Uwe Wilkesmann & Grit Würmseer Wissensmanagement an Universitäten Discussion papers des Zentrums für Weiterbildung Universität Dortmund 03-2007 ISSN 1863-0294 Ze nt ru m fü r W ei te rb ild un g – U ni ve rs itä t D or tm un d Universität Dortmund Ze nt ru m fü r W ei te rb ild un g – U ni ve rs itä t D or tm un d Discussion papers des Zentrums für Weiterbildung Universität Dortmund Wissensmanagement an Universitäten von Uwe Wilkesmann & Grit Würmseer Discussion paper Nr. 03-2007 Korrespondenzanschrift: Prof. Dr. Uwe Wilkesmann Universität Dortmund Lehrstuhl Weiterbildungs-, Sozial- und Organisationsmanagement Hohe Str. 141 44139 Dortmund Tel.: 0231 / 755 6630 Fax: 0231 / 755 6611 Email: wso.zfw@uni-dortmund.de Die Diskussionspapiere des Zentrums für Weiterbildung der Universität Dortmund werden von dem Lehrstuhl herausgegeben. Die inhaltliche Verantwortung für die Beiträge liegt bei den Autoren und nicht bei dem Lehrstuhl. Die discussion papers können unter http://www.zfw.uni-dortmund.de/wilkesmann herunter geladen werden. Wissensmanagement an Universitäten Seite 3 Uwe Wilkesmann & Grit Würmseer Wissensmanagement an Universitäten Wenn es eine wissensbasierte Organisationsform gibt, dann heißt sie Universität. In keiner anderen Organisation dreht sich der gesamte „Produktions-“ bzw. Dienstleistungsprozess so ausschließlich um das Wissen. Aber anderseits existiert auch kaum eine andere Organisations- form, die so sehr unter Wissensverlust leidet, nämlich immer dann, wenn Wissensträger die Organisation oder ein bestimmtes Amt innerhalb dieser Organisation verlassen. Wissen spielt in allen drei Funktionsbereichen der Universität eine Rolle: in der Forschung, in der Lehre und in der Administration bzw. Selbstverwaltung. In der Forschung geht es ausschließlich um die Generierung neuen Wissens. Dieses Wissen ist an bestimmte Forscherpersonen geknüpft, aber auch in Veröffentlichungen gespeichert. Wenn die Personen aber die Universität verlas- sen, bricht auch ein bestimmter Inhalt der Wissensgenerierung ab. In der Lehre sind in den letzten Jahren viele neue IT-Tools eingesetzt worden, um die Informationsvermittlung für die Studierenden als Lernende, aber auch als Selbstlernende und wechselseitig Unterstützende zu verbessern. In der akademischen Selbstverwaltung ist dagegen das Problem des Wissensver- lusts bei Amtswechsel immer noch ungelöst. Wenn ein Dekan oder ein Rektor nach einigen Jahren sein Amt aufgibt, dann geht mit dieser Person sehr viel Wissen verloren. Ein neuer Funktionsträger muss sich erst aufwendig in die Materie einarbeiten und wird doch nie alles Wissen seines Vorgängers zur Verfügung haben. In der Verwaltung ist ebenso viel Wissen in Routinen, Standardabläufen, aber auch in den Köpfen einzelner Mitarbeiter enthalten. Bei dieser Problemlage liegt es auf der Hand danach zu fragen, ob ein in den letzten Jahren sehr populäres Konzept aus dem Unternehmensbereich auch auf die Hochschule übertragbar ist: das Wissensmanagement. Um diese Frage zu klären, müssen zuerst einige begriffliche Vor- klärungen getroffen werden, um dann einen populären Ansatz des Wissensmanagements kurz vorzustellen. Anschließend wird die Differenz der Organisationsformen von Unternehmen und Universitäten analysiert, um die unterschiedlichen Einsatzgebiete des Wissensmanage- ment zu diskutieren. Aus den unterschiedlichen Organisationsweisen folgen auch unterschied- liche Einsatzmöglichkeiten und Konzepte des Wissensmanagements. Zum Schluss werden fünf Anwendungsfälle kurz diskutiert. Wissensmanagement an Universitäten Seite 4 1. Was ist Wissensmanagement? Wissensmanagement war und ist in den letzten Jahren ein populärer Diskurs bei der Reorga- nisation von Unternehmen. Bevor ein Übertrag auf Universitäten unternommen werden kann, müssen zuerst die wichtigsten Grundzüge dieses Diskurses in aller Kürze dargestellt werden (vgl. Ciesinger et al. 2005, Wilkesmann/Rascher 2005). Im Rahmen des Diskurses zum Wis- sensmanagement werden die Begriffe Daten, Information und Wissen in der Regel wie folgt verwendet: Daten sind das „Rohmaterial“, die Variablen, Zahlen und Fakten (Willke 1998, S. 7). Aller- dings existieren keine Daten an sich, sondern sie existieren nur als beobachtungsabhängige Daten. Als Beispiel können hier die Zahlen in einer Bilanz genannt werden. Wenn jemand aber noch nie eine Bilanz gesehen und nicht gelernt hat, sie zu lesen, dann weiß derjenige nicht, was die Zahlen bedeuten. Der Akteur muss wissen, was 100 Mio. Euro Umsatz oder 1 Mio. Euro Gewinn bedeuten. Die Daten müssen also in einen Kontext von Relevanzen einge- bunden werden, erst dann werden sie zu Informationen. Aus Informationen wird Wissen, wenn sie in einen zweiten Kontext von Relevanzen integriert werden. Der Betroffene muss demzufolge das Unternehmen und seine Geschichte kennen, um beurteilen zu können, was ein Gewinn von 1 Mio. Euro bedeutet. Ist dies ein Fortschritt gegenüber dem Vorjahr oder ein Verlust etc.? Hier werden die Informationen in schon vorhandenes Wissen integriert. Wichtig an diesem Diskurs ist der Aspekt, dass Wissen nicht getauscht werden kann. Was weitergege- ben und getauscht wird, sind nur Daten. In Akten, Dokumenten und Datenbanken sind also immer nur Daten enthalten, die erst „interpretiert“, d.h. zu Information und Wissen generiert werden müssen. Wissen generieren also Menschen, wenn sie Daten oder Information in den Kontext ihres Vorwissens einordnen und ihm so Bedeutung verleihen. Der in der Literatur am häufigsten zitierte Ansatz zur Systematisierung der einzelnen Funkti- onen von Wissensmanagement stammt von Probst et al. (1998). Er besteht aus folgenden ein- zelnen Bausteinen (vgl. Abb. 1): Wissensziele: Die Unternehmensziele müssen auch den Faktor Wissen umfassen. Es muss festgelegt werden, in welche Richtung das Unternehmen sein Know-how weiter entwickeln will, in welchen Feldern ein Wissensvorsprung vor den Wettbewerbern erhalten oder erreicht werden soll. Nur ist es oft schwierig zu prognostizieren, welches Wissen in zwei oder drei Jahren relevant sein wird. Auch für Universitäten stellt sich mittlerweile dieses Problem. Im Rahmen von Differenzierung und Profilierung werden Konzepte an vielen Universitäten ent- wickelt, um sich mit einem bestimmten Profil im Wettbewerb von anderen Hochschulen dif- ferenzieren zu können. Wissensmanagement an Universitäten Seite 5 Wissensbewertung: Die Investitionen in das Wissensmanagement müssen bewertet werden: Haben sie sich gelohnt? Gehen sie in die richtige Richtung? Dazu ist die Entwicklung ent- sprechender Indikatoren notwendig, die das immaterielle Gut Wissen „messen“ können. Die Balanced Scorecard ist wahrscheinlich der bekannteste Versuch, die „intangible assets“ eines Unternehmens zu operationalisieren und zu erfassen (vgl. Matzler et al. 2005). In Deutschland ist in den letzten Jahren durch ein Förderprogramm des BMWi die Wissensbilanz populär geworden (vgl. www.akwissensbilanz.org). An den Österreichischen Universitäten ist die Wissensbilanz mittlerweile durch ein Gesetz ein Pflichtinstrumentarium geworden. In Kapitel 4 werden wir ausführlich darauf eingehen. Wissensidentifikation: Jedes Unternehmen muss Transparenz darüber schaffen, welche Daten und Informationen bei internen und bei externen Akteuren vorhanden sind. Orte und Träger von Daten müssen identifiziert werden. Dies gilt für Universitäten dann, wenn von außen z.B. Unternehmen Rat bzw. Kooperationspartner zu gewissen Problemen suchen, aber nicht wis- sen, ob es an der nächsten Universität Experten zu dem Thema gibt. Auch für neue Amtsträ- ger in der akademischen Selbstverwaltung ist ein schnelles Auffinden von Informationen oder Experten zu gewissen Themen wichtig. Wissenserwerb: Es muss geklärt werden, in welcher Form auf externe Daten-Quellen zuge- griffen werden kann. In der universitären Forschung ist dies meist unproblematisch, wie im nächsten Kapitel gezeigt werden wird. Wissensentwicklung: Einer der zentralen Aspekte des Wissensmanagements betrifft die Fra- ge, wie neues Wissen in Organisationen generiert werden kann. Diese Fragestellung wird häu- fig auch separat unter dem Oberbegriff des „organisationalen Lernens“ diskutiert (vgl. für den Fall der Universitäten Wilkesmann 2001). Wissensverteilung: Die Daten aller Akteure im Unternehmen müssen so verteilt werden, dass alle anderen jederzeit darauf zugreifen können. Auch in diesem Punkt existiert eine alte Me- thode in der Wissenschaft, die aber nicht unter dem Begriff Wissensmanagement subsumiert wurde. Wissensnutzung: Auch wenn Daten für alle zugänglich sind, heißt dies noch lange nicht, dass sie auch genutzt werden. Akteure müssen Daten finden können und auch motiviert sein, sie zu nutzen. Zumindest in der Forschung wird diese Motivation durch die Karrieremuster begrün- det, die die Scientific Community kontrolliert. Wissensbewahrung: Wissen kann z.B. durch den Austritt von Mitarbeitern verloren gehen. Entlassungen von Mitarbeitern können aus diesem Grunde langfristig negative Folgen für das Wissensmanagement an Universitäten Seite 6 Unternehmen haben. Im universitären Rahmen trifft dies besonders auf die Wahlämter in der Selbstverwaltung zu. Abb. 1: Wissensmanagement nach Probst (Probst et al. 1997). Als die beiden wichtigsten Funktionen des internen Wissensmanagements lassen sich aus dem Probst-Ansatz die folgenden zusammenfassen: Generierung von neuem Wissen, Speicherung und Nutzung von Daten. Hinter der ersten Funktion, der Generierung neuen Wissens, verbirgt sich der oben schon an- gesprochene Diskurs zum „organisationalen Lernen“ (vgl. Wilkesmann 2003). Im Folgenden wird lediglich auf die zweite Funktion Bezug genommen, da dies der Kernbereich dessen ist, was in der Regel unter Wissensmanagement verstanden wird. Die Datenspeicherung an sich wird vorwiegend mit Hilfe von elektronischen Datenbanksystemen vorgenommen. 2. Die Besonderheit der Organisationsform „Universität“ und Grenzen des Übertrags eines Konzeptes Damit die Übertragung des Konzeptes Wissensmanagement auf die Universität angemessen diskutiert werden kann, muss die Differenz zwischen den beiden Organisationstypen Unter- nehmen und Universität zuvor geklärt werden. Werden Organisationsformen idealtypisch anhand der Entscheidungsstrukturen klassifiziert, so ergibt sich eine Skala, an deren einem Ende die Unternehmen und an dem anderen Ende Vereine und Interessenorganisationen ste- hen (vgl. Schimank 2002). Idealtypisch werden Entscheidungen top down gefällt. Der Vor- Wissensmanagement an Universitäten Seite 7 stand sagt, was zu tun ist, und alle in der Hierarchie darunter stehenden müssen qua Rolle diesen Anweisungen folgen. Aus der Organisationsforschung ist zwar bekannt, dass dies eine rein idealtypische Vorstellung ist, da in der Praxis mikropolitische Aushandlungen und Machtspiele einen reinen top down Prozess unmöglich machen, aber qua Rollenerwartung lassen sich Unternehmen so charakterisieren. Vereine auf der anderen Seite treffen idealty- pisch ihre Entscheidungen bottom up (vgl. Wilkesmann et al. 2002). Jedes Vereinsmitglied ist im demokratischen Willensbildungs- und Abstimmungsprozess eines Vereins gleich wichtig. Dies wird gesetzlich durch das BGB §21ff festgelegt. Jedes Vereinsmitglied hat eine Stimme. Auch hier sieht natürlich die Praxis anders aus, da der einmal gewählte Vorstand und alle ak- tiven Mitglieder de facto mehr Macht ausüben, als alle anderen Mitglieder (vgl. Schimank 2002, Heinemann/Horch 1991, Wiesenthal 1993). Außerdem unterscheiden sich beide For- men von Organisationen im Verhältnis von individuellen Mitgliederzielen und kollektiven Organisationszielen. Bei Unternehmen fallen individuelle Ziele und kollektive Ziele immer auseinander. Ein Mitarbeiter eines Automobilwerkes arbeitet dort nicht ausschließlich des- halb, weil sein individuelles Ziel das Bauen von Autos ist. Individuelle Ziele und kollektive Ziele der Organisation müssen erst deckungsgleich gemacht werden. Dies erfolgt in der Regel über entsprechende Gestaltung der Motivation bzw. dem „Abkaufen“ der individuellen Ziele. Der Automobilmitarbeiter arbeitet in erster Linie in einem Automobilwerk, weil er dort Geld verdient. Anders verhält es sich mit einem Vereinsmitglied. Dort stimmen individuelle Mit- gliederziele und kollektive Vereinsziele überein. Das Mitglied eines Briefmarkenvereins ist Mitglied in diesem Verein, weil es das Vereinsziel teilt, nämlich Briefmarken zu tauschen. Das Mitglied eines Fußballvereins (im Amateurbereich) ist dort Mitglied, weil es das Ver- einsziel teilt: nur im Verein kann ich in einer Mannschaft gegen andere Mannschaften Fußball spielen (vgl. Wilkesmann/Blutner 2007). Wissensintensive Organisationen befinden sich auf dieser Skala mehr oder weniger in der Mitte zwischen diesen beiden Polen (vgl. Wilkesmann 2007). Sowohl was die Form der Ent- scheidungsfindung (zumindest bisher) als auch die Zielkongruenz betrifft. Bisher war die Ent- scheidungsfindung an deutschen Universitäten eine Mischung aus bottom up und top down. Die Selbstverwaltung regelte die meisten Fragen bottom up, aber einige Erlasse, Vorgaben mussten auch top down durchgesetzt werden. Mittlerweile bewegen sich aber fast alle Re- formbemühungen in die Richtung Unternehmen, d.h. die top down Entscheidung wird ge- stärkt. Bei der Übereinstimmung von individuellen und organisationalen Zielen ähnelt – zu- mindest für den wissenschaftlichen Bereich – die Universität dem Verein. Wissenschaftler wollen forschen (und manchmal auch gerne lehren) und deshalb sind sie Mitarbeiter der Uni- Wissensmanagement an Universitäten Seite 8 versität. Glücklicherweise bekommen sie dafür auch noch Geld, dies ist aber meistens nicht die primäre Motivation (vgl. Minssen/Wilkesmann 2003). Von ihrem Aufbau kann die Organisationsform Universität im Sinne Mintzbergs als „Profibü- rokratie“ (Mintzberg 1992) charakterisiert werden. Die Profibürokratie zeichnet sich durch einen starken operativen Kern aus, in dem die für eine Hochschule elementaren Funktionen Forschung und Lehre erbracht werden. Hauptakteure sind hier die Forscher (Professoren und wissenschaftlicher Mittelbau). Die strategische Spitze hingegen ist (bisher) schwach ausge- prägt. Zu ihr gehören die Hochschulleitung, das Rektorat oder das Präsidialkollegium und die zentralen Selbstverwaltungsgremien. Sie tragen die Gesamtverantwortung für die Hochschule. Die neuen Reformversuche (z.B. das Hochschulfreiheitsgesetz in NRW) versuchen jedoch die strategische Spitze mit sehr viel mehr Macht auszustatten. Eine zentrale Differenz zu Unter- nehmen bleibt aber immer bestehen: Universitäten können keine eigene Personalentwicklung im wissenschaftlichen Bereich betreiben (vgl. Minssen/Wilkesmann 2003). Die Referenz- gruppe, die über die Karriere eines Wissenschaftlers entscheidet, ist die jeweilige Scientific Community aus der eigenen Profession. Über Begutachtungen im Berufungsverfahren, Be- gutachtungen von Drittmittelanträgen, Entscheidungen über Veröffentlichungen in reviewed journals ist die relevante Bezugsgruppe die eigenen Profession. Angehörige dieser Bezugs- gruppe sitzen aber nicht in der eigenen Universität, sondern in allen anderen Universitäten. Aus diesem Grunde fühlen sich oft Wissenschaftler nicht so sehr der eigenen Organisation verpflichtet, die sie bezahlt, sondern der diffusen Gruppe der eigenen Profession, die aber über alle Universitäten verstreut ist. Diese Differenz ist auch sehr wichtig für das Wissensma- nagement: Wenn Wissensmanagement dazu benutzt wird, neues Wissen in einem Automo- bilwerk zu generieren oder vorhandenes Wissen abzuspeichern und zu verteilen, dann markie- ren die Organisationsgrenzen eine (meist absolute) Grenze des Wissensmanagements. Der Entwurf eines neuen Prototyps eines Autos darf auf keinen Fall außerhalb der eigenen Orga- nisation kommuniziert werden (meistens auch nur eingeschränkt innerhalb der eigenen Orga- nisation). Für Wissenschaftler an einer Universität stellt sich die Lage ganz anders dar. Sie stellen ihre Ergebnisse auf Tagungen mit anderen Wissenschaftlern aus anderen Organisatio- nen vor, publizieren diese Ergebnisse öffentlich, sodass jeder, der interessiert ist, diese lesen und verwerten kann. Käme ein Entwicklungsingenieur auf die gleiche Idee, er könnte nicht nur seine Papiere abholen, sondern müsste sicherlich auch noch mit einer zivilrechtlichen Klage rechnen (wie uns aus der Automobilindustrie der Fall Lopez lehrte). In Unternehmen ist also Wissensmanagement eng an die Grenzen der Organisation geknüpft. Im universitären Bereich überschreitet Wissensmanagement gerade die Grenzen der Organisation. Im Bereich Wissensmanagement an Universitäten Seite 9 der Forschung existiert also schon eine traditionelle Form des Wissensmanagements: Tagun- gen und Publikationen. Mit Hilfe dieser „tools“ werden Informationen gespeichert, verteilt und können auch wieder abgerufen werden. Das Konzept Wissensmanagement war also in der Forschung schon immer unter anderem Namen und in anderem Gewand vorhanden. Es lässt sich natürlich überlegen, ob nicht neuere Formen von internetgestützten Datenbanken diesen Prozess unterstützen können. So bekommen in den Naturwissenschaften eJournals ein immer größeres Gewicht, weil sie sehr viel schneller sind als in klassischer Form gedruckte Journals. Auch Vorabdrucke von angenommenen Beiträgen oder freie Veröffentlichungen finden sich immer häufiger im Internet, um schneller zu sein. Eine Forschungsdatenbank für jede Profession könnte da die Suche nach Artikeln, neuen Forschungsergebnisse sowie ge- nehmigten Drittmittelanträgen sehr erleichtern. Insbesondere der letzte Fall könnte Arbeit ersparen, wenn eine sehr einfache Recherche ergibt, dass zu dem Thema, welches man selbst plant zu beantragen, gerade ein Forschungsantrag genehmigt wurde. Wissensmanagement kann aber sicherlich in anderen Punkten der Universität helfen. Im Fol- genden sollen fünf Beispiele exemplarisch diskutiert werden. 3. Beispiele 3.1 Wissensmanagement in der Selbstverwaltung Das oben angesprochene Problem des Personalwechsels in den Selbstverwaltungsgremien ist ein Fall, der mit Hilfe von Wissensmanagementsystemen gelöst werden kann. Wenn z.B. der Nachfolger in einem Dekan- oder Rektorenamt eine gut geführte Datenbank zur Verfügung hat, wo er über eine gut strukturierbare Suchfunktion zu jedem Thema alte Beschlüsse in Pro- tokollen, verabschiedete Dokumente oder entsprechende „Aktennotizen“ des Vorgängers fin- den kann, ohne zeitaufwendige Suche, so würde dies die Effizienz der Amtsführung deutlich erhöhen. Auch ein gut geführtes Yellow Pages System, d.h. erweiterte Telefonbücher, wo jeder Mitarbeiter mit seinen Fachbereichen, wo er oder sie Experte ist, könnte vermeiden hel- fen, dass die Lösung zu einem Problem in einer Universität zwei oder mehrmals erfolgt und somit wichtige Ressourcen in Form von Arbeitszeit vergeudet werden. Jedes (billige) auf dem Markt verfügbare Wissensmanagementsystem unterstützt diese Funktionen. Einziger Prob- lempunkt aller Wissensmanagement-Tools ist, sie müssen auch gefüllt werden. Die Frage der mitarbeiterorientierten Einführung sowie der Motivation sind deshalb die wichtigen Voraus- setzungen bei der Einführung solcher Systeme. Zu diesen Fragen liegen mittlerweile aber ge- Wissensmanagement an Universitäten Seite 10 nügend Erfahrungen und gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse vor (vgl. Cress 2006, Wil- kesmann/Rascher 2005). 3.2 Wissensmanagement in der Verwaltung In der Verwaltung der Universität haben erste Wissensmanagementsysteme Einzug gehalten. Hier, wo viele Personen an gemeinsamen Prozessen arbeiten oder auf Wissen anderer Perso- nen zurückgreifen müssen, machen Datenbanken Sinn. Voraussetzung ist, dass der Arbeits- prozess, zu dem Dokumente erstellt werden sollen, gemeinsam strukturiert und in Oberkate- gorien eines Glossars gebracht wird. Das Glossar fächert sich dann in einer Baumstruktur auf. Damit zu allen Themen auch genügend Dokumente erstellt und die Qualität gesichert ist, hat es sich bewährt, für bestimmte Oberkategorien Verantwortliche zu benennen, die für ihre Be- reiche entsprechend Personen ansprechen und motivieren, Dokumente zu erstellen, die einge- stellten Dokumente auf deren Qualität überprüfen oder selbst Dokumente erstellen. Aber auch schon einfache Yellow Pages können das Arbeiten erleichtern. Hat Herr Müller ein Problem x, so kann er dort sehr einfach recherchieren, wer sich mit dem Problem x auskennt und ihm helfen kann. So kann viel Arbeitszeit für die Gesamtorganisation eingespart werden. In der Verwaltung könnte auch darüber nachgedacht werden, was für den Bereich der Wis- senschaft gilt, nämlich die Organisationsgrenzen aufzuheben. Da die Abläufe und Verfahren in der Universitätsverwaltung (zumindest von Universitäten im selben Bundesland) identisch sind, wäre ein organisationsübergreifendes Wissensmanagementsystem zumindest denkbar. In der Kommunalverwaltung werden solche, einzelne Stadtverwaltungen übergreifende, Syste- me momentan mit Erfolg erprobt (vgl. www.wikor.com). 3.3 Wissensmanagement in der Lehre In der Lehre sind viele einfache Tools des Wissensmanagements und des eLearnings schon erprobt worden. So arbeiten alle Universitäten mit Systemen, die nicht nur das Verteilen von Seminarunterlagen, wie Folien, Handouts, Texte etc. unterstützen, sondern auch eMailvertei- ler, Chats, Foren und neuerdings auch Wikis enthalten. Zu diesen Themen existiert eine Viel- zahl an Literatur (vgl. Kerres 2001, Schulmeister 2002). 3.4 Wissensmanagement bei Unternehmenskooperationen Die Idee einer Kooperationsdatenbank verfolgt das Ziel, Wissen innerhalb der Universität zusätzlich über eine IT-Plattform einer breiteren Öffentlichkeit transparent und damit zugäng- Wissensmanagement an Universitäten Seite 11 lich zu machen. Zielgruppe ist dann nicht in erster Linie die Scientific Community, sondern z.B. Wirtschaftsunternehmen, die ein Interesse an universitärem Forschungswissen haben. Das größte Problem, wenn Wirtschaftsunternehmen zu einem bestimmten Themengebiet ex- ternes Fachwissen suchen, besteht bisher in dem hohem Kostenaufwand bis ein entsprechen- der Experte gefunden wird. Genau dieses Matching zwischen Forschern als Experten und Un- ternehmen, die dieses Wissen nachfragen und neue Themenstellungen mit entwickeln möch- ten, sollen Kooperationsdatenbanken erleichtern. Die Universitäten erstellen personenorien- tierte Datenbanken, in denen die Unternehmen mittels Schlagwortsuche nach Experten zum Thema xy suchen können. Finden Sie einen Lehrstuhl, an dem zum Thema xy geforscht wird, erhalten sie den Ansprechpartner mit Kontaktdaten. Bei Interesse beider Seiten kann dann möglicherweise eine Kooperation eingegangen werden. Wesentlich für das Gelingen einer solchen Datenbank ist zum einen, dass die erforderlichen Informationen in funktionaler Form gespeichert werden. So sollten beispielsweise zu jedem Lehrstuhl eines Fachbereiches ein kurzes Forschungsprofil inklusive der Forschungsschwer- punkte und der Forschungsprojekte, eine Aufzählung wichtiger bzw. aktueller Veröffentli- chungen sowie weitere Aktivitäten wie beispielsweise Kongressorganisationen u.ä. enthalten sein. Zum anderen ist natürlich auch auf die Aktualität der gespeicherten Daten zu achten. Einmal jährlich sollte das bestehende Profil eines Lehrstuhls überprüft und gegebenenfalls ergänzt werden. Hinsichtlich der Umsetzung sollten allerdings auch einige Punkte beachtet werden: Die orga- nisatorische Umsetzung einer solchen Kooperationsdatenbank ist sicherlich sinnvoll in den Transferstellen der Universitäten verankert, die bereits die Aufgaben haben den Transfer wis- senschaftlicher Erkenntnisse in die praktische Anwendung und damit in die Wirtschaft zu ermöglichen. Möglicherweise ist auch mit Ablehnung von Wissenschaftlern zu rechnen. Hier ist sicherlich wesentlich, den Aufwand zur Erstellung der Profile für die Wissenschaftler so gering wie möglich zu halten. Dann können sich für Wissenschaftler durch Kooperationen mit der Wirtschaft auch Vorteile in Form neuer Projekte ergeben. Hinsichtlich der Umsetzung und Implementierung personenorientierter Datenbanken sei beispielsweise auf Cress (2006) verwiesen. 3.5 Wissensbilanzen an den österreichischen Universitäten Ein weiteres Anwendungsbeispiel von Wissensmanagement, das speziell die Wissenserfas- sung und Wissensbewertung betrifft, stellen die Wissensbilanzen an österreichischen Univer- sitäten dar. Wissensmanagement an Universitäten Seite 12 Bilanzen waren bisher hauptsächlich ein Instrument von Unternehmen und darüber hinaus nicht auf Wissen, also immaterielle Vermögenswerte, sondern auf Kapital bezogen. Die erste Wissensbilanz einer Forschungseinrichtung im deutschsprachigen Raum wurde 1999 von den Austrian Research Centers veröffentlicht, die aufgrund ihrer Vorreiterrolle auch maßgeblich zur konzeptionellen Entwicklung beigetragen habe. Seit 2005 sind nun alle österreichischen Universitäten per Gesetz verpflichtet, jährlich eine Wissensbilanz vorzulegen. Gemäß §13(6) UnivG muss die Wissensbilanz neben der Darstellung der Ziele und Strate- gien, das intellektuelle Vermögen sowie die Leistungsprozesse und Outputgrößen umfassen. Zusätzlich enthält die Wissensbilanz-Verordnung genaue Angaben zur Gestaltung und Auf- bau der Wissensbilanz: insbesondere zur Erfassung des intellektuellen Vermögens sowie der Leistungsprozesse und Outputgrößen werden detaillierte Kennzahlen festgesetzt, die die Uni- versitäten zwingend in ihrem Bericht aufführen müssen. Bevor genauer auf die Ausgestaltung und Umsetzung von Wissensbilanzen eingegangen wird, stellt sich vorab die Frage, welche Ziele mit der Einführung der Wissensbilanz verfolgt wer- den (können). In der österreichischen Wissensbilanz-Verordnung heißt es, die Wissensbilanz soll „der ganz- heitlichen Darstellung, Bewertung und Kommunikation von immateriellen Vermögenswerten, Leistungsprozessen und deren Wirkungen“ dienen (§2 WBV). Dies korrespondiert mit gene- rellen Zielen von Wissensbilanzen, wobei der Schwerpunkt an Universitäten stärker auf der strategischen Steuerung oder der Rechenschaftslegung liegen kann. (Ziegele 2005, S. 10; E- ckardstein/Güttel 2006, S. 387-391). Im ersten Fall wird betont, dass die Universität im Sinne eines Organisationsentwicklungs- prozesses spezifische (Wissens-)Ziele und Strategien entwickelt und diese z.B. in einem eige- nen Universitätsleitbild festsetzt. Diese Wissensbilanz dient dann in Folge der Überprüfung und kontinuierlichen Weiterentwicklung der Organisationsziele. Soll die universitäre Wissensbilanz vorrangig der Rechenschaftslegung gegenüber dem Staat dienen, wird im Sinne einer stärkeren Bilanzierungslogik die Aufstellung des immateriellen Vermögens betont. Dies ermöglicht dem Staat Leistungsvergleiche – im Sinne eines Bench- marking – zwischen vergleichbaren Institutionen anzustellen. Hier besteht die Gefahr, dass für alle Universitäten gleich ein „Indikatoren- und Kennzahlenhaufen“ aufwendig erhoben werden muss, der möglicherweise kaum Bezug zu eigenen Universitätsstrategien aufweist (Eckardstein/Güttel 2006, S. 392). In welche Richtung die Wissensbilanzen in Österreich stärker tendieren werden, ist derzeit noch nicht eindeutig absehbar. Klar ist jedoch, dass eine Wissensbilanz, die der internen stra- Wissensmanagement an Universitäten Seite 13 tegischen Steuerung dienen soll, andere Schwerpunkte setzen wird, als wenn das Ziel der standardisierten externen Bilanzierung verfolgt wird (Ziegele 2005, S. 10). Das Kennzahlen- gerüst, das die Wissensbilanz-Verordnung den österreichischen Universitäten vorschreibt, lässt jedoch eine Orientierung an der Bilanzierungslogik erkennen. Die Wissensbilanzen müs- sen folgende Abschnitte umfassen: 1. Wirkungsbereich, gesellschaftliche und selbst definierte Ziele, Strategien 2. Intellektuelles Vermögen, bestehend aus a) Humankapital b) Strukturkapital c) Beziehungskapital 3. Kernprozesse der Leistungserstellung, unterteilt in a) Lehre und Weiterbildung b) Forschung und Entwicklung 4. Output und Wirkungen der Kernprozesse 5. Resümee und Ausblick Die Abschnitte 1 und 5 erfolgen in narrativer Form, wobei Umfang und Ausgestaltung jeder Universität selbst überlassen bleiben. Für die Abschnitte 3-5 werden Kennzahlen im Detail definiert sowie Angaben zur Erhebungszeit festgesetzt; exemplarisch werden in Tabelle 1 einige der zu erhebenden Kennzahlen dargestellt. Humankapital Personalstruktur; Anzahl der Berufungen an die Universität; Anzahl Personen, die an Weiterbildungs- und Personalentwicklungs- programmen teilgenommen haben; Strukturkapital Aufwendungen für Maßnahmen zur Förderungen der Gleichstellung; Kosten für angebotene wissenschaftliche/künstlerische Zeitschriften; Nutzfläche in m2; Intellektuelles Vermögen Beziehungskapital Anzahl der als Vorsitzende/Mitglieder/Gutachter in externen Beru- fungs- und Habilitationskommissionen tätigen Personen; Anzahl der in Kooperationsverträge eingebundenen Partnerinstitutio- nen/Unternehmen; Lehre und Weiter- bildung Zeitvolumen des wissenschaftlichen/künstlerischen Personals im Be- reich Lehre in Vollzeitäquivalenten; Durchschnittliche Studiendauer; Anzahl der Studierenden; Kernprozesse in Forschung und Entwicklung Anzahl der laufenden drittfinanzierten F&E-Projekte sowie Projekte im Bereich der Entwicklung und Erschließung der Künste; Anzahl der Forschungsstipendiatinnen und Forschungsstipendiaten; Anzahl der Doktoratsstudien; Lehre und Weiter- bildung Anzahl der Studienabschlüsse; Anzahl der Anzahl der Absolventinnen und Absolventen, die an Wei- terbildungsangeboten der Universität teilnehmen; Output und Wirkungen in Forschung und Entwicklung Anzahl der Abschlüsse von Doktoratsstudien; Anzahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen des Personals; Anzahl der auf den Namen der Universität erteilten Patente; Wissensmanagement an Universitäten Seite 14 Tabelle 1: Wissensbilanzen und ihre Kennzahlen Damit legt der österreichische Staat den Fokus auf ein Kennzahlensystem, mit dem die Uni- versitäten und Institute untereinander verglichen werden können. Inwiefern die einzelnen Universitäten dennoch die Wissensbilanzen auch im Sinne eines weiteren Wissensmanage- mentkonzeptes und eines Instrumentes zur internen strategischen Steuerung nutzen, bleibt weitestgehend ihnen selbst überlassen. Jedoch sind die österreichischen Universitäten zusätzlich verpflichtet, alle drei Jahre einen Entwicklungsplan vorzulegen, der sich mit kurz-, mittel- und langfristigen Zielen und Strate- gien auseinandersetzt. Insofern darf die Beurteilung des Instrumentes Wissensbilanz nicht isoliert erfolgen. Die berechtigte Frage lautet aber natürlich: Bedeutet die Erfassung der Kennzahlen nur einen Mehraufwand oder werden auch Erkenntnisse gewonnen, die die Organisation vorwärts brin- gen? Viele der Kennzahlen der Wissensbilanz werden bereits seit langem im Rahmen der allge- meinen Universitätsstatistiken auch in Deutschland erhoben und stellen somit auch kein neues Wundermittel zur besseren Steuerung von Universitäten dar. Liest man die Wissensbilanzen österreichischer Universitäten, haben diese scheinbar durchaus einen Prozess der Profilbildung und Organisationsentwicklung angestoßen und bringen den Universitäten somit über die Darstellung des reinen Zahlenwerkes hinaus auch einen Mehr- wert. Für Universitäten und Forschungseinrichtungen kann die Formulierung von Wissenszie- len, ebenso wie der Überblick über die eigenen Stärken und Schwächen hilfreich sein und konstruktiv zu strategischen Diskussionen anregen (Leitner 2006, S. 269; Mosch 2005, S. 3). Hinsichtlich des Aufwands für die Erstellung und des Nutzens von Wissensbilanzen kommt Leitner für die Austrian Research Centers insgesamt zu einer positiven Bewertung. Der Erhe- bungsaufwand hält sich in Grenzen, da nur ein kleiner Teil der Kennzahlen ausschließlich für die Wissensbilanz erhoben werden muss und zudem die Erstellung mittlerweile standardisiert ist. Ein Kernteam von vier Mitgliedern arbeitet für die jährliche Erstellung in Summe rund drei Personenmonate. „Der Aufwand scheint für ein Unternehmen mit rund 800 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen angesichts der gewonnenen wichtigen Informationen für interne strate- gische Entscheidungen sowie der damit ermöglichten externen Beziehungen angemessen“ (Leitner, S. 14). Ein nicht zu vernachlässigendes Problem innerhalb der Wissensbilanzen besteht allerdings darin, dass kausale Aussagen über den Zusammenhang zwischen dem Input – dem intellektu- Wissensmanagement an Universitäten Seite 15 ellem Vermögen – und dem Erfolg einer Universität getroffen werden. Inwiefern allerdings die Inputfaktoren tatsächlich auf die Outputfaktoren wirken, ist alles andere als gesichert (vgl. Eckardstein/Güttel 2006, S. 381, 388). Dies lässt sich beispielsweise auch an der unterschied- lichen Verwendung von Indikatoren erkennen: das Institut für Unternehmensführung, Tou- rismus & Dienstleistungswirtschaft der Universität Innsbruck hat in seiner Wissensbilanz 2004, welche noch nicht gesetzlich vorgeschrieben war, als Indikator für den Leistungspro- zess Forschung u.a. die Anzahl und Art der Publikationen der Mitarbeiter berechnet. Die Wir- kung dieser Forschungsleistungen wurde dann mittels der Anzahl der Zitationen im SCCI beziffert. Die Wissensbilanz-Verordnung setzt hingegen lediglich die Anzahl wissenschaftli- cher Veröffentlichungen als Indikator für die Wirkungen der Forschung und Entwicklung. Grundsätzlich können Wissensbilanzen gerade für Universitäten als wissensintensive Organi- sationen im Rahmen von Wissensmanagement sinnvoll eingesetzt werden. Hauptaufgaben von Wissensbilanzen nach der Kategorisierung von Probst (1998) sind dann insbesondere die Festlegung von Wissenszielen, damit verbunden die Identifikation und Speicherung vorhan- denen Wissens und die Wissensbewertung. Kennzahlen, die den Input sowie den Output einer Universität bestimmen, unterliegen immer zwei Restriktionen: Zum einen können sie nicht-intendierte Handlungseffekte erzeugen, weil rationale Akteure sich nur noch an solchen Handlungen ausrichten, die per Kennzahlen erfasst werden und alle anderen Handlungsoptionen vernachlässigen (vgl. Frey/Osterloh 2000). Zum anderen ist die Ressource „Wissen“ nicht kontextfrei, ihre Wirkung ergibt sich erst im Gebrauch und der Gebrauch ist von anderen Akteuren sowie anderen Ressourcen abhängig (vgl. Moldaschl 2005). 4. Resümee Bei der Übertragung des Konzeptes Wissensmanagement auf die Organisationsform Universi- tät sind zum einen die Unterschiede zu der Organisationsform Unternehmen und zum anderen die interne funktionale Differenzierung zwischen Forschung, Lehre und Verwaltung zu beach- ten. Wissensmanagementsysteme können besonders in der akademischen Selbstverwaltung, in der Verwaltung (gerade auch über Organisationsgrenzen hinweg) sowie in der organisations- internen Bewertung von Einflussfaktoren auf den Output der Universität eine positive Rolle spielen. Allerdings müssen die diskutierten Begrenzungen und Fallstricke beachtet werden. Wissensmanagement an Universitäten Seite 16 Literatur Ciesinger, K.G./ Howaldt, J./ Klatt, R./ Kopp, R.: (Hg.) (2005): Modernes Wissensmanagement in Netzwerken: Perspektiven, Trends, Szenarien. Wiesbaden. Cress, U. (Hg.) (2006): Effektiver Einsatz von Datenbanken im betrieblichen Wissensmanagement. Bern. Eckardstein, D. von/ Güttel, W. 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