨r die Entwicklung neuer Produktionsverfahren. Im Allgemeinen versteht man unter Kontakt die Beru¨hrung zweier (oder mehrerer) elastischer bzw. inelastischer Ko¨rper in einem Kontaktbereich. Aus strukturmechanischer Sicht verursacht der Kontakt in der Regel De- formationen der beteiligten Ko¨rper, die wiederum Reaktionskra¨fte im Kon- taktbereich hervorrufen. Ein Kontaktproblem besteht in diesem Fall in der Erfassung der Kontaktzone, der Deformationen oder der auftretenden Re- aktionskra¨fte. Daru¨ber hinaus ko¨nnen weitere kontaktspezifische Aspekte innerhalb eines Kontaktproblems von Interesse sein. v vi Einleitung Abb. 1: Bandschleifmaschine mit zwei Kontaktscheiben, Industrieroboter mit Sanita¨rar- matur (oben), vergro¨ßerter Ausschnitt mit Sanita¨rarmatur und Kontaktscheibe (unten). Ein Beispiel aus der Fertigungstechnik Ingenieur-technische sowie fu¨r die Industrie relevante Kontaktprobleme sind insbesondere in der Fertigungstechnik zu finden. Hier ist die Betrachtung von Kontaktproblemen entscheidend fu¨r die Gestaltung von Fertigungsver- fahren. Dies gilt speziell fu¨r Fertigungsverfahren aus dem Bereich Umformen (z.B. Schmieden, Walzen oder Tiefziehen), Trennen (z.B. Schleifen, Fra¨sen oder Hobeln) oder Beschichten, da hier vor allem der Kontakt des Werkzeugs bzw. des Wirkmediums mit dem Werkstu¨ck die gewu¨nschte Geometriea¨nde- rung des Werkstu¨cks bewirkt.1 Als ein repra¨sentatives Beispiel sei an dieser Stelle das Schleifen und speziell das Industrieroboter-gestu¨tzte Bandschleifen genannt. Schleifen ist ein ab- tragendes Fertigungsverfahren zur Bearbeitung von Oberfla¨chen. Wichtige Einsatzbereiche sind das Gla¨tten und die Feinbearbeitung (z.B. Profilschlei- fen) von geha¨rteten, insbesondere freigeformten Fla¨chen. 1vgl. DIN 8580, [43] Einleitung vii In vielen Industriebranchen, wie z.B. in der Sanita¨rarmaturindustrie oder im Dampf- und Gasturbinenbau, werden vor allem Bandschleifmaschinen zur Oberfla¨chenbearbeitung eingesetzt. Bandschleifen ist ein Fertigungsverfahren mit einem vielschneidigen Werk- zeug aus Schleifko¨rnern, die auf einem Schleifband als Unterlage aufgebracht sind, das mindestens zwei rotierende Rollen umla¨uft und durch eine dieser Rollen (Kontaktscheibe), ein anderes Stu¨tzelement oder auch ohne Stu¨tz- element an das zu schleifende Werkstu¨ck angepresst wird. Die geometrisch unbestimmten Schneiden trennen mit hoher Geschwindigkeit den Werkstoff vom Werkstu¨ck ab.2 Durch die Verwendung von Kontaktscheibenbela¨gen aus einem Gummi-elastischen Material ko¨nnen auch komplizierte freige- formte Oberfla¨chengeometrien bearbeitet werden. In der industriellen Fertigung werden Schleifvorga¨nge an Bandschleifma- schinen entweder manuell von einem Anlagebediener, der vor allem durch seine praktischen Erfahrungen geleitet wird, oder, dies betrifft inbesonde- re Branchen mit großen Losgro¨ßen, wie etwa die Sanita¨rarmaturindustrie, durch Industrieroboter vollzogen. Beim Industrieroboter-gestu¨tzten Bandschleifen fu¨hrt ein Roboterarm ein Werkstu¨ck gegen das Schleifband. Fu¨r diese Form der Schleifbearbeitung ist im Vornherein eine genaue Planung der vom Industrieroboter abzufahrenden Bahn bzw. Positionen zu erstellen, so dass ein mo¨glichst optimales Bearbei- tungsergebnis erzielt werden kann. Derartige Bahnplanungen erfordern im hohen Maße genaue Kenntnisse u¨ber die Kontaktverha¨ltnisse, die aus dem Kontakt von Werkstu¨ck und Schleifband bzw. Kontaktscheibe resultieren. Maßgeblich sind hier vor allem die Kontaktkra¨fte und die Kontaktzone, mit deren Kenntnis der Abtrag am Werkstu¨ck bestimmt werden kann, um so den Vorschub sowie die Andruckkraft des Roboterarms entlang der Schleif- bahn zu regulieren. Die hinreichend genaue Bestimmung der Kontaktkra¨fte und der Kontaktzone erfordert im Allgemeinen die Anwendung simulativer, rechnergestu¨tzter Verfahren und kann erst mit Hilfe effizienter numerischer Methoden befriedigend durchgefu¨hrt werden. Modellierung Die Entwicklung von effizienten numerischen Methoden zur Simulation von Kontaktproblemen, wie dem oben beschriebenen Problem aus der Ferti- gungstechnik, ist ein wichtiger Forschungsbereich der angewandten Mathe- 2vgl. DIN 8589, [44] viii Einleitung matik. Ausgangspunkt ist stets die Beschreibung des Problems in Form eines ma- thematischen Modells. Je nach Beschaffenheit des realen Problems, das z.B. durch Materialeigenschaften, Auftreten dynamischer Effekte usw. gekenn- zeichnet ist, stehen unterschiedliche vor allem mechanisch/physikalisch mo- tivierte Zuga¨nge zur Verfu¨gung. Im Fall des oben beschriebenen Kontaktproblems des Industrieroboter-ge- stu¨tzten Bandschleifens ist die Modellierung u¨ber einen Energieminimie- rungsansatz angemessen, dem ein linear-elastisches Materialgesetz zugrun- de liegt. Hierdurch ist schließlich ein elliptisches Minimierungsproblem zu betrachten, dessen Lo¨sung zum Beispiel die zu ermittelnde Deformation der elastischen Ko¨rper beschreibt.3 Die Einarbeitung von geometrischen Kon- taktbedingungen, vor allem das Verhindern des gegenseitigen Eindringens der in Kontakt befindlichen Ko¨rper, wird durch die Angabe einer geeigne- ten Restriktionsmenge modelliert. Reibungsnebenbedingungen, wie sie bei vielen Kontaktproblemen und insbesondere beim Industrieroboter-gestu¨tz- ten Bandschleifen zu beru¨cksichtigen sind, werden durch eine entsprechende Modifizierung des Zielfunktionals formuliert. Die Betrachtung von sowohl reibungsfreien Kontaktproblemen als auch von Kontaktproblemen mit Rei- bung macht eine Unterscheidung der zugrunde liegenden elliptischen Mini- mierungsprobleme in elliptische Minimierungsprobleme erster und zweiter Art sinnvoll. Ein zu Minimierungsproblemen a¨quivalenter Modellierungsansatz besteht in der Betrachtung von Kra¨ftebilanzen, die in Form von partiellen Differential- gleichungssystemen dargestellt werden ko¨nnen. Wa¨hrend die Formulierung von Kra¨ftebilanzen von Ingenieur-technischer Seite im Allgemeinen bevor- zugt wird, da diese fu¨r die mechanische Interpretation der darin enthaltenen Gro¨ßen zuga¨nglicher sind, ist der Zugang u¨ber Minimierungsprobleme vor allem fu¨r mathematische Fragestellungen interessant. So ko¨nnen recht allge- mein Fragen nach Existenz und Eindeutigkeit von Lo¨sungen mit Hilfe von Aussagen der Konvexen Analysis gekla¨rt werden. Zudem erlangt man u¨ber die Betrachtung von notwendigen und hinreichenden Bedingungen weitere Formulierungsansa¨tze in Form von Variationsgleichungen bzw. Variations- ungleichungen. Schließlich erha¨lt man unmittelbar aufgrund des Minimie- rungszugangs eine vierte Darstellungsform des Kontaktproblems in Form von variationellen Sattelpunktformulierungen. Hier werden die Kontaktne- benbedingungen durch Hinzufu¨gen von Lagrangeschen Multiplikatoren er- fasst, die wiederum als Kontaktkra¨fte physikalisch interpretierbar sind. 3vgl. [45], [69] Einleitung ix Ha¨ufig ko¨nnen bestimmte Eigenschaften von komplizierten Problemen oder von deren Modellierungen bereits an wesentlich einfacheren Problemen stu- diert werden. Diese Probleme heißen Modellprobleme und sind ein wichtiger Bestandteil mathematischer Untersuchungen. Fehlerkontrollierte adaptive Finite-Elemente-Methoden Die variationelle Formulierung ermo¨glicht einen direkten Zugang zu effizien- ten numerischen Diskretisierungsverfahren zur approximativen Bestimmung der im Kontaktproblem geforderten Gro¨ßen. Das in diesem Zusammenhang popula¨rste Diskretisierungsverfahren ist die Finite-Elemente-Methode, die sich vor allem durch eine hohe Flexibilita¨t im Umgang mit unterschiedlichen geometrischen Bedingungen und durch ein hohes Maß an problembezogener Variabilita¨t gegenu¨ber anderen Verfahren wie z.B. der Differenzenmethode auszeichnet. Abb. 2: Finite-Elemente-Gitter von einem Teil des Kontaktscheibenbelags, Gitter mit lokalen Verfeinerungen. Die Finite-Elemente-Methode basiert auf einer Gitter-artigen Zerlegung des Rechengebiets, das im Wesentlichen durch die in Kontakt befindlichen Ko¨r- per bestimmt wird, in einfache geometrische Objekte (z.B. Vierecke, Drei- ecke, Hexaeder, ...) und auf der Festlegung eines darauf erkla¨rten Diskretisie- rungsansatzes in Form stu¨ckweise definierter Funktionen, deren Einschra¨n- kung auf ein solches geometrisches Objekt in einem endlichdimensionalen (lokalen) Polynomraum liegt. Im Fall elliptischer Minimierungsprobleme ohne Kontaktbedingungen fu¨hrt x Einleitung die Finite-Elemente-Methode stets auf lineare Gleichungssysteme, im Kon- taktfall auf quadratische Minimierungsprobleme mit linearen oder nichtli- nearen Nebenbedingungen bzw. auf Sattelpunktprobleme im Rm. In jedem Fall sind effiziente Lo¨sungsverfahren fu¨r lineare Gleichungssysteme bzw. Op- timierungsverfahren anzuwenden. Zur Steigerung der Approximationsgenauigkeit kann entweder die Maschen- weite, definiert als der Durchmesser des gro¨ßten Gitterelements, verkleinert oder der Polynomansatz erho¨ht werden. Im ersten Fall spricht man von h-Methoden, im zweiten von p-Methoden. Werden sowohl die Maschenwei- te verkleinert als auch der Polynomansatz erho¨ht, erha¨lt man sogenannte hp-Methoden. Fu¨r alle drei Zuga¨nge ko¨nnen je nach Problemtyp globale oder aber auch lokale Modifikationen des Diskretisierungsansatzes zu Ap- proximationsverbesserungen fu¨hren. Insbesondere sind lokale A¨nderungen zweckma¨ßig, wenn hiermit etwa lokale Spitzen des Diskretisierungsfehlers beseitigt werden ko¨nnen. Die Maschenweite kann zum Beispiel durch Zerlegen der Gitterelemente reduziert werden. Werden alle Gitterelemente zerlegt, spricht man von ei- ner globalen Verfeinerung. Hingegen ist die Verfeinerung nur lokal, wenn nur Gitterelemente bestimmter Bereiche zerlegt werden (vgl. Abbildung 2, rechts). In analoger Weise ko¨nnen die Begriffe lokale und globale Polynom- graderho¨hungen definiert werden. Zentral fu¨r die Beurteilung und somit fu¨r Einsatzmo¨glichkeiten von Na¨he- rungsverfahren wie die Finite-Elemente-Methode sind Untersuchungen be- zu¨glich der Approximationsgu¨te, die unter dem Begriff Fehlerkontrolle zu- sammengefasst werden ko¨nnen. Die Approximationsgu¨te der durch die Finite-Elemente-Methode gewonne- nen Na¨herungslo¨sungen ist im besonderen Maße abha¨ngig von der Regu- larita¨t der Lo¨sung des kontinuierlichen Ausgangsproblems. Die Regularita¨t wird wiederum wesentlich durch die Beschaffenheit des kontinuierlichen Pro- blems, wie etwa durch Geometrieverha¨ltnisse (z.B. einspringende Ecken im Rechengebiet) oder durch Kontaktbedingungen, beeinflusst. Sind Informationen u¨ber die Regularita¨t der kontinuierlichen Lo¨sung bzw. u¨ber weitere Problemeigenschaften bekannt, kann fu¨r viele Problemklassen die Approximationsgu¨te bzw. das Konvergenzverhalten in Form von Kon- vergenzordnungen qualitativ beschrieben werden. Diese werden in der Regel abha¨ngig von der Maschenweite und des verwendeten Polynomgrads ange- geben. Zudem ko¨nnen ha¨ufig Maßnahmen in Form lokaler Verfeinerungen oder lokaler Polynomgraderho¨hungen aufgezeigt werden, die eine Konver- genz verbessernde Wirkung haben. Einleitung xi Eine weitere Form der Fehlerkontrolle, die in der Regel ohne Regularita¨ts- informationen u¨ber die kontinuierliche Lo¨sung auskommt, ist die sogenann- te a-posteriori Fehlerkontrolle. Im Unterschied zur oben beschriebenen a- priori Fehlerkontrolle wird der Diskretisierungsfehler durch eine im Prinzip berechenbare obere Schranke, durch einen sogenannten Fehlerscha¨tzer, ab- gescha¨tzt. Insbesondere geht in die Berechnung dieser Schranke die Na¨he- rungslo¨sung ein. Ein wesentlicher Vorteil dieses Ansatzes ist, dass der Dis- kretisierungsfehler tatsa¨chlich quantitativ bestimmt werden kann. Sind zu- dem noch Ru¨ckschlu¨sse auf lokale Fehlerverteilungen mo¨glich, kann die a- posteriori Fehlerkontrolle fu¨r Konvergenz-verbesserndeMaßnahmen genutzt werden. Die hierbei angewandte Strategie besteht darin, in Bereichen hoher lokaler Fehleranteile entweder die Maschenweite durch lokale Verfeinerun- gen zu verkleinern oder den lokalen Polynomgrad zu erho¨hen. Auf dem so gewonnenen neuen Diskretisierungsansatz kann anschließend wiederum mit- tels Fehlerkontrolle die lokale Fehlerverteilung gescha¨tzt werden, und erneut lokale Verfeinerungen oder Polynomgraderho¨hungen vorgenommen werden. Verfahren, die Adaptierungsstrategien diesen Typs beinhalten, werden u¨bli- cherweise h- oder hp-adaptive Verfahren genannt. Diese sind wichtige Be- standteile moderner Finite-Elemente-Verfahren. Problemstellung und Ziele Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, Modellierungen von Kon- taktproblemen anzugeben, diese in den Kontext der Minimierungs- und Va- riationsprobleme einzuordnen, einen U¨berblick bezu¨glich Finite-Elemente- Diskretisierungen insbesondere vom Typ der h-, p- und hp-Methode inklusi- ve der zugeho¨rigen a-priori Fehleranalyse zu geben und schließlich Mo¨glich- keiten zur a-posteriori Fehlerkontrolle und ihre Anwendbarkeit im Bereich der h- und hp-Adaptivita¨t zu beschreiben. Die Untersuchungen konzentrie- ren sich hierbei im Wesentlichen auf Probleme fu¨r reibungsfreien sowie rei- bungsbehafteten einseitigen Kontakt, deren Modellierungen in Form soge- nannter Signorini-Probleme mit und ohne Reibungsnebenbedingungen dar- stellbar sind und auf der linearen Elastizita¨tstheorie beruhen. Dieser Pro- blemtyp entspricht den Anforderungen des oben beschriebenen Kontaktpro- blems bei der Bahnplanung des Industrieroboter-gestu¨tzten Bandschleifens. Dieses spezielle fertigungstechnische Kontaktproblem dient deshalb exem- plarisch als Anwendungsbereich fu¨r die gewonnenen Resultate. Viele Pha¨no- mene ko¨nnen jedoch schon an einfachen Modellproblemen studiert werden. xii Einleitung Deshalb werden den Betrachtungen bezu¨glich des linear-elastischen Kontak- problems Untersuchungen an vereinfachten Signorini-Problemen bzw. ideali- sierten Reibungsproblemen vorangestellt. Daru¨ber hinaus wird die U¨bertra- gung der Resultate auch auf andere Modellprobleme wie dem Hindernispro- blem, dem Torsionsproblem oder dem Bingham-Fluid-Problem diskutiert. Ein wichtiger Untersuchungsschwerpunkt ist stets die Kontrolle der theore- tischen Resultate mit Hilfe numerischer Experimente. Der zentrale Ansatzpunkt ist die Modellierung der hier untersuchten Kon- taktprobleme als konvexe Minimierungsprobleme und insbesondere als el- liptische Minimierungsprobleme erster und zweiter Art. Untersuchungen bezu¨glich der Existenz und Eindeutigkeit von Lo¨sungen von Minimierungs- problemen dieses Typs werden typischerweise der Konvexen Analysis zuge- ordnet. In Kapitel I werden aus diesem Grund die wesentlichen Verallge- meinerungen von Kontaktproblemen aus Sicht der Konvexen Analysis for- muliert und ein kurzer U¨berblick u¨ber die im Zusammenhang von Kontakt- problemen entscheidenden existenztheoretischen Aussagen gegeben. Hieraus werden insbesondere die variationellen Formulierungen der Kontaktproble- me als Variationsgleichungen bzw -ungleichungen und als variationelle Sat- telpunktprobleme gewonnen. Abschließend wird der funktionalanalytische Zusammenhang dieser Formulierungen zu Modellierungen u¨ber Kra¨ftebi- lanzgleichungen mit Hilfe einer verallgemeinerten Greenschen Formel her- gestellt. Als Ergebnis gewinnt man Systeme von Operatorgleichungen, die im Wesentlichen Systemen von partiellen Differential(un-)gleichungen ent- sprechen. Kapitel II entha¨lt die in dieser Arbeit zu untersuchenden linear-elastischen Modellierungen von reibungsfreien sowie reibungsbehafteten Kontaktpro- blemen, wobei der reibungsbehaftete Fall auf dem Coulombsche Reibungs- gesetz basiert. Insbesondere wird zwischen reibungsfreien Kontakproblemen, Kontaktproblemen mit vorgegebener Normalspannung und reibungsbehaf- teten Kontaktproblemen unterschieden. Im ersten Fall werden nur die geo- metrisch bedingten Nebenbedingungen beru¨cksichtigt, das Kontaktproblem kann als elliptisches Minimierungsproblem erster Art modelliert werden. Im zweiten Fall werden Reibungsbedingungen, im dritten Fall sowohl geome- trische Kontaktbedingungen als auch Reibungsbedingungen eingearbeitet. In diesen Fa¨llen wird die Modellierung u¨ber ein elliptisches Minimierungs- problem zweiter Art angegeben. Zudem werden in diesem Kapitel die dazugeho¨renden Modellprobleme vom Signorini-Typ und des idealisierten Reibungsproblems sowie weitere ver- Einleitung xiii wandte Modellprobleme aufgefu¨hrt. Das Ziel dieses Kapitels besteht vornehmlich in der Anwendung der in Ka- pitel I erzielten Resultate in Bezug auf Existenz und Eindeutigkeit von Lo¨sungen und auf die Darstellbarkeit in Form variationeller Formulierun- gen. Insbesondere ko¨nnen die in Kapitel I formulierten Operatorgleichun- gen zu den in der ingenieurwissenschaftlichen Literatur bekannten Systemen von partiellen Differentialgleichungen konkretisiert werden. Sowohl fu¨r die linear-elastischen Modellierungen als auch fu¨r Modellprobleme werden die so gewonnenen Differentialgleichungssysteme fu¨r physikalisch/mechanische Interpretationen genutzt, um die Angemessenheit der verwendeten Modelle zu pru¨fen. Ferner wird das einleitend dargestellte Problem zur Erfassung des Kon- taktbereichs und der Kontaktkra¨fte beim Industrieroboter-gestu¨tzten Band- schleifen als fertigungstechnische Anwendung von Kontaktproblemen be- schrieben. Daru¨ber hinaus wird eine dreidimensionale Beispielkonfiguration hiervon vorgestellt, die in den weiteren Teilen dieser Arbeit exemplarisch verwendet wird. Ebenso werden auch fu¨r die angegebenen Modellprobleme zweidimensionale Beispielkonfigurationen formuliert. Diskretisierungsverfahren und speziell Finite-Elemente-Methoden vom h-, p- oder hp-Typ werden in Kapitel III vorgestellt. Ferner werden die we- sentlichen a-priori Resultate aus der Literatur zusammengestellt. Fu¨r Kon- taktprobleme sind a-priori Konvergenzaussagen im Allgemeinen nur fu¨r h-Methoden mit Polynomgrad p = 1 oder p = 2 bekannt. Fu¨r Varia- tionsgleichungen, die kontaktfreien Problemen zugeordnet sind, bestehen hingegen auch Aussagen fu¨r ho¨herere Polynomgrade, die an dieser Stelle ebenfalls vorgestellt werden. Zudem existieren a-priori Adaptierungsmaß- nahmen fu¨r spezielle Problemklassen, die hauptsa¨chlich durch das Vorhan- densein von Eckensingularita¨ten charakterisiert sind. Wa¨hrend die Kon- vergenzordnung bei Problemen mit Eckensingularita¨ten im Wesentlichen durch rα-Singularita¨ten bestimmt wird, erha¨lt man bei Anwendung von a-priori Adaptierungstechniken wieder die volle Konvergenzordnung O(hp) (h-Methode) bzw. exponentielle Konvergenz (hp-Methode). Inwieweit derar- tige a-priori Aussagen auch auf Kontaktprobleme u¨bertragbar sind, ist bis- lang ungekla¨rt. Die experimentell gewonnenen Resultate auf der Grundlage von a-posteriori Adaptierungsstrategien des nachfolgenden Kapitels lassen jedoch auf eine gewisse U¨bertragbarkeit schließen.4 4In diesem Fall sind allerdings a-priori Informationen u¨ber den Kontaktbereich not- wendig. xiv Einleitung Ein Problem bei Diskretisierungen von Sattelpunktproblemen ist die Ge- wa¨hrleistung der Stabilita¨t des Verfahrens, womit im Wesentlichen die ein- deutige Existenz von diskreten Lagrangeschen Multiplikatoren, in einem gewissen Sinne unabha¨ngig von der Maschenweite bzw. dem gewa¨hlten Po- lynomgrad gemeint ist. Mo¨glichkeiten zur Gewinnung stabiler Diskretisie- rungsverfahren werden in diesem Kapitel ebenfalls diskutiert und anhand von numerischen Experimenten u¨berpru¨ft. Fu¨r die Implementierung von Finite-Elemente-Methoden, die Polynoman- sa¨tze ho¨herer Ordnung unterstu¨tzen, ist die Angabe von Basen auf Refe- renzelementen, sogenannte lokale Basen, entscheidend. Mit Hilfe von geeig- neten Transformationen auf die Elemente des Finite-Elemente-Gitters wer- den hiermit die Basisfunktionen des gewa¨hlten Ansatzraumes konstruiert. U¨blicherweise werden zwei Typen von lokalen Basen eingesetzt: Lagrange- artige Basen und hierarchische Basen, die sich aus aufintegrierten Legendre- Polynomen zusammensetzen. Beide Basistypen weisen spezifische Vor- und Nachteile auf, die bei Finite-Elemente-Implementierungen gegeneinander abzuwa¨gen sind. Hierarchische Basen zeichnen sich vor allem durch eine stabile Gewinnung von Funktions- und Ableitungswerten aus. Außerdem ko¨nnen diese auf einfache Art fu¨r Finite-Elemente-Diskretisierungen mit unterschiedlichen Polynomgraden eingesetzt werden. In der Literatur exi- stieren zum Teil sehr unterschiedliche Formulierungen von hierarchischen Basen. In dieser Arbeit wird eine konkrete und fu¨r den Einsatz in Finite- Elemente-Programmen verwertbare Darstellung von hierarchischen Basen beliebiger Ordnung fu¨r den zwei- und dreidimensionalen Fall mit Hilfe von Gegenbauerpolynomen beschrieben. Insbesondere werden programmiertech- nische Probleme in Bezug auf die Basisnummerierung und die Einarbeitung von Stetigkeitsanforderungen auch u¨ber sogenannte irregula¨re Kanten und Facetten hinweg mit Hilfe von Kopplungsgewichten und speziellen, rekursiv definierten Datenstrukturen gelo¨st. Zum Abschluss dieses Kapitels werden Lo¨sungsalgorithmen fu¨r quadrati- sche Minimierungsprobleme diskutiert. Hierzu wird insbesondere das in der Finite-Elemente-Literatur weit verbreitete SOR-Verfahren mit Projektion vorgestellt und auf quadratische Minimierungsprobleme, die von linear- elastischen Signorini-Problemen herru¨hren, mit Hilfe einer Variablentrans- formation erweitert. Zudem werden auch Lo¨sungsverfahren fu¨r Sattelpunkt- probleme dargestellt. Es handelt sich hierbei um die standardma¨ßig ein- gesetzten Verfahren vom Uzawa- oder Arrow-Hurwicz-Typ. Daru¨ber hin- aus wird ein alternativer Ansatz vorgestellt, der die Einbindung von Opti- mierungsverfahren aus dem Bereich des Quadratic-Programmings bzw. der Einleitung xv nichtlinearen Optimierung ermo¨glicht. Hiermit ko¨nnen auch kommerzielle Optimierungsprogramme vorteilhaft genutzt werden. Auch in diesem Zu- sammenhang werden numerische Vergleichsstudien durchgefu¨hrt. Kapitel IV beinhaltet einen neuen Ansatz zur a-posteriori Fehlerkontrolle von Kontaktproblemen. Dieser verallgemeinert eine erst vor kurzem for- mulierte Idee von Braess [26] zur a-posteriori Fehlerkontrolle von Hinder- nisproblemen auf allgemeine elliptische Minimierungsprobleme erster und zweiter Art. Wesentlicher Ausgangspunkt ist die Formulierung des Modells in Form einer variationellen Sattelpunktformulierung. Der Ansatz beruht auf der Erkenntnis, dass der diskreten Verschiebungslo¨sung des Sattelpunkt- problems die kontinuierliche Lo¨sung eines Hilfsproblems zugeordnet werden kann. Das Hilfsproblem ist eine Variationsgleichung, deren Diskretisierung die gleiche Lo¨sung wie das diskretisierte Ausgangsproblem hat, wodurch der Fehler zwischen diskreter Verschiebungslo¨sung und kontinuierlicher Lo¨sung des Hilfsproblems mit aus der Literatur bekannten Fehlerscha¨tzern fu¨r Va- riationsgleichungen abgescha¨tzt werden kann. Dieser Zugang bietet den Vor- teil, dass Fehlerabscha¨tzungen in einem relativ allgemeinen, funktionalana- lytischen Zusammenhang durchgefu¨hrt werden ko¨nnen. Die Fehlerkontrolle wird erst durch die Verwendung eines bestimmten Fehlerscha¨tzers, z.B. ei- nes residualen Fehlerscha¨tzers oder eines ZZ-Fehlerscha¨tzers, konkretisiert. Hiermit ko¨nnen Fehlerscha¨tzer fu¨r reibungsfreie Kontaktprobleme, Kontakt- probleme mit vorgegebener Normalspannung und reibungsbehaftete Kon- taktprobleme sowie fu¨r die zugeho¨rigen Modellprobleme angegeben wer- den. Außerdem ko¨nnen Fehlerscha¨tzer fu¨r Hindernisprobleme und Bingham- Fluid-Probleme formuliert werden. Numerische Untersuchungen besta¨tigen die richtige Asymptotik der Fehlerscha¨tzungen bei globalen Verfeinerungen. Im Hinblick auf die Anwendung ho¨herer Polynomgrade eignen sich vor al- lem residuale Fehlerscha¨tzer fu¨r die Konkretisierung der fu¨r Kontaktpro- bleme formulierten Methoden zur Fehlerkontrolle. Hier kann insbesondere auf neuere Ergebnisse von Melenk [80] zuru¨ckgegriffen werden, in denen resi- duale Fehlerscha¨tzer fu¨r hp-Methoden zumindest fu¨r den zweidimensionalen Fall hergeleitet werden. In den residualen Fehlerscha¨tzern, die urspru¨nglich auf Babusˇka und Rheinboldt [14] zuru¨ckgehen, werden p-Abha¨ngigkeiten noch nicht beru¨cksichtigt. Die Qualita¨t des verwendeten residualen Fehlerscha¨tzers wird mit Hilfe von numerischen Experimenten hinsichtlich des sogenannten Effektivita¨tsindex gepru¨ft und die Verwendbarkeit besta¨tigt. Die so gewonnenen Fehlerscha¨tzer messen den Diskretisierungsfehler in der H1-Norm bzw. in der dazu a¨quivalenten Energie-Norm. Es handelt sich hier- xvi Einleitung bei um gemittelte Fehlermaße. Fu¨r viele Ingenieur-technische Anwendungen sind jedoch auch lokale Fehlermaße wie der Fehler in einem bestimmten Punkt oder der gemittelte Fehler entlang einer Linie von Interesse. Bei dem oben dargestellten fertigungstechnischen Kontaktproblem kann zum Bei- spiel die Fehlerkontrolle von Integralmittelwerten von Normalspannungen im Kontaktbereich nutzbringend sein. Neuere Techniken erlauben, Fehlerscha¨tzer fu¨r die H1-Norm auch zur Kon- trolle des Diskretisierungsfehlers, der bezu¨glich eines beliebigen Fehlermaßes gemessen werden soll, einzusetzen. Fehlerscha¨tzer dieser Form sind vom so- genannten Goal-Oriented-Typ. Der wesentliche Ansatz besteht in der Dar- stellung des gewa¨hlten Fehlermaßes durch die Lo¨sung eines dualen Problems im Sinne des Rieszschen Darstellungssatzes. In diesem Kapitel werden die wesentlichen Aspekte von Fehlerkontrolltechniken dieses Typs sowohl fu¨r Variationsgleichungen als auch fu¨r Variationsungleichungen skizziert. Hier- bei werden insbesondere Vorschla¨ge von Suttmeier [96] aufgegriffen, den Diskretisierungsfehler bezu¨glich eines a-posteriori korrigierten Fehlermaßes zu messen. Ein wichtiger Anwendungsbereich von a-posteriori Fehlerscha¨tzern ist die Erfassung von Fehlerverteilungen im Rechengebiet, mit denen insbesondere Strategien zur Gitteradaptierung entwickelt werden ko¨nnen. Die Formulie- rung von h- und hp-Adaptierungsstrategien sowie umfangreiche numerische Tests bilden den Untersuchungsschwerpunkt des abschließenden Teils dieses Kapitels. Adaptierungsstrategien sind in zahlreichen Varianten in der Literatur zu finden. Alle Strategien beruhen auf dem mehr oder weniger heuristischen Ansatz, dass lokale Verfeinerungen, ob vom h- oder p-Typ, in Bereichen mit großen Fehleranteilen sinnvoll sind. Wa¨hrend h-Adaptierungsstrategien relativ leicht zu formulieren sind und in vielen Fa¨llen fast optimale Git- ter liefern, sind hp-Adaptierungsstrategien wesentlich komplizierter, da hier zusa¨tzlich u¨ber die Art der lokalen Verfeinerung (h- oder p-Verfeinerung) entschieden werden muss. Zentral sind in diesem Zusammenhang vor allem Scha¨tzungen u¨ber die lokale Regularita¨t der Lo¨sung. Die hier vorgestellte hp-Adaptierungsstrategie beinhaltet eine im Vergleich zu bisherigen Strategien relativ vorsichtigen Mechanismus zur Scha¨tzung der lokalen Regularita¨t. Es handelt sich hierbei um eine Verfeinerung der von Su¨li, u.a. [93] vorgeschlagenen Strategie. Numerische Tests anhand des fu¨r Variationsgleichungen wohlbekannten L-Gebiet-Problems belegen, dass die durch h- und hp-Adaptierungsmaßnahmen gewonnenen adaptiven Gitter stets zu optimalen, in Kapitel II bereits beschriebenen Konvergenzresulta- Einleitung xvii ten fu¨hren. Im Hinblick auf hp-Adaptierungen weiß man, dass symmetrische Teilungen der Gitterelemente nicht optimal in Bezug auf das Konvergenzverhalten sind. Stattdessen liefern erst Teilungen mit einem Grading-Factor von etwa 0.15 nahezu optimale Gitter. Die hier vorgestellte hp-Adaptierungsstrategie erreicht jedoch durch eine spezielle Polynomgradverteilung ebenfalls fast optimale Gitter, trotz symmetrischer Teilungen. Die entwickelten h- und hp-Adaptierungsstragien werden auch im Zusam- menhang mit Fehlerscha¨tzern vom Goal-Oriented-Typ getestet. Hierbei zeigt sich, dass sowohl fu¨r getrennt durchgefu¨hrte Diskretisierungen fu¨r das primale und duale Problem als auch fu¨r gleiche Diskretisierungen nachvoll- ziehbare Gitter und Polynomgradverteilungen entstehen. Hauptaugenmerk dieses Kapitelabschnitts gilt jedoch dem Einsatz der vor- gestellten Fehlerkontrolltechniken und der hiermit verbundenen h- und hp- Adaptierungsstrategien im Zusammenhang mit Kontaktproblemen. Es zeigt sich, dass lokale Verfeinerungen vor allem im Bereich der Kontaktzone und insbesondere im U¨bergangsbereich von Kontaktzone und kontaktfreien Ge- bieten auftreten. Die Polynomgrade sind in der Regel in der Na¨he des Kon- taktbereichs klein und steigen außerhalb des Kontaktbereichs an. Damit weisen sowohl h- als auch hp-adaptive Gitterstrukturen, die bei Kontaktpro- blemen entstehen, große A¨hnlichkeiten zu den a-priori adaptierten Gittern fu¨r Variationsgleichungen auf. Numerische Konvergenzstudien belegen, dass durch a-posteriori Adaptie- rungsmaßnahmen wesentliche Konvergenzverbesserungen bewirkt werden ko¨nnen. Bei der Anwendung von h-adaptiven Strategien wird in den mei- sten Fa¨llen eine Konvergenzordnung von O(hp) erreicht. Bei Anwendung hp-adaptiver Strategien erha¨lt man exponentielle Konvergenz. Durch die Tendenz der h- und hp-Adaptierungsstrategien, vor allem den Kontaktbereich durch lokale Verfeinerungen zu erfassen, erweist sich der Gebrauch von adaptiven Finite-Elemente-Methoden fu¨r Anwendungen aus dem Bereich der Fertigungstechnik und speziell beim Industrieroboter-ge- stu¨tzten Bandschleifen als gewinnbringend. Sowohl Kontaktzone als auch Kontaktkra¨fte ko¨nnen hiermit wesentlich genauer bestimmt werden als mit herko¨mmlichen nicht-adaptiven Verfahren. xviii Einleitung Anmerkung Die vorliegende Arbeit ist im Rahmen der Forschergruppe 366 ,,Simulati- onsgestu¨tzte Offline-Prozessplanung und -optimierung bei der Fertigung von Freiformfla¨chen” der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) entstanden. Besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Blum fu¨r die wissenschaftliche Un- terstu¨tzung und den Mitarbeitern des Lehrstuhls ,,Wissenschaftliches Rech- nen” des Fachbereichs Mathematik der Universita¨t Dortmund sowie Frau Ursula Meyring fu¨r das Korrekturlesen der Arbeit. Fu¨r Tug˘ba und Mia Tuana. Kapitel I Elliptische Minimierungsprobleme Physikalisch- bzw. ingenieurtechnische Modellierungen nutzen in der Regel das sogenannte Minimalprinzip, das voraussetzt, dass physikalische Systeme oder Vorga¨nge stets den energetisch gu¨nstigsten Zustand anstreben, und fu¨hren demnach auf die Bestimmung des Minimums min v∈K E(v) einer definierten Energiegro¨ße, die durch ein (eigentliches1) Zielfunktional E : V → R dargestellt wird. Die Eingangsgro¨ße v ist im Allgemeinen ein Ele- ment eines Funktionenraums V und beschreibt Verschiebungs-, Geschwin- digkeitsfelder oder A¨hnliches. Der energetisch gu¨nstigste Zustand wird dann durch eine Lo¨sung u ∈ K mit E(u) = min v∈K E(v) (I.1) dargestellt. Die Menge K ⊂ V entspricht entweder V selbst, also K := V , oder K ist eine nichtleere Teilmenge von V , die durch die Angabe von Restriktionen definiert ist, die die modellbedingten Begrenzungen der Ein- gangsgro¨ße beschreiben. Derartige Begrenzungen sind zum Beispiel maxima- le Verschiebungen, die durch das Vorhandensein eines Hindernisses bedingt sind. Je nachdem, ob K := V oder K ⊂ V vorausgesetzt wird, spricht man 1E : V → R heißt eigentlich, falls E 6≡ ∞ und E(v) > −∞ fu¨r alle v ∈ V ist. 1 2 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme entweder von einem unrestringierten oder restringierten Minimierungspro- blem. Die Menge K heißt Restriktionsmenge. Ziel dieses Kapitels ist, die wesentlichen Eigenschaften von Lo¨sungen von Minimierungsproblemen und insbesondere von elliptischen Minimierungs- problemen erster und zweiter Art zusammenzufassen. Hierzu geho¨ren not- wendige wie hinreichende Bedingungen zur Existenz von Lo¨sungen sowie a¨quivalente Formulierungen in Form von Variationsgleichungen bzw. -un- gleichungen und Sattelpunktformulierungen. Hierbei werden im Wesentli- chen bekannte Resultate der Konvexen Analysis u.a. aus Cea [34] sowie Ekeland und Temam [49] zusammengetragen. I.1 Notwendige und hinreichende Bedingungen, Existenz von Lo¨sungen Notwendige und hinreichende Bedingungen fu¨r eine Lo¨sung u des Minimie- rungsproblems (I.1) erha¨lt man u¨blicherweise u¨ber den Begriff der Fre´chet- Ableitung. Ist V ein normierter Raum mit der Norm ‖ · ‖, dann heißt E in w ∈ V Fre´chet-differenzierbar, falls ein E′(w) ∈ V ′ existiert, so dass ∀v ∈ V : E(w + v)− E(w) = 〈E′(w), v〉 + ̺(v), mit einer Abbildung ̺ : V → R und |̺(v)| = o(‖v‖) fu¨r ‖v‖ → 0 gilt. Die Abbildung E′(w) heißt Fre´chet-Ableitung in w. Dabei bezeichnet 〈·, ·〉 : V ′×V → R das u¨bliche Inzidenzprodukt 〈λ, v〉 := λ(v) fu¨r (λ, v) ∈ V ′×V . Fu¨r die Herleitung von notwendigen und hinreichenden Bedingungen an ei- ne Lo¨sung u werden im Folgenden zwei Fa¨lle betrachtet: Minimierungspro- bleme mit Fre´chet-differenzierbarem Zielfunktional und Minimierungspro- bleme, deren Zielfunktional sich aus einem Fre´chet-differenzierbaren Anteil und einem im Allgemeinen nicht Fre´chet-differenzierbaren, aber konvexen Anteil zusammensetzt. Die Frage nach der Existenz von Lo¨sungen wird anschließend gekla¨rt. I.1.1 Notwendige und hinreichende Bedingungen Ist K konvex und E in u Fre´chet-differenzierbar, dann folgt aus 0 ≤ E (u+ ǫ(v − u))− E(u) = ǫ〈E′(u), v − u〉+ ̺ (ǫ(v − u)) I.1. Notwendige und hinreichende Bedingungen, Existenz 3 fu¨r jedes ǫ ∈ (0, 1] und jedes v ∈ K, dass 0 ≤ 〈E′(u), v − u〉+ ̺(ǫ(v − u))/ǫ ist. Fu¨r ǫ→ 0 erha¨lt man daraus die notwendige Bedingung ∀v ∈ K : 〈E′(u), v − u〉 ≥ 0 (I.2) fu¨r die Minimalita¨t von E(u). Die Bedingung (I.2) ist im Allgemeinen nicht hinreichend, es sei denn, man setzt fu¨r das Zielfunktional E eine zusa¨tzliche Eigenschaft voraus: Ist E konvex und in w ∈ V Fre´chet-differenzierbar, dann folgt fu¨r ein beliebiges v ∈ V und ein ǫ ∈ (0, 1] aus E (w + ǫ(v − w)) = E(ǫv + (1− ǫ)w) ≤ ǫE(v) + (1− ǫ)E(w) die Ungleichung E(v)− E(w) ≥ E (w + ǫ(v − w)) − E(w)ǫ = 〈E ′(w), v − w〉 + ̺ (ǫ(v − w))ǫ , und mit ǫ→ 0 erha¨lt man schließlich ∀v ∈ K : E(v)− E(w) ≥ 〈E′(w), v − w〉. (I.3) Demnach ist die Bedingung (I.2) auch hinreichend dafu¨r, dass u eine Lo¨sung des Minimierungsproblems ist. Ist E streng konvex, so la¨sst sich die Bedingung (I.3) fu¨r v 6= w zu E(v) − E(w) > 〈E′(w), v−w〉 fu¨r alle v ∈ K verscha¨rfen, woraus unmittelbar folgt, dass E in diesem Fall nur ho¨chstens eine Lo¨sung besitzen kann. Wenn K ein affiner Unterraum von V ist, also K = v∗ + U mit einem linearen Unterraum U und v∗ ∈ V , sind mit der Lo¨sung u ∈ K des Mini- mierungsproblems auch u + v und u − v fu¨r alle v ∈ U in K, und es folgt 〈E′(u), v〉 ≥ 0 und 〈E′(u), v〉 ≤ 0. In diesem Fall ist ∀v ∈ U : 〈E′(u), v〉 = 0 notwendig, und wenn E konvex ist, auch hinreichend. Die hergeleiteten notwendigen und hinreichenden Bedingungen fu¨hren zu a¨quivalenten Variationsformulierungen des Minimierungsproblems (I.1), die in dem folgenden Satz zusammengefasst werden: Satz I.1 Es sei V ein normierter Raum und K ⊂ V konvex sowie u ∈ K und E : V → R ein konvexes Funktional, das in u Fre´chet-differenzierbar ist. Genau dann ist u Lo¨sung des Minimierungsproblems (I.1), wenn gilt: ∀v ∈ K : 〈E′(u), v − u〉 ≥ 0. (I.4) 4 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme Im Fall, dass K = v∗ + U mit einem Unterraum U und v∗ ∈ V ist, ist u genau dann Lo¨sung von (I.1), wenn gilt: ∀v ∈ U : 〈E′(u), v〉 = 0. (I.5) Ist E strikt konvex, dann existiert ho¨chstens eine Lo¨sung u. Bemerkung I.1 Variationsformulierungen der Form (I.4) werden Variati- onsungleichungen genannt, Variationsformulierungen der Form (I.5) heißen Variationsgleichungen. Einen Spezialfall bilden Minimierungsprobleme, deren Zielfunktionale die Form E(v) := H(v) + j(v) (I.6) besitzen. Hierbei sind H : V → R und j : V → R konvexe Funktionale, wobei j im Allgemeinen nicht Fre´chet-differenzierbar ist. Zum Beispiel fu¨hrt die Modellierung von Reibung auf ein Zielfunktional wie in (I.6) mit einem konvexen, aber nicht Fre´chet-differenzierbaren Funktional j. Ist H in der Lo¨sung u des Minimierungsproblems (I.1) mit einem Zielfunk- tional wie in (I.6) Fre´chet-differenzierbar, und ist K konvex, dann ist fu¨r jedes ǫ ∈ (0, 1] und jedes v ∈ K E (u+ ǫ(v − u))−E(u) = H (u+ ǫ(v − u))−H(u)+j (u+ ǫ(v − u))−j(u) ≤ ǫ〈H ′(u), v − u〉+ ̺ (ǫ(v − u)) + ǫ (j(v) − j(u)) . Also ist 0 ≤ 〈H ′(u), v − u〉 + j(v) − j(u) + ̺(ǫ(v − u))/ǫ. Mit ǫ → 0 folgt daraus die fu¨r eine Lo¨sung u notwendige Bedingung ∀v ∈ K : 〈H ′(u), v − u〉+ j(v)− j(u) ≥ 0. (I.7) Fu¨r ein konvexes H ist (I.7) auch hinreichend. Denn dann ist E eben- falls konvex. Analog zu (I.3) gilt fu¨r jedes w ∈ V , in dem H Fre´chet- differenzierbar ist, und fu¨r jedes v ∈ V E(v) − E(w) ≥ E (w + ǫ(v − w))− E(w)ǫ ≥ 〈H ′(w), v − u〉+ j(v)− j(w) + ̺ (ǫ(v − w))ǫ . Hieraus folgt schließlich fu¨r ǫ→ 0 E(v)− E(w) ≥ 〈H ′(w), v − w〉 + j(v)− j(w). (I.8) I.1. Notwendige und hinreichende Bedingungen, Existenz 5 Die notwendigen und hinreichenden Bedingungen zusammen fu¨hren damit auf eine Variationsungleichung der folgenden Form: Satz I.2 Es sei V ein normierter Raum und K ⊂ V konvex, sowie E : V → R definiert wie in (I.6) mit einem in u ∈ K Fre´chet-differenzierbaren, konvexen Funktional H : V → R und mit einem konvexen Funktional j : V → R. Genau dann ist u Lo¨sung des Minimierungsproblems (I.1), wenn gilt: ∀v ∈ K : 〈H ′(u), v − u〉+ j(v)− j(u) ≥ 0. Ist H strikt konvex, dann existiert ho¨chstens eine Lo¨sung u. I.1.2 Existenz von Lo¨sungen Fu¨r den Nachweis der Existenz einer Lo¨sung u ∈ K des Minimierungspro- blems (I.1) sind neben der Konvexita¨t weitere Eigenschaften von E bzw. K erforderlich. Eine wichtige Eigenschaft von Funktionalen ist in diesem Zusammenhang die Unterhalb-Stetigkeit. Ein Funktional E : V → R heißt unterhalb stetig, falls ∀v ∈ V : E(v) ≤ lim inf v¯→v E(v¯). Ist ein Funktional E konvex und unterhalb stetig, dann ist der Epigraph epi(E) konvex und abgeschlossen und damit nach Satz A.5 des Anhangs auch schwach abgeschlossen. Also ist E auch schwach unterhalb stetig2. Ist V reflexiv und K abgeschlossen, folgt aus Satz A.3, dass eine beschra¨nkte Folge {uk} ⊂ K eine schwach konvergente Teilfolge {uki} ⊂ K mit uki ⇀ u ∈ K besitzt. Ist {uk} eine Minimalfolge3 bzgl. E, folgt schließlich E(u) ≤ limi→∞ E(uki) = infv∈K E(v), und man erha¨lt: Lemma I.1 Es sei V ein reflexiver Raum und K ⊂ V abgeschlossen und konvex. Das Funktional E sei konvex und unterhalb stetig. Sind die Mini- malfolgen des Minimierungsproblems (I.1) beschra¨nkt, dann existiert min- destens eine Lo¨sung u ∈ K. Ist K ⊂ V konvex, abgeschlossen und beschra¨nkt, dann folgt sofort die Exi- stenz einer Lo¨sung u ∈ K aus Lemma I.1. Im Fall, dass K unbeschra¨nkt ist, 2E : V → R heißt schwach unterhalb stetig, falls ∀v ∈ V : E(v) ≤ lim inf v¯⇀v E(v¯) gilt. 3{uk} ⊂ K ⊂ V heißt Minimalfolge (bzw. Maximalfolge) bzgl. E : V → R, falls E(uk) → infv∈K E(v) (bzw. E(uk) → supv∈K E(v)). 6 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme sichert die Koerzivita¨t eines Funktionals die Beschra¨nktheit einer Minimal- folge und damit gema¨ß Lemma I.1 die Existenz einer Lo¨sung. Ein Funktional E : V → R heißt koerziv, falls lim ‖v‖→∞ E(v) =∞ ist. Es sei {vk} eine Folge mit limk→∞ E(vk) <∞. Angenommen {vk} wa¨re unbeschra¨nkt, dann folgte direkt aus der Koerzivita¨t limk→∞ E(vk) = ∞. Also muss {vk} beschra¨nkt sein. Insbesondere sind damit Minimalfolgen beschra¨nkt. Zusammenfassend erha¨lt man damit: Satz I.3 Es sei V ein reflexiver Raum und K ⊂ V abgeschlossen und kon- vex. Das Funktional E sei konvex und unterhalb stetig. Ist zudem K be- schra¨nkt oder E koerziv, dann existiert mindestens eine Lo¨sung u ∈ K des Minimierungsproblems (I.1). Die in Satz I.3 genannten Voraussetzungen ko¨nnen in der folgenden Form kombiniert werden: Satz I.4 Fu¨r i = 0, 1 seien Vi reflexive Ra¨ume sowie Ki ⊂ Vi abgeschlossen und konvex, wobei K1 beschra¨nkt ist. Die Funktionale Ei : Vi → R seien konvex und unterhalb stetig, wobei E0 koerziv ist. Das Funktional E : V → R mit V := V0 × V1 sei konvex und unterhalb stetig, und es gelte: ∀(v0, v1) ∈ V0 × V1 : E(v0, v1) ≥ E0(v0) + E1(v1). (I.9) Dann existiert mindestens eine Lo¨sung u ∈ K := K0 × K1 des Minimie- rungsproblems (I.1). Beweis: Da K1 beschra¨nkt ist, existiert nach Satz I.3 ein u1 ∈ K1 mit E1(u1) = infv1∈V1 E(v1). Es sei {(v0,k, v1,k)} ⊂ K0 ×K1 eine Minimalfolge. Angenommen {(v0,k, v1,k)} ist unbeschra¨nkt, dann muss, da K1 beschra¨nkt ist, {v0,k} unbeschra¨nkt sein. Damit folgt aber aus der Koerzivita¨t von E0 lim k→∞ E(v0,k, v1,k) ≥ limk→∞E0(v0,k) +E1(v1,k) ≥ limk→∞E0(v0,k) +E(u1) =∞. Also ist {(v0,k, v1,k)} beschra¨nkt, womit aus Lemma I.1 die Existenz einer Lo¨sung u ∈ K des Minimierungsproblems folgt.  I.2 Sattelpunktformulierungen Fu¨r theoretische Betrachtungen und fu¨r die Herleitung numerischer Algo- rithmen zur Lo¨sung des Minimierungsproblems (I.1) ist es ha¨ufig vorteilhaft, I.2. Sattelpunktformulierungen 7 statt des Minimierungsproblems ein entsprechendes Sattelpunktproblem zu untersuchen. Das Paar (u, λ) ∈ V × Λ heißt Sattelpunkt des Funtionals L : V × Λ → R, falls ∀v ∈ V, ∀µ ∈ Λ : L(u, µ) ≤ L(u, λ) ≤ L(v, λ) (I.10) ist. Fu¨r λ ist im Zusammenhang von Minimierungsproblemen die Bezeich- nung Lagrangescher Multiplikator gebra¨uchlich, L wird Lagrange-Funktio- nal genannt. Ziel ist die Herleitung von Sattelpunktformulierungen, die hinreichend fu¨r die Lo¨sung des Minimierungsproblems (I.1) sind. Diskutiert wird insbeson- dere, in welcher Weise die Restriktionsmenge K und der in Zielfunktionalen der Form (I.6) enthaltene Anteil j mit Hilfe Lagrangescher Multiplikatoren erfasst werden ko¨nnen. Zuvor wird eine zum Sattelpunktproblem (I.10) a¨quivalente variationelle Sattelpunktformulierung angegeben und die Existenz von Sattelpunkten ge- kla¨rt. I.2.1 Variationelle Formulierung, Existenz von Sattelpunkten Zur Herleitung einer zu (I.10) a¨quivalenten variationellen Sattelpunktfor- mulierung lassen sich die in Abschnitt I.1 aufgefu¨hrten Aussagen direkt anwenden. Durch Umformulieren von (I.10) in Minimierungsprobleme folgt aus Satz I.1: Satz I.5 Es seien V und U ′ normierte Ra¨ume und ∅ 6= Λ ⊂ U ′ konvex. Fu¨r (u, λ) ∈ V × Λ und das Funktional L : V × Λ→ R gelte: (i) Lu := L(u, ·) sei konkav und in λ Fre´chet-differenzierbar. (ii) Lλ := L(·, λ) sei konvex und in u Fre´chet-differenzierbar. Genau dann ist (u, λ) ein Sattelpunkt von L, wenn gilt: ∀v ∈ V : 〈L′λ(u), v〉 = 0 ∀µ ∈ Λ : 〈L′u(λ), µ− λ〉 ≤ 0. Fu¨r die Existenz von Sattelpunkten werden im Weiteren Voraussetzungen untersucht, die insbesondere fu¨r die in Abschnitt I.3 diskutierten elliptischen 8 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme Minimierungsprobleme geeignet sind. Allgemein gilt, dass aus max µ∈Λ inf v∈V L(v, µ) = min v∈V sup µ∈Λ L(v, µ) (I.11) bereits die Existenz eines Sattelpunkts folgt.4 Denn fu¨r (u, λ) ∈ V × Λ mit inf v∈V L(v, λ) = max µ∈Λ inf v∈V L(v, µ) sup µ∈Λ L(u, µ) = min v∈V sup µ∈Λ L(v, µ) erha¨lt man unmittelbar max µ∈Λ inf v∈V L(v, µ) ≤ L(u, λ) ≤ min v∈V sup µ∈Λ L(v, µ). (I.12) Wegen (I.11) besteht Gleichheit in (I.12), also ist (u, λ) ein Sattelpunkt. Zentral fu¨r die folgenden U¨berlegungen ist die Aussage: Lemma I.2 Es seien V und U ′ reflexive Ra¨ume und Λ ⊂ U ′ abgeschlossen und konvex. Fu¨r das Funktional L : V × Λ→ R gelte: (i) Lv := L(v, ·) sei konkav und oberhalb stetig5 fu¨r alle v ∈ V . (ii) Lµ := L(·, µ) sei konvex und unterhalb stetig fu¨r alle µ ∈ Λ. (iii) Lµ0 sei koerziv fu¨r ein µ0 ∈ Λ. Dann gilt min v∈V sup µ∈Λ L(v, µ) = sup µ∈Λ inf v∈V L(v, µ). Beweis: Prop.VI.2.3 in [49]  Hieraus erha¨lt man nun unmittelbar eine Existenzaussage: Wenn Λ als be- schra¨nkt oder die Abbildung µ 7→ supv∈V (−L(v, µ)) als koerziv vorausge- setzt wird, so folgt aus Satz I.3, dass ein λ ∈ Λ mit der Eigenschaft sup v∈V (−L(v, λ)) = inf µ∈Λ sup v∈V (−L(v, µ)) 4Andererseits ist leicht einzusehen, dass (I.11) auch notwendig fu¨r die Existenz eines Sattelpunkts ist. 5d.h., −Lv ist unterhalb stetig. I.2. Sattelpunktformulierungen 9 existiert. Unter den Voraussetzungen von Lemma I.2 folgt daraus max µ∈Λ inf v∈V L(v, µ) = sup µ∈Λ inf v∈V L(v, µ) = min v∈V sup µ∈Λ L(v, µ). Zusammen mit den Voru¨berlegungen ist damit die Existenz eines Sattel- punkts gezeigt. Insgesamt gilt demnach der Satz: Satz I.6 Es gelten die Voraussetzungen von Lemma I.2. Zudem sei Λ be- schra¨nkt oder µ 7→ supv∈V (−L(v, µ)) koerziv. Dann besitzt L mindestens einen Sattelpunkt. Analog erha¨lt man im Spezialfall Λ := Λ0 × Λ1 aus Satz I.4: Satz I.7 Es seien V sowie U ′0 und U ′1 reflexive Ra¨ume und Λ0 ⊂ U ′0 und Λ1 ⊂ U ′1 abgeschlossen und konvex. Mit Λ := Λ0 ×Λ1 gelten die Vorausset- zungen von Lemma I.2. Zudem habe (µ0, µ1) 7→ supv∈V (−L(v, µ0, µ1)) die Eigenschaft (I.9). Dann besitzt L mindestens einen Sattelpunkt. I.2.2 Sattelpunktformulierungen fu¨r Minimierungsprobleme Die Umformulierung des Minimierungsproblems (I.1) in ein Sattelpunktpro- blem wird durch die Angabe eines Multiplikatorfunktionals vollzogen. Definition I.1 Es seien V und U ′0 lineare Ra¨ume, Λ0 ⊂ U ′0 und K ⊂ V . Das Funktional Φ0 : V × Λ0 → R heißt Multiplikatorfunktional bzgl. K, wenn gilt: sup µ0∈Λ0 Φ0(v, µ0) = { 0, v ∈ K ∞, v 6∈ K. Die Motivation zur Einfu¨hrung des Multiplikatorfunktionals ergibt sich aus der folgenden Beobachtung: Fu¨r ein Multiplikatorfunktional Φ0 bzgl. K wie in Definition I.1 gilt inf v∈K E(v) = inf v∈V ( E(v) + sup µ0∈Λ0 Φ0(v, µ0) ) = inf v∈V sup µ0∈Λ0 (E(v) + Φ0(v, µ0)) , woraus unmittelbar die Formulierung des Minimierungsproblems (I.1) als Sattelpunktproblem herzuleiten ist: 10 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme Satz I.8 Es seien V und U ′0 lineare Ra¨ume, Λ0 ⊂ U ′0 und K ⊂ V . Das Funktional Φ0 : V×Λ0 → R sei ein Multiplikatorfunktional bzgl. K. Dann ist u ∈ K Lo¨sung des Minimierungsproblems (I.1), wenn ein λ0 ∈ Λ0 existiert, so dass (u, λ0) Sattelpunkt von L : V × Λ0 → R mit L(v, µ0) := E(v) + Φ0(v, µ0) ist. Ein einfaches Kriterium fu¨r Multiplikatorfunktionale liefert der folgende Satz: Satz I.9 Es seien V und U ′0 lineare Ra¨ume, Λ0 ⊂ U ′0 ein Kegel6 und K ⊂ V . Fu¨r das Funktional Φ0 : V × Λ0 → R gelte: ∀α ≥ 0, ∀(v, µ0) ∈ V × Λ0 : Φ0(v, αµ0) = αΦ(v, µ0) (I.13) v ∈ K ⇔ ∀µ0 ∈ Λ0 : Φ(v, µ0) ≤ 0. (I.14) Dann ist Φ0 ein Multiplikatorfunktional bzgl. K. Beweis: Da 0 in Λ0 enthalten ist, ist wegen (I.13) Φ0(v, 0) = 0 fu¨r alle v ∈ V . Aus (I.14) folgt dann supµ0∈Λ0 Φ0(v, µ0) = 0. Ist v 6∈ K, dann muss es ein µ˜0 ∈ Λ0 geben, so dass Φ(v, µ˜0) > 0 ist. Folglich ist supµ0∈Λ0 Φ0(v, µ0) ≥ supα>0 Φ0(v, αµ˜0) = supα>0 αΦ0(v, µ˜0) =∞.  Durch Verwenden eines Multiplikatorfunktionals erha¨lt man nun mit Hilfe von Satz I.5 eine variationelle Sattelpunktformulierung, die hinreichend fu¨r die Lo¨sung des Minimierungsproblems (I.1) ist. Korollar I.1 Es seien V und U ′0 normierte Ra¨ume sowie Λ0 ⊂ U ′0 undK ⊂ V konvex. Die Abbildung Φ0 : V × Λ0 → R sei ein Multiplikatorfunktional bzgl. K. Fu¨r (u, λ0) ∈ V ×Λ0 und das konvexe Funktional E : V → R gelte: (i) E sei in u Fre´chet-differenzierbar. (ii) Φ0,u := Φ0(u, ·) sei konkav und in λ0 Fre´chet-differenzierbar. (iii) Φ0,λ0 := Φ0(·, λ0) sei konvex und in u Fre´chet-differenzierbar. Dann ist u Lo¨sung des Minimierungsproblems (I.1), wenn gilt: ∀v ∈ V : 〈E′(u) + Φ′0,λ0(u), v〉 = 0 (I.15) ∀µ0 ∈ Λ0 : 〈Φ′0,u(λ0), µ0 − λ0〉 ≤ 0. (I.16) 6Die Menge Λ heißt Kegel (mit Spitze in 0), falls 0 ∈ Λ und ∀µ ∈ Λ, ∀α ≥ 0 : αµ ∈ Λ ist. I.2. Sattelpunktformulierungen 11 Der wesentliche Vorteil der variationellen Sattelpunktformulierung (I.15)- (I.16) gegenu¨ber der Variationsformulierung (I.4) besteht darin, dass der lineare Raum V , und nicht die konvexe Menge K, sowohl die Menge der zula¨ssigen Funktionen also auch die Menge der Testfunktionen bildet. Er- kauft wird dies durch Einfu¨hren Lagrangescher Multiplikatoren aus dem konvexen Kegel Λ0, der aber im Allgemeinen wesentlich einfachere Restrik- tionsbedingungen aufweist. In der Situation von (I.6) mit einem in u Fre´chet-differenzierbaren Funktio- nal H und einem konvexen Funktional j erha¨lt man unter den Vorausset- zungen von Satz I.1 an das Multiplikatorfunktional Φ0 gema¨ß Satz I.5 statt einer Variationsgleichung wie in (I.15) nur die Variationsungleichung ∀v ∈ V : 〈H ′(u) + Φ′0,λ0(u), v〉+ j(v)− j(u) ≥ 0. Abhilfe verschafft hier die Verwendung eines Begriffs a¨hnlich wie in Defini- tion I.1. Definition I.2 Es seien V und U ′1 lineare Ra¨ume, Λ1 ⊂ U ′1 und j : Λ1 → R. Das Funktional Φ1 : V × Λ1 → R heißt Multiplikatorfunktional bzgl. j, wenn gilt: ∀v ∈ V : j(v) = sup µ1∈Λ1 Φ1(v, µ1). (I.17) Auch hier ist die Motivation offensichtlich. Wenn Φ0 ein Multiplikatorfunk- tional bzgl. K ist, und Φ1 ein Multiplikatorfunktional bzgl. j, dann ist inf v∈K E(v) = inf v∈V sup µ0∈Λ0 (E(v) + Φ0(v, µ0)) = inf v∈V ( sup µ0∈Λ0 (H(v) + Φ0(v, µ0)) + sup µ1∈Λ1 Φ1(v, µ1) ) = inf v∈V sup µ0∈Λ0,µ1∈Λ1 (H(v) + Φ0(v, µ0) + Φ1(v, µ1)) . Demnach erha¨lt man die folgende Formulierung des Minimierungsproblems (I.1) als Sattelpunktproblem: Satz I.10 Es seien V , U ′0 und U ′1 lineare Ra¨ume sowie Λ0 ⊂ U ′0 und Λ1 ⊂ U ′1. Zudem seien K ⊂ V und j : V → R. Die Funktionale Φ0 : V ×Λ0 → R und Φ1 : V ×Λ1 → R seien Multiplikatorfunktionale bzgl. K bzw. j. Ferner sei E := H + j mit einem Funktional H : V → R. Dann ist u ∈ K Lo¨sung des Minimierungsproblems (I.1), wenn ein Paar (λ0, λ1) ∈ Λ0×Λ1 existiert, so dass (u, λ0, λ1) Sattelpunkt von L : V ×Λ0×Λ1 → R mit L(v, µ0, µ1) := H(v) + Φ0(v, µ0) + Φ1(v, µ1) ist. 12 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme Aus Satz I.10 folgt schließlich eine variationelle Sattelpunktformulierung, die dem System (I.15)-(I.16) entspricht, also insbesondere aus einer Varia- tionsgleichung und einer Variationsungleichung besteht: Korollar I.2 Es seien V , U ′0 und U ′1 normierte Ra¨ume sowie Λ0 ⊂ U ′0, Λ1 ⊂ U ′1 und K ⊂ V konvex. Zudem sei j : V → R konvex. Die Funktionale Φ0 : V ×Λ0 → R und Φ1 : V ×Λ1 → R seien Multiplikatorfunktionale bzgl. K bzw. j. Ferner sei E := H+j mit einem konvexen Funktional H : V → R. Fu¨r (u, λ0, λ1) ∈ V × Λ0 × Λ1 gelte: (i) H sei in u Fre´chet-differenzierbar. (ii) Φ0,u := Φ(u, ·) und Φ1,u := Φ1(u, ·) seien konkav und in λ0 bzw. λ1 Fre´chet-differenzierbar. (iii) Φ0,λ0 := Φ0(·, λ0) und Φ1,λ1 := Φ1(λ1, ·) seien konvex und in u Fre´- chet-differenzierbar. Dann ist u Lo¨sung des Minimierungsproblems (I.1), wenn gilt: ∀v ∈ V : 〈H ′(u) + Φ′0,λ0(u) + Φ′1,λ1(u), v〉 = 0 (I.18) ∀(µ0, µ1) ∈ Λ0 × Λ1 : 〈Φ′0,u(λ0), µ0 − λ0〉+ 〈Φ′1,u(λ1), µ1 − λ1〉 ≤ 0. (I.19) Bemerkung I.2 Nach Satz I.8 und Satz I.10 kann die Frage nach der Exi- stenz einer Lo¨sung des Minimierungsproblems (I.1) auch u¨ber die Frage nach der Existenz von Sattelpunkten beantwortet werden. Erfu¨llen die in den Sa¨tzen (I.8) bzw. (I.10) definierten Lagrange-Funktionale die in Satz I.6 vorgegebenen Voraussetzungen, dann existiert ein Sattelpunkt (u, λ0) bzw. (u, λ0, λ1), wobei u dann gleichzeitig Lo¨sung des Minimierungspro- blems (I.1) ist. I.3 Elliptische Minimierungsprobleme Bei der Modellierung Ingenieur-technischer Anwendungen spielen ellipti- sche Minimierungsprobleme eine zentrale Rolle. So fu¨hrt die Betrachtung des Deformationsverhaltens von Ko¨rpern auf der Grundlage der linearen Elastizita¨tstheorie auf eine Modellierung in Form eines elliptischen Mini- mierungsproblems. I.3. Elliptische Minimierungsprobleme 13 Elliptische Minimierungsprobleme sind durch die Angabe einer symmetri- schen, stetigen und elliptischen Bilinearform a : V ×V → R charakterisiert. Dabei heißt die Bilinearform a auf einem normierten Raum stetig, wenn gilt: ∃ν0 ∈ R≥0 : ∀v, w ∈ V : a(v, w) ≤ ν0‖v‖‖w‖, und elliptisch, wenn gilt: ∃ν1 ∈ R>0 : ∀v ∈ V : a(v, v) ≥ ν1‖v‖2. In diesem Abschnitt werden zwei Typen von elliptischen Minimierungspro- blemen vorgestellt: Elliptische Minimierungsprobleme erster und zweiter Art. Diese werden bezu¨glich ihrer Zugeho¨rigkeit zu den bisher genannten Problemklassen und bezu¨glich ihrer Eigenschaften - notwendige und hin- reichende Bedingungen sowie Existenz von Lo¨sungen, variationelle Sattel- punktformulierungen - untersucht. Die Existenz von Sattelpunkten bezu¨glich elliptischer Minimierungsproble- me wird abschließend in einem allgemeinen Zusammenhang gekla¨rt. I.3.1 Elliptische Minimierungsprobleme erster Art Definition I.3 Es sei V ein reflexiver Raum und K ⊂ V konvex und abge- schlossen. Es sei a : V × V → R eine symmetrische, stetige und elliptische Bilinearform und ℓ ∈ V ′. Das Minimierungsproblem (I.1) heißt elliptisches Minimierungsproblem erster Art, falls E(v) := 12a(v, v)− 〈ℓ, v〉. (I.20) Das Zielfunktional E eines elliptischen Minimierungsproblems erster Art ist fu¨r alle w ∈ V Fre´chet-differenzierbar, denn fu¨r alle v ∈ V ist E(w + v)− E(w) = 12a(w + v, w + v)− ℓ(w + v)− 1 2a(w,w) − 〈ℓ, w〉 = a(w, v) − 〈ℓ, v〉+ 12a(v, v). Da die Bilinearform a als stetig vorausgesetzt wird, erha¨lt man a(v, v)/‖v‖ ≤ ν0‖v‖, also ist |a(v, v)| = o(‖v‖) fu¨r ‖v‖ → 0. Fu¨r die Fre´chet-Ableitung von E in w gilt demnach 〈E′(w), v〉 = a(w, v)− 〈ℓ, v〉. (I.21) 14 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme Nach Satz I.3 folgt die Existenz einer Lo¨sung u, wenn das Zielfunktional E konvex, koerziv und unterhalb stetig ist und die Restriktionsmenge K als abgeschlossen und konvex vorausgesetzt wird. Hinreichend fu¨r die Ein- deutigkeit der Lo¨sung ist nach Satz I.1 die strikte Konvexita¨t von E. Da sowohl die Bilinearform a als auch die Linearform ℓ als stetig und damit als unterhalb stetig vorausgesetzt werden, ist E unterhalb stetig. Auch die Koerzivita¨t von E ist leicht einzusehen, denn es ist aufgrund der Elliptizita¨t von a E(v) ≥ 12ν1‖v‖ 2 − ‖ℓ‖‖v‖ = 12ν1 ( ‖v‖ − ‖ℓ‖ν1 )2 − ‖ℓ‖ 2 2ν1 . Die strikte Konvexita¨t von E folgt direkt aus der Tatsache, dass die Bilinear- form a elliptisch ist. Denn fu¨r v, w ∈ V mit v 6= w ist 0 < a(v−w, v−w) = a(v, v) − 2a(v, w) + a(w,w), und damit ist 2a(v, w) < a(v, v) + a(w,w). Demnach ist fu¨r ǫ ∈ (0, 1) a(ǫv + (1 − ǫ)w, ǫv + (1− ǫ)w) = ǫ2a(v, v) + 2ǫ(1− ǫ)a(v, w) + (1− ǫ)2a(w,w) < ǫ2a(v, v) + ǫ(1− ǫ) (a(v, v) + a(w,w)) + (1− ǫ)2a(w,w) = ǫa(v, v) + (1− ǫ)a(w,w). Zusammen mit der Linearita¨t von ℓ folgt daraus die strikte Konvexita¨t von E. Damit ist insgesamt die eindeutige Existenz einer Lo¨sung gezeigt. Aus Satz I.1 und aus (I.21) erha¨lt man zudem eine a¨quivalente Variationsformu- lierung. Satz I.11 Das elliptische Minimierungsproblem erster Art besitzt genau ei- ne Lo¨sung u ∈ K. Genau dann ist u eine Lo¨sung, wenn gilt: ∀v ∈ K : a(u, v − u) ≥ 〈ℓ, v − u〉. (I.22) Ist K = V , dann ist u genau dann eine Lo¨sung, wenn gilt: ∀v ∈ V : a(u, v) = 〈ℓ, v〉. (I.23) Zur Formulierung von Sattelpunktproblemen fu¨r elliptische Minimierungs- probleme ist es sinnvoll, die Restriktionsmenge K in der Form K := {v ∈ V | g − β0(v) ∈ G} (I.24) I.3. Elliptische Minimierungsprobleme 15 vorauszusetzen. Dabei sei G ⊂ U0 ein abgeschlossener und konvexer Kegel, U0 ein normierter Raum und g ∈ U0. Außerdem sei β0 ∈ L(V, U0). Die Menge K ist konvex, denn fu¨r v, w ∈ K und ǫ ∈ [0, 1] ist g − β0(ǫv + (1− ǫ)w) = g − ǫβ0(v) + (1− ǫ)β0(w) = ǫ (g − β0(v)) + (1 − ǫ) (g − β0(w)) ∈ G. Daru¨ber hinaus ist K abgeschlossen: Fu¨r eine Folge {vn} ⊂ K mit vn → v konvergiert {g − β0(vn)} ⊂ G gegen g − β0(v), weil β0 als stetig vorausge- setzt wird. Da G abgeschlossen ist, folgt g − β0(v) ∈ G. Fu¨r die Restriktionsmenge K wie in (I.24) la¨sst sich ein Multiplikatorfunk- tional angeben. Dazu sei im Folgenden Λ0 := G′ := {µ ∈ U ′0 | ∀w ∈ G : 〈µ,w〉 ≥ 0}. Die Menge G′ ist wegen der Linearita¨t und Stetigkeit von 〈·, w〉 fu¨r ein w ∈ V ein abgeschlossener Kegel und heißt dualer Kegel von G. Lemma I.3 Es sei V ein normierter Raum und K ⊂ V wie in (I.24). Dann ist das Funktional Φ0 : V ×G′ → R mit Φ0(v, µ0) := 〈µ0, β0(v)− g〉 (I.25) ein Multiplikatorfunktional bzgl. K. Beweis: Es sei α ≥ 0, dann ist fu¨r ein v ∈ V und ein µ0 ∈ Λ0 Φ0(v, αµ0) = 〈αµ0, β0(v)− g〉 = α〈µ0, β0(v)− g〉 = αΦ(v, µ0), woraus die Eigenschaft (I.13) folgt. Nach Satz A.6 ist g − β0(v) ∈ G und damit v ∈ K, genau dann, wenn 0 ≤ 〈µ, g − β0(v)〉 = −Φ0(v, µ) fu¨r alle µ ∈ G′ ist. Wegen G′ = Λ0 gilt damit auch die Eigenschaft (I.14).  Bemerkung I.3 Fu¨r die Aussage von Lemma I.3 ist nicht entscheidend, dass β0 ∈ L(V, U0) ist. Lemma I.3 bleibt gu¨ltig, wenn β0 so gewa¨hlt wird, dass K abgeschlossen und konvex ist. Fu¨r das Multiplikatorfunktional Φ0 wie in (I.25) sind Φ0,u := Φ0(u, ·) = 〈·, β0(u)− g〉 und Φ0,λ0 := Φ0(·, λ0) = 〈λ0, β0(·)− g〉 linear bzw. affin linear und damit konvex und konkav zugleich. Wegen Φ0,u(λ0 + µ0)−Φ0,u(λ0) = 〈µ0, β0(u)−g〉 und Φλ0(u+v)−Φ0,λ(u) = 〈λ0, β0(v)〉 folgt 〈Φ′0,u(λ0), µ0〉 = 〈µ0, β0(u)− g〉 und 〈Φ′0,λ0(u), v〉 = 〈λ0, β0(v)〉. Nach Korollar I.1 gilt dem- nach: Satz I.12 Es sei K wie in (I.24). Dann ist u ∈ V Lo¨sung des elliptischen Minimierungsproblems erster Art, wenn ein λ0 ∈ Λ0 existiert, so dass: ∀v ∈ V : a(u, v) = 〈ℓ, v〉 − 〈λ0, β0(v)〉 (I.26) ∀µ0 ∈ Λ0 : 〈µ0 − λ0, β0(u)− g〉 ≤ 0. (I.27) 16 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme I.3.2 Elliptische Minimierungsprobleme zweiter Art Definition I.4 Es seien V ein reflexiver Raum und K ⊂ V konvex und abgeschlossen. Weiter seien a : V × V → R eine symmetrische, stetige und elliptische Bilinearform, ℓ ∈ V ′ und j : V → R ein konvexes, stetiges Funk- tional. Das Minimierungsproblem (I.1) heißt elliptisches Minimierungspro- blem zweiter Art, falls E(v) := 12a(v, v)− ℓ(v) + j(v). (I.28) Da das Funktional H : V → R mit H(v) := 12a(v, v) − ℓ(v) strikt kon- vex und unterhalb stetig ist, ist ebenfalls E strikt konvex und unterhalb stetig. Fu¨r den Nachweis einer eindeutigen Lo¨sung des elliptischen Mini- mierungsproblems zweiter Art bleibt demnach nur noch die Koerzivita¨t von E nachzuweisen. Wesentlich hierbei ist, dass ein (unterhalb) stetiges Funk- tional durch eine stetige, affine Abbildung beschra¨nkt werden kann. Lemma I.4 Es seien V ein normierter Raum und j : V → R (unterhalb) stetig und konvex. Dann existieren ein µ ∈ V ′ und ein α ∈ R, so dass: ∀v ∈ V : j(v) > 〈µ, v〉+ α. Beweis: Der Epigraph epi(j) ist konvex und nach Satz A.2 abgeschlossen. Es sei (w, c) 6∈ epi(j), dann existiert nach dem Trennungssatz von Hahn- Banach A.4 ein ζ ∈ (V × R)′, so dass 〈ζ, (w, c)〉 < inf (v,d)∈epi(j) 〈ζ, (v, d)〉 (I.29) ist. Die Menge U := {(v, d) ∈ V ×R | 〈ζ, (v, d)〉 = 〈ζ, (w, c)〉} = (w, c)+ker ζ ist ein abgeschlossener affiner Unterraum. Es existieren demnach ein µ ∈ V ′ und ein α ∈ R mit {(v, d) ∈ V × R | d = 〈µ, v〉+ α} = U. (I.30) Angenommen, es existierte ein v˜ ∈ V mit j(v˜) ≤ 〈µ, v˜〉 + α, dann wa¨re (v˜, 〈µ, v˜〉+α) ∈ epi(j). Nach (I.29) wa¨re dann 〈ζ, (w, c)〉 < 〈ζ, (v˜, 〈µ, v˜〉+α)〉. Wegen (I.30) ist aber (v˜, 〈µ, v˜〉+ α) ∈ U .  I.3. Elliptische Minimierungsprobleme 17 Aus der Elliptizita¨t von a und aus Lemma I.4 folgt E(v) ≥ 12ν1‖v‖ 2 − ‖ℓ‖‖v‖+ 〈µ, v〉+ α ≥ 12ν1‖v‖ 2 − (‖ℓ‖+ ‖µ‖)‖v‖+ α = 12ν1 ( ‖v‖ − ‖ℓ‖+ ‖µ‖ν1 )2 − (‖ℓ‖+ ‖µ‖) 2 2ν1 + α und damit die Koerzivita¨t von E. Zusammenfassend erha¨lt man demnach: Satz I.13 Das elliptische Minimierungsproblem zweiter Art besitzt genau eine Lo¨sung u ∈ K. Genau dann ist u eine Lo¨sung, wenn gilt: ∀v ∈ K : a(u, v − u) + j(v)− j(u) ≥ 〈ℓ, v − u〉. (I.31) Fu¨r die Formulierung von Sattelpunktproblemen elliptischer Minimierungs- probleme zweiter Art ist es zweckma¨ßig, nur solche Multiplikatorfunktionale Φ1 : V × Λ1 → R bzgl. j zu betrachten, die einer Darstellung der Form Φ1(v, µ1) = 〈µ1, β1(v)〉 (I.32) mit einer Abbildung β1 ∈ L(V, U1) genu¨gen. Hierbei ist U1 ein normierter Raum und Λ1 ⊂ U ′1. Fu¨r den unrestringierten Fall erha¨lt man dann nach Korollar I.2: Satz I.14 Es existiere ein Multiplikatorfunktional Φ1 bzgl. j : V → R mit der Darstellung wie in (I.32). Dann ist u Lo¨sung des elliptischen Minimie- rungsproblems zweiter Art mit K = V , wenn ein λ1 ∈ Λ1 existiert, so dass: ∀v ∈ V : a(u, v) = 〈ℓ, v〉 − 〈λ1, β1(v)〉 (I.33) ∀µ1 ∈ Λ1 : 〈µ1 − λ1, β1(u)〉 ≤ 0. (I.34) Fu¨r den restringierten Fall erha¨lt man: Satz I.15 Das Multiplikatorfunktional Φ0 bzgl. K sei wie in (I.25) gewa¨hlt, und es existiere ein Multiplikatorfunktional Φ1 bzgl. j wie in (I.32). Dann ist u Lo¨sung des elliptischen Minimierungsproblems zweiter Art, wenn ein (λ0, λ1) ∈ Λ0 × Λ1 existiert, so dass: ∀v ∈ V : a(u, v) = 〈ℓ, v〉 − 〈λ0, β0(v)〉 − 〈λ1, β1(v)〉 (I.35) ∀(µ0, µ1) ∈ Λ0 × Λ1 : 〈µ0 − λ0, β0(u)− g〉+ 〈µ1 − λ1, β1(u)〉 ≤ 0. (I.36) 18 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme I.3.3 Existenz und Eindeutigkeit von Sattelpunkten Zur Herleitung von Aussagen bezu¨glich Existenz und Eindeutigkeit von Lo¨sungen der Systeme (I.26)-(I.27), (I.33)-(I.34) und (I.35)-(I.36) wird im Folgenden das allgemeine Lagrange-Funktional L : V × Λ→ R mit L(v, µ) := 12a(v, v)− 〈ℓ, v〉+ b(v, µ)− 〈µ, g˜〉 betrachtet, wobei V und U ′ reflexive Ra¨ume sind, Λ ⊂ U ′ abgeschlossen und konvex sowie b : V ×U ′ → R eine stetige Bilinearform mit b(v, µ) ≤ c‖v‖‖µ‖ (c > 0) und g˜ ∈ U ist. Offenbar ist Lµ strikt konvex, (unterhalb) stetig und wegen Lµ ≥ 1 2ν1‖v‖ 2 − ‖ℓ‖‖v‖ − c‖v‖‖µ‖ − 〈µ, g˜〉 = 12ν1 ( ‖v‖ − ‖ℓ‖+ c‖µ‖ν1 )2 − (‖ℓ‖+ c‖µ‖) 2 2ν1 − 〈µ, g˜〉 fu¨r alle µ ∈ Λ koerziv. Die Abbildung Lv ist konkav und (oberhalb) stetig. Ist Λ beschra¨nkt, folgt direkt aus Satz I.6, dass L einen Sattelpunkt hat. Ist Λ unbeschra¨nkt, dann ist fu¨r den Nachweis der Existenz eines Sattelpunkts nach Satz I.6 die Koerzivita¨t von µ 7→ supv∈V (−L(v, µ)) erforderlich. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die Bedingung ∃α ∈ R>0 : ∀µ ∈ U ′ : α‖µ‖ ≤ sup v∈V \{0} b(v, µ) ‖v‖ , (I.37) die auch als Babusˇka-Brezzi Bedingung bekannt ist.7 Lemma I.5 Ist (I.37) erfu¨llt, dann ist µ 7→ supv∈V (−L(v, µ)) koerziv. Beweis: Da Lµ (unterhalb) stetig und koerziv fu¨r µ ∈ U ′ ist, existiert nach Satz I.3 ein vµ, so dass Lµ(vµ) = infv∈V Lµ(v) ist. Aus Satz I.1 folgt, dass a(vµ, v) = 〈ℓ, v〉 − b(v, µ) fu¨r alle v ∈ V ist. Demnach ist −Lvµ(µ) = 1 2a(vµ, vµ) + 〈µ, g˜〉 ≥ 1 2ν1‖vµ‖ 2 − ‖µ‖‖g˜‖. (I.38) Andererseits ist α‖µ‖ ≤ sup v∈V \{0} b(v, µ) ‖v‖ = supv∈V 〈ℓ, v〉 − a(vµ, v) ‖v‖ ≤ ‖ℓ‖+ ν0‖vµ‖. (I.39) 7vgl. Lemma 3.2. in [72] I.3. Elliptische Minimierungsprobleme 19 Wenn ‖µ‖ → ∞, dann folgt aus (I.39), dass auch ‖vµ‖ → ∞ gilt. Aus (I.38) und (I.39) folgt dann supv∈V (−L(v, µ))→∞.  Bedingungen fu¨r die Eindeutigkeit einer Lo¨sung ergeben sich aus den fol- genden Aussagen. Aus der Koerzivita¨t von a und aus Satz I.1 folgt: Lemma I.6 Es sei (u, λ) ∈ V × U ′ ein Sattelpunkt von L. Dann ist u eindeutig. Gilt fu¨r µ ∈ U ′ ∀v ∈ V : b(µ, v) = 0 ⇒ µ = 0, (I.40) dann ist auch λ eindeutig. Ist (u, λ∗) ∈ V × U ′ ein weiterer Sattelpunkt, dann gilt: ∀v ∈ V : b(λ− λ∗, v) = 0. Lemma I.7 Ist (I.37) erfu¨llt, dann gilt (I.40). Beweis: Es sei µ ∈ U ′ mit b(µ, v) = 0 fu¨r alle v ∈ V , dann ist ‖µ‖ ≤ α−1 supv∈V b(v, µ)/‖v‖ = 0. Also ist µ = 0.  Insgesamt gilt damit: Satz I.16 Ist Λ beschra¨nkt oder gilt (I.37), dann besitzt L einen Sattelpunkt (u, λ), wobei u eindeutig ist. Wenn (I.40) erfu¨llt ist, ist auch λ eindeutig. Aus Satz I.7 folgt außerdem: Satz I.17 Es seien U ′0 und U ′1 reflexive Ra¨ume und Λ0 ⊂ U ′0 und Λ1 ⊂ U ′1 abgeschlossen und konvex. Fu¨r Λ := Λ0 × Λ1 sei zudem b(v, µ0, µ1) := b0(µ0, v) + b1(µ1, v) mit den stetigen Bilinearformen b0 und b1. Ist (I.37) bzgl. b0 erfu¨llt, und ist Λ1 beschra¨nkt, dann besitzt L einen Sattelpunkt (u, λ0, λ1), wobei u eindeutig ist. Ist (I.40) bzgl. b erfu¨llt, dann sind auch λ0 und λ1 eindeutig. Im Fall elliptischer Minimierungsprobleme erster Art ist U ′ := U ′0/ kerβ′0, Λ := {µ0 + kerβ′0 | µ0 ∈ Λ0} und b(v, [µ0]) := 〈µ0, β0(v)〉 zu setzen.8 Ist g ∈ rg(β0), dann ist g˜ := g ∈ U .9 Da Λ0 unbeschra¨nkt ist, ist die Bedingung (I.37) nachzuweisen. Ein wichti- ges Kriterium liefert hierfu¨r der Satz A.11 vom abgeschlossenen Bild: 8Der Operator β′0 ∈ L(U ′0, V ′) ist der zu β0 adjungierte Operator. Mit [·] werden hier die Elemente des Quotientenraums bezeichnet. 9Hierbei ist rg(β0) := β0(V ). 20 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme Lemma I.8 Ist rg(β0) abgeschlossen in U0, dann ist die Bedingung (I.37) erfu¨llt. Beweis: Da rg(β0) abgeschlossen ist, existiert nach Satz A.10 ein c > 0, so dass ∀w ∈ rg(β0) : ∃v ∈ V : β0(v) = w, ‖v‖ ≤ c‖w‖ ist. Fu¨r V˜ := {v ∈ V | ‖v‖ ≤ c‖β0(v)‖} gilt demnach β0(V˜ ) = rg(β0), womit fu¨r µ0 ∈ U ′0 gilt: sup v∈V \{0} 〈µ0, β0(v)〉 ‖v‖ ≥ supv∈V˜ \{0} 〈µ0, β0(v)〉 ‖v‖ ≥ c −1 sup v∈V˜ \{0} 〈µ0, β0(v)〉 ‖β0(v)‖ = c−1 sup w∈rg(β0)\{0} 〈µ0, w〉 ‖w‖ = c −1‖µ0| rg(β0)‖. Nach dem Satz A.11 vom abgeschlossenen Bild ist rg(β0) = (kerβ′0)⊥.10 Demnach ist nach den Sa¨tzen A.7 und A.8 (rg(β0))′ ≃ U ′0/ rg(β0)⊥ = U ′0/((kerβ′0)⊥)⊥ = U ′0/ kerβ′0 und damit ‖µ0| rg(β0)‖ = ‖[µ0]‖.  Aus Satz I.16 erha¨lt man damit unmittelbar: Satz I.18 Ist g ∈ rg(β0) und rg(β0) abgeschlossen in U0, dann besitzt das System (I.26)-(I.27) eine Lo¨sung (u, λ0), wobei u eindeutig ist. Ist β0 sur- jektiv, dann ist auch λ0 eindeutig. Im Fall elliptischer Minimierungsprobleme zweiter Art mit K = V setzt man U ′ := U ′1, Λ := Λ1 und b(v, µ1) := 〈µ1, β1(v)〉 und g˜ = 0. Aus Satz I.16 folgt: Satz I.19 Ist Λ1 beschra¨nkt, dann besitzt das System (I.33)-(I.34) eine Lo¨sung (u, λ1), wobei u eindeutig ist. Ist β1 surjektiv, dann ist auch λ1 eindeutig. Im Fall elliptischer Minimierungsprobleme zweiter Art mit K ⊂ V setzt man: U ′ := U ′0/ kerβ′0 × U ′1, Λ := {µ0 + kerβ′0 | µ0 ∈ Λ0} × Λ1 und b(v, [µ0], µ1) := 〈µ0, β0(v)〉+ 〈µ1, β1(v)〉 und g˜ = (g, 0). Aus Satz I.17 erha¨lt man: Satz I.20 Ist g ∈ rg(β0) und rg(β0) in U0 abgeschlossen sowie Λ1 be- schra¨nkt, dann besitzt das System (I.35)-(I.36) einen Sattelpunkt (u, λ0, λ1), wobei u eindeutig ist. Gilt zudem β0(kerβ1) = U0 und β1(kerβ0) = U1, dann sind auch λ0 und λ1 eindeutig. 10Fu¨r einen normierten Raum V , Unterra¨ume M ⊂ V und N ⊂ V ′ heißen die Mengen M⊥ := {φ ∈ V ′ | ∀v ∈ M : 〈φ, v〉 = 0} und N⊥ := {v ∈ V | ∀φ ∈ N : 〈φ, v〉 = 0} die Annihilatoren von M bzw. N . I.4. Variationsungleichungen auf Hilbertra¨umen 21 I.4 Variationsungleichungen auf Hilbertra¨umen Im Folgenden seien U , V und W Hilbertra¨ume und β ∈ L(V, U) sowie a : V ×V → R eine stetige Bilinearform. Zudem seiW mit seinem Dualraum identifiziert, β surjektiv, V mit einer sta¨rkeren Topologie in W enthalten und kerβ dicht in W . Fu¨r ein u ∈ V sei A(u) ∈ (kerβ)′ definiert als (A(u), ·) = 〈A(u), ·〉 := a(u, ·). Offenbar ist A ∈ L(V, (kerβ)′). Es sei dom(A) := {v ∈ V | A(v) ∈ W}, dann ist A : V ⊃ dom(A)→W abgeschlossen. Nach Satz A.12 ist dom(A), versehen mit der Norm ‖u‖2dom(A) := ‖u‖2V ′ + ‖A(u)‖2W , ein Hilbertraum sowie A ∈ L(dom(A),W ). Satz I.21 Es existiert ein eindeutiger Operator α ∈ L(dom(A), U ′) mit ∀w ∈ dom(A), ∀v ∈ V : a(w, v) = (A(w), v) + 〈α(w), β(v)〉. Beweis: Ch.6, Th.2.1 in [5].  Der Operator A heißt der zu a assoziierte Operator. Mit seiner Hilfe ko¨nnen elliptische Minimierungsprobleme auch u¨ber Kra¨ftebilanzen gedeutet wer- den, die ha¨ufig aus Ingenieur-technischer Sicht vorteilhafter erscheinen, da die darin beschriebenen Gro¨ßen einer physikalischen Interpretation leichter zuga¨nglich sind11. Dabei repra¨sentiert A(u) fu¨r eine Lo¨sung u im Allgemei- nen die in einem System auftretenden inneren Kra¨fte, die mit auf das Sy- stem wirkenden a¨ußeren Kra¨ften f ∈ W und q ∈ U ′ im Gleichgewicht stehen mu¨ssen. Das aus physikalischer Sicht zu erwartende Gleichgewicht zwischen inneren und a¨ußeren Kra¨ften wird bei elliptischen Minimierungsproblemen ohne Restriktionen durch die folgenden Aussagen wiedergegeben: Lemma I.9 Gilt fu¨r u ∈ dom(A) ∀v ∈ kerβ : a(u, v) = (f, v), dann ist A(u) = f . Beweis: Fu¨r alle v ∈ kerβ ist (A(u) − f, v) = a(u, v) − (f, v) = 0, also ist A(u)− f ⊥ kerβ. Da kerβ ⊂W dicht ist, folgt A(u)− f ⊥W .  Mit 〈ℓ, v〉 := (f, v) + 〈q, β(v)〉 gilt dann: 11vgl. Abschnitt II.3 22 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme Satz I.22 Es sei u ∈ dom(A). Genau dann ist u Lo¨sung von (I.23) mit K = V , wenn gilt: A(u) = f (I.41) α(u) = q. (I.42) Beweis: Es gelte (I.23), dann folgt aus Lemma I.9 die Gleichung (I.41). Außerdem ist fu¨r v ∈ V 〈q, β(v)〉 = a(u, v)− (f, v) = 〈α(u), β(v)〉+(A(u), v)− (f, v) = 〈α(u), β(v)〉. Da β surjektiv ist, folgt (I.42). Andererseits, wenn u (I.41)-(I.42) erfu¨llt, dann ist (f, v) + 〈q, β(v)〉 = (A(u), v) + 〈α(u), β(v)〉 = a(u, v) fu¨r alle v ∈ V , also erfu¨llt u auch (I.23).  Ziel dieses Abschnitts ist, Kra¨ftebilanz-Systeme herzuleiten, die allgemeinen elliptischen Minimierungsproblemen erster und zweiter Art bzw. den da- zu a¨quivalenten Variationsungleichungen (I.22) und (I.31) zugeordnet sind. Im Folgenden wird (I.22) als (elliptische) Variationsungleichung erster Art und (I.31) als (elliptische) Variationsungleichung zweiter Art bezeichnet. Die Tatsache, dass elliptische Minimierungsprobleme elliptische und sym- metrische Bilinearformen implizieren, wird bei den folgenden Betrachtungen nicht weiter beru¨cksichtigt. Dementsprechend bleiben die Aussagen auch fu¨r Variationsungleichungen mit nicht symmetrischen und nicht elliptischen Bi- linearformen gu¨ltig. I.4.1 Variationsungleichungen erster Art Im Folgenden sei U = U0 × U1 mit den Hilbertra¨umen U0 und U1 und β = (β0, β1) mit β0 ∈ L(V, U0) und β1 ∈ L(V, U1). Fu¨r µ ∈ U ′ seien µ0 ∈ U ′0 und µ1 ∈ U ′1 definiert fu¨r v0 ∈ U0 und v1 ∈ U1 als 〈µ0, v0〉 := 〈µ, (v0, 0)〉 und 〈µ1, v1〉 := 〈µ, (0, v1)〉. Fu¨r v := (v0, v1) ist dann offenbar 〈µ, v〉 = 〈µ0, v0〉 + 〈µ1, v1〉. Fu¨r i = 0, 1 sei αi(u) := (α(u))i. Wenn nicht anders angegeben, seien außerdem K wie (I.24) und Λ0 := G′. I.4. Variationsungleichungen auf Hilbertra¨umen 23 Satz I.23 Es sei u ∈ K ∩ dom(A) und β1(kerβ0) = U1. Genau dann ist u Lo¨sung der Variationsungleichung erster Art (I.22), wenn gilt: A(u) = f (I.43) q0 − α0(u) ∈ Λ0 (I.44) 〈q0 − α0(u), β0(u)− g〉 = 0 (I.45) α1(u) = q1 (I.46) Beweis: Es sei w ∈ kerβ, dann ist v := u ± w ∈ K. Also ist a(u,±w) ≥ (f,±w) und damit ist a(u,w) = (f, w). Aus Lemma I.9 folgt dann (I.43). Aus (I.22) erha¨lt man fu¨r v ∈ K 〈q0 − α0(u), β0(v − u)〉+ 〈q1 − α1(u), β1(v − u)〉 = 〈q − α(u), β(v − u)〉 = 〈q, β(v − u)〉 − a(u, v − u) + (A(u), v − u) = 〈q, β(v − u)〉 − a(u, v − u) + (f, v − u) ≤ 0. (I.47) Es sei v ∈ kerβ0, dann ist u ± v ∈ K. Einsetzen in (I.47) liefert (I.46), da β1(kerβ0) = U1 ist. Es sei w ∈ V mit β0(w) = g, dann sind w und 2u − w in K, da 0 ∈ G und g − β0(2u− w) = 2(g − β0(u)) ∈ G. Einsetzen fu¨r v in (I.47) liefert (I.45). Ist β0(v) ∈ G, so ist w − v ∈ K. Aus (I.47) und (I.45) folgt 〈q0−α0(u), β0(v)〉 = −(〈q0−α0(u), β0(w−v−u)〉+〈q0−α0(u), β0(u)−g〉) ≥ 0 Da β0 surjektiv ist, folgt schließlich (I.44). Es erfu¨lle u die Bedingungen (I.43)-(I.46). Ist v ∈ K, dann ist w − v ∈ G, und damit gilt (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉 = (A(u), v − u) + 〈q − α(u), β(v − u)〉+ 〈α(u), β(v − u)〉 = a(u, v − u)− 〈q0 − α0(u), β0(w − v)〉+ 〈q0 − α0(u), g − β0(u)〉 ≤ a(u, v − u) Also erfu¨llt u die Bedingung (I.22).  Satz I.24 Es sei u ∈ dom(A) und β1(kerβ0) = U1. Genau dann ist (u, λ0) Lo¨sung von (I.26)-(I.27), wenn u ∈ K ist, u (I.22) oder (I.43)-(I.46) erfu¨llt, und wenn gilt: λ0 = q0 − α0(u). (I.48) 24 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme Beweis: Es sei (u, λ0) Lo¨sung von (I.26)-(I.27). Dann liefert Einsetzen von 0 und 2λ0 〈λ0, β0(u)− g〉 = 0. (I.49) Daraus folgt, dass 〈µ0, g − β0(u)〉 ≥ 0 fu¨r alle µ0 ∈ Λ0 ist. Wegen Λ0 = G′ folgt damit aus Satz A.6 g − β0(u) ∈ G, also u ∈ K. Es sei v ∈ K, dann liefern Subtrahieren von (I.26) und Anwenden von (I.49) a(u, v − u) = (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉 − 〈λ0, β0(v − u)〉 = (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉+ 〈λ0, g − β0(v)〉 ≥ (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉, da λ0 ∈ G′ und g − α(v) ∈ G ist. Demnach gilt (I.22). Nach Satz I.23 ist dann auch das System (I.43)-(I.46) erfu¨llt. Fu¨r v ∈ V folgt dann 〈q0 − α0(u), β0(v)〉 = 〈q − α(u), β(v)〉 = 〈q, β(v)〉 − a(u, v) + (A(u), v) = 〈q, β(v)〉 − a(u, v) + (f, v) = 〈λ0, β0(v)〉. Da β0 surjektiv ist, ist damit auch (I.48) erfu¨llt. Wenn andererseits u ∈ K ist, und (u, λ0) das System (I.43)-(I.46) und (I.48) erfu¨llt, dann folgt fu¨r v ∈ V (f, v) + 〈q, β(v)〉 − 〈λ0, β0(v)〉 = (A(u), v) + 〈q1, β1(v)〉 + 〈α0(u), β0(v)〉 = (A(u), v) + 〈α(u), β(v)〉 = a(u, v). Demnach gilt (I.26). Wegen (I.45) ist 〈λ0, β0(u)− g〉 = 0. Damit ist fu¨r alle µ0 ∈ Λ0 〈µ0 − λ0, β0(u)− g〉 = −〈µ0, g − β0(u)〉 ≤ 0, da g − β0(u) ∈ G ist. Also gilt auch (I.27).  I.4.2 Variationsungleichungen zweiter Art Im Folgenden habe das Funktional j : V → R≥0 die Eigenschaften: ∀v ∈ kerβ1 : j(v) = 0, , (I.50) ∀v ∈ V : j(−v) = j(v), (I.51) ∀v, w ∈ V : j(v + w) ≤ j(v) + j(w), (I.52) I.4. Variationsungleichungen auf Hilbertra¨umen 25 und es sei Λ1 := {µ1 ∈ U ′1 | ∀v ∈ V : |〈µ1, β1(v)〉| ≤ j(v)}. (I.53) Satz I.25 Es sei u ∈ dom(A) und β0(kerβ1) = U0. Genau dann ist u Lo¨sung der Variationsungleichung zweiter Art (I.31) mit K = V , wenn gilt: A(u) = f (I.54) q1 − α1(u) ∈ Λ1 (I.55) 〈q1 − α1(u), β1(u)〉 = j(u) (I.56) α0(u) = q0. (I.57) Beweis: Einsetzen von ±w ∈ kerβ liefert a(u,w) = (f, w). Aus Lemma I.9 folgt dann (I.54). Aus (I.31) folgt fu¨r v ∈ V 〈q0 − α0(u), β0(v − u)〉+ 〈q1 − α1(u), β1(v − u)〉 = 〈q − α(u), β(v − u)〉 = 〈q, β(v − u)〉 − a(u, v − u) + (A(u), v − u) = 〈q, β(v − u)〉 − a(u, v − u) + (f, v − u) ≤ j(v)− j(u). (I.58) Es sei v ∈ kerβ1, dann liefert Einsetzen von u± v in (I.58) unter Ausnutzen von (I.51), (I.52) und β0(kerβ1) = U0 die Bedingung (I.57). Wird 0 und 2u in (I.58) eingesetzt, erha¨lt man wegen (I.51) und (I.52) die Bedingung (I.56). Fu¨r ±v ∈ V folgt aus (I.58) ±〈q1 − α1(u), β1(v)〉 = 〈q1 − α1(u), β(±v − u)〉+ 〈q1 − α1(u), β1(u)〉 ≤ j(±v)− j(u) + j(u) = j(v), und damit gilt (I.55). Wenn andererseits ein u ∈ V das System (I.54)-(I.57) erfu¨llt, dann ist fu¨r v ∈ V (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉 = (A(u), v − u) + 〈q, β(v − u)〉 = a(u, v − u)− 〈α(u), β(v − u)〉+ 〈q, β(v − u)〉 = a(u, v − u) + 〈q1 − α1(u), β1(v)〉 − 〈q1 − α1(u), β1(u)〉 ≤ a(u, v − u) + j(v)− j(u). Also erfu¨llt u auch (I.31).  26 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme Ein Kriterium fu¨r die Eigenschaften (I.50)-(I.52) erha¨lt man aus der folgen- den Aussage:12 Lemma I.10 Gilt fu¨r j : V → R≥0 j(v) = sup µ1∈Λ1 〈µ1, β1(v)〉, (I.59) dann sind die Eigenschaften (I.50)-(I.52) erfu¨llt. Beweis: Fu¨r v ∈ kerβ1 ist offenbar j(v) = 0, und es gilt fu¨r v, w ∈ V j(v + w) = sup µ1∈Λ1 〈µ1, β1(v + w)〉 ≤ sup µ1∈Λ1 〈µ1, β1(v)〉+ sup µ1∈Λ1 〈µ1, β1(w)〉 = j(v) + j(w). Mit µ1 ∈ Λ1 ist auch −µ1 ∈ Λ1, woraus j(−v) = supµ1∈Λ1〈−µ1, β1(v)〉 = j(v) folgt.  Satz I.26 Es seien u ∈ dom(A) und β0(kerβ1) = U0 sowie j wie in (I.59). Genau dann ist (u, λ1) Lo¨sung von (I.33)-(I.34), wenn u (I.31) oder (I.54)- (I.57) erfu¨llt und wenn gilt: λ1 = q1 − α1(u). (I.60) Beweis: Es sei (u, λ1) Lo¨sung von (I.33)-(I.34) sowie v ∈ V , dann ist nach Subtrahieren von (I.33) und Anwenden von (I.34) fu¨r µ1 ∈ Λ1 a(u, v − u) = (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉 − 〈λ1, β1(v)〉 + 〈λ1, β1(u)〉 ≥ (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉 − j(v) + 〈µ1, β1(u)〉. Also gilt a(u, v − u) ≥ (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉 − j(v) + sup µ1∈Λ1 〈µ1, β1(u)〉 = (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉 − j(v) + j(u). Demnach folgt (I.31). Nach Satz I.25 ist dann auch das System (I.54)-(I.57) erfu¨llt. Fu¨r alle v ∈ V folgt dann 〈q1 − α1(u), β1(v)〉 = 〈q − α(u), β(v)〉 = 〈q, β(v)〉 − a(u, v) + (A(u), v) = 〈q, β(v)〉 − a(u, v) + (f, v) = 〈λ1, β1(v)〉. 12vgl. (I.32) I.4. Variationsungleichungen auf Hilbertra¨umen 27 Da β1 surjektiv ist, ist demnach auch (I.60) erfu¨llt. Wenn andererseits (u, λ1) (I.54)-(I.57) und (I.60) erfu¨llt, dann folgt fu¨r v ∈ V (f, v) + 〈q, β(v)〉 − 〈λ1, β1(v)〉 = (A(u), v) + 〈q0, β0(v)〉 + 〈α1(u), β1(v)〉 = (A(u), v) + 〈α(u), β(v)〉 = a(u, v). Demnach gilt (I.33). Wegen (I.56) ist 〈λ1, β1(u)〉 = j(u). Damit ist fu¨r alle µ1 ∈ Λ1 〈µ1 − λ1, β1(u)〉 = 〈µ1, β1(u)〉 − j(u) ≤ 0. Also gilt auch (I.34).  Satz I.27 Es seien u ∈ K ∩ dom(A), β1(kerβ0) = U1 und β0(kerβ1) = U0. Genau dann ist u Lo¨sung der Variationsungleichung zweiter Art (I.31), wenn gilt: A(u) = f (I.61) (q0 − α0(u), q1 − α1(u)) ∈ Λ0 × Λ1 (I.62) 〈q0 − α0(u), β0(u)− g〉 = 0 (I.63) 〈q1 − α1(u), β1(u)〉 = j(u). (I.64) Beweis: Einsetzen von ±w ∈ kerβ liefert a(u,w) = (f, w). Aus Lemma I.9 folgt dann (I.61). Analog zu (I.58) folgt aus (I.31) fu¨r v ∈ K 〈q0 − α0(u), β0(v − u)〉+ 〈q1 − α1(u), β1(v − u)〉 ≤ j(v)− j(u). (I.65) Wegen β0(kerβ1) = U0 und β1(kerβ0) = U1 existieren u0 ∈ kerβ1 und u1 ∈ kerβ0 mit β0(u0) = β0(u) und β1(u1) = β1(u). Fu¨r v ∈ K ∩ kerβ1 ist v + u− u0 ∈ K, damit folgt aus (I.65) 〈q0 − α0(u), β0(v − u0)〉 ≤ j(v + u− u0)− j(u)− 〈q1 − α1(u), β1(v − u0)〉 ≤ j(v − u0) = 0. (I.66) Es sei w ∈ kerβ1 mit β0(w) = g, dann sind w und 2u0−w in K ∩kerβ1, da 0 ∈ G und g − β0(2u0 − w) = 2(g − β0(u)) ∈ G. Einsetzen in (I.66) liefert 0 = 〈q0 − α0(u), β0(w − u0)〉 = 〈q0 − α0(u), g − β0(u)〉, 28 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme also (I.63). Fu¨r v ∈ kerβ0 ist v+u−u1 ∈ K, und man erha¨lt durch Einsetzen in (I.65) 〈q1 − α1(u), β1(v − u1)〉 ≤ j(v + u− u1)− j(u)− 〈q0 − α0(u), β0(v − u1) ≤ j(v − u1). (I.67) Einsetzen von 0 und 2u1 in (I.67) liefert zusammen mit (I.51) j(u1) = 〈q1 − α1(u), β1(v − u1)〉 = 〈q1 − α1(u), β1(v − u)〉. Aus (I.52) folgt wegen u− u1 ∈ kerβ1 j(u1)− j(u) = j(u1 − u+ u)− j(u) ≤ j(u− u1) = 0. Also gilt j(u1) = j(u) und damit schließlich (I.64). Es sei β0(v) ∈ G mit v ∈ kerβ1, dann ist w − v ∈ K ∩ kerβ1, und es folgt aus (I.66) 〈q0 − α0(u), β0(v)〉 = −(〈q0 − α0(u), β0(w − v − u0)〉+ 〈q0 − α0(u), β0(u)− g〉) ≥ 0. Da β0(kerβ1) = U0 ist, folgt daraus q0−α0(u) ∈ Λ0. Es sei v ∈ kerβ0, dann folgt aus (I.64) und (I.67) ±〈q1 − α1(u), β1(v)〉 = 〈q1 − α1(u), β1(±v − u1)〉+ 〈q1 − α1(u), β1(u)〉 ≤ j(±v + u− u1) ≤ j(±v) + j(u− u1) = j(v). Wegen β1(kerβ0) = U1 gilt q1−α1(u) ∈ Λ1. Demnach gilt insgesamt (I.62). Es erfu¨lle u die Bedingungen (I.43)-(I.46). Ist v ∈ K, dann ist w − v ∈ G, und damit gilt (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉 = (A(u), v − u) + 〈q − α(u), β(v − u)〉+ 〈α(u), β(v − u)〉 = a(u, v − u)− 〈q0 − α0(u), β0(w − v)〉+ 〈q0 − α0(u), g − β0(u)〉 +〈q1 − α1(u), β1(v)〉 − 〈q1 − α1(u), β1(u)〉 ≤ a(u, v − u) + j(v)− j(u). Also erfu¨llt u die Bedingung (I.31).  I.4. Variationsungleichungen auf Hilbertra¨umen 29 Satz I.28 Es seien u ∈ dom(A), β0(kerβ1) = U0 und β1(kerβ0) = U1 sowie j wie in (I.59). Genau dann ist (u, λ0, λ1) Lo¨sung von (I.35)-(I.36), wenn u ∈ K ist, u (I.31) oder (I.61)-(I.64) erfu¨llt, und wenn gilt: λ0 = q0 − α0(u) (I.68) λ1 = q1 − α1(u). (I.69) Beweis: Es sei (u, λ0, λ1) Lo¨sung von (I.35)-(I.36). Dann liefert Einsetzen von (0, λ1) und (2λ0, λ1) in (I.36) 〈λ0, β0(u)− g〉 = 0. (I.70) Daraus folgt, dass 〈µ0, g − β0(u)〉 ≥ 0 fu¨r alle µ0 ∈ Λ0 ist. Wegen Λ0 = G′ folgt damit aus Satz A.6 g − β0(u) ∈ G, also u ∈ K. Es sei v ∈ K und β0(w) = g, dann ist nach Subtrahieren von (I.35) und Anwenden von (I.36) fu¨r µ1 ∈ Λ1 a(u, v − u) = (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉 − 〈λ0, β0(v − u)〉 − 〈λ1, β1(v − u)〉 = (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉+ 〈λ0, β0(w − v)〉+ 〈λ0, β0(u)− g〉 −〈λ1, β1(v)〉 + 〈λ1, β1(u)〉 ≥ (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉 − j(v) + 〈µ1, β1(u)〉. Also gilt a(u, v − u) ≥ (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉 − j(v) + sup µ1∈Λ1 〈µ1, β1(u)〉 = (f, v − u) + 〈q, β(v − u)〉 − j(v) + j(u). Demnach gilt (I.31). Nach Satz I.27 ist dann auch das System (I.61)-(I.64) erfu¨llt. Fu¨r v ∈ kerβ1 folgt dann 〈q0 − α0(u), β0(v)〉 = 〈q − α(u), β(v)〉 = 〈q, β(v)〉 − a(u, v) + (A(u), v) = 〈q, α(v)〉 − a(u, v) + (f, v) = 〈λ0, β0(v)〉. Analog zeigt man, dass fu¨r alle v ∈ kerβ0 gilt: 〈q1 − α1(u), β1(v)〉 = 〈λ1, β1(v)〉. 30 Kapitel I. Elliptische Minimierungsprobleme Wegen β0(kerβ1) = U0 und β1(kerβ0) = U1 sind damit (I.68) und (I.69) erfu¨llt. Wenn andererseits u ∈ K ist und (u, λ0, λ1) (I.61)-(I.64) sowie (I.68) und (I.69) erfu¨llt, dann folgt fu¨r v ∈ V (f, v) + 〈q, β(v)〉 − 〈λ0, β0(v)〉 − 〈λ1, β1(v)〉 = (A(u), v) + 〈α(u), β(v)〉 = a(u, v). Demnach gilt (I.26). Wegen (I.63) ist 〈λ0, β0(u)− g〉 = 0, und wegen (I.64) ist 〈λ1, β1(u)〉 = j(u). Damit gilt fu¨r (µ0, µ1) ∈ Λ0 × Λ1 〈µ0 − λ0, β0(u)− g〉+ 〈µ1 − λ1, β1(u)〉 = −〈µ0, g − β0(u)〉+ 〈µ1, β1(u)〉 − j(u) ≤ 0, da g − β0(u) ∈ G ist. Also gilt auch (I.36).  Eine Vereinfachung der Menge Λ1 ist in der folgenden Weise mo¨glich: Satz I.29 Es sei U1 dicht in U˜1 enthalten sowie p : U˜1 → R≥0 sublinear mit ∀w ∈ U˜1 : p(w) = p(−w) (I.71) ∃c > 0 : ∀w ∈ U˜1 : p(w) ≤ c‖w‖ (I.72) ∀v ∈ V : j(v) = p(β1(v)) (I.73) Zudem sei Λ˜1 := {µ˜1 ∈ U˜ ′1 | ∀w ∈ U˜1 : |〈µ˜1, w〉| ≤ p(w)}. Dann ist Λ1 = Λ˜1. Beweis: Die Relation Λ˜1 ⊂ Λ1 ist klar. Nach dem Fortsetzungssatz von Hahn-Banach A.13 und wegen der Surjektivita¨t von β1 sowie (I.73) existiert zu jedem µ1 ∈ Λ1 eine lineare Fortsetzung µ˜1 : U˜1 → R mit µ˜1(w) ≤ p(w) fu¨r alle w ∈ U˜1. Aus (I.71) folgt −µ˜1(w) = µ˜1(−w) ≤ p(−w) = p(w) und damit |µ˜1(w)| ≤ p(w). Wegen (I.72) ist µ˜ ∈ U˜ ′1. Da U1 dicht in U˜1 enthalten ist, ist nach Satz A.14 µ˜1 eindeutig, also gilt auch die Relation Λ1 ⊂ Λ˜1.  Kapitel II Modellierungen von Kontaktproblemen Ziel dieses Kapitels ist die Formulierung von Kontaktproblemen als ellipti- sche Minimierungsprobleme erster und zweiter Art. Im Mittelpunkt stehen statische Kontaktprobleme vom Signorini-Typ und modellhafte Vereinfachungen hiervon, die das Deformationsverhalten ela- stischer Ko¨rper bei Starrko¨rperkontakt beschreiben. Hierzu werden sowohl reibungsfreie als auch reibungsbehaftete Formulierungen betrachtet und mit Hilfe der in Kapitel I dargestellten Resultate hinsichtlich der Existenz und Eindeutigkeit von Lo¨sungen und hinsichtlich variationeller Sattelpunktfor- mulierungen untersucht. Daru¨ber hinaus werden auf der Grundlage von Abschnitt I.4 die zugeho¨rigen Kra¨ftebilanzgleichungen und entsprechende physikalische Interpretationen angegeben. Exemplarisch wird in Abschnitt II.4 der fertigungstechnische Prozess des Roboter-gestu¨tzten Bandschleifens als reibungsbehaftetes Kontaktproblem studiert. Neben den elastischen Kontaktproblemen vom Signorini-Typ werden Mo- dellprobleme weiterer Problemklassen untersucht, die sich ebenfalls als Mini- mierungsprobleme erster und zweiter Art formulieren lassen. Hierzu geho¨ren Hindernis-Probleme, Torsionsprobleme und Bingham-Fluid-Probleme. Die Ergebnisse aus Kapitel I lassen sich allerdings nur eingeschra¨nkt auf diese Probleme anwenden. Fu¨r weitere Details und eine entsprechende Ausweitung auch auf dynami- 31 32 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen sche Kontaktprobleme sei zum Beispiel auf [47], [55], [56], [68] und [72] verwiesen. Den folgenden Untersuchungen ist eine kurze Darstellung der fu¨r die For- mulierungen erforderlichen Funktionenra¨ume vorangestellt. II.1 Sobolevra¨ume Die in Kapitel I beschriebenen Zielfunktionale, die zur Minimierung von Energiegro¨ßen eingesetzt werden, sind im Allgemeinen Integralmittelwerte bestimmter Differentialoperatoren. Ada¨quate Funktionenra¨ume, die in die- sem Zusammenhang Verwendung finden und den in Kapitel I aufgefu¨hrten Voraussetzungen fu¨r Existenz und Eindeutigkeit von Lo¨sungen genu¨gen, sind sogenannte Sobolevra¨ume. Im Folgenden werden die wesentlichen Notationen und Eigenschaften dieser Funktionenra¨ume angegeben. Fu¨r weitere Details in diesem Kontext wird auf [1] verwiesen. Ausgangspunkt ist der Raum L2(Ω) := L2(Ω)/N (Ω), wobei Ω ⊂ Rk be- schra¨nkt, offen und zusammenha¨ngend und N (Ω) := {f ∈ L2(Ω) | ∫ Ω f2 dx = 0} ist. Im Weiteren wird in der Notation fu¨r [f ] ∈ L2(Ω) nicht mehr zwischen [f ] und f unterschieden. Der Raum L2(Ω) ist vermo¨ge des Ska- larprodukts (u, v)0 := (u, v)0,Ω := ∫ Ω uv dx mit der zugeho¨rigen Norm ‖u‖20 := ‖u‖20,Ω := (u, u)0,Ω ein Hilbertraum. Fu¨r den Rand Γ := ∂Ω ist der Hilbertraum L2(Γ) entsprechend mit einem auf Γ erweiterten Integral-Begriff unter geeigneten Gla¨tte-Voraussetzungen zu definieren.1 Das zugeho¨rige Skalarprodukt wird mit (·, ·)0,Γ und die Norm mit ‖ · ‖0,Γ bezeichnet. Der klassische Differenzierbarkeitsbegriff wird in der Regel punktweise defi- niert und ist deshalb fu¨r L2-Funktionen zu restriktiv. Der fu¨r L2-Funktionen angemessene Differenzierbarkeitsbegriff basiert auf einer distributiven U¨ber- tragung der klassischen Differenzierbarkeit und fu¨hrt auf den Begriff der schwachen Ableitung. Fu¨r einen Multiindex α = (α1, . . . , αn) ∈ Nn0 mit |α| := ∑ni=1 αi und fu¨r eine Funktion φ ∈ C|α|(Ω) bezeichnet ∂αφ := ∂|α|/∂α1x1 · · · ∂αnxn φ die partielle Ableitung nach α im klassischen Sinn. Die Funktion u ∈ L2(Ω) hat die schwache partielle Ableitung ∂αu ∈ L2(Ω), falls ∀φ ∈ C∞0 (Ω) : (φ, ∂αu)0 = (−1)|α|(∂αφ, u)0 1vgl. S.114 in [1] II.1. Sobolevra¨ume 33 gilt. Die schwache partielle Ableitung ist wohl definiert und stimmt mit der klassischen partiellen Ableitung u¨berein, falls u ∈ C|α|(Ω) ist. Die Menge aller Funktionen aus L2(Ω), die alle Ableitungen bis zu einem bestimmten Grad m ∈ N0 besitzen, werden in dem Raum Hm(Ω) := {u ∈ L2(Ω) | ∀α ∈ Nn0 , |α| ≤ m : ∂αu ∈ L2(Ω)} zusammengefasst, fu¨r den der Be- griff Sobolevraum gebra¨uchlich ist.2 Vermo¨ge des Skalarprodukts (u, v)m := (u, v)m,Ω := ∑ |α|≤m(∂αu, ∂αv)0,Ω ist der Raum Hm(Ω) ein Hilbertraum. Die zugeho¨rige Norm ist definiert durch ‖u‖2m := ‖u‖2m,Ω := (u, u)m,Ω. Unter Verwendung geeigneter Koordinatensysteme von Γ wird der Hilber- traum Hm(Γ) u¨ber den Raum Hm(Rk−1) definiert. Zur genauen Angabe der Definition sei auf [76] verwiesen. Das dazugeho¨rige Skalarprodukt sei mit (u, v)m,Γ bezeichnet, die Norm mit ‖u‖m,Γ. Bedingungen, die auf dem Rand von Ω vorgeschrieben werden, erfordern den Begriff der Einschra¨nkung auf Teilmengen des Randes von Ω. Da die Gleichheit von L2-Funktionen punktweise nur fast u¨berall erfu¨llt sein muss, ist die punktweise Einschra¨nkung einer L2-Funktion auf den Rand Γ := ∂Ω nicht sinnvoll. Es existiert jedoch stets genau eine stetige, lineare Abbildung γ : H1(Ω)→ L2(Γ), die mit der punktweisen Einschra¨nkung fu¨r Funktionen aus C0(Ω) ∩H1(Ω) u¨bereinstimmt:3 ∀u ∈ C0(Ω) ∩H1(Ω) : u|Γ = γ(u). Die Abbildung γ wird auch Spuroperator genannt. Dieser ist nicht surjektiv, jedoch ist der Hilbertraum H1/2(Γ) := γ(H1(Ω)) versehen mit der Norm ‖w‖1/2 := inf v∈H1(Ω) γ(v)=w ‖v‖1, dicht in L2(Γ). Der Dualraum von H1/2(Γ) wird mit H−1/2(Γ) bezeichnet, die dazugeho¨rige Norm mit ‖ · ‖−1/2. Eine besondere Bedeutung haben Sobolevra¨ume, die auf Teilmengen des Randes verschwinden. Man definiert mit Hilfe des Spuroperators γ fu¨r eine abgeschlossene Teilmenge Γ0 ⊂ Γ mit ∫ Γ0 ds > 0 die Ra¨ume H 1(Ω,Γ0) := {v ∈ H1(Ω) | γ(v)|Γ0 = 0} und H10 (Ω) := H1(Ω,Γ). Offenbar ist kerγ = 2Fu¨r diese Menge ist ebenfalls die Bezeichnung Wm(Ω) verbreitet, vgl. Bemerkungen auf S.162 in [106]. 3vgl. Th.5.22 in [1]. Vorausgesetzt wird, dass Ω die sogenannte Kegelbedingung erfu¨llt. 34 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen H10 (Ω). Wenn der Rand Γ hinreichend glatt ist, ist H10 (Ω) die Vervollsta¨ndi- gung von C∞0 (Ω) in L2(Ω) bzgl. der ‖ · ‖1-Norm4, also ist insbesondere H10 (Ω) dicht in L2(Ω) enthalten. Der zu H10 (Ω) geho¨rige Dualraum wird mit H−1(Ω) bezeichnet. Daru¨ber hinaus definiert man fu¨r eine zu Γ0 disjunkte, offene Teilmenge Γ1 ⊂ Γ mit Γ0 ∪Γ1 = Γ den Raum H1/2(Γ1) := γ(H1(Ω,Γ0)), der als abge- schlossener Unterraum vonH1/2(Γ) mit der Norm ‖·‖1/2,Γ1 ein Hilbertraum ist. Der Dualraum wird mit H−1/2(Γ1) bezeichnet, die zugeho¨rige Norm ist ‖·‖−1/2,Γ1. Der Raum L2(Γ1) := {v ∈ L2(Γ) | v|Γ0 = 0} ist als abgeschlosse- ner Unterraum mit dem von L2(Γ) induzierten Skalarprodukt ebenfalls ein Hilbertraum. Das dazugeho¨rige Skalarprodukt wird mit (·, ·)0,Γ1 bezeichnet. Der Raum H1/2(Γ1) ist eine dichte Teilmenge von L2(Γ1). Werden die Ra¨ume L2(Ω) und L2(Γ1) mit ihren Dualra¨umen identifiziert, erha¨lt man die jeweils dichten Inklusionen H10 (Ω) ⊂ L2(Ω) = L2(Ω)′ ⊂ H−1(Ω), H1/2(Γ1) ⊂ L2(Γ1) = L2(Γ1)′ ⊂ H−1/2(Γ1). Ein wesentlicher Zusammenhang zwischen Funktionen aus H1(Ω) und H1/2(Γ) wird durch die Greensche Formel hergestellt. Hierzu ist der Gradi- ent ∇ : H1(Ω) → L2(Ω)k fu¨r ein v ∈ H1(Ω) definiert als (∇v)i := ∂v/∂xi. Ferner ist der Divergenz-Operator div : H(div,Ω)→ L2(Ω) definiert u¨ber ∀φ ∈ C∞0 (Ω) : (divw, φ)0 = −(w,∇φ)0 (II.1) mit H(div,Ω) := {w ∈ L2(Ω)k | divw ∈ L2(Ω)} sowie (w, v)0 := (wi, vi)0 fu¨r w, v ∈ L2(Ω)k. Fu¨r w ∈ H1(Ω)k ist divw = ∂wi/∂xi.5 Es gilt fu¨r w ∈ H(Ω)k und v ∈ H1(Ω):6 (w,∇v)0 = (− divw, v)0 + (γ(w)n, γ(v))0,Γ. (II.2) Hierbei bezeichnet n ∈ L2(Γ)k den a¨ußeren Normalenvektor mit La¨nge 1 bzgl. Γ. Der Gradient fu¨r mehrkomponentige Funktionen ∇ : H1(Ω)k → L2(Ω)k×k ist fu¨r ein v ∈ H1(Ω)k definiert als (∇v)ij := ∂vi/∂xj , sowie der entspre- chende Divergenz-Operator div : H(div,Ω) → L2(Ω)k analog zu (II.1) mit 4vgl. Satz 6.2.42 in [61] 5im Sinne der Einsteinschen Summenkonvention 6vgl. z.B. Th.A.29 in [89] II.2. Modellprobleme 35 H(div,Ω) := {τ ∈ L2(Ω)k×k | div τ ∈ L2(Ω)k} und (τ, υ)0 := (τij , υij)0 fu¨r τ, υ ∈ L2(Ω)k×k. Ferner ist (div τ)i = ∂τij/∂xj fu¨r τ ∈ H1(Ω)3×3. Zudem erha¨lt man fu¨r v ∈ H1(Ω)k eine analoge Greensche Formel: (τ,∇v)0 = (− div τ, v)0 + (γ(τ)n, γ(v))0,Γ. (II.3) Ist Γ hinreichend glatt, ko¨nnen Normal- und Tangentialra¨ume bzgl. Γ1 de- finiert werden. Hierzu beinhalte t ∈ L2(Γ)k×(k−1) die Tangentialvektoren bzgl. Γ, so dass κ(x) := (n(x), t(x)) fu¨r x ∈ Γ ein orthonormales Sy- stem ist. Die Abbildungen δn : H1(Ω,Γ0)k → H1/2n (Γ1) := δn(H1(Ω,Γ0)k) und δt : H1(Ω,Γ0)k → H1/2t (Γ1) := δt(H1(Ω,Γ0)k) seien definiert durch δn(v) := n⊤γ(v) und δt(v) := t⊤γ(v), und es sei δ := (δn, δt)⊤. Vermo¨ge der Abbildung δ˜ : H1/2(Γ1)k → H1/2nt (Γ1) mit δ˜(w) := κ⊤w gilt H1/2nt (Γ1) := H1/2n (Γ1)×H1/2t (Γ1) ≃ H1/2(Γ1)k, wobei durch ‖w‖1/2,nt := ‖δ˜−1(w)‖1/2,Γ1 die zugeho¨rige Norm definiert ist. Die Ra¨ume H1/2nt (Γ1), H 1/2 n (Γ1) und H1/2t (Γ1) sind Hilbertra¨ume, wobei die Normen vonH 1/2 n (Γ1) und H1/2t (Γ1) durch ‖ · ‖1/2,n := ‖(·, 0)‖1/2,nt und ‖ · ‖1/2,t := ‖(0, ·)‖1/2,nt gegeben sind, und die Normen ihrer Dualra¨ume H−1/2n (Γ1) und H−1/2t (Γ1) mit ‖ · ‖−1/2,n bzw. ‖ ·‖−1/2,t bezeichnet seien. Der Dualraum von H1/2nt (Γ1) sei H−1/2nt (Γ1) mit der Norm ‖ · ‖−1/2,nt. Die Ra¨ume H1/2n (Γ1), H1/2t (Γ1) und H1/2nt (Γ1) sind dicht in L2(Γ1), L2(Γ1)k−1 bzw. L2(Γ1)k enthalten.7 II.2 Modellprobleme Ziel dieses Abschnitts ist die Einfu¨hrung von einfachen Modellproblemen, die jedoch repra¨sentativ fu¨r eine Vielzahl von elliptischen Minimierungspro- blemen, inbesondere fu¨r die in Abschnitt II.3 aufgefu¨hrten Probleme sind. Hierzu sei Ω ⊂ R2 beschra¨nkt, offen und zusammenha¨ngend. Fu¨r den Rand Γ := ∂Ω gelte Γ = Γ0 ∪ Γ1 und ∫ Γ0 ds > 0, wobei Γ0,Γ1 ⊂ Γ disjunkte, offene Teilmengen seien. Ferner sei f ∈ L2(Ω) und q ∈ L2(Γ1). Ein typisches Modellproblem fu¨r unrestringierte Minimierungsprobleme ist min v∈H1(Ω,Γ0) E(v) (II.4) mit dem Zielfunktional E(v) := 12(∇v,∇v)0 − (f, v)0 − (q, γ(v))0,Γ1 . (II.5) 7vgl. [64] 36 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen Die hier verwendete Bilinearform a : H1(Ω) ×H1(Ω) → R mit a(v, w) := (∇v,∇w)0 ist offensichtlich symmetrisch und wegen der Cauchy-Schwarz- schen Ungleichung auch stetig. Aus der Poincare´-Friederichsschen Unglei- chung8 folgt, dass a elliptisch ist. Damit ist durch (II.4) ein unrestringiertes elliptisches Minimierungsproblem erster Art gegeben. Nach Satz I.11 be- sitzt das Minimierungsproblem (II.4) genau eine Lo¨sung u. Fu¨r diese ist notwendig und hinreichend: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0) : (∇u,∇v)0 = (f, v)0 + (q, γ(v))0,Γ1 . (II.6) Das Zielfunktional in (II.5) beschreibt in vereinfachter Form die potientielle Energie bei Durchbiegung einer Membran unter der Belastung f . Dement- sprechend ist die Lo¨sung u die Verschiebung im vom System angestrebten, kleinsten energetischen Zustand. Der zu a assoziierte Operator ist −∆, wobei der Operator ∆ := div∇ Laplace-Operator heißt.9 Im Folgenden sei α wie in Satz I.21.10 Falls ∇u ∈ H(div,Ω) ist, folgt damit aus Satz I.22: Genau dann ist u Lo¨sung von (II.6), wenn gilt: −∆u = f (II.7) α0(u) = q (II.8) Ist u ∈ H2(Ω), folgt aus der Eindeutigkeit von α und der Greenschen Formel II.2, dass α0(u) = ∂nu := γ(∇u)n ist. Damit erha¨lt man aus (II.7)-(II.8): Satz II.1 Es sei u ∈ H1(Ω,Γ0) ∩ H2(Ω). Genau dann ist u Lo¨sung von (II.6), wenn gilt: −∆u = f ∂nu = q. II.2.1 Vereinfachte Signorini-Probleme Das in diesem Abschnitt behandelte Modellproblem ist ein restringiertes elliptisches Minimierungsproblem erster Art. Das Zielfunktional E ist wie 8vgl. z.B. Th.1.5 in [25] 9vgl. z.B. Ch.6. Lemma 1.1 in [5] 10Mit den Bezeichnungen aus Abschnitt I.4 ist V := H1(Ω,Γ0), W := L2(Ω), U := H1/2(Γ1)× {0} bzw. U := {0} ×H1/2(Γ1) und β := (γ, 0) bzw. β := (0, γ). II.2. Modellprobleme 37 in (II.5) definiert. Im Unterschied zu (II.4) kommen nun Restriktionen auf dem Rand Γ der Form K := {v ∈ H1(Ω,Γ0) | γ(v) ≥ g} (II.9) mit g ∈ H1/2(Γ1) hinzu, wobei die Halbordnungen ≤ bzw. ≥ als fast u¨berall auf Γ zu verstehen sind. Untersucht wird demnach die Bestimmung von min v∈K E(v). (II.10) Da K konvex und abgeschlossen ist, existiert nach Satz I.11 genau eine Lo¨sung u ∈ K von (II.10). Fu¨r diese ist notwendig und hinreichend: ∀v ∈ K : (∇u,∇(v − u))0 ≥ (f, v − u)0 + (q, γ(v − u))0,Γ1 . (II.11) Das Minimierungsproblem (II.10) ist ein vereinfachtes Modellproblem vom sogenannten Signorini-Typ.11 Es beschreibt die Durchbiegung einer Mem- bran bei Vorhandensein eines Hindernisses auf dem Rand. Gilt u ∈ K mit ∇u ∈ H(div,Ω), dann ist u nach Satz I.23 genau dann Lo¨sung von (II.11), wenn −∆u = f (II.12) q − α0(u) ∈ Λ0 (II.13) 〈q − α0(u), γ(u)− g〉 = 0 (II.14) erfu¨llt ist. Hierbei ist Λ0 := G′ der duale Kegel von G := {v ∈ H1/2(Γ1) | v ≤ 0}. Im Fall, dass u ∈ H2(Ω) ist, ko¨nnen die Bedingungen (II.12)-(II.14) kon- kretisiert werden. Hierzu sei v ∈ L2(Γ1) mit v ≤ 0. Da H1/2(Γ1) dicht in L2(Γ1) enthalten ist, existiert eine Folge {vm} ⊂ G mit vm → v. Damit ist 0 ≤ limm→∞(q − ∂nu, vm)0,Γ1 = (q − ∂nu, v)0,Γ1 , woraus q − ∂nu ≤ 0 folgt. Aus (II.14) erha¨lt man 0 = (q − ∂nu, γ(u) − g)0,Γ1 und damit (q − ∂nu)(γ(u)− g) = 0. Satz II.2 Es sei u ∈ K ∩ H2(Ω). Genau dann ist u Lo¨sung von (II.11), wenn gilt: −∆u = f (II.15) q − ∂nu ≤ 0 (II.16) (q − ∂nu)(γ(u)− g) = 0. (II.17) 11vgl. Abschnitt II.3 38 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen Da K = {v ∈ H1(Ω,Γ0) | g − γ(v) ∈ G} und G konvex und abgeschlossen ist, ist das Funktional Φ0 : H1(Ω,Γ0)×G′ → R mit Φ0(v, µ0) := 〈µ0, γ(v)− g〉 (II.18) nach Satz I.3 ein Multiplikatorfunktional bzgl. K. Damit erha¨lt man mit Hilfe von Satz I.12 eine variationelle Sattelpunktformulierung fu¨r die Lo¨sung von (II.10): u ∈ H1(Ω,Γ0) ist Lo¨sung von (II.10), wenn ein λ0 ∈ Λ0 existiert, so dass ∀v ∈ H1(Ω,Γ0) : (∇u,∇v)0 = (f, v)0 + (q, γ(v))0,Γ1 − 〈λ0, γ(v)〉 (II.19) ∀µ0 ∈ Λ0 : 〈µ0 − λ0, γ(u)− g〉 ≤ 0 (II.20) gilt. Da rg(γ|H1(Ω,Γ0)) = H1/2(Γ1) abgeschlossen in H1/2(Γ1) ist, besitzt das System (II.19)-(II.20) nach Satz I.18 eine eindeutige Lo¨sung. Mit Hilfe von Satz I.24 kann der Lagrangesche Multiplikator λ0 explizit angegeben werden: Ist u ∈ H1(Ω,Γ0) ∩H2(Ω), dann ist (u, λ) genau dann Lo¨sung von (II.19)-(II.20), wenn u (II.11) oder (II.15)-(II.17) erfu¨llt und wenn λ0 = q − ∂nu ist. Zur Veranschaulichung der in Satz II.2 formulierten Eigenschaften einer Lo¨sung u sei Ω := (−1, 1)2 und Γ1 := (−1, 1) × {−1} ∪ {−1} × (−1, 1). Außerdem sei f := −1 sowie q(x0, x1) := − 14x31. Die Durchbiegung u einer Membran ist in Abbildung II.1 dargestellt. Links ist die Membran ohne Restriktionen zu sehen, rechts die Membran mit dem Hindernis g(x0, x1) := −x20 auf dem Rand (untere Linie). Abb. II.1: Durchbiegung einer Membran ohne Randrestriktionen, mit Hindernis. Zusa¨tzlich ist fu¨r den Hindernisfall der Lagrangesche Multiplikator λ0 = q − ∂nu (obere Linie) eingetragen. Man erkennt deutlich am rechten Bild, II.2. Modellprobleme 39 dass die Membran auf dem Hindernis aufliegt, und dass λ0 innerhalb dieser Kontaktzone negativ ist und außerhalb verschwindet. II.2.2 Idealisierte Reibungsprobleme Ein unrestringiertes elliptisches Minimierungsproblem zweiter Art ist das Modellproblem min v∈H1(Ω,Γ0) H(v) + j(v). (II.21) Hierbei setzt man H(v) := 12 (∇v,∇v)0 − (f, v)0 − (q, γ(v))0,Γ1 und j(v) := (s, |γ(v)|)0,Γ1 mit s ∈ L2(Γ1) und s ≥ 0.12 Da j offenbar ein konvexes und stetiges Funktional ist, hat das Minimie- rungsproblem (II.21) nach Satz I.13 genau eine Lo¨sung u ∈ H1(Ω,Γ0). Hierfu¨r ist notwendig und hinreichend: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0) : (∇u,∇(v − u))0 + (s, |γ(v)|)0,Γ1 − (s, |γ(u)|)0,Γ1 ≥ (f, v − u)0 + (q, γ(v − u))0,Γ1 . (II.22) Das Minimierungsproblem (II.21) ist ein stark idealisiertes Reibungspro- blem.13 Ist ∇u ∈ H(div,Ω), folgt aus Satz I.25, dass u genau dann Lo¨sung von (II.22) ist, wenn gilt: −∆u = f (II.23) q − α1(u) ∈ Λ1 (II.24) 〈q − α1(u), γ(u)〉 = (s, |γ(u)|)0,Γ1 , (II.25) wobei Λ1 := {µ1 ∈ H−1/2(Γ1) | ∀w ∈ H1/2(Γ1) : |〈µ1, w〉| ≤ (s, |w|)0,Γ1} ist. Da H1/2(Γ1) dicht in L2(Γ1) enthalten ist, ist nach Satz I.29 Λ1 = {µ1 ∈ L2(Γ1) | ∀w ∈ L2(Γ1) : |(µ1, w)0| ≤ (s, |w|)0}. Fu¨r µ1 ∈ Λ1 und w ∈ L2(Γ1) mit w ≥ 0 folgt damit (±µ1−s, w) ≤ 0. Also ist |µ1| ≤ s. Andererseits folgt aus |µ1| ≤ s unmittelbar |(µ1, w)| ≤ (s, |w|) fu¨r w ∈ L2(Γ1). Demnach ist Λ1 = {µ1 ∈ L2(Γ1) | |µ1| ≤ s}. (II.26) 12Fu¨r eine (mehrkomponentige) L2-Funktion sind die L2-Funktionen |v| und sign(v) definiert als |v| := √ v⊤v und sign(v) := |v|−1v fu¨r v(x) 6= 0 und sign(v) := 0 sonst. 13vgl. Abschnitt II.3 40 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen Ist u ∈ H2(Ω), folgt aus (II.25), dass (s−sign(γ(u))(q−∂nu), |γ(u)|)0,Γ1 = 0 ist. Da wegen (II.24) q−∂nu ∈ Λ1 ist, folgt aus (II.26) 0 = (s−sign(γ(u))(q− ∂nu))|γ(u)| = s|γ(u)| − γ(u)(q − ∂nu) und damit (q − ∂nu)γ(u) = s|γ(u)|. (II.27) Lemma II.1 Ist |q − ∂nu| ≤ s und s > 0, dann ist die Bedingung (II.27) a¨quivalent zu |q − ∂nu| < s⇒ γ(u) = 0 (q − ∂nu) = s⇒ γ(u) ≥ 0 −(q − ∂nu) = s⇒ γ(u) ≤ 0. Beweis: trivial.  Zusammen mit Lemma II.1 erha¨lt man schließlich aus (II.23)-(II.25): Satz II.3 Es sei u ∈ H(Ω,Γ0) ∩ H2(Ω) und s > 0. Genau dann ist u Lo¨sung von (II.22), wenn gilt: −∆u = f (II.28) |q − ∂nu| ≤ s (II.29) |q − ∂nu| < s⇒ γ(u) = 0 (II.30) (q − ∂nu) = s⇒ γ(u) ≥ 0 (II.31) −(q − ∂nu) = s⇒ γ(u) ≤ 0. (II.32) Bemerkung II.1 Wird in Satz II.3 s = 0 auf Γ1,0 ⊂ Γ1 sowie s > 0 auf Γ1,1 ⊂ Γ1 vorausgesetzt, so muss das System (II.28)-(II.32) modifiziert werden: Zu erga¨nzen ist die Bedingung ∂nu = q auf Γ1,0, zudem sind die Bedingungen (II.29)-(II.32) auf Γ1,1 zu beschra¨nken. Zur Gewinnung einer variationellen Sattelpunktformulierung ist ein Multi- plikatorfunktional bzgl. j herzuleiten: Fu¨r µ1 ∈ Λ1 ist offenbar auch −µ1 ∈ Λ1, woraus fu¨r v ∈ H1(Ω,Γ0) unmittelbar folgt, dass j(v) = (s, |γ(v)|)0,Γ1 ≥ supµ1∈Λ1(µ1, γ(v))0,Γ1 ist. Weil | sign(γ(v))s| = s ist, gilt andererseits j(v) = (s, |γ(v)|)0,Γ1 = (sign(γ(v))s, γ(v))0,Γ1 ≤ supµ1∈Λ1(µ1, γ(v))0,Γ1 . Demnach erfu¨llt j das Kriterium (I.59), ferner ist Φ1 : H1(Ω,Γ0) × Λ1 → R mit Φ1(v, µ1) := (µ1, γ(v))0,Γ1 ein Multiplikatorfunktional bzgl. j. Nach Satz I.14 ist u ∈ H1(Ω,Γ0) Lo¨sung des Minimierungsproblems (II.21), II.3. Linear-elastische Kontaktprobleme 41 wenn ein λ1 ∈ Λ1 existiert, so dass ∀v ∈ H1(Ω,Γ0) : (∇u,∇v)0 = (f, v)0 + (q, γ(v))0,Γ1 − (λ1, γ(v))0,Γ1 (II.33) ∀µ1 ∈ Λ1 : (µ1 − λ1, γ(u))0,Γ1 ≤ 0 (II.34) erfu¨llt ist. Da Λ1 beschra¨nkt ist und γ surjektiv auf H1/2(Γ1) abbildet, existiert nach Satz I.19 eine eindeutige Lo¨sung (u, λ1) ∈ H1(Ω,Γ0) × Λ1 von System (II.33)-(II.34). Ist u ∈ H1(Ω,Γ0) ∩ H2(Ω), dann ist (u, λ1) nach Satz I.26 genau dann Lo¨sung von (II.33)-(II.34), wenn u (II.22) oder (II.28)-(II.32) erfu¨llt und λ1 = q − ∂nu ist. In Abbildung II.2 ist die Durchbiegung u des idealisierten Reibungsproblems mit s(x0, x1) := 1−x20 und mit wie in Abschnitt II.2.1 gewa¨hlten Gro¨ßen zu sehen. Abgebildet sind die Funktion s (obere Linie) und der Lagrangesche Multiplikator λ1 = q − ∂nu (untere Linie). Erkennbar ist die in Satz II.3 (bzw. Bemerkung II.1) geforderte Eigenschaft der Lo¨sung, dass in den Be- reichen, in denen |q−∂nu| echt kleiner als s ist, die Spur von u verschwinden muss. Abb. II.2: Membran beim idealisierten Reibungsproblem. II.3 Linear-elastische Kontaktprobleme Fu¨r viele Ingenieur-technische Probleme ist die Modellierung u¨ber die linea- re Elastizita¨tstheorie eine angemessene Form der Modellbildung. Die lineare Elastizita¨tstheorie beschreibt das Deformationsverhalten von Festko¨rper- 42 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen kontinua mit Hilfe einer linearisierten Spannungs-Dehnungsbeziehung, die in Abha¨ngigkeit von Verschiebungsgro¨ßen ausgedru¨ckt wird. Das Ziel dieses Abschnitts besteht darin, Modelle von Festko¨rperkontaktmit (trockener) Reibung auf der Grundlage der linearen Elastizita¨tstheorie zu formulieren und in den von Kapitel I geschaffenen Zusammenhang zu stel- len.14 Insbesondere sollen die in Abschnitt I.4 beschriebenen a¨quivalenten Darstellungsformen genutzt werden, um geeignete physikalische Interpreta- tionen hinsichtlich der im System auftretenden Kra¨ftebilanzen anzugeben. Eine konkrete Anwendung der in diesem Abschnitt dargestellten Modellie- rungsformen wird in Abschnitt II.4 beschrieben. Betrachtet wird ein Ko¨rper als materielles Kontinuum mit der ra¨umlichen Einbettung Ω ⊂ R3, der an einem Randsegment Γ0 ⊂ Γ eingespannt ist und auf den volumen- und oberfla¨chenbezogene Kra¨fte f ∈ L2(Ω)3 bzw. q = (qn, qt)⊤ ∈ L2(Γ1) × L2(Γ1)2 wirken, wobei qn und qt die Kraftanteile in normaler und tangentialer Richtung bezeichnen.15 Die auf den Ko¨rper einwirkenden Kra¨fte verursachen eine Deformation des Ko¨rpers, so dass jeder Massepunkt x ∈ Ω auf eine neue Position φ(x) ∈ R3 verschoben wird. Die Funktion v mit v(x) := φ(x) − x heißt in diesem Zusammenhang Verschiebungsfunktion. Die Abweichung von ∇φ⊤∇φ gegenu¨ber der Einheitsmatrix kann als Maß fu¨r die Verzerrung oder Dehnung und damit als Maß fu¨r die Deformation des Ko¨rpers betrachtet werden. Werden kleine Verschiebungen vorausgesetzt, so ko¨nnen Terme ho¨herer Ord- nung vernachla¨ssigt werden, so dass die Dehnungen fu¨r eine Verschiebung v ∈ H1(Ω,Γ0) durch den Operator ε : H1(Ω)3 → L2(Ω)3×3sym := {τ ∈ L2(Ω)3×3 | τij = τji} mit ε(v) := 12 (∇v + ∇v⊤) wiedergegeben werden. Der Operator ε wird linearisierter Greenscher Dehnungs- oder Verzerrungs- tensor genannt. Die potentielle Energie E(v) eines Ko¨rpers nach Erleiden einer Deformation um die Verschiebung v berechnet sich aus E(v) := 12(σ(v), ε(v))0 − (f, v)0 − (q, δ(v))0,Γ1 , wobei δ der in Abschnitt II.1 beschriebene Operator ist. Das hierdurch de- finierte Funktional E : H1(Ω,Γ0) → R heißt Energiefunktional. Der darin 14Darstellung und Notation orientieren sich an den in Abschnitt VI.3 aus [25] beschrie- benen Ausfu¨hrungen bezu¨glich der linearen Elastizita¨tstheorie. 15Die Eigenschaften der Mengen Ω, Γ0 und Γ1 sind wie in Abschnitt II.1 gewa¨hlt. II.3. Linear-elastische Kontaktprobleme 43 auftretende Operator σ : H1(Ω)3 → L2(Ω)3×3 ist der sogenannte Span- nungstensor. Das wesentliche Merkmal der linearen Elastizita¨tstheorie be- steht in der Annahme, dass die Spannungen in linearer Weise von den Deh- nungen abha¨ngen. Dieser Sachverhalt wird durch die Vorgabe σ(v)ij := Cijklε(v)kl (II.35) ausgedru¨ckt, wobei Cijkl ∈ L∞(Ω) mit Cijkl = Cjikl = Cklij gelten soll. Zudem existiere ein κ > 0, so dass gilt: ∀τ ∈ L2(Ω)3×3sym : Cijklτijτkl ≥ κτ2ij . (II.36) Die Beziehung (II.35) heißt lineares Materialgesetz. Ein wichtiges lineares Materialgesetz ist das sogenannte Hookesche Gesetz, bei dem Cijkl := E (1 + ν)(1− 2ν) ·    1− ν, i = j = k = l ν, i=j, k=l, k 6= i 1− 2ν, i=k, j = l 0, sonst (II.37) gesetzt wird. Die Materialkenngro¨ßen E ∈ R+ und ν ∈ (0, 0.5) werden Elastizita¨tsmodul und Querkontraktions- oder Poissonzahl genannt. Mit den in (II.37) angegebenen Koeffizienten Cijkl la¨sst sich der Spannungstensor schreiben als σ(v) := E1 + ν ( ε(v) + ν1− 2ν tr ε(v)I ) . Fu¨r weitere Details zur physikalischen Motivation der hier eingefu¨hrten Gro¨ßen sei zum Beispiel auf [25] oder [78] verwiesen. Setzt man nun die Gu¨ltigkeit des Minimalprinzips voraus, so wird die Defor- mation des Ko¨rpers unter der Wirkung der gegebenen volumen- und ober- fla¨chenbezogenen Kra¨fte durch diejenige Verschiebungsfunktion u beschrie- ben, die den energetisch gu¨nstigsten Zustand sichert. Mit anderen Worten: Die Betrachtung der Deformation eines Ko¨rpers unter Wirkung gegebener Kra¨fte fu¨hrt auf das Minimierungsproblem: Gesucht ist eine Verschiebungs- funktion u ∈ H1(Ω,Γ0), so dass gilt: E(u) = min v∈H1(Ω,Γ0) E(v). (II.38) Offenbar ist a : H1(Ω,Γ0)3 ×H1(Ω,Γ0)3 → R mit a(v, w) := (σ(v), ε(w))0 eine symmetrische und stetige Bilinearform. Die Elliptizita¨t von a folgt aus 44 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen (II.36) und aus dem 2. Kornschen Lemma16. Demnach besitzt das Mini- mierungsproblem (II.38) nach Satz I.11 genau eine Lo¨sung u. Fu¨r diese ist notwendig und hinreichend: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0)3 : (σ(u), ε(v))0 = (f, v)0 + (q, δ(v))0,Γ1 . (II.39) Der zu a assoziierte Operator ist − divσ. Im Folgenden sei α wie in Satz I.21 definiert.17 Ist σ(u) ∈ H(div,Ω), folgt aus Satz I.22: Genau dann ist u Lo¨sung von (II.39), wenn gilt: − div σ(u) = f (II.40) α(u) = q. (II.41) Fu¨r σ(u) ∈ H1(Ω)3×3 sei σn(u) := γ(σ(u))n. Da fu¨r v ∈ H1(Ω) (σn(u), γ(v))0,Γ1 = (σn(u), nδn(v) + tδt(v))0,Γ1 = (n⊤σn(u), δn(v))0,Γ1 + (t⊤σn(u), δt(v))0,Γ1 ist, folgt aus der Eindeutigkeit von α und der Greenschen Formel (II.3), dass σnn(u) := α0(u) = n⊤σn(u) und σnt(u) := α1(u) = t⊤σn(u) ist. Die Ausdru¨cke σnn(u) und σnt(u) repra¨sentieren die im System auftretenden Normal- bzw. Tangentialspannungen. Aus (II.40)-(II.41) erha¨lt man damit: Satz II.4 Es sei u ∈ H1(Ω,Γ0) mit σ(u) ∈ H(Ω)3×3. Genau dann ist u Lo¨sung von (II.6), wenn gilt: − divσ(u) = f (II.42) σnn(u) = qn (II.43) σnt(u) = qt. (II.44) Im Wesentlichen besagt Satz II.4, dass die Reaktionskra¨fte im Ko¨rper mit den auf den Ko¨rper einwirkenden Kra¨ften im Gleichgewicht sind. Die Glei- chungen (II.42)-(II.44) heißen deshalb auch Gleichgewichtsbedingungen. Im Gegensatz zu der in diesem Abschnitt dargestellten Vorgehensweise be- ginnt der Ingenieur-technische Zugang zur Modellierung in der Regel mit der Forderung, dass die Gleichgewichtsbedingungen bezu¨glich der einwir- kenden Kra¨fte und der Reaktionskra¨fte erfu¨llt sind. Anschließend wird u¨ber die kinematische Beziehung fu¨r ε und u¨ber die Materialgesetzbeziehung fu¨r σ das Differentialgleichungssystem (II.42)-(II.44) formuliert. 16vgl. Th 3.3 in [25] 17Mit den Bezeichnungen aus Abschnitt I.4 ist V := H1(Ω,Γ0)3, W := L2(Ω)3, U := H1/2n (Γ1)×H1/2t (Γ1) und β := δ. II.3. Linear-elastische Kontaktprobleme 45 II.3.1 Reibungsfreie Kontaktprobleme Ist die Deformation des Ko¨rpers durch das Vorhandensein eines starren Hindernisses eingeschra¨nkt, so kann dies durch Restriktionen an die Ver- schiebungsfunktion ausgedru¨ckt werden. Hierzu sei der Einfachheit halber das Oberfla¨chensegment des Hindernisses, das mo¨glicherweise in Kontakt mit dem Ko¨rper in Γ1 geraten ko¨nnte, mit Υ ⊂ R3 bezeichnet. Ferner seien Υ und Γ1 durch hinreichend glatte Funktionen ψ, ϕ : R2 → R parametri- sierbar: Υ = {(x1, x2, ψ(x1, x2)) | (x1, x2) ∈ R2} Γ1 = {(x1, x2, ϕ(x1, x2)) | (x1, x2) ∈ R2}. Die Hindernisbedingung, die den Ko¨rper als stets unterhalb des Hindernisses befindlich verlangt, kann damit fu¨r eine Verschiebungsfunktion v in der folgenden Form angegeben werden: ϕ(x1, x2) + v3(x1, x2, ϕ(x1, x2)) ≤ ψ(x1 + v1(x1, x2, ϕ1(x1, x2)), x2 + v2(x1, x2, ϕ(x1, x2))) (II.45) Soll sich der Ko¨rper oberhalb des Hindernisses befinden, ist in (II.45) ≥ zu verwenden.18 Die Bedingung (II.45) ist im Allgemeinen nicht linear. Zur Formulierung einer einfachen Restriktionsmenge K, die insbesondere mit einem Multipli- katorfunktional wie in Abschnitt I.3 erfasst werden kann, ist eine geeignete Linearisierung von (II.45) notwendig. In Ch. 2, [72] wird eine entsprechende Herleitung angegeben, die auf eine na¨herungsweise Formulierung von (II.45) in der Gestalt g − δn(v) ≥ 0 fu¨hrt. Hierbei ist g mit g(x1, x2, x3) = ψ(x1, x2)− ϕ(x1, x2)√ 1 + ( ∂ϕ ∂x1 (x1, x2) )2 + ( ∂ϕ ∂x2 (x1, x2) )2 die sogenannte Gap-Funktion von Υ und Γ1. Die Menge der zula¨ssigen Ver- schiebungen ist demnach K := {v ∈ H1(Ω,Γ0)3 | g − δn(v) ≥ 0}. Sind ϕ und ψ hinreichend glatt, kann im Folgenden vorausgesetzt werden, dass g ∈ H1/2n (Γ1) ist. 18Fu¨r andere Hinderniskonstellationen sind die Variablen entsprechend zu vertauschen. 46 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen Das zu betrachtende Minimierungsproblem lautet: Finde ein u ∈ K, so dass gilt: E(u) = min v∈K E(v). (II.46) Da K konvex und abgeschlossen ist, besitzt (II.46) nach Satz I.11 genau eine Lo¨sung u ∈ K. Fu¨r diese ist notwendig und hinreichend: ∀v ∈ K : (σ(u), ε(v − u))0 ≥ (f, v − u)0 + (q, δ(v − u))0,Γ1 . (II.47) Gilt u ∈ K mit σ(u) ∈ H(div,Ω), folgt wegen δt(ker δn) = H1/2t (Γ1) aus Satz I.23: Genau dann ist u Lo¨sung von (II.47), wenn gilt: − divσ(u) = f (II.48) qn − α0(u) ∈ Λn (II.49) 〈qn − α0(u), δn(u)− g〉 = 0 (II.50) α1(u) = qt. (II.51) Hierbei ist Λn := G′ der duale Kegel von G := {v ∈ H1/2n (Γ1) | v ≥ 0}. Analog zur Herleitung von Satz II.2 erha¨lt man damit aus (II.48)-(II.51): Satz II.5 Es sei u ∈ K und σ(u) ∈ H1(Ω)3×3. Genau dann ist u Lo¨sung von (II.47), wenn gilt: − divσ(u) = f (II.52) qn − σnn(u) ≥ 0 (II.53) (qn − σnn(u))(δn(u)− g) = 0 (II.54) σnt(u) = qt. (II.55) Die Gleichungen (II.52)-(II.55) aus Satz II.5 sind in der folgenden Wei- se zu interpretieren: Die Gleichungen (II.52) und (II.55) besagen, dass die Volumenkra¨fte und die tangentialen Oberfla¨chenkra¨fte mit den inneren Re- aktionskra¨ften bzw. mit den Tangentialspannungen im Gleichgewicht sind. Die Bedingung (II.54) bedeutet, dass Kontakt vorhanden ist, oder Gleichge- wicht zwischen den normalen Oberfla¨chenkra¨ften und den Normalspannun- gen besteht. Die Vorzeichenbedingung (II.53) bedeutet, dass die normalen Kontaktkra¨fte, die hier definiert sind als σnn(u)−qn, ho¨chstens Druckkra¨fte, aber keine Zugkra¨fte sind. Durch die Verwendung des Multiplikatorfunktionals19 Φn : H1(Ω,Γ0)3 × G′ → R , Φn(v, µn) := 〈µn, δn(v) − g〉 erha¨lt man aus Satz I.12: u ∈ 19vgl. (II.18) II.3. Linear-elastische Kontaktprobleme 47 H1(Ω,Γ0)3 ist Lo¨sung von (II.46), wenn ein λn ∈ Λn existiert, so dass ∀v ∈ H1(Ω,Γ0)3 : (σ(u), ε(v))0 = (f, v)0 + (q, δ(v))0,Γ1 − 〈λn, δn(v)〉 (II.56) ∀µn ∈ Λn : 〈µn − λn, δn(u)− g〉 ≤ 0 (II.57) gilt. Da rg(δn) = H1/2n (Γ1) abgeschlossen in H1/2n (Γ1) ist, besitzt das Sy- stem (II.56)-(II.57) nach Satz I.18 genau eine Lo¨sung. Ist u ∈ H1(Ω,Γ0) mit σ(u) ∈ H1(Ω)3×3, folgt aus Satz I.24, dass (u, λn) genau dann Lo¨sung von (II.56)-(II.57) ist, wenn u ∈ K ist, u (II.47) oder (II.52)-(II.55) erfu¨llt und wenn λn = qn − σnn(u) ist. Damit erha¨lt der Lagrangesche Multiplikator auch eine physikalisch interpretierbare Eigen- schaft: Er repra¨sentiert die negativen normalen Kontaktkra¨fte. II.3.2 Reibungsprobleme mit vorgegebener Normalspannung Das Minimierungsproblem (II.46) ist ein Modell fu¨r reibungsfreien Kontakt, da keinerlei Reibungsnebenbedingungen beru¨cksichtigt werden. Reibung liegt vor, wenn durch einen Reibungswiderstand ein Randpunkt daran gehindert wird, eine andere Position in tangentialer Richtung einzu- nehmen. Die tangentiale Verschiebung soll erst dann von null verschieden sein, wenn die tangentialen Kontaktkra¨fte, hier definiert als σnt(u)−qt, vom Betrage her dem Reibungswiderstand entsprechen. Dieser Sachverhalt kann durch das folgende System ausgedru¨ckt werden: |qt − σnt(u)| ≤ s (II.58) |qt − σnt(u)| < s⇒ δt(u) = 0 (II.59) |qt − σnt(u)| = s⇒ ∃ζ ∈ R≥0 : δt(u) = ζ(qt − σnt(u)). (II.60) Die Bedingung (II.58) besagt, dass die tangentialen Kontaktkra¨fte in einem Randpunkt betragsma¨ßig durch einen Reibungswiderstand s beschra¨nkt sind. Dass in tangentialer Richtung keine Verschiebung vorhanden ist, wenn die tangentialen Kontaktkra¨fte vom Betrage her nicht groß genug sind, um den Reibungswiderstand zu u¨berwinden, wird durch die Bedingung (II.59) ausgedru¨ckt. In diesem Fall spricht man von Haftung bzw. von einer Haftzo- ne. Dass eine Randpunkt in tangentialer Richtung t(qt − δt(u)) verschoben wird, wenn die tangentialen Kontaktkra¨fte genau so groß wie der Reibungs- widerstand sind, wird durch die Bedingung (II.60) dargestellt. Hier spricht man von Gleiten bzw. von Gleitzonen. 48 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen Reibungsnebenbedingungen, wie sie in (II.58)-(II.60) dargestellt sind, lassen sich nicht in geeigneter Form mit Hilfe einer Restriktionsmenge wie fu¨r Hindernisnebenbedingungen formulieren. Stattdessen werden sie in Gestalt eines nicht differenzierbaren Funktionals j in die Modellierung eingearbeitet. Betrachtet wird das Minimierungsproblem: Finde ein u ∈ H1(Ω,Γ0), so dass gilt: H(u) + j(u) = min v∈H1(Ω,Γ0)3 H(v) + j(v). (II.61) Dabei setzt man H(v) := 12 (σ(v), ε(v))0 − (f, v)0 − (q, δ(v))0,Γ1 und j(v) := (s, |δt(v)|)0,Γ1 mit einer Funktion s ∈ L2(Γ1), s ≥ 0, die im Folgenden den Reibungswiderstand repra¨sentiert. Das Funktional j ist konvex und unterhalb stetig, demnach hat das Mini- mierungsproblem (II.61) nach Satz I.13 genau eine Lo¨sung u ∈ H1(Ω,Γ0)3. Fu¨r diese ist notwendig und hinreichend: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0)3 : (σ(u), ε(v − u))0 + (s, |δt(v)|)0,Γ1 − (s, |δt(u)|)0,Γ1 ≥ (f, v − u)0 + (q, δ(v − u))0,Γ1 . (II.62) Ist σ(u) ∈ H(div,Ω), dann ist u nach Satz I.25 Lo¨sung von (II.62) genau dann, wenn gilt: − divσ(u) = f (II.63) qt − α1(u) ∈ Λ1 (II.64) 〈qt − α1(u), δt(u)〉 = j(u) (II.65) α0(u) = qn. (II.66) Dabei ist Λt := {µt ∈ H−1/2t (Γ1) | ∀w ∈ H1/2t (Γ1) : |〈µt, w〉| ≤ (s, |w|)0,Γ1}. Da H1/2t (Γ1) dicht in L2(Γ1)2 enthalten ist, folgt mit Hilfe von Lemma I.29 und analog zu Abschnitt II.2.2, dass Λt = {µt ∈ L2(Γ1)2 | |µt| ≤ s} ist. Wenn σ(u) ∈ H1(Ω)3×3 ist, erha¨lt man entsprechend zur Herleitung von (II.27) daraus insbesondere (qt − σnt(u))⊤δt(u) = s|δt(u)|. (II.67) Lemma II.2 Ist |qt − σnt(u)| ≤ s und s > 0, dann sind die Bedingungen (II.67) und (II.59)-(II.60) a¨quivalent. Beweis: Es gelte die Bedingung (II.67). Dann folgt aus der Cauchy-Schwarz- schen Ungleichung: |qt − σnt(u)||δt(u)| ≥ (qt − σnt(u))⊤δt(u) = s|δt(u)| ≥ |qt − σnt(u)||δt(u)|. Also ist |qt − σnt(u)||δt(u)| = (qt − σnt(u))⊤δt(u) = s|δt(u)|. (II.68) II.3. Linear-elastische Kontaktprobleme 49 Es sei |qt − σnt(u)| < s. Angenommen, qt − σnt(u) 6= 0 und δt(u) 6= 0, dann wa¨re s|δt(u)| > |qt−σnt(u)||δt(u)| im Widerspruch zu (II.68). Also ist entweder qt−σnt(u) = 0 oder δt(u) = 0. Im Fall qt−σnt(u) = 0 folgt direkt aus (II.67), dass s|δt(u)| = 0 ist und damit auch δt(u) = 0. Es sei nun |qt − σnt(u)| = s. Nach (II.68) existiert ein (ζ0, ζ1) ∈ R2\{0}, so dass ζ0(qt − σnt(u)) + ζ1δt(u) = 0 ist. Ist ζ0 = 0 und damit ζ1 6= 0, folgt δt(u) = 0, und man setzt ζ := 0. Angenommen, ζ1 = 0 und damit ζ0 6= 0, dann wa¨re qt−σnt(u) = 0 im Widerspruch zu |qt−σnt(u)| = s > 0. Demnach bleibt nur ζ0 6= 0 und ζ1 6= 0, und man setzt ζ := −ζ0/ζ1. Angenommen, ζ < 0, dann wa¨re (qt − σnt(u))⊤δt(u) = ζδt(u)⊤δt(u) < 0 im Widerspruch zu (II.68). Es seien die Bedingungen (II.58)-(II.60) erfu¨llt. Dann sind δt(u) und qt − σnt(u) linear abha¨ngig. Also gilt (qt − σnt(u))⊤δt(u) = |qt − σnt(u)||δt(u)|. Die Bedingung (II.67) ist fu¨r δt(u) = 0 erfu¨llt. Ist qt − σnt(u) = 0, dann folgt aus (II.59), dass auch δt(u) = 0 ist, also ist ebenfalls (II.67) erfu¨llt. Bleibt noch δt(u) 6= 0 und qt − σnt(u) 6= 0. Angenommen, |qt − σnt(u)| < s, dann wa¨re δt(u) = 0. Demnach ist |qt − σnt(u)| = s, woraus (II.67) folgt. Aus (II.63)-(II.66) sowie Lemma II.2 folgt insgesamt: Satz II.6 Es sei u ∈ H1(Ω,Γ0) mit σ(u) ∈ H1(Ω)3×3 und s > 0. Genau dann ist u Lo¨sung von (II.62), wenn − divσ(u) = f (II.69) |qt − σnt(u)| ≤ s (II.70) |qt − σnt(u)| < s⇒ δt(u) = 0 (II.71) |qt − σnt(u)| = s⇒ ∃ζ ∈ R≥0 : δt(u) = ζ(qt − σnt(u)) (II.72) σnn(u) = qn. (II.73) Wird in Satz II.6 s ≥ 0 vorausgesetzt, so sind die Bedingungen (II.70)- (II.72) zu modifizieren. Hierzu sei auf Bemerkung II.1 verwiesen. Die Gleichungen (II.69) und (II.73) in Satz II.6 beschreiben das Kra¨fte- gleichgewicht zwischen den inneren Reaktionskra¨ften bzw. Normalspannun- gen und den Volumen- bzw. normalen Oberfla¨chenkra¨ften. Die Bedingungen (II.70)-(II.72) implizieren die geforderten Reibungsnebenbedingungen an die tangentialen Kontaktkra¨fte und an die Verschiebungen in tangentialer Rich- tung. Das Funktional j erfu¨llt die Bedingung (I.59), insbesondere ist das Funk- tional Φt : H1(Ω,Γ0)3 × Λ1 → R mit Φt(v, µt) := (µt, δt(v))0,Γ1 ein Multi- 50 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen plikatorfunktional bzgl. j.20 Man erha¨lt aus Satz I.14: u ∈ H1(Ω,Γ0)3 ist Lo¨sung von (II.61), wenn ein λt ∈ Λt existiert, so dass ∀v ∈ H1(Ω,Γ0)3 : (σ(u), ε(v))0 = (f, v)0 + (q, δ(v))0,Γ1 − (λt, δt(v))0,Γ1 (II.74) ∀µt ∈ Λt : (µt − λt, δt(u))0,Γ1 ≤ 0 (II.75) gilt. Da Λt beschra¨nkt ist und δt surjektiv auf H1/2t (Γ1) abbildet, existiert nach Satz I.19 genau eine Lo¨sung (u, λt) ∈ H1(Ω,Γ0) × Λt von System (II.74)-(II.75). Wenn u ∈ H1(Ω,Γ0) und σ(u) ∈ H1(Ω)3×3 gilt, ist (u, λt) nach Satz I.26 genau dann Lo¨sung von (II.74)-(II.75), wenn u (II.62) oder (II.69)-(II.73) erfu¨llt und wenn λt = qt − σnt(u) ist. Der Lagrangesche Multiplikator λt entspricht demnach den negativen tangentialen Kontaktkra¨ften. II.3.3 Kontaktprobleme mit Reibung Sollen sowohl Hindernisnebenbedingungen als auch Reibungsnebenbedin- gungen in die Modellierung eingehen, dann ist das Minimierungsproblem min v∈K H(v) + j(v) (II.76) zu untersuchen. Nach Satz I.13 besitzt das Minimierungsproblem (II.76) ge- nau eine Lo¨sung u ∈ H1(Ω,Γ0)3, fu¨r die die folgende Bedingung notwendig und hinreichend ist: ∀v ∈ K : (σ(u), ε(v − u))0 + (s, |δt(v)|)0,Γ1 − (s, |δt(u)|)0,Γ1 ≥ (f, v − u)0 + 〈q, δ(v − u)〉. (II.77) Aus Satz I.27 folgt fu¨r u ∈ K mit σ(u) ∈ H(div,Ω): u ist genau dann Lo¨sung von (II.77), wenn − divσ(u) = f (II.78) (qn − α0(u), qt − α1(u)) ∈ Λ0 × Λ1 (II.79) 〈qn − α0(u), δn(u)− g〉 = 0 (II.80) 〈qt − α1(u), δt(u)〉 = (s, |δt(u)|)0,Γ1 (II.81) gilt. Wie in den Sa¨tzen II.5 und II.6 erha¨lt man aus (II.78)-(II.81) und Lemma II.2: 20vgl. Abschnitt II.2.2 II.3. Linear-elastische Kontaktprobleme 51 Satz II.7 Es sei u ∈ K mit σ(u) ∈ H1(Ω)3×3 und s > 0. Genau dann ist u Lo¨sung von (II.77), wenn gilt: − div σ(u) = f (II.82) qn − σnn(u) ≥ 0 (II.83) (qn − σnn(u))(δn(u)− g) = 0 (II.84) |qt − σnt(u)| ≤ s (II.85) |qt − σnt(u)| < s⇒ δt(u) = 0 (II.86) |qt − σnt(u)| = s⇒ ∃ζ ∈ R≥0 : δt(u) = ζ(qt − σnt). (II.87) Fu¨r den Fall s ≥ 0 sei auf Bemerkung II.1 verwiesen. Wie zuvor in den physikalischen Interpretationen von Satz II.5 und Satz II.6 bedeutet die Gleichung (II.82), dass die inneren Reaktionskra¨fte mit den Volumenkra¨ften im Gleichgewicht sind. Die Gleichung (II.84) besagt, dass die Normalspannungen im Gleichgewicht mit den normalen Oberfla¨chen- kra¨ften sind oder Kontakt besteht. Die Bedingung (II.83) ist in der Weise zu interpretieren, dass ho¨chstens Druckkra¨fte vorhanden sein ko¨nnen. Die Reibungsnebenbedingungen sind in den Bedingungen (II.85)-(II.87) wieder- zufinden. Man erha¨lt aus Satz I.15, dass u ∈ H1(Ω,Γ0)3 Lo¨sung von (II.76) ist, wenn ein (λn, λt) ∈ Λn × Λt existiert, so dass gilt: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0)3 : (σ(u), ε(v))0 = (f, v)0 + (q, δ(v))0,Γ1 − 〈λn, δn(v)〉 − 〈λt, δt(v)〉 (II.88) ∀(µn, µt) ∈ Λn × Λt : 〈µn − λn, δn(v)− g〉+ (µt − µn, δt(u))0,Γ1 ≤ 0. (II.89) Da rg(δn) abgeschlossen in H1/2n (Γ1) und Λt beschra¨nkt ist und zudem δn(ker δt) = H1/2n (Γ1) und δt(ker δn) = H1/2t (Γ1) gilt, besitzt das System (II.88)-(II.89) nach Satz I.20 genau eine Lo¨sung (u, λn, λt). Ist u ∈ H1(Ω,Γ0) mit σ(u) ∈ H(Ω)3×3, dann ist (u, λn, λt) nach Satz I.28 genau dann Lo¨sung von (II.88)-(II.89), wenn u (II.77) oder (II.82)-(II.87) erfu¨llt und wenn λn = qn − σnn(u) und λt = qt − σnt(u) ist. II.3.4 Das Coulombsche Reibungsgesetz Bei den bisher vorgestelltenMinimierungsproblemen (II.61) und (II.76) wur- den Reibungsnebenbedingungen u¨ber eine noch nicht spezifizierte Reibungs- widerstandsfunktion s eingefu¨hrt. Die Frage ist nun, in welcher Weise diese 52 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen Funktion anzugeben ist. Das Coulombsche Reibungsgesetz besagt, dass der Reibungswiderstand pro- portional zum Betrag der normalen Kontaktkra¨fte ist. Der zugeho¨rige Pro- portionalita¨tsfaktor F ≥ 0 heißt Reibungskoeffizient und ist im Wesentli- chen abha¨ngig von der Oberfla¨chenbeschaffenheit des elastischen Ko¨rpers und des starren Hindernisses. Fu¨r das Minimierungsproblem (II.61) ist nach dem Coulombschen Gesetz demnach s := F|qn| zu setzen. Da die normalen Oberfla¨chenkra¨fte qn a- priori bekannt sind, ist diese Wahl in Bezug auf die in Abschnitt II.3.2 verwendeten Eindeutigkeits- und Existenzaussagen unproblematisch. Anders ist die Situation fu¨r das Minimierungsproblem (II.76). Hier ist s := F|qn − σnn(u)| zu setzen, womit das Funktional j die Gestalt j(v) := (F|qn − σnn(u)|, |δt(v)|)0,Γ1 (II.90) erha¨lt. In diesem Fall ergeben sich zwei wesentliche Probleme: Zum einen ist der Ausdruck (s, |δt(v)|)0,Γ1 nicht sinnvoll definiert, wenn σnn(u) nicht existiert bzw. α0(u) 6∈ L2(Γ1) ist, was bei einer zu geringen Regularita¨t von u der Fall ist. Zum anderen geht mit σnn(u) eine Information in das Funk- tional j ein, die a-priori nicht bekannt ist. Die Konsequenz aus letzterem ist, dass die Existenz einer Lo¨sung nicht direkt mit Hilfe von Satz I.13 gekla¨rt werden kann. Stattdessen kann die Frage nach der Existenz einer Lo¨sung im Sinne ei- ner Fixpunktbetrachtung weiter untersucht werden: Bei vorgegebenem s ∈ L2(Γ1) mit s ≥ 0 sei u(s) die nach Satz I.13 eindeutige, hinreichend re- gula¨re Lo¨sung von (II.77). Der Operator H : L2(Γ1)→ L2(Γ1) sei definiert als H(s) := F|qn − σnn(u(s))|. Besitzt nun H einen Fixpunkt s ∈ L2(Γ1), gilt also H(s) = s, dann ist u(s) Lo¨sung des Minimierungsproblem (II.76) mit dem in (II.90) angegebenen Funktional j. In [68] und [82] wird mit Hilfe einer schwachen Version des Fixpunktsatzes von Schauder gezeigt, dass H einen Fixpunkt besitzt, sofern der Reibungs- koeffizient der Beschra¨nkung max x∈Γ1 F(x) ≤ √ (2µ)(λ+ 3µ)−1 genu¨gt. Außerdem wird in den genannten Arbeiten vorausgesetzt, dass Ω ein unendlich langer Streifen ist und dass qn = 0 ist. Verallgemeinerungen auf beliebige Ko¨rper Ω ⊂ R3 sind in [71] enthalten. Abschließend ist jedoch anzumerken, dass durch das Fehlen einer allgemeinen Existenztheorie das Coulombsche Reibungsgesetz nicht unumstritten ist.21 21vgl. S.271 in [72] II.4. Eine Anwendung in der Fertigungstechnik 53 II.4 Eine Anwendung in der Fertigungstechnik Ein spezielles fertigungstechnisches Problem, das auf reibungsbehafte- te Kontaktprobleme fu¨hrt und das in dieser Arbeit exemplarisch als An- wendungsbereich dargestellt wird, ist das Industrieroboter-gestu¨tzte Band- schleifen. Beim Industrieroboter-gestu¨tzten Bandschleifen fu¨hrt ein Roboterarm ein Werkstu¨ck gegen eine schnell rotierende Kontaktscheibe, auf der ein Schleif- band gespannt ist. Durch die besondere Oberfla¨chenbeschaffenheit des Schleifbandes kommt es im Kontaktbereich von Kontaktscheibe und Werk- stu¨ck zu Reibungseffekten mit Materialabtrag am Werkstu¨ck. Abb. II.3: Roboterarm mit Werkstu¨ck (Sanita¨rarmatur), Bandschleifgera¨t. In den Abbildungen II.3 und II.4 ist eine typische Konfiguration von Band- schleifapparatur und Werkstu¨ck zu sehen. Durch die flexible Zufu¨hrung des Werkstu¨cks mit Hilfe eines mehrgelenkigen Roboterarms und durch Verwenden eines Gummi-elastischen Kontaktschei- benbelags ist man in der Lage, auch komplexe Oberfla¨chengeometrien von Werkstu¨cken zu bearbeiten. Wichtig fu¨r die Zufu¨hrung, die einen vordefinierten Abtrag sicherstellen soll, und damit fu¨r die Steuerung des Roboterarms ist die genaue Kenntnis der in der Kontaktzone auftretenden Kra¨fteverha¨ltnisse. Entscheidend dabei ist, dass die normalen Kontaktkra¨fte und die Lage der Kontaktzone in der Re- gel mit dem Abtragsergebnis am Werkstu¨ck in Beziehung gesetzt werden ko¨nnen. Fu¨r einen U¨berblick zum Industrieroboter-gestu¨tzten Bandschlei- fen sei auf [30], [88] und [108] verwiesen. 54 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen Abb. II.4: Schematische Darstellung des Bandschleifprozesses. Ziel dieses Abschnitts ist, aufgrund der in Abschnitt II.3 betrachteten Mo- dellformulierungen den reibungsbehafteten Kontaktanteil des Industrierobo- ter-gestu¨tzten Bandschleifens an einer Beispielkonfiguration zu untersuchen. Insbesondere werden die Aussagen und die daraus resultierenden physikali- schen Interpretationen der Sa¨tze II.5, II.6 und II.7 veranschaulicht. Hierbei wird im Wesentlichen ausgenutzt, dass man mit Hilfe variationeller Sattel- punktformulierungen die normalen und tangentialen Kontaktkra¨fte in Ge- stalt der Lagrangeschen Multiplikatoren erha¨lt. Mit den zur Verfu¨gung stehenden Modellformulierungen ko¨nnen nur Teila- spekte des gesamten Bandschleifprozesses untersucht werden. So werden etwa Schwingungseffekte bei der Roboterarmzufu¨hrung, die im Allgemeinen zu ungenauen Zustellergebnissen fu¨hren, nicht beru¨cksichtigt. Auch Beschleunigungseffekte der elastischen Kontaktscheibe, die durch ihre Rotation entstehen, werden nicht beru¨cksichtigt. Insgesamt wird der Band- schleifprozess als statischer Vorgang modelliert, betrachtet wird die Kon- taktsituation nur zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die mikroskopische Oberfla¨chenbeschaffenheit des Schleifbandes, d.h. die Verteilung und Eigenschaften der Schleifko¨rner auf dem Schleifband, wird als homogen vorausgesetzt, so dass die Reibungseigenschaften der Schleif- bandoberfla¨che allein durch einen konstanten Reibungskoeffizienten F be- schrieben werden. Daru¨ber hinaus wird das Schleifband in der Modellierung nicht weiter beru¨cksichtigt. Die Modellformulierungen aus Abschnitt II.3 setzen das Hindernis als starr II.4. Eine Anwendung in der Fertigungstechnik 55 voraus. Dem entsprechend wird das Werkstu¨ck als Starrko¨rper betrachtet. Fu¨r eine Modellierung, die die Deformation zweier elastischer Ko¨rper ein- bezieht, sei zum Beispiel auf [38] und [72] verwiesen. Fu¨r die Einbeziehung dynamischer Effekte siehe etwa [35], [37], [38] oder [72]. Im Folgenden wird eine konkrete Beispielkonfiguration des Bandschleifpro- zesses vorgestellt, die mit Hilfe der in Abschnitt II.3 vorgestellten drei Kontaktformulierungen (reibungsfreier Kontakt, reibungsbehafteter Kon- takt mit vorgegebener Normalspannung und reibungsbehafteter Kontakt) untersucht werden kann. Veranschaulicht werden die zugeho¨rigen physikalischen Zusammenha¨nge an- hand von Finite-Elemente-Berechnungen, die hier als Na¨herungen an die kontinuierlichen Lo¨sungen dienen. Fu¨r weitere Ausfu¨hrungen, die Finite- Elemente-Methode betreffend, sei auf Kapitel III verwiesen. Die bei den Beispielrechnungen verwendete Auflo¨sung der Finite-Elemente-Gitter ist re- lativ grob gewa¨hlt, da sich hiermit unter den eingesetzten Darstellungsmo¨g- lichkeiten die Kontaktverha¨ltnisse geeignet demonstrieren lassen. Verfeiner- te Techniken zur adaptiven Wahl der Gitterauflo¨sung werden in Abschnitt IV.7 vorgestellt. Betrachtet wird eine handelsu¨bliche Kontaktscheibe, bestehend aus einem Kontaktscheibenbelag und einem harten Stahlkern, wie sie etwa in den Ab- bildungen II.5 und II.6 zu sehen ist. Als Beispiel wird eine Kontaktscheibe gewa¨hlt, die einen Radius von 1.625 dm und eine Breite von 1.15 dm hat. Der Durchmesser des Kontaktscheibenbelags betra¨gt 0.33 dm, der Radius des Stahlkerns ist 1.295 dm. Der Kontaktscheibenbelag wird als profillos vorausgesetzt22 und besteht aus einem Elastomer. Bekanntermaßen setzen sich Elastomere aus dicht verfilzt aneinandergereiht liegenden Fadenmoleku¨len zusammen, die durch Atom- bindungen nachtra¨glich weitmaschig vernetzt werden. Sie verhalten sich bis zur Zersetzungstemperatur Gummi-elastisch und ko¨nnen (u.U. um mehrere hundert Prozent) reversibel gedehnt werden. Durch die chemische Netzbin- dung wird ein Fließen ganz verhindert.23 Das Gummi-elastische Material- verhalten des Kontaktscheibenbelags kann deshalb angemessen mit dem in Abschnitt II.3 dargestellten Hookeschen Materialgesetz na¨herungsweise ab- gebildet werden, da nur kleine Deformationen zu erwarten sind. Der fu¨r Elastomere bzw. Gummi-elastische Materialien spezifische Elastizita¨tsmo- 22Tatsa¨chlich werden die Kontaktscheibenbela¨ge ha¨ufig mit Nutungen oder Einfra¨sun- gen versehen, um die Haltbarkeit zu erho¨hen oder die Gera¨uschentwicklung zu senken (vgl. Abbildung II.6). 23vgl. [45], S. 269 56 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen dul E betra¨gt 0.1mN/dm2 bis 2mN/dm2 bei einer Querkontraktionszahl von ca. ν = 0.42.24 Fu¨r einen Vergleich mit experimentell gewonnenen Da- ten sei diesbezu¨glich auf [31] verwiesen. Bei großen Deformationen ist das Materialverhalten von Elastomeren jedoch im Allgemeinen nichtlinear.25 Da der Stahlkern im Vergleich zum Kontaktscheibenbelag weitaus weniger elastisch ist (E = 2100mN/dm2), kann angenommen werden, dass die elasti- schen Verformungen im Stahlkern vernachla¨ssigbar sind und dass somit der Stahlkern als starr vorausgesetzt werden kann. Es reicht also, das Deforma- tionsverhalten des Kontaktscheibenbelags mit Nullrandverschiebungen im Verbindungsbereich von Kontaktscheibenbelag und Stahlkern zu modellie- ren. Abb. II.5: Querschnitt einer Kontaktscheibe. Abb. II.6: Kontaktscheibe mit Nutungen im Kontaktscheibenbelag, Kontaktscheibe mit profillosem Kontaktscheibenbelag. 24vgl. [69], S. 105-107 25vgl. [20], Abschnitt 6.4 II.4. Eine Anwendung in der Fertigungstechnik 57 Der mo¨gliche Kontaktbereich auf der Außenseite des Kontaktscheibenbelags ist relativ klein und la¨sst sich insbesondere u¨ber die Kenntnis der Werkstu¨ck- zufu¨hrung recht gut im Vornherein eingrenzen. Da Deformationen nur durch die Kontaktsituation hervorgerufen werden, ko¨nnen Deformationen außer- halb des mo¨glichen Kontaktbereichs vernachla¨ssigt werden. Es ist demnach ausreichend, zum Beispiel nur ein Viertel des gesamten Kontaktscheibenbe- lags zu betrachten und fu¨r die U¨bergangsstellen zum Restko¨rper entweder Neumannranddaten oder Nullrandverschiebungen zu fordern. Mit den Po- larkoordinaten (r, ϕ) mit dem Ursprung in (−1.625, 0) ist Ω :=   (x, y, z) ∈ R 3 ∣∣∣∣∣ r(x, z) ∈ (1.295, 1.625), ϕ(x, z) ∈ [0, π/4) ∪ (7π/4, 0], y ∈ (−0.575, 0.575)    und Γ0 := {(x, y, z) ∈ Ω | r(x, z) = 1.295} sowie Γ1 := ∂Ω\Γ0. Bei dem vorliegenen Bandschleifprozess wird vorausgesetzt, dass die Kon- taktscheibe u¨ber das Schleifband angetrieben wird.26 Die hierdurch auf einen Teil der Oberfla¨che des Kontaktscheibenbelags Γ˜1 := {(x, y, z) ∈ Γ1 | r(x, z) = 1.625} induzierten Kra¨fte gehen als tangentiale Oberfla¨chenkra¨fte qt in die Modellierung ein. Volumen-bezogene Kra¨fte werden, sofern vor- handen, vernachla¨ssigt. II.4.1 Reibungsfreier Kontakt Sollen beim Bandschleifprozess nur die geometrischen Kontaktverha¨ltnisse bei einer vordefinierten Zustellung beschrieben und noch keine Reibungs- nebenbedingungen beru¨cksichtigt werden, wird die Kontaktsituation durch das Minimierungsproblem (II.46) bzw. durch die variationelle Sattelpunkt- formulierung (II.56)-(II.57) aus Abschnitt II.3.1 als reibungsfreies Kontakt- problem geeignet modelliert. Es werden keine auf den Oberfla¨chenbereich Γ˜1 wirkenden Normal- oder Tangentialkra¨fte einbezogen, da diese fu¨r das reibungsfreie Kontaktproblem irrelevant sind. Fu¨r die Oberfla¨chenkra¨fte wird demnach q := 0 gesetzt. 26Alternativ kann auch die Kontaktscheibe direkt von einem Motor angetrieben werden. 58 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen Abb. II.7: Turbinenschaufel, Sanita¨rarmatur in Kontakt mit Schleifband und Kontakt- scheibe. Abb. II.8: Kontaktscheibenbelag, Werkstu¨ckoberfla¨che. Als Musterwerkstu¨ck wird ein Metallwerkstu¨ck mit einer gebogenen Ober- fla¨che (z.B. eine Turbinenschaufel oder eine Sanita¨rarmatur, vgl. Abbildung II.7) betrachtet. Die Oberfla¨che wird hier durch die Funktion ψ : R2 → R mit ψ(y, z) := { d+ 1− √ 1− (z + 0.5y)2, |z + 0.5y| ≤ r d+ 1, |z + 0.5y| > r bzgl. der yz-Koordinatenebene exemplarisch beschrieben. Die Zustellung des Werkstu¨cks entlang der x-Achse wird u¨ber den Parameter d ∈ R reali- siert. II.4. Eine Anwendung in der Fertigungstechnik 59 Abb. II.9: Kontaktscheibenbelag in Kontakt mit dem Werkstu¨ck bei einer Zustellung von d := −0.05 dm. Abb. II.10: Deformierter Kontaktscheibenbelag, normale Kontaktkra¨fte σnn(u) = −λn. Die Abbildungen II.9 und II.10 (links) stellen die Deformation des Kontakt- scheibenbelags dar, die sich durch die Verschiebung u als Lo¨sung von (II.46) bzw. (II.56)-(II.57) ergibt. Dass u tatsa¨chlich die Hindernisnebenbedingung δn(u)− g ≤ 0 erfu¨llt, wird in den Abbildungen II.9 und II.10 durch das Anpressprofil deutlich: Der Kontaktscheibenbelag wird durch die Zufu¨hrung des Werkstu¨cks in einer solchen Weise deformiert, dass ein Eindringen des Werkstu¨cks in den Kon- taktscheibenbelag verhindert wird. Die Forderungen σnn(u) ≤ 0 und σnn(u)(δn(u) − g) = 0 aus Satz II.5 werden in Abbildung II.10 (rechts) veranschaulicht. Die normalen Kontakt- kra¨fte σnn(u) = −λn sind außerhalb der Kontaktzone null und innerhalb negativ, also Druckkra¨fte. 60 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen II.4.2 Reibungsbehafteter Kontakt mit vorgegebenen Normalspannungen Sind die Normalspannungen und die Kontaktzone a-priori bekannt, kann die reibungsbehaftete Kontaktsituation beim Bandschleifprozess mit Hilfe des Minimierungsproblems (II.61) bzw. (II.74)-(II.75) modelliert werden. Zum Beispiel sind die Normalspannungen bekannt, wenn sie, wie in Abbildung II.11 zu sehen, mit Hilfe eines speziellen Versuchsaufbaus ermittelt werden27 oder u¨ber die Schleifmaschine selbst vorgegeben werden ko¨nnen.28 Die Kon- taktzone kann fu¨r einfache Werkstu¨ckgeometrien, wie zum Beispiel fu¨r einen Quader, leicht im Voraus bestimmt werden. Abb. II.11: Versuchsaufbau zur Messung der Normalspannungen. Im Gegensatz zum reibungsfreien Kontakt sind die durch das Schleifband in- duzierten tangentialen Oberfla¨chenkra¨fte von entscheidender Bedeutung fu¨r die Ausbildung von Gleit- bzw. Haftzonen. Die tangentialen Oberfla¨chen- kra¨fte werden hier exemplarisch qt := (0,−0.05)⊤ gesetzt. In der nachfol- genden Kontaktsituation ist zu beachten, dass der zweite Tangentialvektor stets in Richtung der positiven z-Achse zeigt, dass also die Verschiebungen auf dem Randsegment Γ˜1 durch die durch qt induzierten Kra¨fte tendenziell in Richtung der negativen z-Achse zeigen. In dem folgenden Beispiel-Problem sind die Normalspannungen durch Set- zen der normalen Oberfla¨chenkra¨fte mit qn := {−0.2, |z + 0.5y| ≤ r 0, |z + 0.5y| > r 27vgl. [88], S. 73-74 28vgl. [58] oder [59] II.4. Eine Anwendung in der Fertigungstechnik 61 vorgegeben. Dementsprechend ist der Bereich |z+0.5y| ≤ r die Kontaktzone. Die Reibungswiderstandsfunktion ist, wie in Abschnitt II.3.4 beschrieben, durch s := F|qn| mit F := 0.5 definiert. Insgesamt erha¨lt man die folgende Kontaktsituation: Abb. II.12: Deformierter Kontaktscheibenbelag in Kontakt mit dem Werkstu¨ck. Nor- malspanungen und Kontaktzone sind a-priori bekannt. Abb. II.13: Tangentialverschiebungen auf Γ˜1, Absolutbetrag der Tangentialkra¨fte |λt|. In Abbildung II.12 ist der durch die vorgegebenen Normalspannungen de- formierte Kontaktscheibenbelag zu sehen. Deutlich erkennbar ist die Kon- taktzone. Abbildung II.13 (links) zeigt die Tangentialverschiebungen in Γ˜1. Erkennbar ist, dass die Verschiebungen außerhalb der Kontaktzone im Wesentlichen in Richtung der vorgegebenen Tangentialkra¨fte verlaufen. Im Innern der Kon- 62 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen taktzone bilden sich Gleit- und Haftzonen29 aus, wobei die Haftzonen als weiße Gebiete zu erkennen sind, in denen keine Verschiebungsvektoren ab- gebildet werden. Die Gleit- und Haftzonen korrespondieren u¨ber die in Satz II.6 beschriebenen Bedingungen (II.70)-(II.72) mit dem in Abbildung II.13 dargestellten Absolutbetrag von λt = qt − σnt. Ist |λt| < 0.1 = s, kommt es zum Haftkontakt, also δt(u) = 0. Ist dagegen |λt| = 0.1, wird eine Gleitzone ausgebildet. II.4.3 Reibungsbehafteter Kontakt In der Regel sind beim Bandschleifprozess weder die Normalspannungen noch die Kontaktzone bekannt. Diese allgemeine reibungsbehaftete Kon- taktsituation kann u¨ber das Minimierungsproblem (II.76) oder u¨ber die variationelle Sattelpunktformulierung (II.88)-(II.89) angemessen modelliert werden. Auch hier sind tangentiale Oberfla¨chenkra¨fte zu beru¨cksichtigen. Wie oben werden diese mit qt := (0,−0.05)⊤ angesetzt. Fu¨r die reibungsbe- haftete Kontaktsituation ist die Reibungswiderstandsfunktion, wie in Ab- schnitt II.3.4 angegeben, als s := F|qn − σnn(u)| = F|λn| zu wa¨hlen. Der Reibungskoeffizient wird ebenfalls mit F := 0.5 festgesetzt. Abb. II.14: Normale Kontaktkra¨fte σnn(u) = −λn, Absolutbetrag der tangentialen Kontaktkra¨fte |σnt(u) − qt| = |λt|. 29Die in Abbildung II.13 (links) abgebildeten Vektoren sind logarithmisch skaliert. Die La¨nge der Vektoren in der Kontaktzone ist tatsa¨chlich wesentlich kleiner. II.5. Weitere Modellprobleme 63 Abb. II.15: Quotient F|λn|/|λt|, Randverschiebungen auf Γ˜1. In Abbildung II.14 sind die normalen Kontaktkra¨fte σnn(u) = −λn (links) und der Absolutbetrag der tangentialen Kontaktkra¨fte σnt(u) − qt = −λt (rechts) zu sehen. In Abbildung II.15 (links) ist der Quotient F|λn|/|λt| abgebildet. Dabei sind Bereiche der Kontaktzone mit F|λn|/|λt| = 1 als Gleitzonen zu erkennen. Diese befinden sich insbesondere am linken und rechten Rand der Kontaktzone. Gilt |λt|/(F|λn|) > 1, liegt Haften vor. Der Quotient ist außerhalb der Kontaktzone null. Die Verteilung der Gleit- und Haftzonen stimmen mit den in Abbildung II.15 (rechts) dargestellten Tangentialverschiebungen auf dem Rand u¨be- rein. Haftzonen sind dort, wo keine Verschiebungsvektoren abgebildet wer- den. II.5 Weitere Modellprobleme Weitere Beispiele fu¨r Probleme mit modellhaftem Charakter, die von a¨hn- licher Gestalt wie die in Abschnitt II.2 aufgefu¨hrten Modellprobleme sind, aber nicht dem Kontext reibungsbehafteter Kontaktprobleme zugeordnet werden, sind modellhafte Vereinfachungen von Hindernisproblemen, elasto- plastischen Torsionsproblemen und Typen viskoplastischer Bingham-Fluide. In diesem Abschnitt werden die zugeho¨rigen Modellformulierungen in Form von Variationsungleichungen und variationellen Sattelformulierungen kurz dargestellt. Fu¨r weitere Details, insbesondere in Bezug auf Aussagen, die denen aus den Sa¨tzen II.2 und II.3 entsprechen, sei z.B. auf [47], [55] und [56] verwiesen. 64 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen II.5.1 Hindernisprobleme Betrachtet man statt der in (II.9) angegebenen Restriktionsmenge die Men- ge K := {v ∈ H1(Ω,Γ0) | v ≥ g} (II.91) mit g ∈ H1(Ω), so erha¨lt man ein a¨hnlich gelagertes Problem wie das oben dargestellte Signorini-Problem.30 Der Unterschied besteht darin, dass nun Restriktionen auf dem ganzen Gebiet Ω, also nicht allein auf dem Randseg- ment Γ1 gefordert werden. Das dazugeho¨rige Minimierungsproblem wie in (II.10) beschreibt die Durchbiegung einer Membran bei Vorhandensein eines Hindernisses g bezu¨glich der gesamten Membranoberfla¨che. Dieses Minimie- rungsproblem wird in der Regel Hindernis- oder Obstacle-Problem genannt. Da K konvex und abgeschlossen ist, existiert, sofern K 6= ∅ ist, nach Satz I.11 genau eine Lo¨sung, die wie in (II.11) variationell charakterisiert ist. Das Funktional Φ : H1(Ω,Γ0)×G′ → R mit Φ(v, µ) := 〈µ, v− g〉 ist analog zu (II.18) ein Multiplikatorfunktional bzgl. K, wobei hier der abgeschlosse- ne und konvexe Kegel G := {v ∈ H1(Ω,Γ0) | v ≤ 0} zu wa¨hlen ist. Nach Satz I.12 ist u eine Lo¨sung des Hindernisproblems, wenn ein λ0 ∈ Λ0 := G′ existiert, so dass ∀v ∈ H1(Ω,Γ0) : (∇u,∇v)0 = (f, v)0 + (q, v)0,Γ1 − 〈λ0, v〉 (II.92) ∀µ0 ∈ Λ0 : 〈µ0 − λ0, u− g〉 ≤ 0 (II.93) gilt. Nach Satz I.18 ist die eindeutige Existenz einer Lo¨sung von (II.92)- (II.93) gesichert. Abb. II.16: Membran auf einem Hindernis, Lagrangescher Multiplikator. 30Hierbei ist ≤ bzw. ≥ wieder als fast u¨berall gu¨ltig zu verstehen. II.5. Weitere Modellprobleme 65 In Abbildung II.16 (links) ist eine Membran zu sehen, die auf einem Hin- dernis aufliegt. Das zugrunde liegende Gebiet ist hier Ω := (−1, 1)2, das Hindernis wird durch die Funktion g(x0, x1) := − 12 (x20 + x21) beschrieben. Der zugeho¨rige Lagrangesche Multiplikator λ0 ist erwartungsgema¨ß in der Kontaktzone negativ und außerhalb null. II.5.2 Elastoplastische Torsionsprobleme Ein weiteres Beispiel fu¨r elliptische Minimierungsprobleme erster Art mit Restriktionen, die auf ganz Ω definiert sind, erha¨lt man durch Suchen von min v∈K 1 2(∇v,∇v)0 − (f, v)0 (II.94) mit K := {v ∈ H10 (Ω) | ∇v⊤∇v ≤ 1}. (II.95) Die Minimierungsaufgabe (II.94)-(II.95) ist ein Modellbeispiel fu¨r elasto- plastische Torsion, das etwa in [47], Ch. 5.6 geeignet physikalisch motiviert wird. Auch hier ist K konvex und abgeschlossen31, womit nach Satz I.11 genau eine Lo¨sung u existiert, die durch ∀v ∈ K : (∇u,∇(v − u))0 ≥ (f, v − u)0 a¨quivalent gekennzeichnet ist. Zur Herleitung einer variationellen Sattel- punktformulierung ist als Restriktionsmenge in (II.95) die Menge K = {v ∈ H10 (Ω) | 1 − ∇v⊤∇v ∈ G} mit dem abgeschlossenen und konve- xen Kegel G := {v ∈ L2(Ω) | v ≥ 0} zu betrachten. Zusammen mit Bemerkung I.3 folgt aus Lemma I.3, dass Φ : H1(Ω,Γ0) × G′ → R mit Φ(v, µ) := 〈µ,∇v⊤∇v − 1〉 = (µ,∇v⊤∇v − 1)0 ein Multiplikatorfunktional bzgl. K ist. Wegen Φλ(u+ v)−Φλ(u) = (λ, 2∇u⊤∇v)0 + (λ,∇v⊤∇v)0 gilt 〈Φ′λ(u), v〉 = 2(λ,∇u⊤∇v). Damit folgt nach Satz I.12, dass u eine Lo¨sung des Torsionsproblems ist, wenn ein λ0 ∈ Λ0 := G′ existiert, so dass ∀v ∈ H10 (Ω) : (∇u,∇v)0 + 2(λ0,∇u⊤∇v)0 = (f, v)0 (II.96) ∀µ0 ∈ Λ0 : (µ0 − λ0,∇u⊤∇u− 1)0 ≤ 0 (II.97) erfu¨llt ist. Unter Beachtung, dass der Faktor 2 in (II.96) durch Variation u¨ber den Kegel Λ0 absorbiert werden kann, kann statt (II.96)-(II.97) auch ∀v ∈ H10 (Ω) : ((1 + λ˜0)∇u,∇v)0 = (f, v)0 ∀µ0 ∈ Λ0 : (µ0 − λ˜0,∇u⊤∇u− 1)0 ≤ 0 31vgl. Th.3.1 in [56] 66 Kapitel II. Modellierungen von Kontaktproblemen betrachtet werden, wobei λ˜0 := 2λ0 ist. Da der Operator β0 : H10 (Ω) → L2(Ω) mit β0(v) := ∇v⊤∇v nicht in L(H10 (Ω), L2(Ω)) enthalten ist, ko¨nnen die Aussagen zur Sicherung der Existenz eines Sattelpunktes aus Abschnitt I.2 nicht angewandt werden. Tatsa¨chlich ist der Nachweis eines Sattelpunk- tes in H10 (Ω) unter den hier aufgefu¨hrten Voraussetzungen ein offenes Pro- blem.32 II.5.3 Bingham-Fluid-Probleme Neben dem in Abschnitt II.2.2 dargestellten idealisierten Reibungsproblem sind vereinfachte Modelle fu¨r Bingham-Fluide ebenfalls Beispiele fu¨r unre- stringierte elliptische Minimierungsprobleme zweiter Art. Fu¨r die physika- lischen Hintergru¨nde sei auf [47], Ch. 6 verwiesen. Der wesentliche Unter- schied zum Reibungsproblem (II.21) besteht in der Angabe des Funktionals j : H10 (Ω) → R, das hier fu¨r ein s ∈ L2(Ω) mit s ≥ 0 als j(v) := (s, |∇v|)0 definiert ist. Offenbar ist j konvex, womit nach Satz I.13 das zugeho¨rige Minimierungsproblem, das in der Suche von min v∈H10 (Ω) 1 2(∇v,∇v) − (f, v)0 + j(v) (II.98) besteht, genau eine Lo¨sung u ∈ H10 (Ω) besitzt. Fu¨r diese ist die folgende Bedingung hinreichend und notwendig: ∀v ∈ H10 (Ω) : (∇u,∇(v − u))0 + (s, |∇v|)0 − (s, |∇u|)0 ≥ (f, v − u)0. Es sei Λ1 := {µ1 ∈ L2(Ω)k | |µ1| ≤ s}, dann ist j(v) ≥ (|µ1|, |∇v|)0 ≥ (µ1,∇v)0 fu¨r µ1 ∈ Λ1. Also gilt j(v) ≥ supµ1∈Λ1(µ1,∇v)0. Andererseits ist µ1,v ∈ Λ1 mit µ1,v := s∇v/|∇v|, |∇v| 6= 0, und damit j(v) = (µ1,v,∇v)0 ≤ supµ1∈Λ1(µ1,∇v)0. Also folgt insgesamt j(v) = supµ1∈Λ1(µ1,∇v). Damit erha¨lt man durch den Gebrauch des Multiplikatorfunktionals Φ1 : H10 (Ω)× Λ1 → R mit Φ1(v, µ1) := (µ1,∇v)0 eine variationelle Sattelpunktformu- lierung: Nach Satz I.14 ist u ∈ H10 (Ω) Lo¨sung des Minimierungsproblems (II.98), wenn ein λ1 ∈ Λ1 existiert, so dass ∀v ∈ H10 (Ω) : (∇u,∇v)0 = (f, v)0 − (λ1,∇v)0 (II.99) ∀µ1 ∈ Λ1 : (µ1 − λ1,∇u)0 ≤ 0 (II.100) erfu¨llt ist. Da Λ1 beschra¨nkt ist, existiert nach Satz I.19 mindestens eine Lo¨sung (u, λ1) von (II.99)-(II.100), wobei u eindeutig ist. 32vgl. Remark 9.2 in [55] Kapitel III Diskretisierungen elliptischer Minimierungsprobleme Im Allgemeinen kann die analytische Lo¨sung von elliptischen Minimierungs- problemen erster bzw. zweiter Art nicht direkt bestimmt werden. In der Praxis versucht man, die Lo¨sung u als Grenzwert einer Folge von Appro- ximationslo¨sungen darzustellen. Diese erha¨lt man durch Modifikation des Problems, indem man die Restriktionsmenge K durch konvexe und ab- geschlossene Restriktionsmengen Kh ⊂ V mit h > 0 austauscht und die Lo¨sungen des modifizierten Minimierungsproblems bestimmt. Im Fall, dass die Restriktionsmengen Kh Teilmengen endlichdimensionaler Ra¨ume sind, heißt dieses Vorgehen im Sinne eines Ritz-Galerkin-Ansatzes auch Diskreti- sierung des Problems. Wie fu¨r das Minimierungsproblemmit der RestriktionsmengeK sichert Satz I.11 (bzw. Satz I.13) die Existenz einer eindeutigen Folge {uh} mit uh ∈ Kh, so dass uh Lo¨sung des elliptischen Minimierungsproblems erster Art (bzw. zweiter Art) mit Kh als Restriktionsmenge ist. Zudem ist hinreichend und notwendig fu¨r die Na¨herungslo¨sungen uh, dass ∀vh ∈ Kh : a(uh, vh − uh) ≥ 〈ℓ, vh − uh〉 (III.1) ∀vh ∈ Kh : a(uh, vh − uh) + j(vh)− j(uh) ≥ 〈ℓ, vh − uh〉 (III.2) 67 68 Kapitel III. Diskretisierungen gilt. Gilt im Fall von elliptischen Minimierungsproblemen erster Art fu¨r die Restriktionsmenge Kh = Vh mit einem linearen Unterraum Vh ⊂ V , ist die Variationsgleichung ∀vh ∈ Kh : a(uh, vh) = 〈ℓ, vh〉 (III.3) hinreichend und notwendig. Dass fu¨r die so gewonnene Folge von Na¨he- rungslo¨sungen tatsa¨chlich limh→0 uh = u gilt, ha¨ngt im Wesentlichen von weiteren Approximationseigenschaften der Mengen Kh ab.1 Satz III.1 Es sei V ein reflexiver Raum, u ∈ V Lo¨sung eines Minimie- rungsproblems erster Art (bzw. zweiter Art). Die Mengen Kh ⊂ V mit h > 0 seien abgeschlossen und konvex, und es gelte: (i) ∀v ∈ K : ∀h > 0 : ∃vh ∈ Kh : limh→0 vh = v. (ii) ∀{vh}h>0 ⊂ V, vh ∈ Kh : vh ⇀ v, h→ 0 ⇒ v ∈ K. Weiter sei {uh} ⊂ V , so dass uh die Bedingung (III.1) (bzw. (III.2)) fu¨r alle h > 0 erfu¨llt. Dann gilt: lim h→0 uh = u. Beweis: Es sei v ∈ K und {vh} gema¨ß (i). Aus (III.1) (bzw. (III.2)) sowie aus der Stetigkeit von a folgt a(uh, uh) ≤ a(uh, vh)− 〈ℓ, vh − uh〉 ≤ ν1‖uh‖‖vh‖+ ‖ℓ‖(‖vh‖+ ‖uh‖) bzw. a(uh, uh) ≤ a(uh, vh) + j(vh)− j(uh)− 〈ℓ, vh − uh〉 ≤ ν1‖uh‖‖vh‖+ j(vh) + ‖µ‖‖uh‖+ α+ ‖ℓ‖(‖vh‖+ ‖uh‖), wobei µ ∈ V ′ und α ∈ R wie in Lemma I.4 gewa¨hlt werden. Da {vh} beschra¨nkt ist, ist wegen der Elliptizita¨t von a auch die Folge {uh} be- schra¨nkt. Nach Satz A.3 existiert ein w ∈ V , so dass nach U¨bergang zu einer Teilfolge uh ⇀ w fu¨r h → 0 gilt. Aus (ii) erha¨lt man w ∈ K. Aus a(w,w) ≤ lim infh→0 a(uh, uh) ≤ a(w, v) − (f, v − w) bzw. a(w,w) ≤ 1vgl. Ch.1, Th.4.2 in [55] 69 lim infh→0 a(uh, uh) ≤ a(w, v) − (f, v − w) + j(v) − j(w) und wegen der Eindeutigkeit der Lo¨sung folgt schließlich w = u. Da 0 ≤ lim sup h→0 a(u− uh, u− uh) ≤ lim sup h→0 a(uh, vh)− (f, vh − uh)− a(uh, u)− a(uh, uh − u) ≤ a(u, v)− (f, v − u)− a(u, u) ist, folgt mit v = u, dass sogar uh → u insbesondere ohne U¨bergang zu einer Teilfolge gilt.  Betrachtet man die zu elliptischen Minimierungsproblemen erster und zwei- ter Art geho¨renden Sattelpunktformulierungen, so kann ebenfalls mittels Austausch von V und Λ durch Vh bzw. ΛH die Lo¨sung (u, λ) ∈ V × Λ als Grenzwert einer Folge von Approximationslo¨sungen (uh, λH) ∈ Vh × ΛH mit h,H > 0 dargestellt werden. Hierbei ist mit den Bezeichnungen aus den Abschnitten I.3.1 und I.3.2 Vh ein reflexiver Raum und ΛH je nach Typ des Minimierungsproblems entweder ein abgeschlossener und konvexer Ke- gel Λ0,H ⊂ U ′0, eine abgeschlossene und konvexe Teilmenge Λ1,H ⊂ U ′1 oder das Produkt von beidem. Notwendig und hinreichend fu¨r die Approximationslo¨sungen (uh, λ0,H), (uh, λ1,H) bzw. (uh, λ0,H , λ1,H) ist im Fall von elliptischen Minimierungs- problemen erster Art2 ∀vh ∈ Vh : a(uh, vh) = 〈ℓ, vh〉 − 〈λ0,H , β0(vh)〉 (III.4) ∀µ0,H ∈ Λ0,H : 〈µ0,H − λ0,H , β0(uh)− g〉 ≤ 0 (III.5) und im Fall elliptischer Minimierungsprobleme zweiter Art mit Kh = Vh ∀vh ∈ Vh : a(uh, vh) = 〈ℓ, vh〉 − 〈λ1,H , β1(vh)〉 (III.6) ∀µ1,H ∈ Λ1,H : 〈µ1,H − λ1,H , β1(uh)〉 ≤ 0 (III.7) bzw. mit Kh ⊂ Vh ∀vh ∈ Vh : a(uh, vh) = 〈ℓ, vh〉 − 〈λ0,H , β0(vh)〉 − 〈λ1,H , β1(vh)〉 (III.8) ∀(µ0,H , µ1,H) ∈ Λ0,H × Λ1,H : 〈µ0,H − λ0,H , β0(uh)− g〉+ 〈µ1,H − λ1,H , β1(uh)〉 ≤ 0. (III.9) 2vgl. Satz I.12, Satz I.14 bzw. Satz I.15 70 Kapitel III. Diskretisierungen Analog zu den Ausgangssystemen kann die Existenz und Eindeutigkeit von Lo¨sungen der Systeme (III.4)-(III.5), (III.6)-(III.7) und (III.8)-(III.9) mit Hilfe der in Abschnitt I.3.3 hergeleiteten Aussagen nachgewiesen werden: Im Fall von System (III.4)-(III.5) gewa¨hrleistet Satz I.18 die Existenz einer Ap- proximationsfolge {(uh, λH)}, sofern rg(β0|Vh) abgeschlossen in U0 ist.3 Ist Vh endlichdimensional, ist dies der Fall, da β0(Vh) als endlichdimensionaler Unterraum abgeschlossen ist. Die erste Komponente uh ist stets eindeutig.4 Nach Satz I.9 ist Φ0,hH : Vh × Λ0,H → R mit Φ0,hH := 〈µ0,H , β0(vh) − g〉 ein Multiplikatorfunktional bzgl. KhH := {vh ∈ Vh | ∀µ0,H ∈ Λ0,H : 〈µ0,H , β0(vh)〉 ≤ 0}. Demnach stimmt uh mit der Lo¨sung von (III.1) u¨be- rein, wenn fu¨r Kh := KhH gewa¨hlt wird. Ist U ′0,H mit Λ0,H ⊂ U ′0,H ⊂ U ′0 ein reflexiver Raum, dann ist λ0,H nach Satz I.16 und Lemma I.7 eindeutig, wenn die Bedingung (I.40) oder (I.37) bzgl. b0,hH : Vh × U ′0,H → R mit b0,hH(vh, µ0,H) := 〈µ0,H , β0(vh)〉 gilt.5 Fu¨r das System (III.6)-(III.7) existiert nach Satz I.19 eine Lo¨sung (uh, λ1,H), wenn Λ1,H als beschra¨nkt vorausgesetzt wird. Hier ist die erste Komponente uh ebenfalls eindeutig und stimmt mit der Lo¨sung von (III.2) u¨berein, falls Kh := Vh und j = jH : V → R mit jH(v) := supµ1,H∈Λ1,H 〈µ1,H , β1(v)〉 gewa¨hlt wird. Gilt (I.40) oder (I.37) bzgl. b1,hH : Vh × U ′1,H → R mit b1,hH(vh, µ1,H) := 〈µ1,H , β1(vh)〉, so ist auch λ1 eindeutig. Schließlich besitzt das System (III.8)-(III.9) nach Satz I.17 eine Lo¨sung (uh, λ0,H , λ1,H), wenn rg(β0|Vh) abgeschlossen in U0 ist, was fu¨r endlich- dimensionale Ra¨ume Vh der Fall ist, und wenn Λ1,H beschra¨nkt ist. Die Komponente uh ist eindeutig und stimmt mit der Lo¨sung von (III.2) mit Kh := KhH und j := jH u¨berein. Ist (I.40) oder (I.37) bzgl. bhH : Vh × U ′0,H ×U ′1,H → R mit bhH(vh, µ0,H , µ1,H) := 〈µ0,H , β0(vh)〉+ 〈µ1,H , β1(vh)〉 erfu¨llt, dann sind auch λ0,H und λ1,H eindeutig. Die Konvergenz der Na¨herungsfolge {(uh, λH)} gegen eine Lo¨sung (u, λ) ha¨ngt einerseits von Approximationseigenschaften der zugrunde liegenden Mengen Vh und ΛH ab, die von a¨hnlicher Gestalt wie in Satz III.1 sind, und andererseits von weiteren Bedingungen, wie zum Beispiel von der Gu¨ltigkeit der Bedingung (I.37) bzgl. bhH fu¨r ein von h und H unabha¨ngiges α. Fu¨r weitere Details sei hier auf [62], [64], [67] und [68] verwiesen. Die in Satz III.1 angegebenen Voraussetzungen sind Forderungen an die Ra¨ume V und Vh bzw. an die Restriktionsmengen K und Kh und beinhal- 3Zu beachten ist, dass β0|Vh im Allgemeinen nicht surjektiv ist.4vgl. Satz I.18, Satz I.19 bzw. Satz I.20 5Die Bedingung (I.37) heißt in diesem Fall diskrete Babusˇka-Brezzi-Bedingung. 71 ten keine weiteren Regularita¨tsannahmen an die Lo¨sung u. Der Nachteil von Konvergenzaussagen dieses Typs ist jedoch, dass in der Regel keine qualita- tive Bewertung der Konvergenzgu¨te z.B. in Form von Konvergenzordnungen mo¨glich ist. Ist dagegen die Beschaffenheit bzw. die Regularita¨t der Lo¨sung a-priori be- kannt, ko¨nnen ha¨ufig qualitative Konvergenzaussagen in Form von oberen Fehlerschranken entwickelt werden. Fu¨r elliptische Minimierungsprobleme erha¨lt man diese in der Regel u¨ber Verallgemeinerungen des sogenannten Ce´a-Lemmas. Das Ce´a-Lemma ist in der Literatur6 im Wesentlichen fu¨r Variationsgleichungen bekannt: Aus der Subtraktion von (I.23) und (III.3) erha¨lt man die sogenannte Galerkin-Orthogonalita¨t ∀vh ∈ Vh : a(u− uh, vh) = 0, (III.10) aus der unmittelbar zusammen mit der Elliptizita¨t von a folgt: ν1‖u− uh‖2 ≤ a(u− uh, u− uh) = a(u− uh, u− vh) ≤ ν0‖u− uh‖‖uh− vh‖ Demnach gilt: Lemma III.1 Es sei u ∈ V Lo¨sung von (I.23) und uh ∈ Vh Lo¨sung von (III.3). Dann existiert ein C′ > 0, so dass gilt:7 ‖u− uh‖ ≤ C′ infvh∈Vh ‖u− vh‖. Um in a¨hnlicher Weise Fehlerabscha¨tzungen fu¨r restringierte elliptische Mi- nimierungsprobleme erster und zweiter Art zu gewinnen, ist eine Verallge- meinerung des Ce´a-Lemmas erforderlich. Mit den Bezeichnungen aus Ab- schnitt I.4 folgt, sofern u ∈ dom(A) ist, aus (I.22) und (III.1) sowie aus der Youngschen Ungleichung8 fu¨r vh ∈ Kh a(u − uh, u− uh) = a(u − uh, u− vh) + a(u− uh, vh − uh) ≤ a(u − uh, u− vh) + a(u, vh − uh)− (f, vh − uh)− 〈q, β(vh − uh)〉 6vgl. Lemma 4.2 in [25] 7Es sei bemerkt, dass derartige (generische) Konstanten unabha¨ngig von dem gewa¨hl- ten FE-Gitter bzw. von den nachfolgenden Ausdru¨cken sind. 8Fu¨r a, b ≥ 0 und ǫ > 0 gilt: ab ≤ (ǫ/2)a2 + (2ǫ)−1b2 (III.11) 72 Kapitel III. Diskretisierungen = a(u− uh, u− vh) + (f −A(u), uh − vh) + 〈q − α(u), uh − vh〉 ≤ ǫ2‖u− uh‖ 2 + ν 2 0 2ǫ ‖u− vh‖ 2 + (f −A(u), uh − vh) + 〈q − α(u), uh − vh〉. Aus der Elliptizita¨t von a erha¨lt man hieraus fu¨r 0 < ǫ < 2ν1 (ν1− ǫ 2)‖u−uh‖ 2 ≤ ν 2 0 2ǫ ‖u−vh‖ 2+(f−A(u), uh−vh)+〈q−α(u), uh−vh〉 und damit fu¨r restringierte elliptische Minimierungsprobleme erster Art: Lemma III.2 Es sei u ∈ dom(A) Lo¨sung von (I.22) und uh ∈ Vh Lo¨sung von (III.1). Dann existieren C′ > 0 und C′′ > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖2 ≤ infvh∈Kh ( C′‖u− vh‖2 + C′′((f −A(u), uh − vh) + 〈q − α(u), β(uh − vh)〉) ) . In analoger Weise zeigt man fu¨r (un-)restringierte elliptische Minimierungs- probleme zweiter Art: Lemma III.3 Es sei u ∈ dom(A) Lo¨sung von (I.31) und uh ∈ Vh Lo¨sung von (III.2). Dann existieren C′ > 0 und C′′ > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖2 ≤ infvh∈Kh ( C′‖u− vh‖2 + C′′((f −A(u), uh − vh) + 〈q − α(u), β(uh − vh)〉+ j(vh)− j(uh)) ) . Ein ada¨quates Verfahren zur Gewinnung von Approximationslo¨sungen {uh} bzw. {(uh, λH)} in Bezug auf Variationsprobleme, deren Ansatzra¨ume den in Abschnitt II.1 beschriebenen Sobolevra¨umen entsprechen, ist die Finite- Elemente-Methode, kurz FEM. Ihre Vorzu¨ge bestehen in einer hohen Flexi- bilita¨t bezu¨glich Geometrieanpassungen und in einer effizienten Implemen- tierbarkeit. Eine Vielzahl von Varianten gewa¨hrleistet im hohen Maße einen problemangepassten Einsatz der FEM. In den Abschnitten III.1 und III.2 wird eine Variante der FEM vorgestellt, die insbesondere fu¨r die in Kapitel II beschriebenen Problemklassen geeig- net ist. Zudem werden einige teilweise in der Literatur bekannte und im Wesentlichen auf den Lemmata III.1-III.3 beruhende qualitative Konver- genzaussagen aufgefu¨hrt. Der Einsatz von FEM-Diskretisierungen fu¨hrt in der Regel auf quadratische Minimierungsprobleme im Rn. In Abschnitt III.3 wird auf Mo¨glichkeiten zur Lo¨sung von Problemen dieses Typs eingegangen. III.1. Finite-Elemente-Methoden 73 III.1 Finite-Elemente-Methoden Der zentrale Ansatz der FEM besteht in der Konstruktion von endlichdi- mensionalen Teilra¨umen mit Hilfe von lokal definierten Polynomra¨umen, mit denen, wie oben beschrieben, eine Diskretisierung des Variationspro- blems realisiert wird. Ausgangspunkt hiervon ist stets die Wahl eines geeigneten Gitters T := {T0, . . . , Tn} fu¨r ein Gebiet Ω ⊂ Rk mit k ∈ N und einer darauf definierten Polynomgradverteilung p : T → N. Fu¨r T gelte stets ⋃T∈T T = Ω. Die Elemente des Gitters sind offen, und es gilt, dass Ti ∩ Tj = ∅ fu¨r i 6= j ist. Fu¨r k = 2 sind die Elemente in der Regel Dreiecke oder Vierecke und fu¨r k = 3 Tetraeder, Hexaeder, Pyramiden oder Prismen. Im Folgenden wer- den Gitter von Polyedern beliebiger Dimension betrachtet, die anhand des k-dimensionalen Hyperwu¨rfels [−1, 1]k konstruiert werden. Praxisrelevant sind diesbezu¨glich Gitter aus Vierecken und Hexaedern. Das Gitter T (bzw. eine Gitterfolge) heißt regula¨r, falls T i ∩ T j entweder leer ist oder genau einen Eckpunkt, eine Kante, eine Facette usw. von Ti entha¨lt. Die Paarung (T , p) wird im Folgenden FE-Gitter genannt. Wichtige Eigenschaften von Gittern bzw. von Folgen von Gittern ergeben sich aus dem Verha¨ltnis von Maschenweite und Durchmesser der Gitterele- mente. Die Maschenweite eines Gitters T ist definiert als h := maxT∈T hT , wobei hT := supx,y∈T ‖x− y‖2 der maximale Durchmesser des Elements T ist. Eine Folge von Dreiecks-, Tetraeder oder Parallelogramm- bzw. Parallel- epiped-Gittern {Th} heißt nicht-degeneriert9, falls ein ρ0 > 0 existiert, so dass ∀h > 0 : ∀T ∈ Th : rT ≥ ρ0hT gilt, wobei rT := sup{r ∈ R>0 | Br(x) ⊂ T, x ∈ T } ist.10 Die Folge {Th} heißt quasi-uniform, falls es ein ρ1 > 0 gibt, so dass gilt: ∀h > 0 : min{rT | T ∈ Th} ≥ ρ1h. Im Folgenden werden Gitter stets als Th mit der Maschenweite h als Index notiert, und es wird zwischen {Th} und Th bzw. {(Th, p)} und (Th, p) nicht mehr unterschieden. Lokale Polynomra¨ume, basierend auf einem FE-Gitter (Th, p) vom oben beschriebenen Typ, werden durch Transformation des Tensorproduktraums 9vgl. Def.4.4.13 in [27]. Fu¨r eine entsprechende Erweiterung auf Vierecke bzw. Hexa- eder, die keine Parallelepipede sind, vgl. [79] 10Br(x) := {y ∈ Rk | ‖x− y‖2 ≤ r} 74 Kapitel III. Diskretisierungen Sqk := ⊗k i=1 Sq mit Sq :=   vˆ : [−1, 1]→ R | vˆ(ξ) = ∑ 0≤i≤q ciξi, ci ∈ R    konstruiert.11 Einen endlichdimensionalen Teilraum von H1(Ω,Γ0) erha¨lt man mit Hilfe bijektiver und hinreichend glatter, fu¨r jedes Gitterelement T ∈ Th definierter Abbildungen ΨT : [−1, 1]k → T in der folgenden Form:12 Sp(Th) := { v ∈ H1(Ω,Γ0) | ∀T ∈ Th : v|T ◦ΨT ∈ SpTk } . (III.12) Fu¨r eine Diskretisierung bzgl. der Lagrangeschen Multiplikatoren beno¨tigt man einen endlichdimensionalen Teilraum von L2(Γ1). Hierzu sei T1 ein Gitter von Γ1 und p1 : T1,H → N eine Polynomgradverteilung. Fu¨r T ∈ T1,H sei Ψ1,T : [−1, 1]k−1 → T bijektiv und hinreichend glatt. Man definiert dann: Mp1(T1,H) := { v ∈ L2(Γ1) | ∀T ∈ T1,H : v|T ◦Ψ1,T ∈ Sp1,Tk−1 } . Offenbar ha¨ngt die Gu¨te der Approximation des Raums H1(Ω,Γ0) durch den Raum Sp(Th) von der Feinheit der Maschenweite h und von der gewa¨hl- ten Polynomgradverteilung p ab. Wird nur die Maschenweite h verringert, um die Approximationseigenschaft des Diskretisierungsansatzes zu verbes- sern, spricht man von sogenannten h-Methoden. Diskretisierungsansa¨tze heißen p-Methoden, wenn nur der Polynomgrad erho¨ht wird. Wird sowohl die Maschenweite verkleinert als auch der Polynomgrad erho¨ht, spricht man von hp-Methoden. III.1.1 Modellprobleme Mit den Bezeichnungen aus Abschnitt II.2 sei (Th, p) ein FE-Gitter bzgl. des polygonal berandeten Gebiets Ω ⊂ R2. Ferner sei uh ∈ Sp(Th) die eindeutig bestimmte Lo¨sung von ∀vh ∈ Sp(Th) : (∇uh,∇vh) = (f, vh)0 + (q, γ(vh))0. (III.13) 11Das Tensorprodukt zweier Ra¨ume V und W , deren Elemente Funktionen f : A → R bzw. g : B → R sind, ist definiert als V ⊗W := {fg : A× B → R | f ∈ V, g ∈ W}. 12Insbesondere sind auch krummlinig begrenzte Gitterelemente etwa mit Hilfe isopa- rametrischer Transformationen oder Blending-Techniken mo¨glich, vgl. S.111 in [25] bzw. S.107 in [99]. III.1. Finite-Elemente-Methoden 75 Im Folgenden sei fu¨r m ∈ N und 0 ≤ θ ≤ 1 der Interpolationsraum13 Hm+θ(Ω) definiert als Hm+θ(Ω) := [Hm(Ω), Hm+1(Ω)]θ,2. Im Fall m ≥ 1 sei Hm+θ(Γ1) := [Hm(Γ1), Hm+1(Γ1)]θ,2. Fu¨r quasi-uniforme Parallelogramm-Gitter kann dann gezeigt werden: Lemma III.4 Es sei Th eine regula¨re, quasi-uniforme Gitterfolge aus Pa- rallelogrammen und p konstant sowie m + θ > 3/2. Dann existieren ein Operator I : H1(Ω,Γ0) ∩Hm+θ(Ω)→ Sp(Th) und ein CI > 0, so dass gilt: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0) ∩Hm+θ(Ω) : ‖v − I(v)‖1 ≤ CIhmin{p+1,m+θ}−1/pm+θ−1‖v‖m+θ. Gilt zudem γ(u)|Γ1 ∈ Hm+θ−k(Γ1) mit k ≤ 1/2, dann existiert ein C˜I > 0, so dass fu¨r alle 0 ≤ t ≤ 1 gilt: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0) ∩Hm+θ(Ω) : ‖γ(v)− γ(I(v))‖t,Γ1 ≤ C˜Ihmin{p+1,m+θ−k}−t/pm+θ−k−t‖γ(v)‖m+θ−k,Γ1. Beweis: Th.4.6, Lemma 4.3 in [16].  Zusammen mit dem Ce´a-Lemma (III.1) erha¨lt man daraus unmittelbar: Satz III.2 Es gelten die Voraussetzungen von Lemma III.4, wobei u Lo¨- sung von (II.6) sei. Zudem sei uh Lo¨sung von (III.13). Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖1 ≤ Chmin{p+1,m+θ}−1/pm+θ−1‖u‖m+θ. Im Fall einer einspringenden Ecke kann die in Satz III.2 dargestellte Ab- scha¨tzung verfeinert werden. In diesem Fall besitzt die Lo¨sung u die Dar- stellung u(φ, r) = n∑ i=1 m∑ j=0 t∑ s=0 cijsψijs(φ)rαi+s logj r + u¯(φ, r) (III.14) bezu¨glich der einspringenden Ecke z ∈ ∂Ω. Hierbei sind (r, φ) die Polarko- ordinaten mit Ursprung z, die Funktionen ψijs sind stu¨ckweise analytisch und u¯ ist von ho¨herer Regularita¨t als der restliche Ausdruck. Fu¨r weitere Details sei auf [17] verwiesen. 13vgl. Satz A.9 76 Kapitel III. Diskretisierungen Satz III.3 Es sei u Lo¨sung von (II.6) mit der Darstellung (III.14) und uh Lo¨sung von (III.13). Zudem sei Th eine regula¨re, quasi-uniforme Gitterfolge aus Parallelogrammen und p konstant. Dann existiert ein C > 0, so dass mit α := minαi gilt: ‖u− uh‖1 ≤ Cmax ( | log h|t, | log p|t ) min ( hα, hmin(α,p−α)/p2α ) Beweis: Th.5.4 in [16], Th.3.3 in [17].  Aus den Sa¨tzen III.2 und III.3 geht hervor, dass die Konvergenzordnung bei Verwendung quasi-uniformer Gitterfolgen abha¨ngig von der Regularita¨t der Lo¨sung ist. Ohne weitere Maßnahmen kann die Konvergenzordnung O(hp) bei h-Methoden nicht erwartet werden, wenn die Lo¨sung u 6∈ Hp+1(Ω) ist. Speziell bei Lo¨sungen der Form (III.14) ko¨nnen jedoch durch gezielte loka- le Verfeinerungen im Bereich der Ecke z Konvergenzverbesserungen erzielt werden, so dass die Konvergenzordnung O(hp) trotz mangelnder Regula- rita¨t erreicht wird. Fu¨r τ0, τ1 > 0, i = 1, . . . , ⌊τ0/h⌋ und Z ≥ 1 sei Ri,h := τ1iZhZ , di,h := Ri+1,h − Ri,h, und Th,i := {T ∈ Th | ∃x ∈ T : ‖x − z‖2 ≤ Ri,h}. Die Mengen Th,i beschreiben, wie etwa in Abbildung III.1 zu sehen, eine von der Maschenweite abha¨ngige Anzahl von konzentrischen Kreisen um z mit den Radien Ri,h. Abb. III.1: Gitter aus einer radialen Gitterfolge mit Z = 2, τ0 = 0.07, τ1 = 100. Eine Gitterfolge Th heißt radial, wenn ein κ ≥ 1 existiert, so dass gilt: ∀i ∈ {1, . . . , ⌊τ0/h⌋} : ∀T ∈ Th,i\Th,i−1 : κ−1di,h ≤ hT ≤ κdi,h. III.1. Finite-Elemente-Methoden 77 Satz III.4 Es sei u Lo¨sung von (II.6) mit der Darstellung (III.14) und uh Lo¨sung von (III.13). Zudem sei Th eine radiale Gitterfolge mit minαiZ > p und p konstant. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖1 ≤ Chp Beweis: Th.4.1 in [23].  Da die Anzahl der Gitterelemente asymptotisch der Gro¨ßenordnung O(h−2) entspricht, erha¨lt man durch die Verwendung von radialen Gitterfolgen tatsa¨chlich die gewu¨nschte Konvergenzverbesserung. Nach Satz III.2 konvergiert die p-Methode fu¨r eine analytische Lo¨sung u exponentiell, da das Wachstum von ‖u‖p maximal O(p!) fu¨r p→∞ betra¨gt. Dagegen konvergiert die p-Methode nur noch algebraisch, wenn dies nicht der Fall ist. Gilt fu¨r die Lo¨sung u mit α ≥ 1 und 0 < β < 1 |Dαu| ≤ C ( r|α|+β−1 )−1 d|α|α! (III.15) bezu¨glich der Ecke z, kann durch lokale Verfeinerungen im Bereich der Ecke z und durch eine spezielle Wahl der Polynomgradverteilung exponentielle Konvergenz erzielt werden.14 Hierzu sei 0 < σ < 1 und i ∈ N, sowie fu¨r 2 ≤ j ≤ i T̂ i,σ1,1 := (0, σi−1)2, T̂ i,σ1,j := (σi−j+1, σi−j)2, T̂ i,σ2,j := (σi−j+1, σi−j)× (0, σi−j+1), T̂ i,σ3,j := (0, σi−j+1)× (σi−j+1, σi−j). Es sei T ein Gitter aus Vierecken bzgl. Ω und fu¨r T ∈ Tz := {T ∈ T | z ∈ T} sei Ψ̂T : [0, 1]2 → T eine bijektive Abbildung mit Ψ̂T (0, 0) = z. Zudem sei T i,σ1 := {Ψ̂T (T̂ i,σ1,1 ) | T ∈ Tz} und T i,σj := {Ψ̂T (T̂ i,σr,j ) | T ∈ Tz, 1 ≤ r ≤ 3} fu¨r 2 ≤ j ≤ i. Dann heißt die FE-Gitterfolge (Th, p) mit Th := T \Tz ∪⋃ 1≤j≤i T i,σ j und κ > 0 sowie p(T ) :=    1, T ∈ T i,σ1 max{2, ⌊κj⌋}, T ∈ T i,σj , 2 ≤ j ≤ i i, T ∈ T \Tz fu¨r i = 1, 2, . . . geometrisch. 14Eine solche Darstellung gilt z.B. fu¨r Lo¨sungen der Form (III.14), vgl. [17]. 78 Kapitel III. Diskretisierungen T̂ 41,4 T̂ 42,4 T̂ 43,4 T̂ 41,3 T̂ 42,3 T̂ 43,3 bT41,2 bT42,2 bT43,2 bT41,1 Abb. III.2: bT 4,σr,j mit 1 ≤ r ≤ 3, 1 ≤ j ≤ 4 und σ = 25 , Gitter aus geometrischer Gitterfolge mit σ = 0.5 und κ = 1 (hp3 - vgl. Abb. III.5). Satz III.5 Es sei u Lo¨sung von (II.6) mit der Darstellung (III.15) und uh Lo¨sung von (III.13). Zudem sei (Th, p) eine geometrische FE-Gitterfolge. Dann existieren C0 > 0 und C1 > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖1 ≤ C0 exp ( −C1 3 √ dim(Sp(Th)) ) Beweis: Ch.4.4 in [89], Th.3.2 in [17].  Die Aussagen der Sa¨tze III.3, III.4 und III.5 ko¨nnen fu¨r eine beliebige An- zahl Ecken verallgemeinert werden. Zudem ko¨nnen Lo¨sungen mit den Eigen- schaften (III.14) und (III.15) als Funktionen in gewichteten Sobolevra¨umen betrachtet werden. Diesbezu¨glich erha¨lt man entsprechende Verallgemeine- rungen der genannten Sa¨tze. Hierzu sei auf [10], [11], [13], [16] und [89] verwiesen. In [12] werden schließlich Aussagen des obigen Typs auch fu¨r nicht polygonal berandete Gebiete angegeben. In den Abbildungen III.3 und III.4 sind Gitter aus geometrischen Gitter- folgen mit σ = 0.15 und σ = 0.5 sowie κ = 1 abgebildet. Zur Vermeidung irregula¨rer Knoten und Kanten sind zusa¨tzliche Gitterelemente eingefu¨gt. Die Verwendung derartiger Abfangelemente ist fu¨r den Fall σ 6= 0.5 notwen- dig, da im Allgemeinen irregula¨re Knoten nur fu¨r symmetrische Teilungen III.1. Finite-Elemente-Methoden 79 behandelt werden.15 Abb. III.3: Gitter aus geometrischer Gitterfolge mit σ = 0.15 und κ = 1 (hp1, hp2 - vgl. Abb. III.5). Abb. III.4: Gitter aus geometrischer Gitterfolge mit σ = 0.5 und κ = 1 (hp4, hp5 - vgl. Abb. III.5). In Abbildung III.5 (links) ist das Konvergenzverhalten bzgl. der in den Abbildungen III.2 (rechts), III.3 und III.4 geometrischen FE-Gitterfolgen abgebildet. Die analytische Lo¨sung des Modellproblems ist u(r, φ) = r2/3 sin((2φ− π)/3) (III.16) auf Ω := (−0.5, 0.5)2\[0, 0.5]2 mit Γ0 := {0} × [0, 0.5] ∪ [0, 0.5] × {0}. Er- kennbar sind vor allem die Auswirkungen bezu¨glich der Wahl des Grading- 15vgl. Abschnitt III.2.2 80 Kapitel III. Diskretisierungen Factors σ bei der Verwendung von geometrischen Gitterfolgen. Die Wahl σ = 0.15 ist ha¨ufig aus praktischer Sicht gu¨nstig, was durch Abbildung III.5 besta¨tigt wird. Tatsa¨chlich kann zumindest fu¨r den eindimensionalen Fall nachgewiesen werden, dass σ = ( √ 2− 1)2 ≈ 0.17 optimal ist.16 Abbildung III.5 (rechts) zeigt das Konvergenzverhalten bei Verwendung ei- ner quasi-uniformen Gitterfolge mit p = 1 (h), eines konstanten Gitters mit p = 1, 2, 3, . . . (p), einer geometrischer FE-Gitterfolge wie in Abbildung III.3 (hp1) und zweier radialer Gitterfolgen mit p = 1 und p = 2 (rd1, rd2). Deut- lich erkennbar ist die hohe Konvergenzrate bei Verwendung geometrischer FE-Gitterfolgen gegenu¨ber den anderen Vorgehensweisen. Die Aussagen der Sa¨tze III.3 und III.4 werden besta¨tigt. 1e-07 1e-06 1e-05 0.0001 0.001 0.01 0.1 1 1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E rro r #DOF hp 1 hp 2 hp 3 hp 4 hp 5 1e-07 1e-06 1e-05 0.0001 0.001 0.01 0.1 1 1 10 100 1000 10000 100000 1e+06 En er gy -E rro r #DOF h p hp1 rd1 rd2 h^(2/3) h^1 h^2 p^(-4/3) Abb. III.5: H1-Fehler bei Verwendung von geometrischen FE-Gitterfolgen, H1-Fehler bzgl. h-, p- und hp-Methoden (vgl. Abbildungen III.2, III.3 und III.4). Im Folgenden wird eine Diskretisierung des vereinfachten Signorini-Pro- blems aus Abschnitt II.2.1 betrachtet. Hierzu seienKh ⊂ Sp(Th) abgeschlos- sen und konvex. Außerdem sei uh ∈ Kh die eindeutig bestimmte Lo¨sung von ∀vh ∈ Kh : (∇uh,∇(vh−uh))0 ≥ (f, vh−uh)0+(q, γ(vh−uh))0,Γ1 . (III.17) Zur Sicherung der Konvergenz der Folge {uh} gegen die Lo¨sung u von (II.11) sind die Voraussetzungen von Satz III.1 zu pru¨fen. Diese sind etwa im Fall p ≡ 1 und Kh := {vh ∈ Sp(Th) | ∀x ∈ V ∩ Γ1 : vh(x) ≥ g(x)} (III.18) 16vgl. [9] III.1. Finite-Elemente-Methoden 81 und im Fall p ≡ 2 und Kh := {vh ∈ Sp(Th) | ∀x ∈ V˜h ∩ Γ1 : vh(x) ≥ g(x)} erfu¨llt.17 Hierbei bezeichnet V die Menge aller Knoten in Th ohne Γ0. Die Menge V˜ beinhaltet alle Knoten und alle Kantenmittelpunkte. Mit Hilfe von Lemma III.2 zeigt man fu¨r p ≡ 1: Satz III.6 Es sei u ∈ H1(Ω,Γ0)∩H2(Ω) Lo¨sung von (II.11) und uh Lo¨sung von (III.17) mit Kh wie in (III.18) sowie γ(u), g ∈W 1,∞(Γ1).18 Zudem sei Th eine regula¨re und quasi-uniforme Gitterfolge aus Parallelogrammen und p ≡ 1. Die Menge der Punkte von Γ1, an denen die Bedingung u > g zu u = g (und umgekehrt) wechselt, sei endlich. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖1 ≤ Ch. Beweis: Th.6.2 in [28].  Die zu (III.17) geho¨rende variationelle Sattelpunktformulierung lautet: Ge- sucht ist ein (uh, λ0,H) ∈ Sp(Th)× Λ0 ∩Mp1(T1,H), so dass gilt: ∀vh ∈ Sp(Th) : (∇uh,∇vh)0 = (f, vh)0 + (q, γ(vh))0,Γ1 − (λ0,H , γ(vh))0,Γ1 (III.19) ∀µ0,H ∈ Λ0 ∩Mp1(T1,H) : (µ0,H − λ0,H , γ(uh)− g)0,Γ1 ≤ 0, (III.20) wobei T1,H eine Gitterfolge von Γ1 ist. Ein wesentlicher Grund fu¨r die Einfu¨hrung von variationellen Sattelpunkt- formulierungen besteht einerseits darin, dass die Verwendung von Kh in der obigen Form als Approximation von K in der Regel algorithmisch nach- teilig ist.19 Dies gilt insbesondere fu¨r ho¨herere Polynomgrade. Anderer- seits entsprechen die in der Sattelpunktformulierung vorkommenden La- grangeschen Multiplikatoren physikalisch interpretierbare Gro¨ßen, an de- nen man ebenfalls interessiert ist. Zwar ist die Existenz von Diskretisie- rungslo¨sungen von Sattelpunktformulierungen gema¨ß den oben stehenden Ausfu¨hrungen stets gesichert, jedoch geht im Allgemeinen die Interpretier- barkeit der Lagrangeschen Multiplikatoren als physikalische Gro¨ßen verlo- ren, wenn deren Eindeutigkeit nicht gewa¨hrleistet ist. Die Diskretisierung ei- ner variationellen Sattelpunktformulierung heißt in diesem Zusammenhang stabil, wenn die eindeutige Lo¨sbarkeit der Diskretisierungslo¨sung gesichert 17vgl. Ch.4 Th.3.2 in [55] 18zur Def. von W p,∞(Γ1) s. [1] 19vgl. Abschnitt III.3 82 Kapitel III. Diskretisierungen ist. Daru¨ber hinaus kann der Stabilita¨tsbegriff in dem Sinne erweitert wer- den, dass gleichma¨ßig stetige Abha¨ngigkeit der Lo¨sungen von den Daten unabha¨ngig vom Diskretisierungsniveau bestehen muss. Hinreichend fu¨r die Eindeutigkeit der Lo¨sung (uh, λ0,H) gema¨ß Lemma I.6 ist die Bedingung (I.40) mit bhH : Sp(Th) × Mp1(T1,H) → R und bhH(vh, λ0,H) := (λ0,H , γ(vh))0,Γ1 oder laut Lemma I.7 die scha¨rfere dis- krete Babusˇka-Brezzi-Bedingung ∃α ∈ R>0 : ∀µ0,H ∈Mp1(T1,H) : α‖µ0,H‖−1/2 ≤ sup vh∈Sp(Th)\{0} (µ0,H , γ(vh))0,Γ1 ‖vh‖1 . (III.21) In jedem Fall wird deutlich, dass die Eindeutigkeit der Diskretisierungslo¨- sung nicht gesichert werden kann, wenn die Ra¨ume Sp(Th) und Mp1(T1,H) zueinander nicht richtig ausbalanciert sind. Die Balance der Ra¨ume Sp(Th) und Mp1(T1,H) kann u¨ber die Maschenweiten h und H sowie u¨ber die Po- lynomgradverteilungen p und p1 reguliert werden20, wobei darauf zu achten ist, dass die Approximationseigenschaften der Ra¨ume hinreichend gut sind. Kann α in (III.21) unabha¨ngig von h, H , p und p1 gewa¨hlt werden, ist die Diskretisierung im oben genannten Sinn stabil. Fu¨r den Nachweis von (III.21) kann das in [65] (Lemma 3.1) aufgefu¨hr- te Dualita¨tsargument verallgemeinert werden: Fu¨r ein µ0 ∈ H−1/2(Γ1) sei vµ0 ∈ H1(Ω,Γ0) Lo¨sung von ∀v ∈ H1(Ω,Γ0) : (∇vµ0 ,∇v)0,Ω + (vµ0 , v)0,Ω = 〈µ0, γ(v)〉. (III.22) Das Problem (III.22) heißt regula¨r, falls ein 0 < θ < 1 existiert, so dass vµ0 ∈ H1(Ω,Γ0)∩H1+θ(Ω) fu¨r alle µ0 ∈ H−1/2+θ(Γ1) := [H−1/2(Γ1), H1/2(Γ1)]θ,2 ist und zusa¨tzlich ‖vµ0‖1+θ ≤ C‖µ0‖−1/2+θ gilt. Zudem ist eine inverse Abscha¨tzung erforderlich: Fu¨r r ≥ 1 gelte:21 ∀µ0,H ∈Mp1(T1,H) : ‖µ0,H‖−1/2+θ ≤ Cmax{1, p1}rθ/Hθ‖µ0,H‖−1/2. (III.23) 20Weitere Mo¨glichkeiten zur Stabilisierung ergeben sich z.B. durch Hinzufu¨gen oder Entfernen von Funktionen aus Sp(Th) bzw. Mp1 (T1,H). Stabilisierungstechniken sind vor allem im Bereich der Navier-Stokes Gleichungen und bei Gleichungen zur Beschreibung inkompressibler Materialien bekannt. Diesbezu¨glich sei z.B. auf Ch.6 in [25] verwiesen. 21Mit Blick auf bekannte, approximationstheoretische Resultate bzgl. H1- und L2- Normen (vgl. z.B. [75] oder Th.4.76 in [89]) kann von r = 2 ausgegangen werden. III.1. Finite-Elemente-Methoden 83 Satz III.7 Es seien Th und T1,H regula¨re, quasi-uniforme Gitterfolgen so- wie p und p1 konstant. Das Problem (III.22) sei regula¨r, und es gelte die inverse Abscha¨tzung (III.23). Ist max{1, p1}r/p · h/H konstant und hinrei- chend klein, dann ist (III.21) mit einem von h, H, p und p1 unabha¨ngigen α erfu¨llt. Beweis: Es sei µ0,H ∈Mp1(T1,H). Dann ist sup vh∈Sp(Th)\{0} (µ0,H , γ(vh))0,Γ1 ‖vh‖1 ≥ (µ0,H , γ(vµ0,H ,h))0,Γ1‖vµ0,H ,h‖1 = ‖vµ0,H ,h‖1 ≥ ‖vµ0,H‖1 − ‖vµ0,H − vµ0,H ,h‖1 = ‖µ0,H‖−1/2 − ‖vµ0,H − vµ0,H ,h‖1. (III.24) Aus Satz III.2, der Regularita¨t von (III.22) und der inversen Abscha¨tzung (III.23) folgt ‖vµ0,H − vµ0,H ,h‖1 ≤ Chθ/pθ‖vµ0,H‖1+θ ≤ Chθ/pθ‖µ0‖−1/2+θ ≤ C(max{1, p1}r/p · (h/H))θ‖µ0‖−1/2. Zusammen mit (III.24) folgt dann die Behauptung.  Die Aussage aus Satz III.7 ist aus praktischer Sicht unbefriedigend, da im Voraus nicht klar ist, wie klein max{1, p1}r/p·h/H tatsa¨chlich zu wa¨hlen ist. Außerdem ist im Allgemeinen das Erfu¨lltsein der weiteren Voraussetzungen von Satz III.7 ungekla¨rt.22 -1.2 -1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 -1 -0.5 0 0.5 1 la m bd a x -1.2 -1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 -1 -0.5 0 0.5 1 la m bd a x Abb. III.6: λ0,H mit p ≡ 1, p1 ≡ 0 und h/H = 1 bzw. h/H = 0.5. 22vgl. Diskussion der Aussage von Satz III.7 im Ausblick 84 Kapitel III. Diskretisierungen In Abbildung III.6 ist λ0,H bei den Polynomgradverteilungen p ≡ 1 und p1 ≡ 0 zu sehen, wobei Ω, f , q und g wie im Beispiel aus Abschnitt II.2 gewa¨hlt wird. Bei h/H = 1 ist ein fu¨r instabile Diskretisierungen typisches Muster zu erkennen, das unter dem Namen Schachbrett-Instabilita¨t23 be- kannt und insbesondere hinsichtlich Lemma I.6 zu deuten ist. Die Lo¨sung λ0,H ist in diesem Fall fu¨r physikalische Interpretationen im Allgemeinen nicht verwertbar. Zur Stabilisierung kann das Verha¨ltnis h/H gema¨ß Satz III.7 verkleinert werden. Fu¨r h/H = 0.5 sind die Instabilita¨tsmuster nicht mehr zu sehen. -1.2 -1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 -1 -0.5 0 0.5 1 la m bd a x Abb. III.7: λ0,H mit p ≡ 2, p1 ≡ 1 und h/H = 1. In Abbildung III.7 ist λ0,H fu¨r die Kombination p ≡ 2, p1 ≡ 1 und h/H = 1 zu sehen. Im Unterschied zur obigen Konfiguration ist der Lagrangesche Multiplikator λ0,H sinnvoll interpretierbar. Die Kombination p ≡ 3, p1 ≡ 2 und h/H = 1 fu¨hrt laut Abbildung III.8 (links) zu einer Lo¨sung λ0,H mit dem typischen Instabilita¨tsmuster. Dage- gen hat die Lo¨sung λ0,H bei der Wahl h/H = 0.5 einen sinnvollen Verlauf (rechts), womit die Diskretisierung als wahrscheinlich stabil anzunehmen ist. Weitere Experimente ergeben, dass die Kombination h/H = 1, p1 ≡ p − 1 fu¨r gerade Polynomgrade p zu sinnvoll interpretierbaren Lo¨sungen fu¨hrt, wa¨hrend dies bei ungeraden Polynomgraden erst durch die Wahl h/H = 0.5 gelingt. 23vgl. Abschnitt III.1.2 III.1. Finite-Elemente-Methoden 85 -1.2 -1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 -1 -0.5 0 0.5 1 la m bd a x -1.2 -1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 -1 -0.5 0 0.5 1 la m bd a x Abb. III.8: λ0,H mit p ≡ 3, p1 ≡ 2 und h/H = 1 bzw. h/H = 0.5. -1.2 -1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 -1 -0.5 0 0.5 1 la m bd a x Abb. III.9: λ0,H mit p ≡ 3, p1 ≡ 1 und h/H = 1. Dass eine Reduktion des Quotienten max{1, p1}r/p ebenfalls zu einer Sta- bilisierung fu¨hren kann, wird in Abbildung III.9 deutlich. Hier fu¨hrt die Kombination h/H = 1, p ≡ 3 und p1 ≡ 1 anscheinend zu einer stabilen Diskretisierung. Abschließend ist jedoch festzuhalten, dass das Vorhandensein oder das Feh- len von Schachbrett-Instabilita¨ten ho¨chstens als ein Indiz fu¨r Instabilita¨t bzw. Stabilita¨t zu werten ist. Fu¨r die Kombination p ≡ 1 und p1 ≡ 0 kann eine qualitative Konvergenz- 86 Kapitel III. Diskretisierungen aussage gezeigt werden: Satz III.8 Es sei (u, λ0) Lo¨sung von (II.19)-(II.20) und (uh, λ0,H) Lo¨sung von (III.19)-(III.20). Es sei γ(u) ∈ H1,∞(T1) fu¨r alle T1 ∈ T1,H , und die Anzahl der U¨bergangspunkte zwischen γ(u) und g sei endlich.24 Zudem seien Th, TH regula¨r und quasi-uniform und h/H konstant und hinreichend klein sowie p ≡ 1 und p1 ≡ 0. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖1 + ‖λ0 − λ0,H‖−1/2 ≤ Ch. Beweis: Th.4.1 in [65].  Betrachtet wird nun das idealisierte Reibungsproblem aus Abschnitt II.2.2. Hierzu sei uh ∈ Sp(Th) Lo¨sung von ∀vh ∈ Sp(Th) : (∇uh,∇(vh − uh))0 + (s, |γ(vh)|)0,Γ1 − (s, |γ(uh)|)0,Γ1 ≥ (f, vh − uh)0 + (q, γ(vh − uh))0,Γ1 . (III.25) Auch hier sind zur Sicherung der Konvergenz der Folge {uh} gegen die Lo¨sung u von (II.22) die Voraussetzungen von Satz III.1 zu pru¨fen.25 Eine qualitative Konvergenzaussage fu¨r konstantes p erha¨lt man unter ge- wissen Interpolationsvoraussetzungen:26 Es existiere ein Interpolationsope- rator I : H1(Ω,Γ0)∩Hm+θ(Ω)→ Sp(Th) sowie CI > 0 und C˜I > 0, so dass mit t, k ∈ R gilt: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0) ∩Hm+θ(Ω) : ‖v − I(v)‖1 ≤ CIhmin{p+1,m+θ}−1/pm+θ−1‖v‖m+θ (III.26) ‖γ(v)− γ(I(v))‖t,Γ1 ≤ C˜Ihmin{p+1,m+θ−k}−t/pm+θ−k−t‖γ(v)‖m+θ−k,Γ1 (III.27) Satz III.9 Es sei u ∈ H1(Ω,Γ0)∩Hm+θ(Ω) Lo¨sung von (II.22) mit m+θ ≥ 2 und uh Lo¨sung von (III.25). Ferner sei γ(u)|Γ1 ∈ Hm+θ−k(Γ1) sowie s|Γ1 , (q − ∂nu)|Γ1 ∈ H−t(Γ1), und es gelte (III.26) und (III.27). Zudem sei Th eine regula¨re und quasi-uniforme Gitterfolge aus Parallelogrammen und p konstant. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖1 ≤ Cmax{hmin{p+1,m+θ}−1/pm+θ−1, h0.5(min{p+1,m+θ−k}−t)/p0.5(m+θ−k−t)}. 24zur Definition von H1,∞ s. [1] 25vgl. Ch.4, Th.3.2 in [55] 26vgl. Th.10.5 in [72] III.1. Finite-Elemente-Methoden 87 Beweis: Aus (II.25), (II.29) und (III.27) sowie der Ho¨lderschen Ungleichung folgt (q − ∂nu, γ(uh − I(u)))0,Γ1 + (s, |γ(I(u))|)0,Γ1 − (s, |γ(uh)|)0,Γ1 ≤ (s, |γ(I(u))|)0,Γ1 − (q − ∂nu, γ(I(u)))0,Γ1 + (|q − ∂nu| − s, |γ(uh)|)0,Γ1 ≤ (s, |γ(I(u))|)0,Γ1 − (q − ∂nu, γ(I(u)))0,Γ1 = (s, |γ(I(u))| − |γ(u)|)0,Γ1 − (q − ∂nu, γ(I(u)− u))0,Γ1 ≤ (‖s‖−t,Γ1 + ‖q − ∂nu‖−t,Γ1)‖γ(u)− γ(I(u))‖t,Γ1 ≤ (‖s‖−t,Γ1 + ‖q − ∂nu‖−t,Γ1) C˜Ihmin{p+1,m+θ−k}−t/pm+θ−k−t‖γ(v)‖m+θ−k,Γ1 Aus Lemma III.3, (II.28) und (III.26) erha¨lt man damit ‖u− uh‖21 ≤ C′‖u− I(u)‖21 + C′′ ( (q − ∂nu, γ(uh − I(u)))0,Γ1 +(s, |γ(I(u))|)0,Γ1 − (s, |γ(uh)|)0,Γ1 ) ≤ 2max { C′CI‖u‖22, C′′C˜I(‖s‖−t,Γ1 + ‖q − ∂nu‖−t,Γ1)‖γ(u)‖m+θ−k,Γ1 } max{h2(min{p+1,m+θ}−1)/p2(m+θ−1), hmin{p+1,m+θ−k}−t/pm+θ−k−t}.  Korollar III.1 Es gelten die Voraussetzungen von Satz III.9 mit k := 1/2 und t := −(m+ θ) + 3/2 sowie h ≤ 1 und p ≥ m+ θ − 3/2. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖1 ≤ Chmin{p+1,m+θ}−1/pm+θ−1. Der Nachweis der in Korollar III.1 geforderten Interpolationsvoraussetzun- gen ist nicht ohne weiteres gegeben, da Interpolationsabscha¨tzungen insbe- sondere fu¨r negative Normen zu erbringen sind. Dagegen erha¨lt man mit Hilfe von Lemma III.4 ein u.U. nicht optimales Resultat: Korollar III.2 Es gelten die Voraussetzungen von Satz III.9 mit k := 0 und t := 0 sowie h0.5(min{p+1,m+θ})−1/p0.5(m+θ)−1 ≤ 1. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖1 ≤ Ch0.5min{p+1,m+θ}/p0.5(m+θ). 88 Kapitel III. Diskretisierungen Eine zu (III.25) geho¨rende variationelle Sattelpunktformulierung lautet: Ge- sucht ist (uh, λ1,H) ∈ Sp(Th)× Λ1 ∩Mp1(T1,H), so dass gilt: ∀vh ∈ Sp(Th) : (∇uh,∇vh)0 = (f, vh)0 + (q, γ(vh))0,Γ1 − (λ1,H , γ(vh))0,Γ1 (III.28) ∀µ1,H ∈ Λ1 ∩Mp1(T1,H) : (µ1,H − λ1,H , γ(uh)− g)0,Γ1 ≤ 0. (III.29) Wie oben ist die Eindeutigkeit der Lo¨sung (uh, λ1,H) gesichert, wenn die dazu geho¨rige diskrete Babusˇka-Brezzi-Bedingung erfu¨llt ist, die in diesem Fall mit (III.21) u¨bereinstimmt. Demnach ist die Lo¨sung nach Satz III.7 eindeutig, wenn max{1, p1}r · h/H konstant und hinreichend klein ist. In Abbildung III.10 ist jeweils λ1,H bei verschiedenen Quotienten h/H und Polynomgradverteilungen p und p1 zu sehen. Das hierzu verwendete Beispiel entspricht der Konfiguration aus Abschnitt II.2.2. Da die diskre- te Babusˇka-Brezzi-Bedingung (III.21) fu¨r die Systeme (III.19)-(III.20) und (III.28)-(III.29) identisch ist, sind diese Abbildungen in gleicher Weise zu interpretieren. Auch eine zu Satz III.8 entsprechende Aussage bezu¨glich des Systems (III.28)-(III.29) kann gewonnen werden. Hierzu sei auf [62] verwiesen. -1.2 -1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 -1 -0.5 0 0.5 1 la m bd a x -1.2 -1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 -1 -0.5 0 0.5 1 la m bd a x -1.2 -1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 -1 -0.5 0 0.5 1 la m bd a x -1.2 -1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 -1 -0.5 0 0.5 1 la m bd a x -1.2 -1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 -1 -0.5 0 0.5 1 la m bd a x -1.2 -1 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0 0.2 -1 -0.5 0 0.5 1 la m bd a x Abb. III.10: λ1,H mit p ≡ 1, p1 ≡ 0 und h/H = 1 bzw. h/H = 0.5 sowie mit p ≡ 2, p1 ≡ 1 und h/H = 1 (oben), λ1,H mit p ≡ 3, p1 ≡ 2 und h/H = 1 bzw. h/H = 0.5 sowie mit p ≡ 3, p1 ≡ 1 und h/H = 1 (unten). III.1. Finite-Elemente-Methoden 89 III.1.2 Linear-elastische Probleme Fu¨r Variationsgleichungen, die unrestringierten Problemen der linearen Ela- stizita¨t zugeordnet sind, lautet die Diskretisierung: Gesucht ist ein uh ∈ Sp(Th)3, so dass ∀vh ∈ Sp(Th)3 : (σ(uh), ε(vh))0 = (f, vh)0 + (q, γ(vh))0,Γ1 (III.30) erfu¨llt ist. Konvergenzresultate, die den fu¨r das Modellproblem (III.13) ge- nannten Aussagen entsprechen, ko¨nnen auf analoge Weise gewonnen wer- den. Fu¨r einen U¨berblick sei hierzu auf [17], [18], [99] und [101] sowie auf darin enthaltene Referenzen verwiesen. Unterschiede ergeben sich inbeson- dere durch eine wesentlich kompliziertere Klassifikation der Regularita¨t von Lo¨sungen27, da das zugrunde liegende Gebiet Ω als dreidimensional voraus- gesetzt wird. Werden in der Modellierung Ansa¨tze zur Dimensionsreduktion eingearbeitet, sind in der Regel sogenannte Lockingeffekte zu beru¨cksichti- gen. Lockingeffekte ko¨nnen ebenfalls durch die eingehenden Modellparame- ter bedingt sein.28 Fu¨r reibungsfreie Kontaktprobleme aus Abschnitt II.3.1 erha¨lt man eine Diskretisierung in der folgenden Form: Gesucht ist ein uh ∈ Kh, so dass gilt: ∀vh ∈ Kh : (σ(uh), ε(vh−uh))0 ≥ (f, vh−uh)0+(q, δ(vh−uh))0,Γ1 , (III.31) wobei Kh ⊂ Sp(Th)3 eine abgeschlossene und konvexe Menge ist. Wie bei dem entsprechenden Modellproblem (II.11) kann fu¨r eine geeignet definierte Menge Kh gezeigt werden, dass die Bedingungen aus Satz III.1 erfu¨llt sind, so dass limh→0 uh = u ist.29 In [72] (Th.6.4) wird analog zu Satz III.6 zudem gezeigt, dass ‖u− uh‖ ≤ Ch fu¨r p ≡ 1 gilt. Die zu (III.31) geho¨rende variationelle Sattelpunktformulierung lautet: Ge- sucht ist (uh, λn,H) ∈ Sp(Th)3 × Λn ∩Mp1(T1,H), so dass gilt: ∀vh ∈ Sp(Th)3 : (σ(uh), ε(vh))0 = (f, vh)0 + (q, δ(vh))0,Γ1 − (λn,H , δn(vh))0,Γ1 (III.32) ∀µn,H ∈ Λn ∩Mp1(T1,H) : (µn,H − λn,H , δn(uh)− g)0,Γ1 ≤ 0. (III.33) 27vgl. z.B. [39] 28vgl. [17],[25] 29vgl. S. 127 in [72] 90 Kapitel III. Diskretisierungen Wie zuvor ist die Diskretisierung stabil, wenn eine entsprechende diskrete Babusˇka-Brezzi-Bedingung mit einer von der Maschenweite und der Poly- nomgradverteilung unabha¨ngigen Konstanten erfu¨llt ist. Eine zu Satz III.7 analoge Aussage kann unter Verwendung eines ada¨quaten Dualita¨tsargu- ments30 erzielt werden. Abb. III.11: −λn,H mit p ≡ 1, p1 ≡ 0 und h/H = 1 bzw. h/H = 0.5. Abb. III.12: Adaptives Gitter, sonst wie in Abb. III.11. Die Abbildungen III.11 und III.12 zeigen −λn,H im Fall p ≡ 1 und p1 ≡ 0. Deutlich erkennbar sind die fu¨r Instabilita¨ten typischen Schachbrettmuster, falls h/H = 1 ist. Im Fall h/H = 0.5 sind diese Muster nicht mehr zu sehen. Den in Abbildung III.12 dargestellten Lo¨sungen ist ein adaptives 30vgl. Def.4.1 und Lemma 4.3 in [64] III.1. Finite-Elemente-Methoden 91 Gitter zugrunde gelegt, um eine ho¨here Auflo¨sung im Bereich λn,H > 0 zu erreichen. Fu¨r weitere Details bzgl. Adaptivita¨t sei auf Abschnitt IV.7 verwiesen. Im Fall p ≡ 2 und p1 ≡ 1 sind im Gegensatz zum entsprechenden Modellproblem fu¨r h/H = 1 Muster zu erkennen, die auf eine Instabilita¨t schließen lassen. Bei der Wahl h/H = 0.5 sind diese nicht auszumachen (vgl. Abbildung III.13). Abb. III.13: Adaptives Gitter, −λn,H mit p ≡ 2, p1 ≡ 1 und h/H = 1 bzw. h/H = 0.5. Eine Diskretisierung von reibungsbehafteten Kontaktproblemen mit vorge- gebenen Normalspannungen ist durch folgende Formulierung gegeben: Ge- sucht ist ein uh ∈ Sp(Th)3, so dass ∀vh ∈ Sp(Th)3 : (σ(uh), ε(vh − uh))0 + (s, |δt(vh)|)0,Γ1 − (s, |δt(uh)|)0,Γ1 ≥ (f, vh − uh)0 + (q, δ(vh − uh))0,Γ1 (III.34) erfu¨llt ist. Eine qualitative Konvergenzaussage zu (III.34) ist in [72] (Th. 10.5) enthalten, sie entspricht im Wesentlichen der Aussage von Satz III.9 fu¨r das idealisierte Reibungsproblem. Die Diskretisierung der zugeho¨rigen variationellen Sattelpunktformulierung lautet: Gesucht ist ein (uh, λ1,H) ∈ Sp(Th)3×Λt ∩Mp1 (T1,H)2, so dass gilt: ∀v ∈ Sp(Th)3 : (σ(uh), ε(vh))0 = (f, vh)0 + (q, δ(vh))0,Γ1 − (λt,H , δt(vh))0,Γ1 (III.35) ∀µt,H ∈ Λt,H ∩Mp1(T1,H)2 : (µt,H − λt,H , δt(uh))0,Γ1 ≤ 0. (III.36) Die Frage nach der Stabilita¨t der Diskretisierung kann in a¨hnlicher Weise wie oben diskutiert werden. Letztlich ist auch hier das Verha¨ltnis von p1 zu p bzw. h zu H entscheidend. 92 Kapitel III. Diskretisierungen Fu¨r Kontaktprobleme mit Reibung erha¨lt man die folgende Diskretisierung: Fu¨r eine konvexe und abgeschlossene Menge Kh sei uh ∈ Kh Lo¨sung von ∀vh ∈ Kh : (σ(uh), ε(vh − uh))0 + (s, |δt(vh)|)0,Γ1 − (s, |δt(uh)|)0,Γ1 ≥ (f, vh − uh)0 + (q, δ(vh − uh))0,Γ1 . (III.37) Die zugeho¨rige diskretisierte variationelle Sattelpunktformulierung lautet: Gesucht ist (uh, λ0,H , λ1,H) ∈ Sp(Th)3×Λn∩Mp1(T1,H)×Λt∩Mp1(T1,H)2, so dass gilt: ∀vh ∈ Sp(Th)3 : (σ(uh), ε(vh))0 = (f, vh)0 + (q, δ(vh))0,Γ1 − (λn,H , δn(vh))0,Γ1 − (λt,H , δt(vh))0,Γ1 (III.38) ∀(µn,H , µt,H) ∈ Λn ∩Mp1(T1,H)× Λt ∩Mp1(T1,H)2 : (µn,H − λn,H , δn(vh)− g)0,Γ1 + (µt,H − λt,H , δt(uh))0,Γ1 ≤ 0. (III.39) Fu¨r die Stabilita¨t des Verfahrens ist die Gu¨ltigkeit der diskreten Babusˇka- Brezzi-Bedingung hinreichend, die in diesem Fall die Gestalt hat: ∃α ∈ R>0 : ∀(µ0,H , µ1,H) ∈Mp1(T1,H)×Mp1(T1,H)2 : α‖(µn,H , µt,H)‖−1/2 ≤ sup vh∈Sp(Th)\{0} (µn,H , δn(vh))0,Γ1 + (µt,H , δt(vh))0,Γ1 ‖vh‖1 . (III.40) Fu¨r eine Satz III.7 entsprechende Aussage sei fu¨r den Fall p ≡ 1 und p1 ≡ 0 auf [64] und [66] verwiesen. Fu¨r den hier betrachteten dreidimensionalen Fall wird in [66] gezeigt: Satz III.10 Es sei (u, λn, λt) Lo¨sung von (II.88)-(II.89), und es sei (uh, λn,H , λt,H) Lo¨sung von (III.38)-(III.39). Zudem seien Th, TH regula¨re und quasi-uniforme Gitterfolgen und h/H konstant. Es sei p ≡ 1 und p1 ≡ 0, und es gelte (III.40) mit einem von h und H unabha¨ngigen α. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖1 + ‖(λn, λt)− (λn,H , λt,H)‖−1/2,nt ≤ Ch1/2. Beweis: Th.5.1 in [66].  III.1. Finite-Elemente-Methoden 93 III.1.3 Weitere Modellprobleme Eine Diskretisierung des Hindernisproblems (II.91) aus Abschnitt II.5.1 erha¨lt man folgendermaßen: Fu¨r einen abgeschlossenen und konvexen Kegel Kh ⊂ Sp(Th) sei uh ∈ Kh die eindeutig bestimmte Lo¨sung von ∀vh ∈ Kh : (∇uh,∇(vh−uh))0 ≥ (f, vh−uh)0+(q, γ(vh−uh))0,Γ1 . (III.41) Werden Dreiecks- statt Vierecksgitter Th vorausgesetzt31 sind Konvergenz- aussagen in der Literatur bekannt: Resultate, die die Konvergenz der Folge {uh} gegen die Lo¨sung u von (II.91) gema¨ß Satz III.1 sicherstellen, sind z.B. in [56] (Th.2.3) enthalten. Im Fall p ≡ 1 und Kh := {vh ∈ Sp(Th) | ∀x ∈ V : vh(x) ≥ g(x)} (III.42) und im Fall p ≡ 2 und Kh := {vh ∈ Sp(Th) | ∀x ∈ V˜ : vh(x) ≥ g(x)} (III.43) sind die Voraussetzungen von Satz III.1 erfu¨llt. Eine qualitative Konver- genzaussage besteht in der folgenden Form: Satz III.11 Es sei u ∈ H1(Ω,Γ0) ∩ H2(Ω) Lo¨sung von (II.91) und uh Lo¨sung von (III.41) mit Kh wie in (III.42) sowie g ∈ H2(Ω). Zudem sei Th eine regula¨re und quasi-uniforme Dreiecksgitterfolge und p ≡ 1. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖1 ≤ Ch Beweis: Th.4.1 in [28].  Fu¨r p ≡ 2 und Kh wie in (III.43) erha¨lt man unter geeigneten Vorausset- zungen an f und g, dass ‖u− uh‖1 = O(h3/2−ǫ) fu¨r ein beliebiges ǫ > 0 ist. Hierzu sei auf Th.4.4 in [28] verwiesen. Die zu (III.41) geho¨rende diskrete variationelle Sattelpunktformulierung lautet: Gesucht ist ein (uh, λH) ∈ Sp(Th)× Λ0 ∩ M˜ p˜(T˜H), so dass gilt: ∀vh ∈ Sp(Th) : (∇uh,∇vh)0 = (f, vh)0 + (q, γ(vh))0,Γ1 − (λ0,H , vh)0 (III.44) ∀µ0,H ∈ Λ0 ∩ M˜ p˜(T˜H) : (µ0,H − λ0,H , uh − g)0 ≤ 0, (III.45) 31Fu¨r Dreiecksgitter ist in der Konstruktion von Sp(Th) in (III.12) der Polynomraum Sp2 := {vˆ : Tˆ → R | vˆ(ξ0, ξ1) = P 0≤i,j≤p, i+j≤p cijξi0ξ j 1, cij ∈ R} fu¨r ein Referenzdreieck Tˆ zu verwenden. 94 Kapitel III. Diskretisierungen wobei T˜H eine weitere Gitterfolge von Ω und p˜ : T˜H → N eine Polynom- gradverteilung ist. Der Raum M˜ p˜(TH) ist definiert als M˜ p˜(TH) := {v ∈ L2(Ω) | ∀T ∈ T : v|T ◦ΨT ∈ Sp˜Tk }. Zu kla¨ren bleibt, ob a¨hnlich wie in Satz III.7 mit Hilfe eines geeigneten Dua- lita¨tsarguments und unter der Voraussetzung einer inversen Abscha¨tzung die Gu¨ltigkeit der diskreten Babusˇka-Brezzi-Bedingung fu¨r die hier vorge- stellte Diskretisierung gezeigt werden kann. Abb. III.14: λ0,H mit p ≡ 1, p˜ ≡ 0 und h/H = 1 bzw. h/H = 0.5. Abb. III.15: λ0,H mit p ≡ 2, p˜ ≡ 1 und h/H = 1 bzw. h/H = 0.5. Abbildung III.14 (links) zeigt λ0,H bei h/H = 1, p ≡ 1 und p˜ ≡ 0 mit typischem Instabilita¨tsmuster. Bei Verwendung von h/H = 0.5 sind diese III.2. h- und hp-Finite-Elemente-Methoden 95 Muster nicht mehr zu erkennen (Abbildung III.14 (rechts)). Die gleichen Beobachtungen ergeben sich ebenfalls fu¨r p ≡ 2 und p˜ ≡ 1 sowie h/H = 1 und h/H = 0.5 (Abbildung III.15). Abschließend wird eine Diskretisierung von vereinfachten Bingham-Fluid- Problemen aus Abschnitt II.5.3 betrachtet. Gesucht ist ein uh ∈ Sp(Th), so dass ∀vh ∈ Sp(Th) : (∇uh,∇(vh−uh))0+(s, |∇vh|)0−(s, |∇uh|)0 ≥ (f, vh−uh)0 erfu¨llt ist. Dass limh→0 uh = u gema¨ß Satz III.1 gilt, ist etwa aus [55] (Th.5.1) zu entnehmen. Eine Diskretisierung der zugeho¨rigen variationellen Sattelpunktformulierung kann in der folgenden Weise angegeben werden: Gesucht ist ein (uh, λ1,H) ∈ Sp(Th)× Λ1 ∩ M˜ p˜(T˜H)k als Lo¨sung von ∀v ∈ Sp(Th) : (∇uh,∇vh)0 = (f, vh)0 − (λ1,H ,∇vh)0 (III.46) ∀µ1 ∈ Λ1 ∩ M˜ p˜(T˜H)k : (µ1,H − λ1,H ,∇uh)0 ≤ 0. (III.47) III.2 h- und hp-Finite-Elemente-Methoden Zentral bei der Realisierung von Diskretisierungsverfahren ist die Verwen- dung von geeigneten Basen bezu¨glich der gewa¨hlten Diskretisierungsra¨ume. Ist {ϕi} ⊂ Vh eine Basis und m := dim Vh, dann heißt die positiv definite und symmetrische Matrix A ∈ Rm×m mit Aij := a(ϕj , ϕi) Steifigkeits- matrix, und L ∈ Rm mit Li := 〈ℓ, ϕi〉 Lastvektor. Daru¨ber hinaus sei im Folgenden {ψr,i} fu¨r r = 0, 1 eine Basis von U ′r,H mit mr := dimU ′r,H sowie Br ∈ Rm×mr mit Br,ij := 〈ψr,j , βr(ϕi)〉 und Λ¯r := {µ¯r ∈ Rmr | µ¯r,iψr,i ∈ Λr,H}, wobei Λr,H die entsprechende Diskretisierung von Λ0 oder Λ1 (bzw. Λn oder Λt) ist. Hiermit erha¨lt man: uh = u¯iϕi ist genau dann Lo¨sung von (III.3), wenn gilt: Au¯ = L. Ferner ist uh genau dann Lo¨sung von (III.1), wenn u¯ den Ausdruck min v¯∈K¯ 1 2 v¯ ⊤Av¯ − v¯⊤L (III.48) minimiert, oder wenn die Variationsungleichung ∀v¯ ∈ K¯ : (u¯− v¯)⊤Au¯ ≥ (u¯− v¯)⊤L 96 Kapitel III. Diskretisierungen erfu¨llt ist, wobei K¯ := {v¯ ∈ Rm | v¯iϕi ∈ Kh} ist. Es sei g¯ ∈ Rm0 mit g¯i := 〈ψ0,i, g〉, dann ist (uh, λ0,H) mit λ0,H = λ¯0,iψ0,i genau dann Lo¨sung von (III.4)-(III.5), wenn gilt: Au¯ = L−B0λ¯0 (III.49) ∀µ¯0 ∈ Λ¯0 : (µ¯0 − λ¯0)⊤(B⊤0 u¯− g¯) ≤ 0. (III.50) Fu¨r elliptische Minimierungsprobleme zweiter Art werden an dieser Stelle nur die entsprechenden Aussagen fu¨r Sattelpunktformulierungen angege- ben:32 (uh, λ1,H) mit λ1,H = λ¯1,iψ1,i ist genau dann Lo¨sung von (III.6)- (III.7), wenn Au¯ = L−B1λ¯1 (III.51) ∀µ¯1 ∈ Λ¯1 : (µ¯1 − λ¯1)⊤B1u¯ ≤ 0 (III.52) erfu¨llt ist. Zudem ist (uh, λ0,H , λ1,H) genau dann Lo¨sung von (III.8)-(III.9), wenn gilt: Au¯ = L−B0λ¯0 −B1λ¯1 (III.53) ∀(µ¯0, µ¯1) ∈ Λ¯0 × Λ¯1 : (µ¯0 − λ¯0)⊤(B⊤0 u¯− g¯) + (µ¯1 − λ¯1)⊤B1u¯ ≤ 0. (III.54) Ein wesentlicher Vorteil der Finite-Elemente-Methode ist, dass die Matrizen A und Br mit Hilfe von Elementmatrizen assembliert werden ko¨nnen, da fu¨r vh, wh ∈ Sp(Th)l und µr,H ∈ Mp1(T1,H)lr typischerweise a(vh, wh) =∑ T aT (vh, wh) und 〈µr,H , βr(vh)〉 = (µr,H , βr(vh)) = ∑ T (µr,H , βr(vh))T ist. Hierzu sei {ξq,κk,i } eine Basis von (S q k)κ, dann existieren Matrizen πT ∈ Rm×lm pT k und πr,T ∈ Rm×lrm p1,T k−1 mit mqk := dimS q k, so dass gilt: ∀T ∈ Th : ϕi|T ◦ΨT = πT,ijξpT ,lk,j (III.55) ∀T ∈ T1,H : ψr,i|T ◦Ψ1,T = πr,T,ijξp1,T ,lrk−1,j . (III.56) Die Matrix AT ∈ Rlm pT k ×lm pT k mit AT,ij := aT (ξpT ,lk,j ◦ Ψ−1T , ξ pT ,l k,i ◦Ψ−1T ) fu¨r T ∈ Th heißt Elementmatrix oder lokale Steifigkeitsmatrix. Offenbar gilt: A = ∑ T∈Th πTATπ⊤T . (III.57) 32Fu¨r weitere Details insbesondere zu Penalisierungsmo¨glichkeiten von elliptischen Mi- nimierungsproblemen zweiter Art sei auf [55] und [72] verwiesen. III.2. h- und hp-Finite-Elemente-Methoden 97 Entsprechende Elementmatrizen erha¨lt man ebenfalls fu¨r die Matrizen Br. Hierzu sei T˜1,h := {T ∩ Γ1 | T ∈ Th}, und fu¨r T ∈ T˜1,h sei ω(T ) ∈ Th, so dass ω(T ) ∩ Γ1 = T ist. Ferner gelte ∀T ∈ T˜1,h : ∃c(T ) ∈ T1,H : T ⊂ c(T ).33 Dann definiert man die Elementmatrix Br,T ∈ Rlm pω(T ) k ×lrm p1,c(T ) k−1 mit Br,T,ij := ((ξp1,c(T ),lrk−1,j ◦Ψ−11,c(T ))|T , βr(ξ pω(T ),l k,i ◦Ψ−1ω(T ))|T )T fu¨r T ∈ T˜1,h. Auch hier ist Br = ∑ T∈T˜1,h πω(T )Br,Tπ⊤r,c(T ). (III.58) In analoger Weise ko¨nnen auch Matrizen B˜r sowie B˜r,T und π˜r,T bezu¨glich der Ra¨ume M˜ p˜(T˜H) bzw. M˜ p˜(T˜H)k konstruiert werden. Zudem ko¨nnen der Lastvektor L und der Vektor g¯ ebenfalls u¨ber Elementvektoren assembliert werden. Mit Blick auf (III.57) und (III.58) ist die Konstruktion einer geeigneten Basis von (Sqk)κ und die Angabe der zugeho¨rigen Matrizen πT bzw. πr,T entscheidend fu¨r die Assemblierung von A und Br. 34 Unproblematisch ist die Situation hinsichtlich Mp1(T1,H)lr , da in diesem Fall keinerlei Stetigkeitsanforderungen oder Bedingungen an Randwerte ge- stellt werden. Hier kann eine beliebige Basis von Sqk gewa¨hlt werden, und im Fall lr = 1 setzt man einfach πr,T,ζ1(T )+i,i := 1 fu¨r i = 0, . . . ,m p1,T k−1−1.35 Die Abbildung ζ1 : T1,H → N0 mit ζ1(Ts) := ∑s−1 i=0 m p1,Ti k−1 stellt hier den Zusammenhang von lokaler und globaler Nummerierung her. Fu¨r lr = 2 setzt man πr,T,ζ1(T )+i,i := πr,T,mr/2+ζ1(T )+i,i := 1 fu¨r i = 0, . . . ,m p1,T k−1 − 1. Gema¨ß (III.56) besteht der Tra¨ger der zugeho¨rigen globalen Basis {ψr,i} demnach nur aus jeweils einem Element T ∈ T1,H .36 Komplizierter ist dagegen die Angabe von πT bezu¨glich Sp(Th)l bei Verwen- dung einer Basis von (Sqk)l, weil nun Stetigkeitsanforderungen u¨ber Kanten bzw. Facetten hinweg sowie Randwerte zu beru¨cksichtigen sind.37 Einen 33D.h. T1,H ist ein gro¨beres Gitter von T˜1,h. 34Die effiziente Umsetzung von πT und πr,T in Form von sogenannten DoF-Managern (DoF=Degree of Freedom) ist ein wesentlicher Bestandteil moderner Finite-Elemente- Implementierungen. Hierzu sei auf die Finite-Elemente-Software SOFAR [87] verwiesen, mit der auch sa¨mtliche Testrechnungen durchgefu¨hrt wurden. 35Hier wie im Folgenden seien die nicht definierten Matrixkomponenten stets 0. 36Die Finite-Elemente-Basisfunktionen werden typischerweise so gewa¨hlt, dass ihre Tra¨ger mo¨glichst klein sind. Eine wichtige Folge hiervon ist, dass die Matrizen A und Br du¨nn besetzt sind, so dass relativ große Systeme behandelt werden ko¨nnen. 37zur Stetigkeit von Funktionen aus Sp(Th) vgl. z.B. Satz 5.2 in [25] 98 Kapitel III. Diskretisierungen wesentlichen Ansatzpunkt liefert der Gebrauch von hierarchischen Basen. Im Folgenden Abschnitt werden hierarchische Basen fu¨r die Ra¨ume Sq2 und Sq3 mit Hilfe rekursiv definierter Gegenbauerpolynome konstruiert und die zugeho¨rigen Matrizen πT bzgl. Sp(Th) gewonnen. Entsprechende Erweite- rungen auf den Raum Sp(Th)l sind dann offensichtlich. III.2.1 Hierarchische Basen in 2D und 3D Es sei ̺ ∈ R, sowie G̺0(x) := 1 und G̺1(x) := 2̺x. Dann heißt die Folge der Polynome {G̺n}n∈N0 , die der Rekursionsgleichung (n+ 1)G̺n+1(x) = 2(n+ ̺)xG̺n(x) − (n+ 2̺− 1)G̺n−1(x) (III.59) genu¨gt, Folge von Gegenbauerpolynomen bezu¨glich ̺. Aussagen u¨ber Ei- genschaften von Gegenbauerpolynomen sind z.B. in [102] enthalten. In dem hier betrachteten Zusammenhang sind vor allem Symmetrie-Eigenschaften und Mo¨glichkeiten zur Berechnung von Ableitungswerten interessant. Fu¨r n, ν ∈ N0 und (̺)ν := Πν−1i=0 (̺+ i) gilt: G̺n(−x) = (−1)nG̺n(x), ∂νG̺n = 2ν(̺)νG̺+νn−ν . (III.60) Eine Basis von Sq2 erha¨lt man folgendermaßen: ξq2,0(x0, x1) := 0.25(1− x0)(1 − x1), ξq2,1(x0, x1) := 0.25(1 + x0)(1 − x1), ξq2,2(x0, x1) := 0.25(1 + x0)(1 + x1), ξq2,3(x0, x1) := 0.25(1− x0)(1 + x1). Diese Basisfunktionen werden auch Knotenmoden genannt. Ist q > 1, defi- niert man die sogenannten Kantenmoden fu¨r i = 0, . . . , q − 2: ξq2,4+i(x0, x1) := 0.5(1− x1)G −1/2 i+2 (x0), ξq2,4+q−1+i(x0, x1) := 0.5(1 + x0)G −1/2 i+2 (x1), ξq2,4+2(q−1)+i(x0, x1) := 0.5(1 + x1)G −1/2 i+2 (x0), ξq2,4+3(q−1)+i(x0, x1) := 0.5(1− x0)G −1/2 i+2 (x1). Schließlich definiert man fu¨r q > 3−τ mit τ ∈ {0, 2}, i = 0, . . . , q−4+τ und j = 0, . . . , i sowie α(i, j) := i(i+ 1)/2 + j die sogenannten inneren Moden: ξq2,4q+α(i,j)(x0, x1) := G −1/2 j+2 (x0)G −1/2 i−j+2(x1). III.2. h- und hp-Finite-Elemente-Methoden 99 Knotenmoden haben die Eigenschaft, in genau einem Eckpunkt von [−1, 1]2 den Wert 1 und in den u¨brigen den Wert 0 zu haben. Kantenmoden sind auf genau einer Kante von [−1, 1]2 von Null verschieden und verschwinden auf den u¨brigen Kanten. Innere Moden verschwinden auf allen Kanten von [−1, 1]2 und sind nur im Innern von null verschieden. Abb. III.16: ξ52,0, ξ52,4, ξ52,5 und ξ52,22 bei τ = 0. Fu¨r τ = 2 ist {ξq2,i} eine Basis von Sq2 . Jedoch ko¨nnen dieser Basis inne- re Moden entnommen werden, ohne dass die Approximationseigenschaften verloren gehen.38 Die fu¨r τ = 0 gewonnene, ausgedu¨nnte Basis heißt auch Basis der Serendipity-Klasse. Die Basis {ξq2,i} entspricht (bis auf Normierungsfaktoren) den in [89] und [99] angegebenen Basisfunktionen vom (aufintegrieten) Legendre-Typ. Je- doch ist die obige Darstellung auf der Grundlage von Gegenbauerpolyno- men gu¨nstiger fu¨r Implementierungen und fu¨r die Einbeziehung von irre- gula¨ren Knoten bzw. Kanten.39 Gegenu¨ber Standardbasen vom Lagrange- Typ hat diese Basis mehrere Vorteile : Zum einen ko¨nnen Ableitungen be- liebiger Ordnung leicht mit Hilfe der in (III.60) dargestellten Formel aus- gedru¨ckt werden. Als Ergebnis erha¨lt man wiederum Gegenbauerpolynome. Zum anderen ko¨nnen Funktions- und Ableitungswerte u¨ber die Rekursions- gleichung (III.59) numerisch stabil und mit geringem Aufwand berechnet werden.40 Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Basis hierarchisch ist, d.h., es gilt {ξq2,i} ⊂ {ξq+12,i }. Diese Eigenschaft fu¨hrt dazu, dass Eintra¨ge in πT , die Kantenmoden mit einem ho¨heren Polynomgrad als bei dem jeweiligen Nachbarelement zugeordnet sind, lediglich auf 0 zu setzen sind, damit die Stetigkeitsanforderung erfu¨llt ist. Analysen bzgl. der Performance, insbesondere bzgl. der Konditionszahl der 38vgl. S. 175 in [89] 39vgl. Abschnitt III.2.2 40Tatsa¨chlich wird in der Literatur ha¨ufig die Implementierung von Basisfunktionen dieses Typs u¨ber Monomdarstellungen empfohlen, womit die oben genannten Vorteile verloren gehen. Hierzu sei z.B. auf S.23 in [92] verwiesen. 100 Kapitel III. Diskretisierungen aufgrund dieser Basis assemblierten Matrizen und bzgl. des Einsatzes von Pra¨konditionierern sind in [6], [8] und [77] enthalten. Ein Nachteil der hier angegebenen Basis gegenu¨ber Lagrange-artigen Basen ist jedoch, dass die Verschiebungswerte nur in den zu den Knotenmoden geho¨renden Komponenten von u¯ abgelesen werden ko¨nnen. Im zweidimensionalen Fall wird die Verbindung zu der zugeho¨rigen glo- balen Basis u¨ber die Matrix πT := π2T erzeugt. In diesem Fall stellt die Abbildung ζ : V ∪E ∪Th → N0 den Zusammenhang von lokaler und globaler Nummerierung her. Dabei ist V = {V0, V1, . . .} die Menge aller Ecken und E = {E0, E1, . . .} die Menge aller Kanten von Th = {T0, T1, . . .}, die nicht auf Γ0 liegen. Es sei pE := min{pT | T ∩ E 6= ∅, T ∈ Th} fu¨r eine Kante E, mV := |V| und mE := ∑|E|−∞ i=0 (pEi − 1) sowie ζ(Vs) := s, ζ(Es) := mV + s−1∑ i=0 (pEi − 1), ζ(Ts) := mV +mE + s−1∑ i=0 (pTi − 3 + τ)(pTi − 2 + τ)/2. Im Folgenden sei Th ein regula¨res Gitter und T ∈ Th, zudem seien V0, . . . , V3 die Ecken von T und E0, . . . , E3 die Kanten. Wenn Vν ∈ V bzw. Eν ∈ E ist, setzt man unter Ausnutzung, dass {ξq2,i} hierarchisch ist und unter Einbeziehung der Symmetrie-Eigenschaft aus (III.60) mit θT,i ∈ {−1, 1}: π2T,ζ(Vν),ν := 1, π2T,ζ(Eν)+i,4+ν(pEν−1)+i := (θT,ν) i, i = 0, . . . , pEi − 2, π2T,ζ(T )+α(i,j),4pT+α(i,j) := 1, i = 0, . . . , pT − 4 + τ, j = 0, . . . , i. Fu¨r θT,ν ≡ 1 ist bei ungeradem i nicht notwendigerweise die Stetigkeitsfor- derung u¨ber Kanten hinweg erfu¨llt. Ein Beispiel: Die Kante E = T 0 ∩ T 1 mit T0, T1 ∈ Th habe die Eckpunkte P und Q, und es gelte ΨT0(1,−1) = P = ΨT1(−1,−1) und ΨT0(1, 1) = Q = ΨT1(−1, 1), dann ist die zugeho¨rige globale Basisfunktion ϕζV(E)+1 nicht stetig. Abbildung III.17 zeigt die im obigen Beispiel beschriebene Unstetigkeit. Durch Setzen von θT,1 := −1 wird diese Unstetigkeit behoben. Besser ist je- doch, dieser Problematik mit Hilfe von angepassten Transformationen {ΨT} und einer angemessenen Wahl von Kantenorientierungen zu begegnen. III.2. h- und hp-Finite-Elemente-Methoden 101 Abb. III.17: ξ52,9 ◦Ψ −1 T0 und ξ 5 2,17 ◦Ψ −1 T1 mit θT,1 = 1 und θT,1 = −1. Definition III.1 Es sei G(Th) die Kantenmenge eines gerichteten Graphen bestehend aus den Kanten von Th. Ferner sei Qk die Kantenmenge eines gerichteten Graphen bestehend aus den Kanten von [−1, 1]k. Dann heißen die Transformationen {ΨT} gerichtet, wenn gilt: ∀T ∈ Th : ∀(Q0, Q1) ∈ Qk : (ΨT (Q0),ΨT (Q1)) ∈ G(Th). Fu¨r gerichtete Transformationen stimmt demnach die durch G(Th) festge- legte Orientierung der Kanten der Gitterelemente mit der vorgegebenen Orientierung Qk des Referenzelements u¨berein. - 6-6 - 6- V0,0 V0,1 V0,2V0,3 V1,0 V1,1 V1,2V1,3 T0 T1 - 6-6 Q0 Q1 Q2Q3 Abb. III.18: Beispiele fu¨r G({T0, T1}) und Q2. In Abbildung III.18 ist ein Beispiel fu¨r die gerichtete Graphen G({T0, T1}) und Q2 mit Q0 := (−1,−1), Q1 := (1,−1), Q2 := (1, 1) und Q3 := (1,−1) dargestellt. Gilt z.B. ΨTi(Qj) = Vi,j fu¨r i = 0, 1 und j = 0, . . . , 3, dann sind offenbar die Transformationen {ΨT0 ,ΨT1} gerichtet. Insgesamt erha¨lt man: Satz III.12 Es sei Th ein regula¨res Gitter von Ω ⊂ R2, und die Transfor- mationen {ΨT} seien bzgl. Q2 aus Abb. III.18 gerichtet. Dann existieren Funktionen {ϕi} ⊂ Sp(Th), so dass ϕi ◦ΨT = π2T,ijξpT2,j mit θT,ν ≡ 1 ist. Im Fall τ = 2 ist {ϕi} eine Basis von Sp(Th). 102 Kapitel III. Diskretisierungen Im zweidimensionalen Fall ist die Angabe von θT auch fu¨r ungerichtete Transformationen leicht durchfu¨hrbar. Hier setzt man θT,i = −1, wenn fu¨r die Kante von T mit dem Index i und den Endpunkten ΨT (Qi,0) und ΨT (Qi,1) mit (Qi,0, Qi,1) ∈ Q2 gilt, dass (ΨT (Qi,0),ΨT (Qi,1)) 6∈ G(Th) ist. Wesentlich komplizierter ist dagegen die Situation fu¨r drei Dimensionen, da hier nicht nur die Orientierung der Kanten, sondern auch die Orientierung der Facetten zu beachten ist. Im Finite-Element Paket SOFAR [87] sind hierzu spezielle Datenstrukturen verfu¨gbar, die die Verwendung von hierarchischen Basen von Sp(Th) auch fu¨r ungerichtete Transformationen ermo¨glichen.41 Im Folgenden wird eine Basis fu¨r Sq3 angegeben, der im Fall von gerichteten Transformationen eine Basis von Sp(Th) zugeordnet werden kann. Die Knotenmoden sind hier: ξq3,0(x0, x1, x2) := 0.125(1− x0)(1− x1)(1− x2), ξq3,1(x0, x1, x2) := 0.125(1 + x0)(1− x1)(1− x2), ξq3,2(x0, x1, x2) := 0.125(1 + x0)(1 + x1)(1− x2), ξq3,3(x0, x1, x2) := 0.125(1− x0)(1 + x1)(1− x2), ξq3,4(x0, x1, x2) := 0.125(1− x0)(1− x1)(1 + x2), ξq3,5(x0, x1, x2) := 0.125(1 + x0)(1− x1)(1 + x2), ξq3,6(x0, x1, x2) := 0.125(1 + x0)(1 + x1)(1 + x2), ξq3,7(x0, x1, x2) := 0.125(1− x0)(1 + x1)(1 + x2). Fu¨r q > 1 und i = 0, . . . , q − 2 erha¨lt man die folgenden Kantenmoden: ξq3,8+i(x0, x1, x2) := 0.25(1− x1)(1 − x2)G −1/2 i+2 (x0), ξq3,8+q−1+i(x0, x1, x2) := 0.25(1 + x0)(1 − x2)G −1/2 i+2 (x1), ξq3,8+2(q−1)+i(x0, x1, x2) := 0.25(1 + x1)(1 − x2)G −1/2 i+2 (x0), ξq3,8+3(q−1)+i(x0, x1, x2) := 0.25(1− x0)(1 − x2)G −1/2 i+2 (x1), ξq3,8+4(q−1)+i(x0, x1, x2) := 0.25(1− x0)(1 − x1)G −1/2 i+2 (x2), 41Zu bedenken ist, dass sich die Transformationen {ΨT } in der Regel aus einer zufa¨lli- gen Reihenfolge der Eckpunkte der Gitterelemente T ergeben. Das ist z.B. der Fall, wenn Gitter aus CAD-Daten konstruiert werden. Die resultierenden Transformationen sind im Allgemeinen ungerichtet. Transformationen ko¨nnen z.B. folgendermaßen angegeben wer- den: Sind etwa VT,0, . . . , VT,3 die Eckpunkte des Gitterelements T im Uhrzeigersinn oder entgegengesetzt, erha¨lt man mit ΨT (x0, x1) := ξ12,i(x0, x1)VT,i eine Transformation von [−1, 1]2 auf T . III.2. h- und hp-Finite-Elemente-Methoden 103 ξq3,8+5(q−1)+i(x0, x1, x2) := 0.25(1 + x0)(1− x1)G −1/2 i+2 (x2), ξq3,8+6(q−1)+i(x0, x1, x2) := 0.25(1 + x0)(1 + x1)G −1/2 i+2 (x2), ξq3,8+7(q−1)+i(x0, x1, x2) := 0.25(1− x0)(1 + x1)G −1/2 i+2 (x2), ξq3,8+8(q−1)+i(x0, x1, x2) := 0.25(1− x1)(1 + x2)G −1/2 i+2 (x0), ξq3,8+9(q−1)+i(x0, x1, x2) := 0.25(1 + x0)(1 + x2)G −1/2 i+2 (x1), ξq3,8+10(q−1)+i(x0, x1, x2) := 0.25(1 + x1)(1 + x2)G −1/2 i+2 (x0), ξq3,8+11(q−1)+i(x0, x1, x2) := 0.25(1− x0)(1 + x2)G −1/2 i+2 (x1). Fu¨r q > 3 − τ0 sowie i = 0, . . . , q − 4 + τ0 und j = 0, . . . , i erha¨lt man mit r0 := 8+12(q− 1) und r1 := ((p− 3+ τ0)(p− 2+ τ0))/2 die Facettenmoden ξq3,r0+α(i,j)(x0, x1, x2) := 0.5(1− x2)G −1/2 j+2 (x0)G −1/2 i−j+2(x1), ξq3,r0+r1+α(i,j)(x0, x1, x2) := 0.5(1 + x0)G −1/2 j+2 (x1)G −1/2 i−j+2(x2), ξq3,r0+2r1+α(i,j)(x0, x1, x2) := 0.5(1 + x1)G −1/2 j+2 (x2)G −1/2 i−j+2(x0), ξq3,r0+3r1+α(i,j)(x0, x1, x2) := 0.5(1 + x2)G −1/2 j+2 (x0)G −1/2 i−j+2(x1), ξq3,r0+4r1+α(i,j)(x0, x1, x2) := 0.5(1− x0)G −1/2 j+2 (x1)G −1/2 i−j+2(x2), ξq3,r0+5r1+α(i,j)(x0, x1, x2) := 0.5(1− x1)G −1/2 j+2 (x2)G −1/2 i−j+2(x0). Die inneren Moden sind fu¨r q > 5 − τ1 und i = 0, . . . , q − 6 + τ1 und j = 0, . . . , i und l = 0, . . . , j sowie r2 := 8+12(p−1)+3(p−3+τ0)(p−2+τ0) und β(i, j, l) := i(i+ 1)(2i+ 4)/12 + α(j, l) definiert als ξq3,r2+β(i,j,l)(x0, x1, x2) := G −1/2 l+2 (x0)G −1/2 j−l+2(x1)G −1/2 i−j+2(x2). Fu¨r τ0 = τ1 = 0 erha¨lt man eine Basis der Serendipity-Klasse. Fu¨r τ0 = 2 und τ1 = 4 spannt {ξq3,i} den Raum Sq3 auf. Zur Definition der Matrix πT := π3T ist die Index-Abbildung ζ : V ∪E ∪F ∪ Th → N0 erforderlich, wobei F := {F0, F1 . . .} die Menge aller Facetten von Th ist, die nicht auf Γ0 liegen. Bezu¨glich Elementen aus V und E ist ζ wie 104 Kapitel III. Diskretisierungen im zweidimensionalen Fall definiert. Daru¨ber hinaus setzt man: ζ(Fs) := mV +mE + s−1∑ i=0 (pFi − 3 + τ0)(pFi − 2 + τ0)/2, ζ(Ts) := mV +mE +mF + s−1∑ i=0 ((pTi − 3 + τ0)(pTi − 4 + τ1)(pTi − 5 + τ1))/6, wobei mF := ∑|F|−1 i=0 (pFi − 3 + τ0)(pFi − 2 + τ0)/2 und pF := min{pT | T ∩ F 6= ∅, T ∈ Th} fu¨r eine Facette F definiert sind. Fu¨r T ∈ Th seien V0, . . . , V7 die Ecken, E0, . . . , E11 die Kanten und F0, . . . , F5 die Facetten von T . Sofern Vν ∈ V , Eν ∈ E bzw. Fν ∈ F ist, setzt man mit θ1T,ν , θ2T,ν,ij ∈ {−1, 1}: π3T,ζ(Vν ),ν := 1 π3T,ζ(Eν)+j,8+ν(pEEν−1)+i := (θ 1 T,ν)i, i = 0, . . . , pEν − 2 π3T,ζ(Fν)+α(i,j),r0+νr1+α(i,j) := θ 2 T,ν,ij , i = 0, . . . , pFν − 4 + τ0, j = 0, . . . , i π3T,ζ(T )+β(i,j,l),r2+β(i,j,l) := 1, i = 0, . . . , q − 6 + τ1, j = 0, . . . , i, l = 0, . . . , j Fu¨r den dreidimensionalen Fall ist eine geeignete Kantenorientierung des Referenzelements anhand des folgenden Beispiels mit den Kantenmengen G({T0, T1}) und Q3 gegeben; hier kann θ1T,ν = θ2T,ν,ij = 1 gesetzt werden: - 6-6 - 6- - 6-6 - 6-       V0,0 V0,1 V0,5V0,4 V1,0 V1,1 V1,5V1,4 V0,3 V0,2 V0,6V0,7 V1,3 V1,2 V1,6V1,7 T0 T1 - 6-6 - 6-6     Q0 Q1 Q5Q4 Q3 Q2 Q6Q7 Abb. III.19: Beispiele fu¨r G({T0, T1}) und Q3. In Abbildung III.19 istQ0 := (−1,−1,−1), . . ., Q3 := (−1, 1,−1) undQ4 := (−1,−1, 1), . . ., Q7 := (−1, 1, 1). Analog zum zweidimensionalen Fall folgt aus ΨTi(Qj) = Vi,j fu¨r i = 0, 1 und j = 0, . . . , 7, dass die Transformationen {ΨT0 ,ΨT1} gerichtet sind. III.2. h- und hp-Finite-Elemente-Methoden 105 Satz III.13 Es sei Th ein regula¨res Gitter von Ω ⊂ R3, und die Transfor- mationen {ΨT} seien bzgl. Q3 aus Abb. III.19 gerichtet. Dann existieren Funktionen {ϕi} ⊂ Sp(Th), so dass ϕi ◦ΨT = π3T,ijξpT3,j mit θ1T ≡ θ2T,ij,ν ≡ 1 ist. Im Fall τ0 = 2 und τ1 = 4 ist {ϕi} eine Basis von Sp(Th). III.2.2 Irregula¨re Knoten, Kanten, Facetten Lokale Verfeinerungsprozesse, so wie sie z.B. bei Gitteradaptierungsmaßnah- men42 zur Reduktion der lokalen Maschenweiten eingesetzt werden, fu¨hren in der Regel auf irregula¨re Gitter mit sogenannten irregula¨ren Knoten, Kan- ten bzw. Facetten. So sind zum Beispiel die in Abbildung III.1 und III.2 dar- gestellten Gitter ebenso wie die Gitter aus dem Abschnitt IV.7.3 und dem Anhang A.1 durch lokale Verfeinerungen entstanden und irregula¨r. Wer- den keine weitere Zerlegungsmaßnahmen ergriffen, um die Irregularita¨t des Gitters (wie z.B. in den Abbildungen III.3 und III.4 geschehen) aufzulo¨sen, kann die im vorherigen Abschnitt definierte Matrix πT nicht verwendet wer- den. Im Folgenden wird eine Modifikation dieser Matrix vorgestellt, so dass auch irregula¨re Gitter genutzt werden ko¨nnen. Zentral hierbei ist die Ein- teilung der Knoten, Kanten und Facetten des zugrunde liegenden Gitters in regula¨re und irregula¨re Elemente. Abb. III.20: 1- und 2-irregula¨re Gitter. Vorzugsweise werden Viereckselemente symmetrisch in 4 Vierecke, sowie He- xaederelemente in 8 Hexaeder unterteilt.43 Dabei werden die Kanten geteilt 42vgl. Abschnitt III.1.1 und IV.7.3 43Denkbar sind auch andere Zerlegungsformen. Diesbezu¨glich ko¨nnen in dem FEM- 106 Kapitel III. Diskretisierungen und die Facetten geviertelt. Die Orientierung der neuen Kanten wird dabei von den geteilten Kanten u¨bernommen. In einem so lokal verfeinerten Gitter Th heißt eine Kante E regula¨r oder 0-irregula¨r, wenn sie keine echte Teilmenge einer anderen Kante von Th ist. Analog heißt eine Facette regula¨r oder 0-irregula¨r, wenn sie keine echte Teilmenge einer anderen Facette von Th ist. Eine Kante E heißt k-Kanten- irregula¨r mit dem Index r ∈ {0, 1} bzw. k-Facetten-irregula¨r mit dem Index r ∈ {0, . . . , 3}, wenn sie die r-te Teilungskante einer (k−1)-irregula¨ren Kante I1(E) bzw. die r-te Teilungsfacette einer (k − 1)-irregula¨ren Facette I2(E) ist. Ebenso heißt eine Facette F k-irregula¨r mit dem Index r ∈ {0, . . . , 3}, wenn sie die r-te Teilungsfacette einer (k−1)-irregula¨ren Facette I2(F ) ist. Schließlich heißt ein Knoten V k-Kanten-irregula¨r bzw. k-Facetten-irregula¨r, wenn er eine (k − 1)-irregula¨re Kante I1(V ) bzw. Facette I2(V ) teilt bzw. viertelt. Nicht alle irregula¨ren Kanten oder Facetten mu¨ssen dabei Kanten von Gitterelementen von Th sein. Das Problem bei der Verwendung von irregula¨ren Gittern ist die Gewa¨hr- leistung der Stetigkeitsanforderung u¨ber irregula¨re Kanten oder Facetten hinweg. Die Lo¨sung besteht darin, die lokalen Basisfunktionen, die auf Git- terelementen mit k-irregula¨ren Kanten oder Facetten definiert sind und auf diesen nicht verschwinden, u¨ber Kopplungsgewichte mit lokalen Basisfunk- tionen zu verknu¨pfen. Diese sind den entsprechenden (k − 1)-irregula¨ren Kanten bzw. Facetten zugeordnet, so dass insgesamt stetige Basisfunktio- nen erzeugt werden. Dieser Kopplungsprozess wird im Folgenden mit Hilfe rekursiv definierter Mengen beschrieben, die die Kopplungen und die dazu- geho¨rigen Kopplungsgewichte enthalten. Entscheidend bei dem hier gewa¨hl- ten Ansatz ist, dass beliebige Konstellationen k-irregula¨rer Knoten, Kanten oder Facetten dabei beru¨cksichtigt werden.44 Fu¨r einen regula¨ren Knoten V , eine regula¨re Kante E und eine regula¨re Facette F definiert man fu¨r i = 0, . . . , pE − 2 und κ = 0, . . . , r1,F − 1 mit r1,F := (pF − 3 + τ0)(pF − 2 + τ0)/2: B(V, 0) := {(V, 0, 1)}, B(E, i) := {(E, i, 1)}, B(F, κ) := {(F, κ, 1)}. Ein Tripel (B, b, β) der Mengen B(·, ·) besteht aus einem Freiheitsgradtra¨ger Paket SOFAR [87] beliebige Zerlegungsmuster definiert werden. So sind auch Zerlegungen, wie sie in Abbildung III.3 und III.4 dargestellt werden, mo¨glich. 44In der Literatur wird in der Regel ein entsprechendes Vorgehen lediglich fu¨r 1- irregula¨re Gitter beschrieben. Hierzu sei z.B. auf Abschnitt 3.6 in [41] oder [92] verwiesen. In den benannten Arbeiten fu¨hrt man im Fall k-irregula¨rer Gitter mit k > 1 zusa¨tzliche lokale Verfeinerungen durch, um 1-irregula¨re Gitter zu erzeugen. III.2. h- und hp-Finite-Elemente-Methoden 107 B (Ecke, Kante oder Facette), einem lokalen Freiheitsgradindex b und einem Kopplungsgewicht β. Es seien E eine Kante und F eine Facette, dann bezeichnen VE,ν bzw. VF,ν die ν-te Ecke von E bzw. von F sowie EF,ν die ν-te Kante von F . Fu¨r einen k-Kanten-irregula¨ren bzw. k-Facetten-irregula¨ren Knoten V sei: B(V, 0) := {(VI1(V ),ν , ν, γ0,0,01,0,ν,0 | ν = 0, 1} ∪{(I1(V ), i′, γ1,0,01,1,0,i′) | i′ = 0, . . . , pI1(V ) − 2}, B(V, 0) := {(VI2(V ),ν , ν, γ0,0,02,0,ν,0) | ν = 0, . . . , 3} ∪{(EI2(V ),ν , i′, γ0,0,02,1,ν,i′) | i′ = 0, . . . , pEI2(V ) − 2} ∪{(I2(V ), α(i′, j′), γ0,0,02,2,0,α(i′,j′)) | i′ = 0, . . . , pI2(V ) − 4 + τ0; j′ = 0, . . . , i′} Fu¨r eine k-Kanten-irregula¨re bzw. k-Facetten-irregula¨re Kante E mit dem Index r setzt man fu¨r i = 0, . . . , pE − 2: B(E, i) := {(I1(E), i′, γ1,r,i1,1,0,i′) | i′ = 0, . . . , pI1(E) − 2} B(E, i) := {(EI2(E),ν, i′, γ1,r,i2,1,ν,i′ | i′ = 0, . . . , pEI2(E),ν − 2} ∪{(I2(E), α(i, j), γ1,r,i2,2,0,α(i′,j′) | i′ = 0, . . . , pI2(E) − 4 + τ0; j′ = 0, . . . , i′} Fu¨r eine k-irregula¨re Facette F sei fu¨r κ = 0, . . . , r1,F − 1: B(F, κ) := {(I2(F ), α(i, j), γ2,r,κ2,2,0,α(i′,j′)) | i′ = 0, . . . , pI2(F ) − 4 + τ0; j′ = 0, . . . , i′} Hiermit definiert man rekursiv fu¨r einen Freiheitsgradtra¨ger C und einem lokalen Freiheitsgradindex κ: C(C, κ) := {(B, b, β) | (B, b, β) ∈ B(C, κ), B ist regula¨r, B 6⊂ Γ0} ⊎ (B,b,β)∈B(C,κ), B ist irregula¨r, B 6⊂ Γ0 βC(B, b) 108 Kapitel III. Diskretisierungen mit β{(B0, b0, β0), (B1, b1, β1), . . .} := {(B0, b0, ββ0), (B1, b1, ββ1), . . .} und C0 ⊎ C1 := {(B, b, β) | (B, b, β) ∈ C0, 6 ∃β′ : (B, b, β′) ∈ C1} ∪ {(B, b, β) | (B, b, β) ∈ C1, 6 ∃β′ : (B, b, β′) ∈ C0} ∪ {(B, b, β + β′) | (B, b, β) ∈ C0, ∃β′ : (B, b, β′) ∈ C1}. Die Indizierung der Kopplungsgewichte γh0,r,h1d,c0,ν,c1 ∈ R ist folgendermaßen zu interpretieren: Die Indizes h0 und c0 bezeichnen die Dimension des ir- regula¨ren Elements B bzw. des zugeho¨rigen Kopplungselements VId(B),ν , EId(B),ν oder Id(B). Die Indizes h1 und c1 bezeichnen den Index der lo- kalen Basisfunktionen, die bzgl. des irregula¨ren Elements bzw. des Kopp- lungselements definiert sind. Die Kopplungsgewichte ko¨nnen fu¨r die hier aufgefu¨hrten Basen {ξq2,i} und {ξq3,i} rekursiv ermittelt werden. Hierzu sei auf Anhang A.2 verwiesen. Anhand des folgenden Beispiels wird die Bedeutung der Mengen B(·, ·) und C(·, ·) deutlich: V5 V2 V6V7 V1 V3V4 V0 Abb. III.21: Kopplungen des 2-Facetten-irregula¨ren Knotens V0 (vgl. Abbildung III.20). Abbildung III.21 zeigt die Kopplungen des 2-Facetten-irregula¨ren Knotens V0 bei p ≡ 1. Laut Anhang A.2 erha¨lt man die knotenbezogenen Kopplungs- gewichte γ0,0,01,0,ν,0 = 0.5 und γ0,0,02,0,ν,0 = 0.25. Hiermit gewinnt man: B(V0, 0) = {(V1, 0, 0.25), (V2, 0, 0.25), (V3, 0, 0.25), (V4, 0, 0.25)} B(V1, 0) = {(V5, 0, 0.5), (V2, 0, 0.5)}, III.2. h- und hp-Finite-Elemente-Methoden 109 B(V2, 0) = {(V2, 0, 1)}, B(V3, 0) = {(V2, 0, 0.5), (V6, 0, 0.5)}, B(V4, 0) = {(V5, 0, 0.25), (V2, 0, 0.25), (V6, 0, 0.25), (V7, 0, 0.25)} B(V5, 0) = {(V5, 0, 1)} B(V6, 0) = {(V6, 0, 1)} B(V7, 0) = {(V7, 0, 1)} Daraus folgt die Kopplungsmenge: C(V0, 0) = {(V2, 0, 0.25)} ⊎ ((0.25C(V1, 0) ⊎ 0.25C(V3, 0)) ⊎ 0.25C(V4, 0)) = {(V2, 0, 0.25)} ⊎ (({(V5, 0, 0.125), (V2, 0, 0.125)} ⊎{(V2, 0, 0.125), (V6, 0, 0.125)})⊎ 0.25C(V4, 0)) = {(V2, 0, 0.25)} ⊎ ({(V5, 0, 0.125), (V2, 0, 0.25), (V6, 0, 0.125)} ⊎{(V5, 0, 0.0625), (V2, 0, 0.0625), (V6, 0, 0.0625), (V7, 0, 0.0625)}) = {(V2, 0, 0.25)} ⊎{(V5, 0, 0.1875), (V2, 0, 0.3125), (V6, 0, 0.1875), (V7, 0, 0.0625)} = {(V5, 0, 0.1875), (V2, 0, 0.5625), (V6, 0, 0.1875), (V7, 0, 0.0625)} Die Abbildungen ζ : V˜ ∪ E˜ ∪ Th → N0 bzw. ζ : V˜ ∪ E˜ ∪ F˜ ∪ Th → N0 fu¨r die globale Nummerierung seien wie in Abschnitt III.2.1 bzgl. der Mengen V˜ ⊂ V , E˜ ⊂ E und F˜ ⊂ F definiert, wobei diese Mengen nur die regula¨ren Knoten, Kanten bzw. Facetten von Th enthalten. Fu¨r den zweidimensionalen Fall kann hiermit π2T folgendermaßen definiert werden: Es seien T ∈ Th sowie V0, . . . , V3 die Ecken von T und E0, . . . , E3 die Kanten. Wenn Vν ∈ V bzw. Eν ∈ E ist, setzt man: π2T,ζ(B)+b,ν := β, ν = 0, . . . , 3; (B, b, β) ∈ C(Vν , 0) π2T,ζ(B)+b,4+ν(pEν−1)+i := (θT,ν) iβ, i = 0, . . . , pEν − 2; (B, b, β) ∈ C(Eν , i) π2T,ζ(T )+α(i,j),4pT+α(i,j) := 1, i = 0, . . . , pT − 4 + τ ; j = 0, . . . , i. Im dreidimensionalen Fall erha¨lt man fu¨r π3T : Es seien T ∈ Th sowie V0, . . . , V7 die Ecken, E0, . . . , E11 die Kanten und F0, . . . , F5 die Facetten von T . 110 Kapitel III. Diskretisierungen Falls Vν ∈ V , Eν ∈ E bzw. Fν ∈ F ist, setzt man: pi3T,ζ(B)+b,ν := β, ν = 0, . . . , 3; (B, b, β) ∈ C(Vν , 0) pi3T,ζ(B)+b,8+ν(pEEν−1)+i := (θ 1 T,ν)iβ, i = 0, . . . , pEν − 2; (B, b, β) ∈ C(Eν , i) pi3T,ζ(B)+b,r0+νr1+α(i,j) := θ 2 T,ν,ijβ, i = 0, . . . , pFν − 4 + τ0; j = 0, . . . , i; (B, b, β) ∈ C(Fν , α(i, j)) pi3T,ζ(T )+β(i,j,l),r2+β(i,j,l) := 1, i = 0, . . . , q − 6 + τ1, j = 0, . . . , i, l = 0, . . . , j Satz III.14 Es sei Th ein regula¨res oder irregula¨res Gitter von Ω ⊂ Rk, k ∈ {2, 3}, und die Transformationen {ΨT} seien bzgl. Qk aus Abb. III.18 bzw. III.19 gerichtet. Dann existieren Funktionen {ϕi} ⊂ Sp(Th), so dass ϕi ◦ΨT = πkT,ijξpTk,j mit θ1T,ν ≡ θ2T,ij,ν ≡ 1 ist. Im Fall τ = 2 bzw. τ0 = 2 und τ1 = 4 ist {ϕi} eine Basis von Sp(Th). Auf einen Beweis wird an dieser Stelle verzichtet, da er sich im Wesentlichen aus den zuvor definierten (Daten-)Strukturen ergibt. III.3 Lo¨sungsverfahren fu¨r quadratische Minimierungsprobleme Die in Abschnitt III.2 aufgefu¨hrten Probleme (III.48), (III.49)-(III.50), (III.51)-(III.52) und (III.53)-(III.54) sind bzw. fu¨hren auf quadratische Mi- nimierungsprobleme mit linearen oder nichtlinearen Nebenbedingungen. In der Literatur existiert hierzu eine Fu¨lle von Lo¨sungsalgorithmen, die unter dem Begriff der nichtlinearen Optimierung und insbesondere des Quadratic- Programmings zusammengefasst werden. Fu¨r einen U¨berblick sei auf [50], [54], [70] oder [83] verwiesen. Speziell fu¨r das Problem (III.48) wird in der Finite-Elemente-Literatur ha¨ufig ein projektives SOR-Verfahren vor- geschlagen45, das in Abschnitt III.3.1 auch fu¨r Minimierungsprobleme for- muliert wird, die den diskretisierten reibungsfreien Kontaktproblemen aus Abschnitt III.1.2 zugeordnet sind. Verfahren zur Lo¨sung der Sattelpunktprobleme (III.49)-(III.50), (III.51)- (III.52) und (III.53)-(III.54) werden in Abschnitt III.3.2 skizziert. Insbeson- dere wird mit Hilfe einer Umformulierung der Sattelpunktprobleme in qua- dratische Minimierungsprobleme der Zugang zu Standard-Optimierungsver- fahren ermo¨glicht. 45vgl. S.67 in [55], S.40 in [56], S.20 in [68], S.128 in [72] III.3. Lo¨sungsverfahren 111 III.3.1 Das SOR-Verfahren mit Projektion Ein einfaches, leicht implementierbares Verfahren zum Lo¨sen von Mini- mierungsproblemen vom Typ (III.48) ist das SOR-Verfahren mit Projek- tion. Es handelt sich dabei um eine Modifikation des bekannten Successive- Overrelaxation-Verfahrens mit einer zusa¨tzlichen Projektion der Iterierten auf die Restriktionsmenge K¯ in jedem Iterationsschritt. Betrachtet wird zuna¨chst das Minimierungsproblem (III.48) bezu¨glich des diskretisierten vereinfachten Signorini-Problems (III.17) mit Kh wie in (III.18) sowie bezu¨glich des diskretisierten Hindernisproblems (III.41) mit Kh wie in (III.42). Fu¨r Vh := Sp(Th) mit p ≡ 1 und {ϕi} wie in Abschnitt III.2.1 gewinnt man: K¯ = {v¯ ∈ Rm | ∀V ∈ V ′ : v¯ζ(V ) ≥ g(V )}. Im Fall (III.18) ist V ′ := V ∩ Γ1, und im Fall (III.42) ist V ′ := V . Damit ist die Abbildung P : Rm → Rm mit P (v¯) := (P0(v¯0), . . . , Pm−1(v¯m−1)) fu¨r 0 ≤ i < m und Pi(v¯i) := { g(V ), ∃V ∈ V ′ : i = ζ(V ), v¯i ≤ g(V ) v¯i, sonst eine Projektion auf K¯. Ein Iterationsschritt des SOR-Verfahrens mit Projektion kann fu¨r einen Relaxationsparameter 0 < ω < 2 durch die folgende Vorschrift formuliert werden: Fu¨r i = 0, . . . ,m− 1 sei uˆ← u¯n, uˆi ← 0 (III.61) u¯n+1i ← Pi(u¯ni + ω((Li −Ai,·uˆ)/Aii − u¯ni )), (III.62) wobei Ai,· den i-ten Zeilenvektor von A bezeichnet. Satz III.15 Es sei u¯ Lo¨sung von (III.48) mit Vh := Sp(Th) und p ≡ 1. Die Folge {u¯n} sei gegeben durch (III.61)-(III.62). Dann gilt: ∀u¯0 ∈ K¯ : lim n→∞ u¯n = u¯. Beweis: Prop.II.2.3 in [56], Ch.2, Th.1.3 in [55].  112 Kapitel III. Diskretisierungen Die Konvergenzgeschwindigkeit des SOR-Verfahrens mit Projektion ist er- wartungsgema¨ß nicht besser als die des reinen SOR-Verfahrens. Mit Hil- fe eines Zusatzschrittes kann das Verfahren jedoch wesentlich beschleunigt werden, wobei das Verfahren zu einem SSOR-Verfahren erweitert wird. Der Ansatz besteht darin, eine verbesserte Lo¨sung in dem durch die Suchrich- tungen r := u¯n− u¯n−1 und s := u¯n+1− u¯n aufgespannten affinen Unterraum u¯n+1+span{r, s} zu suchen, wobei r und s zusa¨tzlich bezu¨glich der Restrik- tion geeignet angepasst werden. Hierzu ist lediglich das zweidimensionale Problem min (α,β)∈R2 1 2(u¯ n+1 + αr + βs)⊤A(u¯n+1 + αr + βs)− (u¯n+1 + αr + βs)⊤L zu lo¨sen. Ein Iterationsschritt der beschleunigten Variante lautet: r← u¯n − u¯n−1, u¯n+1 ← { i = 0, . . . ,m− 1 i = m− 1, . . . , 0 } (III.61)-(III.62), s← u¯n+1 − u¯n, ∃V ∈ V ′ : u¯n+1ζ(V ) + rζ(V ) < g(V ) ∨ u¯n+1ζ(V ) + sζ(V ) < g(V ) : rζ(V ) ← sζ(V ) ← 0, d0 ← r⊤(L−Au¯n+1), d1 ← r⊤As, d2 ← r⊤Ar, β ← ((s⊤(L−Au¯n+1))d2 − d0d1)/((s⊤As)d2 − d21), α← (d0 − βd1)/d2, u¯n+1 ← u¯n+1 + αr + βs. Fu¨r weitere Details sei auf [24] verwiesen. In dieser Arbeit wird insbesondere die Einbettung des Algorithmus in ein kaskadisches Mehrgitterverfahren diskutiert. SOR mit Projektion m ZFW |Ref-ZFW| Tol. n 16 -0.26241 0.02329 1.0E-1 5 64 -0.24365 0.00452 1.0E-2 8 256 -0.24050 0.00138 1.0E-3 36 1024 -0.23946 3.35E-4 1.0E-4 179 4096 -0.23920 7.84E-5 1.0E-4 649 16384 -0.23914 1.55E-5 1.0E-5 3163 65536 -0.23912 3.16E-8 1.0E-5 11627 Tab. III.1: Iterationsverhalten des SOR-Verfahrens mit Projektion. III.3. Lo¨sungsverfahren 113 SSOR mit Projektion (beschleunigt) m ZFW |Ref-ZFW| Tol. n 16 -0.26262 0.02349 1.0E-1 3 64 -0.24366 0.00453 1.0E-2 6 256 -0.24050 0.00138 1.0E-2 10 1024 -0.23946 3.35E-4 1.0E-3 22 4096 -0.23920 7.85E-5 1.0E-3 50 16384 -0.23914 1.55E-5 1.0E-4 133 65536 -0.23912 2.35E-12 1.0E-5 335 Tab. III.2: Iterationsverhalten des beschleunigten SSOR-Verfahrens mit Projektion. Die Tabellen III.1 und III.2 zeigen das Iterationsverhalten des SOR-Verfah- rens mit Projektion und des beschleunigten SSOR-Verfahrens. Als Beispiel- konfiguration wurde das Hindernisproblem aus Abschnitt II.5.1 gewa¨hlt. Fu¨r die Diskretisierungen wurde p ≡ 1 gesetzt, und ein regula¨res Rechtecks- gitter global verfeinert. Fu¨r jede Verfeinerungsstufe wurden n Iterationen beno¨tigt, bis die vorgegebene Toleranz (Tol.) den Wert von ‖u¯n − u¯n−1‖2 unterschritten hat. Die Toleranz ist als die gro¨ßte Zehnerpotenz gewa¨hlt, so dass sich die Differenz von dem Zielfunktionswert ZFW und dem Referenz- zielfunktionswert Ref= −0.2391286 . . . (gerechnet mit m = 65536 und einer Toleranz von 10−7) bei Erreichen der Toleranz stabilisiert. Der durch das Verfahren bedingte Fehler liegt damit unterhalb des Diskretisierungsfehlers. Erkennbar ist, dass das beschleunigte SSOR-Verfahren mit Projektion deut- lich weniger Iterationen als das SOR-Verfahren beno¨tigt, auch wenn beru¨ck- sichtigt wird, dass die beschleunigte Variante doppelt soviele SOR-Schritte durchfu¨hrt. Zudem reicht fu¨r das beschleunigte Verfahren die Vorgabe einer geringeren Toleranz aus, um den Diskretisierungsfehler zu erreichen. SQOPT m ZFW |Ref-ZFW| MOT Fkt. 16 -0.26266 0.02353 1.0E-1 39 64 -0.24366 0.00453 1.0E-2 138 256 -0.24051 0.00138 1.0E-2 559 1024 -0.23946 3.35E-4 1.0E-2 2206 4096 -0.23920 7.86E-5 1.0E-3 8812 Tab. III.3: Iterationsverhalten von SQOPT. Tabelle III.3 zeigt das Iterationsverhalten des kommerziellen Optimierungs- pakets SQOPT [51], das speziell fu¨r großdimensionierte konvexe, quadratische Minimierungsprobleme mit Gleichheits- und Ungleichheitsnebenbedingun- gen entwickelt wurde. 114 Kapitel III. Diskretisierungen Die angegebene Toleranz (MOT) entspricht dem Programmparameter MINOR OPTIMALITY TOLERANCE von SQOPT.46 Zu sehen ist insbesondere, dass die Anzahl der Funktionsauswertungen (Fkt.), die in etwa jeweils einem SOR-Schritt entsprechen, deutlich ho¨her als die Anzahl der Iterationsschrit- te der SOR-Verfahren ist. Letztendlich macht dieser Vergleich deutlich, dass der Einsatz kommerzieller Pakete mit Black-Box Charakter nicht immer zu den erhofften Effizienzsteigerungen fu¨hrt, und deshalb mit großer Vorsicht durchgefu¨hrt werden sollte. Zu bedenken ist, dass kommerzielle Optimie- rungsverfahren in der Regel fu¨r wesentlich gro¨ßere Problemklassen konzi- piert sind, so dass Effizienzeinbußen ha¨ufig nicht zu vermeiden sind. Au- ßerdem fu¨hren Finite-Elemente-Diskretisierungen im Allgemeinen zu Glei- chungssystemen mit sehr großen Dimensionierungen. Kommerzielle Verfah- ren ko¨nnen jedoch ha¨ufig nur Systeme mit eher moderater Gro¨ße effizient behandeln.47 Zum Abschluss dieses Abschnitts wird gekla¨rt, in welcher Weise das SOR- Verfahren mit Projektion auch fu¨r das Minimierungsproblem (III.48) bezu¨g- lich des diskretisierten reibungsfreien Kontaktproblems (III.31) mit Kh := {vh ∈ Sp(Th)3 | δn(vh) ≤ g} eingesetzt werden kann. Hier erha¨lt man:48 K¯ = {v¯ ∈ Rm | ∀V ∈ V ′ : nV,ι · v¯ζ(V )+ι ≤ g(V )}, wobei V ′ := V ∩ Γ1 ist, und nV den a¨ußeren Normalenvektor in V ∈ V ′ mit La¨nge 1 bezeichnet. Eine Projektion P der Form P (v¯) = (P0(v¯0), . . . , Pm−1(v¯m−1)) ist fu¨r die Restriktion K¯ nicht unmittelbar angebbar. Um dennoch das SOR-Verfahren mit Projektion (bzw. die beschleunigte Variante) zu nutzen, ist eine ge- eignete Variablentransformation erforderlich. Es sei y¯ := (I +M)v¯, wobei I ∈ Rm×m die Einheitsmatrix ist, und die Matrix M ∈ Rm×m sei durch Mζ(V )+ρ(V ),ζ(V )+ρ(V ) := nρ(V ) − 1 Mζ(V )+ρ(V ),ζ(V )+(ρ(V )+1)%3 := nV,(ρ(V )+1)%3 Mζ(V )+ρ(V ),ζ(V )+(ρ(V )+2)%3 := nV,(ρ(V )+2)%3 definiert.49 Hierbei bezeichnet ρ(V ) ∈ {0, 1, 2} den Index der betragsgro¨ßten 46vgl. S.29 in [51] 47Das SQOPT-Verfahren war bei den durchgefu¨hrten Testrechnungen nicht in der Lage, Verfeinerungsstufen mit mehr als 16000 Freiheitsgraden mit den dem Autor zur Verfu¨gun- gen stehenden Rechnerresourcen zu bewa¨ltigen. Das hierfu¨r erforderliche zusa¨tzliche Spei- cheraufkommen (Real-Storage, S.14 in [51]) betrug wesentlich mehr als 2GB. 48im Sinne der Einsteinschen Summenkonvention 49Hier bezeichnet i%k den ganzzahligen Rest bei ganzzahliger Division von i durch k. III.3. Lo¨sungsverfahren 115 Komponente von nV , es ist demnach nV,ρ(V ) := max{|nV,0|, |nV,1|, |nV,2|}. Offenbar gilt: v¯ ∈ K¯ ⇔ ∀V ∈ V ′ : y¯ζ(V )+ρ(V ) ≤ g(V ). Also ist u¯ := (I +M)−1x¯ ∈ K¯ genau dann Lo¨sung von (III.48), wenn x¯ den Ausdruck min y¯∈K¯⋆ 1 2 y¯ ⊤A⋆y¯ − y¯⊤L⋆ (III.63) mit A⋆ := ((I +M)−1)⊤A(I +M)−1, L⋆ := ((I +M)−1)⊤L K¯⋆ := {y¯ ∈ Rm | V ′ : y¯ζ(V )+ρ(V ) ≤ g(V )} minimiert. Zur Lo¨sung von (III.63) kann das SOR-Verfahren mit der Pro- jektion P ⋆ : Rm → Rm, P ⋆(y¯) := (P ⋆0 (y¯0), . . . , P ⋆m−1(y¯m−1)) und P ⋆i (y¯i) := { g(V ), ∃V ∈ V ′ : i = ζ(V ) + ρ(V ), y¯i ≥ g(V ) y¯i, sonst eingesetzt werden. Es ist leicht einzusehen, dass (I +M)−1 = (I + M˜) mit M˜ζ(V )+ρ(V ),ζ(V )+ρ(V ) := (1− nV,ρ(V ))/nV,ρ(V ) M˜ζ(V )+ρ(V ),ζ(V )+(ρ(V )+1)%3 := −nV,(ρ(V )+1)%3/nV,ρ(V ) M˜ζ(V )+ρ(V ),ζ(V )+(ρ(V )+2)%3 := −nV,(ρ(V )+2)%3/nV,ρ(V ) gilt. Damit erha¨lt fu¨r i = ζ(V )+(ρ(V )+ι)%3 mit V ∈ V ′ und fu¨r ι ∈ {0, 1, 2}: A⋆i,·y¯ = ((A+ M˜⊤A)(I + M˜))i,·y¯ = Ai,·(I + M˜)zˆ + (M˜⊤A)i,·)(I + M˜)y¯ = Ai,·(I + M˜)y¯ + M˜ζ(V )+ρ(V ),iAζ(V )+ρ(V ),·(I + M˜)y¯, L⋆i = ((I + M˜)⊤L)i = Li + M˜ζ(V )+ρ(V ),iLζ(V )+ρ(V ), A⋆ii = Aii + 2(M˜A)ii + (M˜⊤AM˜)ii = Aii + 2M˜ζ(V )+ρ(V ),iAi,ζ(V )+ρ(V ) +M˜2ζ(V )+ρ(V ),iAζ(V )+ρ(V ),ζ(V )+ρ(V ). 116 Kapitel III. Diskretisierungen In allen anderen Fa¨llen gilt: A⋆i,·y¯ = Ai,·(I + M˜)y¯, L⋆i = Li, A⋆ii = Aii Ein Iterationsschritt des SOR-Verfahrens mit Projektion la¨sst sich hiermit fu¨r einen Relaxationsparameter 0 < ω < 2 in der folgenden Form angeben: Fu¨r i = 0, . . . ,m− 1 sei xˆ← x¯ni , xˆi ← 0, xˆζ(V )+ρ(V ) ← xˆζ(V )+ρ(V ) + ∑2 ι=0M˜ζ(V )+ρ(V ),ζ(V )+ρ(V )+ι · xˆζ(V )+ι, d0 ← Ai,·xˆ, d1 ← Li, d2 ← Aii, ∃V ∈ V ′, ι ∈ {0, 1, 2} : i = ζ(V ) + (ρ(V ) + ι)%3 : d0 ← d0 + M˜ζ(V )+ρ(V ),iAζ(V )+ρ(V ),·xˆ, d1 ← d1 + M˜ζ(V )+ρ(V ),iLζ(V )+ρ(V ), d2 ← d2 + 2M˜ζ(V )+ρ(V ),iAi,ζ(V )+ρ(V ), + M˜2ζ(V )+ρ(V ),iAζ(V )+ρ(V ),ζ(V )+ρ(V ), x¯n+1i ← P ⋆i (x¯ni + ω((d1 − d0)/d2 − x¯ni )). SOR mit Projektion m ZFW |Ref-ZFW| Tol. n 18 2.17E-4 0.00261 1.0E-2 3 90 0.00243 3.97E-4 1.0E-3 18 540 0.00198 8.48E-4 1.0E-3 24 3672 0.00263 2.05E-4 1.0E-3 45 26928 0.00283 0.0 1.0E-4 325 Tab. III.4: Iterationsverhalten des SOR-Verfahrens mit Projektion. SQOPT m ZFW |Ref-ZFW| MOT n 18 2.15E-4 0.00262 1.0E-3 22 90 0.00244 3.92E-4 1.0E-3 68 540 0.00198 8.49E-4 1.0E-4 854 3672 0.00267 1.65E-4 4.5E-14 3402 Tab. III.5: Iterationsverhalten von SQOPT. In den Tabellen III.4 und III.5 ist das Iterationsverhalten des SOR-Verfah- rens mit Projektion und Variablentransformation sowie das Iterationsver- halten des SQOPT-Verfahrens dargestellt. Das zugrunde liegende Problem III.3. Lo¨sungsverfahren 117 entspricht dem reibungsfreien Kontaktproblem aus Abschnitt II.4.1. Auch hier zeigt sich, dass das kommerzielle Programmpaket SQOPT fu¨r dieses Bei- spiel eher eingeschra¨nkt einsetzbar ist. Auffa¨llig ist insbesondere die sehr kleine Toleranzvorgabe in Zeile 4. Entscheidend fu¨r die in diesem Abschnitt vorgestellten SOR-Verfahren ist die Angabe einer Projektion P : Rm → Rm der Form P (v¯) = (P0(v¯0), . . . , Pm−1(v¯m−1)). Werden die hierarchischen Basisfunktionen aus Abschnitt III.2.1 fu¨r p > 1 verwendet, ist die Angabe einer Projektion dieser Form nicht mo¨glich, da die Komponenten des Lo¨sungsvektors nicht als Funkti- onswerte von uh in bestimmten Punkten interpretierbar sind. Ein Ausweg besteht in der Verwendung von Verfahren, die auf Sattelpunkt- formulierungen basieren, die im Folgenden erla¨utert werden sollen. III.3.2 Lo¨sungsalgorithmen fu¨r Sattelpunktprobleme Zur Lo¨sung von Sattelpunktproblemen der Form (III.49)-(III.50), (III.51)- (III.52) und (III.53)-(III.54) ko¨nnen ebenfalls projektive Verfahren formu- liert werden. In der Literatur ha¨ufig anzutreffen sind diesbezu¨glich projek- tive Verfahren vom Uzawa- bzw. Arrow-Hurwicz-Typ.50 Unter Verwendung der Notation aus Abschnitt III.2 seien P : Rm˜ → Rm˜ eine Projektion auf Λ¯, B ∈ Rm×m˜ und g˜ ∈ Rm˜. Im Fall (III.49)-(III.50) bzw. (III.51)-(III.52) setzt man m˜ := mr, Λ¯ := Λ¯r, B := Br und g˜ := g¯ bzw. g˜ := 0 sowie im Fall (III.53)-(III.54) m˜ := m0 + m1, Λ¯ := Λ¯0 × Λ¯1, B := (B0, B1) und g˜ := (g¯, 0). Ein Iterationsschritt des projektiven Uzawa-Verfahrens hat fu¨r 0 < ˆ̺0 ≤ ̺n ≤ ˆ̺1 und λ¯0 ∈ Λ¯ die Form: u¯n ← A−1(L −Bλn) (III.64) λn+1 ← P ( λn − ̺n(B⊤u¯n − g˜) ) . (III.65) Ein Iterationsschritt des projektiven Arrow-Hurwicz- (oder Gradienten-) Verfahrens lautet fu¨r ˆ̺0, ˆ̺1 > 0 und λ¯0 ∈ Λ¯: u¯n+1 ← u¯n − ˆ̺0S−1(Au¯n − L+Bλn) (III.66) λn+1 ← P ( λn − ˆ̺1(B⊤u¯n+1 − g˜) ) , (III.67) wobei S eine beliebige, positiv definite Matrix ist, fu¨r die man u¨blicherweise die Einheitsmatrix wa¨hlt. 50vgl. z.B. Ch.2, Sec.4.3 in [55] 118 Kapitel III. Diskretisierungen Satz III.16 Es sei (u¯, λ¯) Lo¨sung von (III.49)-(III.50), (III.51)-(III.52) bzw. (III.53)-(III.54). Dann existieren ˆ̺0, ˆ̺1 > 0, so dass fu¨r die Folge {(u¯n, λ¯n)}, die durch (III.64)-(III.65) bzw. (III.66)-(III.67) definiert ist, gilt: ∀λ¯0 ∈ Λ¯ : lim n→∞ (u¯n, λ¯n) = (u¯, λ¯). Beweis: Ch.2,Th.4.1 bzw. Th.4.2 in [55].  Eine andere Mo¨glichkeit, Na¨herungslo¨sungen der hier untersuchten Sattel- punktprobleme zu gewinnen, besteht in der Umformulierung in Minimie- rungsprobleme bezu¨glich der Lagrangeschen Parameter und in der Anwen- dung von Standard-Optimierungsverfahren aus dem Bereich des Quadratic- Programmings oder der nichtlinearen Optimierung, wie sie in den oben an- gegebenen Referenzen zu finden sind. Insbesondere kann auch hier versucht werden, kommerzielle Programmpakete wie etwa das in Abschnitt III.3.1 bereits erwa¨hnte Quadratic-Programming Paket SQOPT oder das fu¨r nicht- lineare Optimierungsaufgaben konzipierte SQP-Optimierungspaket SNOPT [52], [53] einzusetzen.51 Mit der oben eingefu¨hrten Notation lautet das Sattelpunktproblem: Gesucht ist ein (u¯, λ¯) ∈ Rm × Rm˜, so dass gilt: Au¯ = L−Bλ¯ (III.68) ∀µ¯ ∈ Λ¯ : (µ¯− λ¯)⊤(B⊤u¯− g˜) ≤ 0. (III.69) Auflo¨sen von (III.68) nach u¯ und Einsetzen in (III.69) liefert: ∀µ¯ ∈ Λ¯ : (µ¯− λ¯)⊤(B⊤A−1(L−Bλ¯)− g˜) ≤ 0. Also gilt: ∀µ¯ ∈ Λ¯ : ( B⊤A−1Bλ¯− (B⊤A−1L− g˜) )⊤ (µ¯− λ¯) ≥ 0. Da B⊤A−1B positiv semidefinit ist, folgt insgesamt aus Satz I.1: 51Fu¨r die oben skizzierten Verfahren vom Uzawa- bzw. Arrow-Hurwicz-Typ ist die Angabe einer geeigneten Projektion ha¨ufig sehr kompliziert. Die Umformulierung des Sattelpunktproblems in ein Minimierungsproblem und die Einbeziehung von Optimie- rungsverfahren (u.U. in Form kommerzieller Programmpakete) ist aus praktischer Sicht ha¨ufig vorteilhafter. III.3. Lo¨sungsverfahren 119 Satz III.17 Das Paar (u¯, λ¯) ist genau dann Lo¨sung von (III.68)-(III.69), wenn u¯ = A−1(L−Bλ¯) ist, und wenn fu¨r λ¯ gilt: Z(λ¯) = min µ¯∈Λ¯ Z(µ¯), Z(µ¯) := 12 µ¯ ⊤B⊤A−1Bµ¯− µ¯⊤(B⊤A−1L− g˜). (III.70) Fu¨r die Anwendung von Optimierungsverfahren ist die Formulierung ei- ner geeigneten Optimierungsaufgabe erforderlich, die etwa als Input fu¨r ein kommerzielles Optimierungspaket verwendet werden kann. Hierzu sei {ψr,i} die gema¨ß Abschnitt III.2 konstruierte Basis von U ′r,H = Mp1(T1,H)lr . Die zugeho¨rige lokale Basis von Sqk−1 sei mit {ξ˜ q k−1,i} bezeichnet. Es ist offenbar µ¯0 ∈ Λ¯0 genau dann, wenn ∀T ∈ T1,H , ∀x ∈ [−1, 1]k−1 : mp1,Tk−1 −1∑ j=0 µ¯0,ζ1(T )+j ξ˜ p1,T k−1,j(x) ≥ 0 (III.71) ist.52 Zudem ist µ¯1 ∈ Λ¯1 genau dann, wenn gilt: ∀T ∈ T1,H , ∀x ∈ [−1, 1] : ∣∣∣∣∣∣ mp1,T1 −1∑ j=0 µ¯1,ζ1(T )+j ξ˜ p1,T 1,j (x) ∣∣∣∣∣∣ ≤ |s(Ψ1,T (x))| (III.72) bzw. ∀T ∈ T1,H , ∀x ∈ [−1, 1]2 :   mp1,T2 −1∑ j=0 µ¯1,ζ1(T )+j ξ˜ p1,T 2,j (x)   2 +   mp1,T2 −1∑ j=0 µ¯1,mr/2+ζ1(T )+j ξ˜ p1,T 2,j (x)   2 ≤ s(Ψ1,T (x))2. (III.73) Die Bedingungen (III.71) sowie (III.72) und (III.73) ko¨nnen in dieser Form nicht fu¨r eine diskrete Optimierungsaufgabe verwendet werden, da fu¨r alle x ∈ [−1, 1]k−1 getestet wird. Eine Diskretisierung erha¨lt man, indem man (III.71), (III.72) bzw. (III.73) nur fu¨r eine endliche Anzahl von Testpunk- ten {xˆp1,T ,i}i=0,...,nˆp1,T −1 formuliert, wobei nˆp1,T hinreichend groß gewa¨hlt 52Der Ausdruck (III.71) bezieht sich auf linear-elastische Kontaktprobleme. Im Fall des Modellproblems vom Sginorini-Typ ist ”≤” in (III.71) zu verwenden. 120 Kapitel III. Diskretisierungen werden sollte, so dass der Diskretisierungsfehler unbeeinflusst bleibt.53 Es seien hierzu ζ′ : T1,H → N0 mit ζ′(Ts) := ∑s−1 i=0 nˆp1,Ti und nˆ :=∑ T∈T1,H nˆp1,T sowie C ∈ Rnˆ×m0 mit Cζ′(T )+i,ζ1(T )+j := ξ˜ q k−1,j(xˆT,i) fu¨r T ∈ T1,H sowie i = 0, . . . , nˆp1,T − 1 und j = 0, . . . ,m p1,T k−1 − 1. Die Bedingungen (III.71) und (III.72) ko¨nnen hiermit durch Cµ¯0 ≥ 0 bzw. −s¯ ≤ Cµ¯1 ≤ s¯ approximiert werden, wobei s¯ ∈ Rnˆ durch s¯ζ′(T )+i := s(ΨT (xˆp1,T ,i)) fu¨r T ∈ T1,H und i = 0, . . . , nˆpT − 1 definiert ist. Fu¨r die Bedingung (III.73) erha¨lt man Rζ′(T )+i(µ¯) ≤ 0, wobei R : Rm1 → Rnˆ als Rζ′(T )+i(µ¯) := (Cζ′(T )+i,·µ¯01)2 + (Cζ′(T )+i,·µ¯11)2 − s¯2ζ′(T )+i definiert ist, und µ¯01 := (µ¯0, . . . , µ¯m1/2−1) und µ¯11 := (µ¯m1/2, . . . , µ¯m1−1) ist. Insgesamt kann (III.70) durch das folgende Optimierungsproblem na¨he- rungsweise dargestellt werden: Gesucht ist λ¯ ∈ Λ¯′, so dass gilt: Z(λ¯) = min µ¯∈Λ¯′ Z(µ¯), (III.74) wobei im Fall (III.49)-(III.50) Λ¯′ := {µ¯0 ∈ Rm0 | Cµ¯0 ≥ 0} ist. Im Fall (III.51)-(III.52) und lr = 1 ist Λ¯′ := {µ¯1 ∈ Rm1 | −s¯ ≤ Cµ¯1 ≤ s¯}. Das Pro- blem (III.74) ist demnach ein quadratisches Optimierungsproblemmit linea- ren Nebenbedingungen. Hierfu¨r ko¨nnen effiziente Verfahren des Quadratic- Programmings eingesetzt werden. Im Fall (III.51)-(III.52) und lr = 2 sowie im Fall (III.53)-(III.54) setzt man Λ¯′ := {µ¯1 ∈ Rm1 | R(µ¯1) ≤ 0} bzw. Λ¯′ := {(µ¯0, µ¯1) ∈ Rm0 × Rm1 | Cµ¯0 ≥ 0, R(µ¯1) ≤ 0}. Fu¨r diese Fa¨lle sind die Nebenbedingungen nichtlinear. Zur numerischen Lo¨sung mu¨ssen deshalb Verfahren der nichtlinearen Optimie- rung eingesetzt werden. Die Tabellen III.6 und III.7 zeigen das Iterationsverhalten des Uzawa-Ver- fahrens und des Verfahrens, das durch Umformulierung des Sattelpunkt- problems in ein Minimierungsproblem gewonnen wird. Der Vergleich beider Verfahren ist angemessen, da der Aufwand eines Uzawa-Schritts in etwa einer Funktionsauswertung des eingesetzten Optimierungsverfahrens ent- spricht. 53Hier erweist sich eine Tschebyscheff-Einteilung als vorteilhaft. Gegenu¨ber einer Ein- teilung in a¨quidistanten Gitterpunkten sind in diesem Fall wesentlich weniger Testpunkte erforderlich. Fu¨r Abscha¨tzungen bezu¨glich Schwankungen von Polynomen in Gitterpunk- ten des Einheitsintervalls sei auf [48] verwiesen. III.3. Lo¨sungsverfahren 121 Uzawa m m0 ZFW |Ref-ZFW| Tol. ̺n n 16 4 -0.64052 0.09120 1.0E-2 1.0 3 64 8 -0.54819 0.00112 1.0E-5 4.0 20 256 16 -0.54653 0.00277 1.0E-5 8.0 28 1024 32 -0.54870 6.16E-4 1.0E-5 17.0 68 4096 64 -0.54913 1.80E-4 1.0E-6 37.0 91 16384 128 -0.54927 4.40E-5 1.0E-6 70.0 111 65536 256 -0.54930 8.99E-6 1.0E-6 140.0 177 262144 512 -0.54931 5.97E-9 1.0E-7 280.0 480 Tab. III.6: Iterationsverhalten des Uzawa-Verfahrens. SQOPT m m0 ZFW |Ref-ZFW| MOT Fkt. 16 4 -0.64043 0.09111 1.0E-1 4 64 8 -0.54819 0.00112 1.0E-2 6 256 16 -0.54654 0.00277 1.0E-2 8 1024 32 -0.54870 6.17E-4 1.0E-4 16 4096 64 -0.54913 1.80E-4 1.0E-4 28 16384 128 -0.54927 4.41E-5 1.0E-5 57 65536 256 -0.54930 8.89E-6 1.0E-5 109 262144 512 -0.54931 0 1.0E-6 212 Tab. III.7: Iterationsverhalten von SQOPT. Das Minimierungsproblem (III.74) wird mit Hilfe des kommerziellen Pro- grammpakets SQOPT numerisch gelo¨st, es kann jedoch ein beliebiges Opti- mierungsverfahren, das diesem Problem angepasst ist, an dieser Stelle ver- wendet werden. Das zugrunde liegende Beispiel entspricht dem vereinfachten Signorini-Problem aus Abschnitt II.2.1. Neben den bisher betrachteten Gro¨ßen sind in den Tabellen III.6 und III.7 zusa¨tzlich die Dimension m0 von U ′0,H und der Parameter ̺n, der jeweils mo¨glichst optimal gewa¨hlt wurde, eingetragen. Erkennbar ist, dass das Uzawa-Verfahren etwa doppelt so viele Iterationen beno¨tigt wie das Verfahren, das durch Umformulierung gewonnen wird, so- fern man Iterationen und Funktionsauswertungen ungefa¨hr als gleichwertig betrachtet. Im Gegensatz zum vorherigen Abschnitt kann fu¨r dieses Beispiel das kommerzielle Optimierungspaket SQOPT wirksam eingesetzt werden. Der Grund hierfu¨r ist vor allem die moderate Anzahl an Optimierungsvariablen, die fu¨r die feinste hier betrachtete Verfeinerungsstufe bei 512 liegt. Diese Gro¨ßenordnung kann von kommerziellen Optimierungsverfahren, insbeson- dere von SQOPT, a¨ußerst effizient bewa¨ltigt werden. Eine kleine Anzahl an 122 Kapitel III. Diskretisierungen Optimierungsvariablen ist insbesondere bei allen Problemen vom Signorini- Typ zu erwarten, da hier der Kontaktbereich auf dem Rand liegt. Abschließend ist anzumerken, dass fu¨r die Einbettung in Optimierungsver- fahren im Allgemeinen effiziente Auswertungen der Zielfunktion Z und ihres Gradienten anzugeben sind. Da die Steifigkeitsmatrix A wa¨hrend des Op- timierungsprozesses nicht gea¨ndert wird, kann eine Faktorisierung einmalig vorgenommen werden, so dass die Auswertung der Zielfunktion und des zugeho¨rigen Gradienten durch ein effizientes Vorwa¨rts-Ru¨ckwa¨rtseinsetzen vollzogen werden kann. Auch fu¨r das Uzawa-Verfahren reicht eine einmali- ge Faktorisierung der Matrix A. Alternativ ko¨nnen auch iterative Verfah- ren, wie etwa vorkonditionierte CG-Verfahren, eingesetzt werden, wobei die Lo¨sung beim jeweils vorhergehenden Iterationsschritt bzw. bei der letzten Funktionsauswertung als Startwert verwendet werden kann. 54 54An dieser Stelle lassen sich vor allem kommerzielle Programmpakete vorteilhaft nut- zen. In Bezug auf Faktorisierungen sei etwa auf das Paket UMFPACK [40] und fu¨r CG- Verfahren z.B. auf SLAP [91] verwiesen. Kapitel IV Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Ein wichtiger Bestandteil moderner Diskretisierungsverfahren ist die Kon- trolle des Diskretisierungsfehlers u − uh bzw. λ − λH , gemessen in einer Norm oder bezu¨glich eines anderen, beliebigen Fehlerfunktionals. Unter ei- ner a-posteriori Fehlerkontrolle versteht man im Allgemeinen die Angabe einer oberen Schranke fu¨r den Diskretisierungsfehler, die (u.U. bis auf eine generische Konstante) aus der Approximationslo¨sung berechenbar ist und die außerdem die richtige Fehlerasymptotik wiedergibt. Der Nutzen einer derartigen Schranke ist offensichtlich: Unterschreitet die Schranke eine vor- gegebene Fehlertoleranz, so gilt dies auch fu¨r den Diskretisierungsfehler. Das Verfahren kann in diesem Fall abgebrochen werden. Ein weiterer Nutzen ergibt sich, wenn die Fehlerkontrolle Aussagen u¨ber den lokalen Diskretisierungsfehler ermo¨glicht. Sind Bereiche im Rechenge- biet mit relativ großen Fehleranteilen bekannt, ko¨nnen dort spezielle Adap- tierungsmaßnahmen im Diskretisierungsprozess vorgenommen werden, so dass es insgesamt zu einer deutlich gro¨ßeren Fehlerreduktion als bei globa- len Verfeinerungen kommt. In diesem Kapitel werden zuna¨chst normbezogenene Fehlerschranken fu¨r elliptische Minimierungsprobleme erster und zweiter Art hergeleitet. Insbe- sondere kann hierfu¨r der in Abschnitt I.3 formulierte allgemeine funktional- analytische Rahmen genutzt werden. Anschließend werden darauf basierend Finite-Elemente-Fehlerkontrollen bezu¨glich der H1-Norm fu¨r die in den Ab- 123 124 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t schnitten II.2, II.3 und II.5 dargestellten Problemklassen konkretisiert und anhand von numerischen Experimenten gepru¨ft. Ansa¨tze zur Kontrolle von Diskretisierungsfehlern, die in beliebigen linearen Fehlermaßen bewertet werden sollen, werden abschließend diskutiert. Der Hauptnutzen der hier betrachteten Fehlerkontrollen besteht vor allem in der Anwendung adaptiver Verfahren zur Konvergenzsteigerung. So wer- den sowohl h- als auch hp-adaptive Verfeinerungsstrategien vorgestellt und getestet. Insbesondere werden das Konvergenzverhalten und die resultieren- den adaptiven FE-Gitter mit den a-priori Ergebnissen aus den Abschnitten III.1.1 und III.1.2 verglichen. IV.1 Ein allgemeiner Zugang fu¨r elliptische Minimierungsprobleme Das Ziel dieses Abschnitts besteht in der Formulierung eines allgemeinen Zugangs fu¨r die a-posteriori Fehlerkontrolle des Diskretisierungsfehlers el- liptischer Minimierungsprobleme erster und zweiter Art. Grundlegend ist hierbei die in Kapitel I eingefu¨hrte Beschreibung von Mi- nimierungsproblemen in Form von variationellen Sattelpunktproblemen auf normierten Ra¨umen. Bei der folgenden Darstellung ist mit ‖ · ‖ die jeweils zum Raum des eingesetzten Elements geho¨rende Norm gemeint. Variationelle Sattelpunktprobleme fu¨r elliptische Minimierungsprobleme er- ster und zweiter Art ko¨nnen in der folgenden Weise zusammengefasst wer- den: Es seien V und U normierte Ra¨ume sowie Λ ⊂ U ′ und β ∈ L(V, U) surjektiv. Ferner seien a : V × V → R eine stetige und elliptische Bilinear- form, ℓ ∈ V ′ und g˜ ∈ U . Fu¨r (u, λ) ∈ V × Λ gelte: ∀v ∈ V : a(u, v) = 〈ℓ, v〉 − 〈λ, β(v)〉 (IV.1) ∀µ ∈ Λ : 〈µ− λ, β(u)− g˜〉 ≤ 0. (IV.2) Fu¨r einen Diskretisierungsansatz, wie in Kapitel III beschrieben, wird der folgende allgemeine Rahmen gewa¨hlt: Es seien Vh ⊂ V ein Unterraum und ΛH ⊂ Λ. Fu¨r (uh, λH) ∈ Vh × ΛH gelte: ∀v ∈ Vh : a(uh, vh) = 〈ℓ, vh〉 − 〈λH , β(vh)〉 (IV.3) ∀µH ∈ ΛH : 〈µH − λH , β(uh)− g˜〉 ≤ 0. (IV.4) IV.1. Ein allgemeiner Zugang 125 Als Fehlerkontrolle wird in diesem Zusammenhang die Gewinnung einer Zahl η ∈ R≥0 bezeichnet, so dass gilt: ‖u− uh‖2 + ‖λ− λH‖2 ≤ Cη2 (IV.5) Wichtig ist, dass die Konstante C > 0 weder von Vh oder ΛH noch von (u, λ) abha¨ngt. In die reelle Zahl η geht nur das Paar (uh, λH) ein, nicht aber (u, λ). Da in der Regel (uh, λH) eine diskrete (FE-)Lo¨sung ist, ist η eine a-posteriori berechenbare Gro¨ße und wird im Folgenden Fehlerscha¨tzer genannt. Fu¨r Fehlerscha¨tzer ist die Forderung zu stellen, dass sie bezu¨glich der Wahl Vh := V und ΛH := Λ konsistent sind: Fu¨r uh = u und λH = λ soll η = 0 sein.1 Im Gegensatz zu η wird C als generische Konstante in der Regel nicht na¨her bestimmt.2 Im Folgenden werden Fehlerscha¨tzer fu¨r elliptische Minimierungsproble- me erster Art sowie fu¨r unrestringierte und restringierte elliptische Mi- nimierungsprobleme zweiter Art hergeleitet.3 Die Kernidee der folgenden Ausfu¨hrungen besteht darin, das Problem (IV.5) fu¨r Fehlerscha¨tzer von Va- riationsgleichungen zuga¨nglich zu machen. Fu¨r die Konkretisierung letzte- rer kann dann auf etablierte Techniken zur Fehlerkontrolle zuru¨ckgegriffen werden. Der wesentliche Vorteil hierbei ist, dass der allgemeine funktional- analytische Kontext nicht verlassen werden muss. Entscheidend fu¨r die Herleitung der Fehlerscha¨tzer ist die Idee, u¨ber das folgende Hilfsproblem eine Verbindung zu etablierten Fehlerscha¨tzern fu¨r Variationsgleichungen herzustellen: Fu¨r λH aus (IV.3)-(IV.4) ist ein u⋆ ∈ V gesucht, so dass gilt: ∀v ∈ V : a(u⋆, v) = 〈ℓ, v〉 − 〈λH , β(v)〉, (IV.6) Diese Idee geht urspru¨nglich auf Braess [26] zuru¨ck, der einen a¨hnlichen Ansatz speziell fu¨r Hindernisprobleme anwendet. Das Hilfsproblem (IV.6) ist jedoch universell einsetzbar. 1vgl. entsprechende Bemerkungen in [94] 2Die Einbeziehung einer im Allgemeinen unbekannten generischen Konstante fu¨hrt dazu, dass der Fehler quantitativ nicht bestimmt werden kann, was augenscheinlich wi- derspru¨chlich zur Bezeichnung Fehlerscha¨tzer ist. Tatsa¨chlich ist man aber ha¨ufig nur an einer Scha¨tzung der Fehlerordnung oder der Fehlerverteilung interessiert. Eine wichtige Motivation fu¨r Fehlerscha¨tzer mit generischen Konstanten erha¨lt man aus der Anwendung von Gitteradaptierungsstrategien. Hierzu sei auf Abschnitt IV.7 verwiesen. 3Jedoch sind die U¨berlegungen nicht nur auf Minimierungsprobleme beschra¨nkt, da als Ausgangspunkt eine Sattelpunktformulierung gewa¨hlt wird. Insbesondere kann auf die Symmetrie der Bilinearform verzichtet werden. 126 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Lemma IV.1 Es erfu¨llen (u, λ) ∈ V × Λ und u⋆ ∈ V die Variationsglei- chung (IV.1) bzw. (IV.6). Dann existiert ein C˜ > 0, so dass gilt: ‖λ− λH‖ ≤ C˜‖u− u⋆‖. Beweis: Nach Satz A.10 existiert ein c > 0, so dass ∀w ∈ U : ∃v ∈ V : β(v) = w, ‖v‖ ≤ c‖w‖ ist. Fu¨r V˜ := {v ∈ V | ‖v‖ ≤ c‖β(v)‖} gilt demnach β(V˜ ) = U . Daraus folgt ‖λ− λH‖ = sup w∈U\{0} 〈λ− λH , w〉 ‖w‖ = supv∈V˜ \{0} a(u− u⋆, v) ‖β(v)‖ ≤ c sup v∈V˜ \{0} a(u− u⋆, v) ‖v‖ ≤ cν0‖u− u⋆‖.  Lemma IV.2 Es seien (u, λ) und (uh, λH) Lo¨sung von (IV.1)-(IV.2) bzw. (IV.3)-(IV.4) sowie u⋆ Lo¨sung von (IV.6). Dann existieren C′ > 0 und C′′ > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖2 + ‖λ− λH‖2 ≤ C′‖u⋆ − uh‖2 + C′′〈λ− λH , β(uh)− g˜〉. Beweis: Aus der Stetigkeit und der Elliptizita¨t von a sowie aus der Youngs- chen Ungleichung (III.11) folgt: ν1‖u− uh‖2 ≤ a(u− uh, u− uh) = a(u− u⋆, u− uh) + a(u⋆ − uh, u− uh) ≤ 〈λH − λ, β(u − uh)〉+ ν0‖u⋆ − uh‖‖u− uh‖ = 〈λH − λ, β(u)− g˜〉+ 〈λ− λH , β(uh)− g˜〉+ ν0‖u⋆ − uh‖‖u− uh‖ ≤ 〈λ− λH , β(uh)− g˜〉+ ν0‖u⋆ − uh‖‖u− uh‖ ≤ 〈λ− λH , β(uh)− g˜〉+ ν20 2ǫ˜ ‖u⋆ − uh‖ 2 + ǫ˜2‖u− uh‖ 2. Daraus gewinnt man: ‖u− uh‖2 ≤ ν20 ǫ˜(2ν1 − ǫ˜) ‖u⋆ − uh‖2 + 2 2ν1 − ǫ˜ 〈λ − λH , β(uh)− g˜〉, IV.1. Ein allgemeiner Zugang 127 wobei 0 < ǫ˜ < 2ν1 gewa¨hlt wird. Aus Lemma IV.1 folgt damit schließlich ‖u− uh‖2 + ‖λ− λH‖2 ≤ ‖u− uh‖2 + C˜‖u− u⋆‖2 ≤ ‖u− uh‖2 + 2C˜(‖u− uh‖2 + ‖u⋆ − uh‖2) ≤ ( ν20(1 + 2C˜) ǫ˜(2ν1 − ǫ˜) + 2C˜ ) ‖u⋆ − uh‖2 + 2(1 + 2C˜) 2ν1 − ǫ˜ 〈λ− λH , β(uh)− g˜〉.  Wesentlich ist, dass die Lo¨sung uh von (IV.3)-(IV.4) auch gleichzeitig ei- ne diskrete Lo¨sung des Hilfsproblems (IV.6) ist. Kennt man einen Feh- lerscha¨tzer η⋆ fu¨r ‖u⋆ − uh‖, also ‖u⋆ − uh‖2 ≤ C⋆η2⋆ mit C⋆ > 0, dann folgt aus Lemma IV.2 unmittelbar ‖u− uh‖2 + ‖λ− λH‖2 ≤ C′C⋆η2⋆ + C′′〈λ− λH , β(uh)− g˜〉. Da das Hilfsproblem (IV.6) eine Variationsgleichung ist, ko¨nnen aus der Li- teratur bekannte Fehlerscha¨tzer fu¨r Variationsgleichungen verwendet wer- den, so dass nur noch der Ausdruck 〈λ− λH , β(uh)− g˜〉 abzuscha¨tzen ist. IV.1.1 Elliptische Minimierungsprobleme erster Art Betrachtet wird ein elliptische Minimierungsproblem erster Art mit K wie in (I.24) und einem surjektiven β0 ∈ L(V, U0). Das Paar (u, λ0) ∈ V × Λ0 erfu¨lle das System (I.26)-(I.27) und das Paar (uh, λ0,H) ∈ Vh × Λ0,H das System (III.4)-(III.5). Nach Satz I.12 ist u ∈ V dann die eindeutig bestimmte Lo¨sung des elliptischen Minimierungspro- blems erster Art und uh eine Approximationslo¨sung. Fu¨r die Herleitung eines Fehlerscha¨tzers erha¨lt man aus Lemma IV.2 ‖u− uh‖2 + ‖λ− λH‖2 ≤ C′C0η20 + C′′〈λ0 − λ0,H , β0(uh)− g〉. (IV.7) Dabei sei η0 ∈ R≥0 und C0 > 0, so dass ‖u0 − uh‖2 ≤ C0η20 (IV.8) gilt, wobei u0 ∈ V Lo¨sung des folgenden Hilfsproblems ist: ∀v ∈ V : a(u0, v) = 〈ℓ, v〉 − 〈λ0,H , β0(v)〉. (IV.9) 128 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Da Einsetzen von 0 und 2λ0,H in (III.5) 〈λ0,H , β0(uh)− g〉 = 0 liefert, folgt aus (IV.7) ‖u− uh‖2 + ‖λ− λH‖2 ≤ C′C0η20 + C′′〈λ0, β0(uh)− g〉. Im Allgemeinen ist 〈λ0, β0(uh)− g〉 = −〈λ0, g− β0(uh)〉 6≤ 0, da g − β0(uh) nicht im Kegel G sein muss. Der folgende Ansatz beruht auf dem Hinzufu¨gen einer Korrektur d, so dass g − β(uh + d) ∈ G und damit 〈λ0, β0(uh + d)− g〉 ≤ 0 ist. Die Menge aller Korrekturen mit dieser Eigenschaft sei K˜ := {v ∈ V | g − β0(uh + v) ∈ G}. Fu¨r d ∈ K˜ folgt dann aus (I.26) und (III.4) sowie der Youngschen Unglei- chung (III.11) 〈λ0, β0(uh)− g〉 = −〈λ0, g − β0(uh + d)〉 − 〈λ0, β0(d)〉 ≤ a(u, d)− 〈ℓ, d〉 = a(u− uh, d) + a(uh, d)− 〈ℓ, d〉 ≤ ν0‖u− uh‖‖d‖+ a(uh, d)− 〈ℓ, d〉 ≤ ǫ2‖u− uh‖ 2 + ν 2 0 2ǫ ‖d‖ 2 + a(uh, d)− 〈ℓ, d〉. Der Ausdruck a(uh, d) − 〈ℓ, d〉 kann unter Ausnutzung von (IV.9) weiter betrachtet werden: a(uh, d)− 〈ℓ, d〉 = a(uh − u0, d)− 〈λ0,H , β0(d)〉 ≤ ν0‖u0 − uh‖‖d‖ − 〈λ0,H , β0(d)〉 ≤ C02 η 2 0 + ν20 2 ‖d‖ 2 + |〈λ0,H , β0(d)〉|. Aus (IV.7) folgt damit (1 − C ′′ǫ 2 )(‖u− uh‖ 2 + ‖λ− λH‖2) ≤ max{(C′ + C ′′ 2 )C0, C′′(1 + ǫ)ν20 2ǫ , C ′′}(η20 + ‖d‖2 + |〈λ0,H , β0(d)〉|), wobei 0 < ǫ < 2/C′′ zu wa¨hlen ist. Insgesamt erha¨lt man schließlich: IV.1. Ein allgemeiner Zugang 129 Satz IV.1 Es seien (u, λ0) ∈ V ×Λ0 und (uh, λ0,H) ∈ Vh×Λ0,H Lo¨sungen von (I.26)-(I.27) bzw. (III.4)-(III.5) sowie u0 Lo¨sung von (IV.9). Außerdem gelte (IV.8) fu¨r η0 ∈ R≥0. Dann existiert ein C > 0, so dass mit d ∈ K˜ gilt: ‖u− uh‖2 + ‖λ0 − λ0,H‖2 ≤ C(η20 + ‖d‖2 + |〈λ0,H , β0(d)〉|). Nicht jede Wahl von d ∈ K˜ fu¨hrt zu einem konsistenten Fehlerscha¨tzer. Wenn uh = u = u⋆, λH = λ und d := w− uh mit β(w) = g gesetzt wird, ist zwar η20 = 0 und 〈λ0, d〉 = 0,4 aber ‖d‖ ist fu¨r w 6= u von null verschieden. Eine geeignete Wahl von d ∈ K˜ fu¨r einen konsistenten Fehlerscha¨tzer be- steht offenbar in der Bestimmung von mind˜∈K˜(‖d˜‖2 + |〈λ0,H , β0(d˜)〉|). In diesem Fall muss jedoch ein restringiertes elliptisches Minimierungsproblem zweiter Art gelo¨st werden, was im Allgemeinen nicht praktikabel ist. Eine weitere Mo¨glichkeit erha¨lt man folgendermaßen: Da G als abgeschlos- sen und konvex vorausgesetzt wird, existiert ein r ∈ G als Projektion von g−β0(uh), d.h. ‖g−β0(uh)−r‖ = minr˜∈G ‖g−β0(uh)− r˜‖. Aus der Surjek- tivita¨t von β0 folgt, dass ein d ∈ V mit β0(d) = g−β0(uh)−r existiert. Weil g − β0(uh)− β0(d) = r ∈ G ist, gilt d ∈ K˜. Diese Wahl fu¨hrt offensichtlich zu einem konsistenten Fehlerscha¨tzer. Bei Signorini-Problemen ist der Operator β0 im Allgemeinen ein (nicht in- jektiver) Spuroperator, wodurch d als eine geeignete Fortsetzung von g − β0(uh) − r auf V zu wa¨hlen ist. Da ‖d‖ mo¨glichst klein sein soll, erscheint etwa im Fall V = H1(Ω,Γ0) die harmonische Fortsetzung als geeignet. Sowohl bei Hindernisproblemen als auch bei Signorini-Problemen kann da- ru¨ber hinaus auch der positive (oder negative) Anteil (g − β0(uh))+ (oder (g − β0(uh))−) bzw. die harmonische Fortsetzung hiervon fu¨r d gewa¨hlt werden. Auch hier ist die Konsistenz des Fehlerscha¨tzers direkt einsehbar. Hierzu sei insbesondere auf Abschnitt IV.3.1 verwiesen. IV.1.2 Unrestringierte elliptische Minimierungsprobleme zweiter Art Fu¨r die Herleitung von Fehlerscha¨tzern fu¨r elliptische Minimierungsproble- me zweiter Art mit K = V kann in a¨hnlicher Weise wie oben vorgegangen werden, sofern das hierzu verwendete Funktional j : V → R die Darstellung wie in (I.59) mit einer konvexen und abgeschlossenen Menge Λ1 besitzt.5 4vgl. Abschnitt I.4, (I.45) und (I.48) 5Diese Darstellung ist typisch fu¨r Reibungsprobleme oder fu¨r Bingham-Fluid-Pro- bleme (vgl. Abschnitt II.3 bzw. Abschnitt II.5), jedoch ist dies nicht der allgemeine Fall. 130 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Hierzu erfu¨lle (u, λ1) ∈ V × Λ1 das System (I.33)-(I.34) und das Paar (uh, λ1,H) ∈ Vh × Λ1,H das System (III.6)-(III.7). Nach Satz I.14 ist u ∈ V dann die eindeutig bestimmte Lo¨sung des elliptischen Minimierungspro- blems zweiter Art und uh eine zugeho¨rige Approximationslo¨sung. Lemma IV.2 liefert in diesem Fall ‖u− uh‖2 + ‖λ− λH‖2 ≤ C′η21 + C′′〈λ1 − λ1,H , β1(uh)〉. (IV.10) Hierbei ist η1 ∈ R≥0, so dass ‖u1 − uh‖2 ≤ C1η21 (IV.11) gilt, wobei u1 ∈ V Lo¨sung des Hilfsproblems ∀v ∈ V : a(u1, v) = 〈ℓ, v〉 − 〈λ1,H , β1(v)〉 (IV.12) ist. Aus (I.59) und (IV.10) folgt damit unmittelbar ‖u− uh‖2 + ‖λ− λH‖2 ≤ C′C1η21 + C′′(j(uh)− 〈λ1,H , β1(uh)〉) ≤ max{C′C1, C′′}(η21 + |j(uh)− 〈λ1,H , β1(uh)〉|) und damit: Satz IV.2 Es seien (u, λ1) ∈ V ×Λ1 und (uh, λ1,H) ∈ Vh×Λ1,H Lo¨sungen von (I.33)-(I.34) bzw. (III.6)-(III.7), sowie u1 Lo¨sung von (IV.12). Außer- dem gelte (IV.11) fu¨r η1 ∈ R≥0. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖2 + ‖λ1 − λ1,H‖2 ≤ C(η21 + |j(uh)− 〈λ1,H , β1(uh)〉|). Dass der in Satz IV.2 aufgefu¨hrte Fehlerscha¨tzer zumindest in der Konfigu- ration von Abschnitt I.4 mit u ∈ dom(A) konsistent ist, folgt unmittelbar aus (I.56) und (I.60). IV.1.3 Restringierte elliptische Minimierungsprobleme zweiter Art Zur Untersuchung eines restringierten elliptischen Minimierungsproblems zweiter Art mu¨ssen die bisherigen U¨berlegungen kombiniert werden. Hierzu betrachtet man die Tripel (u, λ0, λ1) ∈ V × Λ0 × Λ1 und (u, λ0,H , λ1,H) ∈ Vh × Λ0,H × Λ1,H , die die Systeme (I.35)-(I.36) bzw. (III.8)-(III.9) erfu¨llen sollen. Nach Satz I.15 ist u Lo¨sung des elliptischen Minimierungsproblems IV.1. Ein allgemeiner Zugang 131 zweiter Art mit K ⊂ V wie in (I.24) und j wie in (I.59) und uh eine entsprechende approximative Lo¨sung. Aus Lemma IV.2 folgt unmittelbar ‖u− uh‖2 ≤ C′C0,1η20,1 +C′′(〈λ0 −λ0,H , β0(uh)− g〉+ 〈λ1 −λ1,H , β1(uh)〉). (IV.13) Hierbei ist η0,1 ∈ R≥0, so dass ‖u0,1 − uh‖2 ≤ C0,1η20,1 (IV.14) ist, wobei u0,1 ∈ V das Hilfsproblem ∀v ∈ V : a(u0,1, v) = 〈ℓ, v〉 − 〈λ0,H , β0(v)〉 − 〈λ1,H , β1(v)〉 (IV.15) lo¨st. Durch Einsetzen von (0, λ1,H) und (2λ0,H , λ1,H) in (III.9) erha¨lt man 〈λ0,H , β0(uh)− g〉 = 0. Aus (I.59) und (IV.13) gewinnt man damit: ‖u− uh‖2 ≤ C′C0,1η20,1 + C′(〈λ0, β0(uh)− g〉+ j(uh)− 〈λ1,H , β1(uh)〉). (IV.16) Aus (I.35) und (IV.15) sowie der Youngschen Ungleichung (III.11) folgt fu¨r d ∈ K˜ 〈λ0, β0(uh)− g〉 = −〈λ0, g − β0(uh)− β(d)〉 − 〈λ0, β0(d)〉 ≤ a(u, d)− 〈ℓ, d〉+ 〈λ1, β1(d)〉 ≤ a(u− uh, d) + a(uh, d)− 〈ℓ, d〉+ j(d) ≤ ν0‖u− uh‖‖d‖+ a(uh, d)− 〈ℓ, d〉+ j(d) ≤ ǫ2‖u− uh‖ 2 + ν 2 0 2ǫ ‖d‖ 2 + a(uh, d)− 〈ℓ, d〉+ j(d). Mit Hilfe von (IV.15) kann a(uh, d)−〈ℓ, d〉+ j(d) weiter untersucht werden: a(uh, d)− 〈ℓ, d〉+ j(d) = a(uh − u0,1, d)− 〈λ0,H , β0(d)〉 + j(d)− 〈λ1,H , β1(d)〉 ≤ ν0‖u0,1 − uh‖‖d‖ − 〈λ0,H , β0(d)〉 + j(d)− 〈λ1,H , β1(d)〉 ≤ 12‖u0,1 − uh‖ 2 + ν 2 0 2 ‖d‖ 2 + |〈λ0,H , β0(d)〉|+ |j(d)− 〈λ1,H , β1(d)〉|. 132 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Insgesamt folgt aus (IV.13) (1 − C ′′ǫ 2 )(‖u− uh‖ 2 + ‖λ− λH‖2 ≤ max{(C′ + C ′′ 2 )C0, C′′(1 + ǫ)ν20 2ǫ , C ′′}(η20 + ‖d‖2+ |〈λ0,H , β0(d)〉|+ |j(d) − 〈λ1,H , β1(d)〉|), wobei 0 < ǫ < 2/C′′ zu wa¨hlen ist. Damit gilt schließlich: Satz IV.3 Es seien (u, λ0, λ1) ∈ V × Λ0 × Λ1 und (uh, λ0,H , λ1,H) ∈ Vh × Λ0,H×Λ1,H Lo¨sungen von (I.35)-(I.36) bzw. (III.8)-(III.9) sowie u0,1 Lo¨sung von (IV.15). Außerdem gelte (IV.14) fu¨r η0,1 ∈ R≥0. Dann existiert ein C > 0, so dass mit d ∈ K˜ gilt: ‖u− uh‖2 + ‖λ− λH‖2 ≤ C(η20,1 + ‖d‖2 + |〈λ0,H , β0(d)〉| + |j(d) − 〈λ1,H , β1(d)〉| + |j(uh)− 〈λ1,H , β1(uh)〉|). Auch hier ist die Konsistenz des in Satz IV.3 dargestellten Fehlerscha¨tzers fu¨r die in Abschnitt I.4 beschriebenen Voraussetzungen sofort einsichtig, wenn hierzu (I.63) und (I.64) sowie (I.68) und (I.69) beru¨cksichtigt werden. IV.2 Residuale Fehlerscha¨tzer fu¨r Variationsgleichungen Fu¨r die Fehlerscha¨tzer aus den Sa¨tzen IV.1, IV.2 und IV.3 sind Fehler- scha¨tzer fu¨r Variationsgleichungen erforderlich, die durch die Hilfsproble- me (IV.9), (IV.12) und (IV.15) gegeben sind. Fu¨r Finite-Elemente-Diskreti- sierungen der in Abschnitt II.2 und II.3 vorgestellten Problemklassen exi- stiert in der Literatur eine Fu¨lle von Ansa¨tzen, die prinzipiell alle eingesetzt werden ko¨nnen. Fu¨r einen U¨berblick bezu¨glich Fehlerscha¨tzer sei etwa auf [2] und [105] verwiesen. Insbesondere sind sogenannte residuale Fehlerscha¨tzer sehr etabliert. Ge- genu¨ber anderen Fehlerscha¨tzern wie etwa dem in der Ingenieurliteratur weitverbreiteten ZZ-Fehlerscha¨tzer sind sie auch fu¨r Finite-Elemente-An- sa¨tze ho¨herer Ordnung zuga¨nglich. In diesem Abschnitt werden kurz die wesentlichen Herleitungsschritte zur IV.2. Residuale Fehlerscha¨tzer fu¨r Variationsgleichungen 133 Gewinnung residualer Fehlerscha¨tzer beschrieben. Es werden residuale Feh- lerscha¨tzer sowohl fu¨r Modellprobleme als auch fu¨r linear-elastische Proble- me vorgestellt, mit denen Fehlerscha¨tzer fu¨r die vorgestellten vereinfachten Kontaktprobleme und fu¨r Kontaktprobleme des linear-elastischen Falls her- geleitet werden ko¨nnen. Hierbei werden speziell Finite-Elemente-Ansa¨tze ho¨herer Ordnung beru¨cksichtigt. IV.2.1 Residuale Fehlerscha¨tzer fu¨r Modellprobleme Im Folgenden werden die Bezeichnungen aus Abschnitt II.2 und Abschnitt III.1.1 vorausgesetzt. Insbesondere sei u ∈ H1(Ω,Γ0) Lo¨sung von (II.6) und uh ∈ Sp(Th) Lo¨sung von (III.13). Als Galerkin-Orthogonalita¨t (III.10) erha¨lt man in diesem Fall ∀vh ∈ Sp(Th) : (∇(u − uh),∇vh)0 = 0. (IV.17) Fu¨r die Herleitung residualer Fehlerscha¨tzer ist die Verwendung eines geeig- neten Interpolationsoperators I : H1(Ω,Γ0) → Sp(Th) von großer Bedeu- tung. Seine Aufgabe besteht darin, die L2-Norm des Diskretisierungsfehlers e := u − uh durch Potenzen der lokalen Maschenweite hT und des lokalen Polynomgrads pT zu erfassen. Es gilt unter Ausnutzung der Galerkin-Orthogonalita¨t: (∇e,∇e)0 = (∇e,∇(e−I(e)))0 = (∇u,∇(e−I(e)))0−(∇uh,∇(e−I(e)))0 = (f, e− I(e))0 + (q, γ(e− I(e)))0,Γ1 − (∇uh,∇(e− I(e)))0. (IV.18) Da fu¨r T ∈ Th die Einschra¨nkung ∇uh|T ∈ H1(T )2 ist, folgt mit Hilfe der Greenschen Formel (II.2) und der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung (∇e,∇e)0 = ∑ T∈Th (f, e− I(e))0,T + (q, γ(e− I(e)))0,Γ1 − ∑ T∈Th (∇uh,∇(e− I(e)))0,T = ∑ T∈Th (f, e− I(e))0,T + (q, γ(e− I(e)))0,Γ1 + ∑ T∈Th ( (∆uh, e− I(e))0,T − ∑ E∈ET (∂nuh, γ(e− I(e)))0,E ) 134 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t = ∑ T∈Th (f +∆uh, e− I(e))0,T + ∑ E∈E◦ ([∂nuh], γ(e− I(e)))0,E + ∑ E∈E1 (q − ∂nuh, γ(e− I(e)))0,E ≤ ∑ T∈Th ( RT ‖e− I(e)‖0,T + ∑ E∈ET RE‖e− I(e)‖0,E ) , (IV.19) wobei E◦ die Menge aller inneren Kanten von Th, ET die Menge aller Kanten von T und E1 die Menge aller Kanten auf Γ1 sowie [·] den Sprung6 auf ei- ner Kante bei vorher festgelegtem Normalenvektor bezeichnet. Die element- bzw. kantenbezogenen Residuen RT bzw. RE sind definiert als RT := ‖f +∆uh‖0,T , RE := { 1 2‖[∂nuh]‖0,E, E ∈ E◦ ‖q − ∂nuh‖0,E , E ∈ E1. (IV.20) Sind die Polynomgrade p ≡ 1 und Th quasi-uniform, so wird u¨blicherweise die sogenannte Cle´ment-Interpolierende7 I als Interpolationsoperator heran- gezogen, um die Ausdru¨cke ‖v−I(v)‖0,T und ‖γ(v−I(v))‖0,E durch die loka- le Maschenweite auszudru¨cken: Es existiert eine Konstanten CI > 0, so dass ‖v−I(v)‖0,T ≤ CIhT ‖v‖1,ω1T und ‖v−I(v)‖0,E ≤ CIh 1/2 T ‖v‖1,ω1T mit T ∈ Th und E ∈ ET gilt. Hierbei ist ωV := ⋃ T∈Th,V ∈T T und ω 1 T := ⋃ V ∈T ωV . Da ein Element T eines nicht-degenerierten Gitters Th nur in endlich vielen ω1T˜ mit T˜ ∈ Th enthalten ist und deren Anzahl unabha¨ngig von der Ma- schenweite beschra¨nkt ist, folgt aus (IV.19), dass es ein C˜ > 0 gibt, so dass gilt: (∇e,∇e)0 ≤ CI ∑ T∈Th ( hTRT ‖e‖1,ω1T + ∑ E∈ET h1/2T RE‖e‖1,ω1T ) ≤ C˜‖e‖1 ( ∑ T∈Th ( h2TR2T + ∑ E∈ET hTR2E ))1/2 Durch Ausnutzen der Poincare´-Friederichsschen Ungleichung und Dividie- 6Fu¨r die Kante E und x ∈ E ist der Sprung einer Funktion v definiert als [v](x) := limt→0+ v(x + tnE)− limt→0+ v(x− tnE).7vgl. [36] IV.2. Residuale Fehlerscha¨tzer fu¨r Variationsgleichungen 135 ren erha¨lt man schließlich mit einer Konstanten C > 0 ‖u− uh‖21 ≤ C ∑ T∈Th ( h2TR2T + ∑ E∈ET hTR2E ) . (IV.21) Sollen die Polynomgrade pT beliebig, also insbesondere nicht konstant sein, ist eine Verallgemeinerung der Cle´ment-Interpolierenden erforderlich, um auch die lokalen Polynomgrade pT in die Fehlerscha¨tzung einfließen zu las- sen. Fu¨r eine Kante E ∈ Eh sei hierbei ω1E := ⋃ V ∈E ωV und pE := min{pT | E ∈ ET , T ∈ Th}, sowie ωj+1T := ⋃ V ∈ωjT ωV und ωj+1E := ⋃ V ∈ωjE ωV . Definition IV.1 Ein linearer Operator I : H1(Ω,Γ0) → Sp(Th) heißt hp- Interpolierende vom Cle´ment-Typ, wenn eine Konstante CI > 0 und ein j ≥ 1 existieren, so dass fu¨r alle T ∈ Th und E ∈ EV sowie v ∈ H1(Ω,Γ0) gilt: ‖v − I(v)‖0,T ≤ CI(hT /pT )‖∇v‖0,ωjT ‖γ(v − I(v))‖0,E ≤ CI(hE/pE)1/2‖∇v‖0,ωjE . Im Fall Ω ⊂ R2 kann die Frage nach der Existenz einer hp-Interpolierenden vom Cle´ment-Typ positiv beantwortet werden: Satz IV.4 Es sei Ω ⊂ R2 und Th regula¨r. Dann existiert eine hp-Interpo- lierende vom Cle´ment-Typ. Beweis: Th.3.1 in [80].  Fu¨r den Fall Ω ⊂ R3 sind dem Autor keine Ergebnisse bekannt, numerische Untersuchungen lassen jedoch auf die Existenz einer hp-Interpolierenden vom Cle´ment-Typ auch fu¨r Ω ⊂ R3 schließen. Der wesentliche Unterschied zur u¨blichen Cle´ment-Interpolierenden besteht darin, dass nun, wie gewu¨nscht, auch die Polynomgrade pT in die lokale Fehlerscha¨tzung eingehen. Mit anderen Worten: Die Konstante C ist un- abha¨ngig von der lokalen Maschenweite und dem lokalen Polynomgrad, ein Ansteigen des Polynomgrads zur Genauigkeitsverbesserungwird beru¨cksich- tigt. Außerdem erstreckt sich die lokale L2-Norm auf das u.U. gro¨ßere Ge- biet ωjT bzw. ω j E . Um dann in a¨hnlicher Weise wie oben Gebrauch von der Abscha¨tzung (IV.19) machen zu ko¨nnen, ist es erforderlich, dass benachbar- te Elemente von T ∈ Th vergleichbare Durchmesser besitzen und dass ihnen 136 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t vergleichbare Polynomgrade zugeordnet sind. Es existieren also ̺0 > 0 und ̺1 > 0, so dass fu¨r alle T, T ′ ∈ Th mit T ∩ T ′ 6= ∅ gilt: ̺−10 hT ≤ hT ′ ≤ ̺0hT , ̺−11 pT ≤ pT ′ ≤ ̺1pT . (IV.22) Aus (IV.19) folgt damit unmittelbar die im Vergleich zu (IV.21) allgemeinere Fehlerabscha¨tzung8: Satz IV.5 Es seien u ∈ H1(Ω,Γ0)3 und uh ∈ Sp(Th) Lo¨sung von (II.6) bzw. (III.13) sowie η2 := ∑ T∈Th ( (hT /pT )2R2T + ∑ E∈ET (hE/pE)R2E ) . Ferner existiere eine hp-Cle´ment-Interpolierende, und (IV.22) sei erfu¨llt mit ̺0 > 0 und ̺1 > 0. Dann existiert eine von Th und p unabha¨ngige Konstante C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖21 ≤ Cη2. Beweis: Wie oben folgt aus (IV.19) mit C˜ > 0: (∇e,∇e)0 ≤ CI ∑ T∈Th ( (hT /pT )RT ‖∇e‖0,ωjT + ∑ E∈ET (hE/pE)1/2RE‖∇e‖0,ωjE ) ≤ C˜‖∇e‖0 ( ∑ T∈Th (hT /pT )2R2T + ∑ E∈ET (hE/pE)R2E )1/2 . Die Poincare´-Friederichsschen Ungleichung liefert dann die Behauptung.  Dass die Konstante C tatsa¨chlich weder von der lokalen Maschenweite h noch von dem lokalen Polynomgrad abha¨ngt, kann mit Hilfe des Effekti- vita¨tsindexes veranschaulicht werden. Der Effektivita¨tsindex ist definiert als ‖u−uh‖1/η (oder auch ‖∇e‖0/η) und bildet damit eine untere Schranke fu¨r √ C. Insbesondere kann bei einem anna¨hernd konstanten Effektivita¨ts- index davon ausgegangen werden, dass die globalen wie auch die lokalen Fehlerordnungen richtig wiedergegeben werden. 8vgl. Prop.4.1 in [80] IV.2. Residuale Fehlerscha¨tzer fu¨r Variationsgleichungen 137 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 1 10 100 1000 10000 100000 Ef f. In de x DoF p=1 p=2 p=3 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 1 10 100 1000 10000 Ef f. In de x DoF 4 16 64 Abb. IV.1: Effektivita¨tsindizes fu¨r h- und p-Verfeinerungen des Einheitsquadrats. In Abbildung IV.1 sind die Effektivita¨tsindizes des in Satz IV.5 aufgefu¨hrten Fehlerscha¨tzers η fu¨r globale h- und p-Verfeinerungen des Einheitsquadrats dargestellt. Die Daten sind so gewa¨hlt, dass u := cos(0.5πx) cos(0.5πy) die analytische Lo¨sung ist. Wird die Maschenweite bei konstantem Polynom- grad verkleinert (h-Methode), sind die zugeho¨rigen Effektivita¨tsindizes kon- stant. Wird der Polynomgrad bei fester Maschenweite erho¨ht (p-Methode), schwankt der Effektivita¨tsindex zwischen 0.15 und 0.45. Die in Abbildung IV.1 (rechts) zugrunde liegenden Anfangsgitter bestehen aus 4, 16 und 64 Zellen. Insgesamt erkennt man, dass die Effektivita¨tsindizes bei der h- und p-Methode nur relativ kleinen Schwankungen unterworfen sind. Damit wird besta¨tigt, dass die Konstante C im wesentlichen unabha¨ngig von der lokalen Maschenweite und dem lokalen Polynomgrad ist. 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 1 10 100 1000 10000 100000 Ef f. In de x DoF p=1 p=2 p=3 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 1 10 100 1000 10000 Ef f. In de x DoF 3 12 36 Abb. IV.2: Effektivita¨tsindizes fu¨r h- und p-Verfeinerungen des L-Gebiets. 138 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 1 10 100 1000 10000 Ef f. In de x DoF 12 24 72 Abb. IV.3: Effektivita¨tsindizes fu¨r hp-Verfeinerungen des L-Gebiets. In den Abbildungen IV.2 und IV.3 sind die Effektivita¨tsindizes fu¨r h-, p- und hp−Verfeinerungen des L-Gebiets dargestellt. Die analytische Lo¨sung ist hier wie in (III.16) gewa¨hlt, also eine Funktion, die nicht H2-regula¨r ist. Fu¨r h- und hp-Verfeinerungen sind die Effektivita¨tsindizes konstant, bei p- Verfeinerungen monoton fallend. Der Abbildung IV.2 (rechts) ist nicht zu entnehmen, ob der Effektivita¨tsindex konvergiert. IV.2.2 Residuale Fehlerscha¨tzer fu¨r linear-elastische Probleme In analoger Weise zum vorherigen Abschnitt lassen sich residuale Fehler- scha¨tzer auch fu¨r Variationsgleichungen angeben, die linear-elastischen Pro- blemen zugeordnet sind. Hierzu sei u ∈ H1(Ω,Γ0)3 und uh ∈ Sp(Th)3 Lo¨sung von (II.39) bzw. (III.30). Die zugeho¨rige Galerkin-Orthogonalita¨t (III.10) ist in diesem Fall ∀vh ∈ Sp(Th)3 : (σ(u − uh), ε(vh))0 = 0. Wie in Abschnitt IV.2.1 gewinnt man daraus mit Hilfe eines geeigneten Interpolationsoperators I : H1(Ω,Γ0)3 → Sp(Th)3 fu¨r e := u− uh (σ(e), ε(e))0 = (σ(e), ε(e− I(e)))0 = (σ(u), ε(e− I(e)))0 − (σ(uh), ε(e− I(e)))0 = (f, e− I(e))0 + (q, γ(e− I(e)))0,Γ1 − (σ(uh), ε(e− I(e)))0. IV.2. Residuale Fehlerscha¨tzer fu¨r Variationsgleichungen 139 Da fu¨r T ∈ Th die Einschra¨nkung σ(uh|T ) ∈ H1(T )3×3 ist, erha¨lt man mit Hilfe der Greenschen Formel (II.3) (σ(e), ε(e))0 = ∑ T∈Th (f, e− I(e))0,T + (q, γ(e− I(e)))0,Γ1 − ∑ T∈Th (σ(uh), ε(e− I(e)))0,T = ∑ T∈Th (f, e− I(e))0,T + (q, γ(e− I(e)))0,Γ1 + ∑ T∈Th ( (div σ(uh), e− I(e))0,T − ∑ F∈FT (σn(uh), γ(e− I(e)))0,F ) = ∑ T∈Th (f + div σ(uh), e− I(e))0,T + ∑ F∈F◦ ([σn(uh)], γ(e− I(e)))0,F + ∑ F∈F1 (q − σn(uh), γ(e− I(e)))0,F ≤ ∑ T∈Th ( RT ‖e− I(e)‖0,T + ∑ F∈FT RF ‖e− I(e)‖0,F ) , (IV.23) wobei die element- bzw. facettenbezogenen Residuen RT bzw. RF als RT := ‖f + div σ(uh)‖0,T , RF := { 1 2‖[σn(uh)]‖0,F , F ∈ F◦ ‖q − σn(uh)‖0,F , F ∈ F1 definiert sind. Die Menge F◦ ist die Menge aller inneren Facetten von Th, FT die Menge aller Facetten von T und F1 die Menge aller Facetten auf Γ1. Ist I die u¨bliche Cle´ment-Interpolierende, erha¨lt man aus (IV.23) den Aus- druck (IV.21) mit den zu diesem Problem angepassten Normen. Setzt man dagegen die Existenz einer hp-Cle´ment-Interpolierende voraus, erha¨lt man eine analoge Aussage zu Satz IV.5: Satz IV.6 Es seien u ∈ H1(Ω,Γ0)3 und uh ∈ Sp(Th)3 Lo¨sung von (II.39) bzw. (III.30) sowie η2 := ∑ T∈Th ( (hT /pT )2R2T + ∑ F∈FT (hF /pF )R2F ) . Ferner existiere eine hp-Cle´ment-Interpolierende, und (IV.22) sei erfu¨llt mit ̺0 > 0 und ̺1 > 0. Dann existiert eine von Th und p unabha¨ngige Konstante C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖21 ≤ Cη2. 140 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t In Abbildung IV.4 sind die Effektivita¨tsindizes fu¨r den in Satz IV.5 auf- gefu¨hrten Fehlerscha¨tzer η bezu¨glich h- und p-Verfeinerungen des Einheits- wu¨rfels zu sehen. Die analytische Lo¨sung ist hier ui := cos(0.5πx) cos(0.5πy) cos(π/2z), i = 1, 2, 3. Fu¨r h-Verfeinerungen sind die zugeho¨rigen Effekti- vita¨tsindizes konstant. Bei p-Verfeinerungen, schwanken die Effektivita¨tsin- dizes im Bereich von 0.1 bis 0.85. 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 1 10 100 1000 10000 100000 Ef f. In de x DoF p=1 p=2 p=3 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 1 10 100 1000 10000 Ef f. In de x DoF 8 64 256 Abb. IV.4: Effektivita¨tsindizes fu¨r h- und p-Verfeinerungen des Einheitswu¨rfels. IV.3 Fehlerscha¨tzer fu¨r vereinfachte Kontaktprobleme Das Ziel dieses Abschnitts besteht in der Konkretisierung der in Abschnitt IV.1 hergeleiteten allgemeinen Fehlerscha¨tzer fu¨r die in Abschnitt II.2 be- schriebenen Modellprobleme. Hierzu werden die in Abschnitt IV.2.1 fu¨r mo- dellhafte Variationsgleichungen bereitgestellten residualen Fehlerscha¨tzer verwendet. IV.3.1 Ein residualer Fehlerscha¨tzer fu¨r vereinfachte Signorini-Probleme Es sei (u, λ0) ∈ H1(Ω,Γ0)×Λ0 Lo¨sung von (II.19)-(II.20) und (uh, λ0,H) ∈ Sp(Th) × Λ0 ∩ Mp1(T1,H) Lo¨sung von (III.19)-(III.20). Das unter (IV.9) aufgefu¨hrte Hilfsproblem lautet: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0) : (∇u0,∇v)0 = (f, v)0 + (q, γ(v))0,Γ1 − (λ0,H , γ(v))0,Γ1 . (IV.24) IV.3. Fehlerscha¨tzer fu¨r vereinfachte Kontaktprobleme 141 Aus Satz IV.5 folgt, dass η0 mit η20 := ∑ T∈Th ( (hT /pT )2R20,T + ∑ E∈ET (hE/pE)R20,E ) , (IV.25) R0,T := ‖f +∆uh‖0,T , R0,E := { 1 2‖[∂nuh]‖0,E , E ∈ E◦ ‖q − ∂nuh − λ0,H‖0,E , E ∈ E1 ein Fehlerscha¨tzer fu¨r das Hilfsproblem (IV.24) ist. Aus Satz IV.1 bekommt man damit ‖u−uh‖21 +‖λ0−λ0,H‖2−1/2,Γ1 ≤ C(η 2 0 +‖d‖21+ |(λ0,H , γ(d))0,Γ1 |) (IV.26) fu¨r alle d ∈ K˜ := {v ∈ H1(Ω,Γ0) | g − γ(uh)− γ(d) ≤ 0}. Wie bereits in Abschnitt IV.1.1 erwa¨hnt, kann d als harmonische Fortset- zung der Projektion von g − γ(uh) in G oder des positiven Anteils (g − γ(uh))+ gewa¨hlt werden. Im Folgenden wird die letzte Mo¨glichkeit bevor- zugt, da sie praktikabler erscheint. Jedoch lassen sich alle Schritte auch fu¨r die Projektion von g − γ(uh) in G in analoger Weise durchfu¨hren. Gesucht wird ein d∗ ∈ W := {v ∈ H1(Ω,Γ0) | γ(v) = (g − γ(uh))+} als Lo¨sung des Minimierungsproblems ‖d∗‖21 = infv∈W ‖v‖ 2 1. (IV.27) Die Menge W ist als affiner Unterraum von H1(Ω,Γ0) abgeschlossen und konvex. Zudem ist ‖ · ‖21 konvex, stetig und koerziv. Nach Satz I.3 besitzt (IV.27) eine Lo¨sung d∗ ∈W .9 Fu¨r diese ist offenbar g − γ(uh)− γ(d∗) ≤ 0, also gilt tatsa¨chlich d∗ ∈ K˜. Wegen ‖d∗‖1 = ‖(g − γ(uh))+‖1/2 folgt aus (IV.26) ‖u− uh‖21 + ‖λ0 − λ0,H‖2−1/2,Γ1 ≤ C(η20 + ‖d∗‖21 + |(λ0,H , γ(d∗))0,Γ1 |) = C(η20 + ‖(g − γ(uh))+‖21/2 + |(λ0,H , (g − γ(uh))+)0,Γ1 |). 9Nach Satz I.1 ist die Bedingung ∀v ∈ H1(Ω,Γ0) : (∇d∗,∇v)0 +(d∗, v)0 = 0 notwen- dig und hinreichend. 142 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Satz IV.7 Es sei (u, λ0) ∈ H1(Ω,Γ0)× Λ0 Lo¨sung von (II.19)-(II.20) und (uh, λ0,H) ∈ Sp(Th)×Λ0 ∩Mp1(TH) Lo¨sung von (III.19)-(III.20). Der Feh- lerscha¨tzer η0 sei wie in (IV.25) definiert. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖21 + ‖λ0 − λ0,H‖2−1/2,Γ1 ≤ C(η20 + ‖(g − γ(uh))+‖21/2 + |(λ0,H , (g − γ(uh))+)0,Γ1 |). (IV.28) Fu¨r die praktische Umsetzung von (IV.28) ist die Berechnung von ‖(g − γ(uh))+‖1/2 erforderlich, was allerdings mit gewissen Schwierigkeiten ver- bunden ist. Wird jedoch g ∈ H1(Γ) vorausgesetzt, dann ist (g − γ(uh))+ ∈ H1(Γ), da β(uh) stu¨ckweise polynomial ist.10 Mit Hilfe der folgenden Aussa- ge u¨ber Interpolationsra¨ume11 kann der Ausdruck ‖(g− γ(uh))+‖1/2 weiter abgescha¨tzt werden: Lemma IV.3 Es ist [L2(Γ), H1(Γ)]1/2,2 = H1/2(Γ). Beweis: Th.7.7. in [76].  Damit folgt aus Satz A.9 mit C˜ := C(1/2, 2) ‖(g − γ(uh))+‖21/2 ≤ C˜‖(g − γ(uh))+‖0,Γ‖(g − γ(uh))+‖1,Γ (IV.29) und schließlich aus (IV.28) ‖u− uh‖21 + ‖λ0 − λ0,H‖2−1/2,Γ1 ≤ max{C, C˜}(η20 + ‖(g − γ(uh))+‖0,Γ‖(g − γ(uh))+‖1,Γ + |(λ0,H , (g − γ(uh))+)0,Γ1 |). Korollar IV.1 Es gelten die Voraussetzungen von Satz IV.7. Ferner sei g ∈ H1/2(Γ1) ∩H1(Γ). Dann existiert ein Cˆ > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖21 + ‖λ0 − λ0,H‖2−1/2,Γ1 ≤ Cˆ(η20+‖(g−γ(uh))+‖0,Γ‖(g−γ(uh))+‖1,Γ+ |(λ0,H , (g−γ(uh))+)0,Γ1 |). 10vgl. z.B. Ch. I, Cor.2.1 in [56] 11vgl. Satz A.9 IV.3. Fehlerscha¨tzer fu¨r vereinfachte Kontaktprobleme 143 0.001 0.01 0.1 1 10 10 100 1000 10000 100000 e ta DoF p=1 p=2 p=3 h^1 h^1.5 0.001 0.01 0.1 1 10 10 100 1000 10000 100000 e ta DoF 16 64 256 Abb. IV.5: Gescha¨tztes Konvergenzverhalten bei h- und p-Verfeinerungen. In Abbildung IV.5 ist das durch den Fehlerscha¨tzer aus Korollar IV.1 ge- scha¨tzte Konvergenzverhalten fu¨r h- und p-Verfeinerungen dargestellt. Die den Diagrammen zugrunde liegende Beispielrechnung entspricht der Bei- spielkonfiguration aus Abschnitt II.2.1. Das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei h-Verfeinerungen mit p = 1 ent- spricht exakt den a-priori Vorhersagen der Gro¨ßenordnung O(h) aus den Sa¨tzen III.6 und III.8. Das gescha¨tzte Konvergenzverhalten fu¨r p = 2 oder p = 3 ist etwa O(h3/2). Demnach fu¨hrt die Verwendung von Finite-Elemen- te-Ansa¨tzen ho¨herer Ordnung nicht zu dem gewu¨nschten Konvergenzge- winn, sofern globale h-Verfeinerungen vorgenommen werden. Der Grund hierfu¨r ist die fehlende Regularita¨t der Lo¨sung u, die im Allgemeinen nicht mehr als H2-regula¨r ist.12 Das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei reinen p-Verfeinerungen kommt gema¨ß Abbildung IV.5 (rechts) ebenfalls nicht u¨ber die Ordnung O(h3/2) hinaus. In den Abbildungen IV.6 und IV.7 sind die Fehleranteile s0 := ‖(g − γ(uh))+‖1/20,Γ‖(g − γ(uh))+‖ 1/2 1,Γ s1 := |(λ0,H , (g − γ(uh))+)0,Γ1 |1/2 fu¨r h- und p-Verfeinerungen abgebildet. Offenbar sind die Fehleranteile s0 von ho¨herer Ordnung und ko¨nnen deshalb u.U. vernachla¨ssigt werden. Die Fehleranteile s1 verringern sich in der gleichen Gro¨ßenordnung wie η, fallen aber bei den Beispielrechnungen um den Faktor 10 kleiner aus. 12vgl. [28], [57], S. 416 144 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t 1e-08 1e-07 1e-06 1e-05 1e-04 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 s0 DoF p=1 p=2 p=3 1e-08 1e-07 1e-06 1e-05 1e-04 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 s0 DoF 16 64 256 Abb. IV.6: Fehleranteile s0 bei h- und p-Verfeinerungen. 1e-04 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 s1 DoF p=1 p=2 p=3 1e-04 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 s1 DoF 16 64 256 Abb. IV.7: Fehleranteile s1 bei h- und p-Verfeinerungen. IV.3.2 Ein residualer Fehlerscha¨tzer fu¨r idealisierte Reibungsprobleme Es sei (u, λ1) ∈ H1(Ω,Γ0)×Λ1 Lo¨sung von (II.33)-(II.34), sowie (uh, λ1,H) ∈ Sp(Th) × Λ1 ∩Mp1(T1,H) Lo¨sung von (III.28)-(III.29). Das unter (IV.12) aufgefu¨hrte Hilfsproblem lautet: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0) : (∇u1,∇v)0 = (f, v)0 + (q, γ(v))0,Γ1 − (λ1,H , γ(v))0,Γ1 . (IV.30) IV.3. Fehlerscha¨tzer fu¨r vereinfachte Kontaktprobleme 145 Einen Fehlerscha¨tzer η1 fu¨r das Hilfsproblem (IV.30) erha¨lt man gema¨ß Satz IV.5 mit η21 := ∑ T∈Th ( (hT /pT )2R21,T + ∑ E∈ET (hE/pE)R21,E ) , (IV.31) R1,T := ‖f +∆uh‖0,T , R1,E := { 1 2‖[∂nuh]‖0,E, E ∈ E◦ ‖q − ∂nuh − λ1,H‖0,E, E ∈ E1. Damit folgt aus Satz IV.2: Satz IV.8 Es sei (u, λ1) ∈ H1(Ω,Γ0)× Λ1 Lo¨sung von (II.33)-(II.34) und (uh, λ1,H) ∈ Sp(Th)× Λ1 ∩Mp1(TH) Lo¨sung von(III.28)-(III.29). Der Feh- lerscha¨tzer η1 sei wie in (IV.31) definiert. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖21 + ‖λ1 − λ1,H‖2−1/2,Γ1 ≤ C(η 2 1 + |j(uh)− (λ1,H , γ(uh))0,Γ1 |). 0.001 0.01 0.1 1 10 10 100 1000 10000 100000 e ta DoF p=1 p=2 p=3 h^1 h^1.5 0.01 0.1 1 10 10 100 1000 10000 100000 e ta DoF 16 64 256 Abb. IV.8: Gescha¨tztes Konvergenzverhalten bei h- und p-Verfeinerungen. Fu¨r das hier behandelte Modellproblem erha¨lt man zu Abschnitt IV.3.1 analoge Resultate bei Rechnungen mit h- und p-Verfeinerungen des in Ab- schnitt II.2.2 dargestellten Beispiels (vgl. Abbildung IV.8). Das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei h-Verfeinerungen mit p = 1 ist von der Ordnung O(h) und korrespondiert demnach zu den entsprechenden a-priori Aussagen in Satz III.9. Bei Finite-Elemente-Ansa¨tzen ho¨herer Ord- nung ist kein wesentlicher Konvergenzzugewinn festzustellen. Die Konver- genzordnung liegt hier zwischenO(h) und O(h3/2). Die fehlende Regularita¨t 146 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t der Lo¨sung u verhindert auch hier eine ho¨here Konvergenzordnung. Insbesondere ist der Einsatz reiner p-Verfeinerungen bei dem hier gewa¨hlten Beispiel nicht sinnvoll. 1e-04 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 j1 DoF p=1 p=2 p=3 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 j1 DoF 16 64 256 Abb. IV.9: Fehleranteile j1 bei h- und p-Verfeinerungen. In Abbildung IV.9 sind die Anteile j1 := |j(uh)−(λ1,H , γ(uh))0,Γ1 |1/2 des in Satz IV.8 dargestellten Fehlerscha¨tzers abgebildet. Sowohl fu¨r h- als auch fu¨r p-Verfeinerungen sind die Fehleranteile j1 in etwa von der gleichen Gro¨ßen- bzw. Konvergenzordnung wie η. IV.4 Fehlerscha¨tzer fu¨r Kontaktprobleme Wie zuvor besteht auch in diesem Abschnitt das Ziel darin, die in Abschnitt IV.1 hergeleiteten allgemeinen Fehlerscha¨tzer mit Hilfe von Fehlerscha¨tzern fu¨r Variationsgleichungen zu konkretisieren. Hierbei werden die in Abschnitt IV.2.2 aufgefu¨hrten Fehlerscha¨tzer verwendet. IV.4.1 Ein residualer Fehlerscha¨tzer fu¨r reibungsfreie Kontaktprobleme Es sei (u, λn) ∈ H1(Ω,Γ0)3×Λn Lo¨sung von (II.56)-(II.57) und (uh, λn,H) ∈ Sp(Th) × Λn ∩ Mp1(T1,H) Lo¨sung von (III.32)-(III.33). Das unter (IV.9) aufgefu¨hrte Hilfsproblem ist hier gegeben durch: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0)3 : (σ(un), ε(v))0 = (f, v)0 + (q, δ(v))0,Γ1 − (λn,H , δn(v))0,Γ1 . (IV.32) IV.4. Fehlerscha¨tzer fu¨r Kontaktprobleme 147 Aus Satz IV.6 folgt, dass ηn mit η2n := ∑ T∈Th ( (hT /pT )2R2n,T + ∑ F∈FT (hF /pF )R2n,F ) , (IV.33) Rn,T := ‖f + div σ(uh)‖0,T , Rn,F := { 1 2‖[σn(uh)]‖0,F , F ∈ F◦ (‖qn − σnn(uh)− λn,H‖20,F + ‖qt − σnt(uh)‖20,F )1/2, F ∈ F1 ein Fehlerscha¨tzer fu¨r das Hilfsproblem (IV.32) ist. Aus Satz IV.1 erha¨lt man damit ‖u−uh‖21+‖λn−λn,H‖2−1/2,n ≤ C(η2n+‖d‖21+ |(λn,H , δn(d))0,Γ1 |) (IV.34) fu¨r alle d ∈ K˜n := {v ∈ H1(Ω,Γ0)3 | g − δn(uh)− δn(v) ≥ 0}. Eine geeignete Wahl von d ∈ K˜ ist, wie in Abschnitt IV.3.1 bereits be- schrieben, die harmonische Fortsetzung von (g − δn(uh))−: Gesucht ist ein d∗ ∈ Wn := {v ∈ H1(Ω,Γ0)3 | (δn(v), δt(v)) = ((g − δn(uh))−, 0)}, das Lo¨sung des Minimierungsproblems ‖d∗‖21 = infv∈Wn ‖v‖ 2 1 ist. Wie in Abschnitt IV.3.1 sichert auch hier Satz I.3 die Existenz einer Lo¨sung d∗ ∈Wn.13 Zudem ist g − δn(uh)− δn(d∗) ≥ 0 und damit d∗ ∈ K˜. Damit folgt aus (IV.34): Satz IV.9 Es sei (u, λ0) ∈ H1(Ω,Γ0)3×Λ0 Lo¨sung von (II.56)-(II.57) und (uh, λ0,H) ∈ Sp(Th) × Λn ∩ Mp1(T1,H) Lo¨sung von (III.32)-(III.33). Der Fehlerscha¨tzer ηn sei wie in (IV.33) definiert. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖21 + ‖λn − λn,H‖2−1/2,n ≤ C(η2n + ‖(g − δn(uh))−‖1/2,n + |(λn,H , (g − δn(uh))−)0,Γ1 |). Wie in Korollar IV.1 zeigt man: 13Nach Satz I.1 ist ∀v ∈ H1(Ω,Γ0)3 : (ε(d∗), ε(v))0 + (d∗, v)0 = 0 eine notwendige und hinreichende Bedingung fu¨r die Minimalita¨t von d∗. 148 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Korollar IV.2 Es gelten die Voraussetzungen von Satz IV.9. Ferner sei δ˜−1((g − δn(uh), 0)−) ∈ H1/2(Γ1)3 ∩H1(Γ)3. Dann existiert ein Cˆ > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖21 + ‖λn − λn,H‖2−1/2,n ≤ Cˆ(η2n + ‖δ˜−1((g − δn(uh))−, 0)‖0,Γ‖δ˜−1((g − δn(uh))−, 0)‖1,Γ + |(λn,H , (g − δn(uh))−)0,Γ1 |). IV.4.2 Ein residualer Fehlerscha¨tzer fu¨r Reibungsprobleme mit vorgegebener Normalspannung Es sei (u, λt) ∈ H1(Ω,Γ0)3×Λt Lo¨sung von (II.74)-(II.75), sowie (uh, λt,H) ∈ Sp(Th) × Λt ∩Mp1(T1,H)2 Lo¨sung von (III.35)-(III.36). Das Hilfsproblem (IV.12) hat in diesem Fall die Gestalt: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0)3 : (σ(ut), ε(v))0 = (f, v)0 + (q, δ(v))0,Γ1 − (λt,H , δt(v))0,Γ1 . (IV.35) Ein Fehlerscha¨tzer ηt fu¨r das Hilfsproblem (IV.35) ist laut Satz IV.6 mit η2t := ∑ T∈Th ( (hT /pT )2R2t,T + ∑ F∈FT (hF /pF )R2t,F ) , (IV.36) Rt,T := ‖f + div σ(uh)‖0,T , Rt,F := { 1 2‖[σn(uh)]‖0,F , F ∈ F◦ (‖q − σnn(uh)‖20,F + ‖q − σnt(uh)− λt,H‖20,F )1/2, F ∈ F1 gegeben. Nach Satz IV.2 erha¨lt man schließlich: Satz IV.10 Es sei (u, λt) ∈ H1(Ω,Γ0)3 × Λt Lo¨sung von (II.74)-(II.75) und (uh, λt,H) ∈ Sp(Th)×Λt∩Mp1(T1,H)2 Lo¨sung von (III.35)-(III.36). Der Fehlerscha¨tzer ηt sei wie in (IV.36) definiert. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖21 + ‖λt − λt,H‖2−1/2,t ≤ C(η2t + |j(uh)− (λt,H , δt(uh))0,Γ1 |). IV.4.3 Ein residualer Fehlerscha¨tzer fu¨r Kontaktprobleme mit Reibung Es sei (u, λn, λt) ∈ H1(Ω,Γ0)3 × Λn × Λt Lo¨sung von (II.88)-(II.89) und (uh, λn,H , λt,H) ∈ Sp(Th)×Λn ∩Mp1(T1,H)×Λt ∩Mp1(T1,H)2 Lo¨sung von IV.4. Fehlerscha¨tzer fu¨r Kontaktprobleme 149 (III.38)-(III.39). Das Hilfsproblem (IV.15) ist gegeben durch: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0)3 : (σ(unt), ε(v))0 = (f, v)0 + (q, δ(v))0,Γ1 − (λn,H , δn(v))0,Γ1 − (λt,H , δt(v))0,Γ1 . (IV.37) Aus Satz IV.6 folgt, dass ηnt mit η2nt := ∑ T∈Th ( (hT /pT )2R2nt,T + ∑ F∈FT (hF /pF )R2nt,F ) , (IV.38) Rnt,T := ‖f + div σ(uh)‖0,T , Rnt,F :=    1 2‖[σn(uh)]‖0,F , F ∈ F◦ (‖qn − σnn(uh)− λn,H‖20,F +‖qt − σnt(uh)− λt,H‖20,F )1/2 , F ∈ F1 ein Fehlerscha¨tzer fu¨r das Hilfsproblem (IV.37) ist. Mit den Bezeichnungen 〈λ, (·, ·)〉 := 〈λn, ·〉+〈λt, ·〉 und 〈λH , (·, ·)〉 := 〈λn,H , ·〉+ 〈λt,H , ·〉 liefert Satz IV.3 fu¨r alle d ∈ K˜n: ‖u− uh‖21 + ‖λ− λH‖2−1/2,nt ≤ C(η2n + ‖d‖21 + |(λn,H , δn(d))0,Γ1 | + |j(d) − (λt,H , δt(d))0,Γ1 |+ |j(uh)− (λt,H , δt(uh))0,Γ1 |). (IV.39) Eine geeignete Wahl fu¨r d ∈ K˜ ist wie in Abschnitt IV.4.1 die harmonische Fortsetzung d∗ von ((g − δn(uh))−, 0). Damit folgt aus (IV.39) schließlich: Satz IV.11 Es sei (u, λn, λt) ∈ H1(Ω,Γ0)3 × Λn ×Λt Lo¨sung von (II.88)- (II.89), zudem sei (uh, λn,H , λt,H) ∈ Sp(Th) × Λn ∩ Mp1(T1,H) × Λt ∩ Mp1(T1,H)2 Lo¨sung von (III.38)-(III.39). Der Fehlerscha¨tzer ηnt sei wie in (IV.38) definiert. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖21 + ‖λ− λH‖2−1/2,nt ≤ C(η2nt + ‖(g − δn(uh))−‖1/2,n + |(λn,H , (g − δn(uh))−)0,Γ1 |+ |j(uh)− (λt,H , δt(uh))0,Γ1 |). Wie in Korollar IV.1 zeigt man: 150 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Korollar IV.3 Es gelten die Voraussetzungen von Satz IV.11. Ferner sei δ˜−1((g − δn(uh), 0)−) ∈ H1/2(Γ1)3 ∩H1(Γ)3. Dann existiert ein Cˆ > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖21 + ‖λ− λH‖2−1/2,nt ≤ Cˆ(η2nt + ‖δ˜−1((g − δn(uh))−, 0)‖0,Γ‖δ˜−1((g − δn(uh))−, 0)‖1,Γ + |(λn,H , (g − δn(uh))−)0,Γ1 |+ |j(uh)− (λt,H , δt(uh))0,Γ1 |). IV.5 Residuale Fehlerscha¨tzer fu¨r weitere Modellprobleme Auch auf die in den Abschnitten II.5.1 und II.5.3 dargestellten Hindernis- probleme und Bingham-Fluid-Probleme ko¨nnen die in Abschnitt IV.1 be- schriebenen Techniken zur Fehlerkontrolle angewandt werden. Das in Abschnitt II.5.2 formulierte modellhafte Torsionsproblem entzieht sich dem allgemeinen Kontext aus Abschnitt IV.1. Fu¨r Fehlerscha¨tzer in Bezug auf Torsionsprobleme bei Beschra¨nkung auf stu¨ckweise lineare bzw. biquadratische FE-Ansa¨tze sei auf [95] und [97] verwiesen. IV.5.1 Hindernisprobleme Es sei (u, λ0) ∈ H1(Ω,Γ0)×Λ0 Lo¨sung von (II.92)-(II.93) und (uh, λ0,H) ∈ Sp(Th) × Λ0 ∩ M˜ p˜(T˜H) Lo¨sung von (III.44)-(III.45). Das unter (IV.9) auf- gefu¨hrte Hilfsproblem lautet: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0) : (∇u0,∇v)0 = (f, v)0 + (q, γ(v))0,Γ1 − (λ0,H , v)0. (IV.40) Aus Satz IV.5 folgt, dass η0 mit η20 := ∑ T∈Th ( (hT /pT )2R20,T + ∑ E∈ET (hE/pE)R20,E ) , (IV.41) R0,T := ‖f +∆uh − λ0,H‖0,T , R0,E := { 1 2‖[∂nuh]‖0,E , E ∈ E◦ ‖q − ∂nuh‖0,E, E ∈ E1 ein Fehlerscha¨tzer fu¨r das Hilfsproblem (IV.40) ist. Aus Satz IV.1 folgt damit ‖u− uh‖21 + ‖λ0 − λ0,H‖2 ≤ C(η20 + ‖d‖21 + |(λ0,H , d)0|) (IV.42) IV.5. Fehlerscha¨tzer fu¨r weitere Modellprobleme 151 fu¨r alle d ∈ K˜ := {v ∈ H1(Ω,Γ0) | g − uh − v ≤ 0}. Einen konsistenten Fehlerscha¨tzer erha¨lt man, wenn d als Projektion von g−uh auf G := {v ∈ H1(Ω,Γ0) | v ≤ 0} oder als positiver Anteil von g−uh gewa¨hlt wird. Bei Verwendung des positiven Anteils14 d := (g − uh)+ folgt aus (IV.42) ‖u− uh‖21 + ‖λ0 − λ0,H‖2 ≤ C(η20 + ‖(g − uh)+‖21 + |(λ0,H , (g − uh)+)0|). Damit gilt der Satz: Satz IV.12 Es sei (u, λ0) ∈ H1(Ω,Γ0) × Λ0 Lo¨sung von (II.92)-(II.93) und (uh, λ0,H) ∈ Sp(Th) × Λ0 ∩ M˜ p˜(T˜H) Lo¨sung von (III.44)-(III.45). Der Fehlerscha¨tzer η0 sei wie in (IV.41) definiert. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖21 + ‖λ0 − λ0,H‖2 ≤ C(η20 + ‖(g − uh)+‖1 + |(λ0,H , (g − uh)+)0|). 0.01 0.1 1 10 10 100 1000 10000 e ta DoF p=1 p=2 p=3 h^1 h^1.5 0.01 0.1 1 10 10 100 1000 10000 100000 e ta DoF 16 64 256 Abb. IV.10: Gescha¨tztes Konvergenzverhalten bei h- und p-Verfeinerungen. In Abbildung IV.10 ist das gescha¨tzte Konvergenzverhalten fu¨r h- und p- Verfeinerungen zu sehen, das mit Hilfe des in Satz IV.12 dargestellten Feh- lerscha¨tzers ermittelt wird. Der Rechnung liegt das Beispiel aus Abschnitt II.5.1 zugrunde. Das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei h-Verfeinerungen mit p = 1 ent- spricht der in Satz III.11 vorhergesagten Konvergenzordnung O(h). Das gescha¨tzte Konvergenzverhalten fu¨r p = 2 oder p = 3 liegt unterhalb von 14Man beachte hierbei, dass aus g ∈ H1(Ω) auch (g − uh)+ ∈ H1(Ω) folgt. 152 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t O(h3/2), was ebenfalls den theoretischen Vorhersagen entspricht. Demnach fu¨hrt auch hier der Gebrauch von Finite-Elemente-Ansa¨tzen ho¨herer Ord- nung bei globalen h-Verfeinerungen nicht zu einem signifikanten Konver- genzgewinn. Die Anwendung reiner p-Verfeinerungen ist offenbar unzureichend. Gema¨ß Abbildung IV.10 (rechts) kommt es fast zu einer Stagnation des gescha¨tzten Fehlers. 1e-05 1e-04 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 s0 DoF p=1 p=2 p=3 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 s0 DoF 16 64 256 Abb. IV.11: Fehleranteile s0 bei h- und p-Verfeinerungen. 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 s1 DoF p=1 p=2 p=3 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 s1 DoF 16 64 256 Abb. IV.12: Fehleranteile s1 bei h- und p-Verfeinerungen. In den Abbildungen IV.11 und IV.12 sind die Fehleranteile s0 := ‖(g − uh)+‖1 und s1 := |(λ0,H , (g − uh)+)0|1/2 fu¨r h- und p-Verfeinerungen abge- bildet. Wie bei Signorini-Problemen sind die Fehleranteile s0 bei Verwen- IV.5. Fehlerscha¨tzer fu¨r weitere Modellprobleme 153 dung von h-Verfeinerungen offenbar von ho¨herer Ordnung und ko¨nnen des- halb im Allgemeinen vernachla¨ssigt werden. Beru¨cksichtigt werden mu¨ssen dagegen die Fehleranteile s1, da sie der Gro¨ßenordnung des gescha¨tzten Ge- samtfehlers entsprechen. Die Abbildungen IV.11 und IV.12 (rechts) zeigen, dass bei Verwendung von p-Verfeinerungen die Fehleranteile s0 und s1 den Gesamtfehler dominieren, so dass es insgesamt zu einem Konvergenzstillstand kommt. Der Grund ist sicherlich die geringe Anpassung des verwendeten Gitters an das Hindernis. IV.5.2 Bingham-Fluid-Probleme Es sei (u, λ1) ∈ H10 (Ω) × Λ1 Lo¨sung von (II.99)-(II.100) und (uh, λ1,H) ∈ Sp(Th)×Λ1∩M˜ p˜(T˜H)k Lo¨sung von (III.46)-(III.47). Das Hilfsproblem (IV.9) lautet in diesem Fall: ∀v ∈ H10 (Ω) : (∇u1,∇v)0 = (f, v)0 − (λ1,H ,∇v)0. (IV.43) Analog zu (IV.18) gilt mit e := u1 − uh (∇e,∇e)0 = (f, e− I(e))0 + (λ1,H ,∇(e− I(e)))0 − (∇uh,∇(e− I(e)))0. Demnach kann der in Abschnitt (IV.2.1) vorgestellte residuale Fehler- scha¨tzer nicht direkt auf das Hilfsproblem (IV.43) angewandt werden, da der Term (λ1,H ,∇(e − I(e))0 nicht die erforderlichen hp-Potenzen liefert. Ist Th = T˜H , erha¨lt man durch Anwenden der Greenschen Formel (II.2): −(λ1,H ,∇(e− I(e)))0 = ∑ T∈Th −(λ1,H ,∇(e− I(e)))0,T = ∑ T∈Th (div λ1,H , e− I(e))0,T − ∑ E∈ET (γ(λ0,H)n, γ(e− I(e)))0,E = ∑ T∈Th (div λ1,H , e− I(e))0,T − 1 2 ∑ E∈E◦ ([λ0,Hn], γ(e− I(e)))0,E . Damit ist η1 mit η21 := ∑ T∈Th ( (hT /pT )2R21,T + ∑ E∈ET (hE/pE)R21,E ) , (IV.44) R1,T := ‖f +∆uh + div λ0,H‖0,T , R1,E := 1 2‖[∂nuh] + [λ0,Hn]‖0,E 154 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t ein Fehlerscha¨tzer fu¨r das Hilfsproblem. Da β ∈ L(H10 (Ω), L2(Ω)k) mit β(v) := β1(v) := ∇v nicht surjektiv ist, ist Lemma IV.1 nicht anwendbar. Man erha¨lt aber analog zu Lemma IV.2 und Satz IV.2: Satz IV.13 Es sei (u, λ1) ∈ H10 (Ω) × Λ1 Lo¨sung von (II.99)-(II.100) und (uh, λ1,H) ∈ Sp(Th)×Λ1 ∩ M˜ p˜(T˜H)k Lo¨sung von (III.46)-(III.47) mit Th = T˜H . Der Fehlerscha¨tzer η1 sei wie in (IV.44) definiert. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: ‖u− uh‖21 ≤ C(η21 + |(s, |∇uh|)0 − (λ1,H , γ(uh))0,Γ1 |). IV.6 Fehlerscha¨tzer vom Goal-Oriented-Typ Die bisher angegebenen Fehlerscha¨tzer bilden obere Schranken fu¨r den Feh- ler u − uh gemessen in der H1-Norm ‖ · ‖1, die letztlich ein gemitteltes Fehlermaß darstellt. Wu¨nschenswert ist jedoch ha¨ufig eine Fehlerkontrolle in Bezug auf problemorientierte Fehlermaße. Insbesondere sind Fehlermaße mit lokalem Charakter von großem Interesse. Als Beispiele seien der Fehler in einem Punkt oder der Fehler gemessen als Integralmittel u¨ber eine belie- bige Teilmenge von Ω genannt. Auch fu¨r die in Abschnitt II.4 beschriebenen fertigungstechnischen Anwen- dungen sind Fehlerkontrolltechniken mit lokal definierten Fehlermaßen von besonderer Bedeutung, da man oft an einer mo¨glichst genauen Berechnung lokaler Gro¨ßen wie Normalkraft oder Tangentialkraft interessiert ist. Das Ziel des nun folgenden Abschnitts besteht darin, den grundlegenden Ansatz fu¨r Fehlerscha¨tzer vom Goal-Oriented-Typ, der die Fehlerkontrolle fu¨r beliebige Fehlermaße aus V ′ ermo¨glicht, in dem hier gewa¨hlten allgemei- nen Zusammenhang zu skizzieren. Die Ausfu¨hrungen fu¨r Variationsgleichungen basieren im Wesentlichen auf den Arbeiten [2] und [98]. Die Verallgemeinerungen fu¨r elliptische Minimie- rungsprobleme orientieren sich an den Arbeiten [94], [96] und [98]. IV.6.1 Fehlerscha¨tzer vom Goal-Oriented-Typ fu¨r Variationsgleichungen Es sei V ein Hilbertraum und u ∈ V Lo¨sung von ∀v ∈ V : a(u, v) = 〈ℓ, v〉 (IV.45) IV.6. Fehlerscha¨tzer vom Goal-Oriented-Typ 155 mit einer stetigen und elliptischen Bilinearform a : V × V → R, sowie ℓ ∈ V ′. Im Sinne von Diskretisierungsansa¨tzen wie in Kapitel III sei Vh ⊂ V ein weiterer Unterraum, und fu¨r ein uh ∈ Vh gelte: ∀vh ∈ Vh : a(uh, vh) = 〈ℓ, vh〉. (IV.46) Es sei J ∈ V ′ ein beliebiges Fehlermaß. Die Zielsetzung besteht in der Suche nach einem Fehlerscha¨tzer fu¨r den Ausdruck |〈J, u〉 − 〈J, uh〉|. (IV.47) Nach dem Lax-Milgram-Lemma15 existiert ein z ∈ V , so dass gilt: ∀v ∈ V : a(v, z) = 〈J, v〉. (IV.48) In diesem Zusammenhang heißt u die primale Lo¨sung, wa¨hrend z duale Lo¨sung genannt wird. Ist Vh˜ ⊂ V ein Unterraum, sowie zh˜ ∈ Vh˜, so dass ∀vh˜ ∈ Vh˜ : a(vh˜, zh˜) = 〈J, vh˜〉 (IV.49) gilt, erha¨lt man 〈J, u− uh〉 = a(u − uh, z) = a(u− uh, z − zh˜) + a(u− uh, zh˜) = a(u − uh, z − zh˜) + 〈ℓ, zh˜〉 − a(uh, zh˜). (IV.50) Aus der Stetigkeit von a und aus (IV.50) folgt damit sofort: Satz IV.14 Es seien u ∈ V und uh ∈ Vh Lo¨sungen von (IV.45) bzw. (IV.46) sowie z ∈ V und zh˜ ∈ Vh˜ Lo¨sungen von (IV.48) bzw. (IV.49). Es seien ηp, ηd ∈ R≥0 Fehlerscha¨tzer des primalen bzw. dualen Problems. Dann existieren C, C¯ > 0, so dass mit θ(uh, zh˜) := 〈ℓ, zh˜〉 − a(uh, zh˜) gilt: |〈J, u〉 − 〈J, uh〉| ≤ C(ηpηd + |θ(uh, zh˜)|) (IV.51) |〈J, u〉 − (〈J, uh〉+ θ(uh, zh˜))| ≤ C¯ηpηd. (IV.52) Der Fehlerscha¨tzer (IV.51) entspricht der gestellten Zielsetzung zur Kontrol- le des Ausdrucks (IV.47). Dagegen wird durch den Fehlerscha¨tzer (IV.52) der Fehler von 〈J, u〉 und einem durch θ(uh, zh˜) korrigierten Ausdruck von 〈J, uh〉 kontrolliert. Dieses Vorgehen ist insofern vorteilhaft, da in der Regel weniger u sondern vielmehr 〈J, u〉 approximiert werden soll, und sich der 15vgl. z.B. Lemma 3.6 in [57] 156 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Ausdruck 〈J, uh〉 + θ(uh) diesbezu¨glich im Fall h ≈ h˜ durch eine doppelte Approximationsgenauigkeit auszeichnet. Der zusa¨tzliche Fehler- bzw. Korrekturterm θ(uh, zh˜) ist auf die allgemeine Voraussetzung zuru¨ckzufu¨hren, dass Vh 6= Vh˜ ist. Bei Gleichheit erha¨lt man wegen zh˜ ∈ Vh unmittelbar:16 Korollar IV.4 Es seien u ∈ V und uh ∈ Vh Lo¨sungen von (IV.45) bzw. (IV.46) sowie z ∈ V und zh˜ ∈ Vh˜ Lo¨sungen von (IV.48) bzw. (IV.49) mit Vh = Vh˜. Es seien ηp, ηd ∈ R≥0 Fehlerscha¨tzer des primalen bzw. dualen Problems. Dann existiert ein C > 0, so dass gilt: |〈J, u〉 − 〈J, uh〉| ≤ Cηpηd. Die Wahl Vh = Vh˜ ist ohne weitere Maßnahmen in der Regel unangemes- sen. Eine geeignete (adaptive) Wahl von Vh˜ zur Approximation der dualen Lo¨sung muss nicht notwendigerweise entsprechend geeignet fu¨r die Appro- ximation des primalen Problems sein. Umgekehrt muss ein fu¨r die prima- le Lo¨sung geeigneter Raum Vh nicht notwendigerweise auch fu¨r die duale Lo¨sung passend sein. Zur Konstruktion eines Raumes Vh, der sowohl den Regularita¨tseigenschaften der primalen als auch der dualen Lo¨sung Rech- nung tra¨gt, sei auf Abschnitt IV.7 verwiesen. IV.6.2 Fehlerscha¨tzer vom Goal-Oriented-Typ fu¨r Modellprobleme Es seien u ∈ H1(Ω,Γ0) und uh ∈ Sp(Th) Lo¨sung von (II.6) bzw. (III.13). Das Fehlermaß J ∈ H1(Ω,Γ0)′ sei definiert als 〈J, v〉 := (χ, v)0 + (ψ, γ(v))0,Γ1 mit χ ∈ L2(Ω) und ψ ∈ L2(Γ1). Es seien z ∈ H1(Ω,Γ0) und zh˜ ∈ Sp˜(T˜h˜), so dass gilt: ∀v ∈ H1(Ω,Γ0) : (∇v,∇z)0 = (χ, v)0 + (ψ, γ(v))0,Γ1 , (IV.53) ∀vh˜ ∈ Sp˜(T˜h˜,Γ0) : (∇vh˜,∇zh˜)0 = (χ, vh˜)0 + (ψ, γ(vh˜))0,Γ1 . (IV.54) Aus Satz IV.5 folgt, dass ηp mit η2p := ∑ T∈Th ( (hT /pT )2R2T + ∑ E∈ET (hE/pE)R2E ) 16vgl. Ch.8 in [2] IV.6. Fehlerscha¨tzer vom Goal-Oriented-Typ 157 und den Residuen RT und RE aus (IV.20) ein Fehlerscha¨tzer fu¨r das primale Problem ist. Einen Fehlerscha¨tzer fu¨r das duale Problem erha¨lt man mit η2d := ∑ T∈T˜h˜ ( (h˜T /p˜T )2R˜2T + ∑ E∈ET (h˜E/p˜E)R˜2E ) R˜T := ‖χ+∆zh˜‖0,T , R˜E := { 1 2‖[∂nzh˜]‖0,E, E ∈ E˜◦ ‖ψ − ∂nzh˜‖0,E , E ∈ E˜1, wobei E˜◦ die Menge der inneren Kanten von T˜h˜ bezeichnet, und E˜1 die Men- ge der Kanten auf Γ1. Mit θ(uh, zh˜) := (f, zh˜)0+(q, γ(zh˜))0,Γ1−(∇uh,∇zh˜)0 folgen dann die in Satz IV.14 angegebenen Fehlerscha¨tzer (IV.51) und (IV.52). Eine weitere Mo¨glichkeit zur Fehlerkontrolle besteht darin, den Ausdruck |θ(uh, zh˜)| in (IV.51) weiter abzuscha¨tzen: Es folgt aus der Galerkin-Ortho- gonalita¨t (IV.17) und partieller Integration mit einem Interpolationsopera- tor I : H1(Ω,Γ0)→ Sp(Th) (f, zh˜)0 + (q, γ(zh˜))0,Γ1 − (∇uh,∇zh˜)0 = (f, zh˜ − I(zh˜))0 + (q, γ(zh˜ − I(zh˜)))0,Γ1 − (∇uh,∇(zh˜ − I(zh˜)))0 = ∑ T∈Th (f +∆uh, zh˜ − I(zh˜))0,T + ∑ E∈E◦h ([∂nuh], zh˜ − I(zh˜))0,E + ∑ E∈E1,h (q − ∂nuh, zh˜ − I(zh˜))0,E . Die Fehlerkontrolle (IV.51) fu¨hrt damit auf den Fehlerscha¨tzer ηDWR,1 := ηpηd + ∑ T∈Th ( (f +∆uh, zh˜ − I(zh˜))0,T + ∑ E∈ET ([∂nuh], zh˜ − I(zh˜))0 ) , (IV.55) der einer Variante des dual-gewichteten residualen Fehlerscha¨tzers (DWR- Fehlerscha¨tzer) entspricht.17 Der Anteil ηpηd in (IV.55) wird im Allgemeinen vernachla¨ssigt, da er von ho¨herer Ordnung ist. 17vgl. z.B. [19], [21] und [22] 158 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Alternativ hierzu erha¨lt man nach Anwendung der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung auf (IV.55) mit ηDWR,2 := ∑ T∈Th ( ̺T (hT /pT )2RT + ∑ E∈ET ̺E(hE/pE)RE ) (IV.56) und den dualen Gewichten ̺T := (hT /pT )−2‖zh˜ − I(zh˜)‖0,T , ̺E := (hE/pE)−1‖zh˜ − I(zh˜)‖0,E einen weiteren dual-gewichteten residualen Fehlerscha¨tzer. IV.6.3 Ein allgemeiner Ansatz fu¨r elliptische Minimierungsprobleme erster und zweiter Art Fu¨r allgemeine elliptische Minimierungsprobleme erster und zweiter Art kann in a¨hnlicher Weise wie in Abschnitt IV.6.1 vorgegangen werden. Hier- zu seien U ein normierter Raum, β ∈ L(V, U) und λ, λH ∈ U ′ sowie u ∈ V bzw. uh ∈ Vh Lo¨sungen von ∀v ∈ V : a(u, v) = 〈ℓ, v〉 − 〈λ, β(v)〉, (IV.57) ∀vh ∈ Vh : a(uh, v) = 〈ℓ, vh〉 − 〈λH , β(vh)〉. (IV.58) Dann gilt: 〈J, u〉 − 〈J, uh〉 = a(u− uh, z) = a(u− uh, z − zh˜) + a(u− uh, zh˜) = a(u− uh, z − zh˜) + 〈ℓ, zh˜〉 − 〈λ, β(zh˜)〉 − a(uh, zh˜) = a(u− uh, z − zh˜) + 〈λH − λ, β(zh˜)〉+ 〈ℓ, zh˜〉 − 〈λH , β(zh˜)〉 − a(uh, zh˜). (IV.59) Analog zu Satz IV.14 erha¨lt man aus der Stetigkeit von a und aus (IV.59): Satz IV.15 Es seien u ∈ V und uh ∈ Vh Lo¨sungen von (IV.57) bzw. (IV.58), sowie z ∈ V und zh˜ Lo¨sungen von (IV.48) bzw. (IV.49). Es seien ηp, ηd, ηl ∈ R≥0 Fehlerscha¨tzer des primalen bzw. dualen Problems sowie von ‖λ − λH‖. Dann exisitieren C, C¯ > 0, so dass mit θ(uh, zh˜, λH) := 〈ℓ, zh˜〉 − 〈λH , β(zh˜)〉 − a(uh, zh˜) gilt: |〈J, u〉 − 〈J, uh〉| ≤ C(ηpηd + ηl‖β(zh˜)‖ + |θ(uh, zh˜, λH)|), (IV.60) |〈J, u〉 − (〈J, uh〉+ θ(uh, zh˜, λH))| ≤ C(ηpηd + ηl‖β(zh˜)‖). (IV.61) IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 159 Aus Satz IV.15 erha¨lt man zusammen mit den Fehlerscha¨tzern aus den Abschnitten IV.1.1, IV.1.2 und IV.1.3 unmittelbar Fehlerscha¨tzer fu¨r ellip- tische Minimierungsprobleme erster und zweiter Art. Fu¨r elliptische Mini- mierungsprobleme erster Art setzt man U := U0, β := β0, λ := λ0 und λH := λ0,H . A¨hnlich gewinnt man Fehlerscha¨tzer fu¨r elliptische Minimie- rungsprobleme zweiter Art. Im unrestringierten Fall setzt man U := U1, β := β1, λ := λ1 und λH := λ1,H , sowie im restringierten Fall U := U0×U1, β := (β0, β1), 〈λ, β(v)〉 := 〈λ0, β0(v)〉+〈λ1 , β1(v)〉 und 〈λH , β(v)〉 := 〈λ0,H , β0(v)〉+ 〈λ1,H , β1(v)〉. Die Fehlerscha¨tzer aus Satz IV.15 entsprechen im Wesentlichen den Me- thoden zur Fehlerkontrolle in [96]. Insgesamt besteht das Problem dieses Vorgehens jedoch darin, einen Fehlerscha¨tzer ηl fu¨r ‖λ− λH‖ anzugeben. Nach den Sa¨tzen IV.1, IV.2 und IV.3 ist ηp auch ein Fehlerscha¨tzer von ‖λ− λH‖. Der Fehlerscha¨tzer (IV.61) erha¨lt damit die Form: |〈J, u〉 − (〈J, uh〉+ θ(uh, zh˜, λH))| ≤ Cηp(ηd + ‖β(zh˜)‖). Im Vergleich zu (IV.52) geht hier die Verdoppelung der Genauigkeit des korrigierten Fehlermaßes 〈J, uh〉+ θ(uh, zh˜, λH)) verloren. Dieses Vorgehen ist demnach offenbar nicht geeignet. In [96] wird dagegen die Verwendung von Average-Techniken vorgeschlagen, wie sie zum Beispiel in [32] und [33] beschrieben werden. Erforderlich ist in jedem Fall eine Abscha¨tzung von ‖λ − λH‖, so dass ηl‖β(zh˜)‖ und ηpηd ungefa¨hr von gleicher Ordnung sind. IV.7 h- und hp-adaptive Verfeinerungen Wie in den vorherigen Abschnitten dargestellt und etwa in den Abbildungen IV.5, IV.8 und IV.10 illustriert, fu¨hrt die Verwendung ho¨herer Ansa¨tze bei elliptischen Minimierungsproblemen erster und zweiter Art im Allgemeinen nicht zu einem Gewinn ho¨herer Konvergenzordnungen. So erha¨lt man, sofern stu¨ckweise bilineare Ansatzfunktionen benutzt werden, fu¨r das in Abschnitt IV.3.1 untersuchte modellhafte Signorini-Problem unter Verwendung von h-Verfeinerungen eine Konvergenzordnung von O(h) gemessen in der H1- Norm. Dagegen ist die Konvergenzordnung bei Anwendung von stu¨ckwei- se quadratischen Ansatzfunktionen nicht mehr als O(h3/2). Wird von noch ho¨heren Polynomgraden Gebrauch gemacht, wird kein weiterer Konvergenz- gewinn erzielt. Auch bei dem modellhaften Reibungsproblem aus Abschnitt IV.3.2 und dem Hindernis-Problem aus Abschnitt IV.5.1 erha¨lt man keine 160 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t ho¨heren Konvergenzordnungen als O(h3/2). Der Grund hierfu¨r besteht darin, dass die Lo¨sung nicht u¨ber die erforder- liche Regularita¨t verfu¨gt. Diesbezu¨glich ist insbesondere auch die Verwen- dung reiner p-Verfeinerungen nicht zweckma¨ßig. A¨hnliche Pha¨nomene lassen sich auch bereits bei unrestringierten ellipti- schen Minimierungsproblemen erster Art bzw. bei Variationsgleichungen beobachten. Weist das Grundgebiet Ω etwa eine einspringende Ecke auf, so ist die Lo¨sung im Allgemeinen nicht H2-regula¨r. Schon bei der Verwen- dung von stu¨ckweise bilinearen Ansa¨tzen ist die Konvergenzordnung O(h) nicht mehr zu erwarten. Dementsprechend ist der Gebrauch ho¨herer Poly- nome bei h-Verfeinerungen nicht sinnvoll. In allen drei Fa¨llen ist die Ursache fu¨r die mangelnde Regularita¨t der Lo¨sung auf lokale Einflussgro¨ßen innerhalb der Problemformulierung zuru¨ckzufu¨h- ren. Diese lokalen Einflussgro¨ßen sind bei Signorini-Problemen und bei Hin- dernisproblemen die Hindernisnebenbedingungen, bei Reibungsproblemen das in das Zielfunktional eingehende nicht-differenzierbare Funktional j und bei unrestringierten Problemen zum Beispiel einspringende Ecken oder ein unstetiger Wechsel in den Randdaten. Die Frage ist nun, ob durch eine ada¨quate Anpassung des FE-Gitters bezu¨g- lich dieser lokalen Einflussgro¨ßen eine dem Polynomgrad entsprechende Konvergenzordnung18 erreicht werden kann. Offenbar besteht eine sinnvolle Vorgehensweise darin, die jeweiligen Vorteile von h- und p-Verfeinerungen zu nutzen: In Bereichen hoher Regularita¨t werden hohe lokale Polynom- grade gewa¨hlt, wa¨hrend in Bereichen mit geringer Regula¨rita¨t eher lokale Verfeinerungen bevorzugt werden. Gema¨ß Abschnitt III.1.1 ko¨nnen etwa bei Eckenproblemen FE-Gitter a-priori konstruiert werden, die bei Verwendung von h-Verfeinerungen und festem Polynomgrad p Konvergenzordnungen der Gu¨te O(hp) (Satz III.4) oder bei hp-Verfeinerungen exponentielle Konver- genz (Satz III.5) sichern. Im Allgemeinen Fall ist jedoch im Voraus nicht bekannt, wo und in welcher Weise das FE-Gitter zu adaptieren ist, damit eine gewu¨nschte Konvergenz- ordnung erreicht wird. Strategien, die fu¨r dieses Adaptierungsproblem etabliert sind, bestehen u¨bli- cherweise darin, mit Hilfe eines Fehlerscha¨tzers Bereiche großer Fehleranteile zu lokalisieren und in diesen Bereichen entweder die Maschenweite zu ver- ringern oder die lokalen Polynomgrade anzupassen. Fu¨r die Lokalisierung 18Der Begriff Konvergenzordnung ist auch im Folgenden in Bezug auf die Anzahl der verwendeten Freiheitsgrade zu verstehen. IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 161 kommen nur Fehlerscha¨tzer infrage, die Ru¨ckschlu¨sse auf die lokale Fehler- verteilung zulassen; etwa Fehlerscha¨tzer η, die sich aus lokalen Fehleranteilen in der Form η2 = ∑T∈Th η 2 T zusammensetzen. Die in den Abschnitten zu- vor beschriebenen residualen Fehlerscha¨tzer besitzen diese Eigenschaft und ko¨nnen deshalb eingesetzt werden. Auf Extrapolationsansa¨tzen basierende Fehlerscha¨tzer, wie sie zum Beispiel in [2], [99] oder [100] beschrieben wer- den, kommen fu¨r Adaptierungsstrategien dieser Art nicht in Frage. Entscheidend fu¨r den Einsatz von Fehlerscha¨tzern in Bezug auf Adaptie- rungsstrategien ist, dass die Fehlerverteilung richtig wiedergegeben wird. Die zahlenma¨ßige Erfassung des Fehlers spielt hierbei keine Rolle. Dement- sprechend ist die Einbeziehung von generischen und deshalb unbekannten Konstanten, wie sie in den Fehlerscha¨tzern der vorangegangenen Abschnitte vorkommen, kein Nachteil, solange die eingehenden Konstanten nicht von der lokalen Maschenweite bzw. dem lokalen Polynomgrad abha¨ngen. Adaptierungsstrategien ko¨nnen im Wesentlichen in zwei Gruppen aufgeteilt werden: h-adaptive Strategien beschra¨nken sich allein auf die Anpassung der Maschenweite, der Polynomgrad bleibt fest. Dagegen werden bei hp- adaptiven Strategien zusa¨tzlich die lokalen Polynomgrade angepasst. Sowohl h- als auch hp-Strategien werden in der Literatur in unterschiedli- chen Varianten beschrieben. Fu¨r einen U¨berblick sei etwa auf [7], [84] oder [85] verwiesen. Gemeinsam ist nahezu allen Strategien, dass zuna¨chst die Fehlerverteilung einer FE-Lo¨sung mit Hilfe eines Fehlerscha¨tzers bestimmt wird, dann das FE-Gitter bzw. die lokalen Polynomgrade angepasst werden und schließlich eine neue FE-Berechnung durchgefu¨hrt wird. Dieser Vor- gang wird wiederholt, bis eine gewisse Fehlertoleranz (unter Beru¨cksichti- gung oder ggf. Vernachla¨ssigung der Konstante C) erreicht wird oder die zur Verfu¨gung stehenden Rechnerkapazita¨ten ausgescho¨pft sind. Das Resul- tat ist in der Regel ein FE-Gitter mit einer kleinen Maschenweite in der Na¨he der sto¨renden lokalen Einflussgro¨ßen und mit hohen Polynomgraden außerhalb hiervon. Die Maschenweite kann entweder durch Zerlegung der Gitterelemente, Verschieben der Gitterkoordinaten (r-Methode) oder durch Neuvernetzung (aufgrund einer vorgegebenen Knotendichte-Funktion) ad- aptiert werden. Im Folgenden wird sowohl eine h-adaptive als auch hp-adaptive Strategie vorgestellt und auf die bisher beschriebenen Problemklassen elliptischer Mi- nimierungsprobleme erster und zweiter Art angewandt. Hierzu werden die in den Abschnitten IV.3 und IV.4 dargestellten Fehlerscha¨tzer verwendet. Wesentlich fu¨r die Fehlerkontrolle elliptischer Minimierungsprobleme ist die Nutzung von Fehlerscha¨tzern fu¨r Variationsgleichungen, wie sie in Abschnitt 162 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t IV.2 vorgestellt werden. Aus diesem Grund wird der allgemeinen Betrach- tung eine Untersuchung der Adaptierungsstrategien fu¨r Variationsgleichun- gen an dem Beispiel (III.16) vorangestellt, da hiermit ihre Anwendbarkeit gut demonstriert werden kann. Weitere Beispiele sind im Abschnitt A.1 ent- halten. Daru¨ber hinaus werden Anwendungsmo¨glichkeiten bei Fehlerbetrachtungen vom Goal-oriented-Typ diskutiert. Das wesentliche Resultat bei den folgenden Betrachtungen ist, dass die Ver- wendung der hier beschriebenen Adaptierungsstrategien in der Regel zu den gewu¨nschten Konvergenzsteigerungen fu¨hrt. IV.7.1 h-adaptive Verfeinerungsstrategien h-adaptive Strategien beruhen im Allgemeinen darauf, dass mit Hilfe eines Fehlerscha¨tzers η mit der Darstellung η2 =∑T∈Th η 2 T diejenigen Gitterele- mente bestimmt werden, die den gro¨ßten Beitrag zum Gesamtfehler liefern. Zur Verringerung der Maschenweite werden diese Elemente dann zerlegt, wobei das hieraus resultierende verfeinerte Gitter im na¨chsten Iterations- schritt den zugrunde liegenden FE-Raum Vh definiert. Alternativ kann aber auch eine Neuvernetzung mit einer ho¨heren Elementdichte im Bereich die- ser Gitterelemente vorgenommen werden. Fu¨r die Auswahl K der mit den gro¨ßten Fehleranteilen behafteten Gitterelemente ko¨nnen unterschiedliche Kriterien angewandt werden.19 Ein einfaches Kriterium, das hier exemplarisch aufgefu¨hrt wird, ist das sogenannte Fixed-Fraction-Kriterium: In jedem Iterationsschritt wird ein vorher festgelegter, fester prozentualer Anteil κ ∈ [0, 1] der Gitterelemen- te zerlegt. Die sich daraus ergebene h-adaptive Strategie kann mit k⋆ := ⌊(1− κ)|Th|⌋+ 1 wie folgt beschrieben werden: (i) Ermittlung der ηT fu¨r alle T ∈ Th. (ii) Aufsteigende Sortierung zu ηT1 ≤ ηT2 ≤ . . .. (iii) K := {T ∈ Th | ηT ≥ ηTk⋆}. (iv) Zerlegung aller T ∈ K. Zur Vermeidung k-irregula¨rer Knoten, Kanten bzw. Facetten kann nach der Verfeinerung eine Regularisierung des Gitters vorgenommen werden, etwa indem solange Gitterelemente, die k-irregula¨re Kanten oder Facetten enthal- ten, zerlegt werden, bis diese innerhalb des Gitters nicht mehr vorkommen. 19vgl. [73], S. 178 IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 163 IV.7.2 hp-adaptive Verfeinerungsstrategien Bei hp-adaptiven Strategien muss u¨ber die Entscheidung hinaus, welche Elemente zerlegt werden sollen, zudem noch entschieden werden, welche Elemente mit einem ho¨heren Polynomgrad versehen werden sollen. Wie bei h-adaptiven Strategien sind auch hier unterschiedliche Vorgehenswei- sen mo¨glich. Hierzu sei etwa auf [3], [42], [81] und [85] verwiesen. Die we- sentliche Idee zur Wahl des lokalen Polynomgrads besteht in den meisten Fa¨llen in dem Versuch, die lokale Regularita¨t der Lo¨sung mit Hilfe eines Fehlerscha¨tzers abzuscha¨tzen. Wird die lokale Regularita¨t fu¨r ein Gitterele- ment als hoch eingescha¨tzt, lohnt sich die Erho¨hung des Polynomgrads, bei geringer lokaler Regularita¨t ist die Zerlegung des Elements sinnvoll. Im Folgenden wird eine Strategie vorgestellt, die auf einer Abscha¨tzung der lokalen Regularita¨t aufgrund von Fehlerscha¨tzungen zweier aufeinander folgender FE-Berechnungen basiert und die sich im Wesentlichen an die hp- adaptive Strategie aus [93] orientiert, jedoch den FE-Raum zur Ermittlung der lokalen Regularita¨t in einer verfeinerten Variante wa¨hlt. Von zentraler Bedeutung bei dieser Strategie ist die Annahme, dass sich die lokalen Fehleranteile ηT fu¨r Gitterelemente T ungefa¨hr wie ηT ≈ CT p−̺T+1T verhalten. Sind zwei Fehleranteile η0T und η1T fu¨r pT bzw. pT + 1 bekannt, kann ̺T als ̺T = log(η1T /η0T ) log(pT /(pT + 1)) + 1 berechnet werden. Der Parameter ̺T ist hier als ein Maß fu¨r die lokale Regularita¨t interpretierbar. Ist die Lo¨sung bezu¨glich des Gitterelements T hinreichend regula¨r, muss ̺T gro¨ßer als pT + 1 sein. Der erste Schritt der im Folgenden beschriebenen hp-adaptiven Strategie besteht wie bei der oben vorgestellten h-adaptiven Strategie darin, die Git- terelemente mit den gro¨ßten lokalen Fehleranteilen η0T in einer Auswahl K zu erfassen. Auch hier kann diesbezu¨glich wie oben ebenfalls das Fixed- Fraction-Kriterium fu¨r ein κ ∈ [0, 1] angewandt werden. Der lokale Poly- nomgrad der in K erfassten Gitterelemente wird um eins erho¨ht. Damit der volle lokale Polynomraum auf den Gitterelementen mit erho¨htem lokalen Po- lynomgrad zur Verfu¨gung steht und nicht durch eventuell erforderliche Ste- tigkeitsanpassungen reduziert wird, wird ebenfalls der lokale Polynomgrad von denjenigen Elementen um eins erho¨ht, die zu Elementen aus K u¨ber eine 164 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Kante oder eine Facette benachbart sind und die nicht zu K geho¨ren. Diese Elemente werden in der MengeW zusammengefasst. Anschließend wird der Fehler aufgrund einer weiteren FE-Berechnung durch die Fehleranteile η1T erneut gescha¨tzt. Im na¨chsten Schritt wird die urspru¨ngliche Verteilung der Polynomgrade wiederhergestellt, der Polynomgrad der Elemente T ∈ K∪W wird um eins verringert. Mit den nun zur Verfu¨gung stehenden lokalen Fehleranteilen η0T und η1T kann entschieden werden, ob eine Zerlegung eines Elements T ∈ K oder ei- ne Erho¨hung des Polynomgrads pT vorgenommen werden soll: Ein Element T ∈ K wird zerlegt, falls die gescha¨tzte lokale Regularita¨t ̺T echt kleiner als pT + 1 ist. Die neuen Elemente erhalten den Polynomgrad pT . Dagegen wird der lokale Polynomgrad von T wieder erho¨ht, wenn ̺T ≥ pT + 1 ist. Diese Strategie kann insgesamt wie folgt zusammengefasst werden: (i) Ermittlung der η0T fu¨r alle T ∈ Th. (ii) Aufsteigende Sortierung zu η0T1 ≤ η0T2 ≤ . . .. (iii) K := {T ∈ Th | η0T ≥ η0Tk⋆}. (iv) W := {T ∈ Th\K | ∃T0 ∈ K : ∅ 6= T ∩ T0 6∈ V}. (v) pT := pT + 1, falls T ∈ K ∪W. (vi) Ermittlung der η1T sowie ̺T fu¨r alle T ∈ K. (vii) pT := pT − 1 fu¨r alle T ∈ K ∪W. (viii) Zerlegung von T ∈ K, falls ̺T < pT + 1. (ix) pT := pT + 1 fu¨r alle T ∈ K, falls ̺T ≥ pT + 1 In den Abbildungen IV.13 und IV.14 werden die einzelnen Schritte der oben aufgefu¨hrten hp-Strategie an einem Beispiel mit κ = 0.2 demonstriert. Dabei sind die Schritte (i)-(v) in Abbildung IV.13 zu sehen, und die Schritte (vi)- (ix) in Abbildung IV.14. IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 165 Abb. IV.13: Berechnung der η0T , Ermittlung der Menge K, Erho¨hung des lokalen Poly- nomgrads fu¨r Elemente T ∈ W . Abb. IV.14: Gescha¨tzte lokale Regularita¨t fu¨r Elemente T ∈ K, hp-Adaptierung des FE-Gitters. 166 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Sollen k-irregula¨re Kanten bzw. Facetten vermieden werden, kann auch bei hp-adaptiven Strategien wie oben beschrieben eine Regularisierung des FE- Gitters vorgenommen werden. Außerdem ist es in der Regel gu¨nstiger, dass die Differenz lokaler Polynomgrade von u¨ber eine Kante oder Facette be- nachbarten Elemente nicht allzu groß ist, was gegebenenfalls weitere An- passungen der Verteilung der lokalen Polynomgrade erforderlich macht. Im Unterschied zu den meisten hp-adaptiven Strategien der oben referen- zierten Arbeiten zeichnet sich die vorgestellte Strategie vor allem durch einen relativ vorsichtigen Umgang in Bezug auf die Ermittlung der beiden Fehleranteile η0T und η1T aus. Im Gegensatz hierzu werden diese Anteile z.B. in [80] ohne einen speziellen Zwischenschritt berechnet, in dem nur p-Verfeinerungen vorgenommen werden. Ob die dabei resultierenden Feh- leranteile u¨berhaupt in Beziehung miteinander stehen, ist fraglich, da die in jedem Schritt vorgenommenen Adaptierungsschritte sicherlich nicht ohne Einfluss auf die Fehleranteile bleiben. Tatsa¨chlich sind die in [80] vorgestell- ten hp-adaptiven Gitter deutlich nicht optimal. Das Hauptproblem der hier vorgestellten h- und hp-adaptiven Strategien sowie beinahe aller in der Literatur bekannten Strategien zur Verfeinerung besteht darin, dass diese letztlich auf heuristischen Annahmen beruhen. Problematisch ist vor allem, dass die lokalen Fehleranteile ηT des Feh- lerscha¨tzers η im strengen Sinne nicht notwendigerweise die lokalen Fehler wiedergeben mu¨ssen. Die Anwendung der Strategien fu¨hrt zwar in den mei- sten Fa¨llen zu fast optimalen Gittern bzw. zu Gittern, die eine geforderte Konvergenz sichern, jedoch ist die Optimalita¨t der FE-Gitter im Allgemei- nen unbewiesen. Ein rigoroser Nachweis der Optimalita¨t der erzeugten Git- ter ist in der Regel nur unter sehr eingeschra¨nkten Bedingungen mo¨glich, wie zum Beispiel bei Beschra¨nkung auf eindimensionale Probleme. Hierzu sei etwa auf [15], [60] und [84] verwiesen. IV.7.3 h- und hp-adaptive Verfeinerungen fu¨r Variationsgleichungen Wie eingangs erwa¨hnt, ist die Verwendung von Fehlerscha¨tzern fu¨r Variati- onsgleichungen von zentraler Bedeutung fu¨r die in Abschnitt IV.1 bzw. IV.3, IV.4 und IV.5 entwickelten Fehlerscha¨tzer fu¨r elliptische Minimierungspro- bleme erster und zweiter Art. In Abschnitt IV.2 wird diesbezu¨glich ein residualer Fehlerscha¨tzer, der auch fu¨r Finite-Elemente-Anwendungen mit ho¨heren Polynomansa¨tzen geeignet ist, vorgestellt und hinsichtlich seiner IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 167 Zuverla¨ssigkeit u¨ber die Betrachtung des Effektivita¨tsindexes an Beispielen studiert. Im vorliegenden Abschnitt wird die Eignung des residualen Fehlerscha¨tzers in Bezug auf die Anwendbarkeit von h- und hp-adaptiven Verfeinerungsstra- tegien untersucht. Im Vordergrund der Betrachtungen stehen numerische Experimente bzgl. des Modellproblems (II.6) mit der analytischen Lo¨sung u wie in (III.16). Da u nicht H2-regula¨r ist, kann weder bei globalen h- Verfeinerungen eine Konvergenzordnung der Form O(hp) noch bei reinen p- Verfeinerungen exponentielle Konvergenz erwartet werden. Anhand numeri- scher Beispiele wird untersucht, ob mit Hilfe von h- bzw. hp-adaptiven Stra- tegien Konvergenzsteigerungen in angemessenen Gro¨ßenordnungen erreicht werden ko¨nnen. Außerdem wird die Zuverla¨ssigkeit des Fehlerscha¨tzers mit Hilfe des Effektivita¨tsindexes gepru¨ft. 0.0001 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E rro r #DOF 100% 80% 50% 20% h^(2/3) h^1 1e-05 0.0001 0.001 0.01 0.1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E rro r #DOF 100% 50% 20% 10% h^(2/3) h^2 1e-07 1e-06 1e-05 0.0001 0.001 0.01 0.1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E rro r #DOF 100% 20% 10% 5% h^(2/3) h^3 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 10 100 1000 10000 100000 Ef f.I nd ex #DOF 100% 80% 50% 20% 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 10 100 1000 10000 100000 Ef f.I nd ex #DOF 100% 50% 20% 10% 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 10 100 1000 10000 100000 Ef f.I nd ex #DOF 100% 20% 10% 5% Abb. IV.15: Konvergenzverhalten bei h-adaptiver Verfeinerung (oben) und Effekti- vita¨tsindizes (unten) fu¨r p = 1 und κ = 1.0, 0.8, 0.5, 0.2 (links), p = 2 und κ = 1.0, 0.5, 0.2, 0.1 (mitte) und p = 3 und κ = 1.0, 0.2, 0.1, 0.05 (rechts). In Abbildung IV.15 ist das Konvergenzverhalten bei h-adaptiven Verfeine- rungen fu¨r die Polynomgrade p = 1, 2, 3 und verschiedenen Fixed-Fraction- Parametern κ zu sehen. Dass auch der Fehlerscha¨tzer das richtige Konver- genzverhalten wiedergibt, ist anhand des rechts dargestellten Effektivita¨ts- indexes festzustellen. Dieser ist fu¨r alle Verfeinerungen im Wesentlichen kon- 168 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t stant. Zu beobachten ist, dass die Schwankungen des Effektivita¨tsindexes abnehmen, je na¨her κ an 1.0 gewa¨hlt wird. Schließlich ist zu bemerken, dass offenbar die geforderten Konvergenzord- nungen O(hp) fu¨r die hier dargestellten Polynomgrade erreicht werden. Ins- besondere erkennt man, dass je kleiner κ gewa¨hlt wird, desto besser wird die gewu¨nschte Konvergenzordnung erreicht. Der optimale Wert fu¨r κ ist jedoch abha¨ngig von dem gewa¨hlten Polynomgrad. Wie aus den Abbildungen zu erkennen ist, ist dieser fu¨r p = 1 etwas kleiner als 0.5, fu¨r p = 2 und p = 3 etwas kleiner als 0.2 bzw. 0.1. Ein mo¨glichst großer optimaler Wert fu¨r κ ist wu¨nschenswert, da hiermit die Anzahl der Adaptierungsschritte gering bleibt. Zusammenfassend ist aus den Abbildungen abzulesen, dass zwar ein hoher Fixed-Fraction-Parameter im besonderen Maße die Zuverla¨ssigkeit der Feh- lerscha¨tzung sichert, dieser verhindert aber gleichzeitig die Optimalita¨t der Konvergenzordnung. Abb. IV.16: h-adaptive Gitter mit optimaler Konvergenzordnung fu¨r p = 1, . . . , 6. In der Abbildung IV.16 sind h-adaptive Gitter zu den Polynomgraden p = 1, . . . , 6 zu sehen, die gema¨ß Abbildung IV.15 sowie IV.17 eine jeweils op- timale Konvergenzordnung O(hp) gewa¨hrleisten. Auffa¨llig sind die Gitter- strukturen zu p = 1 und p = 3. Die Gitter fu¨r die Polynomgrade p = 2, 4, 5, 6 haben kreisfo¨rmig angeordnete lokale Verfeinerungen mit der einspringen- den Ecke als Zentrum und entsprechen damit den radialen Gittern aus Satz IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 169 III.4. Die Gitter fu¨r p = 1 und p = 3 weisen dagegen deutlich abweichende Strukturen auf. 1e-09 1e-08 1e-07 1e-06 1e-05 0.0001 0.001 0.01 0.1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E rro r #DOF p=4 p=5 p=6 h^4 h^6 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 10 100 1000 10000 100000 Ef f.I nd ex . #DOF p=4 p=5 p=6 Abb. IV.17: Konvergenzverhalten bei h-adaptiver Verfeinerung, Effektivita¨tsindizes fu¨r p = 4, 5, 6. 1e-09 1e-08 1e-07 1e-06 1e-05 0.0001 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 En er gy -E rro r #DOF 100% 50% 20% 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1 10 100 1000 10000 Ef f.I nd ex . #DOF 100% 50% 20% Abb. IV.18: Konvergenzverhalten bei hp-adaptiver Verfeinerung, Effektivita¨tsindizes fu¨r κ = 1.0, 0.5, 0.2. In Abbildung IV.18 ist das Konvergenzverhalten bei der Verwendung hp- adaptiver Verfeinerungen dargestellt. Fu¨r die gewa¨hlten Fixed-Fraction- Parameter κ ∈ {0.2, 0.5, 1.0} erha¨lt man exponentielle Konvergenz. Wie bei der Anwendung von h-adaptiven Verfeinerungen ist in diesem Fall ebenfalls zu beobachten, dass kleine Fixed-Fraction-Parameter ein besseres 170 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Konvergenzverhalten erzielen. Jedoch ist auch hier abzuwa¨gen, dass kleine Parameter die Qualita¨t der Fehlerscha¨tzung mindern (vgl. Effektivita¨tsin- dex in Abbildung IV.18 (rechts)) und die Anzahl der erforderlichen Adap- tierungsschritte erho¨hen. 1e-09 1e-08 1e-07 1e-06 1e-05 0.0001 0.001 0.01 0.1 1 1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E rro r #DOF hp-adaptive hp 1 hp 2 Abb. IV.19: hp-adaptives FE-Gitter, Vergleich von hp-adaptiven Verfeinerungen (vgl. Abb. III.3). In Abbildung IV.19 (links) ist ein hp-adaptives FE-Gitter zu sehen, das mit einem Fixed-Fraction-Parameter von κ = 0.2 erzeugt wird. Die aus dem Ver- feinerungsprozess resultierenden Gitter entsprechen exakt den Gittern der geometrischen Gitterfolgen aus Satz III.5. Dagegen weicht die Polynomgrad- verteilung deutlich von der a-priori vorgeschlagenen Verteilung ab. Bei letz- terer steigt der lokale Polynomgrad ausgehend von der einspringenden Ecke schichtweise linear an (vgl. Abbildung III.4 (unten)), wa¨hrend sich der An- stieg bei der hp-adaptiven Verteilung u¨ber drei Schichten mit einem um eins verminderten Polynomgrad in den Ecken der ersten beiden Schichten voll- zieht. Das FE-Gitter aus Satz III.5 erha¨lt man als hp-adaptives FE-Gitter, wenn κ = 1 gewa¨hlt wird. Insgesamt wird deutlich, dass die FE-Gitter, die bei einem Fixed-Fraction-Parameter von κ = 0.2 erzeugt werden, ein wesentlich besseres Konvergenzverhalten als die u¨berlicherweise in der Lite- ratur vorgeschlagenen FE-Gitter bei gleichem Grading-Factor von σ = 0.5 liefern. Offenbar kompensiert eine gu¨nstigere Verteilung der lokalen Poly- nomgrade den eigentlich nicht optimal gewa¨hlten Grading-Factor, dessen Optimalwert bei etwa 0.15 liegt. In Abbildung IV.19 (rechts) ist schließlich ein Vergleich der Konvergenzver- halten von FE-Gittern wie in Abbildung III.3, die mit dem laut Literatur op- IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 171 timalen Grading-Factor von σ = 0.15 erzeugt werden, und hp-adaptiven FE- Gittern zu sehen. Erkennbar ist, dass das Konvergenzverhalten der durch den hp-adaptiven Verfeinerungsprozess erzeugten FE-Gitter mindestens von der Gu¨te der a-priori festgelegten FE-Gitter ist. IV.7.4 h- und hp-adaptive Verfeinerungen mit Fehlerscha¨tzern vom Goal-Oriented-Typ In Abschnitt IV.6 werden Fehlerscha¨tzer vom sogenannten Goal-Oriented- Typ vorgestellt, mit denen Fehlerkontrollen von lokalen, durch Funktiona- le J ∈ V ′ beschriebenen Gro¨ßen mo¨glich sind. In diesem Abschnitt wird anhand numerischer Experimente untersucht, in welcher Weise die Anwen- dung der in Abschnitt IV.2 hergeleiteten Fehlerscha¨tzer zusammen mit den h- und hp-adaptiven Strategien aus den Abschnitten IV.7.1 und IV.7.2 fu¨r Konvergenzverbesserungen in Bezug auf Variationsgleichungen genutzt wer- den ko¨nnen. Neben Untersuchungen bezu¨glich Konvergenzverhalten und Gitteradaptie- rung wird auch die Entwicklung der Anzahl der Freiheitsgrade von primaler und dualer Diskretisierung diskutiert. Dieser Aspekt erscheint vor allem deshalb von Interesse, weil durch die Berechnung der dualen Lo¨sung eine weitere FE-Berechnung durchgefu¨hrt werden muss, die vorzugsweise keinen ho¨heren Aufwand als die FE-Berechnung fu¨r die primale Lo¨sung verursa- chen sollte. Wie im Abschnitt zuvor ist das primale Problem ebenfalls das durch (II.6) beschriebene Modellproblem, dem die Diskretisierung (III.13) zugeordnet ist. Als analytische Lo¨sung u wird auch hier die Funktion aus (III.16) vor- ausgesetzt. Das hierzu gewa¨hlte duale Problem entspricht der Formulierung (IV.53) mit der in (IV.54) angegebenen Diskretisierung. Als Fehlermaß wird hier exemplarisch das Funktional 〈J, v〉 := (ψ, v)0,Γ1 mit ψ(x0, x1) := { 1, x0 ∈ [−0.25, 0.25] 0, sonst gewa¨hlt. Bei den folgenden Experimenten werden zuna¨chst der Raum Vh fu¨r das primale Problem und der Raum Vh˜ fu¨r das duale Problem getrennt von- einander mit Hilfe der oben beschriebenen Strategien adaptiert, um jeweils mo¨glichst optimale Verfeinerungen zu gewinnen. Hierbei wird das Gitter bzw. die lokale Polynomgradverteilung sowohl fu¨r das primale Problem als 172 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t auch fu¨r das duale Problem in jedem Adaptierungsschritt angepasst.20 Ob- wohl hierbei fu¨r das primale und das duale Problem unterschiedliche Gitter bzw. Polynomgradverteilungen erzeugt werden, zeigt sich, dass die Anzahl der verwendeten Freiheitsgrade im Wesentlichen gleich ist. 1e-08 1e-07 1e-06 1e-05 0.0001 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 1e+06 Er ro r E st . #DOF eta_p eta_d eta_p eta_d J(u)-J(u_h) |cor.| J(u)-(J(u_h)+cor.) 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05 0.06 0.07 0.08 0.09 0.1 10 100 1000 10000 100000 Ef f.I nd ex . #DOF Eff. Index Abb. IV.20: Konvergenzverhalten fu¨r p = 1 und h-adaptive Verfeinerungen fu¨r die primale und duale Diskretisierung, Effektivita¨tsindizes. 1e-12 1e-10 1e-08 1e-06 0.0001 0.01 1 10 100 1000 10000 100000 1e+06 Er ro r E st . #DOF eta_p eta_d eta_p eta_d J(u)-J(u_h) |cor.| J(u)-(J(u_h)+cor.) 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05 0.06 0.07 0.08 0.09 0.1 10 100 1000 10000 100000 Ef f.I nd ex . #DOF Eff. Index Abb. IV.21: Konvergenzverhalten fu¨r p = 2 und h-adaptive Verfeinerungen fu¨r die primale und duale Diskretisierung, Effektivita¨tsindizes. 20Alternativ kann z.B. auch eine Adaptierung des dualen Gitters in jedem 2. oder 3. Schritt erfolgen, oder es wird zuna¨chst das primale Problem adaptiert und anschließend mit einem gewissen Prozentsatz der fu¨r das primale Problem verwendeten Freiheitsgrade das duale Problem angepasst. IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 173 In den Abbildungen IV.20 und IV.21 (links) sind das wahre, das durch den Korrekturterm korrigierte und das durch den Ausdruck ηpηd gescha¨tz- te Konvergenzverhalten bei h-adaptiven Verfeinerungen und Polynomgrad p = 1, 2 zu sehen. Deutlich erkennbar ist die zuvor beschriebene Verdoppe- lung der Genauigkeit. Außerdem ist offenbar der Korrekturterm in dieser Konfiguration von ho¨herer Ordnung und kann u.U. vernachla¨ssigt werden. Mit Blick auf die in Abbildung IV.20 und IV.21 (rechts) dargestellten Effek- tivita¨tsindizes wird eine leichte Gitterabha¨ngigkeit des fu¨r p = 1 gegebenen Fehlerscha¨tzers sichtbar. Fu¨r den Polynomgrad p = 2 ist der Effektivita¨ts- index jedoch konstant. 10 100 1000 10000 100000 1e+06 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 D O F Step primal dual Abb. IV.22: h-adaptives Gitter fu¨r das duale Problem bei p = 1, Anzahl der Freiheits- grade. In den Abbildungen IV.22 und IV.23 (links) sind zum dualen Problem geho¨rige h-adaptive Gitter fu¨r p = 1 und p = 2 dargestellt. Die h-adaptiven Gitter fu¨r das primale Problem sind die bereits in Abbildung IV.16 gezeig- ten, den Polynomgraden p = 1 und p = 2 entsprechenden Gitter. Bei den fu¨r das duale Problem erzeugten Gittern sind lokale Verfeinerungen sowohl in der Na¨he der einspringenden Ecke als auch in der Umgebung von (−0.25,−0.5) und (0.25,−0.5) zu erkennen. Letzteres ist im Wesentlichen auf Singularita¨ten zuru¨ckzufu¨hren, die sich durch Spru¨nge in den Neumann- schen Randdaten ergeben, also insbesondere durch Eigenschaften von J . Dass die Anzahl der in jedem Adaptierungsschritt verwendeten Freiheits- grade fu¨r das primale und fu¨r das duale Problem ungefa¨hr gleich ist, ist in den Abbildungen IV.22 und IV.23 (rechts) zu erkennen. 174 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t 10 100 1000 10000 100000 1e+06 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 D O F Step primal dual Abb. IV.23: h-adaptives Gitter fu¨r das duale Problem bei p = 2, Anzahl der Freiheits- grade. 1e-16 1e-14 1e-12 1e-10 1e-08 1e-06 0.0001 0.01 1 10 100 1000 10000 100000 Er ro r E st . #DOF eta_p eta_d eta_p eta_d J(u)-J(u_h) |cor.| J(u)-(J(u_h)+cor.) 0.02 0.04 0.06 0.08 0.1 0.12 0.14 0.16 0.18 0.2 10 100 1000 10000 Ef f.I nd ex . #DOF Eff. Index Abb. IV.24: Konvergenzverhalten fu¨r hp-adaptive Verfeinerungen fu¨r die primale und duale Diskretisierung, Effektivita¨tsindizes. In Abbildung IV.24 (links) wird das exponentielle Konvergenzverhalten bei hp-adaptiven Verfeinerungen dargestellt. Auch hier ist die Verdoppelung der Genauigkeit bei Verwendung des korrigierten Fehlermaßes zu erkennen. Bei hp-adaptiven Verfeinerungen kann offenbar der Korrekturterm nicht vernachla¨ssigt werden. Mit Blick auf die Kurven von J(u)-J(u h), |cor.| und J(u)-(J(u h)+cor.) wird deutlich, dass erst durch die Addition des Korrekturterms die Scha¨tzung zuverla¨ssig wird, was durch den zugeho¨rigen Effektivita¨tsindex schließlich besta¨tigt wird. IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 175 10 100 1000 10000 100000 0 5 10 15 20 25 30 35 D O F Step primal dual Abb. IV.25: hp-adaptives FE-Gitter fu¨r das duale Problem, Anzahl der Freiheitsgrade. In Abbildung IV.25 (links) ist ein hp-adaptives FE-Gitter fu¨r das duale Pro- blem mit den typischen geometrischen Verfeinerungen an Stellen mit Singu- larita¨ten und der oben beschriebenen Verteilung des lokalen Polynomgrads zu sehen. Die Anzahl der Freiheitsgrade fu¨r das duale Problem ist, wie in Abbildung IV.25 (rechts) dargestellt, etwas ho¨her als die entsprechende Anzahl fu¨r das primale Problem. Jedoch wa¨chst die Anzahl der Freiheitsgrade beider Pro- bleme im gleichen Maße. Die Verwendung von zwei unterschiedlichen FE-Gittern, einem FE-Gitter fu¨r das primale Problem und einem fu¨r das duale Problem, ist aus imple- mentierungstechnischen Gesichtspunkten nicht unproblematisch, da die Be- rechnung des Anteils a(uh, zh˜) innerhalb des Korrekturterms θ(uh, zh˜) einen erheblichen Datentransfer u.U. u¨ber mehrere Verfeinerungsebenen hinweg erfordert. Die Frage ist nun, ob FE-Gitter konstruiert werden ko¨nnen, in denen glei- chermaßen die Adaptierungserfordernisse des primalen wie des dualen Pro- blems Beru¨cksichtigung finden, so dass letztlich die Verwendung nur eines FE-Gitters ausreichend ist. Mit Blick auf die nun folgenden Experimente kann diese Frage durchaus bejaht werden, sofern eine moderate U¨berverfeinerung in Kauf genommen werden kann. Die Vorteile, die die Verwendung nur eines FE-Gitters fu¨r beide Proble- me mit sich bringt, sind offensichtlich: Zum einen ergeben sich erhebliche Vereinfachungen bei Implementierungsansa¨tzen, da kein Datentransfer von 176 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t verschiedenen Gittern notwendig ist. Zum anderen entfa¨llt wegen zh˜ ∈ Vh der Korrekturterm θ(uh, zh˜), womit sich die Fehlerabscha¨tzungen (IV.51) und (IV.52) zu |〈J, u〉 − 〈J, uh〉| ≤ Cηpηd vereinfachen. Zur Gewinnung einer adaptiven Strategie ist der Ausdruck ηpηd nicht un- mittelbar anwendbar, da hier keine lokalen Fehleranteile dargestellt werden. Mit ǫ := ηp(2ηd)−1 ist aber ηpηd = 1 4ǫη 2 p + ǫη2d = ∑ T∈T 1 4ǫη 2 p,T + ǫη2d,T . Damit ist die Anwendung der in den Abschnitten IV.7.1 und IV.7.2 vorge- stellten Strategien mit den lokalen Fehleranteilen ηT := (4ǫ)−1η2p,T + ǫη2d,T , mo¨glich. In den Abbildungen IV.26 und IV.27 ist links das Konvergenzver- halten bei h-adaptiven Verfeinerungen von nur einem Gitter sowohl fu¨r das primale als auch fu¨r das duale Problem dargestellt. Erkennbar ist, dass die Konvergenz fu¨r p = 1 und p = 2 von nahezu optimaler Ordnung ist. Ebenso erkennt man auch hier wieder die typische Verdoppelung der Genauigkeit. 1e-07 1e-06 1e-05 0.0001 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 1e+06 Er ro r E st . #DOF eta_p eta_d eta_p eta_d J(u)-J(u_h) h^1 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05 0.06 0.07 0.08 0.09 0.1 10 100 1000 10000 100000 Ef f.I nd ex . #DOF Eff. Index Abb. IV.26: Konvergenzverhalten fu¨r p = 1 und h-adaptive Verfeinerungen fu¨r die primal-duale Diskretisierung, Effektivita¨tsindizes. Die Zuverla¨ssigkeit der Fehlerscha¨tzungen wird in den Abbildungen IV.26 und IV.27 (rechts) deutlich. Zwar treten auch hier gewisse Oszillationen bei den Effektivita¨tsindizes auf, diese fallen aber relativ moderat aus. IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 177 1e-10 1e-09 1e-08 1e-07 1e-06 1e-05 0.0001 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 1e+06 Er ro r E st . #DOF eta_p eta_d eta_p eta_d J(u)-J(u_h) h^2 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05 0.06 0.07 0.08 0.09 0.1 10 100 1000 10000 100000 Ef f.I nd ex . #DOF Eff. Index Abb. IV.27: Konvergenzverhalten fu¨r p = 2 und h-adaptive Verfeinerungen fu¨r die primal-duale Diskretisierung, Effektivita¨tsindizes. Abb. IV.28: h-adaptives Gitter fu¨r das primale und das duale Problem bei p = 1 und p = 2. In Abbildung IV.28 sind h-adaptive Gitter fu¨r p = 1 und p = 2 darge- stellt, die den oben erwa¨hnten Berechnungen zugrunde liegen. Fu¨r beide der hier betrachteten Polynomgrade kommt es zumindest aus Sicht des pri- malen Problems zu den erwarteten U¨berverfeinerungen. Diese sind vor allem in den Bereichen zu lokalisieren, bei denen die Neumannschen Randdaten des dualen Problems Spru¨nge aufweisen. Letztlich ist jedoch die Anzahl der zusa¨tzlichen Freiheitsgrade, die aus den U¨berverfeinerungen resultieren, gegenu¨ber der Gesamtzahl der Freiheitsgrade vernachla¨ssigbar. 178 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t 1e-16 1e-14 1e-12 1e-10 1e-08 1e-06 0.0001 0.01 1 10 100 1000 10000 100000 Er ro r E st . #DOF eta_p eta_d eta_p eta_d J(u)-J(u_h) 0.02 0.04 0.06 0.08 0.1 0.12 0.14 0.16 0.18 0.2 10 100 1000 10000 Ef f.I nd ex . #DOF Eff. Index Abb. IV.29: Konvergenzverhalten fu¨r hp-adaptive Verfeinerungen fu¨r die primal-duale Diskretisierung, Effektivita¨tsindizes. Abbildung IV.29 zeigt das exponentielle Konvergenzverhalten bei hp-adap- tiven Verfeinerungen. Deutlich ist auch hier die Verdoppelung der Genau- igkeit zu erkennen. Der zugeho¨rige Effektivita¨tsindex bewegt sich in einem moderaten Bereich, womit die Scha¨tzung als zuverla¨ssig zu betrachten ist. Abb. IV.30: hp-adaptives FE-Gitter fu¨r das primale und das duale Problem. In Abbildung IV.30 ist ein hp-adaptives FE-Gitter, das dem primalen und dualen Problem zugrunde liegt, dargestellt. Wie bei den h-adaptiven Git- tern zuvor ist auch hier erkennbar, dass alle Adaptierungserfordernisse so- wohl des primalen als auch des dualen Problems beru¨cksichtigt werden. So sind geometrische Verfeinerungen in der Na¨he von Singularita¨ten des pri- malen wie des dualen Problems sichtbar. Auch die Polynomgradverteilung IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 179 entspricht den Verteilungen wie sie in Abschnitt IV.7.3 diskutiert werden. Die U¨berverfeinerung fu¨r das primale Problem im Bereich von (−0.25,−0.5) und (0.25,−0.5) wirkt sich nicht wesentlich auf das asymptotische Verhalten von ηp aus. IV.7.5 h- und hp-adaptive Verfeinerungen fu¨r Modellprobleme Die in Abschnitt IV.7.3 vorgestellten Experimente fu¨rH1-Fehlerabscha¨tzun- gen bzgl. Variationgleichungen zeigen, dass die Anwendung der in den Ab- schnitten IV.7.1 und IV.7.2 vorgestellten h- und hp-adaptiven Strategien in der Regel zu einem Konvergenzverhalten fu¨hrt, das bezu¨glich der verwen- deten Polynomgradverteilung angemessen ist. In diesem Abschnitt wird anhand von experimentell gewonnenen Daten un- tersucht, ob Ergebnisse dieser Form auch fu¨r modellhafte elliptische Mini- mierungsprobleme erster und zweiter Art gewonnen werden ko¨nnen. Auch hierbei werden die h- und hp-adaptiven Strategien aus den Abschnitten IV.7.1 und IV.7.2 verwendet. Entscheidend fu¨r die Herleitung der in Abschnitt IV.3 beschriebenen Me- thode zur Fehlerkontrolle sind Fehlerscha¨tzer fu¨r Variationsgleichungen, wie sie etwa in Abschnitt IV.2 angegeben werden. Die experimentell ermittel- ten Daten aus den Abschnitten IV.2 und IV.7.3 lassen auf eine hohe Zu- verla¨ssigkeit dieser Scha¨tzer schließen, wodurch sie im besonderen Maße fu¨r die Anwendung in diesem Zusammenhang pra¨destiniert sind. Die Modellprobleme, die diesem Abschnitt zugrunde liegen, sind das ver- einfachte Signorini-Problem (II.10) und das modellhafte Reibungsproblem (II.21) aus den Abschnitten II.2.1 bzw. II.2.2 mit den in diesen Abschnitten aufgefu¨hrten konkreten Funktionen f , q, g und s. In den folgenden Test- rechnungen wird stets die Polynomgradverteilung p1 ≤ p− 1 fu¨r Mp1(T1,H) vorausgesetzt. Das Gitter T1,H ist so gewa¨hlt, dass h/H ≤ 0.5 ist. Diese Wahl erweist sich bei den hier betrachteten Beispielen im Wesentlichen als stabil.21 Da weder fu¨r das vereinfachte Signorini-Problem noch fu¨r das modellhaf- te Reibungsproblem analytische Lo¨sungen zur Verfu¨gung stehen, ko¨nnen die Effektivita¨tsindizes der in den vorigen Abschnitten hergeleiteten Feh- lerscha¨tzer nicht bestimmt werden.22 Entscheidend bei den folgenden Un- 21vgl. Abschnitt III.1.1 22Ist die exakte Lo¨sung nicht bekannt, kann zur Ermittlung des Effektivita¨tsindex ha¨ufig eine Referenzlo¨sung herangezogen werden, die mit hohem Aufwand z.B. auf ei- 180 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t tersuchungen ist jedoch, dass das Konvergenzverhalten qualitativ mit Hilfe der Fehlerscha¨tzer gescha¨tzt werden kann.23 1e-06 1e-05 0.0001 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E st . DoF p=2,100% p=2,adap. p=3,100% p=3,adap. h^2 h^3 Abb. IV.31: Gescha¨tztes Konvergenzverhalten fu¨r h-adaptive Verfeinerungen (Sig- norini-Problem). In Abbildung IV.31 ist das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei h-adaptiven Verfeinerungen fu¨r die Polynomgrade p = 2 und p = 3 dargestellt. Den Berechnungen liegt das vereinfachte Signorini-Problem zugrunde. Da die Lo¨sung fu¨r dieses Problem im Wesentlichen H2-regula¨r ist, liefern globale Verfeinerungen bei Polynomgrad p = 1 bereits die optimale Konvergenz- ordnung O(h). Eine Adaptierung des Gitters hat demnach keinen Sinn.24 Diese ist erst fu¨r Polynomgrade p ≥ 2 zweckma¨ßig, da in diesem Fall Konver- genzverbesserungen erwartet werden ko¨nnen und in Abbildung IV.31 auch tatsa¨chlich zu erkennen sind: Fu¨r die Polynomgrade p = 2 und p = 3 wird die optimale Konvergenzordnung O(hp) erreicht. In Abbildung IV.32 sind h-adaptive Gitter fu¨r die Polynomgrade p = 2 und p = 3 dargestellt. Erkennbar sind lokale Verfeinerungen in den Ecken und vor allem an den Randbereichen der Kontaktzone.25 Zudem gibt es lokale nem stark verfeinerten, regelma¨ßigen Gitter berechnet wurde. Bei adaptiven Verfahren insbesondere mit hohen Polynomgraden ist dieses Vorgehen im Allgemeinen jedoch nicht geeignet, da in den meisten Fa¨llen die Genauigkeit der adaptiven Lo¨sung ho¨her als die der Referenzlo¨sung ist. 23vgl. Abschnitt IV.3 24Tatsa¨chlich erha¨lt man bei der Anwendung der oben vorgestellten h-adaptiven Stra- tegie bis auf unwesentliche Verfeinerungen im Kontaktbereich nur globale Verfeinerungen. 25vgl. Abbildung II.1 (rechts) IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 181 Verfeinerungen in der Kontaktzone selbst. Auffa¨llig sind auch hier die Gitterstrukturen fu¨r p = 3. Wa¨hrend fu¨r p = 2 radiale Verfeinerungen zu sehen sind, ist dies fu¨r p = 3 nicht der Fall. Abb. IV.32: h-adaptive Gitter fu¨r p = 2 und p = 3 (vereinfachtes Signorini-Problem). 1e-05 1e-04 0.001 0.01 0.1 1 10 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E st . DoF hp p=2,h-adap. Abb. IV.33: Gescha¨tztes Konvergenzverhalten fu¨r h- und hp-adaptive Verfeinerungen, hp-adaptives FE-Gitter fu¨r das vereinfachte Signorini-Problem. In Abbildung IV.33 (links) ist das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei hp- adaptiven Verfeinerungen zu sehen. Außerdem ist zum Vergleich das ge- scha¨tzte Konvergenzverhalten bei h-adaptiven Verfeinerungen mit p = 2 abgebildet. Erkennbar ist die exponentielle Konvergenz der hp-Variante. In Abbildung IV.33 (rechts) ist ein hp-adaptives FE-Gitter zu sehen, das wa¨hrend des Verfeinerungsprozesses erzeugt wurde. Im Wesentlichen sind 182 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t auch hier die typischen geometrischen Verfeinerungen bezu¨glich der Ecken und in den Randbereichen der Kontaktzone zu sehen. In der Kontaktzo- ne selbst kommt es sowohl zu Verfeinerungen als auch zur Erho¨hung des Polynomgrads. 1e-05 0.0001 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E st . DoF p=2,100% p=2,adap. p=3,100% p=3,adap. h^2 h^3 Abb. IV.34: Gescha¨tztes Konvergenzverhalten fu¨r h-adaptive Verfeinerungen (Ideali- siertes Reibungsproblem). Abbildung IV.34 zeigt das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei h-adaptiven Verfeinerungen fu¨r das idealisierte Reibungsproblem. Der Polynomgrad ist hier p = 2 und p = 3. Wie bei dem vereinfachten Signorini-Problem ist die Anwendung von h-adaptiven Strategien bezu¨glich p = 1 nicht zweckma¨ßig, da auch hier die Lo¨sung u¨ber die notwendige Regularita¨t verfu¨gt, so dass globale Verfeinerungen bereits die optimale Konvergenzordnung liefern. Fu¨r p = 2 und p = 3 erha¨lt man dagegen erst bei Verwendung von Adaptierungs- strategien die angemessene Konvergenzordnung O(hp). In Abbildung IV.35 sind adaptive Gitter fu¨r die Polynomgrade p = 2 und p = 3 dargestellt. Man erkennt deutlich lokale Verfeinerungen in den Ecken und an den U¨bergangsstellen von |q−∂nu| = s zu |q−∂nu| < s.26 Fu¨r p = 2 bilden die Gitterstrukturen eher radiale Formen, fu¨r p = 3 erkennt man das fu¨r diesen Polynomgrad typische Muster wieder. 26vgl. Abbildung II.2 IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 183 Abb. IV.35: h-adaptive Gitter fu¨r p = 2 und p = 3 (Idealisiertes Reibungsproblem). 0.0001 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E st . DoF hp p=2,h-adap. Abb. IV.36: Gescha¨tztes Konvergenzverhalten fu¨r h- und hp-adaptive Verfeinerungen, hp-adaptives FE-Gitter fu¨r das idealisierte Reibungsproblem. Abbildung IV.36 (links) zeigt das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei hp- adaptiven Verfeinerungen. Zum Vergleich ist zusa¨tzlich das gescha¨tzte Kon- vergenzverhalten bei h-adaptiven Verfeinerungen mit Polynomgrad p = 2 abgebildet. Das in Abbildung IV.36 (rechts) dargestellte FE-Gitter, das wa¨hrend des hp-Verfeinerungsprozesses erzeugt wurde, weist ebenfalls die u¨blichen Cha- rakteristika auf: geometrische Verfeinerungen in den Ecken und an den wie oben beschriebenen U¨bergangsstellen, zudem die fu¨r hp-Anwendungen ty- pische Polynomgradverteilung. 184 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t IV.7.6 h- und hp-adaptive Verfeinerungen fu¨r linear-elastische Kontaktprobleme Im Mittelpunkt dieses Abschnitts stehen numerische Experimente fu¨r die in Abschnitt II.4 gewonnenen Modelle fu¨r das Industrieroboter-gestu¨tz- te Bandschleifen. Wie im Abschnitt zuvor wird untersucht, inwiefern h- und hp-adaptive Strategien zur Konvergenzverbesserung eingesetzt werden ko¨nnen. Das wesentliche Resultat ist, dass die im vorherigen Abschnitt fu¨r idealisierte Modellprobleme gewonnenen Erkenntnisse in der Regel auf el- liptische Minimierungsprobleme erster und zweiter Art, denen ein linear- elastisches Modell zugrunde liegt, u¨bertragen werden ko¨nnen: Durch lokale Verfeinerungen im Kontaktbereich und speziell bei hp-adaptiven Verfeine- rungen zusa¨tzlich durch kleine Polynomgrade im Kontaktbereich und ho- he Polynomgrade außerhalb ko¨nnen Konvergenzgewinne erzielt werden, die dem gewa¨hlten Verfeinerungstyp (h- oder hp-Methode) entsprechen. Fu¨r die in diesem Abschnitt beschriebenen Testrechnungen wird ebenfalls p1 ≤ p−1 und h/H ≤ 0.5 gewa¨hlt, da diese Wahl sich bei den Berechnungen als stabil erweist. Das zur Verfu¨gung stehende Datenmaterial ist aufgrund der hohen Komple- xita¨t dieser Problemklassen27 an einigen Stellen nicht immer ausreichend, um eindeutige, den Erwartungen entsprechende Aussagen zu treffen. Dieses Manko wird hoffentlich in Zukunft durch den Einsatz effizienterer Rechner- umgebungen und verfeinerter Optimierungsverfahren u¨berwunden. Abbildung IV.37 zeigt das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei h-adaptiven Verfeinerungen fu¨r p = 1 und p = 2. Das zugrunde liegende Modell ent- spricht dem Problem (II.46) bezu¨glich der in Abschnitt II.4.1 beschriebenen reibungsfreien Kontaktsituation beim Industrieroboter-gestu¨tzten Band- schleifen. Erkennbar ist, dass sowohl fu¨r den Polynomgrad p = 1 als auch fu¨r den Polynomgrad p = 2 Konvergenzverbesserungen erzielt werden, die ada¨quat zum jeweils gewa¨hlten Polynomgrad sind. Insbesondere wird deutlich, dass im Gegensatz zu den Modellbeispielen wenige globale Verfeinerungen fu¨r den Polynomgrad p = 1 nicht ausreichen, um die theoretisch mo¨gliche Kon- vergenzordnung von O(h) zu besta¨tigen.28 27Zu bedenken ist, dass die hohe Komplexita¨t vor allem durch die dreidimensionale Modellierung bedingt ist. Mo¨glichkeiten zur Dimensionsreduktion innerhalb der Model- lierung (z.B. in Form eines ebenen Spannungs- oder Verzerrungszustands) sind aufgrund der speziellen Kontaktverha¨ltnisse beim Industrieroboter-gestu¨tzten Bandschleifen nicht zu rechtfertigen. 28vgl. Abschnitt III.1.2 IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 185 0.01 0.1 1 10000 100000 En er gy -E st . DoF p=1,100% p=1,adap. p=2,adap. h^1 h^2 Abb. IV.37: Gescha¨tztes Konvergenzverhalten fu¨r h-adaptive Verfeinerungen (Rei- bungsfreier Kontakt). Abb. IV.38: h-adaptive Gitter fu¨r p = 1 und p = 2 (Reibungsfreier Kontakt). In Abbildung IV.38 sind h-adaptive Gitter fu¨r p = 1 und p = 2 dargestellt. Vor allem im Kontaktbereich treten lokale Verfeinerungen auf. Insbesondere ko¨nnen aufgrund dieser lokalen Verfeinerungen die fu¨r das Industrieroboter- gestu¨tzte Bandschleifen interessanten Gro¨ßen, wie zum Beispiel die An- druckkraft im Kontaktbereich, genauer bestimmt werden.29 Vermutlich sind Gitter, die aufgrund von Goal-Oriented-Fehlerscha¨tzern zielgerichtet fu¨r ei- ne genauere Bestimmung der Andruckkra¨fte adaptiert werden, noch vor- teilhafter.Das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei hp-adaptiven Verfeine- 29vgl. Abbildung II.10 186 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t rungen ist in Abbildung IV.39 (links) zu sehen. Ein erkennbarer exponenti- eller Verlauf kann nicht festgestellt werden. Der Grund hierfu¨r ist vermut- lich, dass die erwartete exponentielle Konvergenz erst relativ spa¨t einsetzt und durch die geringe Anzahl der verfu¨gbaren Verfeinerungsschritte noch nicht hervorgerufen wird. Dagegen besitzt das in Abbildung IV.39 (rechts) dargestellte hp-adaptive FE-Gitter die hp-typischen Merkmale mit lokalen Verfeinerungen im Kontaktbereich und einer entsprechenden Polynomgrad- verteilung. 0.01 0.1 1 1000 10000 100000 En er gy -E st . DoF hp p=1,h-adap. Abb. IV.39: Gescha¨tztes Konvergenzverhalten fu¨r h- und hp-adaptive Verfeinerungen, hp-adaptives FE-Gitter fu¨r das reibungsfreie Kontaktproblem. 0.01 0.1 1 1000 10000 100000 En er gy -E st . DoF p=1,100% p=1,adap. p=2,adap. h^1 h^2 h^(1/2) Abb. IV.40: Gescha¨tztes Konvergenzverhalten fu¨r h-adaptive Verfeinerungen (Rei- bungsbehafteter Kontakt mit vorgegebener Normalspannung). IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 187 Fu¨r das Reibungsproblem mit vorgegebener Normalspannung (II.77) erha¨lt man das in Abbildung IV.40 dargestellte gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei h-adaptiven Verfeinerungen sowie p = 1 und p = 2. Diesem Problem liegt die Konfiguration aus Abschnitt II.4.2 zugrunde, die den reibungsbe- hafteten Kontakt mit vorgegebener Normalspannung beschreibt. Bei den hier vorgestellten Testrechnungen wird qt = 0 gesetzt, um den Einfluss von Spru¨ngen in den Randdaten auf den Verfeinerungsprozess zu vermeiden. Erkennbar ist, dass der Konvergenzgewinn fu¨r den Polynomgrad p = 1 im Wesentlichen den Erwartungen entspricht. Fu¨r den Polynomgrad p = 2 ist die Gu¨te des Konvergenzgewinns nicht klar erkennbar, da die zur Verfu¨gung stehenden Daten fu¨r genauere Aussagen nicht ausreichen. Abb. IV.41: h-adaptive Gitter fu¨r p = 1 und p = 2 (Reibungsbehafteter Kontakt mit vorgegebener Normalspannung). In Abbildung IV.41 sind durch den Verfeinerungsprozess gewonnene h-adap- tive Gitter fu¨r die Polynomgrade p = 1 und p = 2 dargestellt. An den FE- Gittern sind klar die erwarteten Strukturen mit einer deutlichen Tendenz zu lokalen Verfeinerungen im Kontaktbereich zu erkennen. Insbesondere sind lokale Verfeinerungen im Kontaktzonenrand auszumachen, was bereits bei den Modellrechnungen zu beobachten ist. Abbildung IV.42 (links) zeigt das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei hp- adaptiven Verfeinerungen. A¨hnlich wie bei der entsprechenden Untersu- chung des reibungsfreien Kontakts ist eine exponentielle Konvergenz nicht direkt erkennbar. Auch hier ist das zur Verfu¨gung stehende Datenmaterial fu¨r genauere Aussagen unzureichend. Dagegen besitzt das in Abbildung IV.42 (rechts) dargestellte hp-adaptive 188 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t FE-Gitter die erwarteten hp-typischen Merkmale in Bezug auf lokale Ver- feinerungen und Polynomgradverteilung. 0.01 0.1 1 1000 10000 100000 En er gy -E st . DoF p=1,h-adap. hp-adap. Abb. IV.42: Gescha¨tztes Konvergenzverhalten fu¨r h- und hp-adaptive Verfeinerungen, hp-adaptives FE-Gitter fu¨r reibungsbehafteten Kontakt mit vorgegebener Normalspan- nung. 0.1 10000 En er gy -E st . DoF 100% h-adap. h^1 h^(1/2) Abb. IV.43: Gescha¨tztes Konvergenzverhalten fu¨r h-adaptive Verfeinerungen, h- adaptives Gitter fu¨r reibungsbehafteten Kontakt. In Abbildung IV.43 (links) ist das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bezu¨glich des reibungsbehafteten Kontaktproblems fu¨r p = 1 dargestellt. Offenbar fu¨hrt die Anwendung von h-adaptiven Strategien zu einer deutlichen Kon- vergenzsteigerung. Bei globalen Verfeinerungen erha¨lt man im Wesentlichen IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 189 die in Satz III.10 vorhergesagte Konvergenzordnung vonO(h1/2). Abbildung IV.43 (rechts) zeigt das zugeho¨rige h-adaptive Gitter mit lokalen Verfeine- rungen im Kontaktbereich. Der Vergleich mit den Aussagen aus Satz III.10 ist jedoch kritisch zu be- urteilen, da der Reibungswiderstand s durch die in Abschnitt II.3.4 vorge- stellten Fixpunktiteration des diskreten Lagrangeschen Multiplikators λn,H bestimmt wird, deren Konvergenzeigenschaften nicht bekannt sind.30 Abb. IV.44: F|λn,H |/|λt,H |, Betrag der Tangentialverschiebungen |δt(u)|. Abbildung IV.44 zeigt den Quotienten F|λn,H |/|λt,H | und den Betrag der Tangentialverschiebungen |ut|. Die Verteilung von Haft- und Gleitzonen kor- respondiert auch hier zu den dargestellten Tangentialverschiebungen. Im Vergleich zu den Berechnungen, die Abbildung II.15 zugrunde liegen, sind diese Zonen durch den adaptiven Verfeinerungsprozess jedoch wesentlich besser aufgelo¨st. IV.7.7 h- und hp-adaptive Verfeinerungen fu¨r Hindernisprobleme Das Ziel dieses letzten Abschnitts besteht darin, anhand von numerischen Experimenten den Einsatz adaptiver Verfahren fu¨r das Hindernisproblem aus Abschnitt II.5.1 zu untersuchen. Die zugrunde liegende Beispielkonfigu- ration ist ebenfalls diesem Abschnitt zu entnehmen. Im Gegensatz zu den vorherigen Abschnitten wird im Folgenden p˜ ≤ p− 2 und h/H = 1 fu¨r die Diskretisierung gewa¨hlt, da hierbei Th = T˜H gilt. Diese 30vgl. [46], [63] 190 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Wahl erweist sich bei der Durchfu¨hrung der Experimente als vorteilhaft hin- sichtlich der Approximationsgu¨te. Allerdings treten bei den durchgefu¨hrten Testrechnungen Stabilita¨tsprobleme fu¨r sehr feine Gitter bzw. hohe Poly- nomgrade auf, so dass Experimente mit angemessenen Lagrangeschen Mul- tiplikatoren nur fu¨r eine eher geringe Anzahl von Freiheitsgraden durchfu¨hr- bar sind. 0.001 0.01 0.1 1 100 1000 10000 100000 En er gy -E st . DoF p=2,100% p=2,adap. p=3,100% p=3,adap. h^2 h^3 h^(3/2) Abb. IV.45: Gescha¨tztes Konvergenzverhalten fu¨r h-adaptive Verfeinerungen. Abbildung IV.45 zeigt das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei h-adaptiven Verfeinerungen und p = 2 und p = 3. Daru¨berhinaus ist das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei globalen Verfeinerungen abgebildet. Fu¨r den Po- lynomgrad p = 1 sind h-adaptive Verfeinerungen nicht notwendig, da bereits globale Verfeinerungen die Konvergenzordnung O(h) sichern. Dagegen wird fu¨r die Polynomgrade p = 2 und p = 3, wie in der Abbildung erkennnbar, erst durch Anwendung h-adaptiver Verfeinerungen die optimale Konvergen- zordnung O(hp) erreicht. Abbildung IV.46 zeigt die zugeho¨rigen h-adaptiven Gitter. Deutlich erkenn- bar ist, dass alle kritischen Bereiche durch lokale Verfeinerungen erfasst werden. Hierzu geho¨ren einerseits die Ecken als auch die Kontaktzone. Ins- besondere wird der Grenzbereich zwischen Membran und Hindernis durch Verfeinerungen aufgelo¨st. IV.7. h- und hp-adaptive Verfeinerungen 191 Abb. IV.46: h-adaptive Gitter fu¨r p = 2 und p = 3. 0.001 0.01 0.1 1 100 1000 10000 100000 En er gy -E st . DoF hp-adap. hp-adap. fine p=2,h-adap. Abb. IV.47: Gescha¨tztes Konvergenzverhalten fu¨r h- und hp-adaptive Verfeinerungen. Abbildung IV.47 zeigt das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei hp-adaptiven Verfeinerungen (64 und 1024 Elemente im Ausgangsgitter) sowie zum Ver- gleich das gescha¨tzte Konvergenzverhalten bei h-adaptiven Verfeinerungen und p = 2. Die erwartete exponentielle Konvergenz ist nicht unmittelbar erkennbar, was auch hier auf eine ungenu¨gende Anzahl von Verfeinerungs- schritten zuru¨ckzufu¨hren ist. Dagegen erkennt man in Abbildung IV.48 die typischen hp-adaptiven Git- terstrukturen mit Verfeinerungen im Bereich der Kontaktzone und hohen Polynomgraden in kontaktfreien Bereichen. 192 Kapitel IV. Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t Abb. IV.48: hp-adaptives FE-Gitter mit 64 und 1024 Elementen im Ausgangsgitter. Kapitel V Ausblick Diese Arbeit beinhaltet hauptsa¨chlich drei Untersuchungsschwerpunkte: Modellierung von Kontaktproblemen, h- und hp-Finite-Elemente-Diskreti- sierungen sowie a-posteriori Fehlerkontrolle fu¨r Kontaktprobleme und Adap- tivita¨t. Exemplarisch werden Modellprobleme vom Signorini-Typ und idea- lisierte Reibungsprobleme sowie, als Anwendung in der Fertigungstechnik, Kontaktprobleme beim Industrieroboter-gestu¨tzten Bandschleifen betrach- tet. Daru¨ber hinaus werden Anwendungsmo¨glichkeiten auch fu¨r Modellpro- bleme anderen Typs diskutiert. Ein wichtiger Untersuchungsaspekt ist die U¨berpru¨fung und Bewertung der gewonnenen Resultate anhand numeri- scher Experimente. Jedoch bleibt in allen drei Untersuchungsschwerpunkten eine Reihe von Fragen ungekla¨rt: Die Modellierung von Kontaktproblemen beschra¨nkt sich auf Kontaktpro- bleme mit einseitigem Kontakt. Aus ingenieurwissenschaftlicher Sicht sind vor allem Mehrko¨rperkontaktsysteme interessant, bei denen auch das Hin- dernis als verformbar vorausgesetzt wird. Daru¨ber hinaus ermo¨glicht zwar die Verwendung eines statischen, rein elastischen Modells einen u¨berschau- baren mathematischen Zugang, jedoch entspricht in der Regel die Annahme von dynamischem und nichtlinearem Materialverhalten eher der physika- lisch/mechanischen Realita¨t. Insbesondere ist die Beschreibung des Mate- rialverhaltens von Gummi-artigen Kontaktscheibenbela¨gen beim Industrie- roboter-gestu¨tzten Bandschleifen mit Hilfe eines linear-elastischen Modells ein Grenzfall. Hier bleibt sicherlich Raum zur Diskussion. Die Anwendung von speziellen Gummi-spezifischen Stoffgesetzen, insbesondere die Beru¨ck- sichtigung von Inkompressibilita¨ten, fu¨hrt unter Umsta¨nden zu realita¨tsna¨- 193 194 Kapitel V. Ausblick heren Modellierungen.1 In jedem Fall ist bei der Ausweitung der Model- lierung zu pru¨fen, ob und in welcher Weise eine Einbettung, a¨hnlich wie in dieser Arbeit fu¨r den einfacheren linear-elastischen Fall geschehen, in einen funktionalanalystischen Rahmen mo¨glich ist. U¨berdies erfordern kom- plizierte Modellannahmen auch spezielle Finite-Elemente-Implementierun- gen und aufwa¨ndige Konvergenzanalysen. Resultate sind in der Regel nur fu¨r die h-Methode bekannt. Finite-Elemente-Zuga¨nge mit ho¨heren Polyno- mordnungen werden fu¨r nichtlineare Kontaktprobleme erst in ju¨ngerer Zeit untersucht. Hier sei z.B auf [74] und darin enthaltene Referenzen verwiesen. Fehlerkontrolltechniken fu¨r dynamische bzw. nichtlineare Kontaktprobleme werden in der Literatur ha¨ufig nur fu¨r Spezialfa¨lle und auch hier in der Re- gel nur fu¨r Finite-Elemente-Ansa¨tze niedriger Ordnung angegeben. Ob der in dieser Arbeit vorgeschlagene allgemeine Zugang mit Hilfe variationeller Sattelpunktformulierungen auch Fehlerkontrollen fu¨r Probleme dieses Typs ermo¨glicht, ist in Zukunft sicherlich noch zu untersuchen. Die Stabilita¨t der in Kapitel 3 vorgeschlagenen Diskretisierung von Sattel- punktformulierungen beruht im Wesentlichen auf der Verwendung gro¨berer Gitter bzw. niedrigerer Polynomgrade fu¨r die Diskretisierung der Lagran- geschen Multiplikatoren im Vergleich zum primalen Diskretisierungsansatz. Fu¨r den Nachweis der Stabilita¨t ist das Erfu¨lltsein eines schwer u¨berpru¨fba- ren Dualita¨tsarguments hinreichend. Außerdem ist das zu wa¨hlende Verha¨lt- nis von Maschenweiten und Polynomgraden von einer im Allgemeinen un- bekannten Konstanten abha¨ngig. Letztlich ist in der Regel Gewissheit u¨ber die Stabilita¨t dieser Diskretisierung nur in einem begrenzten Maße unter Umsta¨nden erst mit Hilfe numerischer Experimente zu erzielen. Rigorosere Stabilita¨tsnachweise sind fu¨r nichtkonforme Raviart-Thomas-Ansa¨tze be- kannt. Hierzu sei etwa auf [29] verwiesen. Die Frage ist jedoch, ob und in welcher Form stabile Diskretisierungen von diesem Typ auch im hp- Kontext und fu¨r a-posteriori Fehlerkontrolltechniken bei Kontaktproblemen verwendbar sind. In Kapitel 3 werden hierarchische Basen auf der Grundlage von Gegenbau- erpolynomen fu¨r zwei- und dreidimensionale Diskretisierungen vorgestellt, und es werden Mo¨glichkeiten zur Einarbeitung von Stetigkeitsanforderun- gen u¨ber irregula¨re Kanten und Facetten hinweg aufgezeigt. Alternativ zu hierarchischen Basen ko¨nnen aber auch Basen mit Lagrange-artigen Basis- funktionen eingesetzt werden. Die in diesem Kapitel beschriebenen rekursiv definierten Datenstrukturen zur Behandlung irregula¨rer Knoten, Kanten und Facetten ko¨nnen in leicht modifizierter Form wiederverwendet werden. 1vgl. z.B. [72] 195 Die Kopplungsgewichte sind hingegen neu zu bestimmen. Ob dies in a¨hn- lich kompakter Form fu¨r alle Polynomgrade wie bei den rekursiv definierten hierarchischen Basen gelingt, ist allerdings fraglich. Fu¨r die numerische Bestimmung von Diskretisierungslo¨sungen sind im All- gemeinen effiziente Optimierungsverfahren erforderlich. Das SOR-Verfahren mit Projektion bzw. dessen beschleunigte SSOR-Variante ist sicherlich fu¨r moderat dimensionierte Probleme ein akzeptables Verfahren, zumal hochop- timierte Verfahren kommerzieller Optimierungspakete fu¨r spezielle Finite- Elemente-Anwendungen nicht notwendigerweise effizienter sein mu¨ssen. Je- doch ist der Einsatzbereich dieses einfachen Verfahrens relativ begrenzt, da insbesondere nur Finite-Elemente-Ansa¨tze mit p = 1 behandelt werden ko¨nnen. A¨hnlich ist die Problematik bei Sattelpunktproblemen. Die in die- ser Arbeit beschriebenen Verfahren vom Uzawa- bzw. Arrow-Hurwicz-Typ sind zwar leicht implementierbar, jedoch sind diese im Zusammenhang von Finite-Elemente-Diskretisierungen ho¨herer Ordnung nicht ohne weiteres ein- setzbar. Hauptproblem ist, wie auch bei den vorgestellten projektiven SOR- Verfahren, die Angabe einer geeigneten Projektion auf die Restriktionsmen- ge. Durch Umformulieren in Minimierungsprobleme und unter zur Hilfe- nahme von kommerziellen Optimierungspaketen ko¨nnen auch Probleme mit ho¨heren Polynomordnungen vom p- oder hp-Typ in einem gewissen Ausmaß numerisch gelo¨st werden. Jedoch sind auf diese Weise hochdimensionierte Probleme (> 25000 Variablen fu¨r die Lagrangeschen Multiplikatoren) mit den zur Verfu¨gung stehenden Optimierungspakten SQOPT und SNOPT nicht in den Griff zu bekommen. Die Entwicklung effizienter Optimierungsverfahren fu¨r hochdimensionierte Finite-Element-Diskretisierungen von Kontaktpro- blemen u.U. mit Hilfe erprobter Mehrgittertechniken ist nach wie vor eine große Herausforderung. Die in Kapitel 4 vorgestellten allgemeinen Fehlerkontrolltechniken fu¨r Kon- taktprobleme ko¨nnen prinzipiell mit allen Fehlerscha¨tzern fu¨r Variationsglei- chungen konkretisiert werden. In dieser Arbeit werden jedoch nur residuale Fehlerscha¨tzer vorgestellt und numerisch getestet, da diese insbesondere fu¨r Finite-Elemente-Ansa¨tze ho¨herer Ordnung geeignet sind. Entscheidend fu¨r die Herleitung residualer Fehlerscha¨tzer ist die Nutzung von Interpolations- abscha¨tzungen vom Cle´ment-Typ, die jedoch nur fu¨r den zweidimensiona- len Fall nachgewiesen sind. Abscha¨tzungen fu¨r dreidimensionale Cle´ment- Interpolierende sind ein offenes Problem. Ferner ist zu erwarten, dass der hier aufgezeigte allgemeine Zugang zur Fehlerkontrolle unter Umsta¨nden bereits in der Literatur bekannte Feh- 196 Kapitel V. Ausblick lerscha¨tzer2 fu¨r Kontaktprobleme liefert. Zur Besta¨tigung dieser Vermutung sind weitere Untersuchungen erforderlich. In dieser Arbeit werden Fehlerscha¨tzer fu¨r die H1-Norm bzw. Energie-Norm vorgestellt. Darauf basierend werden ebenfalls Fehlerscha¨tzer vom Goal- Oriented-Typ fu¨r allgemeine lineare Fehlerfunktionale diskutiert und nu- merische Experimente im Fall von Variationsgleichungen beschrieben. Bei der Herleitung dieser Fehlerkontrolltechnik fu¨r Variationsungleichungen be- steht jedoch die Schwierigkeit einer angemessenen Fehlerkontrolle des La- grangeschen Multiplikators. Fu¨r stu¨ckweise konstante Ansa¨tze fu¨hren u.U. Average-Techniken zu sinnvollen Resultaten. Jedoch ist zu diskutieren, in- wieweit derartige Ansa¨tze auch fu¨r ho¨here Polynomgrade geeignet sind. Abschließend sei bemerkt, dass der Einsatz von Finite-Elemente-Diskreti- sierungen mit ho¨heren Polynomansa¨tzen sowie die Analyse und Anwen- dung von hp-adaptiven Verfahren in Bezug auf Kontaktprobleme große Forschungsspielra¨ume bieten. Die thematische Relevanz ist insbesondere da- durch gegeben, dass Ingenieur-technische Kontaktprobleme durch die Ver- wendung moderner Finite-Elemente-Implementierungen mit Modulen fu¨r Fehlerkontrolle und Adaptivita¨t sowie mit flexiblen h- und hp-Diskreti- sierungsmo¨glichkeiten effizient gelo¨st werden ko¨nnen. 2vgl. z.B. [104] Anhang A Beispiele, Kopplungsgewichte, Grundlagen A.1 h- und hp-adaptive Gitter fu¨r Variationsgleichungen Beispiel mit geschlitztem Gebiet In Abbildung A.1 sind h- und hp-adaptive Gitter bzw. FE-Gitter fu¨r das Mo- dellproblem (II.4) zu sehen. Außerdem ist das zugeho¨rige gescha¨tzte Konver- genzverhalten abgebildet. Im Vergleich zu dem in Abschnitt IV.7.3 verwen- deten Beispiel hat das zugrunde liegende Gebiet Ω ⊂ [−1, 1]×[−0.5, 0.5] drei einspringende Ecken. Es ist außerdem Γ0 := {−0.5}× [0, 0.5]∪ [−0.5, 0.5]× {0.5}∪{0.5}× [0, 0.5], f := 0, sowie q(x0, x1) := 0.2π sin(πx0) fu¨r x1 = −0.5 und 0 sonst. Insgesamt ko¨nnen die gleichen Beobachtungen wie im Abschnitt IV.7.3 fest- gestellt werden. 197 198 Anhang A. Beispiele, Kopplungsgewichte, Grundlagen 1e-05 1e-04 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E st . #DOF p=1 p=2 p=3 h^1 h^3 1e-06 1e-05 1e-04 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E st . #DOF hp Abb. A.1: h-adaptive Gitter fu¨r p = 1, 2, 3 mit gescha¨tztem Konvergenzverhalten (oben und links), hp-adaptive FE-Gitter mit gescha¨tztem Konvergenzverhalten (unten rechts). Interior-Layer-Beispiel Betrachtet wird im Folgenden das Modellproblem (II.4) mit der analyti- schen Lo¨sung u := arctan((x1 − 2x0)/ǫ) − π/2 auf Ω := (−1, 1)2. Dieses Beispiel wurde bereits in [4] hinsichtlich hp-adaptiver Verfahren untersucht. Fu¨r weitere Analysen bzgl. Interior-Layer-Probleme sei auf [90] verwiesen. Die Besonderheit dieses Beispiels besteht darin, dass sich die Lo¨sung fu¨r einen relativ kleinen Wert ǫ ≤ 0.05 entlang einer du¨nnen Schicht im Innern des Gebiets (Interior-Layer) fast singula¨r verha¨lt. Zwar kann aus theoretischer Sicht eine optimale Konvergenz bereits bei globalen Verfeinerungen erwartet werden, solange aber das Interior-Layer durch das verwendete Gitter nicht hinreichend genau aufgelo¨st wird, ist das Konvergenzverhalten nicht optimal. Dieses Beispiel ist also besonders fu¨r den Einsatz adaptiver Verfahren pra¨destiniert. Abbildung A.2 zeigt h-adaptive Gitter fu¨r die Polynomgrade p = 1, 2, 3 und hp-adaptive FE-Gitter sowie das daraus resultierende Konvergenzver- halten. Deutlich erkennbar ist, dass das Konvergenzverhalten zu Beginn des Verfeinerungsprozesses nicht optimal ist. Jedoch wird durch lokale Verfei- nerungen bzw. zusa¨tzlich durch eine hp-typische Polynomgradverteilung in der Umgebung des Interior-Layer die optimale Konvergenzordnung O(hp) bzw. exponentielle Konvergenz erreicht. A.1. h- und hp-adaptive Gitter fu¨r Variationsgleichungen 199 0.1 1 10 100 1 10 100 1000 10000 100000 1e+06 En er gy -E rro r #DOF p=1,100% p=1 adaptive h^1 0.01 0.1 1 10 100 10 100 1000 10000 100000 1e+06 En er gy -E rro r #DOF p=2,100% p=2 adaptive h^2 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10 100 1000 10000 100000 1e+06 En er gy -E rro r #DOF p=3,100% p=3 adaptive h^3 0.001 0.01 0.1 1 10 100 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E rro r #DOF hp 1 10 100 1000 1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E rro r #DOF 4 16 64 256 Abb. A.2: h-adaptives Gitter fu¨r p = 1, 2, 3 und Konvergenzverhalten, hp-adaptives FE- Gitter und Konvergenzverhalten (links unten), Konvergenzverhalten bei p-Verfeinerungen mit 4, 16, 64 und 256 Elementen (rechts unten). In Abbildung A.2 (rechts unten) wird das Konvergenzverhalten bezu¨glich der reinen p-Methode gezeigt. Da u analytisch ist, kann theoretisch expo- nentielle Konvergenz erlangt werden. Bei ungenu¨gender Auflo¨sung (4 und 16 Gitterelemente) ist dies praktisch jedoch nicht der Fall. Erst bei 64 und 256 Gitterelementen kann exponentielle Konvergenz beobachtet werden. Dreidimensionale Beispiele In den Abbildungen A.3 und A.4 sind h- und hp-adaptive Gitter und das zu- geho¨rige gescha¨tzte Konvergenzverhalten fu¨r das Modellproblem (II.4) und das linear-elastische Problem (II.38) mit einem jeweils dreidimensionalen Gebiet Ω ⊂ [−1, 1]3 bzw. Ω ⊂ [−3, 3]× [−1, 1]× [0, 4] abgebildet. In beiden Fa¨llen hat das Gebiet Ω einspringende Ecken bzw. Kanten. Fu¨r das Mo- 200 Anhang A. Beispiele, Kopplungsgewichte, Grundlagen dellproblem ist f := 1 und Γ0 := ∂Ω, fu¨r das linear-elastische Problem ist f := (0.005, 0,−0.005) und Γ0 := [−3,−1]2×{0}∪ [1, 3]2×{0} sowie E := 2 und ν := 0.42 gewa¨hlt. Man erkennt, dass die erzeugten adaptiven Gitter alle typischen Merkma- le von h- und hp-adaptiven Verfeinerungen aufweisen. Im Vergleich zu den dreidimensionalen Kontaktproblemen aus den Abschnitten IV.7.6 sind diese jedoch deutlich ausgepra¨gter. 0.001 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E st . #DOF p=1 p=2 p=3 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E st . #DOF hp h h 100% Abb. A.3: h-adaptive Gitter fu¨r p = 1, 2, 3 und gescha¨tztes Konvergenzverhalten (oben und links), hp-adaptives FE-Gitter und gescha¨tztes Konvergenzverhalten (unten und rechts). 0.01 0.1 1 10 100 1000 10000 100000 En er gy -E st . #DOF hp h h 100% Abb. A.4: h-adaptive Gitter fu¨r p = 1 (links), hp-adaptive FE-Gitter (mitte) und gescha¨tztes Konvergenzverhalten (rechts). A.2. Kopplungsgewichte fu¨r hierarchische Basen 201 A.2 Kopplungsgewichte fu¨r hierarchische Basen Die Kopplungsgewichte γh0,r,h1d,c0,ν,c1 aus Abschnitt III.2.2 gewinnt man, indem man Linearkombinationen der Basisfunktionen {ξq1,n (−0.5 + 0.5x)}, die auf [−1, 3] definiert sind, bezu¨glich der auf der ersten Teilungskante [−1, 1] de- finierten Basisfunktionen {ξq1 (x)} betrachtet. Hierbei ist {ξq1(x)} := {0.5 (1− x) , 0.5 (1 + x)} ∪ {G −1/2 i+2 (x)}i=0,...,q−2. Satz A.1 Es sei ξn1,n (−0.5 + 0.5x) = ∑n i=0 αni ξn1,i (x). Dann ist fu¨r n ≥ 2: α00 = 1, α 1 0 = 0, α 2 0 = 0, α n+1 0 = 0, α10 = 1 2 , α 1 1 = 1 2 , α 2 1 = 1 2 , α n+1 1 = − n − 2 n + 1α n−1 1 , α22 = 1 4 , α n+2 2 = 2n− 1 2 (n + 1) „1 5α n 3 − α n 2 + α n 0 − α n 1 « − n− 2n + 1α n−1 2 , αn+1i = 2n− 1 2 (n + 1) „ i 2i− 3 αni−1 + i− 1 2i + 1 αni+1 − α n i « − n− 2 n + 1 αn−1i , i = 3, . . . , n− 1, αn+1n = 2n− 1 2 (n + 1) „ n 2n− 3 αnn−1 − α n n « , n > 2 αn+1n+1 = 1 2 αnn. Beweis: Es sei hn (x) := ξn1,n. Aus Gleichung (III.59) erha¨lt man fu¨r n ≥ 2: xhn (x) = n+ 1 2n− 1hn+1 (x) + n− 2 2n− 1hn−1 (x) Daraus folgt: (n + 1) hn+1 „ − 1 2 + 1 2 x « = 2n− 12 (−1 + x)hn „ − 12 + 1 2x « − (n− 2)hn−1 „ − 12 + 1 2x « = − 2n− 12 nX i=0 αni hi (x) ! + 2n − 12 x nX i=0 αni hi (x) ! − (n− 2) n−1X i=0 αn−1i hi (x) 202 Anhang A. Beispiele, Kopplungsgewichte, Grundlagen = − 2n− 12 nX i=0 αni hi (x) ! + 2n − 12 nX i=2 αni „ i + 1 2i− 1hi+1 (x) + i− 2 2i− 1hi−1 (x) «! +2n− 1 2 αn0 (−h0 (x) + h2 (x)) + α n 1 (h1 (x)− h2 (x))− (n− 2) n−1X i=0 hi (x) ! = n + 1 2 αnnhn+1 (x) + „2n− 1 2 · n 2n− 3 αnn−1 − 2n− 1 2 αnn « hn (x) +2n− 1 2 n−1X i=3 αni−1 i 2i− 3 hi (x) + 2n − 1 2 n−1X i=2 αni+1 i− 1 2i + 1 hi (x) − 2n− 1 2 n−1X i=0 αni hi (x)− (n− 2) n−1X i=0 αn−1i hi (x) + 2n− 1 2 ` αn0 − α n 1 ´ h2 (x) +2n− 1 2 αn1 h1 (x)− 2n − 1 2 αn0 h0 (x) = n + 1 2 αnnhn+1 (x) + „2n− 1 2 · n 2n− 3 αnn−1 − 2n− 1 2 αnn « hn (x) + n−1X i=3 „ 2n− 1 2 · i 2i− 3 αni−1 + 2n − 1 2 · i− 1 2i + 1 αni+1 − 2n− 1 2 αni − (n− 2)α n−1 i « hi (x) + „ 2n− 1 2 · 1 5 αn3 − 2n− 1 2 αn2 − (n− 2)α n−1 2 + 2n− 1 2 ` αn0 − α n 1 ´« h2 (x) + „ −2n − 12 α n 1 − (n− 2)α n−1 1 + 2n − 1 2 α n 1 « h1 (x) + „ −2n − 1 2 αn0 − (n− 2)α n−1 0 − 2n − 1 2 αn0 « h0 (x) Division mit n+ 1 liefert dann die Behauptung.  Im Folgenden sei z :=    (2 + c1, 0) , c0 = 1, ν = 0 (1, 2 + c1) , c0 = 1, ν = 1 (2 + c1, 1) , c0 = 1, ν = 2 (0, 2 + c1) , c0 = 1, ν = 3 (2 + i, 2 + j) , c0 = 2, c1 = α (i, j), χ (r′, c, h) := { 1, r = r′ ∨ (c%2 = h%2) −1, sonst, χ˜ (r′0, r′1, c, h) := { 1, r = r′0 ∨ χ (r′1, c, h) = 1 −1, sonst. A.3. Funktionalanalytische Grundlagen 203 Nach einer la¨ngeren Argumentation, die u¨ber den Rahmen dieses Anhangs hinausginge, erha¨lt man die gewu¨nschten Kopplungsgewichte: γh0,r,h1d,c0,ν,c1 := 8 > > > > > > > > > < > > > > > > > > : 1 2 , d = 1, c0 = h0 = 0 χ (0, c1, h1 + 1)α2+c10 , d = 1, c0 = 1, h0 = 0 χ (0, c1, h1)α2+c12+h1 , d = 1, c0 = 1, h0 = 1, 1 4 , c0 = h0 = 0 αz01 α z1 1 , d = 2, c0 > 0, h0 = 0 χ (0, z1, h1)αz01 αz12+h1 , c0 > 0, h0 = 1, r ∈ {0, 2} χ (3, z0, h1)αz02+h1α z1 1 , c0 > 0, h0 = 1, r ∈ {1, 3} χ˜ (0, 3, z0, i) χ˜ (1, 3, z1, j)αz02+iαz12+j , c0 = h0 = 2, α (i, j) = c1. Die oben aufgefu¨hrten Kopplungsgewichte wurden entsprechend im FEM- Paket SOFAR [87] implementiert und u¨berpru¨ft. Der Anwendungsbereich derartiger Kopplungsgewichte erstreckt sich nicht nur auf die Behandlung von FEM-Diskretisierungen mit irregula¨ren Gittern, es lassen sich hiermit auch Prolongations- und Restriktionsoperatoren de- finieren, die insbesondere fu¨r Mehrgitterlo¨sungsalgorithmen eingesetzt wer- den ko¨nnen. Diesbezu¨glich sei ebenfalls auf [87] verwiesen. A.3 Funktionalanalytische Grundlagen Normierte Ra¨ume Satz A.2 Es sei V ein normierter Raum. Dann ist F : V → R genau dann (schwach) unterhalb stetig, wenn epi(F ) (schwach) abgeschlossen ist. Beweis: Prop.I.2.3 in [49].  Satz A.3 Es sei V ein reflexiver Raum. Dann besitzt jede beschra¨nkte Folge eine schwach konvergente Teilfolge. Beweis: Th.III.3.7 in [106].  Satz A.4 (Trennungssatz von Hahn-Banach) Es sei V ein normier- ter Raum, K ⊂ V sei abgeschlossen und konvex, und es sei v 6∈ K. Dann existiert ein µ ∈ V ′ mit 〈µ, v〉 < infw∈K〈µ,w〉. Beweis: Th.III.2.5 in [106].  Satz A.5 Es sei V ein normierter Raum und K ⊂ V abgeschlossen und konvex. Dann ist K schwach abgeschlossen. 204 Anhang A. Beispiele, Kopplungsgewichte, Grundlagen Beweis: Es sei {vn} ⊂ K mit vn ⇀ v ∈ V . Angenommen v 6∈ K, dann existiert ein µ ∈ V ′ mit 〈µ, v〉 < inf w∈K 〈µ,w〉 ≤ lim inf n→∞ 〈µ, vn〉 = limn→∞〈µ, vn〉 = 〈µ, v〉. Widerspruch!  Satz A.6 Es seien V ein normierter Raum, G ⊂ V ein abgeschlossener und konvexer Kegel und G′ := {µ ∈ V ′ | ∀v ∈ G : 〈µ, v〉 ≥ 0}. Dann gilt: v ∈ G ⇔ ∀µ ∈ G′ : 〈µ, v〉 ≥ 0. Beweis: Es sei v ∈ V und fu¨r alle µ ∈ G′ sei 〈µ, v〉 ≥ 0. Angenommen, v 6∈ G, dann existiert nach dem Trennungssatz von Hahn-Banach A.4 ein µ˜ ∈ V ′ mit 〈µ˜, v〉 < inf w∈G 〈µ˜, w〉. (A.1) Da 0 ∈ G ist, folgt 〈µ˜, v〉 < 0. (A.2) Fu¨r t ≥ 0 und w ∈ G ist tw ∈ G. Angenommen, infw∈G〈µ˜, w〉 < 0, dann folgt infw∈G〈µ˜, tw〉 = t infw∈G〈µ˜, w〉 → −∞ fu¨r t→ ∞ im Widerspruch zu (A.1). Also muss µ˜ ∈ G′ sein, im Widerspruch zu (A.2).  Satz A.7 Es sei V ein reflexiver Banachraum. Ferner seien M ⊂ V und M ⊂ V ′ Unterra¨ume. Dann ist (M⊥)⊥ = M und (N⊥)⊥ = N . Beweis: Da (N⊥)⊥ abgeschlossen ist, ist N ⊂ (N⊥)⊥. Es sei φ 6∈ N , dann existiert nach dem Trennungssatz A.4 von Hahn-Banach ein v ∈ V ≃ V ′′, so dass v ∈ N⊥ und 〈φ, v〉 < infµ∈N ≤ 0 ist. Also ist φ 6∈ (N⊥)⊥. Der Beweis von (M⊥)⊥ = M ist entsprechend.  Satz A.8 Es sei V ein normierter Raum, U ⊂ V sei ein abgeschlossener Unterraum. Dann ist U ′ isometrisch isomorph zu V ′/U⊥. Beweis: Die Abbildung φ + U⊥ 7→ φ|U ist ein isometrischer Isomorphismus von V ′/U⊥ nach U ′.1  Satz A.9 Es seien V0 und V1 Banachra¨ume mit V1 ⊂ V0. Fu¨r 0 < t < ∞ sei K(t, v) := infv=v0+v1 ‖v0‖V0+t‖v1‖V1 , und fu¨r 0 < θ < 1 und 1 ≤ q ≤ ∞ sei ‖v‖q := ∫∞ 0 (t−θK(t, a))qt−1dt. Dann ist [V0, V1]θ,q := {v ∈ V0 | ‖v‖ < ∞} ein Banachraum, und es ist ∀v ∈ [V0, V1]θ,q : ‖v‖ ≤ C(θ, q)‖v‖1−θV0 ‖v‖ θ V1 . Beweis: Ch. 1.3.3 in [103].  1vgl. Th.4.9 in [86] A.3. Funktionalanalytische Grundlagen 205 Operatoren Satz A.10 Es seien V und W Banachra¨ume, B ∈ L(V,W ) und rg(B) sei abgeschlossen. Dann existiert ein β > 0, so dass gilt: ∀w ∈ rg(B) : ∃v ∈ V : B(v) = w, ‖v‖ ≤ β‖w‖. Beweis: Lemma IV.5.2 in [106].  Satz A.11 (Satz vom abgeschlossenen Bild) Es seien V und W Ba- nachra¨ume und B ∈ L(V,W ). Dann sind a¨quivalent: rg(B) ist abgeschlos- sen, rg(B) = kerB′⊥, rg(B′) ist abgeschlossen, rg(B′) = (kerB)⊥. Beweis: S.205 in [107].  Satz A.12 Es seien V und W Banachra¨ume, U ⊂ V ein Unterraum und B : V ⊃ U →W abgeschlossen. Dann ist U versehen mit der Norm ‖·‖2U := ‖ · ‖2V + ‖B(·)‖2W ein Banachraum, und es ist B ∈ L(U,W ). Beweis: Lemma IV.4.3 in [106]  Satz A.13 (Fortsetzungssatz von Hahn-Banach) Es sei W ein linea- rer Raum und V ⊂W ein Unterraum. Ferner sei p :W → R sublinear und l : V → R linear mit ∀v ∈ V : l(v) ≤ p(v). Dann existiert eine lineare Fortsetzung L :W → R, L|V = l, mit ∀w ∈W : L(w) ≤ p(w). Beweis: Satz III.1.2 in [106].  Satz A.14 Es seien W ein normierter Raum und V ⊂W ein Unterraum. Dann ist V genau dann dicht in W , wenn aus µ ∈ W ′ und µ|V = 0 folgt, dass µ = 0 ist. Beweis: Kor.III.1.9 in [106].  206 Anhang A. Beispiele, Kopplungsgewichte, Grundlagen Literaturverzeichnis [1] R. A. Adams. Sobolev spaces. Pure and Applied Mathematics. Aca- demic Press, New York, 1975. [2] M. Ainsworth, J. T. Oden. A posteriori error estimation in finite element analysis. Pure and Applied Mathematics. Wiley-Interscience, Chichester, 2000. [3] M. Ainsworth, B. Senior. Aspects of an adaptive hp-finite element method: Adaptive strategy, conforming approximation and efficient solvers. Comput. Methods Appl. Mech. Eng., 150(1-4):65–87, 1997. [4] M. Ainsworth, B. Senior. An adaptive refinement strategy for hp-finite element computations. Appl. Numer. Math., 26(1-2):165–178, 1998. [5] J. P. Aubin. Approximation of elliptic boundary-value problems. Pure and Applied Mathematics. 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