Dissertation über die CORALLENFABRIK VAN SELOW Ein Beitrag zur Geschichte des Kunstgewerbes im 18. Jahrhundert vorgelegt von Angelika Rauch am 10. März 2008 Technische Universität Dortmund Erstprüfer: PD Dr. Nils Büttner Zweitprüfer: Univ.-Prof. Dr. Barbara Welzel ii Inhaltsverzeichnis Danksagung....................................................................................v Einführung.......................................................................................1 1 Das Leben des J. M. van Selow...................................................6 1.1 Methodik und Grundlagen.........................................................6 1.2 Biographische Skizze................................................................8 1.3 Beruflicher Werdegang............................................................24 2 Die Corallenfabrik nach Van Selow............................................33 2.1 Thiele Heinrich Eggeling..........................................................33 2.2 Conrad Ludolf Pfeiffer.............................................................46 2.3 Weitere Arbeiter – Arbeitsteilung..............................................49 3 Tradition und Innovation...........................................................51 3.1 Glasmöbel.............................................................................53 3.2 Die Verwendung von Glasperlen im textilen Verbund...................59 3.3 Die Verwendung von Muscheln, Schnecken und Grottenwerk....... 65 3.4 Mikromosaike........................................................................72 3.5 Porzellan an Möbeln...............................................................75 4 Erzeugnisse der Corallenfabrik ………………………………………………………80 4.1 Form, Art und Nutzung der Objekte.........................................81 4.1.1 Tische.........................................................................85 4.1.1.1 Ovale Klapptische.......................................85 4.1.1.2 Tische mit rechteckigem Grundriss................93 4.1.1.3 Spieltische................................................104 4.1.1.4 Spiegeltische............................................109 4.1.1.5 Werktische...............................................111 4.1.2 Kleine Behältnisse und Diverses....................................114 iii 4.1.3 Vögel.........................................................................124 4.1.4 Urnen........................................................................128 4.1.5 Kommoden.................................................................136 4.1.6 Bodenvasen................................................................141 4.1.7 Raumausstattung........................................................144 4.1.8 Muschelskulpturen.......................................................148 4.2 Motive: Ikonographie, Vorlagen..............................................157 4.2.1 Ranken und Rocaillen..................................................157 4.2.2 Papageien und andere Vögel........................................167 4.2.3 Chinesen...................................................................175 4.2.4 Geometrische Muster..................................................179 4.2.5 Landschaften.............................................................181 4.2.6 Andere Motive............................................................192 5 Technik und Materialien....................................................200 5.1 Glas....................................................................................200 5.1.1 Gezogene Perlen/ Sprengperlen.....................................202 5.1.2 Lampenglas................................................................211 5.1.3 Geschliffenes Glas und Halbedelsteine............................217 5.1.4 Email.........................................................................220 5.2 Muscheln, Schnecken, Perlmutter...........................................224 5.3 Kittmassen..........................................................................229 5.4 Holz für Trägermaterial und Konstruktion.................................236 5.5 Mosaik................................................................................240 6 Farbigkeit..........................................................................250 7 Fazit und Ausblick.............................................................264 iv 8 Bibliographie.....................................................................277 9 Abbildungsnachweise........................................................296 v Danksagung Viele Menschen haben mir mit Rat und Tat bei der Entwicklung und Fertigstellung der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit geholfen. An dieser Stelle möchte mich für deren Hilfsbereitschaft bedanken, wie auch für die Zeit, die mir viele trotz ihres hektischen Arbeitsalltags zur Verfügung gestellt haben. Meinem Erstprüfer PD Dr. Nils Büttner sei gedankt für die Betreuung meiner Arbeit, die kompetente Hilfe und aufmunternden Worte. Mein Dank gilt ebenfalls meiner Zweitprüferin Univ.-Prof. Dr. Barbara Welzel wie auch meinem Arbeitgeber, dem Galway-Mayo Institute of Technology, der mir Zeit für Forschungsreisen gewährt und diese finanziell unterstützt hat. Diese Arbeit basiert zum Teil auf gemeinsamer Forschungsarbeit mit Dipl.- Rest. Andreas Flöck (Wolfenbüttel), bei dem ich mich an dieser Stelle für seinen großen Beitrag an der Suche nach Objekten wie auch seine Mitarbeit an der Archivrecherche in Braunschweig und Wolfenbüttel bedanken möchte. Die gemeinsame Arbeit in den materialtechnischen Bereichen wurde durch seine Ausführungen zu den Kittmassen bereichert. Während der Forschungen zu dieser Dissertation ist mir Zugang zu privaten und öffentlichen Sammlungen, zu Depots und Archiven gewährt vi worden. Mein Dank gilt all den Menschen, die meine Arbeit an diesen Orten ermöglicht und mir wertvolle Kontakte vermittelt, Hinweise zur Auffindung von Objekten gegeben oder die mir schriftlich oder mündlich Auskunft über ihre Bestände gegeben haben. Ausdrücklich genannt werden können an dieser Stelle nur einige, wenige Personen: Prof. h. c. Dr. Gerd Biegel (Braunschweigisches Landesmuseum), Dr. Angela Klein (Braunschweigisches Landesmuseum), Holger Heinke (Braunschweigisches Landesmuseum), Dr. Bernd Wedemeier (Braunschweig), Garnet Rösch-Meier (Städtisches Museum Braunschweig), Dr. Peter Albrecht (Braunschweig), Claire Jones (Bowes Museum, Barnard Castle), Dr. James Yorke (Victoria & Albert Museum, London), Ulli Freyer (Restaurator, Bern), Nils Engberg (Dänisches Nationalmuseum, Kopenhagen), John Erichsen (Reventlow Museum, Dänemark), Françoise Reginster (Musée de Nevers), Uwe Claassen M.A. (Museum für Glaskunst, Lauscha), Dedo von Kerssenbrock-Krosigk (Corning Museum of Glass), Jutta-Annette Page, Ph.D. (Toledo Museum of Glass), Eva Haupt M.A. (Isergebirgs-Museum Neugablonz), Werner Pape (Kunstgewerbemuseum, Berlin), Adrian Smith (Head of Furniture to the Royal Household, Windsor Castle), diverse Privatsammler von Glasmosaikobjekten wie auch Mitarbeiter von Auktionshäusern. Die Arbeit an dieser Dissertation beruht neben der Untersuchung von Objekten auch auf Arbeit in Archiven und Bibliotheken. Zu Dank verpflichtet bin ich außerdem all den Menschen, die mir bei der Literaturbeschaffung behilflich waren, oder die mich auf Publikationen aufmerksam gemacht haben. Mein besonderer Dank gilt Gail P. Bardhan vii (Research Library, Corning Museum of Glass), den Mitarbeitern des Gemeentearchiefs Amsterdam, des Stadtarchivs in Braunschweig, des Niedersächsischen Staatsarchivs in Wolfenbüttel, der Bibliothek des Herzog-Anton-Ulrich Museums Braunschweig, der Fachbibliothek Gestaltung der Fachhochschule Hildesheim sowie der Bibliothek des Galway-Mayo Institutes of Technology, Irland (Malachy Higgins, Shonagh Love). Unterstützt haben mich auch Jason Clancy (Restaurator, Irland), Eva Jordan-Fahrbach (Textilrestauratorin, Braunschweig - Vermittlung von Kontakten zur Deutsch-Baltischen Gesellschaft), Prof. Dr. Gerdi Maierbacher-Legl (Fachhochschule Hildesheim), Dr. Irmgard Müsch, Dr. Barbara Rommé (Stadtmuseum Münster), Henning Schulze (GMIT) und Sibylle Troost (Restauratorin, Münster). Last but not least sei die große Unterstützung meines Ehemannes Peter Godaniburg erwähnt, ohne dessen konstruktive Kritik, konstante Hinterfragung und Diskussion meiner Methodik und Forschungsergebnisse, redaktionelle Mitwirkung, wie auch ständige Motivation diese Arbeit nicht zustande gekommen wäre. 1 Einführung Zu den in geringer Menge erhaltenen aber dennoch für ihre Zeit typischen Erzeugnissen des Kunsthandwerks zählen mit Glasperlen geschmückte Möbel. In einer 1756 in den „Braunschweigischen Anzeigen“ erschienenen Annonce nahm ein gewisser Johann Michael van Selow für sich in Anspruch, eine „eigene und ganz neue“ Technik erfunden zu haben, die es ihm erlaubte, Tische und andere Gegenstände des täglichen Lebens mit farbenfrohen Mustern und Szenen in Glasperlenmosaik zu verzieren. Im Jahre 1755 wurde er in einer Liste zugezogener Personen der Stadt Braunschweig unter den Künstlern aufgeführt und auch im selben Jahr noch aktiv: er verkaufte auf der nächsten Messe so genannte Corallenarbeiten, Muschelskulpturen und andere Waren und annoncierte fleißig im Anzeigenblatt der Stadt. Der Begriff „Corallen“ wurde im damaligen Sprachgebrauch synonym für Perlen/Glasperlen und ähnliche Materialien gebraucht. Im Braunschweiger Raum entstand daraus „k(o)rallen, kralen“. 1 Heute ist der Name "Manufaktur Van Selow" als Herstellerbezeichnung etabliert, obwohl das Unternehmen im 18. Jahrhundert „Corallenfabric“ hieß. 2 Offensichtlich hat Van Selow in den Jahren nach 1755 eine Manufaktur aufgebaut und eine Vielzahl von mit Glasperlenmosaik verzierten Möbeln und anderen Gegenständen auf den Markt gebracht, die sich heute in Museen und Privatsammlungen befinden. Sie werden auf Auktionen 1 Eduard Kück, Lüneburger Wörterbuch, 2. Band, I-R, Neumünster 1962, Sp. 210. 2 Zum Begriff Fabric vgl. J. & W. Grimm: Deutsches Wörterbuch: 4 betrieb, in dem mit großer belegschaft und unter einsatz von maschinen große stückzahlen eines produkts hergestellt werden. in den älteren belegen in z. t. unscharfer abgrenzung zu den bedeutungen von werkstatt und manufaktur. http://www.dwb-digital.adw- goettingen.gwdg.de/WebDwb/index.html [aufgesucht am 5. 11. 2007] Im Betrieb Van Selows wurde arbeitsteilig gefertigt unter Einsatz einer Reihe ungelernter Kräfte. Die Verwendung von Maschinen ist jedoch nicht anzunehmen. 2 gehandelt und erzielen hohe Preise. 3 Die Braunschweiger Perlentische, oft auch „Van Selow Tische“ genannt, sind stilistisch dem Rokoko zuzuordnen und werden in den meisten allgemeinen Abhandlungen zu Barock- und Rokoko- Möbeln erwähnt. Es gibt jedoch eine Reihe weiterer Objekte, die mit Glasperlen, Muscheln, Konchilien und Halbedelsteinen besetzt sind, die möglicherweise auch der Manufaktur Van Selow zugeschrieben werden können. Bei der Technik, Mosaike aus Glasperlen herzustellen, handelt es sich tatsächlich um ein singuläres Phänomen, für das weder Vorläufer noch Nachahmer bekannt sind. Die Objekte sind oft nicht mehr im besten Zustand, die Motive sind von höchst unterschiedlicher künstlerischer Qualität. Obwohl die Besonderheit und die herausragende kunsthistorische Stellung dieser speziellen Produkte immer wieder betont wurde, sind sie bislang noch nie im Zusammenhang dargestellt worden. Auch war bislang nur wenig über die relativ kurze, aber produktive Geschichte der Manufaktur bekannt, deren einstmals reiche Produktion durch etwa 150 bis heute erhaltene Stücke dokumentiert wird. Dennoch scheint Van Selow seit der Gründung seiner Firma im Jahre 1755 Probleme mit dem Absatz seiner Waren gehabt zu haben. 1767 verkaufte er die Fabrik an den Tischler-Freimeister Thiele Heinrich Eggeling, mit dem er schon einige Zeit zusammengearbeitet hatte. Doch auch dieser hatte mit finanziellen Engpässen zu kämpfen, was zu einer Schließung des Betriebes um das Jahr 1772 führte. Damit endete nach nicht einmal zwanzig Jahren die so bemerkenswerte Geschichte der „Corallenfabrik“. Doch wer war eigentlich Van Selow? Woher kam er? Und wohin ging er als er 1767 die 3 AK Sotheby’s (März 2007), Asking Prices: Tisch mit Parklandschaft: 12.000 – 18.000 Euro; Spieltisch: 10.000 – 15.000 Euro. 3 Manufaktur verließ? Nichts ist bekannt über das Schicksal des Nachfolgers und der anderen Mitarbeiter. Das Verdienst, die Person Van Selows überhaupt als Hersteller der Glasperlenmöbel zu identifizieren kommt Franz Fuhse 4 zu, dem ersten hauptamtlichen Direktor des Städtischen Museums in Braunschweig. Er setzte sich als erster wissenschaftlich mit den Erzeugnissen van Selows auseinander. Fuhse sammelte die ersten Akten, verwies auf weitere Mitarbeiter der Fabrik und schrieb ihm Objekte zu. Auf ihn beriefen sich Gustav Pazaurek 5 , der sich eingehend mit Glasperlen und Perlenarbeiten beschäftigte sowie Bert Bilzer 6 in seinem Führer durch die Sammlung des Städtischen Museums. Nur wenige Veröffentlichungen, die sich am Rande mit diesem Thema auseinandersetzten, sind seitdem erschienen. Es handelt sich um die Publikationen von Eugen von Philippovich 7 , der die Glasperlenmosaike zu den Kuriositäten rechnet und Georg Himmelheber 8 , der Van Selow in seiner Überarbeitung des Standardwerkes über „Die Kunst des Deutschen Möbels“ von Heinrich Kreisel, in die Gruppe der Braunschweiger Möbel aufnimmt. Auch Gloria Ehret 9 folgt diesem Beispiel wenn sie über „Deutsche Möbel des 18. Jahrhunderts“ schreibt. Außer in Büchern zur Möbelkunde des 18. Jahrhunderts werden die Erzeugnisse der Manufaktur van Selow auch gelegentlich in Abhandlungen über Glasperlen und Perlstickerei erwähnt 10 . Die Frage nach der kulturhistorischen Stellung dieser Möbel wurde bislang noch gar nicht gestellt. 4 Fuhse (1909). 5 Pazaurek (1911). 6 Bilzer (1969). 7 Philippovich (1966). 8 Kreisel/Himmelheber (1968-1973). 9 Ehret (1986). 10 S. z.B. Holm (1984). 4 Eine erste über diese Forschungen hinausgehende Literatur- und Objektsuche erbrachte die von mir als Zweitprüfer betreute unveröffentlichte Diplomarbeit von Andreas Flöck an der Fachhochschule Hildesheim. 11 Teils gemeinsam mit ihm habe ich in den folgenden Jahren Akten- und Archivmaterial sowie Objekte in Privathaushalten, Museen und Auktionskatalogen recherchiert und gesammelt. Positivistischer Ertrag dieser Arbeit war ein gemeinsamer in der Zeitschrift RESTAURO veröffentlichter Artikel 12 , der sich hauptsächlich mit materialkundlichen und restaurierungsrelevanten Fragestellungen beschäftigt. Erste Ansätze zu einer weitergehenden historischen und kunsthistorischen Einordnung bedeutete eine ebenfalls gemeinsame Publikation im Ausstellungskatalog „Braunschweiger Rokoko“. 13 Ausgehend von meinen Forschungen für diese Artikel richtete sich mein Interesse fortan auf die Person Van Selows und auf die stilistische Einordnung von Glasperlenmosaiken in die Kunst- und Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts. In der vorliegenden Arbeit soll nun erstmals umfassend der Versuch unternommen werden, Person und Schaffen des Johann Michael van Selow in einen kunst- und kulturhistorischen Kontext einzuordnen. Ein besonderes Augenmerk soll dabei dem Gründer der Fabrik gelten, wie auch den Objekten, die sich von der Tisch- „Massenproduktion“ deutlich abheben. Leider ist keines der bekannten Werke Van Selows signiert. Nur ein Objekt ist relativ sicher als von ihm hergestellt bezeichnet. 14 Zuschreibungskriterien sind daher ebenso unerlässlich wie die kritische 11 Flöck (2003). 12 Rauch/Flöck (2005). 13 Flöck/Rauch in Eberle et al. (2005), S. 44-49. 14 Hierbei handelt es sich um eine Papageienskulptur im Herzog-Anton-Ulrich Museum in Braunschweig (s. Kapitel 4.2.2). 5 Untersuchung alter Zuweisungen. Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang sind Herstellungsweisen und Materialien. Bedingt durch meine Ausbildung als Kunsthistorikerin und Konservatorin/Restauratorin kommen dabei materialkundliche Aspekte zum Tragen wie Überlegungen zur Kunst- und Kulturgeschichte. Als Ergebnis ist eine Eingliederung dieser speziellen Objektgruppe in das Kunsthandwerk des 18. Jahrhunderts anvisiert, wobei die Bedingungen der Produktion genauso zur Sprache kommen sollen, wie die bislang völlig vernachlässigte Funktions- und Rezeptionsgeschichte. Erstmals soll hier die Rezeption des Glasperlenmosaiks in seiner Zeit dargestellt werden. Diese Arbeit soll dazu beitragen, das bislang ausschließlich als Kuriosität wahrgenommene Glasperlenmosaik in einen größeren Zusammenhang zu stellen, ihm einen Rahmen zu geben. 6 1 Das Leben des J. M. van Selow 1.1 Methodik Unterschiedliche Arten von Quellen können bei dem Versuch, das Leben und Werk des Johann Michael van Selow zu beleuchten, herangezogen werden. Es sind dies zum einen schriftliche Zeugnisse, wie Fabrik- oder Einwohnerlisten, Korrespondenzen, Beschwerden oder Eingaben der Tischlergilde, Polizeiakten, Feuerversicherungspolicen, Lotterielisten und Kirchenbucheintragungen. Viele dieser Schriftstücke haben sich im Stadtarchiv Braunschweig und im Niedersächsischen Staatsarchiv in Wolfenbüttel erhalten. Franz Fuhse hat als erster eine Aufarbeitung dieser Urkunden vorgenommen und damit eine Grundlagenarbeit von großem Wert geschaffen. 15 Offensichtlich standen ihm damals jedoch nicht alle heute einsehbaren Dokumente zur Verfügung. Die heutigen Urkundennummern folgen zudem einem anderen System als zur Zeit Franz Fuhses, was ihre Auffindung erschwert. Genealogische Forschungen in Amsterdam, Libau und Riga, wie auch in den USA mit Hilfe des Internets haben einige der offenen Fragen beantworten können. Teilweise sind diese Recherchen selbst durchgeführt worden und teils von den Mitarbeitern oder ehrenamtlich arbeitenden Forschern der entsprechenden Archive. Hinzu kommen Anfragen bei Museen, Sammlungen und Bibliotheken. 16 Bezüglich der Auffindung eines Johann Michael van Selow in Schriftquellen muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass es keine 15 Fuhse (1909). 16 Für die Durchsicht der Braunschweiger Anzeigen möchte ich mich bei Dipl.-Rest. Andreas Flöck ganz herzlich bedanken. 7 einheitliche Orthographie des Namens gibt. Die heute allgemein benutzte Schreibweise ist lange nicht die einzig verwendete und gültige. Bisher wurden folgende Varianten gefunden: Vanselau, van Selou, van Sellow, van Selon, Vanselow, van Selouw, van Selov, und Franselo. Van Selows, die nach Amerika auswanderten, haben ihren Namen noch weiter abgewandelt. Es ist möglich, dass der Name ursprünglich in einem Wort geschrieben und dann in Holland zu Van Selow umgewandelt wurde. Der von Herzog Carl I. in seiner Korrespondenz verwendete Name lautet Johan Michael van Selow. Der Zusatz van oder von bezeichnet normalerweise die geographische Herkunft einer Person oder seiner Familie. Leider haben sich in Seelow keine Akten erhalten, welche die Herkunft Johann Michaels von dort bestätigen würden. Der Familienname „Seelow“ kommt aber in der Umgebung vor. 17 Eine weitere, sehr wichtige Gruppe von Quellen, sind die Objekte selbst, die über verschiedene Aspekte, wie die verwendeten Materialien oder Herstellungsprozesse, Auskunft geben können. Erschwerend ist hier jedoch die Tatsache, dass es sich in allen Fällen nur um Zuschreibungen handelt, alle Schlussfolgerungen aus Untersuchungen also keine wirkliche Beweiskraft haben. Sie können lediglich unter der Annahme, dass es sich tatsächlich um Objekte der Manufaktur handelt, als Indizien herangezogen werden. 17 Freundliche E-Mail Auskunft von Michael Schimmel, verantwortlich für die Chronik der Stadt Seelow. 8 1.2 Biographische Skizze Im Verzeichnis derer im Jahre 1755 in der Stadt Braunschweig sich befindenden Künstler und Handwerker wird unter Nr. 8 „N.N. van Selou – ein Muschelarbeiter“ erfasst. 18 Es ist anzunehmen, dass Johann Michael van Selow zu diesem Zeitpunkt nach Braunschweig einwanderte und kein Braunschweiger Bürger war. Ein weiteres Indiz hierfür ist, dass man 1763 versuchte, das von Ausländern zu entrichtende Schutzgeld bei ihm einzutreiben. 19 Er scheint gleich eine Werkstatt gefunden zu haben, denn er war sofort in der Lage, neue Ware für die Wintermesse herzustellen. Am 4. und 7. Februar 1756 erschien eine Anzeige, in der zwar sein Name nicht erwähnt wird, die aber sehr wahrscheinlich die von ihm angebotenen Waren bewirbt. 6) es wird hiemit bekannt gemacht, daß auf dem Neuenhofe, auf dem sogenannten Spiegelsaal, währender itzigen Messe, diverse Gattungen große und kleine Tischblätter, plat de Menage, Schränkenaufsätze und dergleichen von Corallenarbeit zu verkaufen stehen; es ist dieses eine eigene und ganz neue Erfindung, und insbesondere zum täglichen Gebrauch so dauerhaft, wie steinerne Blätter; imgleichen sind auch einige von Seemuscheln verfertigte Kunststatuen, welche im Regen und der Luft beständig bleiben, daselbst zu finden. 20 Am 3., 6. und 10. März 1756 machte Van Selow in weiteren Anzeigen darauf aufmerksam, dass die bei der Wintermesse angebotenen Waren sehr frisch waren und noch trocknen müssen, ehe sie „dauerhaft wie steinerne Blätter“ werden. 2) Hr Vanselow macht hiermit bekannt, wie er alle Mittewochen den ganzen Tag auf dem Neuenhofe, auf dem sogenannten Spiegelsaale allhier, mit seiner Corallenarbeit und dergleichen zu gegen seyn wird. Damit aber 18 Stadtarchiv Braunschweig CVII 442, Pag 89,8 (171). 19 Fuhse (1909), S. 413. 20 Braunschweiger Anzeigen, 10. Stück, 4.2.1756, Spalten 167-168 und 11. Stück, 7.2.1756, Spalte 184. 9 niemand an der Dauer dieser seltsamen Arbeit zweifeln sollte: So garantiert derselbe dafür, bittet hingegen die frisch gemachte, und in letztverflossener hiesigen Wintermesse gekaufte, Arbeit nur bis den Sommer, an einem trockenen Orte, aufzubehalten, damit der Kitt völlig austrocknen und hart werden kann, künftig aber wird er sich bestreben allezeit trockene und gleich brauchbare Arbeit vorräthig zu haben. 21 Es ist verwunderlich, dass Van Selow bereits im März mit der Ausstellung seiner Waren im Spiegelsaal warb. Er scheint sich zwar darum bemüht zu haben, den Raum nutzen zu dürfen, es war ihm dies aber offensichtlich erst verwehrt worden. Zumindest die kostenlose Nutzung wurde ihm nicht erlaubt. Dies geht aus einem Brief hervor, den Van Selow am 21. April 1756 an Herzog Carl I. schrieb. 22 Hierin bat er den Herzog um Hilfe bei der „...versilberung meiner Statuen...“ durch die „...aufnahme meiner Fabric...“ Er bittet Carl um die Befreiung vom Standgeld für diesen Service für ein Jahr: Wolten nun Ewr Excellence die Gnade vor mich kleinen jungen Anfänger an diesem Ohrte haben, und mir nur das erste Jahr in Auswürckung der Freiheit von Standgelde behülfflich sein, da ich ohnedem nur den 4ten Teil vom gedachten Saale brauche, und vor fremde Kauffleute in der Meßzeit noch raum genug übrig bleibt, würde ich diese Gnade zeit lebens mit größter devotion erkennen. 23 Die Erlaubnis wurde am 23. April 1756 erteilt und dem Packhaus mitgeteilt. 24 Eine weitere Nachricht dieses Tages ist von Interesse. Offensichtlich hatte Van Selow vor dem 23. April auch um die Abhaltung einer Lotterie gebeten. Jedenfalls schrieb Carl I. an Bürgermeister Mund und bat ihn, eine kombinierte Waren- und Geldlotterie zu organisieren und zu veröffentlichen. Er sollte außerdem darauf achten, dass die Waren 21 Braunschweiger Anzeigen, 18. Stück, 3.3.1756, Spalte 317 f., XX Vermischte Nachrichten 2). sowie: 19. Stück, 6.3.1756, Spalte 334, XVI Vermischte Nachrichten 4) und 20. Stück, 10.3.1756, Spalte 350, XVI Vermischte Nachrichten 3). 22 NstA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 2. 23 Ebd. Rückseite von Blatt 2. 24 NstA WF, Akte 2 alt 14334, Blätter 4 und 5. 10 „nicht unbillig hoch angeschlagen werden“. 25 Es ist nicht bekannt, warum zu diesem Zeitpunkt eine Lotterie nötig war. Sehr wahrscheinlich handelte es sich jedoch um den Versuch, auf die Produktion aufmerksam, die Waren bekannter zu machen und somit den Absatz zu steigern. Wie in seinem Brief an den Herzog erwähnt, besaß Van Selow zu diesem Zeitpunkt bereits eine Fabrik, stellte also wohl eine größere Menge von Waren her. Es spricht ein gewisser Unternehmergeist aus der Art und Weise in der Van Selow sein Geschäft in Braunschweig betreibt. Früh nutzte er alle Mittel der Werbung, die ihm zur Verfügung standen, inklusive der Korrespondenz mit dem Herzog. Es wurde vermutet, dass Carl I., der das Kunsthandwerk in Braunschweig förderte, Van Selow in die Stadt gerufen hätte, doch gibt es keinen schriftlichen Beweis für diese Theorie. Es fällt lediglich auf, dass Van Selow immer wieder Unterstützung durch den Herzog erfuhr, sei dies in Form von Geld oder Privilegien der einen oder anderen Art. So erfolgte am 4. Juli 1756 ein Reskript: „Den Fabrikanten Joh. Michael van Selow 400 rf. auf ein halbes Jahr gegen übliche Zinsen vorzuleihen und solle seine auf dem Spiegel Saale befindliche Waare zur Sicherheit dienen“. 26 Van Selow annoncierte weiter in den Braunschweiger Anzeigen. Am 21. August 1756 machte er den Verkauf einer marmornen Tischplatte in Kommission bekannt. 27 Im Oktober und November 1756, wie auch im Februar 1757 erschienen Anzeigen, die auf die bevorstehende Warenlotterie von dem „Künstler, Joh. Mich. Van Selow” aufmerksam 25 Ebd. Blatt 4. 26 Zitiert nach Fuhse (1909), S. 412, Subskriptenbücher 24, 179. 27 Braunschweiger Anzeigen, 67. Stück, 21.8.1756, Spalte 1153. 11 machten „...von seiner neuerfundenen Arbeit, welche aus Grotten- Seemuscheln- und Corallenwerk besteht...“. 28 Die Planungen und der Losverkauf für die Lotterie zogen sich bis in den Oktober 1758 hin. Die Lotterie bestand „...aus 3. Classen, zu 12000. Loosen, worunter 5904. Gewinne sind, daß also mehrentheils gegen eine Niete ein Treffer kömt. Der Einsatz ist zur 1sten Classe 4. ggr. zur 2ten 8. ggr. und zur 3ten 12. ggr. hiesiger gangbarer Münze, das grosseste Loos aber besteht in der 1sten Classe aus 100. Thlr. in der 2ten aus 200. Thlr. und in der dritten aus 1000. Thlr.” 29 Der Absatz der Lose war wohl sehr zufrieden stellend. Immer wieder mahnte man die Sammler zu Eile, doch auch noch die letzten Lose zu erstehen und stellte den Abschluss aller Ziehungen bis zum Ende des Jahres in Aussicht. 30 Interessant ist in diesem Zusammenhang die räumliche Verteilung der Losverkaufsstellen. Zu den in den Braunschweiger Anzeigen erwähnten Orten zählen Braunschweig, Wolfenbüttel, Helmstedt, Blankenburg, Bremen, Goslar, Gandersheim, Hildesheim, Holzminden, Hannover, Königslutter, Nordhausen, Peine, Quedlinburg, Schöppenstedt, Seesen, Schöningen, Stadtallendorf, Calvörde, Giffhorn, Göttingen, Hamburg, Lüneburg und Münden. Es macht dies deutlich, welch großer Beliebtheit sich eine Lotterie im Allgemeinen und eine mit Waren der Corallenfabrik im speziellen erfreute. Der Harz scheint die südliche Grenze der Losverbreitung gewesen zu sein, während Hamburg die nördliche Grenze bildet. Am 28. und 30 Oktober 1758 wurde dann endlich die erste Klasse gezogen. 28 Braunschweiger Anzeigen, 83. Stück, 17.10.1756, Spalte 1415. Wiederholung der Anzeige: 95. Stück, 27.11.1756, Spalte 1611, XIX Vermischte Nachrichten 2). und 10 Stück, 2.2.1757, Spalte 178, X Lotterien. 29 Braunschweiger Anzeigen, 39. Stück, 17.5.1758, Spalte 622 f. 30 Braunschweiger Anzeigen, 49. Stück, 21.6.1758, Spalte 782 ff. 12 In der am 28. und 30. Oct. a.c. gezogenen 1sten Classe der Braunschweigischen Geld- und Corallenwaarenlotterie ist der grosseste Gewinn von 100. Thlrn. auf Nr. 717. nach Wolfenbüttel, der 2te Gewinn von 50. Thlrn. auf Nr. 2380. in Braunschweig, der dritte Gewinn von 25. Thlrn. auf Nr. 3750. in Braunschweig, und der 4te Gewinn von 25. Thlrn. auf Nr. 5440. nach Hannover, ersterer in des Kaufmanns, Hrn. Graaff, der 2te in des Kaufmannns, Hrn. Jeanvier, der 3te in des Kaufmanns, Hrn. Lüttjen, und der 4te in des Kaufmanns, Hrn. Winkler, Collectur gefallen. 31 Die Ziehung der 2. Klasse erfolgte am 11. Dezember 1758 und die dritte Klasse wurde am 26. und 27. Januar 1759 verlost. 32 Im Falle der letzten Ziehung kennen wir das Verhältnis von Geld- und Sachpreisen. Ein Gewinn im Wert von 600 Thlr teilt sich in 400 Thlr Geld und 200 Thlr Waren, einer von 200 Thlr. in 140 Thlr. an Geld und Sachpreise im Wert von 60 Thlr. Die Gewinne gingen nach Braunschweig, Stadtallendorf und Hannover. 33 Weitere Ziehungen scheinen am 14., 15. und 16. März 1759 vorgenommen worden zu sein, denn am 17. des Monats erschien folgende Anzeige: XIV Lotterien Bey der ferneren Ziehung der hiesigen gestern geendigten Geld- und Corallenwaaren- Lotterie ist der grösseste Gewinn von 1000. Thlr. als 700. Thlr. baar und 300. Thlr. an Waaren am 15. dies. auf Nr. 2608. in des Hrn. Liebau Collectur hieselbst und zwar nach Hannover, hingegen auf Nr. 4459. in des Hrn. Lüttjen Collectur hieselbst am 14. dies. ein Gewinn von 400. Thlr. als 300. Thlr. baar, und 100. Thlr. an Waaren und zwar nach Zelle, und auf Nr. 9033. in des Hrn. Graaf, zu Göttingen, Collectur am 3. dies. ein Gewinn von 60. Thlr. baar Geld, ferner am 16. dies. auf Nr. 8897. ein Gewinn von I. Toilette zu 60. Thlr. in Hrn. Besten Collectur nach Wolfenbüttel gefallen. Die Praemie vor dem größesten Gewinn von 50. Thlr. hat Nr. 1641. in Hrn. Graaf Collectur zu Wolfenbüttel, und eine gleiche Praemie nach demselben Nr. 2460. in Hrn. Jeanvier Collectur hieselbst, die Praemie für das letzte Loos aber Nr. 1908. in Hrn. Wolframs Collectur zu Helmstädt, erhalten. 34 Kammer- Kommissar v. Hantelmann übersandte am 5. Juli 1759 alle Akten der für den „...Corallen- Arbeiter, Johann Michael van Selow, mit seinen 31 Braunschweiger Anzeigen, 88.Stück, 4.11.1758, Spalte 1423 f. 32 Braunschweiger Anzeigen, 12. Stück, 10.2.1759, Spalte 205 und 15. Stück, 21.2.1759, Spalte 262. 33 Braunschweiger Anzeigen, 18. Stück, 3.3.1759, Spalte 318. 34 Braunschweiger Anzeigen, 22. Stück, 17.3.1759, Spalte 386. 13 Fabrick Waaren verstatteten Lotterie...“ an Herzog Carl I. 35 Aus der detaillierten Abrechnung geht hervor, dass Van Selow aus dieser Lotterie außer dem Absatz von Waren keinen Gewinn hatte, sondern im Gegenteil noch 100 Taler bezahlen sollte. Hiergegen beschloss dieser vorzugehen. Am 23. August 1759 schrieb er an den Herzog und bat um Klärung und Unterstützung in dieser Angelegenheit. 36 Er listete die Unkosten auf, die ihm durch Verzögerungen und andere Unwegsamkeiten entstanden waren, so „...daß überhaupt, statt eines der Lotterie Profits, sowohl an verzinsen zu habenden einigen Capitalien, als merklich erlittenen Schaden, an gezwungener Acceptirung, verruffener Geld und Müntz Sorten, Versäumniß und anderen Abgängen; würklich, bey 7 biß 800 r. zugesetzet, und alß nur denen verschiedenen Handwerks Leuten, die seit einigen Jahren, zu meinem Vorraht haben müßen; nutzen geschaffet.“ 37 Er bat um genauere Daten bezüglich des Honorars, das von Hantelmann für sich einbehalten hatte und zweifelte die Rechtmäßigkeit des angesetzten Betrages an. Ein weiterer Brief mit ähnlichem Inhalt folgte am 23. August. 38 Von Hantelmann reagierte am 26. August und legte minutiös seinen Eigenanteil an der Abwicklung der Lotterie dar. Er hatte alle Lose eigenhändig unterschrieben und in Van Selows Interesse sogar in den Mittags- und Abendstunden gearbeitet. 39 Van Selow ließ dies nicht gelten und beschuldigte ihn, sich 100 Taler zuviel an Gebühr zuerkannt zu haben. Die Angelegenheit zog sich bis zu einem Vergleich am 27. Oktober 1759 35 NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 10 v/r, 11 v. 36 NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 18, 19 v/r. 37 NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 18, 19 v/r. 38 NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 22 v/r. 39 NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 24 v/r, 25v/r, 26v/r und 27v. 14 hin. Hantelmann bezahlte 100 Taler an Van Selow und dieser verpflichtete sich, keine weiteren Ansprüche bezüglich der Lotterie zu erheben. 40 Im Jahr 1760 wurde es ruhig um Van Selow. Lediglich einige Erwähnungen von Corallenarbeiten, die von Privat zum Verkauf stehen, wie auch die Bitte, sich ans Adreßcomptoir zu wenden, falls man Corallentische abzugeben habe, zeigen, dass die Fabrik noch bestand. 41 Am 20. September 1761 fand er als Taufpate der Tochter des Kunstmalergesellen Conrad Ludolf Pfeiffer Erwähnung. 42 Dies ist der erste Hinweis auf eine Verbindung zwischen den beiden Männern. Sehr wahrscheinlich hatt der Maler Pfeiffer zu dieser Zeit bereits in der Corallenfabrik gearbeitet. 1763 bat Van Selow den Herzog wieder um Hilfe. Diesmal beschwert er sich, dass von ihm das von Ausländern zu zahlende Schutzgeld eingezogen wurde. Der Herzog maßregelte den Magistrat und fordert ihn auf, bevor man mit exekutiver Gewalt vorgehe, nach dem Privilegium zu fragen und, wenn dieses nicht vorhanden sei, „by allen anhero kommenden Künstlern“ bei ihm Verhaltensregeln zu erfragen. 43 „Wenige Monate später erfolgt dann auch das Privilegium, das van S. sowohl vom Schutzgelde, als anderen oneribus publ. befreit (Subskriptenbücher 31,090.31, 166. 31,823)“. 44 1764 war es auch, dass sich ein Anthon Wagener aus Amsterdam bezüglich einer Summe, die van Selow ihm schuldete, an den Herzog wandte. Leider haben sich der Brief aus Amsterdam und die Reaktion 40 NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 28- 42. 41 Braunschweiger Anzeigen, 24. Stück, 22.03.1760, Spalte 391, 25. Stück, 26.03.1760, Spalte 402, 39. Stück, 14.05.1760, Spalte 632 und 1.Oktober 1760, p. 1280, II Was zu kaufen. 42 Stadtarchiv Braunschweig G III 1, Band 23, S. 230 v. 43 Fuhse (1909), S. 413. 44 Ebd.. 15 darauf nicht erhalten, wohl aber ein Schreiben Carls, das auf den Vorfall Bezug nimmt: Ihr ersehet aus den Anlagen, was Anthon Wagener in Amsterdamm wegen einer an den hiesigen Corallen Arbeiter J. Michael van Selow habenden Geld Forderung untertänigst dargestellet hat, und was demselben darauf zur Resulotion erteilet worden. Ihr habt demnach demselben, wenn er sich bey euch melden wird, nach dem Gehalt dieser Resolution schleunig Justiz zu administriren. Braunschweig den 14ten Juni 1764. 45 Die für 1764 nachweisbaren Schulden ließen sich nicht mit einer Lieferung von Perlen oder anderen Rohmaterialien in Verbindung bringen. Nachforschungen haben ergeben, dass es zwar zwischen 1755 und 1780 einen Anthoni Waagener in Amsterdam gab 46 , doch ließ sich über dessen Beruf oder Tätigkeit nichts weiter herausfinden. Offensichtlich befürchtete der Herzog, Van Selow wolle außer Landes gehen. Er befahl deshalb Ende 1764, dieser solle sich nach jungen Leuten umtun, um sie in die Kunst der Korallenarbeit einzuweisen. Auch wurde erwogen, Van Selow ein Privilegium privativum, d. h. die alleinige Berechtigung zur Herstellung von Korallenwaren, zu gewähren. 47 Bewegung kam Anfang Januar 1765 in die Angelegenheit. Van Selow sollte die Konzession zu einer weiteren Lotterie unter der Bedingung erteilt werden, „...wenn er zuvor den Mahler Pfeifer in dieser Kunst gehörig unterrichtet, auch bei seinem Abzuge das zur Fabrik gehörige Werkzeug ohnentgeltlich in selbiger zurücklassen würde. Ob es ratsam Waisenmägde bei dieser Fabric zu gebrauchen, solches habe er zu prüfen und davon zu berichten.“ 48 Falls Pfeiffer nicht das nötige Geld zur Übernahme der Fabrik 45 Stadtarchiv Braunschweig, C VII 345, Blatt 1. 46 Taufregister Gemeentearchiv Amsterdam DTB Amsterdam 238 p. 45 (folio 23) [nr.5] und 263 p.10 (folio 5v) [nr. 9]. 47 Fuhse (1909), S. 413. 48 Zitiert nach Fuhse (1909), S. 413- 414. 16 aufbringen könne, dann solle man sich nach einem „Entrepreneur“, auf jeden Fall aber nach einem Verleger umsehen. Am 16. September 1765 wurde Kommissionsrat Lutterloh beauftragt, die Direktion einer neuen Lotterie zu übernehmen, durch die Corallenarbeiten zu Geld gemacht werden sollten. 49 Eine neue Person trat 1766 auf den Plan. Es handelt sich um Thiele Heinrich Eggeling, einen Tischler- Freimeister. Während Van Selow bis dahin bei dem zünftigen Meister Wemmering hatte arbeiten lassen und diesem noch 100 Taler schuldete, befürchtete die Gilde, er werde nun nur noch die Dienste Eggelings in Anspruch nehmen 50 , was offensichtlich für Van Selow finanziell vorteilhafter war. Eggeling scheint billiger gearbeitet zu haben als Wemmering 51 , für dessen Dienste ausserdem Abgaben an die Gilde zu leisten waren. Am 27.5 1766 wurde Conrad Ludolph Pfeiffer eine weitere Tochter geboren. Diesmal fungiert nicht Johann Michael van Selow als Taufpate, sondern Johann Lucas Vanselow übernahm diese Funktion in der St. Katharina Kirche. 52 Dies ist die erste und einzige Erwähnung einer zweiten Person mit dem Familiennamen Van Selow in Braunschweig, auf dessen Bedeutung weiter unten eingegangen wird. Im darauf folgenden Jahr (1767) scheint es mit dem Umsatz der Fabrik kontinuierlich bergab gegangen zu sein. Maler Pfeiffer ersuchte den Herzog, ihn mit anderer Arbeit zu betrauen, weil sein Einkommen in der Corallenfabrik zu gering sei. Carl lehnte dies ab, beauftragte aber Bürgermeister Koch, mit Van Selow zusammen Pläne zu einer 49 NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 45 v. 50 Stadtarchiv Braunschweig, C VII 345 Blatt 5/6 und Fuhse (1909), S. 415. 51 weitere Ausführungen zu diesem Thema sind in Kapitel 2.1 zu finden. 52 Stadtarchiv Braunschweig G III 1, Band 65, S. 716. 17 Absatzsteigerung auszuarbeiten. Außerdem wies er Mitarbeiter des Packhauses an, „dem van Selow durch die Meß Fieranten (Händler) [sic] auswärtigen Absatz zu verschaffen.“ 53 All dies scheint wenig erfolgreich gewesen zu sein. Van Selow wandte sich am 28. April 1767 54 in einem Brief an den Herzog um ihn auf seine schlechte finanzielle Lage aufmerksam zu machen. Es war ihm auferlegt worden, Pfeiffer und auch andere Arbeiter einzustellen, sein Absatz war jedoch so schlecht, dass er die Löhne nicht mehr zahlen konnte. Er hat den Maler „müßig gehen laßen müßen, welches Ihm aber nicht länger angestanden, sondern, geäußert, das Er nach Hildesheim ziehen und die Arbeit alldar anfangen wollte...“ Um dies zu verhindern hatte Van Selow ihn wieder eingestellt. Diese Situation fand er jedoch untragbar, wollte er doch keine großen Schulden machen. „...so habe mich auch genöhtiget gesehen, mein Hauß wieder zum Verckauf zu stellen, und wäre wohl mit Gnädigster Erlaubniß gesonnen, wieder nach Holland zu gehen, so findet also der Pfeiffer in meiner stelle sich geholfen.“ An dieser Stelle erwähnt Van Selow Holland als dasjenige Land, von dem aus er nach Braunschweig kam. Er bat den Herzog um eine weitere Lotterie, um nicht mittellos, oder wie er es ausdrückt: „mit den Jacobsstabe“, wieder abziehen zu müssen. Das Vertrauen in Van Selow scheint aber nachhaltig erschüttert zu sein. Man erlaubte ihm die Lotterie nicht, sondern verhandelte mit Pfeiffer über die Bedingungen seiner Übernahme der Fabrik. „van Selow wird das Anerbieten gemacht, seine Waren (natürlich unter der Voraussetzung, dass er von der Fabrik zurücktritt) für 1450 Taler zu übernehmen, ‚widrigenfalls man sich gar nicht mehr um seine Sache bekümmern 53 Fuhse (1909), S. 414. 54 NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 51. 18 wollte’.“ 55 Doch es kam nicht zu einem Abschluss mit Pfeiffer. Stattdessen erhielt Eggeling die Erlaubnis, gegen hypothekarische Sicherheit 1000 Thaler aus der fürstlichen Leihhauskasse zur Bezahlung der vorrätigen Waren zu leihen (9. August 1767). 56 Hiernach verliert sich die Spur des Johann Michael van Selow. Weder trat er weiter als Taufpate auf, noch lassen sich Todesdaten o. ä. ermitteln. Er verschwand so mysteriös wie er gekommen war. Man kann nur vermuten, dass er seine Absicht, wieder nach Holland zu gehen, in die Tat umsetzte. Neben der Nennung seines früheren Aufenthaltslandes durch Van Selow selbst im oben erwähnten Brief, sind die bereits erwähnten Schulden, die er bei Anton Wagener in Amsterdam hatte, ein weiterer Hinweis auf seine Verbindungen in die Niederlande. Franz Fuhse stellte daraufhin Nachforschungen in Amsterdam an, konnte aber nichts herausfinden. Tatsächlich lässt sich aber eine Familie Van Selow im 18. Jahrhundert in Amsterdam ermitteln. 57 Rutger van Selow (Vanslouw) wird als erster Vertreter der Familie in Amsterdam erwähnt. Er heiratete am 29. August 1727 Martha Andries. Laut Akte stammte er “van Hilgena. 58 Johann Michael (Johan Mighael) wird das erste Mal anlässlich seiner Hochzeit am 22. Oktober 1739 aktenkundig. Er vermählte sich, 34-jährig, mit der 22-jährigen Anna 55 Fuhse (1909), S. 414. 56 Fuhse (1909), S. 415, Subskr. 36216 57 Nachforschungen in anderen Archiven in den Niederlanden, wie z.B. Delft, Rotterdam, Utrecht und anderen, ergaben keinen einzigen Hinweis auf eine Person oder Familie dieses Namens. 58 Gemeentearchiv Amsterdam, Hochzeitsregister 716/128. Mit Hilgena könnte, laut der topographischen Konkordanz des Gemeentearchives, eventuell Helgenaes in Dänemark gemeint sein. 19 Berijder (* 1717). 59 In der Heiratsurkunde ist er erwähnt als von Libau kommend. Die Eheleute bezeugten 1741 die Taufe des Johann Michael, Sohn des Johannes ter Meulen und Cornelia Maria Peters. 60 Ebenfalls Taufzeugen waren sie für Rutger, den Sohn von Johan Michaels Bruder Rutger van Selow im Jahre 1742. 61 1743 wurde ihr erster eigener Sohn geboren, Johannes Lucas, für den Anna Bereijders Eltern (Johannes Bereijder und Anna Margaretha von Erpecom) als Taufzeugen fungierten. 62 Es finden sich noch weitere Personen mit dem Familiennamen Van Selow. Es scheint sich um eine größere Familie gehandelt zu haben, die nach und nach in Amsterdam ansässig wurde. 63 Was deutet nun darauf hin, dass es sich bei Johann Michael van Selow aus Amsterdam um den in Braunschweig um dieselbe Person handelt? Zum einen macht die Aktenlage recht deutlich, dass es eine Verbindung des Braunschweiger Namensvertreters mit Holland und genauer sogar mit Amsterdam gibt. Er äußerte dem Herzog gegenüber, nach dort zurückkehren zu wollen, scheint sich also früher dort aufgehalten zu haben. Zum anderen scheint es in Braunschweig sowohl einen Johann Michael, als auch einen Johannes Lucas gegeben zu haben. Dies ist ebenfalls der Name des Sohnes des Amsterdamer Van Selow. 1766, also im Jahr seiner Erwähnung als Taufpate für Pfeiffer, der für Johann Michael 59 Gemeentearchiv Amsterdam, Hochzeitsregister, 724/281. Hieraus lässt sich als Geburtsjahr 1705 ermitteln. 60 DTB Amsterdam 224 p. 85 (folio 52) [nr. 4]. 61 DTB Amsterdam 228 p. 107 (folio 64) [nr.9]. 62 DTB Amsterdam 226 p. 78 (folio 48v) [nr.11]. 63 Es handelt sich um folgende Personen: • Marcus van Selow (verheiratet mit Catharina Joosten, Vater von Rutgert (*1764), Coenradt (*1768), Jacoba (*1771), Anna Jacoba (*1772), Willemina Anna (*1774), Coenraad Joosten (*1779) und Maria (*1781) • Johan Jacob van Selow (1745 erwähnt als Taufzeuge für Margreta Rosina, die Tochter von Rutger van Selow und Marta Andries) • Lucas van Selow (verheiratet mit Barendina Louisa Maas und Maria Modesta Giesken) Er war 1768 Besitzer eines Hauses und Grundstücks in der Leidsewarsstraat, Grote, Ostseite, neben der Leidsstraat. 20 arbeitete, müsste er 23 Jahre alt gewesen sein, also in der Lage, diese Funktion zu erfüllen. Sowohl die Braunschweiger, als auch die Amsterdamer Van Selows gehörten der evangelisch lutherischen Kirche an. Es müsste sich schon um einen sehr großen Zufall handeln, sollte es wirklich gleich zwei Namensvetterpaare in Amsterdam und Braunschweig gegeben zu haben. Zudem scheinen die Namen nicht sehr häufig gewesen zu sein. Trotz der Vielzahl von Van Selows in Amsterdam finden sich dort im 18. Jahrhundert nur ein Johann Michael und nur ein Johannes Lucas. Angenommen es handelt sich bei den Namensvettern um jeweils ein und dieselbe Person, so ist es natürlich interessant, über das Leben des Amsterdamer Johann Michael mehr zu erfahren. Laut seiner Heiratsurkunde kam er aus Libau. 64 Dies muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass er in Libau geboren wurde, sondern dass dies sein letzter Aufenthaltsort war, bevor er nach Amsterdam kam. Anders als sein Bruder Rutger 65 , findet er sich nicht unter den Neuaufnahmen in die evangelisch- lutherische Gemeinde, doch kann dies bedeuten, dass er bereits ein registriertes Gemeindemitglied an einem anderen Ort war und als solches ohne weitere Formalitäten in Amsterdam aufgenommen wurde. 66 Nachforschungen haben bis jetzt keinen Träger des Namens Johann Michael van Selow in Libau zu Tage gefördert, es hat dort jedoch einen Lucas Vanselau gegeben, der am 3.3.1713 starb und am 19.3.1713 64 Hiermit ist sehr wahrscheinlich Libau in Lettland gemeint. Das Handelsunternehmen des Bruders Rutger hatte enge Beziehungen ins Baltikum und sandte regelmäßig Schiffe nach Libau. 65 Rutger wurde am 20. Januar 1730 aufgenommen und wurde dabei als von Hilgena stammend erfasst. 66 Freundliche Auskunft von Harmen Snel, Gemeentearchiv Amsterdam. 21 begraben wurde. 1709 und 1710 starben zwei seiner Kinder. 67 Ob es sich bei Lucas Vanselau um einen Verwandten handelte, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, es zeigt jedoch, dass Personen dieses Namens im frühen 18. Jahrhundert in Libau wohnten. Rutger und Johann Michael gründeten am 7. Oktober 1732 eine Handelskompanie und werden ab diesem Zeitpunkt, der sich aufgrund eines Vertrages genau bestimmen lässt, als Kaufleute erwähnt. 68 Johann Michael war in jenem Jahr 27 Jahre alt. Prokurationsverträge und „Wisselprotest[e]“ 69 geben über die Aktivitäten der Brüder Auskunft. Ihre Handelspartner stammten aus London, Wolgast, St. Petersburg, Bordeaux, Straalsund, Paris, Rotterdam, Helsinfors, Hamburg und Marseille. Am 3.7.1747 wurde Johan Michael van Selon 70 das letzte Mal im Rahmen einer kaufmännischen Transaktion in Amsterdam erwähnt. 71 Von da an führte Rutger die Geschäfte alleine weiter. Ab 1750 widmete er sich dem Ostseehandel. Er wird in „Bevrachtingscontract[en]“ als „Bevrachter“ diverser Schiffe erwähnt und ließ hauptsächlich Roggen, aber auch andere Güter nach Danzig, Libau und Königsberg transportieren und von dort „granen of andere goederen“ wieder zurück nach Amsterdam. 72 Von Johann Michael van Selow, seiner Frau Anna Bereijder und seinem Sohn Johannes Lucas gibt es nach 1747 in Amsterdam jedoch keine Spur mehr. 67 Schriftliche Auskunft von Heinz Raeder von der Deutsch-Baltischen Genealogischen Gesellschaft e.V. vom 12.09.2005. An dieser Stelle möchte ich Herrn Raeder für seine Nachforschungen herzlich danken. 68 Gemeentearchiv Amsterdam, Not. Arch. 8692/ 1669. 69 Einwände gegen Wechselgeschäfte. 70 Eine weitere Schreibweise des Namens. 71 Gemeentearchiv Amsterdam, Not. Arch. 11309-7. Es handelt sich um einen Wisselprotest. Van Selow bezahlt einen Wechsel nicht, weil er mit einem Johan Christian Tornicke aus Stettin wegen dessen Provision im Streit liegt. 72 Vgl. z. B. Not. Arch. 10426/ Akte 676, 624 oder 718. 22 Falls die Familie wirklich nach Braunschweig gezogen ist - wo hat sie sich zwischen 1747 und 1755 aufgehalten? Es ist sehr auffallend, dass Rutger 1750/51 diesen sehr intensiven Handel mit dem Baltikum betreibt. Verglichen mit der Ausdehnung des geschäftlichen Wirkens während der Zeit der gemeinsamen Firmenleitung, ist dies eine Einschränkung. Doch vielleicht kann man auch von einer Konzentration auf eine bestimmte Region sprechen. Nirgendwo findet sich ein Hinweis auf ein Scheitern der Geschäftsbeziehung, einen Streit oder einen Auflösungsvertrag. Kann es sein, dass Johann Michael ins Baltikum gezogen ist, um von dort aus das Unternehmen zu fördern? Leider ließ sich bis jetzt noch kein Beweis für diese Theorie finden. Unbeantwortet bleibt außerdem die Frage, wohin Van Selow sich wandte, als er Braunschweig verließ. In den dortigen Akten wird er einfach nicht mehr erwähnt. Er und auch Johannes Lucas scheinen nicht in Braunschweig gestorben zu sein. Es ist wahrscheinlicher, dass sie wirklich fortzogen. Als Indiz hierfür kann ein Brief Eggelings an Herzog Carl I. von 1770 herangezogen werden, in dem er einleitet, daß er „vor einigen Jahren die Korallen Fabrik von dem von hier gezogenen Korallen Fabrikanten van Selov Käuflich übernommen, und bislang fortgesezt, auch weiter fortsezzen werde.“ 73 In Amsterdam oder anderen niederländischen Städten wird er in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht erwähnt. Die Vermutung, dass er vielleicht nach Amerika auswanderte, wo sich viele „Van Selows“ niederließen, lässt sich bisher nicht untermauern. Zwar sind im späten 18. 73 NStA WF, Akte 2 alt 14384, Blatt 2, Brief von Eggeling an Carl I. vom 12. April 1770. 23 Jahrhundert einige Personen dieses Nachnamens in den USA nachzuweisen, doch niemanden mit den hier interessierenden Vornamen. 74 Johann Michael van Selow scheint nach seinem Weggang aus Braunschweig auch künstlerisch nicht mehr aktiv gewesen zu sein. Jedenfalls lassen sich keine Hinweise auf eine weitere Manufaktur dieser Art in einer anderen Stadt oder eine Weiterführung der Technik des Glasperlenmosaiks nach 1772 ausmachen. 74 Die entsprechenden Nachforschungen wurden über das Internet durchgeführt. Genealogische Sites wie www.ancestry.com greifen USA- weit Archive, Verzeichnisse, Passagierlisten, Gerichtsakten, Zeitungen und Foren ab. Auch eine gezielte Anfrage im Vanselow-Forum brachte kein Ergebnis. 24 1.3 Beruflicher Werdegang Beim Versuch, die Person Johann Michael van Selow genauer zu erfassen, müssen neben den biographischen Fragen auch solche nach seiner beruflichen Tätigkeit gestellt werden. Was hat er genau gemacht, was war seine Rolle in seinem Unternehmen? Wie bereits erwähnt, wurde er im Künstler- und Handwerker-Verzeichnis von 1755 als „Muschelarbeiter“ bezeichnet. Bürgermeister Mundt nannte ihn 1756 einen Künstler. 75 Im selben Jahr sprach der Herzog von ihm als „Fabrikanten“. 76 1759 findet sich die Bezeichnung „Corallen-Arbeiter“ 77 und 1765 „Corallen-Fabrikant“ 78 . Offensichtlich brachte Van Selow die Idee, Tischplatten mit Glasperlen zu verzieren, mit nach Braunschweig. Er gründet keinen Handwerksbetrieb, sondern eine Fabrik, in der mehrere Personen arbeiten. 79 Das Wesen der Manufaktur Van Selows ist vergleichbar mit einer Beschreibung Christa Schandelmaiers von Fayencemanufakturen in Deutschland zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert, die von holländischen Unternehmern gegründet wurden 80 : Der Landesherr gewährte finanzielle Hilfen zum Aufbau, er stellte Räume und Brennholz aus den eigenen Wäldern zur Verfügung, gewährte umfangreiche Privilegien, langfristige Konzessionen und unterstützte den Handel durch Zollerleichterungen......Der Inhaber einer Konzession zur Manufakturgründung wurde von der Obrigkeit in seinen Rechten geschützt, wobei der Geheime Rat, das heißt die Administration des Landes, keine Auseinandersetzung scheute. 75 NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 4 v/ r, 5 v. 76 Fuhse (1909), S. 412. 77 NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 10 v/r, 11 v. 78 Fuhse (1909), S. 413 f. 79 Zedler (1732- 1754), Bd. 9, S. 35: „Fabric, Officina, Manufacture, eine Werkstätte, da eine gewisse Art von allerhand Waaren verfertigt wird. Zum Exempel eine Gold- Silber- Seiden- Strümpff Fabric und dergleichen.“. 80 Sie bezieht sich insbesondere auf die Fayencemanufakturen in Braunschweig, Hannoversch Münden und Wrisbergholzen. 25 Fremden Fabrikanten wurden in der Regel die Bürgerrechte kostenfrei gewährt. 81 Im Gegensatz zum traditionellen Handwerksbetrieb handelt es sich bei einer Manufaktur oder Fabrik um eine neue Betriebsstruktur des vorindustriellen Zeitalters. Charakteristisch ist, dass nicht eine Person das gesamte Objekt herstellt, sondern dass „durch rationelle Arbeitsverteilung auf mehrere Kräfte vom künstlerischen Entwurfsmodell bis zum letzten einfachen Handgriff eine Produktion größeren Ausmaßes möglich wurde.“ 82 Man konnte durch diese Arbeitsweise auf Vorrat produzieren und war nicht mehr von Aufträgen abhängig. Nicht der unmittelbare Auftraggeber bestimmte das Aussehen des Stückes, sondern der Modegeschmack der potentiellen Käufer beeinflusste die Auswahl der Motive. Die auf Vorrat produzierten Objekte mussten abgesetzt werden. Dies geschah auf unterschiedliche Weise, durch Handelsniederlassungen, Verkauf auf Messen oder den Vertrieb durch Händler und Hausierer. Half das alles nicht, wie bei Van Selow zum Beispiel, veranstaltete man eine oder mehrere Lotterien. Diese leerten die Lager, machten die Objekte bei einem weiteren Personenkreis bekannter und brachten Geld in die Kasse. Alles deutet darauf hin, dass es sich bei der Korallenfabrik um ein arbeitsteiliges Unternehmen handelte. In den ersten zehn Jahren des Bestehens der Fabrik sind keine Mitarbeiter schriftlich erwähnt, doch ist anzunehmen, daß Van Selows Sohn Johannes Lucas, wie auch unerwähnt gebliebene Hilfskräfte mitarbeiteten und Sub- Unternehmer beschäftigt wurden. Namensnennungen häufen sich ab der Mitte der 60er Jahre. Maler Pfeiffer wird unter anderem im Zusammenhang mit der Übernahme der 81 Schandelmaier (1993), S. 18. 82 Schandelmaier (1993), S. 19. 26 Fabrik 1765-67aktenkundig,. 83 Es ist nahe liegend, dass er ab diesem Zeitpunkt die Produkt- bzw. Dekorentwürfe anfertigte. Da der Herzog prüfen lässt, ob es möglich sei, Waisenmägde bei Van Selow zu beschäftigen, kann man davon ausgehen, dass weitere Hilfskräfte, oder angelernte Arbeiter benötigt wurden. 84 Es lässt sich nicht feststellen, ob Van Selow selbst handwerklich arbeitete. Er tritt immer im Zusammenhang mit unternehmerischen Schwierigkeiten oder Fragen in Erscheinung, doch muss das nicht zwangsläufig bedeuten, dass er im Betrieb nicht mitarbeitete. Die Geschwindigkeit, mit der er in Braunschweig sesshaft wird und das Unternehmen anstößt, zeugt von Geschick, wenn nicht gar von Kenntnis und Erfahrung im Handel. Sofort macht er von allen vorhandenen Mitteln der Werbung Gebrauch, um seine Produkte bekanntzumachen und zu verkaufen. Er nutzt gleich die nächste Messe zum Verkauf, auch wenn seine Waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht in verkaufsfertigem Zustand sind, er annonciert in den Braunschweiger Anzeigen und wendet sich immer wieder persönlich an die Käufer. Er erwirkt die Erlaubnis, auch außerhalb der Messe regelmäßig auszustellen und setzt eine Lotterie ein, um sich einen größeren Bekanntheitsgrad zu verschaffen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Van Selow nicht nur eigene Produkte, sondern auch Waren in Kommission verkaufte. 85 Nicht viele Handwerker in Braunschweig machten von der Möglichkeit, durch Zeitungsannoncen auf ihre Waren aufmerksam zu machen, Gebrauch. Ausnahmen bilden die Tischlermeister Johann Grade und 83 Siehe z. B. Fuhse (1909), S. 413 oder NStA WF, Akte 2 alt 14334 Blatt 51 v/ r. 84 Fuhse (1909), S. 413 f. 85 Braunschweiger Anzeigen, 67. Stück, 21.8.1756, Spalte 1153. 27 Johann Esaias Krüger, die sich mit regelmäßigen, längeren Anzeigen immer wieder in Erinnerung brachten. 86 Die Vielzahl von unterschiedlichen Gegenständen, die im Zusammenhang mit Lotterien Erwähnung finden und von denen unklar ist, ob sie wirklich in der Manufaktur selbst hergestellt wurden (s. Kapitel 4), lässt die Frage zu, ob Van Selow nicht vorrangig als Unternehmer und Händler und erst in zweiter Linie als Künstler oder Handwerker tätig war. Dass er versucht haben könnte sein Angebot zu erweitern, um zu den Tischen oder anderen perlenverzierten Gegenständen passende Luxusgüter und Dekorationsgegenstände anbieten zu können ist nahe liegend. Im Laufe des 18. Jahrhunderts mussten sich die Handwerker zunehmend auch um den Verkauf ihrer Produkte kümmern. Eine große Auswahl von Möbelnovitäten wurde in den Braunschweiger Anzeigen beworben. Dies deutet darauf hin, dass man absatzorientiert und marktwirtschaftlich arbeitete, was bisher nur den Mainzer Hoftischlern der Möbelmanufaktur des David Roentgen in Neuwied und den Pariser Ebenisten zugebilligt worden war. 87 Es scheint, um einen immer weiter wachsenden Markt und die Nachfrage nach einer großen Vielzahl von Luxusgütern befriedigen zu können, zu einer Aufweichung der strikten Abgrenzung zwischen Herstellern und Händlern gekommen zu sein. In Paris waren es insbesondere die Ebenisten, die durch die Vergabe von Unteraufträgen für Teile von Möbeln und ein großes Netz von Zulieferern die Zuordnung zu dem einen oder anderen Gewerbe erschwerten. Carolyn Sargentson beschäftigt sich 86 Winter (1995), S. 101. 87 Ebd. S. 97 ff. 28 eingehend mit diesem Thema und dem Einfluss der Händler auf das Design und die Verwendung von Materialien an Luxusgütern und Modeartikeln des 18.Jahrhunderts. Unter anderem sagt sie: Within the furniture market, a number of artisans and merchants competed and overlapped. A marchand de meubles was more often a cabinet-maker (menusier-ébéniste) than a mercer, who would have traded in a wider range of goods than furniture. Sometimes this term seems to have been used to designate a cabinet-maker who ran a middle-sized or large enterprise involving considerable sub-contracting. As maître ébéniste, his stamp would have been used for furniture leaving the workshop, though in no way acted as a guarantee that he manufactured it himself. 88 Zwar ging man in Braunschweig nicht so weit, Möbel ganz in Unteraufträgen herstellen zu lassen, doch konnten die Regeln der Gildeordnung auch hier gebeugt werden, wenn es um den Absatz von Waren ging. 1692 wurden Handwerksmeister, die vorbereitend für die Braunschweiger Messe arbeiteten von einigen der Beschränkungen der Gildeordnung entbunden und konnten zusätzliche Gesellen einstellen. Man stellte gemeinsam in einem Saal auf der Galerie des Neuen Hofes aus und schuf, durch die Zusammenlegung einer ganzen Warengruppe an einem Ort, wettbewerbsähnliche Verhältnisse. 89 Als Fabrikant war Van Selow per se in einer anderen Situation als die zünftigen Tischler in Braunschweig. Er war auf Sub- Kontrakte angewiesen, um seine Waren herstellen zu können und genoss in diesem Bereich einige Freiheit durch die Unterstützung und den Schutz, den der Herzog ihm gewährte. Von Beginn seines Unternehmertums in Braunschweig bietet er eine Vielzahl von Objekten für den Verkauf an. Leider lassen die schriftlichen Quellen in der Frage des genauen Wesens seines Unternehmens oder all seiner Facetten keine eindeutige Festlegung 88 Sargentson (1996), S. 20 ff. 89 Winter (1995), S. 99. 29 zu. Es verdichten sich jedoch die Hinweise auf vielfältigere Tätigkeitsbereiche als bisher angenommen. Man kann Van Selow ein gewisses Selbstbewusstsein bescheinigen. Er scheut sich nicht, sich immer wieder an den Herzog persönlich zu wenden, sei es mit der Bitte um Geld oder Privilegien unterschiedlicher Art. Als es nach der ersten Lotterie zum Streit mit von Hantelmann kommt, setzt er sich selbstsicher und selbstbewusst zur Wehr und erwirkt, obwohl es nur zu einem Vergleich kommt, dass er nichts zahlen muss sondern ihm sogar 100 Taler ausgezahlt werden. Auch Streitigkeiten mit der Tischlergilde können unter Einschaltung Herzog Carls I. im Sinne Van Selows beigelegt werden. Ihm erwächst daraus der Vorteil, nicht teuer bei einem Gildemeister, sondern preiswerter bei einem Freimeister arbeiten lassen zu können. Ab 1764 lässt sich ein Wandel im Verhalten des Herzogs gegenüber Van Selow feststellen. Da er befürchtet, dieser könne außer Landes gehen und die Geheimnisse der Korallenkunst mit sich nehmen, soll er junge Leute anlernen. Im Gegensatz hierzu steht Van Selows Antrag auf das Privilegium privativum, ein Monopol auf die Herstellung von Korallenwaren. 90 Offensichtlich war er sehr bestrebt, seine Rezepte oder Techniken zu schützen. Wie bereits ausführlich dargelegt, ist Van Selow weiterhin in finanziellen Schwierigkeiten. Zwar ist es denkbar, dass seine unternehmerischen Kenntnisse nicht ausreichend waren, den dauerhaften Absatz der Corallenwaren zu gewährleisten, es ist aber auch möglich, dass der schlechte Absatz auf die Sättigung des Marktes zurückzuführen ist. Rechnet man die Produktmengenangaben der im Zusammenhang mit 90 S. Fuhse (1909), S. 413. 30 Lotterien angefertigten Listen hoch, so kann man davon ausgehen, dass Tausende von Glasperlenobjekten unterschiedlicher Art in kurzer Zeit angefertigt wurden. Man stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, warum Carl I. so viel Geduld, Fürsorge und Geld in einen zugereisten Künstler investiert. Zu erklären ist dies nur damit, dass es sich um den Versuch handelt, die Ansiedlung von Kunsthandwerksbetrieben, die ungewöhnliche Luxusgüter herstellten, zu befördern. Der Herzog steht hierbei in der Tradition seiner Vorgänger Anton Ulrich (1685-1714) und August Wilhelm (1714-1731). Andere Betriebe, deren Gründung und Fortkommen unterstützt wurden, waren z. B. die beiden Braunschweiger Fayencemanufakturen und die Porzellanmanufaktur in Fürstenberg, wie auch die Stobwasserschen Lackwaren. Franz-Josef Christiani erklärt diese Entwicklung mit dem Versuch der Herzöge, eine „Bedeutungsaufwertung“ gegenüber dem Herzogtum Hannover vorzunehmen. Durch die großen repräsentativen Bauaufgaben, wie der Erweiterung des Wolfenbütteler Schlosses seit der Mitte des 17. Jahrhunderts, dem Bau des Lustschlosses Salzdahlum ab 1688 und der Errichtung der neuen Residenz in Braunschweig (Baubeginn 1718) wurde ein höfischer Stil gefördert, bedurften die vielen neuen Räume doch einer repräsentativen Innenausstattung. 91 Van Selow kam dem herzoglichen Ansinnen nach und stellte Maler Pfeiffer und weitere Leute ein, klagt jedoch drei Jahre später in einem Brief an den Herzog darüber, dass nun sein Lager voll, der Absatz aber nicht besser sei. 92 Er befürchtete außerdem, Pfeiffer könne mit seinen neu erworbenen Kenntnissen über die Fabrik nach Hildesheim gehen, um dort eine Fabrik 91 Christiani in Spies (1995), S. 24 92 NStA Wolfenbüttel, Akte 2 alt 14334 Blatt 51 v/r. 31 zu eröffnen. Offensichtlich hat die Vergrößerung der Fabrik nicht den vom Herzog gewünschten Erfolg einer Sicherung und finanziellen Konsolidierung, sondern einen gegenteiligen Effekt, bedingt durch eine Angebotssteigerung, die der Markt nicht fassen konnte. Schon 1765 hatte van Selow die Absicht geäußert, Braunschweig zu verlassen. Offensichtlich war ihm die schlechte Absatzlage bewusst und er versuchte, mit Hilfe einer Lotterie noch den höchstmöglichen Gewinn aus dem Unternehmen zu erzielen. Die Lotterie verzögerte sich, war zudem an die bereits erwähnten Bedingungen geknüpft und wurde letztlich ganz abgelehnt. Stattdessen bot man Van Selow an, ihm 1450 Taler für seine Waren zu zahlen. Dieser hatte aber wohl andere Pläne und verkaufte statt an Pfeiffer an Thiele Heinrich Eggeling, den Tischlerfreimeister, der viele Holzarbeiten für ihn gefertigt hatte. Über den Kaufpreis ist nichts bekannt, doch lieh sich Eggeling, wie bereits erwähnt, 1000 Taler aus der fürstlichen Leihauskasse zur Bezahlung vorrätiger Waren. 93 Man kann also wohl davon ausgehen, dass die Summe, die Van Selow letztlich erhielt, sich im Bereich des Schätzpreises bewegte. Etwas seltsam im Zusammenhang mit dem Verkauf der Fabrik ist eine Zeitungsanzeige von 1768: Vermischte Nachrichten Da der itzige Entrepeneur der hiesigen Corallenwaaren- Fabrik gewisser Umstände wegen behindert wird, selbige ferner zu betreiben, so ist ihm auf unterthänigstes Ansuchen die höchste Erlaubniß erteilet, diese Corallenwaaren- Fabrik demjenigen, so solche ferner fortsetzen zu lassen entschlossen ist, zu überlassen. Mir Endesbenannten ist vi specialis commissionis die Regulirung dieser Sache gnädigst aufbefohlen: Es kann daher jeder, so zu Annahme dieser Corallenwaaren- Fabrik Lust und Belieben hat, sich bey mir melden, und die sehr billigen Bedingungen, so bey der Annahme der Fabrik einzugehen verlangt werden, erfahren. J.H. Lutterloh Fürstl. Braunschw. Lüneb. Commissions Rath hieselbst“ 94 93 Fuhse (1909), S. 415. 94 Braunschweiger Anzeigen, 63. Stück, 13.8.1768, Spalte 800. 32 Eigentlich müsste zu diesem Zeitpunkt Eggeling bereits der Fabrik vorgestanden haben. Ob es bei der Übernahme Schwierigkeiten gab, ob er kurzzeitig vom Kauf Abstand genommen hat, oder zu diesem Zeitpunkt bereits die Fabrik wieder abgeben wollte, ist nicht bekannt. Wie bereits gesagt, ist nichts darüber bekannt, ob Van Selow seinen, dem Herzog gegenüber geäußerten Plan, wieder zurück nach Holland zu gehen, wahr gemacht hat, er scheint aber Braunschweig verlassen und seine Fabrik zurückgelassen zu haben. Es finden sich keine weiteren Erwähnungen in den Archiven und keine Briefe an den Herzog mehr nach dieser Zeit. 33 2 Die Corallenfabrik nach Van Selow Während über viele Jahre des Bestehens der Corallenfabrik keinerlei Mitarbeiter namentlich bekannt sind, werden gegen Ende der Wirkungszeit Johann Michael van Selows mehrere Personen im Zusammenhang mit der Manufaktur aktenkundig. Es sind dies in erster Linie ein Maler und ein Tischler, die über einige Jahre in engem Verhältnis zu Van Selow standen und dann, nach seinem Weggang, das Fortbestehen des Betriebes gewährleisteten. Wie bereits im letzten Kapitel erwähnt gibt es auch Hinweise darauf, dass Hilfskräfte oder angelernte Arbeiter beschäftigt wurden. 2.1 Thiele Heinrich Eggeling Nach der Übernahme leitete Eggeling die Corallenfabrik von 1768 bis 1772. Thiele Heinrich Eggeling diente acht Jahre lang in Braunschweig als Soldat. 95 Als er durch eine Verletzung an der linken Seite, die er sich bei der Sprengung einer Munitionskarre zugezogen hatte, kriegsuntauglich wurde, schied er aus dem Dienst. 1758 beantragte er beim Herzog eine Konzession auf die Leistung von Tischlerarbeit. Carl I. gewährte ihm: “Tischer Arbeit zu verfertigen, so viel er nemlich mit seiner eigenen Hand wird beschicken können.“ 96 Dies qualifizierte Eggeling, als so genannter Freimeister zu arbeiten. 95 Er war wohl zuletzt Grenadier. Jedenfalls findet sich diese Rangbezeichnung anlässlich der Taufe seines Sohnes 1760 (Stadtarchiv Braunschweig G III 1, Band 9, S. 180) 96 Zitiert nach Fuhse (1909), S. 412. Fuhse hat viele Akten zu Eggeling zusammengetragen. Dieses Kapitel fußt zum Teil auf seinem Aufsatz. 34 Die Vorschriften der Braunschweiger Gilde bezüglich der Arbeiten, die ein Tischler ausführen, wie viele Personen er beschäftigen durfte und wie er die Meisterwürde erlangen konnte, waren recht strikt und detailliert. Die erste Gildeordnung mit der Festlegung eines bestimmten Meisterstückes stammt aus dem Jahre 1549. 97 Änderungen des Meisterstückes gab es danach mehrfach. 1685 bis 1798 musste ein großer ‚Schapp nach der Architectur (...), von 4 Ellen hoch mit zwen Türen’ 98 hergestellt werden, wollte man die Meisterwürde erlangen. Die Vorschriften der Gilde waren recht streng und regelten den Werkstattbetrieb und die Ausbildung der Tischler. Die Erlangung der Meisterwürde war nicht leicht. Seit 1692 wurde eine Lehrzeit von vier Jahren und ein Lehrgeld von ca. 10 Reichstalern gefordert. Die Ausbildung beinhaltete praktische und theoretische Teile, die bei der Gesellenprüfung abgefragt wurden. Der Geselle musste, wenn er Meister werden wollte, mindestens sechs Gesellenjahre absolvieren, von denen seit 1717 vier auf Wanderschaft abgeleistet werden sollten. Kam er nach Braunschweig zurück, suchte er sich einen Meisterbetrieb für die verbleibenden Gesellenjahre. Dann konnte er sich zur Meisterprüfung anmelden. Es folgten drei so genannte „Muthjahre“, in denen der Meisteranwärter mit Gesellenlohn arbeiten musste. Diese wurden 1731 von der Regierung abgeschafft. Die Zulassung war ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Meisterwürde. Hierbei wurden Geburtsbrief, Kundschaften (Nachweis der Wanderjahre) und andere Voraussetzungen von den Altmeistern geprüft. War der Geselle zugelassen, wurde er zum 97 Andrea Winter hat die Akten zur Braunschweiger Tischlergilde in ihrer Dissertation aufgearbeitet, s. Winter (1995). 98 Zitiert nach Winter (1995), S. 65. 35 Stückmeister, der mit dem Entwurf für sein Meistermöbel beginnen durfte. 99 Der Ausbildung der Gesellen in der Zeichenkunst und in den klassischen Säulenordnungen wurde sehr großes Gewicht beigemessen. Ohne einen Aufriss eines Kleiderschrankes konnte kein Geselle Meister werden und höchstens die Rechte eines Freimeisters beanspruchen. Als Freimeister galten in Braunschweig solche Tischlergesellen, die nicht Mitglieder der Gilde waren, sondern mit einer Konzession des Herzogs auf eigene Rechnung arbeiteten. Meistens handelte es sich um Gesellen, die im herrschaftlichen Dienstverhältnis gestanden hatten und durch diese Regelung nach ihrer Entlassung die Möglichkeit erhielten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie mussten kein Meisterstück vorweisen bzw. waren an der Fertigung des Meisterrisses gescheitert, wie bereits oben erwähnt. 100 Ein Freimeister durfte keine Möbel anfertigen, konnte nicht bei Bauaufträgen beschäftigt werden und durfte überdies auch keine Lehrlinge oder Hilfskräfte haben. Theoretisch war er damit auf die Anfertigung kleiner Holzarbeiten, wie Fußbänke, Nähladen, Rahmen, Stiefelknechte u.s.w. beschränkt. Eine weitere Arbeitsmöglichkeit bestand für Freimeister in den Braunschweiger Manufakturen, wo sie von Unternehmern wie Stobwasser, Van Selow, Oden oder Bütemeister beschäftigt wurden. Diese umgingen damit den Meistergroschen, der fällig geworden wäre, wenn sie ordnungsgemäß einen Gesellen für eine Arbeit ausgeliehen hätten. 99 Die detaillierte Beschreibung des Weges vom Gesellen zum Meister ist bei Winter (1995) zu finden, S. 47 ff. 100 Winter (1995), S. 83 und Anm. 144:“Ein jeder Stückmeister und auch ein jeder Meister müße Risse verfertigen und danach arbeiten können, sonst bleibe ein solcher immer ein Pfuscher.“. 36 Über die Einhaltung dieser Vorschriften wachten die Gildemeister mit Argusaugen. Sie fühlten sich von den Freimeistern bedroht und ihrer Arbeit beraubt. Dass diese Angst zum Teil berechtigt war, zeigen die permanenten Auseinandersetzungen des Freimeisters Eggeling mit der Tischlergilde. Eggeling fiel in den Jahren nach 1758 immer wieder auf. Zweimal wurde er beschuldigt, bei Arbeiten Hilfe in Anspruch genommen zu haben. Die Freimeisterkonzession schloss jedoch die Beschäftigung anderer Tischler oder Hilfskräfte nicht ein. Die Gilde beschuldigte ihn im Januar 1763, bei Arbeiten am Friedenfelsischen Haus am Eiermarkt hätten ihm sein Bruder und zwei Artilleristen geholfen. Das brachte ihm eine Strafe von drei Mariengroschen ein. Im November desselben Jahres wurde ein Wiederholungsfall aktenkundig und Klage gegen Eggeling eingereicht. Dieser plädierte jedoch unschuldig, worauf die Gilde den Beweis für seine Schuld erbringen musste. Dies gelingt ihr nicht, und Eggeling wird freigesprochen. 1765 kam er hingegen nicht so glimpflich davon. Herzog Carl I. belegte ihn mit einer Strafe von fünf Talern für die wiederholte Beschäftigung eines beurlaubten Artilleristen. 101 Außerdem wurde er verwarnt, dass man ihm die Konzession entziehe, unterlasse er diese Zuwiderhandlungen gegen die Gildeordnung nicht. Eggeling war zahlungsunfähig und saß daher seine Strafe im Bürgergehorsam ab. 1766 wurde er wieder zu fünf Talern Strafe verurteilt. Diesmal bezichtigte man ihn der unerlaubten Bauschreinerei. 102 Dies ist auch das Jahr, in dem die 101 Fuhse (1909), S. 412. 102 Winter (1995), S. 46, Anm. 40: Verweis auf Stadtarchiv Braunschweig, C VII T 1 vol. II: 449 (1766). 37 Zusammenarbeit zwischen Van Selow und Eggeling zum ersten Mal aktenkundig wird. Am 6. Februar erließ Herzog Carl I. folgendes Reskript: Da der hiesige Fabricant Van Selow untertänigst nachgesuchet hat, daß allen Tischlern welche Behuef seiner Corallen- Fabric einige Arbeit machen müssen, solches zu thun ungehindert gestattet werden möge, wir auf sotanen Suchen gnädigst deferiret; so habet ihr die Verfügung zu machen, daß den Tischlern welche bey dem Supplicanten Behuef seiner Fabric arbeiten, darum keine Hinderung von der Gilde gemacht werde, auch habet ihr in vorkommenden Fällen, ehe vom Polizey Departements wegen etwas dieserhalb verfüget wird zutun davon untertänigst zu berichten. 103 Die Gilde wehrte sich hiergegen. Sie machte am 22. Februar eine Eingabe und wies den Herzog darauf hin, seine Wortwahl sei zu allgemein. Man fand „da das Wort Tischler alzugemeine und auch Pfuscher unter sich begreifen könnte, ihrer Gilde hochgeneigt nachgelassen werden möchten, daß sie dieserhalben Ihro Herzogl. Durchl. Untertänigst Vorstellung thun durften.“ 104 Der Herzog blieb trotz dieser Eingabe bei seiner Zusage, dass jeder Tischler bei Van Selow arbeiten dürfe, auch wenn dies bedeutete, dass der Fabrikant dem Gildetischler Wemmering über 100 Taler schuldig blieb und nur noch bei Eggeling arbeiten ließ, für den er nichts an die Gilde zahlen musste. 105 Die Gilde versuchte noch ein weiteres Mal, Eggeling die Konzession entziehen zu lassen. Unter anderem schrieb man dem Herzog: Daß der Invalide wegen der einberichteten Umstände für dasmahl mit 3 Taler Strafe zu belegen, aufen den Wiederbetretungsfall aber mit Abnahme der ihm ertheileten gnädigsten Concession zu verfahren. Diesen ohnbehindert hat der Bekl(agte) beständig auf vorigte Art fortgearbeitet, und Gesellen gehalten. Er hat sich auch nicht gescheuet, unsere Arbeit an verschiedenen Orten abspänstig zu machen wovon ein klares Beispiel, die Arbeit bey dem Fabricanten Vanselow abgiebet, welcher von Serenissimo ein gnädigstes Rescript, unterthänigst extrahiret, daß ihm alle Tischler alhie arbeiten sollen, wie solches das sub Lit.A. eingelegte Protocollum vom 22ten Hujus des unseren besaget. Er hat aber diese Arbeit allein an sich gezogen und bis daher keiner von denen Klägern hievon ein Stück verfertiget, sondern wie Vanselow deshalber von letztern besprochen 103 Stadtarchiv Braunschweig C VII 345 Korallenfabrik, Blatt 3. 104 Stadtarchiv Braunschweig, C VII 345 Korallenfabrik, Blatt 7. 105 Fuhse (1909), S. 415: Polizeiakte d. d. 27. Febr. 1766. S.a. Fuhse (1911), S. 16: Fabrikanten mussten, wenn sie Tischlergesellen für einen längeren Zeitraum beschäftigen wollten, diese von einem Gildemeister leihen und dafür den Meisterlohn bezahlen. 38 worden, fürgegeben, daß er seine Arbeit nöthig häthe, da jener Bekl(agte)r mit seinen Gesellen ihm solche verfertiget..... 106 Offensichtlich entwickelte sich eine enge geschäftliche Beziehung zwischen Van Selow und Eggeling. Kaum war es ihm offiziell erlaubt für den Fabrikanten zu arbeiten, gab er auf eine Gildebeschwerde hin zu: “daß er in den letzten drei Monaten drei Dosin (Dutzend) [sic] Tischblätter für jenen gefertigt habe.“ 107 Van Selow versuchte, Eggeling in Bezug auf eine Strafe von fünf Talern zu helfen, die dieser wegen der Beschäftigung eines Gehilfen zahlen sollte und schrieb an den Herzog. Dieser ging der Beschwerde nach, damit auch kontrollierend, ob seine Anweisung, die Arbeit bei Van Selow nicht zu behindern, befolgt würde. Es stellte sich heraus, dass die Strafe aufgrund eines Vorfalls verhängt worden war, der sich vor dem herzoglichen Reskript ereignet hatte und daher rechtmäßig war. 108 Ende des Jahres 1767 erhielt Eggeling Geld aus der Leihauskasse zum Kauf der Corallenfabrik. Die bereits erwähnte Suche nach einem Entrepreneur in den Braunschweiger Anzeigen im darauf folgenden Jahr lässt vielleicht den Schluss zu, dass es bei der Übergabe des Betriebes Schwierigkeiten gab. 109 Es können dies Streitigkeiten wegen des Preises gewesen sein, oder Probleme in der rechtlichen Abwicklung. Möglich ist auch, dass Eggeling in einen wirtschaftlichen Engpass geriet und die Fabrik so schnell wie möglich wieder abgeben wollte. Dies ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr bat Eggeling den Herzog am 11. April 1770, ihm die Konzession für eine Geld- und Warenlotterie zu erteilen: 106 Fuhse (1909), S. 412 und Stadtarchiv Braunschweig, C VII 345 Korallenfabrik, Blatt 5/6. 107 Fuhse (1909), S. 412. 108 Stadtarchiv Braunschweig C VII 345 Korallenfabrik, Blatt 8/9. 109 Braunschweiger Anzeigen, 63. Stück, 13.8.1768, Spalte 800. 39 Ew. Herzoglichen Durchl. beruhet in Gnädigsten Andenken, wie ich vor einigen Jahren die Korallen Fabrik von dem von hier gezogenen Korallen Fabrikanten van Selov Käuflich übernommen, und bislang fortgesezt, auch weiter fortsezzen werde. Es fehlet aber bei den iezzigen nahrlosen Zeiten ein hinlänglicher Absaz, daher das Lager sich häufet, wodurch mir, da das darin stekkende Capitel tod lieget, die Mittel zu Fortsezzung der Fabrik genommen werden. Diesem abzuhelfen, wünsche ich, mein dermaliges Lager durch eine mit Geld vermischte Lotterie, in dem bloße Waaren Lotterien keine Liebhaber finden, veräusern zu können. 110 In einem Brief an den Herzog legte W. Lutterloh dar, dass Eggeling zum Kauf der Fabrik 500 Taler aus der Leihauskasse geliehen habe, wobei einige Fabrikwaren, wie auch eine zweite Hypothek auf sein Haus auf dem Nickelnkulcke als Sicherheit gedient hatten. Eggeling hatte bis zum 8. Juli 1769 Geld zurückgezahlt, dann aber die Zahlungen immer weiter aufgeschoben. Lutterloh versuchte einen Weg zu finden, das verliehene Geld zurückzubekommen. Da Eggeling nicht gezahlt hatte, waren die Corallenwaren, die die Leihauskasse als Sicherheit genommen hatte in deren Besitz übergegangen. 111 Zur Tilgung der Schuld sollten sie auf einer Auktion versteigert werden. Um nicht zu viele Objekte gleichzeitig auf den Markt zu werfen und diesen damit zu übersättigen, bat Lutterloh um die Erlaubnis, „ob es gnädigst genehmiget werden solle, daß ich von diesen Waaren etwa nur 1/3tel in dieser auction mit nehmen und das übrige bis auf nächst folgende Auction laßen sollte, weil ich alle Uhrsache zu befürchten hätte, daß durch die Vielheit dieser Corallen Tische solche gar zu sehr unter Preiß weggehen, und die Caße so wohl als der Fabricant gar zu großen Schaden haben würde.“ 112 Nachdem Lutterloh von dem Plan zu einer Geld- und Warenlotterie erfahren hatte, untersuchte er diesen 110 Brief vom 11.4.1770 NStA WF Akte 2 alt 14383, Blatt 2 v/r. 111 Es handelte sich dabei um: „116 Stück große 4 eckte Tischblätter 52 Stück kleine „ 17 große ovale „ 2 kleine ovale „ 3 l`Hombretisch „ „ NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 12. 112 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 4 r. 40 genau, um zu prüfen, ob das geschuldete Geld denn aus dieser zu gewinnen sei. Er hieß den Plan aus verschiedenen Gründen nicht gut und fand vor allem, dass die Geldpreise zu gering und die Lotterie dadurch nicht attraktiv genug sei. Das Risiko, dass nicht genug Geld für die Leihauskasse erzielt würde, oder Eggeling gar auf Schulden sitzen bleibe, war ihm zu groß. Auch sah er nicht, wie Eggeling die nötigen Sicherheiten beibringen könnte. Folglich kam er wieder auf seinen ursprünglichen Plan zurück, die der Leihauskasse gehörenden Waren in zwei Auktionen zu versteigern. 113 Der Herzog stellte bei Rath Hantelmann Nachforschungen an und dieser befragte Eggeling. 114 Er berichtete an Carl: daß Eggeling sein Haus für 1800 r. incl. 1000 r. dem Burgermeister Mund zustehenden Verpfändungs Capitals gekauft, und dieses Capital darauf behalten: daß er aber nachher 3 besondere Häuser A. B. C. daraus gemacht, davon das sub A, worauf die 1000 r. Mundschen Capitals verpfändet geblieben, für 1400 r. in Golde und das sub C. für 370 r. verkauft, das sub B aber für sich behalten, und solches nur für 250 r. zur Hypothec verschrieben sey. Das dieses letztere Haus in der Brandversicherungs Geselschaft zu 1200 r. katastriret sey, hat, nach der von dem Senatore Hornnburg als Receptore dieser Gelder von hiesiger Stadt, eingezogenen Nachricht, seine Richtigkeit. Solchergestaldt scheinet das Leihaus bei Eggelingen hinlängl. gesichert zu seyn. Ich bin aber, wofern wo dieses hinlängl. geachtet werden sollte, nach deßen fernern Antrage, unterthänigst erbötig, die verpfändeten so wol, als alle übrige zur Lotterie bestimmten Waaren unter mein Verschlus zu nehmen, und von den erst ein kommenden Geldern das Leihaus ratione Capitals, und Zinsen zu befriedigen, fals mir deren Direction Gnädigst commitiret werden sollte. 115 Auf die herzogliche Nachfrage nach den Erfolgsaussichten für die Lotterie äußerte sich Hantelmann positiv, hatte er doch den Rat von 13 Collecteurs eingeholt, von denen sich nur vier skeptisch geäußert hatten. Bereits am 25. April 1770 hatte man Eggelings Werkstatt dahingehend überprüft, ob er denn auch all die Waren, die er in der Lotterie abgeben 113 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blätter 5, 6 und 7. 114 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 8. 115 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 10 und 11. 41 wollte, vorrätig habe. Im Ganzen fand Hantelmann 66 Tischblätter diverser Art und 112 Kleinobjekte, wie Dosen, Schalen und Handarbeitsutensilien. 116 Da sich die Lose nicht so gut verkauften wie von Hantelmann prophezeit, beschloss man, die ursprünglich noch für 1770 geplante Ziehung bis nach vollständiger Abwicklung der sehr beliebten Waisenhauslotterie und der danach folgenden Wintermesse zu verschieben. Als neuer Termin wurde der 2. März 1771 vorgeschlagen. Herzog Carl I. bat um eine genaue Aufstellung der verkauften Lose und stimmte dann der Prolongation bis zum 4. März 1771 zu. 117 Am 30. Januar 1771 waren immer noch nur 600 von den 2875 Losen verkauft. Hantelmann schrieb deshalb ein weiteres Mal an den Herzog und machte Vorschläge zur Veränderung der Lospläne. Wie bereits Lutterloh richtig erkannt hatte, waren die Geldpreise zu gering und deshalb die Attraktivität, die Lose zu erstehen, nicht groß genug. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Erwähnung des Abnehmerkreises. So gibt Hantelmann zu bedenken, dass: „...da der Absaz mehrenteils an Personen mitlern und geringern Standes geschehen muß, diesen bei iezziger Zeit mit bloßen und so vielen Waaren auf einen Gewinn, als nach dem Plan geschiehet, allein nicht gedienet sey, wenn sie nicht auch Geld dabei erhalten.“ 118 Am 1. Februar 1771 wurde der neue, von Hantelmann erarbeitete Losplan veröffentlicht. Es gab größere Geldpreise und auf 5000 Lose nur 2500 Nieten. Erwähnt wird hier auch der Firmensitz Eggelings: „4) Die zu Gewinnen bestimmte Waaren kann ein jeder in der Corallen- Fabrik, bey 116 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 13. 117 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blätter 27 – 31. 118 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 32 r. 42 dem Tischler- Meister Eggeling, auf dem Nickelnkulke, des Sonnabends von 2 bis 4 Uhr, in Augenschein nehmen.“ 119 Ob dies auch der Ort war, an dem Van Selow die Fabrik ansiedelte, ist nicht bekannt, aber eher unwahrscheinlich. Eggeling erwarb sein Haus 1762 für 1800 Taler, teilte es mehrfach und belieh die einzelnen Teile, wie bereits weiter oben erwähnt. Auf einen Zusammenhang mit Van Selow gibt es keinerlei Hinweis. Eine Verbindung zwischen den beiden wurde erst 1766 aktenkundig. Die Auflistung der Warengewinne beinhaltet eine große Neuerung. Zum ersten Mal werden ausdrücklich nicht nur Tischplatten, sondern große und kleine fertige Tische mit Gestellen erwähnt. 120 Hier geht Eggeling in seinem Warenangebot über das Van Selows hinaus. In dessen Lotterieliste sind lediglich Tischplatten erwähnt, hier hingegen vollständige Möbel. Auch die Erwähnung: „ein angemahltes Caffeebred“ lässt darauf schließen, dass sich die Produktpalette und auch die Techniken unter Eggeling veränderten. Die Lotterie war in ihrer neuen Form erfolgreich. Sie erzielte einen Überschuss von insgesamt 734 Talern, von dem 585 Taler an die Leihauskasse entrichtet werden konnten. 121 In Anbetracht der vielen Lotterien, für die zur gleichen Zeit Lose angeboten wurden, ist dies erstaunlich und sicher auf die großen Bemühungen Hantelmanns zurückzuführen. So erschien am 13. April 1771 in den Braunschweiger Anzeigen folgende Annonce:“ Bey dem Kaufmann Hrn. Rosenblatt, wie auch bey dem Kaufmann Hrn. Krüger in Wolfenbüttel, sind zu der 18ten Braunschweigischen Waisenhauslotterie, zur Corallen- auch Spiegel- und 119 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 41. 120 NStA WF, Akte 2 alt 14383 Blätter 41 und 42. 121 S. Bilanz vom 13. Mai 1771 NStA WF, Akte 2 alt 14383 Blatt 47. 43 Cartonwaarenlotterie; wie auch zur 3ten extraordinairen Hannoverschen Lotterie; imgl. zu der 7ten Dresdener Kirchenlotterie Loose und Plane zu haben.“ 122 Dieses Überangebot von Geld- und Warenlotterien hat es sicher nicht leicht gemacht, Lose abzusetzen. Trotz des erfolgreichen Verlaufes der Corallenwaren-Lotterie scheint Eggeling weiterhin große wirtschaftliche Probleme gehabt zu haben. Am 25. Februar 1772 wurde die Fabrik in einem Brief des Malers Pfeiffer an den Herzog ein weiteres Mal erwähnt. Pfeiffer hatte wohl längere Zeit kein Geld mehr erhalten und meldet dass „...weil aber derselbe [Eggeling] dabey nicht subsistiren konte, so war ich genötiget von mir selbsten davon zu abstrahiren....“. Er bat den Herzog, „...mir doch mit einer gnädiggen Beyhülfen zu meiner Haus-Miethe gnädigst zu reguliren...“ 123 Ob es dazu gekommen ist, ist nicht bekannt. Es haben sich keine weiteren Akten zur Corallenfabrik finden lassen. Man kann sehr wahrscheinlich davon ausgehen, dass sie entweder schon Ende 1771, was die Beschwerde Pfeiffers erklären würde, oder aber spätestens 1772 die Produktion einstellte. Über Eggelings Privatleben ist nicht sehr viel bekannt. Er scheint Braunschweiger Bürger gewesen zu sein. Zumindest deutet nichts in den Akten darauf hin, dass er ein Zugereister war und deshalb bestimmte Abgaben oder Vorschriften zu leisten oder zu beachten gehabt hätte. Er war Protestant, verheiratet mit Dorothea Maria Elisabeth Gastmann 124 und 122 Braunschweiger Anzeigen, 29. Stück, 13.04.1771, Spalte 424. 123 Stadtarchiv Braunschweig, C VII 345 Korallenfabrik, Blatt 10. 124 Heirat im Juli 1759, Stadtarchiv Braunschweig Kirchenbuchregister N 1392, S. 00228, links. 44 besaß Haus und Grund im Nickelnkulck, einer auch heute noch in Braunschweig existenten Straße. Zwischen 1761 und 1771 hat er drei Söhne und zwei Töchter taufen lassen. 125 Die Heirat und die Taufe der ersten zwei Kinder fand in der Garnisonskirche statt, danach wurden die Kinder in der St. Andreas Kirche getauft. Wie bereits erwähnt, stand er im herzoglichen Militärdienst, vor 1760 als Musketier, dann wird er als Grenadier bezeichnet. 126 Die Tatsache, dass er ein Haus besaß, das groß genug war, es in drei separate Parzellen zu teilen, lässt darauf schließen, dass er zumindest zum Zeitpunkt des Erwerbs nicht unvermögend war. Auf der anderen Seite aber ist er 1765 zahlungsunfähig und muss, weil er seine Strafe nicht bezahlen kann, in Bürgergewahrsam. Nach 1772/72 verschwand Eggeling aus den Akten der Stadt Braunschweig so plötzlich wie Van Selow vier Jahre vorher. Hat er sich zur Ruhe gesetzt, wieder als Tischler-Freimeister gearbeitet oder die Stadt verlassen? Jedenfalls scheint er nicht weiter aktenkundig geworden zu sein. Die Zusammenarbeit mit Van Selow scheint seinem Leben eine positive Richtung gegeben zu haben. Nicht nur hat er durch sie sichere Aufträge, er kann sogar dessen Fabrik aufkaufen. In den Briefwechseln mit und über ihn wird er oft als Entrepreneur bezeichnet. Und wirklich scheint er über unternehmerische Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt zu haben. Wie Van Selow versuchte er, über eine Lotterie den Absatz zu fördern und zudem 125 freundliche Auskunft von Andreas Flöck, der die Kirchenbücher auf entsprechende Einträge hin durchgesehen hat. 126 „Thiele Eggeling, Grenadier bey Ihro Durchl. des Herzogs Grenadier Comp“, Stadtarchiv Braunschweig, Taufregister N 1390, S. 00180, links. 45 erweiterte oder änderte er die Produktpalette. Seine Bemühungen waren erfolglos, was sicher damit zu tun hat, dass er die neue Modeströmung der Zeit nicht erkannte bzw. aufgriff. Es finden sich keine Objekte, die neo- klassizistische Motive aufweisen, alle Ornamente sind sehr dem Rokoko verhaftet. Neben einer Sättigung des Marktes unter anderem durch den großen Ausstoß von Corallenwaren durch die Lotterien, ist sicher das Festhalten am alten, unmodern werdenden Stil ein Grund für das Scheitern der Fabrik (siehe hierzu auch Kapitel 7). Eggelings unternehmerische Kreativität und vielleicht auch sein künstlerisches Vermögen haben offensichtlich nicht ausgereicht, den Betrieb einer neuen Zeit und Mode anzupassen. Dass diese Entwicklung aber prinzipiell möglich war zeigt die Geschichte der Lackwarenmanufaktur Stobwasser. Georg Siegmund Stobwasser ließ sich 1763 in Braunschweig nieder. 1769 erhielt er vom Herzog das Privileg als einziger Lackwaren herstellen zu dürfen. 127 Stobwasser richtete außerdem an Carl I. die Bitte, „ein ähnliches Aushängeschild an seinem Haus anbringen zu dürfen, wie es die „Korallenfabrik“ habe.“ 128 Seine frühen Lacktische zeigen eindeutig rokokohaftes Formen- und Dekorationsrepertoire. Die Platten sind ähnlich geschwungen wie die der Van Selowschen Fabrik, die Gestelle haben geschweifte Beine. Anders als bei der Corallenfabrik werden aber nach und nach klassizistische Elemente integriert. 129 127 Nauhaus (2005), S. 100 f. 128 Fuhse (1909), S. 409. 129 Eberle et al. (2005), S. 101-103, vgl. Kat. Nr. 53 und 54. 46 2.2 Conrad Ludolf Pfeiffer Für die Zeit ab 1761 kann eine Verbindung zwischen Conrad Ludolf Pfeiffer und van Selow und seiner Fabrik nachgewiesen werden. Da Johann Michael van Selow 1761 Taufpate der Tochter des Kunstmalergesellen war, 130 kann man davon ausgehen, dass es bereits vorher eine persönliche oder/und eine professionelle Beziehung zwischen den beiden Männern gegeben hat. Es gibt jedoch keinen konkreten Hinweis darauf, dass Pfeiffer zu diesem Zeitpunkt bereits in der Fabrik beschäftigt war. Möglich ist aber durchaus, dass Van Selow ihn mit Entwurfsarbeiten beauftragt hat, oder dieser für die farbige Fassung der Platten und Gestelle verantwortlich war. 1763 wird Pfeifer, dann als „Mahler“ bezeichnet, wiederum eine Tochter geboren. Diesmal ist jedoch kein Mitglied der Familie Van Selow als Taufpate genannt. 131 1765 sollte Van Selow eine Lotterie unter der Bedingung gestattet werden, dass „er zuvor den Mahler Pfeifer in dieser Kunst gehörig unterrichtet“ und das zur Fabrik gehörige Werkzeug bei seinem Abzug zurücklasse. Offensichtlich war Pfeiffer zu diesem Zeitpunkt nicht vermögend genug, die Fabrik zu übernehmen, denn es wurde als erstrebenswerter angesehen, einen Entrepreneur und einen Verleger als Nachfolger Van Selows zu finden als ihn an die Stelle zu setzen. 132 Fuhse erwähnt in diesem Zusammenhang, dass Conrad Ludolf Pfeiffer ebenfalls ein Zugewanderter sei. In einem Brief, den Pfeiffer am 25. Februar 1772 an den Herzog schrieb, bezieht er sich auf einen Vorgang, der sich acht Jahre früher, also 1765 130 Stadtarchiv Braunschweig G III 1, Band 23, S. 230 v. (Hinweis von Andreas Flöck). 131 Stadtarchiv Braunschweig G III 1, Band 115, S. 54. 132 Fuhse (1909), S. 413–414. 47 ereignet hatte. Damals hatte ihn der Herzog angewiesen, dass er „die Arbeit erlernen solte, auch hierauf durch den Bürger Maister Koch abgehöret und protocolliret worden, daß ich mich also verbündlich machen mußte, und diese Arbeit nicht aus dem Land zu treiben und lernen zu lassen, auch mein Brod darvon haben solte.....“ 133 Pfeiffer ging zwar diese Verpflichtung ein, hat aber wohl trotzdem gelegentlich damit gedroht, mit seinen neu erlernten Kenntnissen nach Hildesheim zu gehen und dort ein Gewerbe zu eröffnen. 1767 wandte er sich dann persönlich an Carl I. bat diesen, ihn mit einem anderen Dienst zu versehen weil sein Verdienst so schlecht sei. Diesem Ansinnen wurde nicht nachgegeben, vielmehr versuchte der Herzog, Van Selow zu einem besseren Warenabsatz zu verhelfen. 134 Laut seines weiter oben bereits erwähnten Schreibens von 1772 wurde Pfeiffer durch den Wegzug Van Selows arbeitslos und bat den Herzog um einen neuen Dienst oder Unterstützung, „auch hierauf von dem Bürger Maister Koch versprochen worden, daß ich mich auf einige Wochen noch zu gedulden hätte, worauf der Tischler und Bürger Eggeling diese Corallen Fabrique annahm, und ich als ein Arbeiter bey demselben seyn solte,...“. 135 Pfeiffer fand sich in dieser Zeit in einer misslichen Lage. Man hatte ihn einige Zeit als potentiellen Nachfolger van Selows gefördert und ihm dabei das Versprechen abgenommen, das Herzogtum nicht zu verlassen. Nach 1765 bekam jedoch Eggeling einen immer größeren Einfluss auf Van Selow. Er arbeitete fast ausschließlich für die Corallenfabrik und schließlich 133 Stadtarchiv Braunschweig, C VII 345 Korallenfabrik, Dokument 11. 134 Fuhse (1909), S. 414. 135 Stadtarchiv Braunschweig, C VII 345 Korallenfabrik, Dokument 11. 48 war er es, der sie übernahm. Pfeiffer wurde dadurch vorübergehend brotlos, insbesondere da sich die Übergabe der Fabrik wohl einige Zeit hinzog. Durch seine Verpflichtung, nicht außer Landes zu gehen, war er an Braunschweig gebunden und auf Unterstützung durch den Herzog angewiesen. Statt Corallenfabrikant wurde er Arbeiter unter der Leitung Eggelings. Pfeiffers Situation war weiter unbefriedigend, da auch Eggeling keinen Erfolg mehr mit der Fabrik hatte und Pfeiffer den Lohn schuldig blieb. Jedenfalls konnte dieser seine Hausmiete nicht mehr bezahlen und bat deswegen den Herzog um Beihilfe. Ob er eine Unterstützung bekam, ist nicht bekannt. Auf alle Fälle blieb er noch einige Zeit in Braunschweig, wie die Taufe einer weiteren Tochter am 1.1.1778 in der St. Ulrici Kirche bezeugt. 136 Pfeiffers berufliches wie auch privates Leben scheint nicht sehr erfolgreich gewesen zu sein. Nie kam er über den Status eines Arbeiters hinaus. Seine fünf Kinder starben kurze Zeit nach der Geburt. Er scheint recht häufig umgezogen zu sein, da seine Kinder alle in unterschiedlichen Kirchen getauft wurden. 137 Wie auch Van Selow und Eggeling war Pfeiffer Protestant. Leider haben sich keine signierten Werke Pfeiffers nachweisen lassen, die Aufschluss über die Natur seiner Tätigkeit bei Van Selow geben würden. Auch ist schwer zu sagen in wie weit er für die Gestaltung der Corallenobjekte oder farbigen Gestaltung der Gestelle verantwortlich ist. Seine Bezeichnung als Arbeiter, zumindest unter Eggeling, kann bedeuten, dass er in allen möglichen Fertigungsbereichen mitarbeitete - Perlen 136 Stadtarchiv Braunschweig G III 1, Band 220, S. 582. 137 Auskunft von Andreas Flöck, der die Kirchenbücher daraufhingehend auswertete. 49 verlegte oder Kittmasse zubereitete. Während andere Gehilfen jedoch nur pauschal erwähnt sind, wird er hingegen namentlich aufgeführt und hat mit dem Herzog korrespondiert. Hieraus könnte auf eine über Handlangerdienste hinausgehende, verantwortungsvolle Aufgabe in der Corallenfabrik geschlossen werden. 2.3 Weitere Arbeiter – Arbeitsteilung Es geht aus den bereits weiter oben erwähnten Akten hervor, dass Van Selow auf Anweisung des Herzogs außer Maler Pfeiffer weitere Arbeiter eingestellt hat. Man kann aus diesem Vorfall nicht wirklich schließen, dass es zwingend einer Reihe von Arbeitern bedurfte, die Fabrik zu führen, auch ist nicht erwähnt, welche Art von Arbeiten diese ausführten. Es scheint aber trotz allem Beschäftigungspotential für mehrere Leute gegeben zu haben. Auch die Aufforderung des Herzogs, zu prüfen, ob es ratsam sei Waisenmägde zu beschäftigen, zielt in diese Richtung. Es lassen sich aus der Art der hergestellten Waren und den verwendeten Objekten einige Rückschlüsse auf eine mögliche Aufteilung der Verantwortlichkeiten ziehen. Entrepreneur/ Fabrikant/Einkäufer der Rohstoffe: Van Selow Lieferant/Hersteller der Holzarbeiten: Wemmering/ Eggeling Entwurfszeichnungen: Pfeiffer? Van Selow? Zubereitung der Kittmasse: Arbeiter/Waisenmägde Verlegen der Perlen: Arbeiter/Waisenmägde Fassungsarbeiten: Pfeiffer? Vertrieb, Werbung: Van Selow 50 Die Tatsache, dass die Materialien zur Herstellung der Corallenwaren relativ problemlos erhältlich waren und zum großen Teil auf den Messen erhältlich waren, machte Reisen nicht unbedingt erforderlich. Jedenfalls sind solche im Zusammenhang mit Van Selows Zeit in Braunschweig nicht erwähnt. Geschäftsbeziehungen bestanden jedoch nach Amsterdam. 138 Es ist also durchaus möglich, dass seine verlegerischen Aktivitäten weitreichender waren, als es heute nachvollziehbar ist. 139 138 Vgl. das bereits mehrfach erwähnte Schreiben Carls bezüglich der Geldforderungen Anthoni Wageners aus Amsterdam Stadtarchiv Braunschweig C VII 345 Blatt 1. 139 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 1.3. 51 3. Tradition und Innovation Die in der Manufaktur Van Selow hergestellten Objekte sind vielgestaltig und farbenfroh. Erhalten haben sich größtenteils Tische, doch wurden auch eine Reihe von Klein- und Großobjekten bis hin zu Skulpturen produziert. In den allermeisten Fällen besteht der Dekor aus farbigen Glasperlen, geschliffenen Glassteinen, Muscheln, Schnecken und anderen Naturmaterialien, die in eine Kittmasse eingedrückt wurden. In der Regel ist das Trägermaterial kaum zu erkennen sondern fast gänzlich bedeckt. Bevor einzelne Werke und Objektgruppen der Manufaktur Van Selow in ihrem stilistischen Zusammenhang, in ihrer Funktion und den herstellungstechnischen Besonderheiten genauer behandelt werden, soll ein kurzer Überblick über diejenigen Bereiche des Kunsthandwerks des 18. Jahrhunderts gegeben werden, die in Beziehung zum Schaffen Van Selows stehen. Im Rahmen dieser Arbeit musste hierbei eine begrenzte Auswahl getroffen werden. Nicht alle möglichen Verknüpfungen, nicht alle Kunstbereiche, die als Anregung, als Inspirationsquellen gedient haben mögen, können hier Erwähnung finden. Die Wahl fiel auf solche mit Gemeinsamkeiten, wie z. B. der Verwendung desselben Werkstoffes – Glas, Glasperlen oder Naturmaterialien – doch auch stilistische und funktionale Verbindungen werden behandelt. Die Beschäftigung mit den verwandten Bereichen des Kunstgewerbes soll den Stellenwert des Schaffens Van Selows im Kunsthandwerk des 18. Jahrhunderts beleuchten und seine Produkte in einen Zusammenhang mit 52 der Möbel- und Luxusgüter- Herstellung seiner Zeit setzen. Durch Vergleiche und Abgrenzungen kann mehr Licht auf die Frage nach Tradition und Innovation bei Van Selow geworfen werden, darauf, was genau die Faszination seiner Objekte ausmachte und bis heute noch ausmacht. Das Material ist dabei einer der Hauptfaktoren. Die Verwendung von Glasmosaik an Möbeln, von buntfarbigen, wasserabweisenden Plaketten, ja die Fertigung ganzer Möbelsuiten aus Glas erscheint heutzutage als ungewöhnlich, etwas Besonderes. Doch war es dies in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts? Wie wirkte die Verwendung von Muscheln, Schnecken und Perlmutt auf die relevante Käuferschicht der Zeit der Produktion? Kaum hat Johann Michael van Selow sein Wirken in Braunschweig begonnen, macht er am 4. Februar 1756 im Braunschweiger Anzeiger bezüglich seiner Corallenarbeit bekannt, es handle sich um eine eigene und ganz neue Erfindung. 140 Tatsächlich scheint seine Manufaktur die einzige gewesen zu sein, die Glasperlen in Kittmasse für Möbel verwendet hat. Jedenfalls lässt sich keine weitere Werkstatt dieser Art nachweislich in Europa fassen. Es ist jedoch nicht so, dass seine Erzeugnisse isoliert im Kunstschaffen des 18. Jahrhunderts stünden – weder was die Motivauswahl, noch was die Formensprache angeht, wie die nachfolgenden Kapitel zeigen werden. Wie sieht es aber mit der Materialauswahl und der Technik aus? Woher kam die Idee für das Corallenwerk? Was machte die Faszination für die Käufer aus? Was war das Besondere, Exotische der Produkte? Zwar deuten die permanenten Absatzschwierigkeiten darauf hin, dass mehr produziert 140 Braunschweiger Anzeigen zitiert nach Bilzer (1969), S. 4. 53 wurde als der Markt fassen konnte, doch hatten und haben Van Selows Waren durchaus viele Liebhaber und Käufer. Van Selow war, wie wir gesehen haben, wohl mindestens ebenso sehr ein Kaufmann wie ein Künstler. Während seiner Zeit in Amsterdam unterhielt er Handelsbeziehungen nach Frankreich und das Baltikum bis Russland. Lassen sich hier die Wurzeln für seine Geschäftsidee finden? Hat das Kunstschaffen dieser Länder ihn inspiriert? 3.1 Glasmöbel Möbel, entweder ganz aus Glas hergestellt, oder in Teilen mit Glas belegt, finden selten in der kunsthistorischen Literatur Erwähnung. Dies hängt sicher mit der besonderen Fragilität des Materials zusammen, die dazu führt, dass nur wenige Exemplare dieser Art erhalten sind, zum anderen aber auch damit, dass es sich um eine sehr spezielle Gruppe von Objekten handelt, deren Einordnung in die Hauptgruppen der Kunst schwierig ist und die auch im Bereich des Kunstgewerbes eher zu den Curiosa zählt. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass in manchen Zentren der Glasherstellung auch Glasmöbel, u. a. Tische und Schränke produziert wurden. Ein vollständiges Möbel mit Glasdekor hat sich erhalten, das wahrscheinlich von Bernard Perrot stammt. 141 Es handelt sich um eine Tischplatte auf vier säulenförmigen Beinen. Die Platte ist gänzlich mit 141 Perrot wird nochmals in Kapitel 5.1.2 im Zusammenhang mit vor der Lampe gearbeiteten Schafen Erwähnung finden. 54 figürlichen und ornamentalen Szenen aus geschmolzenen Glasstückchen und Stäben in der Art des Millefiori bedeckt und wurde aller Wahrscheinlichkeit nach für Ludwig XIV. hergestellt. 142 Der Tisch ist Bestandteil des Inventaire général des meubles de la couronne et des maison royales, veröffentlicht von Guiffrey. Er wird aufgeführt bei den „Mobilier faisant partie du mobilier de la couronne avant 1681 as number 276 in the list of Cabinets, tables et Guéridons de diverses sortes (Arch. Nat. O’3333), the number painted or branded three times on the wooden support beneath the top; and described as Une table couverte de divers morceaux de Verre fondu et meslé, du plusieurs couleurs, ornée d’un compartiment de cuivre doré ciselé, fort leger, avec son pieds aussy couvert de verre, longue de trios pieds1/2, large de deux pieds ½, sur [by] deux pieds cinq puces de hault.” 143 Hollister vergleicht die Form und Konstruktionsweise dieses Tisches mit anderen Exemplaren aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, die alle auf außergewöhnliche Weise dekoriert sind. Neben Elfenbeineinlagen kommen an den Vergleichsobjekten Holzintarsien in Schildpatt vor, wie auch die Verwendung von Scagliola. All diese Tische weisen Ähnlichkeiten in der Gestellkonstruktion auf, die sich bei einem Tisch mit geometrischem Dekor aus dem Braunschweigischen Landesmuseum wiederfinden lassen (vgl. Abb. 28). Vier Beine, in Kugelfüßen endend, werden durch eine Kreuzzarge im unteren Bereich stabilisiert. Die Stützen tragen eine Art Zargenkasten, auf dem die überkragende Platte ruht. Diese Konstruktionsweise ist sehr stabil und daher in der Lage, schwere 142 Hollister (1992) und (1993) sowie AK Sotheby’s (1988), Lot 4, S. 13-19. Gail Bardham (Rakow Research Library, Corning Museum of Glass) sei hier ganz herzlich für diesen wertvollen Hinweis und ihren Einsatz bei der Beantwortung all meiner Fragen gedankt. 143 Hollister (1993), S. 441-442. 55 Materialien und Verzierungselemente zu tragen. Im Falle des Tisches der Manufaktur Van Selow ist dies nicht nötig, da die Platte kein großes Gewicht hat, trotzdem schließt er an sich dem typischen Aufbau von Tischen mit außergewöhnlichen Materialien an. Perrot experimentierte mit Glas und Email. Die besonderen Techniken, die er dabei entwickelte, ließ er durch Privilegien oder „Patente“ schützen. 144 Die Einzelszenen, die die Tischplatte ausmachen sind in mehreren Arbeitsschritten auf Kupfer aufgeschmolzen und mit Rahmen eingefasst worden. Sie zeigen figürlichen und floralen Dekor, arrangiert in ein Bandwerk aus Messing, dessen symmetrische Form an Pläne von Gartenanlagen der Zeit erinnert. 145 Die Tischplatte ruhte auf vier Säulen bestehend aus Glasmasse, die auf Kupfer aufgeschmolzen wurde. Der Dekor zeigt Filigranglasabschnitte und farbige Glasbänder, die zum Teil sicher aus Venedig bezogen wurden. „The lampworked flora and fauna are likely to have been composed and the little baskets woven at the lamp in small studios in Orléans or in Nevers by Italian émigrés working with Frenchmen. [….] The table must have been a team effort; the legs made by Perrot and the 111 glass panels carefully planned and supervised by him. The execution would seem to have been done by a contest of glass chefs working in several small kitchens, each confecting glass hors d’oevres and pastries according to his ability in the ovens of chance.” 146 Hollister vermutet, dass es sich bei dem Tisch um eine königliche Auftragsarbeit für das Trianon de Porcelaine in Versailles gehandelt hat, die arbeitsteilig hergestellt und von Perrot geplant, entworfen und zusammengefügt wurde. 147 144 Hollister (1993), S. 447 f. 145 Hollister (1993), S. 444 f. 146 Hollister (1993), S. 454. 147 Hollister (1992), S. 331, sowie Hollister (1993), S. 454. 56 Abb. 1 Ausschnitt der Tischplatte, Szene mit Paris als Schäfer, Bernard Perrot Auch in Italien gibt es Beispiele von Möbeln aus Glas. So stellte das Glashaus der Medici in den Boboli Gärten hinter Palazzo Pitti Glasmöbel für Cosimo III (1670-1723) her. Unter anderem hat sich aus dieser Produktion ein kleiner Tisch aus farbigen Glaspaneelen mit Blumen im Relief erhalten. 148 Glasmöbel wurden in einem Brief von Lady Mary Wortely Montagu an ihre Tochter Lady Bute erwähnt (28. Dezember 1756 aus Padua). Die Familie Bute machte es sich zur Aufgabe, Kunstankäufe für George, Prince of 148 In AK Sotheby’s (1988), S. 19 findet sich eine kurze Erwähnung dieser Möbel leider ohne Quellenangabe. Heitkamp (1986) erwähnt auf Seite 246 „prunkvolles Haushaltsgut aus Glas, Gefäße und Möbel aus dem fürstlichen Lebensbereich...“. 57 Wales, den späteren George III zu tätigen. Lady Mary beschreibt in ihrem Brief, dass ihr ein Set von Möbeln gezeigt wurde, “…of their own Invention, …..in a taste entirely New. It consists of 8 large Arm’d Chairs, the same number of Sconces, a Table and prodigious Looking Glass, all of Glass. It is impossible to imagine their Beauty. They deserve being plac’d in a Prince’s Dressing Room or Grand Cabinet.” Damals sollten diese ungewöhnlichen Möbel ₤400 kosten. 149 In Braunschweig selbst lässt sich ebenfalls eine Vorliebe für die Verwendung von Glas an Möbeln feststellen. Ein Zeichen hierfür ist die Aufnahme eines Aufsatzschrankes, belegt mit Spiegelplatten, verziert mit Hinterglasschliff in das Kunst- und Naturalienkabinett der Braunschweigischen Herzöge. 150 Heute befindet sich der Schrank im Herzog Anton Ulrich-Museum 151 Er wurde von Thomas Körblein wie auch vom Hofglasschleifer Johann Heinrich Balthasar Sang (geboren 1723) mehrfach signiert und hat eine Datierung von 1752. Körblein stand der Spiegelfabrik vor, die sich seit den fünfziger Jahren des 18. Jahrhunderts auf dem Ackerhof befand, der dem Waisenhaus zugehörte. 152 Der Schrank ist äußerlich zweiteilig gegliedert, mit dreischübigem Kommodenunterteil und zweitürigem Aufsatz, hinter dem sich ein verspiegelter, dreigeschossiger Architekturraum befindet. Die gradlinige Form erklärt sich aus der Planhaftigkeit der Spiegelplatten. 149 Watson (1948), S. 241 erwähnt diesen Brief im Zusammenhang mit den Canaletto Zeichnungen auf Windsor Castle. Siehe auch Halsband (1967), S. 115-116. Eine Anfrage bezüglich dieser Möbel in Windsor Castle wurde negativ beantwortet. Auch gibt es in den Royal Archives keinerlei schriftlichen Hinweis auf den Kauf der Suite. 150 Schütte (1997), S. 14 und Abb. 6, 7 und 8 151 Walz (1992), S. 678-679. Weitere ausführliche Angaben zur Hofspiegelfabrik sind bei Scherer (1925), S. 105 zu finden. 152 Zur Spiegelfabrik und weiteren Beispielen ihrer Produktion vgl. auch Eberle et al. (2005), S. 110-113. 58 Gestaltungselemente des Rokokos zeigen sich im gravierten Dekor. Wappen sind zu sehen, wie auch die Initialen Carls I. und Philippine Charlottes, Kriegstrophäen, diverse Landschaftsszenen, Rocailleformen, und die Darstellung der vier Jahreszeiten. Weitere Spiegelmöbel Sangs und Körbleins haben sich unter anderem im Besitz des Württembergischen Landesmuseums in Stuttgart erhalten. Auch noch im späteren 18. Jahrhundert wurde das Material Glas als interessanter Werkstoff angesehen. In England entwarf Robert Adam Räume, deren Wände mit rotem Glas verkleidet waren, so z. B. den Drawing Room des Northumberland Houses in London. 153 Die Idee, den Werkstoff Glas für die Gestaltung von Tischplatten einzusetzen, ist also offensichtlich keine gänzlich neue Erfindung Van Selows. Vielmehr steht diese Verzierungsart in einer Tradition mit Möbeln, die in Frankreich und Italien seit der Mitte des 17. Jahrhunderts hergestellt wurden. Diese Art von Glasmöbeln war sicher zu Van Selows Zeiten noch häufiger anzutreffen als heute und könnte ihm als Anregung oder als Vorbild gedient haben. Die Tatsache, dass es in Braunschweig eine Spiegelfabrik gab, also offensichtlich ein Markt für Möbel in dieser ungewöhnlichen Materialkombination bestand, kann einer der Gründe dafür sein, dass Van Selow überhaupt in diese Stadt einwanderte. Das Neue an der Technik Van Selows ist die Möglichkeit, preiswertere Möbel in kürzerer Zeit herzustellen. Seine Entwürfe und auch die Arbeitsweise sind, wenn nicht gar auf Massenproduktion, so doch 153 AK Sotheby’s (1988), S. 19, www.vandaimages.com/Pix/DES/ADA/PC000148-01_T.JPG [aufgesucht 11.07.2007] zeigt “Doorway & panel from the Glass Drawing Room of Northumberland House, by Robert Adam. London, England, 1773-74”. 59 wenigstens auf Serien von Objekten hin angelegt. Somit konnte ein viel größerer Markt bedient werden als bei den anderen hier behandelten Möbeln, die für Herrscher hergestellt wurden und damit als exklusiv und teuer einzustufen sind. Zwar ist das Glasperlenmosaik eine Möglichkeit, zeitsparend und preiswert eine große Menge von gleichartigen Objekten herzustellen, doch hat diese Technik auch Nachteile. Mit abgerundeten Perlen erhält man keine ebene Oberfläche. Dies scheint bei der Nutzung von einigen Käufern als hinderlich angesehen worden zu sein und hat daher in manchen Fällen sogar zu einer nachträglichen Einebnung durch Glattschleifen der Rocailleperlen geführt. 3.2 Die Verwendung von Glasperlen im textilen Verbund Glasperlen sind in der Geschichte des Kunstgewerbes oft als Dekorationsmittel eingesetzt worden. Nur kurz erwähnt seien die kleinformatigen Glasperlenstickereien, hergestellt in Laienarbeit, aus dem 17. Jahrhundert. 154 Bei solchen Arbeiten handelt es sich um gestickte Bilder, die partiell mit Glasperlchen besetzt sind um bestimmte Bereiche hervorzuheben. Im Zusammenhang mit Van Selow interessiert mehr großflächige Glasperlenstickerei, wie sie unter anderem für Raumdekorationen hergestellt wurde. Ihre Wirkung ist mit den flächigen Motiven der Tische und anderen Möbel durchaus vergleichbar, wenn auch die Technik eine andere ist. Meist wurden für die Stickereien auf Textil keine Rocaille- 154 S. z. B. die Schmuckschatulle von Martha Edlin, Victoria & Albert Museum Inv. Nr. T.41- 1954, datiert 1673 als englisches Beispiel oder ein achteckiges Kästchen mit Perlarbeit, Laienarbeit einer adeligen Dame, Ende des 17. Jh., Schütte (1997), S. 167, Kat. Nr. 162. 60 sondern Stab- oder Sprengperlen verwendet, wodurch der Eindruck, eine geschlossene Fläche zu betrachten, verstärkt wird. 155 Einige Raumausstattungen in „Broderie en Jais“ sind archivalisch bekannt oder haben sich gar erhalten. Das Material ist so fragil, dass man bei jedem heute noch intakten Paneel von einem Glücksfall sprechen muss. Maureen Cassidy-Geiger hat sich in ihrer wissenschaftlichen Forschung eingehend mit diesem Phänomen und der Technik beschäftigt. Die folgenden Ausführungen fußen zu einem großen Teil auf ihren Publikationen. 156 Broderie en Jais, oder Glasperlenstickerei, war an den europäischen Höfen des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts weit verbreitet. Nicht nur Wandverkleidungen sind hierin eingeschlossen, sondern auch Kaminschirme, Stühle, Bettvorhänge sowie Altarverkleidungen und Antependien. Die Faszination für diese Technik hing mit der Vorliebe für reflektierende Materialien zusammen, die sich auch in der weiten Verbreitung von Spiegeln, Lackkabinetten, Porzellan und Muschelgrotten ausdrückt. Man erkannte, dass die Farbigkeit der Glasperlen, wie auch z. B. von Vogelfedern länger hielt als konventionell gefärbte Stoffe oder Stickereien und bediente sich deshalb des Materials um eine bestimmte Polychromie zu schaffen und beständig zu erhalten. Nicht nur in Frankreich, das als Zentrum der Glasperlenstickerei angesehen wird, haben Objekte überdauert, sondern auch in Deutschland und Russland. So hat Markgräfin Sibylla Augusta von Baden-Baden zwei Sets von 155 Sprengperlen sind längliche Röhrchen mit scharfkantigen Schmalseiten. Dadurch kann man sie in eng geschlossenem Verbund auffädeln. Rocailleperlen hingegen sind rundlicher und ergeben damit eine bewegtere Oberfläche. 156 Cassidy-Geiger (2002), S. 59-69. 61 Wandbehängen in den Audienzraum von Schloss Favorite, ihrer Sommerresidenz bei Rastatt, montieren lassen (ca. 1710). Es ist möglich, dass die Paneele über Schlackenwerth in Böhmen, die Heimatresidenz der Markgräfin, nach Rastatt gelangten. Weitere Wandbespannungen haben sich im Neuen Palais, heute Schlossmuseum von Arnstadt, erhalten. Sie stammen von ca. 1720-40 und zeigen schlanke gedrehte Säulen, von Blumenranken umwunden, mit Papageien besetzt. Die ursprüngliche Bezeichnung für das Audienzzimmer war das „Rote Schmelzzimmer“, zu Ehren der Behänge. Cassidy-Geiger nimmt an, dass sie eigentlich Auftragsarbeiten für das Lustschloss Augustenburg waren, das 1700-1710 für Auguste Dorothea (1666-1751), eine Tochter Herzog Anton Ulrichs von Braunschweig- Wolfenbüttel (1633- 1714) und Gemahlin von Anton Günther II von Schwarzenburg-Arnstadt (1653-1716), errichtet wurde. Für die barocke Ornamentik können Stichvorlagen von Daniel Marot oder Jean Berain herangezogen werden. Gewundene Säulen scheinen sich bei den Herstellern gestickter Wandbehänge recht großer Beliebtheit erfreut zu haben. So wurden sie z. B. im Holländischen Palais in Dresden verwendet. Zwei weitere Beispiele haben sich im Musée d’Histoire Naturelle et d’Ethnographie de Lille erhalten und ein Set aus neun Panelen von ca. 1710, ursprünglich aus Frankreich, befindet sich heute in Waddesdon Manor in England, wohin es im 19. Jahrhundert gelangte. 62 Abb. 2 Wandpaneel mit Glasperlen, Frankreich, Waddesdon Manor, Buckinghamshire Eine Van Selow zugeschriebene Schreibkommode im Städtischen Museum in Braunschweig weist ebenfalls gewundene Säulen, von Blütenranken umwunden, auf. 157 Hier wird dieses Motiv in der Eckgestaltung einsetzt. Die Säule, wie auch ihr Hintergrund sind in silbrigen, transluziden Perlen gehalten, nur die Konturlinie hebt sich dunkel davon ab. Außerdem wird eine Art Mittelachse in Gelb gestaltet. Ebenso wie die Säulen auf den bei Cassidy-Geiger erwähnten Wandbehängen, 157 Inv. Nr. Zug L. 152 Abb. 3 Schreibkommode, Seitenansicht 63 besitzen auch diese Basis und Kapitell. Die Blütenranken sind einfacher, winden sich aber in ähnlicher Weise von unten nach oben. Es stellt sich die Frage, ob die Gemeinsamkeiten beider Beispiele auf die Verwendung ähnlicher Vorlagen zurückzuführen sein könnte. Alle bis jetzt angeführten Glasperlenstickereien sind vor der Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden, doch gibt es auch ein datiertes und signiertes Beispiel aus der zweiten Hälfte. Es handelt sich um die Raumausstattung des Glasperlenzimmers im Chinesischen Palais in Oranienbaum in der Nähe von St. Petersburg, für Katharina die Große errichtet, das in Auktionskatalogen regelmäßig als Vergleichsbeispiel und Referenz für Objekte Van Selows angeführt wird. 158 Offensichtlich waren sowohl die Wände und der Fußboden des Raumes wie auch die Möbel mit Glasperlen verziert. Erhalten haben sich lediglich die Wandbespannungen, gestaltet in Rokokoornamentik nach einem Entwurf des französischen Malers Jean Pelman. 159 Marie de Chele, die als Schauspielerin mit einer französischen Truppe an den russischen Hof gekommen war, beaufsichtigte neun russische Stickerinnen, die nach den 1762 fertig gestellten Kartons arbeiteten. Sie signierte die Paneele mit „de Chele FP“. Die Glasperlen stammen aus der Lomonosov Fabrik. 158 Weitere Abbildungen bei Jar (2000), S. 111 und Kennett (1973), S. 240. 159 Während Pelman in den meisten Publikationen als Entwerfer der Glasperlenpaneele bezeichnet wird, ist bei Allen (2006), S. 2 Serafino Barozzi als Urheber genannt. Dieser scheint aber für den Raumentwurf an sich verantwortlich zu zeichnen. Der Artikel befindet sich auf folgender Website: http://www.vam.ac.uk/res_cons/conservation/journal/issue52/chinesepalace52/index.htm [aufgesucht am 17. Juni 2007]. 64 Abb. 4 Wandverkleidung mit Glasperlenstickerei im Glasperlenkabinett, Oranienbaum Die Glasperlenstickerei bediente sich des gleichen Rohstoffes wie die Manufaktur Van Selow, benutzte ihn jedoch in einer anderen Form. Nicht die kleinen runden Rocailleperlen wurden verwendet, sondern längliche Stab- oder Sprengperlen, die auf einen textilen Träger appliziert wurden. Der visuelle Eindruck ist bestimmt von einem porzellanartigen Glanz mit starker Reflektion von Licht und einem lüsterartigen Schimmern, Qualitäten, die man hoch schätzte und offensichtlich vor allem in Lustschlössern zu erzielen strebte. Hinzu kommt die Tatsache, dass Glasperlen lichtecht sind und nicht verbräunen oder verblassen. (Siehe hierzu weiterführende Ausführungen in Kapitel 6). Man konnte sie dem Licht aussetzen, ohne dass sie ihre Farbe veränderten. Innerhalb eines Raumgesamtkunstwerkes korrespondierte der Schimmer von Glasperlen mit dem Glanz von Spiegeln, Lackobjekten oder Porzellan. Glasperlen im 65 textilen Verbund kommen in der Regel im höfischen Kontext vor, wo großformatige Objekte geschaffen wurden. Grundlegender Unterschied zu den Objekten der Manufaktur Van Selow ist neben dem Format, der Umgang mit und die Umsetzung von Vorlagen. In der textilen Verarbeitung von Glasperlen werden diese entweder in Reihen aufgefädelt und auf einen Träger genäht, oder aber einzeln und separat appliziert. In jedem Fall bedeutet dies, nach einer exakten Vorlage zu arbeiten. Viele Motive Van Selowscher Stücke sind hingegen frei umgesetzt worden und nur partiell festgelegt. Die aufwendigen textilen Beispiele zeigen eine Tradition in der Verwendung des Materials, doch gehen die Gemeinsamkeiten mit Objekten der Corallenfabrik über die spezielle und bei Kunden sehr gewünschte optische Wirkung und die vergleichbaren materialtechnischen Eigenschaften nicht hinaus. 3.3 Die Verwendung von Muscheln, Schnecken und Grottenwerk Die Verwendung von „Grotten- Seemuschel- und Corallenwerk“ 160 scheint sich auf die ersten Jahre der Produktionszeit Van Selows in Braunschweig zu beschränken. 161 In allen Lotterielisten und Anzeigen, die als Nachweise für die Produktionspalette herangezogen werden können, ist nach 1758 nur noch von Corallenwaren die Rede, womit Glasperlendekorationen gemeint sind. Nichtsdestotrotz kann eine Gruppe von Objekten, auf die die 160 Braunschweiger Anzeigen, 39. Stück, 17.5.1758, Spalte 622 f. 161 „von Seemuscheln verfertigte Kunststatuen“ werden bereits in der ersten Anzeige in den Braunschweiger Anzeigen, 10. Stück, 4.2.1756, Spalten 167-168 erwähnt. 66 von Van Selow selbst vorgenommene Bezeichnung passt, identifiziert werden. 162 Die Beschäftigung mit und Verwendung von Naturformen sowie die Zuweisung von symbolischen Bedeutungen oder Attributen an Objekte aus Muscheln oder Schnecken, lässt sich weit zurückverfolgen. 163 Im 16. und nachfolgenden Jahrhunderten geht sie einher mit dem Sammeln von Kuriositäten und Naturformen in Kunst- und Wunderkammern, wie auch, beeinflusst von antiken Grotten, der Entwicklung einer eigenständigen Architekturform, die Natur imitierte und damit zähmte und nutzbar machte. Patrick Mauriès beschreibt die Mediceische Sammelleidenschaft für Muscheln im 17. Jahrhundert und bildet Beispiele für künstlerische Arrangements von Meerestierschalen ab. Es handelt sich um Skulpturen, die gänzlich mit Schneckengehäusen und Muscheln in unterschiedlichen Größen und Farben bedeckt sind. „Die ganzfiguren Darstellungen wurden über einem Kern aus Holz geformt. Sie dokumentieren das damalige Interesse an exotischen Ländern.“ 164 Die Naturmaterialien wurden laut Mauriès in Pappmaché gepresst und über den Holzkern modelliert. Darüber hinaus haben sich Masken aus Muschelschalen aus der Sammlung Manfredo Settalas (1600-1680) erhalten, dessen Wunderkammer im 18. Jahrhundert von der Biblioteca Ambrosiana in Mailand erworben wurde. 165 „Muscheln und Schnecken zählten wegen ihrer Beständigkeit, Schönheit und wegen ihres vielfältigen Symbolgehalts zu den beliebtesten 162 Siehe hierzu die nachfolgenden Kapitel: 4.1.4, 4.1.7, 4.1.8 und 5.2. 163 Cameron (1958), S. 47 ff. 164 Mauriès (2002), S. 83-86, Archimboldeske Figuren aus der Toskana, frühes 17. Jahrhundert, Florenz, Museo degli Argenti. 165 Ebd., S. 156-157. 67 Sammelbereichen der Kunstkammern.“ 166 Weichtiere wurden als Wunder angesehen, da sie aus Wasser eine harte Schale formen konnten. Sie galten als Beweis der Transformationslehre des Aristoteles, die besagt, dass sich jedes Element in ein anderes umwandeln lässt. Man bewunderte das schillernde Perlmutt und den luziden Glanz der Schneckenschalen, den man auch am chinesischen Porzellan schätzte. Die Muschelöffnung wurde mit dem weiblichen Schoß und damit mit Fruchtbarkeit und Erotik assoziiert. „Auch die Emblematik wußte sich der Tiere zu bedienen. Das Überdauern der Schale nach dem Verenden der Bewohner entsprach auf natürliche Weise dem menschlichen Wunsch nach Ruhm über den Tod hinaus.“ 167 Muscheln und Schnecken wurden vielfach in künstlichen Grotten verwendet, die sich seit dem 16. Jahrhundert, ausgehend von Italien, in ganz Europa großer Beliebtheit erfreuten. In ihrer Systematik dieses Phänomens, stellt Barbara Rietzsch die unterschiedlichen Ausprägungen von Grotten an den Höfen europäischer Herrscher vor. In diesem Zusammenhang ist besonders die architektonische Grotte mit Mosaiküberzug interessant. „Der erste und am meisten verbreitete Typ der architektonischen Grotte täuscht eine Architektur vor, deren Elemente Muscheln und farbige Mosaiksteinchen sind. Er war schon in der Antike bekannt. Zuerst wird ein Gerüst aus Ziegelsteinen aufgemauert, das alle wesentlichen Architekturteile, wie Wandgliederung und Gewölbe in ihren Grundformen vorzeichnet. Putz und Stuck überziehen den Rohbau und formen die „Architektur“ in ihren Feinheiten aus. In den noch weichen Bewurf werden Muscheln, bunte Kiesel, Petrifikationen, Halbedel- und gelegentlich Goldmosaiksteine so eingedrückt, daß sie die vorgegebenen Formen nachvollziehen und interpretieren.“ 168 166 Walz (2000), S. 52-53. 167 Klaus Minges zitiert nach Walz (2000), S. 53. 168 Rietzsch (1987), S. 49 f. 68 Diese Art von Mosaik wird auch „Rustikamosaik“ genannt und kommt z. B. in der Grotta des Palazzo del Tè in Mantua, im Nymphaeum der Bastie d’Urfé 169 oder im Grottenhof der Münchener Residenz vor. Besondere Erwähnung verdient die Thétis Grotte in Versailles, erbaut 1664. „Die Wände waren ..... mit Muscheln, Edelsteinen, Perlmutter, kleinen Spiegeln und anderen reflektierenden Materialien ausgekleidet, so daß sie im einfallenden Sonnenlicht erstrahlten.“ 170 Grotten bildeten einen festen Bestandteil der Palastarchitektur seit dem 17. Jahrhundert. Neben der Ausschmückung von Erdhöhlen mit „Naturalia“, erfreuen sich mehr und mehr spezielle Architekturen, wie Grottenpavillons, doch auch entsprechende Verzierungen im Untergeschoß von Gebäuden zunehmender Beliebtheit. 171 Nicht nur bei der Auswahl der Materialien sondern auch in Bezug auf die Technik, die beim Grottenbau zur Anwendung kam, lassen sich Gemeinsamkeiten mit den Arbeiten Van Selows feststellen. Auch in seiner Manufaktur werden Perlmutter, Schnecken, Muscheln, Halbedelsteine und Glasperlen in eine Kittmasse eingesetzt. Auch hier ging es unter anderem darum, aus Kombinationen von Naturmaterialien künstliche, artifizielle Werke zu schaffen, die ungewöhnlich sind und des genauen Betrachtens bedürfen, um sie in all ihren Facetten erfassen zu können. Nicht nur kann man annehmen, dass van Selow von Grottenarchitektur beeinflusst war, 169 Abbildung bei Cameron (1958), S. 46. Die Wandgestaltung weist reliefartige, gänzlich mit Muscheln und Schnecken bedeckte Karyatiden auf, die optisch die Bogenarchitektur tragen. 170 Rietzsch (1987), S. 56-57, siehe auch Cameron (1958), Abb. auf S. 50: Detail eines Stiches von Le Pautre. Die Grotte ist nur von Beschreibungen und Illustrationen bekannt, da sie 1684 zu Gunsten eines anderen Gebäudes abgerissen wurde. 171 Zur Entwicklung und Ausformung der Grottenkunst und der damit verbundenen Mechaniken siehe: Ulrike Franke, »... zur Lust und Zierde der Palläst und Gärten« Salomom de Caus und die Grottenkunst in: Härting et. al. (2000), S. 84. 69 es ist durchaus möglich, dass einige der ihm zugeschriebenen Werke für Grottenräume gedacht waren. Grotten wurden oft mit Wasserspielen ausgestattet, die Ausstattung musste also wasserfest sein. In dem 1644 von Joseph Furttenbach in Augsburg publizierten Traktat „Mechanische Reißladen“, das die Ingenieurskunst in 15 Personifikationen darstellt, wird das Grottenwerck als Mann mit Muschelpanzer und Korallenkranz auf dem Kopf gezeigt. „Die Aufgabe der Grottenkunst besteht nach Furttenbach vor allem darin, Grotten zu errichten und sie mit den ‚allerwundersamsten Meergewächs von Schnecken/ Muscheln/ Corallen etc.’ zu verzieren. Deren harte Materie erdulde das Wasser, ‚... und ob es schon besprenzt/so werden sie doch erst recht mit ihren zunemmenden schönen Farben erfrischet.’“ 172 Dem Wasser standzuhalten - dies ist ein Kriterium, das die Arbeiten Van Selows, soweit sie unbeschädigt sind, erfüllen. Zwar ist das Trägermaterial in den meisten Fällen Holz, doch ist dieses gänzlich mit einer wasserabweisenden Kittmasse bedeckt, in die wasserfeste Materialien eingedrückt sind. Zumindest einer erhöhten Luftfeuchte konnten die meisten Arbeiten Van Selows problemlos standhalten. Die Verwendung von Holz im Bereich des Grottenbaus scheint überdies keine Seltenheit gewesen zu sein. So bestand z. B. der Wandspringbrunnen im Palast der Maria von Ungarn in Binche, der für ein Fest im Jahre 1549 geschaffen worden war, aus Holz, das mit Korallen, Schildkröten und Muscheln besetzt war. 173 172 Ulrike Franke, »... zur Lust und Zierde der Palläst und Gärten« Salomon de Caus und die Grottenkunst in: Härting et. al. (2000), S. 83. 173 Krista de Jonge, Ein Netz von Grotten und Springbrunnen – Die »Warande« zu Brüssel um 1600 in: Härting (2000), S. 92. 70 Neben den von Barbara Rietzsch 174 behandelten Grotten in Italien, Frankreich und Deutschland, dürfen die englischen Beispiele nicht zu kurz kommen. Hier sind aus dem 18. Jahrhundert Grotten erhalten, die ein Weiterbestehen dieser Tradition belegen. Cameron erwähnt unter anderem die Schneckengrotte in Woburn Abbey oder die Höhlen von West Wycombe. „En 1752, Sir Francis Dashwood fondait l’ordre de Saint-Francis de Medmenham et de sombres récits circulèrent bientôt sur les inombrables pratiques auxquelles se livraient les adeptes dans les cavernes crayeusesde West Wycombe: on y célébrait des messes noires sur les autels profanés“. 175 Als weitere Beispiele führt Cameron die Eremitage von Stourhead bei Salisbury, den Schneckenpavillon von Goodwood Park in Sussex oder die Grotte des Herzogs von York in Oatlands Park an. Auch in Russland wurden Palasträume 176 mit Naturmaterialien verkleidet. Hier sei nur kurz an das Bernsteinzimmer erinnert. Zu Kleinobjekten des 18. Jahrhunderts, die mit Muscheln verziert wurden, gehören unter anderem Vogelskulpturen und Blumenarrangements. Sie scheinen sich recht großer Beliebtheit erfreut zu haben, findet man Exemplare doch in verschiedenen Sammlungen. Das Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig beherbergt einige kleine Vogelstatuen, die mit Muscheln und Insektenflügeln in einer Kittmasse verziert sind. Es handelt sich um einen Pfau, einen Hahn und eine Henne. Alle drei Skulpturen stehen auf einem hölzernen Sockel. 174 Rietzsch (1987). 175 Cameron (1958), S. 50. 176 Cameron (1958), S. 56: Charles Cameron arbeitete für Katharina die Große in Tsarskoe Selo an einem Achat-Pavillon. 71 Neben diesen Kunstkammerstücken gab es im Kunst- und Naturalienkabinett der Braunschweiger Herzöge auch noch drei Blumenbouquets aus Muscheln. Hierbei handelte es sich um Schenkungen der Markgräfin von Culmbach an das Herzogliche Museum aus dem Jahre 1776. 177 Vergleichbare Figuren tauchen ebenfalls in anderen Kunstkammern auf. Abb. 5 Pfau aus Muscheln und Insektenflügeln Abb. 6 Vogelskulpturen, 18. Jahrhundert Muscheln und Schnecken wurden auch an Gebrauchsmöbeln verwendet. Nicht viele Exemplare, die dies belegen, haben sich erhalten. 178 Die Laserreinigung eines solcher Art verzierten Aufsatzsekretäres mit klassizistischer Ornamentik beschreiben Brigitte Hartmann und Günther Wiedemann. Es handelt sich um ein Möbel aus Holz mit Muscheldekor, Quarzkristallen, Korallen, Glasperlen, blauem Glasfluss und Eisenblende auf Streuglanzgrund aus dem Stadtmuseum Köln. 179 Der Korpus ist mit einfachen Verbindungen hergestellt. Auf das Holz wurde eine Masse aus Calciumcarbonat in einem trocknenden Öl gestrichen und in diese dann die Applikationen eingedrückt. Damit ähnelt er in Technik und Materialien den 177 Schütte (1997), S. 191- 193, Kat. Nr. 192-193.3. 178 Ein Miniatursekretär aus dem 18. Jahrhundert, mit Muscheln belegt, ist bei Mauriès (1994) S. 79 abgebildet. 179 Hartmann/Wiedemann (1998), S. 388-393. 72 Objekten Van Selows, ist aber aufwendiger gearbeitet und wohl später entstanden. Nicht nur die Vielzahl an Materialien, sondern auch die farbige Fassung des Aufsatzsekretärs sind exzeptionell. Applikationen sind mit Farbe hinterlegt oder mit Lasuren überzogen und damit Teil einer durchgängigen Polychromie. Die Objekte aus der Manufaktur Van Selow leben hingegen von dem Farbenspiel der Glasperlen und den wechselnden Glanzgraden der unterschiedlichen Materialien. Farbliche Überarbeitungen von Muscheln oder Perlmutter haben sich bis jetzt bei Van Selow nicht finden lassen, wohl jedoch Hinterlegungen größerer Glasstücke mit dünnen, an den Kanten hochgebogenen Metallplättchen, was ihre Reflektionsfähigkeit erhöht und die Farbwirkung beeinflusst. 180 Der Holzkörper des Aufsatzsekretärs ist gänzlich mit anorganischen Materialien bedeckt, während die vergleichbaren Möbel, die dem Œvre Van Selows zugeschrieben werden 181 , ihre Konstruktion nicht verstecken, sondern die Glasperlenmosaike in Form von Füllungen, umgeben von hölzernen, rahmenden Profilleisten eingesetzt sind. 3.4 Mikromosaike Neben Pietre Dure, florentinischen Mosaiken aus Marmor und Halbedelsteinen, erfreuten sich im 18. Jahrhundert Mikromosaike einer großen Beliebtheit. Hierbei handelt es sich um aus winzigen Glassteinchen, den so genannten Tesserae, zusammengesetzte Bildplatten. Ein Zentrum 180 Kitchin (1994) Unveröffentlichter Untersuchungsbericht zur Urne im Victoria & Albert Museum, Inv. Nr. W45-1936. 181 Es handelt sich hierbei um einen Schreibschrank und eine Kommode mit Schubkästen im Städtischen Museum Braunschweig, vgl. Kapitel 4.1.5. 73 der Herstellung war in Rom angesiedelt. Während ältere Mosaike aus quadratischen Tesserae aus Stein, Marmor, Terrakotta oder Glas zusammengesetzt waren, wurden ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Glasfäden, Smalti Filati genannt, die in einer vatikanischen Werkstatt erfunden wurden, in großer Farbenvielfalt eingesetzt. Eine große Vielzahl von Objekten wurde in dieser Technik geschaffen, die mehr und mehr verfeinert wurde bis hin zum Einsatz von 1400 Tesserae pro Quadratzoll. Die Glasstäbchen wurden in unterschiedlichen Grundrissen hergestellt und aufrecht in eine Kittmasse gedrückt. Die so entstehende Oberfläche wurde dann sorgfältig geglättet und poliert. Schmuckstücke, Tabakdosen, Bilder und Tischplatten, mit Mikromosaiken verziert, erfreuten sich großer Beliebtheit. 182 Die Darstellungen sind oft Gemälden nachempfunden oder haben einen sehr malerischen Charakter. Besonders der Dresdner Hof hatte ein Interesse daran, an die Geheimnisse der Mosaike zu kommen 183 und unterhielt daher intensive Kontakte mit den Künstlern. Dabei ging es insbesondere um die Zusammensetzung der Glasmassen für die Mikromosaike. Der russische Wissenschaftler Mikhail V. Lomonosov (1712-1765) war erfolgreicher bei der Suche als die Dresdner. Inspiriert von Mosaiken, die Prinz Vorontsov von einer Reise nach St. Petersburg mitgebracht hatte (1745-46), entwickelte er in chemischen Experimenten farbige Glaspasten. Aus den Glaspasten stellte er Tesserae her, die er in prismatische Formen schliff. Lomonosov testete seine Glaspasten, indem er eine Tafel nach der Madonna von Francesco Solimena herstellte. Diese Madonnentafel überreichte er Zarin Elizaveta am 25. August 1752, worauf hin diese so 182 Paul Bentley (ed.) http://www.mosaicmatters.co.uk/features/gilbertmosaics.htm [aufgesucht am 26.08.2005]. 183 Die folgenden Ausführungen folgen Gonzales-Palacios (1982), S. 28 ff. 74 begeistert war, dass ihm Privilegien und Land zugewiesen wurden. Auf der Vasiliev Insel errichtete er eine Glashütte und eine Mosaikfabrik. Römische oder russische Mikromosaike zeigen andere Motive als die von Van Selow verwendeten. Auch sind sie wesentlich feiner gearbeitet. Beiden Techniken gemeinsam ist jedoch der porzellanartige Glanz und das Material – farbiges Glas. Mikromosaike waren sehr aufwendig und teuer in der Herstellung. Der Gemäldecharakter, der mit den kleinen prismatischen Glasstückchen erreicht werden konnte, wird dadurch erzielt, dass die Einzelbausteine sehr viel enger verlegt werden konnten als dies bei Perlen der Fall ist und somit die Kittmasse so gut wie nicht in Erscheinung tritt. Mit farbigen Glasperlen konnte ein ähnlicher, wenn auch sehr viel gröberer Bildeindruck erzielt werden. Eine Art Gemäldewirkung entsteht oft erst bei größerer Entfernung des Betrachters vom Objekt – wenn die Kittmasse zwischen den Rocailleperlen und deren Reihung optisch nicht mehr wahrzunehmen ist. Dies gilt vor allem für die Tischplatten. Die Perlen, die an den Döschen und Tabletts verwendet wurden sind sehr klein und erlaubten Van Selow einen großen Grad an Differenzierung. Der Umgang mit Farben, die Art und Weise, Schattierungen durch Reihen von Perlen in geringfügig unterschiedlichen Farbwerten zu erzeugen, kommt dem Umgang mit dem Material im Mikromosaik nahe. 75 3.5 Porzellan an Möbeln Neben der Verwendung von Glas und Naturmaterialien entwickelt sich ab den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts auch die Integration von Porzellanplaketten an Möbeln zu einer beliebten Mode. Dieser Art verzierte Objekte scheinen eine französische Besonderheit gewesen zu sein. Sie wurden in Paris hergestellt, finden sich aber heute in einer Vielzahl europäischer und amerikanischer Sammlungen. Carl Christian Dautermann geht in seinem Artikel über die „French Marchands Merciers and Furniture with Porcelain Plaques“ auf das Zusammenspiel verschiedener Industrien und Geschäftszweige ein, die eine im Zusammenhang mit dieser Arbeit interessante Gruppe von Möbeln hervorbrachte. 184 Marchants Merciers in Paris boten eine Vielzahl von Einrichtungsgegenständen an und nahmen durch ihr Angebot Einfluss auf die Entwicklung der Mode. Sie kauften Luxusgüter aus anderen Ländern an und veränderten sie. „Porcelain figurines of chinamen and animals were provided with gilt bronze mounts and incorporated into clocks, wall lights, ink stands and perfume burners…..Oriental screens and cabinets were bought by dealers at sales for their lacquer panels which were stripped and re-set in pieces of furniture that met current standards of taste.” 185 Nicht nur komplette Möbel wurden von den Pariser Luxushändlern angeboten, sondern auch Einzelteile, wie Pietra Dura Tafeln oder Beschläge, mit denen sich Ebenisten eindeckten, Porzellanteile und Uhren, die der Montierung gemäß des Kundenwunsches harrten und auch „Secondhand“ Objekte, die von ihren Besitzern gegen andere Gegenstände 184 Dautermann (1964), S. 105-15. 185 Dautermann (1964), S. 106. 76 eingetauscht worden waren. Sogar um die Restaurierung beschädigter Möbel oder Porzellane kümmerte man sich. Carolyn Sargenston, beschreibt in ihrem Buch Merchants and Luxury Markets ausführlich die Stellung der Pariser Händler im 18. Jahrhundert sowie ihre Rolle bei der Gestaltung des Marktes, der Förderung der Entwicklung neuer Güter und der Manipulation der Konsumenten. 186 Von dem Kunsthändler Simon-Philippe Poirier mit einem Laden in 85 rue Saint-Honoré gegenüber dem Hôtel d’Aligre, ist bekannt, dass er in der Porzellanmanufaktur von Sèvres seit ca. 1760 regelmäßig Plaketten kaufte und eine Art Monopol darauf besaß. Der Beweis für die Verwendung des Porzellans an Möbeln ist im Anhang zu einer Rechnung an Madame du Barry vom 21. August 1774 zu finden. Dort heißt es: “Nota demande et annonce une table à thé et porcelaine commandée tant chez les ouvries qu’à la manufacture de Sève.” Poirier beauftragte führende Ebenisten der Zeit, wie Weisweiler oder Bernard van Risamburgh den hölzernen Träger für die Porzellan- Plaketten herzustellen, die meistens weißgrundig und mit Blumenmotiven bemalt sind. Es ist jedoch auch möglich, dass Ebenisten die Plaketten bei Poirier erwarben und in die von ihnen entworfenen und hergestellten Möbel einpassten. 187 Diese Art von Möbeln scheint besonders bei weiblichen Kunden beliebt gewesen zu sein. Auf einem Gemälde der Madame de Pompadour von Francois-Hubert Drouais von 1763-64 188 sind Möbel mit Porzellanplaketten im rechten Vordergrund zu erkennen. 186 Sargenston (1996), siehe besonders S. 46 ff über Designing around Veneers. Auch hier finden die in diesem Kapitel thematisierten Möbel mit Porzellanplaketten Erwähnung. 187 de Bellaigue (1974), S. 482. 188 Von der National Gallery London aus der Sammlung des Earl of Roseberry gekauft (Inv. Nr. NG6440). 77 Geradezu leidenschaftlich gesammelt wurden diese Gegenstände von Madame du Barry, die regelmäßig Exemplare bei Poirier erstand. Marie Antoinette teilte diese Leidenschaft nicht, besaß aber ein Möbel und beauftragte Poirier im März 1771 einen Tisch mit Porzellanplaketten an ihre Mutter Maria Theresia von Österreich zu schicken. Dautermann vermutet, dass unter den vielen Geschenken aus Porzellan, die Marie Antoinette Verwandten oder königlichen Gästen machte, sich auch Möbel mit Porzellan befanden. Viele Stücke fanden ihren Weg nach Russland – hier besonders in den Palast von Pavlosk bei St. Petersburg, wo sie von Maria Feodorovna aufgestellt wurden. Eine Gruppe von elf gleichartigen Schreibtischchen mit Sèvre Porzellanplaketten kann dem Meisterebenisten Martin Carlin (1766-85) zugeordnet werden. Die Plaketten sind datiert (zwischen 1766 und 1774) und geben damit einen Anhaltspunkt über die Abfolge der Entstehung dieser Kleinserie. 189 Die Objekte sind heute in England und Amerika verstreut. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts verlagerte sich der Verkauf dieser Objekte von Frankreich nach England, Deutschland und Russland. 189 De Bellaigue (1974), S. 480 und Medlam (1992), 378-380 über den Schreibtisch im Bowes Museum, Barnard Castle. Abb. 7 Schmuckkoffer auf Untergestell, Französisch 1770 78 Keiner der Autoren geht darauf ein, aus welchem Grund diese Kombination von Materialien entwickelt wurde und sich zunehmender Beliebtheit erfreute. Alle horizontalen und viele der vertikalen Flächen sind fast vollständig mit Porzellanplaketten belegt, die von Bronzerahmen eingefasst und gehalten werden. Blumenmuster auf weißem Grund sind umgeben von farbigen Rahmen mit Blattdekor, was vielleicht die Illusion einer Rahmen-Füllungs-Konstruktion erzeugen sollte. Die verwendeten Holzarten der Möbelkonstruktion (Mahagoni und Rosenholz) sind, wenn sie frisch verarbeitet sind, sehr kräftig im Farbton und unterstützten somit den Eindruck von Buntfarbigkeit des Möbels. Manchmal greifen die Motive der Marketerien bewusst Elemente der Porzellanteile auf, wiederholen und variieren sie. Ein gutes Beispiel hierfür ist ein Arbeitstischchen in der Wallace Collection. (Abb. 48) Die Tischplatte wird von einem Porzellantablett gebildet, dessen prominente Randornamentik – ein goldenes Gitter auf türkisblauem Grund – sowohl an der schürzenähnlichen Zarge als auch am Zwischenboden wieder aufgegriffen wird, wo „the background is of green-stained sycamore [...] and the fret and the flowers at the intersections are in natural sycamore, albeit again with red dots of wax in the centres of the flowers.“ 190 Wie an den Möbeln Van Selows sind auch mit den porzellanbelegten Möbeln wasserabweisende Flächen geschaffen worden, deren Farbigkeit haltbar ist und bis heute nicht verblasst ist, wie das bei der Verwendung natürlicher Farbstoffe zum Beizen oder Färben von Marketeriehölzern der Fall wäre. Der Werkstoff Holz ist auf die Konstruktion und eine Trägerfunktion reduziert. Die Farbenpracht hervorgerufen durch die Kombination von Porzellan mit exotischen Farbhölzern wie Satinholz oder 190 Hughes (1996), Band II, S. 1054-1058. 79 Amaranth, Palisander und Mahagoni muss eine faszinierende Wirkung an einem Möbel gehabt haben. Neben der praktischen Funktion, eine harte, abwischbare Unterlage zu bilden, waren Porzellanplaketten auch ausgesprochen dekorativ. Sie bedienten den Markt auf unterschiedliche Weise. Werkstoffe wurden zusammengeführt, die vorher nicht auf diese Weise verwendet wurden, wodurch man etwas „Neues“ schuf, was eines der Kaufkriterien für Konsumenten im späteren 18. Jahrhundert war und erhielt dazu auch noch etwas „Exotisches“, das an asiatische Luxusgüter erinnerte. „It was porcelain, to much greater degree than textiles, which defined the ‚Orient’ to European consumers.” 191 191 Berg (2003), S. 236. 80 4 Erzeugnisse der Corallenfabrik Objekte, die mit der Manufaktur Van Selow in Verbindung gebracht werden, sind sehr vielfältig in ihren Formen, weisen aber auch so viele Gemeinsamkeiten auf, dass man sie schnell als einer gemeinsamen Objektgruppe zugehörig zu erkennen glaubt. Formen und Materialien mögen sich unterscheiden, doch sind alle Produkte, von denen man relativ sicher sagen kann, dass sie in der Corallenfabrik hergestellt wurden, mit Glasperlen verziert. Bei diesen Glasperlen handelt es sich zum größten Teil um so genannte Rocailleperlen, die meist mit der geschlossenen Seite nach oben verlegt sind. 192 Sie sind entweder in eine Kittmasse gepresst oder in einem textilen Verbund anzutreffen. In diesem Kapitel soll einigen Fragen nachgegangen werden, die sich bezüglich der Form und Art der Objekte, ihrer Dekore und der Herstellungstechniken stellen. Wie und wofür wurden die Möbel verwendet? Sind die Motive rein schmückend gedacht oder haben sie eine verborgene Bedeutung? Und wiederum: lassen sich Vorbilder oder Anregungen identifizieren? Handelt es sich bei den von Van Selow angebotenen Waren wirklich um „...eine eigene und ganz neue Erfindung“? 193 192 Auf die Technik wird genauer in Kapitel 5.1.1 eingegangen werden. 193 Braunschweiger Anzeigen vom Februar 1756, Spalten 167- 168. 81 4.1 Form, Art und Nutzung der Objekte Leider sind die Objekte der Manufaktur Van Selow weder signiert noch datiert. Dies macht eine Zuweisung an die Fabrik natürlich schwierig, weiß man doch oft nicht genau, nach welcher Art von Objekten man suchen soll. Auch ist es sehr gut möglich, dass sich Gegenstände in Privat- oder Museumsbesitz befinden, die bis jetzt anderen Herstellern zugewiesen wurden und deshalb über Anfragen schlecht zu ermitteln sind. Glücklicherweise existieren aufgrund der sorgfältigen Abwicklung der Lotterien Listen mit den Bezeichnungen der verlosten Waren der Corallenfabrik. Diese lassen erahnen, wie divers das Angebot war und auch, wie viele „unentdeckte“, das heißt nicht eindeutig zugeordnete Objekte wohl noch ihrer Identifizierung harren. An dieser Stelle sei eine Auswahl der Lose der Lotterie von 1765 aufgeführt, um die zur Zeit der Herstellung verwendeten Bezeichnungen aufzuzeigen und einen Eindruck von der Produktvielfalt zu geben. 194 Unklar ist, ob wirklich alle der in den Lotterielisten aufgeführten Objekte in der Corallenfabrik hergestellt wurden, oder ob nicht einige vielleicht in Kommission verkauft wurden, wenn sie ins Warenangebot passten und dieses sinnvoll erweiterten. Auch ist ein Zukauf von bestimmten Stücken, die das Sortiment bereicherten, nicht auszuschließen. 2 großen oval. Thee Tisch Blätter à 12 r. - 24 r. 2 große Coffée Tisch B. à 9 “ - 18 “ 1 Vogel à 4 “ - 4 " 2 Pulver Hörner à 2 “ - 4 “ 2 große Quadrille Tisch B à 11 r. - 22 r. 8 Spiegel-Tisch-Blätter à 6 r. 194 NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 47/ 48 zitiert in Auszügen. 82 116 Nadelteller à 1r. 2 kleine Kästgen à 2 “ - 4 “ 2 Navetten à 1 “ - 2 “ 4 Knaster Dosen à 5 “ - 20 “ 2 Quadrille Schachteln à 8 “- 16 “ 1770 meldete Eggeling eine Lotterie an. Am 25. April wurde überprüft, ob denn die angegebenen Waren auch vorhanden sind. 195 Bey der dato vorgenommenen Untersuchung; ob die von dem Tischler Meister Eggeling, als itzigem Entrepreneur der Corallen- Waaren Fabric, in dem von ihm untertänigst überreichten Lotterie- Plan angesetzte Corallen- Waaren, auch würcklich vorrätig habe; sind folgende Stücke vorrätig gefunden, als: 3 große ovale Tischblätter 4 kleine do. do. 18 große viereckte do. 18 kleine do. do. 2 Quadrille do. 3 l`hombre do. 4 Spiegeltisch do. 8 Wercktisch do. 2 Kästgen 6 Coffée Bretter 2 Schreibzeuge. 5 runde Knaster Dosen 17 lange do. 12 praesentirteller 18 Rappée Dosen. 12 Pulver Flaschen 15 Etuis 24 Nadelteller 5 Werckbeutelschalen. Unter Eggeling kam es offenbar zu einer Erweiterung des Warenangebots, das sich unter Van Selow auf eine geringere Anzahl von Objektgruppen konzentriert hatte. Sowohl bei Van Selow als auch bei Eggeling scheinen, zumindest bei den Lotterien, die Kleinobjekte in der Überzahl und der Anteil der Tischplatten geringer zu sein. Dies kann als eine Besonderheit der Lotterie erklärt werden. Sie war in Klassen mit unterschiedlichen Preisen eingeteilt. Es gab nur wenige Hauptpreise, die immer Tischplatten enthielten und sehr viele Kleinpreise, die Döschen, Teller und andere 195 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 13. 83 Kleinobjekte beinhalteten. Es ist möglich, dass der Eindruck, der durch die Lotterielisten entsteht, nicht der Realität entspricht und dass im Gegenteil das Objektverhältnis, wie es sich heute darstellt auch dem der Entstehungszeit entspricht. Gegenwärtig sind es in erster Linie Tische, die auf Auktionen gehandelt werden. Kleinobjekte lassen sich nur in geringer Stückzahl in Privat- oder Museumsbesitz finden und konnten bisher im Kunsthandel nicht nachgewiesen werden. Ihre Zuordnung zur Corallenfabrik Van Selows ist, da so wenige Referenzstücke erhalten sind, schwieriger als bei der relativ homogenen Gruppe der Tische. Es ist jedoch nicht unrealistisch, dass die Lotterielisten ein wirklichkeitsnahes Bild vom aktuellen Warenangebot der Zeit vermitteln. Für ein großes Angebot an Kleinobjekten ließen sich viele Gründe anführen. Es ist anzunehmen, dass diese kleinformatigen Dinge des täglichen Lebens einen größeren Absatz fanden als die großen Möbel. Möbel, wie Luxus-Beistelltische braucht man nur in einem begrenzten Umfang. Corallentische waren auf Dauerhaftigkeit hin konzipiert und somit war der Markt mit dieser Art von Waren schnell zu sättigen. Kleinobjekte bedürfen keiner großen Lagerfläche. Ihre Präsentation in einem Ausstellungsraum ist einfacher und platzsparender zu bewerkstelligen. Hinzu kommt, dass kleine und damit preiswertere Luxusobjekte eine relativ große Bevölkerungs- und Konsumentenschicht angesprochen haben dürfte und damit eine sinnvolle Erweiterung der Produktpalette darstellen. 84 4.1.1 Tische 4.1.1.1 Ovale Klapptische Bei der zeitgenössischen Benennung der Möbel fällt auf, dass immer von ovalen Teetischblättern die Rede ist, während Kaffeetischblätter keine Formbeschreibung aufweisen. Hier werden lediglich kleine und große unterschieden. Die erhaltenen ovalen 196 Tische aus der Corallenfabrik sind klappbar gearbeitet oder zeigen noch Spuren dieser originalen Konstruktionsweise. 197 (Abb. 8 und 9) Abb. 8 Gartenlandschaft Abb. 9 Papageienmotiv Sie haben auf der Unterseite einen Drehmechanismus, der zwischen zwei Gratleisten eingespannt ist. Ein metallener Schnäpper hakt in der horizontalen Position in ein Gegenstück an der oberen Fußplatte ein und sichert so die Platte gegen ein Zurückschlagen in die aufrechte Stellung. Die meisten Tische mit ovaler Platte haben einen zentralen Mittelfuß, balusterförmig gedrechselt, in den drei geschwungene Füße mittels Gratverbindungen von unten eingeschoben sind. Sie bieten sie eine relativ große Nutzfläche, lassen sich 196 Die Platten sind nicht schlicht oval, sondern weisen vier S- Schwünge an den beiden längeren Ovalseiten auf. 197 Es kommen fest montierte ovale Platten vor, doch handelt es sich dabei um spätere Überarbeitungen. 85 aber nach Gebrauch platzsparend in einer Ecke oder an der Wand aufbewahren. Überdies stellt das Motiv auf der vertikal aufgestellten Platte eine Raumdekoration dar. Klapptische dieser Art, im Englischen „Tilt-Top Tables“ genannt, haben eine lange Tradition in England und Holland und wurden in diesen Ländern bevorzugt beim Teetrinken eingesetzt. Die ovale Platte ist mit einer geschwungenen, hochstehenden Profilleiste versehen, die verschüttete Flüssigkeit am Herabtropfen hindern konnte. Es scheint sich um einen Möbeltyp gehandelt zu haben, dessen Funktion relativ genau festgelegt war. Die ovalen Tischplatten Van Selows als Teetischblätter zu identifizieren, liegt also nahe. Die Herkunft des Tees wie auch die Entwicklung des Handels mit dem Rohstoff haben einen großen Einfluss auf die Materialien, die äußere Form, die Dekoration und stilistischen Besonderheiten der Objekte, die mit der Aufbewahrung der Blätter, der Zubereitung und dem Genus des Getränkes in Verbindung stehen. Um die „Entdeckung“ des Tees ranken sich viele Legenden. 198 1568/70 berichtet der Portugiesische Dominikanermönch Caspar da Cruz seinen Landsleuten von dem wunderbaren Getränk, dem Tee, einer Art warmen Wassers, das ‘cha’ genannt werde und das rot und sehr ‚medizinisch’ sei. Hergestellt werde es aus einer Aufbrühung etwas bitterer Kräuter. 199 Als wichtiger Händler ist die Dutch East India Company zu nennen, die 1610 als erste ein paar Pfund Tee nach Holland transportiert. 200 Später 198 Gemäß einer dieser Legenden fielen im Jahre 2737 BC dem Chinesischen Kaiser Shen Nung unabsichtlich einige Blätter eines wilden Teebaums in sein heißes Wasser. Dies schmeckte ihm sehr gut und er entwickelte eine Art Kennerschaft für dieses Getränk. Vgl. hierzu Evans/ Hilton (1998), S. 10. 199 Lunsingh Scheurleer (1976), S. 85. 200 Ebd. 86 gehören dann auch Frankreich und England zu den Abnehmern. 1657 fügte der englische Kaffeehaus-Besitzer Thomas Garraway als erster den Tee seiner Speisekarte hinzu. 201 Während Tee anfänglich sehr teuer und damit nur für reiche Leute verfügbar war 202 konnte er in Holland bereits 1675 von Reich und Arm in Gemüseläden erstanden werden. Während Männer Tee in Kaffee-Häusern konsumierten, nahmen Frauen ihn zuhause zu sich. Dies ging einher mit der Entwicklung von Zeremonien rund ums Teetrinken. „In the 18th century it was extremely important for wealthy men and women to have good manners, and there was nowhere better to display these than around the tea table. Society was much more restrictive and formal than today and tea drinking was one of the few times that young men and women could meet each other in a slightly less formal atmosphere”. 203 Die Teeblätter wurden in speziellen Behältern, meist aus Metall, aufbewahrt und diese in verschließbaren Kästchen verwahrt. Eine mit sehr kleinen Perlchen verzierte, metallene Dose im Städtischen Museum Braunschweig weist die typische Form eines Teebehältnisses auf. 204 Schon bald wurden erste Warnungen vor einem exzessiven Konsum des anregenden Getränkes laut. Deutschland hat sich offensichtlich, nach einer ersten Euphorie, nicht im gleichen Maße mit dem Tee anfreunden können wie England, Frankreich und Russland. 205 201 Siehe Kendra H. Wilhelm (1994): http://www.panix.com/~kendra/tea/index_main.html [aufgesucht am 21.01.2008]. 202 James Norwood Pratt: Tea’s Arrival in Europe. In: http://www.teamuse.com/article_001102.html [aufgesucht am 21.01.2008] berichtet, dass Tee anfänglich in Apotheken als Luxusartikel und Heilmittel erhältlich war. Lunsingh Scheurleer (1976), S. 85 erwähnt außerdem, dass Tee von Ärzten eingesetzt wurde, um den Allgemeinzustand von Patienten zu verbessern, lebensverlängernd und stimulierend zu wirken, wie auch Atembeschwerden positiv zu beeinflussen. 203 Unbekannter Autor, A Brief History of Tea. In: http://www.museums.norfolk.gov.uk/default.asp?document=400.300.100#content [aufgesucht am 21.01.2008]. 204 Inv. Nr. 1968/24. 205 S. Anm. 201 http://www.teamuse.com/article_001102.html [aufgesucht am 21.01.2008]. 87 In Niedersachsen wurden die neuen, anregenden Getränke durch Kurfürstin Sophie von Hannover (reg. 1698-1714) verbreitet. Sie beschenkte ihre pfalzgräfliche Verwandtschaft mit den Luxusgütern. Braunschweig besaß seit 1714 ein Kaffeehaus, verhängte jedoch 1764 ein Kaffeeverbot. In Göttingen wurde hingegen eher Tee getrunken. Man sah ihn als angemessenes Getränk gebildeter, höherer Stände an. 206 Die exotischen Motive auf den Teetischplatten sind nicht verwunderlich, bedenkt man die Herkunft des Getränkes, das an ihnen konsumiert wurde. Auf die spezielle Form der Ornamentierung wird weiter unten noch eingegangen werden. (Vgl. Kapitel 4.2) Oft waren die ovalen Teetische mit Lackmalerei verziert, doch auch Fayenceplatten in der typischen geschweiften Ovalform lassen sich finden. Angesichts der großen Rolle, die Holland im Handel mit Tee spielte, ist es nachvollziehbar, dass die Entwicklung eines speziellen Möbeltypus im Zusammenhang mit dem Genuss des Getränkes von dort ausging. Lacktische mit hochklappbarer Platte waren seit ca. 1675 in Holland die am weitest verbreiteten Tee-Tische und blieben bis ins späte 18. Jahrhundert modern. Lunsingh Scheurleer 207 erwähnt, dass diese Tische von einer besonderen Gruppe innerhalb der holländischen Tischlergilde hergestellt wurden, den 206 Schandelmaier (1993), S. 22–26. 207 Lunsingh Scheurleer (1976), S. 86. Abb. 10 Tisch mit Chinoisierien in Schwarzlack 88 „witwerkern“, so genannt, weil sie nur mit weichem, weißen Holz, wie z.B. Nadelholz arbeiten durften. Für sie war der ovale Teetisch mit hochstellbarer ovaler profilierter Platte auf einem Mittelfuß und drei Füßen das Meisterstück. Die von den „witwerkern“ hergestellten Tische wurden nur gefaßt oder mit Lackmalerei versehen verkauft. Interessante Beispiele stammen aus Puppenhäusern in Amsterdam. 208 Dieser in Holland so gebräuchliche Möbeltyp scheint sich auch in Norddeutschland einiger Beliebtheit erfreut zu haben. So wird Teetischen mit hochstellbarer ovaler Platte und gemäldeartigem Dekor in der Regel eine holländisch- norddeutsche Provenienz zugeschrieben. 209 Interessant in diesem Zusammenhang ist auch ein Objekt der Lackmöbelsammlung in Schloss Schlobitten in Ostpreußen. 210 Es handelt sich um einen ovalen Teetisch, der aus Berlin stammen soll. „Auf der Platte Weintrauben, Pfirsiche, ein roter Papagei und andere Vögel in Buntmalerei; am Balusterschaft und Fuß Goldranken.“ 211 Abb. 11 Ovaler Teetisch, Schloss Schlobitten 208 Einige Beispiele hierfür finden sich bei Lunsingh Scheurleer (1976), S. 89-90. Der dort abgebildete Miniaturtisch aus dem Puppenhaus von Sara Rothé, Amsterdam 1743 ist auch erwähnt bei Kopplin (1998), S. 42, Kat. Nr. 4 sowie bei Rappard-Boon (1991) Imitatie en Inspiratie, Kat. Nr. 43, S. 76. 209 Kopplin (1998), S. 42. 210 Grommelt/Mertens (1962), S. 195, Abb. 121, sowie S. 176-177. 211 Ebd. 89 Ein weiteres Beispiel lässt sich in Jena finden. Es handelt sich um einen Tisch mit ovaler Platte mit passigem Profilrand. Die Platte ist gänzlich mit Zinn beschlagen und ruht auf einem Balusterschaft mit Volutendreifuß. Die gravierte Zinnplatte lässt darauf schließen, dass auch dieser Tisch für die Zubereitung bzw. den Genuss von Getränken optimiert war. 212 Die Mode des Teetrinkens hat sich nicht nur in Holland schnell durchgesetzt, sondern auch in England, wo sich unterschiedliche Tischformen zu diesem Zweck entwickelten. „The 1730s saw the introduction of the tripod table, most, except the smallest ones, being made with tops that can be released by a catch to tilt vertically, being pivoted on a block at the top of the stem, and stand out of the way against a wall.” 213 In manchen Fällen haben die Tischplatten eine geschweifte Kontur und runde, durch Profile gebildete Segmente, die zur Aufnahme von Tassen, Untertassen oder Tellern gedacht waren. Stevens und Whittington gehen bei diesem Möbeltyp von einem Einfluss von Abraham Roentgen aus, der zwischen 1733 und 1738 Gesellenwanderjahre in England verbrachte. 214 Neben den Tilt-Top-Tables mit ovalen und runden verwendete man auch solche mit rechteckigen, geschweiften oder oktogonalen Platten, 215 wie auch kleine so genannte Occasional Tables mit Baluster- Dreifuß. Letztere 212 Ehret (1986), S. 39, Abb. 23. 213 Stevens/Whittington (1994), S. 288-289, Farb- Abb. 25. 214 Ebd; vgl. Pettigrew (2004), S. 70 ff und bes. Abb. auf S. 71, wo verschiedene Möbeltypen und Zubehör für das Teetrinken auf einer Visitenkarte abgebildet sind unter anderem auch eine segmentierte Tischplatte. 215 Stevens/Whittington, S. 302-307. 90 wurden oft zum Abstellen des für die Teezubereitung gebrauchten Wasserkessels benutzt. 216 (Abb. 12 und 13) Abb. 12 Sir Henry Gough and his family (William Verelst) Abb. 13 Detail mit Teetisch und Tisch für Kessel Tische mit abklappbarer Platte haben am Ende des 18. Jahrhunderts eine recht weite Verbreitung erreicht. Es lassen sich Beispiele von Skandinavien bis Italien finden und auch der Export nach Boston lässt sich nachweisen. 217 Aus der Manufaktur Van Selow sind bis jetzt nur zwei Tische mit runder Platte bekannt. Einer befindet sich im Städtischen Museum Braunschweig und ist mit einem Papagei, umgeben von Rocaillen verziert (vgl. Abb. 14), eine kleine Variante desselben ist im Kunsthandel aufgetaucht. 218 216 Der Tee wurde von der Hausherrin am Tisch frisch aufgegossen. Der Kessel mit dem heißen Wasser wurde auf einem Beistelltisch abgestellt. S. Abbildungen Bei Stevens/ Whittington (1994), S. 308, 309 und eine Darstellung von 1741 bei Thornton (2000), S. 121. 217 Thornton (2000), S. 168, 176-177. 218 Städtisches Museum Braunschweig, Inventarnummer: 1979/81, der Tisch stammt aus dem Kunsthandel und ein kleiner runder Tisch mit sehr ähnlichem Motiv im Kunsthandel (freundlicher Hinweis von Mallett at Bourdon House). Hier ist die Randzone schmaler und die Farbgebung eine andere, die Ausrichtung des Papageis, wie auch Anlage des Rahmens sind jedoch sehr ähnlich. 91 Abb. 14 Runder Klapptisch aus dem Städtischen Museum Braunschweig (Inv. Nr. 1979-81) 92 4.1.1.2 Tische mit rechteckigem Grundriss Auch Tische mit rechteckigem Grundriss finden sich auf zeitgenössischen Abbildungen der englischen „Teezeremonie“. Beeinflusst von chinesischen Möbeln haben sie oft einen hochgezogenen, manchmal durchbrochen gearbeiteten Rand. Auch Tabletts in dieser Form lassen sich in den englischen Vorlagenbüchern finden. Die Teezutaten kamen aus China und Japan und man versuchte, dies im Design der in diesem Zusammenhang verwendeten Gerätschaften widerzuspiegeln. Sowohl Chippendale als auch Ince and Mayhew, A Society of Upholsterers und Hepplewhite haben Entwürfe für Tea- bzw. China Trays veröffentlicht. 219 Einige der Grundformen sind den von der Van Selowschen Manufaktur verwendeten recht ähnlich. 220 Abb. 15 Entwürfe aus Chippendales „Director“, 1754 Abb. 16 Tischplatte mit Rocaillen Allgemein lässt sich bei den äußeren Formen der Tischplatten Van Selows von einem eher eingeschränkten Repertoire sprechen. Die größte Anzahl der rechteckigen Tische besitzt passig gearbeitete Ecken. Nur ein Tisch ist bis jetzt bekannt, der eine konkav geschwungene Plattenkontur aufweist, 219 Zu Chippendales Entwürfen im Buch der Society of Upholsterers s. Jourdain (1929). 220 White (1996), S. 446. 93 sowie ein anderer mit einem außerordentlich reich konkav- konvex geschwungenen Umriss. Einige wenige sind ganz schlicht mit gerundeten Ecken gearbeitet. Nicht nur die Kontur der Tischplatten ist mit den englischen Mustern und Vorlagen vergleichbar, sondern auch die Gestaltung einiger Gestellformen. Es gibt bei den Tischen der Corallenfabrik unterschiedliche Konstruktionsweisen. Da diese das Erscheinungsbild maßgeblich beeinflussen, sollen sie an dieser Stelle mitbehandelt werden. Mehr Informationen zum Werkstoff „Holz“ im Allgemeinen finden sich in Kapitel 5.4. Eine relativ häufig vorkommende Bauart der Gestelle besteht aus einem gezinkten Rahmen. Die Beine greifen in die Innenseite der Zargen ein, so dass diese optisch auf ihnen zu ruhen scheinen. Die Ecken sind in diesem Fall außen abgerundet oder abgeschrägt. Meist verläuft eine kleine Halbrundleiste an der Unterkante der Zarge entlang. Eine geschwungene Schürze kann angefügt sein. Weitaus häufiger ist eine Stollenbauweise mit Schlitz- und Zapfen. Hierbei sind die Zargen in die durchgehenden Beine eingezapft und diese Verbindung zusätzlich mit Holznägeln verstärkt. Die Zargen können einen geraden unteren Abschluss haben, oder verschieden ausgesägte Schweifungen aufweisen. Angeschnitzte kleine Rundstäbe kommen vor, wie auch geschnitzte Rocailleornamente. Manchmal wird der Zargenschwung in den Beinen weitergeführt. In einigen Fällen ist in die Längsseite des Gestells ein Schubkasten eingefügt. Die Abmessungen desselben sind nicht normiert, sondern sehr unterschiedlich. Die Schübe 94 laufen auf eingezapften Leisten, und sind ein- oder aufschlagend gearbeitet. 221 Eine Sonderform im Œvre Van Selows bildet ein Bureau plat französischen Musters, das sich im Kunsthandel auffinden ließ. 222 Es handelt sich um großen, flachen Schreibtisch auf hohen Beinen mit mehreren Schubkästen in der Zarge. Die beiden seitlichen sind einschlagend, mit umlaufenden, vergoldeten Profilleistchen. In der Mitte ist eine Art Knieöffnung durch das Hochschwingen der Zargenunterkante entstanden, in der sich zwei weitere Schübe, getrennt durch einen Mittelsteg, befinden. Das Gestell ist weiß gefasst mit wenigen vergoldeten Details. 223 (Abb. 17) Abb. 17 Schreibtisch aus der Manufaktur van Selow Bei einer Großzahl von Tischen sind die Beine geschwungen und auf unterschiedliche Weise verziert. Oft finden sich kleine, angeschnitzte Rundstäbe, die die Schweifung der Beine seitlich begleiten. Die Bandbreite der Schwünge ist recht groß und reicht von fast geraden Beinen bis hin zu 221 Dies bezieht sich darauf, ob das Vorderteil des Schubkastens auf das Zargenbrett aufschlägt, oder ob es genau in die Öffnung passt und mit der Fläche bündig abschließt. 222 Auktionshaus Senger, Bamberg, Hinweis von Andreas Flöck. 223 Zum Vergleich siehe auch Ehret (1986), S. 33-34, Abb. 18. 95 starken S-Schwüngen. Manchmal sind die Knie mit einem Muschelmotiv beschnitzt. Auch abgeknickte Beine lassen sich finden. Sie beginnen mit einem S-Schwung, der dann in einen C-Schwung übergeht. Beinformen dieser Art, in der Kombination mit Geißfüßen, sind für Dresdner Möbel belegt. Ab. 18 Ab. 19 Ab. 20 Ab. 21 Ab. 2 Ab. 23 96 Die Fußformen variieren von Tisch zu Tisch, sind mal schmaler, mal breiter, mal flach, mal mit Mittelsteg ausgeführt. Einige Tische stehen auf Reh-, oder Geißfüßen, manche haben lange, spitz nach außen gezogene Fußstücke, wieder andere typische Pad- oder Clubfeet mit gedrechselter Bodenplatte, an englische Vorbilder angelehnt. Manche Fußformen sind französisch beeinflusst, relativ klein und durch ein Dübelstück vom Boden abgehoben. Die Herstellungsweise dieser Art von Beinen ist eine Kombination aus Drechseln und Sägen. Die Füße werden auf der Drehbank hergestellt, während die Länge der Beine nach Zeichnungen und Mustern ausgeschnitten werden. Oft sieht man auf der Innenseite der Beine noch Werkzeugspuren, die das belegen. Sägen hinterlassen relativ gleichmäßige Rillen parallel zum Schnitt, rechtwinklig zu den Kanten des Werkstückes. Nur bei einem Tisch findet sich ein Untergestell aus schlanken balusterförmigen Beinen, die durch ein Stegkreuz verbunden sind. Ein relativ breites Profil wird um die Zargen und Beine herumgeführt. Das Ornament der Tischplatte ist in diesem Fall ein relativ selten vorkommendes, geometrisches Motiv. Die Gestellform ist nicht typisch für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, sondern eher Formen der früheren Jahre des Jahrhunderts verwandt. Ob dies einem speziellen Auftraggeberwunsch entsprach, kann nur spekuliert werden. Jedenfalls passen Gestell und Platte in diesem Fall genau ineinander und weisen eine einheitliche Fassung in Schwarz auf. (Abb. 24 und 25) 97 Abb. 24 Tisch mit Balustergestell, Van Selow Abb. 25 Detail: „La Toilette“, F. Boucher, 1742 Wie bereits erwähnt, scheinen sowohl separate Tischplatten, als auch Tische komplett mit Gestell in der Corallenfabrik erhältlich gewesen zu sein. Relativ häufig findet sich nur eine lose Verbindung zwischen Zargenrahmen und Platte. Meist sind eichene Gratleisten in die Unterseite der stumpf verleimten Nadelholzbretter eingearbeitet. Ihre Funktion ist es, die Platten vor dem Verwerfen zu hindern. Sie sind mittels vier Holznägeln mit den Zargenteilen der Schmalseiten verbunden. In diesen Fällen gibt es keine Leimverbindung zwischen den Elementen. (mehr hierzu in Kapitel 5.4) Es ist durchaus möglich, dass es sich bei diesen Tischen, deren Plattengratleisten und Zargeninnenseiten so gut ineinander passen, um die Objekte handelt, die zur Zeit Eggelings als Tische mit Gestell hergestellt Teetisch mit Balustergestell und Kreuzsteg 98 wurden, also nach van Selows Weggang entstanden sind. Unklar ist, ob die Gestelle von Eggeling selbst hergestellt, oder bei anderen Tischlern in Auftrag gegeben wurden. Ein Grund dafür, beide Elemente getrennt als Einzelteile anzubieten kann mit dem Einfluss der Tischlergilde zu tun haben. So könnte es Van Selow nicht erlaubt gewesen zu sein, geschnitzte und getischlerte Elemente anzubieten, hatte er doch schon Schwierigkeiten mit der Herstellung der hölzernen Tischplatten, die das Glasperlenmosaik aufnehmen sollten. Es scheint allerdings auch nicht ungewöhnlich gewesen zu sein, das Möbel nach den Kundenwünschen aus Einzelteilen zusammenzusetzen. So hielten Pariser Händler immer auch Teile von Möbeln auf Lager was bedeutete, „that they were in a position both to assemble goods to their own specification and to offer their clients considerable choice in the final configuration of goods.” 224 Vielleicht konnten auch Braunschweiger Bürger Tischgestelle nach ihrem Geschmack oder der neuesten Mode bei einem Tischler oder auf der Messe kaufen und ihre Tischplatte darauf montieren lassen. Die Standardgrößen der Platten, wie auch ihre Konstruktionsweise hätten ein solches Vorgehen jedenfalls durchaus ermöglicht. Dies erklärt möglicherweise auch einige der stilistischen Abweichungen, die sich manchmal zwischen Plattengestaltung und Gestell feststellen lassen. 225 Ein anderer Grund hierfür kann natürlich auch eine nachträgliche Änderung bzw. „Modernisierung“ eines Tisches sein, die das veraltete Rokoko-Modell einem z. B. klassizistischen oder biedermeierlichen Raum anpasste. 226 224 Sargentson (1996), S. 46 und dort Anm. 16. 225 So z. B. bei einem Tisch mit „chinesischer“ Dame aus Hannoveraner Privatsammlung, der ein Gestell mit konisch zulaufenden, kanellierten Beinen aufweist (s. AK Sotheby’s (2007), Vol. II der Auktion Amsterdam 27, 28 und 29 März 2007, S. 46, Lot 454). 226 Ein Tisch aus dem Bomann Museum in Celle ist in der Formensprache des Biedermeier gestaltet mit einem Wollkorb auf der Kreuzzarge (Inv. Nr. Mö 09025). 99 Die Gestelle wirklich zu beurteilen ist schwierig, da vielfach nicht klar ist, wann und für welchen Tisch ein Gestell hergestellt wurde. Alle Gestelle sind auf irgendeine Art und Weise farbig gefasst. Für den Fall, dass die Einzelteile unabhängig voneinander gekauft wurden, ist anzunehmen, dass ein Fassmaler damit beauftragt wurde, einem Tisch ein einheitliches Aussehen zu verleihen. 227 Die Farbigkeit der Fassung greift vielfach die der Perlen wieder auf, oder ist schlicht schwarz gehalten. Auch vergoldete Partien kommen vor. Es gibt keine Beispiele für eine farbige Gestaltung der gesamten Plattenunterseite oder der Innenseite des Gestells. Die Fassung der die Perlenfläche umgebenden Profilleiste und des sichtbaren Teils der Plattenunterseite korrespondiert mit der des Gestells. Eine Untersuchung der Plattenunterseiten und eine Analyse der Farbschichten, kann daher Aufschluss darüber geben, ob es sich bei einem Gestell um das erste handelt, das mit einer Tischplatte kombiniert wurde, oder um eine spätere Lösung. (Abb. 26) In manchen Fällen lassen sich krustige Malkanten finden, die nicht mit dem heutigen Zargenrahmen übereinstimmen, sondern ganz andere Abmessungen haben als dieser. Da Gestell und Plattenrand meistens einheitlich gefasst waren, kann man eine Zuordnung vornehmen wenn man korrespondierende Farbschichten findet. Da Überfassungen aber relativ häufig und die Schichten mit dem bloßen Auge nur schwer zu unterscheiden sind, müssen für die Analyse oft naturwissenschaftliche Methoden zu Hilfe genommen werden. 228 (Abb. 27) 227 Hierbei könnte es sich um eine der Aufgaben des in der Corallenfabrik beschäftigten Malers Pfeiffer gehandelt haben. 228 Um originale Farbschicht und Überfassungen beurteilen zu können, muss eine Probe des Fassungsaufbaus unter einem Mikroskop untersucht werden. Nur wenn das Fassungspaket nicht mehr intakt ist und man durch Abplatzungen einen guten visuellen Eindruck vom Schichtenaufbau bekommt, kann man auf diese Methode verzichten. 100 Abb. 26 Unterseite einer Tischplatte mit Abdruck Abb. 27 Unterseite einer Zarge mit Resten älterer des Gestells Schichten Die Vielseitigkeit, die sich in den Gestell-, Bein- und Fußformen der Tische der Manufaktur Van Selow feststellen lässt, ist ein Indiz für den großen Einfluss und auch gegenseitige Beeinflussung die es zwischen dem französischen, holländischen, englischen und dem deutschen Tischlerhandwerk gegeben haben muss. Weitere Beobachtungen können diese Annahme untermauern, wie z. B. das Vorkommen von Teetischen und anderen aus Mahagoni gefertigten Möbeln englischen Vorbilds in Rotterdam, Den Haag und Amsterdam 229 oder der Import von englischen Tischlerwaren (und Tischlern?) nach Dresden. Gisela Haase erwähnt einige englische Möbelstücke, die laut Dresdner Inventaren und Tischlerrechnungen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in die Schlösser gelangten. Auch die Verzierung von Teebrettern mit Lackmalerei – für Holland und England typisch - kam im Dresden der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts öfter vor. 230 „Die Übernahme englischer Möbelformen und Möbelgestaltung trat für den Kontinent relativ zeitig auf. Allein einen früheren englischen Einfluss verzeichneten nur Holland und Brandenburg, was keineswegs verwundert, da beide Staaten dynastisch mit England 229 Baarsen (1993), S. 104-105. 230 Kopplin/Haase (1999), S. 19: sowohl Schnell als auch Reinow haben Teebretter lackiert und bemalt. 101 verbunden waren.“ 231 Doch auch andere Höfe kauften in London oder ließen Möbel nach englischen Vorbildern und druckgraphischen Vorlagen herstellen. Friederike Wappenschmidt erwähnt in ihrem Aufsatz „God dam! Hier bin ich in England“ unter anderem Einkäufe der hessischen Landgrafen Wilhelm VIII und Friedrich II., Clemens August von Köln und insbesondere des Fürsten Franz von Anhalt Dessau (1740-1817), den seine Kavaliersreise unter anderem nach England führte und der nicht nur die Ländereien um Schloss Wörlitz nach englischem Vorbild gestaltete, „auch für die Möblierung der anderen Räume setzten der Fürst und sein Architekt vornehmlich auf ‘Englisches’. So erstand man in der „Rostschen Kunsthandlung“ in Leipzig einen „englischen Tisch“ aus Mahagoni, der möglicherweise tatsächlich aus England stammte und zu den Waren gehörte, die über Hamburg und Bremen importiert wurden.“ 232 Überdies fertigte der Dessauer Tischler Andreas Irmer für Franz von Anhalt Dessau Möbel nach Vorlagen von Chippendale und Ince & Mayhew, deren Vorlagebücher der Fürst von seiner Englandreise mitgebracht hatte. Doch nicht nur in Dresden gab es englische Möbel. Wie groß der angelsächsische Einfluss war, zeigt die Beschwerde der Braunschweiger Tischlergilde im Jahr 1749 darüber, dass der Hof und reiche Einwohner Braunschweigs Stühle und andere Tischlerware aus England beziehen. 233 Wie sehr die in der Manufaktur Van Selow hergestellten Platten bzw. Tische aber auch im nordeuropäischen und ostseeischen Formengut verankert sind, zeigt der Vergleich mit einer anderen Gruppe von Tischen, nämlich solchen mit Fayenceplatten. 231 Haase (1993), S. 32-33 und bes. Anm. 69. 232 Wappenschmidt (1991), S. 881. 233 Fuhse (1925), S. 18. 102 Abb. 28 Fayenceplatte mit biblischen Szenen, Abb. 29 Teetisch, Kopenhagen, 1727- Hannoversch Münden, um 1760 1749 Fayence bot sich aufgrund seiner wasserabweisenden Eigenschaften als Material für Tee- oder Kaffeetische geradezu an. Daher nimmt es nicht wunder, dass Fayenceplatten in ovaler und in rechteckiger Form entsprechend eingesetzt wurden. 234 Teetischplatten wurden in einer großen Zahl der Fayencemanufakturen des Ostseeraumes hergestellt, unter anderem in Kopenhagen, Eckernförde, Kiel und Stockelsdorf. 235 Anders als die Tischplatten Van Selows haben sie meist schlicht abgerundete Ecken. Unterschiedlich dekoriert zeigen sie Rocaillen, Blumen oder Landschaften. Ihr Rand ist hochgezogen, um verschüttete Flüssigkeit aufzufangen. Die Gestelle weisen Elemente verschiedener Stilrichtungen von Rokoko bis Frühklassizismus auf, manche sind in Anlehnung an die blau-weißen Platten ebenso gefasst. Auch das 234 Oval geschwungene Fayenceplatten wurden in der Royal Tichelaar Fayencemanufaktur Makkum in den Niederlanden hergestellt. Selbst heute noch sind ähnliche Formen erhältlich, s. http://www.tichelaar.nl/winkel/ceramiek.php?we_objectID=10122 [aufgesucht 17.08.2007] Eine große Anzahl von Tischen mit Fayenceplatten sind z.B. auf Schloss Gottorf ausgestellt. 235 Pietsch (1979), S. 57 und Kat. Nr. 173- 183 sowie Ahlefeldt-Laurvigs Artikel über „Teetischplatten und Tabletts“ in Guratsch (2003), S. 83– 88. 103 Braunschweigische Landesmuseum besitzt einen Teetisch mit Fayenceplatte. Ob dieser in einer der beiden Braunschweiger Fayence- Manufakturen hergestellt wurde ist nicht bekannt. 236 Fayence-Teetische weisen, wie einige der Van Selow Tische, nur eine lose Verbindung zwischen tablettartiger Platte und dem Gestell auf. 236 S. hierzu Spieß (1995), S. 18 f. 104 4.1.1.3 Spieltische Neben Tee- und Kaffeetischen haben sich auch einige Spieltische aus der Manufaktur Van Selow erhalten. Alle weisen sie die für jene Zeit typische Gestaltung auf, die sehr von der Funktion oder Art der Spiele abhängt. Kartenspiele waren eine beliebte Abendbeschäftigung, die von Frauen und Männern gleichermaßen geschätzt wurde. Diverse Innenraumszenen auf Gemälden und Stichen machen dies deutlich. 237 Auffällig ist, dass Teetrinken und Kartenspielen oft zusammen dargestellt werden. In den Lotterielisten der Corallenfabrik sind zwei unterschiedliche Arten von Spieltischen aufgeführt, nämlich Quadrille- und L’Hombretische. Bei beiden Spielen handelt es sich um komplexe Kartenspiele, die weithin bekannt und sehr beliebt waren. L’Hombre ist das ältere der beiden Spiele und benötigt drei Personen. 238 Entwickelt in Spanien im frühen 17. Jahrhundert, ist es eine Variation des früheren Hombrespiels mit vier Personen. L’Hombre, in Spanien ursprünglich Hombre Renegado genannt, verbreitete sich im 17. und 18. Jahrhundert rasch über ganz Europa, immer komplexer werdend und in vielen Varianten. Heute ist es weitgehend in Vergessenheit geraten. Den Höhepunkt der Beliebtheit erreichte das Spiel im frühen 18. Jahrhundert mit der französischen Variante Quadrille, die mit vier Spielern gespielt wird. Quadrille war das beliebteste Spiel am französischen Hof und verbreitete sich von dort aus in raschem Tempo über ganz Europa, außer England, wo sich stattdessen Whist einer immer größeren Beliebtheit erfreute. „All are four-player plain- 237 Vgl. z. B. Thornton (2000), S. 104-105 und S. 122. 238 s. eine Abhandlung über das Spiel nach einem Beitrag von Jens Brix Christiansen auf: http://www.pagat.com/lhombre/lhombre.html [aufgesucht am 21.01.2008]. 105 trick games, the difference between the two branches being that whereas Whist and Bridge are played in fixed partnerships, Quadrille and Solo are contested on an individual basis, albeit interspersed with temporary, ad- hoc alliances.” 239 Die Tatsache, dass das eine Spiel drei und das andere vier Spieler benötigt, spiegelt sich auch in der Form der Tische der Corallenfabrik wider, die entweder drei- oder viereckig gearbeitet sind. „Während sich von den Quadrille- Tischen mindestens fünf Exemplare erhalten haben, ist das Aussehen der L’Hombre Tische nur in einer historischen Aufnahme überliefert. Die Spieltische folgen der zu dieser Zeit üblichen Form mit rund geschweiften Ecken und ovalen, vertieften Schälchen für Münzen.“ 240 Die Spieler saßen an den Längsseiten und hatten jeder auf seiner Seite eine mit Perlreihen verzierte, mit Furnier eingefasste Mulde. Die dreiviertelkreisförmig vorstehenden Ecken könnten als zusätzliche Ablageflächen benutzt worden sein. Bei englischen Spieltischen weisen sie oft Vertiefungen auf, die zu der Annahme geführt haben, dass sie zum Abstellen von Kerzenhaltern benutzt wurden. 241 Darstellungen der Spieltische auf Gemälden und Stichen zeigen diese Art der Nutzung allerdings nicht. 242 Die historische Aufnahme des L’Hombre Tisches des Städtischen Museums, Braunschweig zeigt eine Platte mit dreieckigem Format, die konkav- 239 Parlett (2005), Quadrille. 240 Vgl. Rauch/Flöck in Eberle et al. (2005), S. 47 und Anm. 43: Eine vergleichbare Spieltischform ist unter anderem bei Ince und Mayhew abgebildet. Ince/Mayhew (1762) plate LII. 241 Stevens/Whittington (1994), S. 290. Eine interessante Alternative findet sich an einem süddeutschen Spieltisch im Bayerischen Nationalmuseum, München (Inv. Nr. R5142) aus dem 18. Jh.; abgebildet bei Seelig (1995), Abb. 64. 242 vgl. Thornton (2000), S. 105 (A reception room at Wanstead House, England c. 1730; hier finden sich vertiefte ovale Mulden und Vertiefungen an den Ecken eines Quadrille- Tisches. Die Beleuchtung wird durch einen großen Chandelier gewährleistet) und S. 122, Nr. 149 (Tea and cards, Leipzig, 1744; im Hintergrund ist ein L’Hombre-Tisch zu sehen in der typisch dreieckigen Form mit vorstehenden Ecken, doch auch hier ohne Kerzenleuchter). 106 konvex geschweift ist, mit rund vorstehenden Ecken. Mulden sind in die Mitte der Tischseiten eingearbeitet. Soweit sich dies auf der Schwarz- Weiß- Aufnahme erkennen lässt, überziehen Blattranken die Fläche, deren Font gestreift erscheint. 243 Abb. 30 Tea and Cards, Leipzig 1744 Abb. 31 L’Hombre Tisch Städt. Museum, Braunschweig, HitorischeAfam Meist waren Quadrille- Spieltischplatten mittig klappbar gearbeitet, wie z. B. bei einem Spieltisch, dessen Lackmalerei Martin Schnell zugeschrieben wird. „Der zusammenklappbare, auf die Hälfte zu verkleinernde Tisch mit sehr schlanken Beinen und geschweiften Füßen gehörte noch 1936 zu einer Gruppe von vier Tischen, von denen zwei im Pillnitzer Bergpalais und zwei im heute nicht mehr vorhandenen Federzimmer von Schloß 243 Hervorgerufen durch alternierend verlegte Reihen von kontrastierenden Farben. Dreieckiger L’Hombre Tisch 107 Moritzburg standen....Solche dem Vorbild englischer Spieltische folgende Möbel wurden in Dresden auch mit furnierter Oberfläche gefertigt.“ 244 Auch Beispiele für klappbare L’Hombre Tische lassen sich finden. Eine im Kunsthandel aufgetauchte Variante hat im zusammengeklappten Zustand eine dreieckige Form und öffnet sich zu einem viereckigen Quadrilletisch. 245 1762 findet sich in „The Universal System of Household Furniture“ von Ince und Mayhew eine Abbildung, die die beiden auch bei Van Selow vorkommenden Varianten der „Card Tables“ zeigt. Hier ist der dreieckige Tisch nicht ausklappbar, besitzt aber herausziehbare Eckverlängerungen (Vgl. Abb. 32). Anders als der L’Hombretisch des Städtischen Museums Braunschweig, hat er ein dreigeteiltes Mittelbein, das in geschwungenen Füßen endet. 246 Abb. 32 Card Tables (Ince & Mayhew), 1762 Abb. 32 a Kartentisch, Städt. Museum Braunschweig Der Corallenfabrik lassen sich keine Klapptische zuordnen. Van Selows Quadrilletische haben alle einen mehr oder weniger quadratischen Grundriss. Der Dekor macht die Funktion sehr deutlich. Bei einigen der Quadrilletische sind Spielkarten, jeweils eine von jeder Farbe, in den Rocaille- Blattdekor eingebunden bzw. erscheinen wie darauf abgelegt. 244 Kopplin/Haase (1999), S. 45. 245 AK Kastern (1997), 81. Auktion, Möbel Nr. 483. 246 White (1996), S. 294. 108 Abb. 33 Quadrilletisch, Städt. Museum Braunschweig Abb. 34 Quadrilletisch, Privat Abb. 35 Quadrilletisch, Privatsammlung Hannover 109 4.1.1.4 Spiegeltische Die in den Lotterielisten erwähnten Spiegeltische sind nicht so eindeutig zuzuordnen wie die Spieltische. Mit der Bezeichnung „Spiegeltisch“ kann ein Tisch gemeint sein, der mit Spiegelglas verziert ist, oder einer, der gemeinsam mit einem Spiegel aufgestellt wurde. Zwar gab es eine Spiegelglasfabrik in Braunschweig, doch ist es eher unwahrscheinlich, dass Van Selow Möbel aus deren Sortiment in seine Lotterie aufgenommen hätte. Viel eher kann man annehmen, dass mit dem Begriff „Spiegeltisch“ die in größerer Anzahl erhaltenen Konsoltische gemeint sind. Es ist im 18. Jahrhundert nicht ungewöhnlich, die Wände zwischen zwei Fenstern mit einem großen Spiegel zu dekorieren. Auch werden Spiegel zwischen zwei Wandpaneelen angeordnet. Meist wurde darunter ein Konsoltisch aufgestellt, den man an der Wand verankerte und der die horizontale Gliederung der Wand aufnahm und weiterführte. 247 Die Konsoltische übernahmen die Aufgabe der Kredenzen und dienten der Präsentation von kostbaren Uhren, Kerzenleuchtern, Vasen oder Porzellanfiguren. „Als typisch höfische, ebenfalls von Bildhauern geschaffene Möbel sind sie in der Regel reich geschnitzt und meist gefaßt oder vergoldet.“ 248 Van Selow stellte Konsoltische mit unterschiedlichen Mosaikvarianten und verschiedenen Gestelltypen her. Es finden sich Chinesen, Papageien und Rocaillen unterschiedlicher Façon kombiniert mit entweder zwei- oder vierbeinigen Gestellen. Die Tische mit nur zwei Beinen sind nicht 247 vgl. z. B. Thornton (2000), S. 130, Abb. Nr. 164; der Tisch schließt in der gleichen Höhe ab wie die Oberkante der unteren Paneelpartien. 248 Ehret (1986), S. 41- 43. 110 freistehend, sondern müssen an der Wand befestigt werden. Die Beine, „Geißfüße“ oder „Pieds de biche“ 249 genannt, schwingen, von einer beschnitzten Zarge ausgehend, zur Wand hin weg. 250 Im Falle der vierbeinigen Gestelle, folgt die Kurvatur der Zarge der vorderen und seitlichen Schweifung der Platte, schließt nach hinten aber gerade ab, um dicht an eine Wand gerückt werden zu können. 251 Dies ermöglicht ihre platzsparende Aufstellung. Die bei Konsoltischen häufig zu beobachtende Mittelkartusche in der Zarge kommt bei den Tischen der Corallenfabrik fast ausschließlich an der Variante mit zwei Beinen vor. Meist handelt es sich um eine durchbrochen gearbeitete Schnitzerei, die den Hauptakzent der Zarge bildet. Abb. 36 Konsoltisch Bern Abb. 37 Konsoltisch Kunsthandel Abb. 38 Konsoltisch, Leipzig Abb. 39 Schloss Ricklingen Abb. 40 Konsoltisch BS 249 Ehret (1986), S. 43. 250 Eberle et al. (2005), Kat. Nr. 43, S. 91. 251 Weltkunst, Nr. 13, November 2001, S. 2116: Anzeige Schloss Ricklingen. 111 Allesamt haben die erhaltenen Konsoltischplatten der Corallenfabrik einen flachen, unprofilierten Rand, was sie deutlich von den Kaffee- und Teetischen unterscheidet. Dies macht deutlich, dass das hohe Profil der Teetischplatten nicht nur eine dekorative Funktion hat, sondern auch eine praktische Bedeutung besitzt. 4.1.1.5 Werktische Unter Werktischen sind Möbel zu verstehen, die für textile und andere Arbeiten eingesetzt wurden. 252 Offensichtlich handelte es sich bei den so genannten Arbeitstischen im späten 18. Jahrhundert nicht um einen klar definierten Möbeltypus. Lediglich in Format und Größe, wie auch durch das Fehlen der Einsätze eines Toilettentisches unterscheiden sich die Arbeitstische von anderen Möbelformen. Anders ist dies dann im 19. Jahrhundert, wo es eine große Vielfalt an klar als Handarbeitstischchen erkennbaren Möbeln gibt, die meistens aufklappbar sind und Nähgarnrollen und ein Nadelkissen beinhalten. 253 Es lässt sich kein Dekorationsmotiv an den erhaltenen Tischen der Corallenfabrik festmachen, das auf die Funktion der Werktische als Arbeits- oder gar Handarbeitstische Bezug nimmt. Auffällig ist, dass Produktlisten aus der Zeit vor Eggelings Fabrikleitung keine „Wercktische“ aufweisen. Da unter Eggeling nicht nur Platten, sondern auch vollständige Tische mit Gestell verkauft wurden, ist es also möglich, dass sich die 252 Laut Kluge (1999), S. 886 besteht ein Zusammenhang zwischen den Worten werk (Werk, Arbeit) und werg (Hanf, Flachs). Beide stammen vom Mhd. werc(h). 253 Vgl. z. B. Thornton (2000), S. 204. 112 Bezeichnung „Wercktisch“ auf ein charakteristisches Merkmal des Gestells und nicht der Plattenform oder Ornamentierung bezieht. Es ist schwierig, sich vom Aussehen dieser Tische ein genaues Bild zu machen. Roubo beschreibt sie 1771: „les chiffonnières....sont des espèces de petites Commodes, ou, pour mieux dire, de petites tables à l’usage des Dames, dont elles se servent lorsqu’elles travaillent, soit à coudre ou à broder.“ 254 Bei Sheraton 255 sind einige Möbel abgebildet, die als Lese-, Schreib- und Arbeitstische für Damen bezeichnet sind. Ihre Formen sind sehr vielgestaltig. Ein bei Thornton abgebildeter Arbeitstisch, offenbar im französischen Stil, erinnert hingegen mehr an eine kleine Kommode auf hohen Beinen. 256 Auch die Wallace Collection in London besitzt einige französische Werk- oder Arbeitstische. 257 Sie haben sowohl rechteckige als auch runde Grundformen. Vielen tables en chiffonnière 258 ist gemeinsam, dass sie relativ hochbeinig erscheinen und durch Platten, die zwischen den Beinen eingefügt sind, zusätzliche Ablagefläche bieten. Die oberste Platte ist meist ein Porzellanteller oder ein Tablett aus Sèvre-Porzellan. 259 (Abb. 48) Die unteren Platten können entweder auch aus Porzellan, oder aber aus Holz bestehen. Manchmal sind sie auch mit Kissen belegt. Ein ganz aus Holz ausgeführtes Beispiel ist auf Bouchers Portrait der Madame Pompadour von 1756 in der Alten Pinakothek in München zu sehen. 254 Zitiert nach Hughes (1996), Band 2, S. 114 und Anm. 8 (Roubo, III, chap. IX, p. 757). 255 Sheraton, The Cabinet-Maker and Upholsterer’s Drawing Book von 1793, Beispiele desselben in White (1996), S. 292. 256 Thornton (2000), Abb. Nr. 210: die Dame widmet sich einer Nadelarbeit und hat ein Tischchen mit Schubladen neben sich stehen, auf dem die Handarbeitsutensilien abgelegt sind. 257 Hughes (1996), Band 2, Nr. 208, 211, 212, 213, 218, 221, 225. 258 Der zeitnähere Ausdruck für die Werktische scheint table oder plateau de chiffonnière zu sein; Hughes (1996), Band 2, S. 1058. 259 Manchmal wurde die originale Marketerieplatte jedoch im 19. Jahrhundert durch einen Porzellanteller ersetzt. S. Hughes (1996), Band 2, S. 1076. 113 Abb. 41 François Boucher, Madame de Pompadour, 1756 Abb. 42 Table en chiffonnière, französisch, 1760 Der Werktisch wird hier als Ablage für ein Buch, einen Kerzenhalter und Schreibutensilien benutzt. Andere Formen von Werktischen können aus ein oder mehreren, gestaffelten Tabletts bestehen, oder Kommodenform besitzen mit Vorderklappe oder Schüben auf Beinen, manchmal mit einer zusätzlichen bodennahen Ablagefläche. 260 Doch nicht nur in Frankreich, auch in Deutschland wurden kleine Arbeitstische hergestellt. Ein Beispiel ist ein als Nähtischchen bezeichnetes Möbel von Samuel Erdmann Beyer, das in Ansbach 1763 entstanden ist. 261 Im Bomann Museum in Celle hat sich ein Tisch mit einer in der Corallenfabrik hergestellten Platte erhalten, der einen Korb für Nadelarbeiten oder Garn im Untergestell enthält. 262 Es ist jedoch in diesem Fall nicht genau zu klären, ob es sich um ein Originalgestell oder um eine spätere Ergänzung handelt. Auch gibt es Tische mit Schubkasten in der 260 Die Tablettische werden auch Tricoteuse genannt. Ihre Form entspricht den englischen Whatnots. Beispiele sind bei Feulner (1980) unter Nr. 368b und 374a abgebildet. 261 Feulner (1980), Nr. 324a. 262 Es gibt Tische mit integriertem Korb im späten 18. Jahrhundert (vgl. Feulner (1980), Nr. 323), doch scheint das bereits erwähnte Modell im Bomann-Museum eher dem frühen 19. Jahrhundert zuzurechnen zu sein. 114 Zarge. Doch auch hier sind die Unterschiede zwischen den erhaltenen Modellen zu groß, als dass man von einem Tischtypus sprechen könnte. Bis jetzt haben sich keine Tische finden lassen, die eine den französischen Arbeitstischen ähnliche Gestaltung oder Gestellform aufweisen. Viele der Tischplatten der Corallenfabrik sind aber kleinformatig und könnten, statt eines Porzellantellers, als Ablage für Nähutensilien oder andere Gerätschaften gedient haben. 4.1.2 Kleine Behältnisse und Diverses Zur Gruppe der kleinen Behältnisse zählen Dosen unterschiedlicher Art. Die Lotterielisten bezeichnen unter anderem solche für die Aufnahme von Schnupf- und Rauchtabak, kleine Kästchen und Quadrille Schachteln. Pulverhörner, Präsentierteller, Schreibzeuge sowie alles mögliche Zubehör für textile Arbeiten wird ebenfalls erwähnt. In einer Anzeige van Selows werden außerdem plat de Menage angeboten. 263 Nur wenige kleine Dosen sind als Erzeugnisse van Selows bekannt. Die äußeren Formen der wenigen bekannten Kleinobjekte sind sehr unterschiedlich. Zwei runde Dosen befinden sich in Halle und sind bei Pazaurek 264 abgebildet. (Abb. 44) Eine längliche Dose mit Klappdeckel sowie ein flaschenförmiger Behälter, wohl als Teedose zu verwenden, befinden sich im Städtischen Museum Braunschweig. (Abb. 43 und 45) Eine oktogonale Dose mit gewölbtem Deckel und Blumendekor ließ sich in Braunschweiger Privatbesitz auffinden. Gemeinsam ist den Dosen ihre 263 Braunschweiger Anzeigen, 10. Stück, 4.2.1756, Spalten 167- 168. 264 Pazaurek (1911). 115 Verzierungstechnik. Sie bestehen aus einem Messing- oder Zinnkörper 265 , auf den an den Ecken dünne Messingstäbe aufgebracht wurden. Die somit gebildeten Vertiefungen sind dünn mit Kittmasse gefüllt und mit Perlchen verziert. Anders als bei den Tischen wurden bei diesen Kleinobjekten kleinere Perlen verwandt. Es fällt außerdem auf, dass diese sehr gleichmäßig und linear verlegt sind. Dies lässt sich vielleicht mit der Schwierigkeit erklären, mit den winzigen Perlschnüren zu arbeiten. Abb. 43 Teedose mit Ruinendarstellung Abb. 44 Zwei Döschen Abb. 45 Tabakdose 265 Es könnte sich auch um das im 18. Jahrhundert häufig verwendete Blei handeln, doch ist die Dose zu leicht für dieses schwere Metall. 116 Knaster- und Rappée-Dosen Knaster ist die Bezeichnung für einen im 18. Jahrhundert qualitativ hochwertigen Pfeifentabak. Heute ist mit dem Begriff eher ein minderwertiger Tabak oder auch Marihuana verbunden. Es ist denkbar, dass der Name auf die spezielle Verpackung des Tabaks durch die Spanier im 17. Jahrhundert zurückgeht. Sie setzten bei ihrem ausgedehnten Handel Rohrkörbe (spanisch: canastros) ein. Damals hatte Canastertabak eine hohe Qualität. Daher hatte das Wort Knaster nicht den abwertenden Klang, den es heute besitzt. Der Begriff „Kanastertobak“ wurde nach holländischem Vorbild in „Knaster“ gekürzt. 266 Seine Beliebtheit zeigt sich unter anderem in seiner Behandlung in der Kunst: Erbauliche Gedanken eines Tobackrauchers aus Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach (1725) So oft ich meine Tobacks-Pfeife, mit gutem Knaster angefüllt, zur Lust und Zeitvertreib ergreife, so gibt sie mir ein Trauerbild – und füget diese Lehre bei, daß ich derselben ähnlich sei. 267 Bei Van Selow kommen laut Lotterielisten Knasterdosen ohne Formangabe wie auch ausdrücklich als rund bezeichnete Behältnisse für Kanastertabak vor. Ein mit Glasperlen verziertes, längliche Döschen im Städtischen 266 Kluge (1999), S. 454: Knaster. 267 http://www.cs.ualberta.ca/~wfb/cantatas/515a.html [aufgesucht 27.08.2007]. 117 Museum Braunschweig, 268 ist aus Messing gearbeitet und mit einer ländlichen Architekturszene verziert, die leider nichts über seine ursprüngliche Funktion verrät. (Abb. 45) Eberle äußert in dem entsprechenden Beitrag im Katalog „Braunschweiger Rokoko“, dass es sich bei den länglichen Behältnissen um solche für Pfeifentabak gehandelt habe, da in ihnen auch die Pfeife Platz hat 269 , doch offensichtlich fallen auch runde Behälter in die Kategorie der Tabaksdosen. Pfeifenzubehör war vor 300 Jahren, wie auch heute noch, sehr umfangreich - „a means to light the tobacco; a stopper (or Tamper) to tamp down the tobacco in the bowl; a poker- like device to remove the dottle (tobacco residue) and clean the bowl…” 270 Den Tabak, wie auch das Zubehör hat man in Kästchen oder Beuteln unterschiedlichster Form und Gestaltung untergebracht, die auch als Freundschafts- oder diplomatische Geschenke weitergegeben wurden. Pfeifen sind in den verschiedensten Materialien hergestellt. Es gab solche aus Ton oder Meerschaum, wie auch kostbare Porzellanpfeifen, hergestellt in den Manufakturen von Chantilly, Sèvres, Kopenhagen, Meissen und Nymphenburg. 271 Es ist schwierig, die Rappée-Dosen der Manufaktur Van Selow eindeutig zu identifizieren. Rappée ist ein geraspelter Schnupftabak, der von Amerika über Spanien, Portugal und Italien nach Europa gelangte. Er wurde ursprünglich in gepresster Form gekauft und bei Gebrauch auf einer Reibe geraspelt. Ausgehend vom Hof Ludwigs IV. verbreitete sich das Tabakschnupfen geradezu als Kunstform über Europa. Pfeifenraucher und 268 Eberle et al. (2005), Kat. Nr. 49, S. 96. 269 Ebd. et al. (2005), Katalogbeitrag Nr. 49, S. 96. 270 Gilman/Xun (2004), S. 14. 271 Ebd. (2004), S. 101-102. 118 Tabakschnupfer sahen einander in Konkurrenz. William Cowper schrieb 1782, dass der Atem eines Pfeiferauchers „...is as sweet as the breath of blown roses,/While you [the snuff taker] are a nuisance where’er you appear; /There is noting [sic] but snivelling and blowing noses, /Such a noise as turns any man’s stomach to hear….”. 272 Eine spezifische Form von Schnupftabaksdosen ist nicht auszumachen. Auch heute noch wird die Droge in flachen runden, wie auch in längsrechteckigen Behältnissen vertrieben. Im Katalog des Museums für Lackkunst in Münster sind einige Schnupftabakdosen der Braunschweiger Manufaktur Stobwasser abgebildet und beschrieben. „Die Sitte des Tabakschnupfens blieb bis weit ins 19. Jahrhundert selbst beim weiblichen Geschlecht so beliebt (Abb. 16) [sic], daß die Tabatieren einen Großteil der Produktion ausmachten und den eigentlichen Ruhm der Manufaktur begründeten.“ 273 Teedosen Teedosen wurden zur Aufbewahrung der kostbaren Teeblätter benutzt. Das Getränk wurde von der Dame des Hauses frisch aufgebrüht. Hierzu benötigte sie unter anderem einen Kessel mit kochendem Wasser, der meist auf einem extra dafür gearbeiteten Beistelltischchen abgestellt wurde. 274 Der lose Tee wurde in Behältnissen aus unterschiedlichen Materialien gelagert. 275 Im 17. Jahrhundert waren dies meist tönerne oder 272 Zitiert nach Gilman/ Xun (2004), S. 17 und Anm. 26. 273 Kopplin (1998), S. 168 und Kat. Nr. 32, 35- 37. 274 Vgl. hierzu z. B. Pettigrew (2004), Abb. S. 12-13. Das Familienportrait zeigt Thomas Smith mit Frau und Kindern beim Teetrinken. Neben dem klappbaren Teetisch, mit Tablett und einem Miniaturteegeschirr sieht man einen dreifüßigen Teeständer, auf dem ein metallener Wasserkessel abgestellt ist. 275 Zu den folgenden Ausführungen s. Pettigrew (2004), S. 83 ff. 119 porzellanene Dosen oder Flaschen, die man aus China oder Japan importierte. Ursprünglich in China zur Aufbewahrung von Ölen hergestellt und nach und nach für Blattee adaptiert, waren die Behältnisse von rechteckigem Querschnitt oder rund und hatten einen fest sitzenden, zum Abmessen der Teemenge eingesetzten Deckel. Die Teebehälter fassten eine bestimmte Menge der Blätter, doch ging ihre Bedeutung als Maßeinheit im 18. Jahrhundert verloren. Europäische Töpfer und andere Kunsthandwerker kopierten die asiatischen Behälter und behielten dabei oft die ursprünglichen Formen bei. Abb. 46 Meißener Teedose aus Porzellan, um 1770, Kunsthandel Meist wurden Sets von Teeflaschen hergestellt, oft innen mit Blei ausgekleidet, weil man dachte, das halte den Tee länger frisch. Eine Dose enthielt grünen, die andere schwarzen Tee. Diese Flaschen, zusammen mit einem Behälter für Zucker, lagerte man im 18. Jahrhundert zunehmend in verschließbaren Kästchen mit der entsprechenden Inneneinteilung, die die 120 kostbaren Behälter schützte. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde eine große Anzahl von Teeflaschen aus Silber und Glas gefertigt. „Decoration became more elaborate and by the 1750s Rococo designs covered the round, oval, square, and vase-shaped boxes with detailed landscapes, coats of arms, shells, and fanciful swirls of plants and flowers.” 276 Die Teeflasche aus der Corallenfabrik folgt dem für Teebehältnisse üblichen Muster. (Abb. 43) Sie ist rechteckig; die obere Kante ist konvex geschweift. Die Öffnung wird von einem zylindrischen Deckel verschlossen, der ebenso wie die Wandungen des Behälters mit kleinen Perlen verziert ist. Man erkennt an den Kanten Stege aus Messing, doch ist es möglich, dass die Innenseite mit einem anderen Metall, z. B. Blei ausgekleidet ist. Die Flasche hat keine Füße, sondern steht direkt auf dem Boden. Bei den zwei kleinen Tabletts aus dem Städtischen Museum könnte es sich um Beispiele der in den Lotterielisten aufgeführten Präsentierteller oder Nadelteller handeln. (Abb. 47) Sie sind mit Vogelmotiven versehen und, wie die Döschen, mit sehr kleinen Perlen belegt. Anders als die Behältnisse jedoch, scheinen sie aus massivem Messing gefertigt und ihre Schauseite mit Kitt und Perlen bedeckt zu sein. Abb. 47 Zwei kleine Tabletts mit Vogelmotiv 276 Pettigrew (2004), S. 87, s. auch Abbildung von silbernen Teacaddies auf S. 88. 121 Navetten 277 , und Werkbeutelschalen, aber auch die Schreibzeuge und die Pulverhörner konnten bisher noch nicht identifiziert werden. Besonders das bei der Textilarbeit verwendete Zubehör ist oft sehr kostbar und wurde in den unterschiedlichsten Materialien verziert. Neben Perlmutter, Strohmosaik und Tunbridgeware 278 findet sich auch die Verwendung von Elfenbein, Metall und Nüssen. Besonders Nadelbüchsen sind gerne mit Glasperlen überzogen. 279 Die Technik ist hier allerdings eine andere, als die an Objekten der Van Selowschen Manufaktur normalerweise gefundenen. Pamela Clabburn beschreibt sie ausführlich. Perlen wurden auf einen sehr feinen Draht oder auf Haar aufgezogen und dann um einen Körper gewunden, der aus Holz, Bein oder sogar Pappe bestehen konnte. Mit feinen Stichen hielt man die Perlenschnur in Position. 280 Wie bereits gesagt ist eine eindeutige Zuweisung dieser Art von Objekten an Van Selow nicht möglich. Nicht auszuschließen ist, dass er Rohkörper von Büchsen oder Schiffchen einkaufte und selbst mit Perlen verzierte, dass er fertige Objekte in Kommission verkaufte, oder sie zur Komplettierung seines Sortiments hinzukaufte. Somit könnte es sich um allgemein im Handel zu beziehende Nähutensilien gehandelt haben, die nicht in der für die Corallenfabrik typischen Technik der Perlen in Kittmasse verziert sind. 277 Navette könnte die zur Frivolitätenarbeit verwendeten Schiffchen bezeichnen. 278 Hierbei handelt es sich um Objekte, die mit einer Art hölzernen Mikromosaiks verziert sind und die größtenteils im Ort Tunbridge Wells in England hergestellt wurden. 279 Rogers (1986), S. 73 und 81, hier allerdings ins frühe 19. Jahrhundert datiert. 280 Clabburn (2001), S. 32-33. 122 Dies gilt auch für die in den Lotterielisten aufgeführten Schreibzeuge. Hierbei handelt es sich um Schreibtischaufsätze, die der Aufnahme von Tinte und Streusand dienten und eine Ablagefläche für die Feder boten. Sie wurden in verschiedenen Materialien, unter anderem Fayence 281 , Porzellan und Metall hergestellt. Bisher ließen sich noch keine mit Glasperlen verzierten Exemplare auffinden. Bei „plat de ménage“, die in Zeitungsannoncen erwähnt sind, handelt es sich um Tischaufsätze, die Teil des „Service à la Française“ waren, einer speziellen Servierform, die in Versailles entstand und Vorbild für die Tafelsitten an den Europäischen Höfen wurde. „Hauptmerkmal war, daß die Bediensteten sämtliche Speisen eines Ganges in Terrinen, in Schüsseln und auf Platten gleichzeitig auftrugen und diese nach einem genau festgelegten Plan in streng symmetrischer Ordnung auf die Tafel stellten.“ 282 Nach dem Gang wurden dann alle wieder entfernt. Damit die Tafel zwischen den Gängen nicht zu leer erschien, verzierte man sie mit den plats de ménage, auch surtouts oder auch „pièce dormante“ genannt. Eine solche Art Tafelaufsatz besaß mehrere Schälchen, Dosen und Kännchen für Essig, Öl, Gewürze oder kandierte Früchte, „erfüllte zugleich die Funktion eines Schau- und eines Zweckgerätes.“ 283 Plats de ménage waren aufwendig geformt und konnten im 18. Jahrhundert einen Tempel oder Pavillon, manchmal mit Figuren geschmückt, nachbilden. Auch ornamentale Strukturen waren möglich. 284 Das surtout blieb bis zum Dessertgang stehen und wurde dann gegen ein anderes ausgewechselt. 281 Vgl. einige Beispiele bei Guratsch (2003). 282 Claudia Kanowski: Fayencen für die gedeckte Tafel, in: Guratsch (2003), S. 76. 283 Ebd. S. 78 und Kat. Nr. 138, S. 255. 284 Ottomeyer (2003), S. 94. 123 Man findet Darstellungen von plats de ménage auf vielen Darstellungen von Festmählern. 285 Sie können aus unterschiedlichen Materialien, wie Fayence, Porzellan oder Silber sein. Es gibt keinerlei Hinweis auf das Aussehen oder die Verzierungsart der von Van Selow angebotenen Tischaufsätze. Auch haben sich keine Preisangaben erhalten, aus denen man vielleicht ablesen könnte, wie groß oder aufwendig gestaltet das Tischgerät war. Wiederum stellt sich die Frage, ob diese Art von Objekt wirklich in der Corallenfabrik angefertigt, oder lediglich zusätzlich zu den Tischplatten ins Sortiment aufgenommen worden war. 285 Andressen (1996), S. 111 f. und Abbildungen auf den Seiten 84, 108 und 112. 124 4.1.3 Vögel In der Lotterie von 1756 wird unter anderem ein Vogel verlost. Die einzigen bisher aufgefundenen Vogelskulpturen, die sich mit großer Sicherheit Van Selow zuschreiben lassen, sind die Papageien aus dem Herzog Anton Ulrich-Museum (im folgenden abgekürzt als HAUM) und dem Städtischen Museum in Braunschweig. 286 (Abb. 48 und 49) In der Tat gibt es für den Papagei im HAUM einen Inventareintrag, in dem die Urheberschaft Van Selows bestätigt wird: “Inventar H 32, Nr. 836 (S. 132) Ein auf einer Stange sitzender Papagey, welcher von grünen und rothen Glaßcorallen gemacht ist, und zwar von einem Manne, Namens Vanselow, der zu Braunschweig allerley Meubeln von Corallenarbeit verfertigte.“ 287 Abb. 48 Papagei HAUM Abb. 49 Papagei Städtisches Museum Braunschweig 286 HAUM Inv. F. No 836S132/ Inv. Nr. KOS 691; Städt. Mus. Inv. Nr. Cd 39 2. Zettel: 57. 287 Zitiert nach Schütte (1997), S. 239, Kat. Nr. 245. 125 Beide Skulpturen bestehen aus einem Papagei, der auf einem in einer Art Sockel befestigten Ast sitzt. Beide Papageien sind vornübergebeugt, an einer Kralle nagend dargestellt. Schütte gibt als Materialien Holz (der Sockel ist gedrechselt und beschnitzt), Steine (mit diesen ist der Sockel belegt), Metall für die Vogelbeine, sowie Leinwand als Auflage für die Perlen an. Es scheint sich aber eher um eine dünne Lage Kittmasse zu handeln. Das Exemplar im HAUM weist großflächige Reparaturen auf, die auf ein Schwinden des Trägermaterials hindeuten, auf das Kittmasse und Perlen aufgebracht wurden. Wahrscheinlich handelt es sich also um einen Holzkörper, doch ist eine Masse, die um ein Metallgerüst herum modelliert wurde, auch denkbar. Deutlich sind die Fäden zu erkennen, die die einzelnen Rocailleperlen miteinander verbinden. (Abb. 50) Abb. 50 Detail des Papageis aus dem Herzog Anton Ulrich Museum Bemalte Perlen Perlfäden aus Baumwolle 126 Ähnlich wie bei den beiden Urnen (siehe weiter unten) sind die Schnüre wohl belassen worden, um die Perlen während des Trocknungsprozesses zu stabilisieren. Interessant ist auch, dass manche Farbflächen nicht durch entsprechende Perlen gebildet werden, sondern nachträglich aufgemalt wurden. Schütte nimmt an, dass Herzog Carl I. dem mit finanziellen Schwierigkeiten kämpfenden Van Selow den nun im HAUM befindlichen Papagei für sein neues Kunst- und Naturalienkabinett abgekauft hat. Jedenfalls lässt er sich schon im Prezioseninventar H 32 nachweisen, das, „was die Pretiosen betrifft, nach den Pretiosenveräußerungen in der Wintermesse 1785 aufgestellt“ wurde. 288 Die ursprüngliche Funktion der Papageien geht aus den Inventareinträgen des Kunst- und Naturalienkabinetts jedoch nicht hervor. Sicher waren sie nicht nur als Kuriositäten gedacht. Eberle äußert die Vermutung, „dass er als Bekrönung etwa eines Schrankes gedacht war.“ 289 Er begründet dies mit der auf Untersicht hin konzipierten Gestaltung des Vogels. Eventuell könnte es sich also um die 1756 in den Braunschweiger Anzeigen erwähnten „Schränkenaufsätze“ handeln. 290 Papageienskulpturen erfreuten sich im 18. Jahrhundert großer Beliebtheit. Eine große Zahl von ihnen ist aus Porzellan gefertigt, einem in vieler Hinsicht dem Glas vergleichbaren Material. Alle führenden Porzellanmanufakturen stellten Serien von exotischen Tieren her, darunter auch Papageien, Kakadus und Sittiche. Objekte aus Meißen und Ludwigsburg sind heute am häufigsten in Sammlungen zur Porzellankunst vertreten. Die Porzellanvögel sitzen, ähnlich den Papageien Van Selows, 288 Schütte (1997), S. 255. 289 Eberle et al. (2005), S. 98. 290 Braunschweiger Anzeigen, 10. Stück, 4.2.1756, Spalten 167-168. 127 auf einem Ast oder Baumstumpf, der aus einer Art Sockel herauswächst. Meist beugen sie sich leicht nach vorne, um an etwas zu nagen, was sich in ihren Krallen befindet. Eine Beschreibung einer solchen Skulptur aus dem Jahrbuch der Meißener Manufaktur XXXV, S. 172 unter dem Namen Kändlers im Juni 1741 lautet: “Für die Gräfin von Moschinska einen Indianischen Vogel von ziemlicher Grösse in dero Logis nach dem Leben in Thon poussieret und solchergestalt vorgestellet, wie er auf einem Kirschast sitzet und ein Stücklein Zucker aus der Pfote frisst.“ 291 Auf die Bedeutung des Papageis wird in einem späteren Kapitel unter Berücksichtigung von Beispielen aus anderen Materialen noch genauer eingegangen werden. Vogelskulpturen in einer dem Glasperlenmosaik verwandten Technik werden im HAUM aufbewahrt. Im bereits oben erwähnten Prezioseninventar werden sie genau vor der Papageienskulptur Van Selows aufgeführt. Es sind dies ein Pfau, ein Hahn und eine Henne aus Holz, Muscheln und Insektenflügeln. „Es handelt sich um ausgesprochene Kunstkammerstücke, dessen wesentlicher Reiz neben der schillernden Farbenpracht in dem Spiel der dabei verwendeten Materialien liegt, die oft in ihrer ursprünglichen Funktion (Federn in der Darstellung von Flügeln) eingesetzt sind.“ 292 Ob Van Selow ihr Design oder ihre Herstellung beeinflusst hat, lässt sich nicht sagen. Zwar preist er in einer Anzeige ‚Muschelskulpturen’ 293 an, doch gibt es keinen konkreten Hinweis auf die Art von „Skulptur“, die gemeint sein könnte. 294 Ein analytischer Vergleich der verwendeten Materialien und Herstellungstechniken im Detail wäre in 291 Dautermann (1970), S. 44-47. 292 Schütte (1997), S. 192- 193. 293 Braunschweiger Anzeigen, 10. Stück, 4.2.1756, Spalten 167- 168. 294 Es ist wahrscheinlicher, dass mit dem Begriff „Muschelskulptur“ großformatige Statuen gemeint waren, wie in Kapitel 4.1.8 ausführlich erläutert werden wird. 128 diesem Fall sicher aufschlussreich, kann im Rahmen dieser Arbeit aber nicht geleistet werden. 4.1.4 Urnen Nicht in den Lotterielisten erwähnt, da sehr wahrscheinlich eine Auftragsarbeit, sind die beiden Urnen, die sich in englischen Museen erhalten haben. Es ist aufgrund der großen Ähnlichkeiten in Aufbau, Gestaltung und Motiven davon auszugehen, dass es sich um ein Paar handelt. Heute befindet sich ein Exemplar im Victoria and Albert Museum in London, das andere in der Lady Lever Art Gallery in Port Sunlight bei Liverpool. (Abb. 51 und 52) Zwar erfreuten sich Urnen in der englischen Möbelkunst großer Beliebtheit, doch sind sie meistens eher in klassizistischen Formen gestaltet. Als Paar aufgestellt, schmückten sie das Speisezimmer und erfüllten dabei praktische Funktionen, wie die Aufbewahrung von Besteck, das Anwärmen der Teller oder das Kühlen von Weinflaschen. Auch in Deutschland hat das Zurschaustellen von Geschirr und Essgerät eine lange Tradition. Die Aufstellung von Vasen/ Urnen scheint aber eher dem englischen Kulturkreis zuzuschreiben zu sein. Sie gehören dort zu der so genannten sideboard suite. 295 Die Van Selowschen Urnen sind weder klassizistisch, noch lässt sich auf Anhieb eine praktische Funktion erkennen. Stilistisch sind sie noch vielmehr dem frühen 18. Jahrhundert verhaftet als dem späteren und eine andere Funktion als die der reinen Raumdekoration ist eher unwahrscheinlich. 295 Vgl. Gilbert (1978), S. 192 und 193. 129 Abb. 51 Urne, Victoria & Albert Museum Abb. 52 Urne, Lady Lever Art Gallery Das Untergestell und die Urne bzw. Vase sind separat gearbeitet. Das Gestell besteht aus vier geschwungenen Beinen, die im unteren Drittel durch ein mit vergoldeter Rocailleschnitzerei verblendetes, gänzlich mit Perlen verziertes Brett stabilisiert werden. Nach oben schließt das Gestell mit einer Platte ab, die an ihrer Unterkante von Putten und Blumengirlanden begleitet wird. Auf ihr steht die Deckelvase, bestehend aus einem Fuß, dem oktogonalen Gefäßkörper und einem Deckel, der sich nach oben verjüngt und in einer Flamme endet. Eine Montierung aus Kupfer an der Oberkante des Gestells und an der Unterkante des Urnenfußes stellt sicher, dass beide Teile gut ineinander passen und sicher stehen. Zusätzlich wurden beide Teile wohl durch einen Holzdübel 130 gesichert. 296 Bis jetzt konnte nicht in Erfahrung gebracht werden, ob sich der Deckel der Vase abheben lässt und was sich im Inneren befindet. Sicher ist jedoch, dass der Vasenkörper aus Eiche, das Gestell jedoch aus Kiefer gefertigt ist. 297 Die Vase erscheint zu delikat, als dass sie regelmäßig als Weinkühler oder zur Aufnahme von Geschirr gedient hätte. Eventuell ließe sich eine Nutzung als Potpourri andenken, doch erschienen dann Öffnungen im Deckel zur Verbreitung des Duftes sinnvoll, die jedoch nicht vorhanden sind. Gestell und Vase sind über und über mit Glasperlen, großen, facettierten Glaskörpern, ausgesägten Perlmutter-Ornamenten und Schneckenhäusern bedeckt. Zusätzlich wurden lampenverzierte Perlen und vor der Lampe gefertigte Tierfiguren sowie Emailplaketten verwendet. 298 Die Kittmasse ist an manchen Stellen mehrlagig aufgebracht worden, um einen reliefartigen Eindruck zu erzielen. 299 Der oktogonale Vasenkörper besteht aus vier Schauseiten und schmaleren Eckpartien. Die Verzierung dieser Bereiche ist bei beiden Urnen sehr ähnlich. Die Ecken sind mit Perlmutterplatten belegt, auf denen aus Perlen geformte Gefäße aus denen Blumen erwachsen, aufgebracht wurden. Die großen Schauseiten zeigen: 1) eine Landschaft mit einem Torturm, einem Satteldachhaus und einem Zaun aus Perlmutter, hinter dem eine männliche Figur herausschaut, (Abb. 53) 2) eine Parkallee mit einem Teich im Vordergrund, in dem sich ein Schwan befindet und einer Rundbogenarchitektur im Hintergrund, (Abb. 54) 296 Kitchin (1994): Unveröffentlichter Zustandsbericht des Victoria & Albert Museums (10.01.1994); ein Dübelloch von ca. 2 cm Durchmesser ist sichtbar, der Dübel existiert aber nicht mehr. 297 Ebd. 298 Zwei lampengeblasene Schafe sind an der Urne in Port Sunlight noch vorhanden. Die entsprechenden Stellen an der Urne des V&A sind leer. 299 Zur Technik siehe Kapitel 5.5. 131 3) einem Korb mit Blumen und Früchten, über dem ein kleiner papageiartiger Vogel sitzt und vor dem zwei Vögelchen in einer Wasserfläche schwimmen, (Abb. 55) 4) eine Landschaft mit zwei Nischen, in denen Schafe weiden, überfangen von Blütenzweigen und Ranken und überragt von einem Pfau aus Perlmutter. In der rechten Ecke sieht man ein kleines Haus. (Abb. 56) Abb. 53 Abb. 54 Abb. 55 Abb. 56 Die weiteren Flächen sind mit Blumengebinden, Früchtekörben, Vögeln und Emails verziert. Man gewinnt den Eindruck, es bei der Verzierung der Urnen mit einer Art Pasticcio zu tun zu haben, dem Versuch der Vereinigung aller möglicher schmückender Kleinteile und Elemente zu einem Gesamtbild. Da die Einzelteile oft in Größe und Form nicht wirklich zusammenpassen, ist dies nur eingeschränkt gelungen. Die überaus vielfältige Materialverwendung, wie auch die Qualität der 132 Einzelkomponenten deuten darauf hin, dass die Vasen recht teuer und somit für einen Auftraggeber aus der Oberschicht gedacht waren. Leider lässt sich die Provenienz beider Objekte nicht weit genug zurückverfolgen, um den ursprünglichen Besitzer festzustellen. In Anbetracht der Verbindungen zwischen den norddeutschen Herrscherhäusern und dem englischen Königshaus, ist jedoch eine aus England an Van Selow herangetragene Auftragsarbeit nicht auszuschließen. Natürlich muss angesichts der Außergewöhnlichkeit der Objekte die Frage nach der Zugehörigkeit zum Œvre van Selows gestellt werden. Neben der Technik, die sich, so weit das erkennbar ist, mit der der Tische und der Papageienskulpturen deckt (Verwendung von aufgefädelten Perlen in eine Masse gedrückt, Reihung wo immer möglich), ist es auch die Verwendung der Motive (Ranken, Vögel, Parkallee), die eine deutliche Ähnlichkeit mit der Motivwelt Van Selows aufweist. Ebenso die Auswahl der Perlen, ihre Farben und Größen entsprechen der Van Selowschen Palette. Die Urnen sind jedoch mit wesentlich mehr Materialien verziert, als die anderen Objekte der Corallenfabrik, soweit diese bis jetzt bekannt sind. Viele dieser Dekorelemente scheinen vorgefertigt zu sein, sind vielleicht hinzugekaufte Kleinteile, die integriert wurden, um den Urnen ein reiches und außergewöhnliches Erscheinungsbild zu geben. Auch kann sich hierin ein Auftraggeberwunsch widerspiegeln. Während man bei den Tischen der Corallenfabrik durchaus von einer Massenproduktion sprechen kann, sind die Urnen sicher nicht in größerer Menge hergestellt worden. Ihre Herstellung muss technisch sehr aufwendig und schwierig gewesen sein. Auch nahm sie sicher mehr Zeit in Anspruch als die Verzierung einer horizontalen Fläche. Die Menge der an diesen Objekten verwendeten 133 Perlen, besonders der handverzierten venezianischen und der Chevrons 300 , die Vielzahl der Perlmutterelemente (Abb. 57), Emails und die Glastiere muss zu diesem Zweck eigens eingekauft worden sein. Entweder musste Van Selow dafür in Vorlage treten, was angesichts seiner prekären finanziellen Situation sicher schwierig war, oder der Auftraggeber hat für diesen Zweck einen Vorschuss gezahlt. Leider haben sich keinerlei Quellen finden lassen, die Aufschluss über die Bezugsquellen oder die geschäftlichen Gepflogenheiten in der Fabrik geben würden. Allerdings ist bekannt, dass Braunschweiger Tischler exotische Holzsorten, auch Elfenbein oder Perlmutter auf der Braunschweiger Messe erwarben. (siehe auch Kapitel 5.2) Elfenbeineinlagen waren bei den Braunschweiger Tischlern sehr beliebt und wurden wohl von Kupferstechern hergestellt. Perlmutter kommt nur in kleinen Mengen an Schränken vor, scheint aber auch zu deren Repertoire gehört zu haben. 301 Neben zweidimensionalen Blütenmotiven findet man an den Urnen auch reliefartig gestaltete Perlmutter- Elemente, wie Tiere oder Vasen. Es ist zweifelhaft, dass auch diese von Kupferstechern gearbeitet wurden. Die Ornamentierung der Urnen scheint nur bedingt einem Gesamtkonzept zu folgen. So stimmen oft Größenverhältnisse und Proportionen der Einzelteile nicht miteinander überein. Dies kann damit zusammenhängen, 300 gestreifte Perlen. Zur Technik s. Kapitel 5.1.1 und 5.1.2. 301 Winter (1995), S. 94, besonders Anm. 35. Abb. 57 134 dass Materialien und Elemente, die ursprünglich aus anderen Zusammenhängen stammten oder für andere Objekte hergestellt worden waren, an den Urnen vereinigt wurden. Man kann davon ausgehen, dass die lampengeblasenen Schafe nicht speziell für die Urnen hergestellt, sondern aus Frankreich bezogen wurden, wo sie in Theater-Kästen Verwendung fanden (vgl. Kapitel 5.1.2). Eine Besonderheit im Werk van Selows nehmen die Emailplaketten ein, die in die Deckel und Vasenwandungen der beiden Urnen integriert sind. Es handelt sich um ovale und runde Scheiben, die, wie die Perlen und anderen Materialien, in Kittmasse eingebettet sind. Sie sind bemalt und zeigen Szenen ganz unterschiedlicher Thematik und in abweichendem Pinselduktus. Abb. 58 Emailplakette mit Bacchanten-Szene Abb. 59 Emailplakette mit weibl. Figur Eine bacchanal anmutende Szene (Abb. 58) zeigt drei leicht bekleidete Personen, zwei davon mit Blattkronen, sowie einen Eselkopf. Andere Darstellungen erinnern an die Comedia dell’Arte oder zeigen Frauen in unterschiedlichen Kostümen und Posen. (Abb. 59) Während die Bacchantenszene skizzenhaft wirkt und von zeichnerischer Leichtigkeit im Pinselduktus und der Verwendung von kräftigen Farben geprägt ist, 135 bestechen die anderen Plaketten durch eine vorwiegend kühle Palette, die opaker wirkt und sich im Hellblau- Rosa- Bereich bewegt. Die Personen erscheinen weniger bewegt, sondern eher posierend und statisch. Im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert wurden Emailplaketten in den unterschiedlichsten Zusammenhängen verwendet. Man findet sie in die Wandungen von Schmuckkassetten integriert, als Teil von Kaffeekannen und auch von Toilettservicen. 302 In all diesen Fällen handelt es sich um separate Einheiten, die durch Metallklammern mit dem jeweiligen Träger verbunden sind. Es ist schwierig, Vorlagen für die Plaketten festzumachen, da sie wohl aus unterschiedlichen Zyklen stammen und willkürlich zusammengestellt sind (für eine genauere Aufschlüsselung der möglichen Vorlagen siehe Kapitel über die Emails 5.1.4). Ähnlichkeiten lassen sich einerseits mit mythologischen Darstellungen aufweisen 303 , andererseits mit allegorischen Szenen, wie z. B. Jahreszeiten-Personifikationen. 304 Es zeichnet sich hier die ebenfalls in der Porzellanmalerei sichtbare Tendenz ab, Vorlagen ohne übergreifendes Programm zu verwenden und damit eine rein dekorative Wirkung zu erzielen. 305 302 Vgl. Weinhold (2000), Abb. 2, 3, 12, 15, 27. 303 Die Szene könnte einer Stichvorlage folgen, die eine Szene aus den Metamorphosen des Ovid zum Thema hat. 304 Vgl. hierzu Weinhold (2000), Abb. 83, Kat. Nr. 41 oder Abb. 34, Kat. Nr. 103. 305 Ebd., S. 181–183 und besonders Abb. 143. Eine Tasse des dort abgebildeten Meißener Porzellanservices weist Ähnlichkeiten mit der Toilett-Spiegelszene auf einer der Emailplaketten (Urne der Lady Lever Art Gallery) auf. 136 4.1.5 Kommoden Ein Schreibschrank und eine Kommode werden in der Literatur der Manufaktur Van Selow zugewiesen. Beide befinden sich im Städtischen Museum in Braunschweig. Weder in Anzeigen noch in Lotterielisten wird diese Art von Möbeln erwähnt. Van Selow unterlag in Hinsicht auf die Herstellung kompletter Möbel großen Restriktionen und hätte die hölzerne Konstruktion bei einem Tischler in Auftrag geben müssen. Dies wäre für ihn eine große finanzielle Investition gewesen. Angesichts der allzeit prekären Geldlage Van Selows ist die Anfertigung von vollständigen Möbeln als eher unwahrscheinlich anzusehen. Beide Möbel entsprechen in ihrer äußeren Gestaltung dem Formengut der Zeit. Ihre technische Ausführung ist qualitativ nicht sehr hochstehend. Die Front des Schubladenmöbels ist geschwungen. Die Vorderseite der Platte folgt diesem Muster. Ähnliche Schweifungen sind bei Dresdener Möbeln des zweiten Viertels des 18. Jahrhunderts anzutreffen, doch sind die dort hergestellten Kommoden breiter als hoch, während die Braunschweiger höher als breit ist. 306 Der Schreibschrank (Abb. 60) hat eine abgeschrägte Platte, die nach vorne heruntergeklappt werden kann, und dann auf zwei herausziehbaren Stäben zu liegen kommt. Die Profilleisten wurden nachträglich aufgebracht und sind relativ grob gearbeitet. Ihre Funktion ist es, das Textil mit den Perlen zu halten und dessen Kanten zu verdecken. Die Seiten sind abgeschrägt. Die Kommode besitzt keinen Aufsatz. 306 Vgl. Haase (1993), S. 42. 137 Die Technik der Perlenapplikation an den Kommoden weicht grundsätzlich von derjenigen ab, die an Tischen und anderen Objekten anzutreffen ist, während einige der Motive Ähnlichkeiten mit denen anderer Möbeln aus der Manufaktur aufweisen. Abb. 60 Kommode mit Perlverzierung Das Trägerholz ist mit einem dicken Leim bestrichen worden, in den ein mit den Perlen besticktes Leinengewebe eingedrückt ist. Die Motive wurden offensichtlich nach Kartons gearbeitet. Die Perlen sind in Reihen angeordnet, die, entsprechend des vorgegebenen Musters, aufgefädelt wurden. Dies ist eine Technik, die der des Perlstrickens ähnelt, bei dem die Perlen gemäß eines Musterkartons aufgefädelt und dann abgestrickt werden, wodurch sich dann das Motiv ergibt. An Schreibschrank und 138 Kommode ist die horizontale Linearität nur im Bereich von Konturlinien und aufrechten Musterpartien durchbrochen. Im Gegensatz hierzu wurden die Perlen an den Tischplatten als Farbflächen behandelt, gebildet unter Verwendung der bereits aufgefädelten, im Handel erhältlichen Perlenschnüre. Im Fall der Herstellung der Möbel in der Manufaktur Van Selow wäre diese Abweichung in der Produktionstechnik nicht nötig gewesen. Sowohl die Vogelskulpturen als auch die Urnen, die viele aufrechte und schwer zu dekorierende Teile besitzen zeigen deutlich, dass man mit diesem Problem in der bewährten Kittechnik durchaus umgehen konnte. Zwar ähneln die Motive des Schreibschrankes - dargestellt sind diverse Gartenlandschaften - den z. B. an der Urne verwendeten, doch ist die Ausführung weniger exakt und qualitätvoll. Die Himmel sind sehr buntfarbig, was bei Tischen mit dieser Art von Motiven nicht vorkommt. Man hat den Eindruck, als habe sich jemand zwar ähnlicher Vorlagen bedient, diese aber, entweder wegen der anderen Technik und/ oder wegen eines geringeren Verständnisses für die Art der Vorlage, nicht auf gleicher Qualitätsstufe umsetzen können wie Van Selow. Der Einsatz silbrig glänzender, transparenter Perlen an den abgeschrägten Seiten der Schreibkommode erinnert entfernt an die Wandverkleidungen im Glasperlenkabinett des Chinesischen Schlosses (1762-1768) von Schloss Oranienbaum in der Umgebung von St. Petersburg, die auch in einer textilen Technik gefertigt sind (Perlstickerei auf Seide, vgl. Kapitel 3.2). 139 Szenische Darstellungen auf Textil, mit Glasperlen versetzt oder ganz mit Glasperlen bestickt, findet man vor allem in England, wo diese Art der textilen Technik zur Ausbildung junger Damen gehörte. Es haben sich dort auch Kästchen erhalten, die eigens als Träger für die Stickereien angefertigt wurden. Jene sind allerdings kleinformatig und von daher nicht mit den Kommoden vergleichbar. Landschaftsdarstellungen, teils nach Gemälden, teils von der Stickerin selbst entworfen, sind bei dieser Art des Kunsthandwerks häufig anzutreffen. 307 Ihnen ist gemeinsam, dass sie keinen einheitlichen Maßstab aufweisen und dadurch nicht sehr naturalistisch wirken. Auch die Darstellungen auf der Kommode sind in der für den Schreibschrank beschriebenen Technik hergestellt. Im Gegensatz zu dieser sind sie aber nicht mit anderen szenischen Darstellungen bei Van Selow vergleichbar. Die Kommode hat zwei schmale Schübe unter der Platte, darunter zwei Türen, durch Leistchen horizontal in drei Teile gegliedert. Die jeweils rechte und linke Seite dieser „Schubkästen“ sind spiegelbildlich verziert. So wie die spezielle Technik, so weist auch diese Besonderheit in der Dekoration auf die Verwendung einer genauen Vorlage hin. Die Motive sind ländlicher Natur; es gibt keine höfischen Gartendarstellungen. Eine perspektivische Wirkung, erzielt durch die Verwendung eines zentralen Fluchtpunktes, den man bei Van Selow so oft findet, fehlt hier völlig. Die Darstellungen sind flächig angelegt und ohne nennenswerte Tiefenwirkung gearbeitet. 307 Swain (1994), s. z. B. S. 3, 7, 8, 9. 140 Die großen Unterschiede in der technischen Ausführung, wie auch die andersartige Auswahl und Gestaltung der Motive, lässt große Zweifel an der Zuordnung dieser Objekte zur Manufaktur Van Selow aufkommen. Aufgrund der stilistischen Ähnlichkeiten ist jedoch möglich, dass der Schreibschrank in Anlehnung an die Objekte der Corallenfabrik hergestellt wurde oder aus einem ähnlichen Vorlagenfundus schöpfte. Im Fall der Kommode lässt sich jedoch nicht einmal dies feststellen. Es stellt sich die Frage, welchen Grund solch eine grundlegende Abweichung von der bewährten Glasmosaiktechnik gehabt haben sollte. Zwar mussten beide Möbel nicht dem Anspruch an Wasserfestigkeit genügen, doch reicht das als Erklärung für die Andersartigkeit nicht aus. Im Gegensatz zu den meisten Objekten der Manufaktur muss es in diesem Fall eine in Umrissen und Farben detailgenaue Mustervorlage gegeben haben, nach der man die Perlen, die in Form, Größe und Farbe den normalerweise verwendeten nicht immer entsprechen, aufgefädelt hat. Das Ergebnis ist, was die Oberflächenbeschaffenheit angeht, wenig überzeugend da nicht eben und einheitlich und von erheblich schwächerer Wirkung als bei den anderen Objekten der Manufaktur Van Selow. Hinzu kommt, dass diese Technik mit Sicherheit sehr zeitaufwendig war und die Möbel somit nicht in Massenproduktion herzustellen waren. Dise steht im Widerspruch zu den meisten Objekten der Corallenfabrik, die, soweit sich das heute rekonstruieren lässt, zum überwiegenden Teil in Kleinserien hergestellt wurden. 141 4.1.6 Bodenvasen Die Van Selow zugeschriebenen beiden Bodenvasen im Städtischen Museum Braunschweig, scheinen sich auf den ersten Blick von den anderen Objektgruppen abzuheben. Die äußere Form ist sehr schlicht, leicht gebaucht und nach unten konisch zulaufend. Sie sind aus Ton gearbeitet und mit Kitt bedeckt, in den dann eine Anzahl unterschiedlicher Materialien eingedrückt wurden. Hierbei handelt sich um Werkstoffe, die von anderen Objekten schon bekannt sind: Muscheln, Schnecken, Perlmutter sowie Glasperlen in verschiedenen Größen (rund und länglich). Die Legetechnik entspricht derjenigen der Tische, geprägt von kräftigen Konturlinien in einer zur Füllung und zum Hintergrund kontrastierenden Farbe. Die Perlen der Farbflächen folgen parallel den Konturlinien bzw. bilden eigene Muster. Im Gegensatz zur Technik weist der Dekor nicht die von der Manufaktur sonst so geschätzten Rocaillen oder Landschaftsmotive auf. Vielmehr handelt es sich um eine rein geometrisch- abstrakte Ornamentik. Das untere Drittel der Vasen ist durch eine horizontale Perlenreihe vom Hauptmotiv getrennt und mit ungleichartigen rautenförmigen Kästchen verziert. Diese sind mit Perlen ausgefüllt und mittig durch einen größeren Glasstein betont. Der obere Teil der Vasenkörper zeigt herz- und blattförmige Elemente, begleitet von kleinen Blumen aus Muscheln und Perlmutterstückchen. Abb. 61 Bodenvase 142 Vasen aus China und Japan, wie auch in Europa hergestellte Nachempfindungen derselben, besitzen meistens einen Halsring und Deckel. Ob die Van Selowschen Vasen ursprünglich einen Deckel hatten, lässt sich nicht feststellen. Direkte Vergleichsbeispiele sind rar. Ähnliche Dekorelemente finden sich an einem Entwurf für ein Chinesisches Kabinett von Daniel Marot ca. 1700. 308 Auch sie weisen einen mit Rhomben verzierten Unterteil auf, während der obere Teil mit volutenartigen Schwüngen versehen ist. Es handelt sich in diesem Fall um eine zeichnerische Umsetzung des Dekors Japanischer Imari-Vasen. Diese Vasen dienten auch als Vorlage für Delfter Fayence-Erzeugnisse des 18. Jahrhunderts, welche in einigen graphischen Elementen eine Verwandtschaft mit Objekten aus der Corallenfabrik besitzen. Es ist durchaus möglich, dass Van Selow im Falle des Designs und der Herstellung der Vasen auf ältere Druckvorlagen und Muster zurückgegriffen hat bzw. ihm Japanische Vasen oder deren Nacharbeitungen in Fayence, wie sie z. B. in der Braunschweiger Fayence- Fabrik hergestellt wurden, direkt als Vorbilder zur Verfügung standen. 309 Gewisse Ähnlichkeiten lassen sich zudem mit Erzeugnissen aus einer anderen exotischen Gegend aufzeigen. In Sumatra entstanden im 18. Jahrhundert Zeremonial- Wandbehänge, die mit Glasperlen, Muscheln, Baumwolle und anderen Pflanzenfasern verziert sind. Es gab einen reichen Austausch von Materialien und Mustern zwischen europäischen Händlern und den Einheimischen der indonesischen Inseln, was zu der 308 Jacobsen (2001), S. 32, s. hier besonders die beiden vorderen Vasen im Kamin; vgl. auch Abb. eines Warenhauses für den Ost Indischen Markt, S. 21, wo sich eine große Anzahl von Vasen in verschiedenen Formen finden lässt. Einige von ihnen haben die beschriebene geometrische Einteilung des unteren Drittels. 309 Vgl. AK Sotheby’s (2005) Hanover House (Oktober 2005), Lot 3004 und 3031, Imari Vasen aus dem frühen 18. Jahrhundert, die sich im Besitz des Hannoveranischen Herrscherhauses befanden. Vgl. ebenfalls Eberle et al. (2005), S. 114 ff. 143 gegenseitigen Beeinflussung bei der Herstellung von Handwerkserzeugnissen führte. 310 Breite, klar konturierte Bandmotive aus parallelen Perlenreihen, wie auch Rautenmuster sind als Gemeinsamkeiten aufzuführen. Zwar erscheint das Ornament der Vasen ein wenig grob und wenig differenziert, macht aber trotzdem die klare Aussage, von einem exotisch- orientalisch-indianischen Gegenstand beeinflusst zu sein bzw. ihn zu repräsentieren. Genau darin und nicht in dem Bestreben die genaue Kopie eines einzelnen Objektes zu sein, scheint der Reiz für den Betrachter oder Käufer gelegen haben. 310 Michael Gunn (1995/96), S. 70 mit Abbildungen eines “Beaded Ceremonial Hanging“ (Accession No. 1990.335.28). S. auch http://www.metmuseum.org/Works_of_Art/collection_database/Ceremonial_Banner_Palep ai_Maju/ViewObject.aspx?depNm=all&pID=-1&kWd=Sumatra&OID=50009124&vW=- 1&Pg=1&St=0&StOd=1&vT=1 [aufgesucht am 21.01.2008] (Freundlicher Hinweis von Henning Schulze) 144 4.1.7 Raumausstattung Im Bowes Museum, Barnard Castle, Co Durham, England befindet sich ein Objekt, das in der Literatur dem Œvre Van Selows zugeschlagen wird. 311 Es ist dies eine mit Perlen in dunkler Kittmasse verzierte Schabracke, die, wie Verputzspuren an Oberkante und Seiten belegen, in eine Wandarchitektur eingebunden war. 312 Abb. 62 Linker Randabschluss der Schabracke Abb. 63 Mittelteil mit Maske Die Konstruktion besteht aus einem oder mehreren Brettern und ist oben und an den Seiten gerade, unten aber geschweift gearbeitet. Das zentrale Motiv ist ein männliches, bärtiges, reliefartig durchgearbeitetes Gesicht. Der Kopf ist mit einer Krone geschmückt und der Hals wird von einem Tuch abgedeckt. Von diesem Mittelmotiv gehen Ranken und Akanthusblattmotive aus, die durch große, hellblaue Glasperlen konturiert werden. In den Zwickeln finden sich abgegrenzte Segmente mit einem Gittermuster in Schwarz und Weiß. Die Perlen sind hier sowohl mit der Seite als auch mit dem Loch nach oben verlegt. Das Gesicht ist stark durchmodelliert mit ausgeprägten Wangenknochen und wulstigen Lippen. Die Perlen, die es bedecken, sind mit der Öffnung 311 Inv. Nr. FW 420. 312 In der englischen Literatur wird das Objekt als Pelmet bezeichnet. 145 nach oben verlegt, was sehr ungewöhnlich ist, dem Ganzen aber den Eindruck von Muschelwerk verleiht. Im Bereich der Lippen und der Krone ist die Kittmasse rot gefärbt. Es lässt sich keine Farbe auf den Perlen feststellen. Die Ranken sind mit größeren weißen Perlen konturiert und dann mit kleinen grünen ausgefüllt. Es lassen sich keine Fadenreste finden. Den oberen Abschluss des Brettes bilden Lambrequins mit kleinen Troddeln, an der geschwungenen Unterkante ranken Akanthusblätter und Voluten aus unterschiedlichen Perlarten. In regelmäßigen Abständen sitzen auf den Lambrequins, wie auch im Zentrum von Voluten dicke Häufchen von Kitt- oder einer anderen Masse. 313 In einem befindet sich noch eine Muschel, die mit der Außenseite nach oben in die noch feuchte Masse eingedrückt wurde. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Häufchen ganz mit Muscheln bedeckt waren, da sie alle entsprechende Einschnitte aufweisen. Wie bereits erwähnt besteht die Schabracke aus einer oder mehreren Eichenholztafel. Ein Riss deutet sich in der Mitte an. In Gegenfaserrichtung aufgenagelte Brettchen unterstützen die Konstruktion. Sie sind an der Unterkante beschnitzt und folgen so der Schweifung der Eichentafel. Die Basiskittmasse ist, wo sie nicht mit Perlen belegt ist, mit kleinen Löchern punziert. Sie erscheint wie mit einer grauen Paste überstrichen, in die zerstoßenes Glas eingestreut ist. Hierbei handelt es sich sehr wahrscheinlich um Teile der großen hellblauen Perlen. Auf diesen Hintergrund wurden die anderen Elemente unterschiedlich dick. Es lassen sich keine Spuren von hölzernen geschnitzten Modellierungshilfen oder 313 Es könnte sich um eine harzhaltige Masse handeln. 146 Unterkonstruktionen feststellen, andere Hilfsmaterialien sind aber möglich. Die Kittmasse hätte ansonsten zu dick aufgetragen werden müssen und hätte wahrscheinlich Schwundrisse ausgebildet. Die Hauptperlenfarben sind Weiß, Mittelgrün, Schwarz und Hellblau. Die Perlen haben unterschiedliche Größen und wurden auch in Kombination miteinander verwendet. So finden sich z. B. mit ihrer Öffnung nach oben verlegte blaue Perlen, deren Mittelloch mit Kitt und einer ebenfalls offen verlegten schwarzen Perle ausgefüllt sind. An der Oberkante des Brettes sind Spuren einer zementartigen Kittmasse zu sehen, die darauf hindeuten, dass das Objekt in einem architektonischen Zusammenhang angebracht war. Die Unterseite des Eichenbrettes ist rot bemalt, die Seiten zeigen Nagellöcher. Diese Konstruktionsspuren lassen es unwahrscheinlich erscheinen, dass die Schabracke als Teil eines Betthimmels eingesetzt war. 314 Auch ist die Breite zu gering für diesen Zweck (117 cm). Lediglich für die Dekoration eines Tagesbettes könnte das Brett verwendet worden sein. 315 Viel eher lässt sich ein Einsatz als oberer Fenster- oder Türabschluss annehmen, der als Blende für die Aufhängung von Vorhängen gedient haben kann. Vieles deutet darauf hin, dass die Schabracke aus einem Grottenraum stammen könnte. Sowohl die hellblauen Perlen, als auch die Muscheln und die an Muscheln erinnernde Verlegung der Perlen auf dem reliefierten Gesicht deuten auf das Element Wasser hin, das vielfach in Grotten 314 Betthimmel französischer Betten sind von der Decke abgehängt, oder über die Rückwand befestigt, aber nicht mit der Oberkante einzementiert. Vgl. z. B. Thornton (2000), S. 114. Anders ist dies bei einem lit à la polonaise, dessen Himmel kleiner als das Bett ist und dessen Vorhänge daher kuppelartig erscheinen. 315 Vgl. späte Beispiele bei Thornton (2000), S, 172-173. 147 eingesetzt wurde. 316 Die Kittmasse ist wasserfest, hätte also in einer Grotte verwendet werden können. Doch auch der Einsatz in einem „Chinesischen“ Zimmer könnte möglich sein. Eine Zeichnung von Christopher Huet, wahrscheinlich aus den frühen 1750er Jahren, zeigt ein ähnliches Architekturelement wie das hier behandelte, jedoch als Abschluss eines Spiegels in einem Raum, der mit „feuilles de Chinois“ verziert werden sollte. 317 Leider scheint das im Bowes Museum aufbewahrte Objekt das einzige seiner Art zu sein. Weder ließ sich eine weitere perlenverzierte Schabracke finden, noch ein Raum, der als Herkunftsort zu identifizieren oder zu vermuten wäre. 316 Auf diesen Aspekt wird in einem späteren Kapitel noch näher eingegangen werden. 317 Thornton (2000), S. 130, Nr. 164. 148 4.1.8 Muschelskulpturen 1755 als Muschelarbeiter bezeichnet, pries Johann Michael van Selow “auch einige von Seemuscheln verfertigte Kunststatuen“ an, „welche im Regen und der Luft beständig bleiben“. 318 Es muss sich in diesem Fall also um Skulpturen gehandelt haben, die für die Aufstellung im Freien gedacht waren. Anzunehmen ist, dass er eine den wasserabweisenden Tischplatten vergleichbare Technik verwendete, also Muscheln, die in eine Kittmasse gedrückt wurden. Die Verwendung von Muscheln als Dekorationsmaterial kommt auch an anderen mit Van Selow in Verbindung gebrachten Objekten vor, wie den Urnen, den Vasen im Städtischen Museum Braunschweig, oder an der weiter oben beschriebenen Schabracke im Bowes Museum. Mit Muscheln verzierte Skulpturen sind jedoch bisher noch nicht mit seinem Namen in Verbindung gebracht worden. Im Nationalmuseum in Kopenhagen werden zwei Muschelskulpturen 319 aufbewahrt, die sowohl in Technik als auch den verwendeten Materialien den oben aufgelisteten Kriterien genügen. 1919 wurden sie im Zoologischen Museum gefunden und von dort ins Nationalmuseum transferiert. Laut Inventareintrag kamen sie eventuell aus dem „Holstenske Palae“ in Stormgade in Kopenhagen. Ein Hersteller ist nicht bekannt. Mit Van Selow wurden sie bisher nicht assoziiert. 318 Braunschweiger Anzeigen, 10. Stück, 4.2.1756, Spalten 167- 168 und 11. Stück, 7.2.1756, Spalte 184. 319 Inv. Nr. D 9802. 149 Abb. 64 Muschelskulpturen mit Sockeln, Nationalmuseum Kopenhagen Es handelt sich um zwei weibliche Figuren jeweils auf einem Sockel stehend. Eine Figur hält einen mit der Öffnung nach unten gerichteten Krug, aus dem Wasser ausströmt, die andere wird von einer Taube und einem Pfau begleitet. Beide Skulpturen, wie auch die Sockel, bestehen aus einem Weichholzkern, der gänzlich mit einer Kittmasse bedeckt ist. In diese Masse eingedrückt ist eine Vielzahl von Materialien, wie Muscheln, Schneckengehäuse, Glassteine, Glasperlen, Halbedelsteine, Glimmer, 150 Porzellanstückchen und Perlmutter. Je nach Körperteil, Haarschmuck, Accessoire oder Dekorationselement sind diese Materialien gezielt ausgewählt und eingesetzt worden. So bestehen die Körper aus Muscheln, die Gesichter hingegen wurden mit auf Fäden gezogenen Glasperlchen modelliert. (Abb. 65) Kleidung ist aus Kittmasse aufgebaut und mit Glimmer bestreut. Einzelne Elemente sind farbig hervorgehoben, wie Lippen oder Nasenlöcher. Die Farbe wurde auf die Kittmasse aufgetragen und dabei teilweise auch die Perlen überstrichen. Die Sockel bestehen aus grob zusammengefügten Holzteilen. Die Ecken sind abgeschrägt. Das dabei exponierte Hirnholz ist kein guter Haftgrund für die Kittmasse, was zu großen Verlusten der Dekoration mit Schneckengehäusen in diesen Bereichen geführt hat. Die untere Profilleiste ist auf Gehrung gearbeitet und scheint lediglich angenagelt zu sein. Den oberen Abschluss bildet eine durchgehende Platte. Die Sockel sind großflächig dekoriert. Eine Art Rahmung wird durch plastisch vorstehende Scherben verschiedener Porzellanschalen, große Muscheln, Steine und Glasstücke gebildet. Die Porzellanstücke könnten von zwei bis drei verschiedenen Objekttypen stammen. Einige Scherben weisen Famille rose Dekor auf, andere hingegen eine blaue Malerei auf weißem Grund. Innerhalb dieses Rahmens sind großzügig angelegte Rankenmuster zu erkennen, die aus großen opaken schwarzen Perlen und blauen transluziden Glasstücken gebildet werden. Hier sind viele Verluste zu beobachten. Reparaturen wurden mit einer grauen, epoxydartigen Masse ausgeführt, was das Erscheinungsbild der Dekoration empfindlich stört. Der Hintergrund besteht aus mit Glimmer bestreuter Kittmasse. 151 Abb. 65 Muschelskulptur mit Wasserkrug, Detail, Gesicht mit Perlen belegt 152 Abb. 66 Detail, Seitenansicht Wen stellen die Figuren dar und welchem Zweck dienten sie? In der Literatur werden die beiden Skulpturen lediglich als „weibliche Figuren“ bezeichnet, 320 doch lassen sich nach Betrachtung der Attribute doch genauere Angaben machen. Eine mögliche Interpretation ist, dass es sich um Personifikationen von Lastern handelt. Sowohl der Pfau, als auch der umgedrehte Wasserkrug gelten als entsprechende Attribute und symbolisieren Stolz/Hochmut und 320 Ausstellungskatalog (1985) Neptun’s Cabinet, Abb. S. 7. Loch zum Durchstecken einer Transportstange 153 Müßigkeit/Faulheit. 321 Eine andere Theorie ist, die beiden Skulpturen als Personifikationen von Elementen, nämlich Wasser und Luft zu sehen. 322 Beide Interpretationsansätze lassen vermuten, dass die Figuren Teil einer größeren Gruppe ähnlicher Skulpturen sind. Eventuell waren weitere Exemplare geplant und kamen nie zur Ausführung. Es gibt in Kopenhagen jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass noch mehr Muschelstatuen dieser Art bestanden haben. Vieles deutet auf eine mobile Aufstellung der beiden Objekte hin. Sowohl die Figuren als auch die Sockel weisen durchgehende Löcher gleichen Durchmessers auf, die bei der Herstellung entstanden. (Abb. 66) Kittmasse und Muscheln sind an diesen Bohrungen nicht beschädigt, sondern sorgfältig um sie herum geführt. Man kann annehmen, dass sie dazu dienten, Stöcke aufzunehmen, die den Transport an einen anderen Ort erleichtern sollten. Figuren und Sockel konnten separat befördert werden, was diesen Vorgang aus technischer Sicht und auch im Hinblick auf das Gewicht, sehr erleichtert haben muss. Man könnte sich durchaus die Aufstellung in einer Grotte oder einer Orangerie vorstellen. Beide Umgebungen weisen eine hohe Luftfeuchte auf, was die Anforderung an die Dekorationsgegenstände erhöhte. Die Aufstellung von Statuen in Gärten und besonders in Grotten war durchaus keine Seltenheit. Beliebte Motive waren mythologische Darstellungen und Szenen aus der antiken 321 Der Pfau kommt immer wieder im Zusammenhang mit Personifikationen des Hochmuts vor. vgl. hierzu z. B. aus der Emblemdatenbank der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek: http://diglib.hab.de/drucke/xb-6550/start.htm [aufgesucht 27.08.2007], Proscenium vitæ humanæ siue Emblematvm Secvlarivm, Ivcvndissima, & artificiosissima varietate Vitæ Hvmanæ & seculi huius deprauati mores, ac studia peruersissima : Versibvs Latinis, Germanicis, Gallicis & Belgicis ita adumbrantium ... / Johann Theodor de Bry. - [Electronic ed.]. - Franckfurt : Fitzer, 1627. 322 Diese Interpretation folgt Philippovich (1966), S. 446. 154 Götterwelt wie Poseidon, Venus und Amor, aber auch religiöse Anspielungen wie die büßende Hl. Magdalena. 323 Neben den offenkundigen Unterschieden zu anderen, besser bekannten Objektgruppen der Corallenfabrik, gibt es große Gemeinsamkeiten in Aufbau, Gestaltung, Materialien und Technik, die eine enge Verwandtschaft, wenn nicht eine Urheberschaft Van Selows nahelegen. Technisch bilden die beiden Skulpturen ein Bindeglied zwischen der Schabracke aus dem Bowes Museum, den beiden Urnen und den Papageien. Sie kombinieren die Verwendung von Muscheln, Stein und Glimmer in Kittmasse auf Holz mit der von den Tischen und den Papageienskulpturen her bekannten Glasperlentechnik. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass auch die Papageiskulpturen in Braunschweig Glimmer und Glassteine aufweisen. Auch bei ihnen findet sich aufgemalte Farbe auf den Perlen, hier wie dort zur Akzentuierung eingesetzt. Ein Vergleich mit anderen Muschelskulpturen macht die Unterschiede innerhalb dieser Gruppe von Kunstobjekten deutlich und bindet die Kopenhagener Skulpturen noch enger an die mit Van Selow assoziierten Objekte. Drei Muschelstatuen, von denen sich zwei in Oberwesel und die dritte in Laxenburg befinden, stammen wahrscheinlich aus einem der Lusthäuser im Laxenburger Schlosspark und waren dazu gedacht, eine Hofgesellschaft in Erstaunen zu setzen. Die vollplastischen Darstellungen des Hl. Kasimir und der Hl. Barbara wurden von Brigitte Hartmann restauriert und auf ca. 323 Als Beispiele seien hier nur die folgenden Abbildungen angeführt. Härting et al. (2000), S. 238, Kat. Nr. 39, S. 243, Kat. Nr. 43. 155 1770 datiert. 324 . Beide Statuen bestehen „aus einem massiven Lindenholzkern, auf den eine rotbraune, harzhaltige Masse aufmodelliert wurde. In diese sind Muscheln, Schneckenhäuser und Perlmuttstücke europäischer und exotischer Herkunft eingedrückt, welche Textilmuster, Felle und andere Dekore imitieren.“ Anders als bei den Skulpturen in Kopenhagen, lassen sich keine Glasperlen finden, hingegen Metallplättchen, die in der Werkstatt Van Selows nicht verwendet wurden. Auch die Kittmasse scheint anders zu sein. Bei den Laxenburger Figuren basiert sie auf Harzseifen 325 und ist von rotbrauner Farbe während die Muschelskulpturen aus Dänemark die von den Van Selowschen Objekten her vertraute, hell beige „steinerne“ Masse aufweisen. 326 Die Laxenburger Figuren setzen die verschiedenen Materialien auf eine unterschiedliche Weise ein. Oftmals wurden die einzelnen Elemente separat bearbeitet, ehe sie in die Kittmasse eingedrückt wurden. Nur wenige Gewandteile sind mit Glimmer bestreut. Die Gesichter und die Hände der Laxenburger Skulpturen sind bemalt 327 , während die Gesichter der Kopenhagener Figuren von Glasperlen in verschiedenen Farben mit vereinzelten farbigen Akzenten gebildet werden. Auch wenn sich nur wenige mit Muscheln verzierte Skulpturen aus dem 18. Jahrhundert erhalten haben, so lassen sich doch grundlegende Unterschiede in ihrer Gestaltung, der Technik und den Materialien 324 Hartmann (1994), S. 279-292, sowie Koller (1997), S. 556-559. 325 Vgl. hierzu Hartmann (1994), S. 284. Es handelt sich wohl um eine Mischung aus Tonerde, Quarzen und Ziegelmehl mit Harzseifen. Frau Hartmann vermutet die Anwesenheit von Pech, Harzöl oder ungereinigtem Ozokerit. 326 Vgl. hierzu Van Selows Anzeige in Braunschweiger Anzeigen, 10. Stück, 4.2.1756, Spalten 167-168 und 11. Stück, 7.2.1756, Spalte 184. 327 „Die Inkarnate auf einem mehrschichtigen Kreidegrundaufbau sind in ihrer Mischung gleich. Hier kommt Bleiweiß und Zinnober vor.“ Hartmann (1994), S. 287. 156 feststellen. Im Gegensatz zu den Laxenburger, weisen die Kopenhagener Skulpturen in vielen Details große Ähnlichkeiten mit Van Selowschen Objekten auf. Hierzu gehört die Kombination bestimmter Materialien, wie Glasperlen, Glassteinen, Perlmutter, Muscheln und Konchilien, die Technik des Eindrückens aufgefädelter Rocailleperlen in eine helle, relativ dünne, harte Kittmasse auf Nadelholz, wie auch die partiellen farbigen Akzentuierungen, die auf die Kittmasse und die Perlen aufgetragen wurden. Wenn eine Zuschreibung auch nicht mit letzter Sicherheit ausgesprochen werden kann, so sind die großen Ähnlichkeiten jedoch durchaus überzeugend und stellen die Skulpturen in einen direkten Bezug zu anderen Erzeugnissen der Van Selowschen Manufaktur. Eine genaue naturwissenschaftliche Analyse der Materialien könnte hier weitere Ansatzpunkte liefern. 328 328 Die Untersuchung der Skulpturen konnte nur makroskopisch durchgeführt werden. Eine Analyse der Kittmasse und der Perlen könnte sehr aufschlussreich sein. 157 4.2 Motive: Ikonographie, Vorlagen In diesem Kapitel werden die Dekorations- Motive der Objekte der Manufaktur Van Selow, weitgehend losgelöst von der Funktion der Stücke, als Ornament betrachtet und analysiert. Hierbei sollen die stilistischen Charakteristika, Vorlagen sowie ikonographische Fragestellungen behandelt werden. Es wird der Versuch unternommen, eine Aussage über den kunst- und kulturhistorischen Stellenwert der Objekte und ihrer Dekoration zu treffen. 4.2.1 Ranken und Rocaillen Rocaillen werden oft als Muschelwerk beschrieben. „Es ist die Manie, mit Muschelwerk, muschelähnlichem Ornament gleichsam in einem horror vacui das zu überspinnen und auszufüllen, was eine Krise des Architektonischen an Lücken öffnete“ 329 Die Begriffe „rocaille“ und „rocailleur“ tauchen zuerst am Beginn des 17. Jahrhunderts auf. Im Französischen bezeichnet das Wort „un morceau de minéral, pierre, caillou de forme tourmentée, que l’on utilise, avec des coquillages, pour construire des grottes artificielles, des décorations de jardin“. 330 Die Verbindung von Rocailleformen mit den Gestaltungselementen von Grotten ist evident. Oft erinnern sie nicht nur an Muscheln, sondern an herabtropfendes Wasser oder Stalaktiten, Gesteinsformationen, durchdrungen von Vegetation. In seiner „Explication des termes d’architecture“, erschienen im Jahr 1691, definiert Augustin- Charles 329 Bauer (1962) in der Einleitung zu seinem Buch über die Herkunft und das Wesen der Rocaille, S. I. 330 Zitiert nach Racine (2001), S. 55- 56. 158 d’Aviler den Begriff „rocaille“ folgendermaßen: “Composition d’Arcitecture Rustique qui imite les Rochers naturel, et qui se fait de pierres trouées, des coquillages, et de pétrifications de diverses couleurs, comme on en voit aux grottes, bassins et fontaines.“ 331 Rocaillekartuschen und Blattranken finden sich hauptsächlich an den rechteckigen Tischen Van Selows, den Konsoltischen, den Spieltischen und an den Gestellbeinen der Urnen. Die runden Tische weisen Rocaillen nur als Rahmen für Papageiendarstellungen auf. Ein ovaler Tisch mit Rocaillen, kombiniert mit einer blumengefüllten Vase hat sich ebenfalls erhalten. 332 Es lassen sich verschiedene Rocaille-Designs feststellen, die jeweils an mehreren Objekten zum Einsatz kamen. Die Motive der Rocailleserien scheinen auf zumindest in der Kontur detailliert ausgearbeiteten Vorlagen zu basieren. Die Abweichungen in der Grundgestaltung des Hauptmotivs innerhalb einer Objekt- Gruppe sind zu gering als dass man eine komplett freie Verlegung der Perlen annehmen könnte. Die Unterschiede beschränken sich auf die farbliche Zusammensetzung der Perlen, den genauen Verlauf der die Farbflächen füllenden Perlstränge und die mehr oder weniger breite Gestaltung des Randes. Es gibt keine Rocailleformen, die jeweils nur an kleinen oder nur an großen Tischen eingesetzt worden wäre. Das Muster wurde einfach durch einen mehr oder weniger breiten Randstreifen dem Außenmaß der Platte angepasst. Dies deutet sehr stark auf die Verwendung von Vorlagen hin, wenn auch deren Übertragung auf die Platte noch nicht befriedigend geklärt werden kann. (s. Kapitel 5.5) Es 331 Racine (2001), S. 57- 58. 332 AK Christie’s (2006), Lot Nummer 921, Tilt-Top Table aus deutschem Privatbesitz 159 ist stark anzunehmen, dass die bei Van Selow verwendeten Muster-Blätter das jeweilige Motiv in der Originalgröße abbildeten. Wahrscheinlich gab es Vorlagemappen, in denen sich eine Reihe von graphischen Blättern oder freien Zeichnungen aus unterschiedlichen Zusammenhängen befand. Bekannt ist solch ein „Scrapbook“ von Gideon Saint, einem Schnitzer von Rahmen im London des 18. Jahrhunderts. 333 In seiner Vorlagensammlung, die er zwischen 1763 und 1768 zusammenstellte, mit 360 numerierten Seiten und 520 Illustrationen, befanden sich ausgeschnittene und eingeklebte graphische Blätter oder Seitenteile aus Pattern Books z. B. von Lock und Copland oder Johnson’s „Collection of Designs“ 334 , die er mit darauf basierenden oder davon inspirierten eigenen Zeichnungen ergänzte. Dieses Buch legte er wohl Kunden vor, die sich daraus ein Motiv aussuchen konnten oder benutzte es, um Ideen festzuhalten oder weiterzuentwickeln. „The Museum’s scrapbook illustrates how one craftsman cut up, among other things, English and French pattern books and rearranged their illustrations in a single volume from which his clientele could choose whatever designs pleased them.” 335 Es ist anzunehmen, dass es sich bei dieser Art der Vorgehensweise nicht um einen Einzelfall gehandelt hat, sondern dass sie allgemein üblich war. Hermann Bauer spricht mit Erstaunen von dem einheitlichen Kanon, der sich im Bereich der Rocaille ausbildete und geht auf die entscheidende Rolle des Vorlagewesens, vor allem in Augsburg, Nürnberg und München ein. „Breite und Tiefe des Style rocaille wird illustriert durch J.J. Preislers 333 Heckscher (1969), S. 299-311. 334 Vgl. Heckscher (1979), Mathias Lock brachte einige Musterbücher mit Designs in Rokokoornamentik heraus. Thomas Johnson’s Collection of Designs erschien in London in 1758. 335 Heckscher (1969) S. 299. 160 Nützliche Anweisung Rocailles richtig nachzuzeichnen..., eine Sammlung von Vorlageblättern, in denen der Versuch einer naiven akademischen Lehrmethode gemacht wird. Diese ist insofern völlig naiv und im Titel zu anspruchsvoll, als die Blätter sich nur dadurch von anderen Vorlagestichen unterscheiden, als der Zeichenvorgang im Offenlassen des Entstehungsprozesses gezeigt wird.“ 336 Offensichtlich wurde in der Manufaktur Van Selow in der Regel mehr auf Vorrat und seltener nach Auftraggeberwunsch gearbeitet. Daher kam es also wohl nicht sehr häufig vor, dass man für einen Kunden ein spezielles Motiv ausarbeitete. Trotzdem war es für einen Betrieb dieser Art unerlässlich, einen Fundus von Vorlageblättern und Zeichnungen zu besitzen und daraus schöpfen zu können. Bei Tischplatten der Manufaktur Van Selow lassen sich ca. 16 unterschiedliche reine Rocailleornamente festmachen. In den meisten Fällen bilden längsrechteckig orientierte Kombinationen von C-Schwüngen und Rocaillen eine Art Rahmen oder Kartusche um ein freies Mittelfeld oder ein Mittelmotiv, das selbst wieder aus Rocaillen oder aber aus Papageien, Früchten, einem Füllhorn, Schuppenmuster, angedeuteter Architektur oder Blumen gebildet sein kann. 336 Bauer (1962), S. 57. 161 Abb. 67 - 74 162 Abb. 75 – 78 Die Rocaillen sind häufig breit und „fleischig“, mit Durchbohrungen versehen und perspektivisch gestaltet. Dieser Eindruck wird durch Überschneidungen erzielt, wie auch durch die bewusste Gestaltung der Ranken mit farblich nuancierten Perlen, die eine dreidimensionale Wirkung intendiert. Oft wachsen aus den Rocaillen Ästchen, Blätter und Blumen. Im Fall des Einsatzes mit Papageien kann sich aus der Rocaille auch ein kirschbesetzter Ast entwickeln. Neben den fleischigen kommen auch sehr schlanke, spitzovale, herabtropfend erscheinende Formen vor. Die Ranken sind meistens mit einer vom Grundton abweichenden Farbe konturiert, was ihnen eine sehr graphische Note gibt. Die Motive sind zum großen Teil auf eine Ansichtsseite hin ausgerichtet, die immer eine der Längsseiten ist. 163 Vielfach entwachsen die Rocaillen einer Art Basis im Zentrum oder der linken Hälfte der Ansichtsseite und entwickeln sich von dort aus zu den Seiten und zur Mitte hin weiter. Selten ist ein Dekor so gleichmäßig verteilt, dass sich keine Basis ausmachen lässt. Oft schweifen die Motive an den Ecken hin aus und betonen damit die geschwungene äußere Form der Tischplatten. In den meisten Fällen wird die Rocaille als eine Art Begrenzung verstanden, die einen Rand und ein Innenfeld voneinander separiert. Diese können unterschiedlich gestaltet sein, entweder mit verschiedenen Farben, oder ein Element gestreift, das andere unifarben. Selten schwebt die Rocaille auf einem einheitlich gestalteten Hintergrund. Sowohl die einzelnen Entwürfe, als auch deren Ausführung weisen qualitative Abweichungen auf. Manche Tischplatten erscheinen ausgewogen und mit einem organisch wachsenden Dekor versehen, andere Motive haben wenig Tiefe und füllen den ihnen zur Verfügung stehenden Platz nicht optimal aus. Dies kann darauf hindeuten, dass nicht alle Entwürfe von einer Person stammen, sondern dass mehrere Personen über die Jahre in diesen Prozess involviert waren. Hinzu kommt. dass je nach Erfahrung oder Vermögen des Perlenlegers und/oder vielleicht auch der gerade zur Verfügung stehenden Auswahl an Perlen, die Rocaillen manchmal sehr plastisch und manchmal eher als unförmige, teigige Masse erscheinen. Die Auswahl der Farben spielt in Bezug auf die Plastizität natürlich auch eine Rolle, es ist jedoch nicht feststellbar, ob dies in jedem Fall eine Entscheidung der Manufaktur oder nicht vielmehr des Kunden war, der vielleicht einen Tisch wollte, der zu einem bestimmten Kaffe- oder Teeservice oder anderen Teilen der Einrichtung passte. 164 Muschelwerk, das die Betonung einer Schauseite aufweist, findet sich auch als Dekor an Objekten anderer Materialgruppen. Porzellanteller und – vasen zeigen häufig eine Dekoration, die den Rocaillen Van Selows nicht unähnlich ist. Besonders Fürstenberger Porzellan, das reliefierte Rocaillerahmen mit bemaltem Mittelfeld zeigt, kann hier zum Vergleich herangezogen werden. Auch hier finden sich neben den breiten, gestreift strukturiert oder durchbrochenen C-Schwüngen auch feinere farnartige Blattranken, letztere aus den ersteren erwachsend, durchwoben von Blätter und Blüten oder Früchte tragenden Ästchen. 337 Die Kombination von C-Schwüngen, breiten Rocaillen und naturalistischen Formen lässt sich auch an Braunschweiger Silber wiederfinden. Hier sind die Motive aber geschlossener und kompakter angelegt, vergleichbar mit den im „Book of Shields“ von John Lock gezeichneten Entwürfen. Manche Elemente bei Van Selow sind auch mit Augsburger Vorlagen vergleichbar. Hier seien stellvertretend die Serien von Rokoko-Elementen des Zeichners Georg Michael Roscher erwähnt, die bei J. G. Hertel in Augsburg zwischen 1740 und 50 erschien 338 wie auch eine Serie von acht Blatt Muschelornament ohne Füllung von Johann Michael Feichtmeyer (1709–72) aus der Zeit um 1750 339 oder Radierungen mit Rocailleaufbauten von Franz Xaver Habermann (1721- 1796). 340 Es findet sich in diesen Serien die bei Van Selow häufig anzutreffenden Kombinationen von fleischigen Rocaillen mit Durchbrechungen, denen Blütenäste oder farnartige Blätter entwachsen, 337 Vgl. Einige Beispiele im Ausstellungskatalog “Braunschweiger Rokoko”, Eberle et al. (2005), S. 133, 135, 136, linke Abbildung und S. 139; alle aus der Zeit zwischen 1753 und 1760. 338 Berliner, Egger (1981), Abb. 1353. 339 Berliner, Egger (1981), Abb. 1374– 1381. 340 Krull (1977), Abb. 4 und 5 Blätter 1 und 2 der Folge Nr. 51 aus dem Verlag Joh. Georg Hertel. Staatsgalerie Stuttgart, Inv. Nr. Bd. 131. 165 (Abb. 79-82) wie auch Lösungen für das Designproblem, Kartuscheninnenfelder mit Inhalt zu füllen. 341 Abb. 79 Detail von Abb. 78 Abb. 80 Rokoko-Ornament von Roscher, Detail N. 83 Abb. 81 Detail von Abb. 71 Abb. 82 Rokoko-Ornament von Roscher, Detail No.83 Die Ähnlichkeiten der Dekore Van Selows mit Porzellan- oder Silberornamentik bedeutet nicht, dass man sich der entsprechenden Objekte als Vorlagen bedient hätte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die verwendeten Ornamentvorlagen von den Designern der unterschiedlichsten Gegenstände genutzt wurden und die Ergebnisse deshalb in vielen Fällen ähnlich ausfielen. Sie entsprachen dem damaligen Zeitgeschmack und damit Kundenwunsch. Es war bis jetzt nicht möglich, 341 Siehe hierzu auch die Habermann Beispiele in Völkel (2001), S. 47- 48, Nr. 27 und 28, die aus anderen Serien als den oben erwähnten stammen und die ebenfalls Vorstufen für die Zeichnung von Rocaillen zeigen. Diese bestehen aus reinen Konturlinien, wie sie auch für die zeichnerischen Vorlagen der Van Selow Werkstatt anzunehmen sind. 166 eine einzige Vorlage zu finden, die in allen Details umgesetzt wurde. Dies ist auch eher unwahrscheinlich, da anzunehmen ist, dass der Motiventwerfer der Corallenfabrik eine künstlerische Umsetzung oder Verarbeitung/Veränderung der graphischen Ornamentblätter vornahm, wenn er sie nicht sogar gänzlich selbst zeichnete. Wie bereits erwähnt finden sich Elemente der Rocaillen Van Selows auch in außerdeutschen Vorlagewerken, unter anderem solchen aus England. Die von dort stammenden Ornamentbücher scheinen sich großer Beliebtheit und Verbreitung erfreut zu haben, wie man an den mehrfachen Neuauflagen erkennen kann. Einige der verwendeten Motive, wie der architektonische Unterbau als Sitzfläche für einen Vogel, oder auch die Tropfenelemente lassen sich in Ornamentbüchern, die zwischen 1748 und 1768 erschienen sind, finden und deuten damit den zeitlichen Rahmen an, in dem sie modern waren. Abb. 83 Tischplatte mit Vogelmotiv, Celle Abb. 84 Detail eines Spiegels von Mathias Lock Abweichungen von den für die Tee- und Kaffeetische beschriebenen Gestaltungsmustern, lassen sich an den Spieltischen feststellen. (Abb. 33- 35) Hier sind in erster Linie Blattranken eingesetzt, die in ihrer Anordnung der besonderen Form und Funktion der Tische Rechnung tragen. Ausgehend von den Vertiefungen für Spielmarken oder Geld, entwickeln sie sich in die rund vorstehenden Ecken einerseits und zur Fläche hin 167 andererseits. Auf der Mittelfläche bilden sie so zwei sich kreuzende diagonale Linien aus Ranken, bzw. eine dominierende Diagonale, die von einer Astranke umwunden wird. In manchen Fällen sind Spielkarten in den vier verschiedenen Farben in den Dekor integriert. Wie auch bei vielen der rechteckigen Tische formen die Ranken eine Begrenzung. Der äußere Rand wurde bei allen bisher bekannten Spieltischen mit alternierenden Farben gestaltet, während der Mittelteil einfarbig ist. 4.2.2 Papageien und andere Vögel Viele Tische aus der Manufaktur sind mit Papageien, Kakadus und einer Art einheimischem Vogel mit spitzem Schnabel geschmückt. Abgesehen davon haben sich, wie bereits in Kapitel 4.1.3 erwähnt, zwei Papageienskulpturen erhalten. Diese Tiere unterscheiden sich in ihrer Haltung, der Kopfdrehung, der Ausrichtung zum Betrachter wie auch in den Farben, die für das Federkleid, die Krallen und die Schnäbel eingesetzt wurde. Ein großer Teil der papageienartigen Vögel hat ein grünes Federkleid, mit roten und gelben Partien an den Flügeln und am Schwanz, doch auch blaue Varianten kommen vor. Sie sitzen auf einer Blattranke, wenden sich nach links oder rechts bzw. neigen sich nach vorne, um eine Frucht mit dem Schnabel zu ergreifen. Der Form nach handelt es sich um eine Kirsche, die Farbe entspricht allerdings nicht immer dem botanischen Vorbild. Es lassen sich Tische finden, die, was die Ausrichtung der Vögel 168 und Detailentsprechungen im Muster angeht, als Paar gedacht gewesen sein könnten. Abb. 85 Detail einer Tischplatte mit Papagei Abb. 86 Konsoltischplatte mit Kakadu Kakadus, charakterisiert durch ihren Kamm, lassen sich im Werk der Manufaktur ebenfalls finden, doch bis jetzt lediglich auf Konsoltischen. Nur zwei Tischplatten sind bekannt, auf denen ein kleiner Vogel mit spitzem Schnabel zu sehen ist. Die Darstellung ist zu unspezifisch als dass sich die Vogelart genau bestimmen ließe, jedoch handelt es sich nicht um einen Papagei sondern eher um eine einheimische Variante, ähnlich einer Amsel. (Abb. 83) Seit dem 16. Jahrhundert gab es dank des holländischen Handels mit exotischen Tieren wie auch mit anderen naturhistorisch interessanten Curiosa, Papageien und andere Vögel aus fernen Ländern in Europa. 342 Gesammelt und zur Schau gestellt wurden sie größtenteils in Naturalienkabinetten und Menagerien. So besaß z. B. Rudolf II. am Ende des 16. Jahrhunderts in Prag einen zoologischen Garten, in dem sich unter anderem ein Dodo befand. Im 17. Jahrhundert entwickelt sich die 342 De Groot (1999), S. 8. 169 Bedeutung exotischer Vögel als Statussymbol für die reicheren Bevölkerungsschichten. Zusätzlich nahm das Interesse an Ornithologie zu und man sammelte auch aus diesem Grund die verschiedenen Vogelarten aus aller Herren Länder. „Men beschouwde het bijeenbrengen van vogels van over de hele wereld daarbij ook als een reconstructie van de vroegere paradijselijke toestand van vóór de Zondeval.“ 343 Papageien wurden auf niederländischen Gemälden des 17. Jahrhunderts gerne zur Darstellung der Fleischeslust und, befanden sich die Vögel in einem Käfig, unterdrückter Sexualität eingesetzt. „Wie im Deutschen, meint auch im Niederländischen vogelen nichts anderes als eine umgangssprachliche Metapher für die körperliche Liebe.“ 344 Papageien tauchen immer wieder dann auf, wenn es um Erotik geht, „unmoralische“ Angebote, sowie Tugend und Laster im Allgemeinen. Nicht von ungefähr „sind die gezähmten Vögel Symbol für die Erziehung zu Fügsamkeit und Gelehrigkeit.“ 345 Neben der sexuellen Deutung des Papageis gibt es auch völlig andere ikonographische Ansätze. Im 13. Jahrhundert wurde er als Mariensymbol gesehen, da sein grünes Federkleid nicht, wie das Grün der Pflanzenwelt, im Regen nass würde. Auch könne er „Ave“ sagen, den Gruß an Maria. Die Fähigkeit des Papageis, die menschliche Rede nachzuahmen, wurde manchmal positiv gesehen, doch war man sich der Gefahr des peinlichen Nachplapperns bewusst. 346 Auch in der chinesischen Symbolik wird der Papagei ambivalent gesehen. Er kann Klugheit bedeuten, oder, in Zusammenhängen wie „ein Papagei 343 De Groot (1999), S. 5. 344 Nobis (1992), S. 12. 345 Dittrich (1992), S. 23. 346 Zerling (2003), S. 227. 170 lade zum Tee ein“ käufliche Liebe bedeuten. „Ein Abbild dieses Vogels, dezent präsentiert, konnte untreue Ehefrauen verwarnen.“ 347 Zwar verschwinden im 18. Jahrhundert zahme Vögel und andere Sinnbilder aus den Gemälden, der Papagei erfreut sich aber im Kunstgewerbe weiterhin großer Beliebtheit. Auf aus China importiertem Porzellan dargestellt, hier auch oftmals mit Kirsche im Schnabel, wird er auch in die europäische Lack-, Fayence- und Porzellanmalerei sowie in Pietra Dura übertragen. 348 Wie bereits weiter oben erwähnt, sind ovale Teetische am Anfang des 18. Jahrhunderts gerne mit großen Papageien in Lackmalerei verziert. Neben der Tatsache, dass der Papagei für das Exotische schlechthin steht und damit ein passendes Motiv für die ebenfalls exotische Mode des Tee- oder Kaffeetrinkens darstellt, kann auch seine warnende Bedeutung eine Rolle spielen. Es waren in erster Linie Frauen, die sich beim häuslichen Teetrinken trafen. An sie kann die Warnung vor dem Plappern gerichtet sein. Detaillierte Abbildungen von exotischen Vögeln und anderen Tieren finden sich in vielen naturhistorischen Arbeiten des 18. Jahrhunderts. An dieser Stelle sei die „Natural History of Uncommen Birds, and some other Rare and Undescribed Animals, Quadrapeds, Reptiles, Fishes, Insects &c.” von George Edwards (1694- 1773) erwähnt. Die hier abgebildeten Papageien und Kakadus sitzen auf Ästen und manche von ihnen halten Früchte im Schnabel oder mit den Krallen. Edwards schuf diese sehr erfolgreiche Serie von kolorierten Zeichnungen nach einem Studium der Kunst in Holland 347 Zerling (2003), S. 227. 348 Auch heute zeigt sich noch die enge Assoziation des Porzellan mit seinem Ursprungsland in der englischen Bezeichnung „China“ für Geschirr aus diesem Material. 171 und einem Selbststudium in Naturwissenschaften. 1733 wurde er zum “Librarian to the Royal College of Physicians” ernannt. Edwards Arbeiten hatten einen sehr großen Einfluss auf die Künstler des 18. Jahrhunderts, nicht zuletzt durch ihre Verbreitung als Stichfolge durch Johann Michael Seligmann, einem Stecher und Kunsthändler in Nürnberg, der die Papageienfolge herausgab. Abb. 87 Papagei von George Edwards, ca. 1761 Abb. 88 Fächerpapagei, G. Edwards, 1743-1751 Der Papagei mit Kirsche ist bereits seit der Mitte des 17. Jahrhunderts ein sehr beliebtes Motiv im Kunsthandwerk. Tafeln mit Papageien sind eingebunden in Augsburger Kabinettschränke 349 , italienische Sakralwerke 350 und andere Objekte 351 . Er ist z. B. im ca. 1729 entstandenen „Florentiner Zimmer“ von Schloss Favorite in Rastatt 349 Giusti (2005), S. 136, Abb. 111/ 112. 350 Giusti (2005), S. 138, Abb. 113, Hochaltar aus der Corbarelli Werkstatt, nach 1681. 351 Ebd. S. 151, Abb. 124. 172 anzutreffen, wo er in Pietra Dura-Technik aus verschiedenen Steinsorten gearbeitet ist. 352 Dreidimensionale Umsetzungen in Form von Papageien- und Kakaduskulpturen wurden von den führenden Porzellanmanufakturen, wie z. B. Ludwigsburg oder Meißen in großer Zahl hergestellt. Bedeutende Sammlungen dieser Skulpturen befinden sich in der Wrightsman Collection des Metropolitan Museums 353 und im Schloss Ludwigsburg. 354 Es haben sich einige Fälle erhalten, in denen die Papageien nicht als Einzelskulptur behandelt sind, sondern in Objektgruppen eingebunden wurden. So z. B. bei Toilettgarnituren. Im Musée du Louvre befindet sich eine Garnitur von Porzellangegenständen aus der Sammlung Marie- Antoinettes, zu der, neben Wasserkannen und einem Tischbrunnen für Parfum auch ein Paar Papageien gehören. 355 Porzellan-Papageien wurden auch in Gegenstände des täglichen Gebrauchs integriert. Ein Beispiel ist ein Kerzenleuchter aus Meißen, bei dem eine Papageiskulptur von fünf Bronzearmen umgeben ist, die in Kerzentüllen enden und mit Porzellanblumen besetzt sind. Die Basis bildet ein aus ziselierter, vergoldeter Bronze gebildeter Rocailleuntersatz. 356 352 Rossi (1979), Abb. 86 und S. 154, wie auch Giusti (2005), Abb. 130 mit einer kompletten Wandansicht. Die Tafeln aus Pietra Dura sind in die Wandverkleidung aus Holz eingefügt worden. 353 Dautermann (1970) mit sehr vielen Beispielen für Papageien und Kakadus, auf einem kirschbehangenen Ast bzw. Baumstumpf sitzend, oder eine Kirsche im Schnabel haltend. 354 Landenberger (1980), S. 53-54: Ludwigsburg besitzt lebensgroße Papagei- und Kakaduskulpturen, auf Baumstümpfen mit Kirschen und Melonen sitzend. Hergestellt wurden diese Skulpturen für das 1767 in Planung befindliche Chinesenhaus auf der Solitude. 355 Jarry (1981), S. 216 f. 356 Jarry (1981), S. 216. 173 Porzellanpapageien sind in der Regel naturalistischer gestaltet, als die auf den Van Selowschen Tischplatten abgebildeten Vertreter der Spezies, doch sind letztere immer noch problemlos als Papageien oder Kakadus identifizierbar. Da sie in Haltung und Farbgebung nicht sehr variiert sind, kann man von der Verwendung weniger Vorlagen ausgehen. Scheinbar geht es Van Selow in diesem Fall mehr um den exotischen Vogel als Typ, als um die Darstellung einer spezifischen Gattung. Die Mode der Papageien mit Kirsche hält sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Noch um 1770/80 wurde in der Fayencemanufaktur Hörisch in Dresden eine Deckelvase mit eben diesem Motiv bemalt 357 und auch heute noch ist diese Form der Dekoration sehr beliebt. Van Selow lag mit der Darstellung von Papageien voll im Trend der Zeit lag. Vögel dieser galten als Sinnbild für das Exotische schlechthin und waren dadurch traditionell häufig verwendetet Motive für Teetische. Sprichwörtliche Anspielungen bzw. Warnungen vor Lastern der ein oder anderen Art wurden ebenfalls mit ihnen assoziiert, was sie zu beliebten Dekorationen in Boudoirs und Salons werden ließ. Van Selows Papageienskulpturen weisen direkte stilistische Bezüge zu Porzellanskulpturen und Umsetzungen von graphischen Vorlagen in Stein 357 Ausstellungskatalog (1996) Kunstgewerbemuseum in Schloss Pillnitz, Meisterwerke des 18. und 19. Jh., Dresden, S. 88, Abb. 52. Abb. 89 Papagei, Volkstedt/Thüringen 174 (Pietra Dura) auf. Ihre Aufstellung als Schrankaufsatz ist nicht auszuschließen. An den Schäden des Papageis im HAUM kann man ablesen, dass die Fragilität der Perlskulpturen einem Überdauern von Jahrhunderten nicht zuträglich war. Dies kann einer der Gründe dafür sein, dass sie sich in geringerer Anzahl erhalten haben als Tischplatten. 175 4.2.3 Chinesen In der Manufaktur Van Selow wurden einige Tischplatten hergestellt, die mit asiatisch gekleideten Personen verziert sind. Die männlichen Figuren tragen meist gelbe, spitze Hüte und ein kimonoartiges, gegürtetes Gewand mit langen herabfallenden Ärmeln. Sie haben Spitzbärtchen, und die Rückseite des Halses bedeckende Haare. Die beiden einzigen erhaltenen weiblichen Gegenstücke haben eine mit Blumen und Bändern verzierte Aufsteckfrisur und tragen ein langes Kleid mit langen Ärmeln, darüber eine perlenverzierte Weste und um die Hüften eine üppige Schärpe. Die Figuren sitzen in einem boot- oder wagenartigen Gebilde, das von Rocaillen getragen und eingerahmt wird. An der Vorderseite ist es mit einer geschwungenen Schabracke oder Schürze versehen. Aus den c- geschwungenen, breiten und durchbrochenen Rocaillen wachsen Blütenäste, die den verbleibenden Raum füllen. Das Boot ist dreidimensional gestaltet, so dass es glaubwürdig erscheint, dass eine Figur in ihm sitzt. Seine Ausrichtung ist diagonal, mit hochgezogenem, spitz zulaufendem, an der Spitze nach innen schwingendem Heck. Die seitliche Armlehne führt über eine geschwungene Fußauflage hinweg. Abb. 90 Chinese, Privatbesitz Hannover Abb. 91 Chinesin, Privatbesitz Hannover 176 Sowohl männliche als auch weibliche Figuren benutzen diese Stütze, um ihre Füße in einer Schrittstellung darauf zu positionieren. Hinter den Chinesen, ungefähr in Kniehöhe wächst eine Rocaille heraus, die sich fast kreissegmentförmig zur unteren, vorderen Ecke hin entwickelt. Die zweite Rocaille entwächst dem Unterboden des Bootes und schwingt hinter dessen Heck aus und wieder zurück. Es ergibt sich damit eine offene Achtform, in deren Schnittpunkt die Figur in ihrem Sitz thront. Die Grundflächen der Tischplatten sind einfarbig gestaltet und nicht, wie bei Rocaillen, in einen Rahmen und eine Mittelfüllung unterteilt. Das Motiv bekommt hierdurch etwas Schwebendes. Die Perlen sind so weit wie möglich linear verlegt und folgen dem äußeren Verlauf der Tischplatte mit den passig gearbeiteten Ecken. Chinesen- Darstellungen finden sich sowohl auf rechteckigen Tischen, als auch auf Konsoltischplatten. Ovale oder runde Platten mit diesem Motiv konnten bisher noch nicht gefunden werden. Wie auch die Rocaillen und die Papageien, sind diese Darstellungen auf eine Schauseite hin angelegt. Bereits bei den Papageien konnte die Bildung von Paaren festgestellt werden, auch hier lässt sich Ähnliches vermuten. Während alle bisher gefundenen Asiaten nach rechts ausgerichtet sind, blicken die weiblichen Figuren nach links. Der Einfluss Chinas auf die angewandten Künste Europas war sehr groß. 358 Ausgehend von Reiseberichten mit Darstellungen des Lebens in China, 358 Vgl. Jarry (1981), mit vielen Beispielen für die Übertragung chinesisch/ orientalischer Motive in das Kunstgewerbe Europas. 177 entwickelte sich an europäischen Höfen eine Chinamode und eine Vorliebe für Exotisches, die sich unter anderem im Sammeln von Porzellan, einer Entwicklung der Lackmalerei und in der Darstellung exotisch gewandeter Figuren in Gegenständen des täglichen Lebens widerspiegelt. Hierzu zählen Chinesen auf Porzellan, an Spiegeln, Feuerböcken, als Kerzenhalter oder als lebensgroße Skulptur. Chinesen, die seitlich gelagert in Andeutungen von Architektur oder anderen geschwungenen Sitzmöglichkeiten angeordnet sind, lassen sich unter anderem in Entwürfen für Spiegelrahmen und Girandolen, wie auch an Kaminböcken wiederfinden. Französische Feuerböcke waren an europäischen Höfen recht beliebt. Ein Zentrum des Bronzegusses im 18. Jahrhundert war Paris, wo unter anderem der Dresdener Hof einkaufte. 359 Zwei interessante Vergleichsbeispiele aus diesem Kreis, die neben der Beliebtheit des Sujets auch Ähnlichkeiten in der Positionierung zeigen, befinden sich im Musée du Louvre in Paris. 360 Sie sind als gegenläufiges Paar gearbeitet. Der eine Feuerbock trägt eine männliche, der andere eine weibliche Figur. Beide sitzen auf geschwungenen, architektonisch anmutenden Konstruktionen, aus denen fleischige Blattranken erwachsen, die sich hinter den Figuren kreisförmig entwickeln. In der Mitte des 18. Jahrhunderts sind es vor allem die englischen Vorlagenbücher, die eine solche Art der Einbindung von chinesischen Figuren in Möbelornamentik verbreiten und weiterentwickeln. Besonders im Spiegelrahmendesign kommen vergleichbare chinoise Elemente immer wieder vor und lockern dort den architektonischen Aufbau der Rahmen auf. Bei Lock und Copland, deren Ornamentbücher stilbildend waren, sind 359 Ausstellungskatalog (1996), Kunstgewerbemuseum Dresden in Schloss Pillnitz S. 78. 360 Jarry (1981), S. 214. 178 die Chinesen, wie bei Van Selow, durch ein kimonoartiges Gewand, einen spitzen, runden Hut sowie ein Bärtchen charakterisiert. 361 In Darlys „New Book of Chinese Designs“ von 1754 findet sich sogar ein behüteter Chinese in einem kleinen Wagen mit schrägen Seitenflächen sitzend. Auch hier handelt es sich um einen Spiegelentwurf. 362 Abb. 92 Spiegelrahmen von Darly 1754 Wie schon bei den Papageien festgestellt, greift Van Selow mit den Darstellungen asiatischer Personen die allgemein verbreitete und beliebte chinoise Formensprache seiner Zeit auf. Seine Umsetzung zeigt die Figuren nicht stark bewegt oder plastisch gestaltet. Ganz im Gegenteil sind sie in ihrer klaren Seitenansicht als eher starr zu bezeichnen und erscheinen durch dunkle Konturlinien und Binnenzeichnungen mehr graphisch als malerisch. Sie galten aber im dritten Viertel des 18. Jahrhunderts immer noch als moderne Motive. Sie stehen in engem Zusammenhang mit der Benutzung der Platten als Teetische und wurden 361 Heckscher (1979), Plate 25. 362 Gilbert (1975), Plate 83, dieses Motiv folgt wohl der Kupferstichserie “Figures Chinoises” von François Boucher und ist auch auf anderen Objekten verwendet worden. Siehe hierzu Guratzsch (2003), S. 261. 179 als Stellvertreter für das Land eingesetzt, aus dem die Teeblätter nach Europa gebracht wurden. 4.2.4 Geometrische Muster Nur wenige Tischplatten haben sich erhalten, deren Ornamentik einem streng geometrischen Schema folgt. Es handelt sich zum einen um ein an die Kissenfüllung einer barocken Schranktür erinnerndes Motiv, zum anderen um ein Schuppenmuster. Im ersten Fall entsteht der Dekor durch die strenge Aufnahme und Weiterführung der Außenkante der Platte durch Perlenreihen, die in Farbverläufen oder kontrastierend eingesetzt werden. Abläufe von hellen zu dunklen Farben werden geschickt eingesetzt, um räumliche Tiefe zu erzeugen. Kontrastfarben grenzen diese Bereiche voneinander ab. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Muster von außen nach innen gelegt wurde, da es sich sehr genau an der Plattenkontur orientiert. Abb. 93 „Kissen“-Motiv, BLM Abb. 94 „Kissen“-Motiv, Kunsthandel Formal ist dieses Motiv noch sehr dem Spätbarock verhaftet, das Farbschema der Perlen weicht jedoch nicht von dem sonst von Van Selow verwendeten abweicht. Licht- und Schattenwirkung werden durch die 180 Verwendung von opaken und transluziden Perlen erzielt, die das Licht auf unterschiedliche Arten brechen und reflektieren. Die so genannten „Braunschweiger Schränke“ des 18. Jahrhunderts, die den Vorschriften der Tischlergilde folgen, weisen in der Form vergleichbare, durch Profilleisten gegliederte Türfüllungen auf. Die Ecken der Füllungen sind abgeschrägt. Parallel verlaufende Profile greifen diese Schrägen auf und entwickeln sich sternförmig nach innen hin. Ein gutes Beispiel hierfür ist der von Andrea Winter besprochene Schrank von ca. 1730, der sich im Städtischen Museum Braunschweig befindet. 363 Ganz im Gegensatz hierzu, orientiert sich das Fischschuppenmuster überhaupt nicht am Verlauf der Außenkante der Tischplatte. 364 Auch die Größe und Ausrichtung der Einzelschuppen ist nicht auf die Breite und Länge des vorhandenen Raumes ausgerichtet. Die Schuppen sind alle gleich aufgebaut, mit einer weißen Konturlinie, gefolgt von dunkleren Farben, von hell nach dunkel verlaufend. Dieses Schuppenmuster wurde auch in eines der Rocaillemuster integriert. Dort füllt es die Mittelkartusche aus und wurde, um es der geschwungenen Form anzupassen, gestreckt und verdreht (vgl. Abb. 70). Gleichförmige, geometrische Formen sind im Rokoko vielfach verwendet worden, doch handelt es sich meistens um gitter- oder netzartige Muster. 365 Schuppenmuster scheinen erst ab den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts aufgekommen zu sein. Beispiele aus unterschiedlichen 363 Eberle et al. (2005), S. 82, Kat. Nr. 34. 364 Ein Tisch dieser Art war im Kunsthandel auffindbar (Auktionshaus Esch, Düsseldorf). Sein jetziger Standort ist nicht bekannt. 365 Drei Beispiele bei Guratzsch (2003), S. 259-261. 181 Materialgruppen seien hier zum Vergleich herangezogen. Gottlieb Friedrich Riedel entwarf um 1765 Porzellan mit Schuppenrelief für die Ludwigsburger Manufaktur. 366 Auch am so genannten „großen Tafelservice“ (1763- 68), das im Auftrag Herzog Carls I. hergestellt und dessen Kernbestand auf Windsor Castle aufbewahrt wird, lässt sich ein Schuppenmuster wiederfinden. 367 Weder hier noch dort allerdings ist es farbig gestaltet, sondern ein rein weißer Reliefdekor, teilweise mit Blumen bemalt. Zum anderen fand dieses Motiv an Textilien Verwendung, doch auch hier nicht durch Farbe binnendifferenziert. 368 Lediglich Konturlinien sind farblich vom Hintergrundgewebe abgesetzt. Schuppenmuster sind noch bis zum Ende des Jahrhunderts als Dekorationselemente eingesetzt worden. So finden sich Schuppen- und Gittermuster z. B. auf zwei Fayencevasen aus Hannoversch Münden von ca. 1790. Beide Male sind sie in ähnlicher Weise farblich differenziert, wie bei den Van Selowschen Tischplatten. 369 4.2.5 Landschaften Einige Objekte der Manufaktur Van Selow sind mit Architektur- bzw. Landschaftsmotiven verziert. Es lassen sich zwei Hauptmotive feststellen, die bis jetzt nur auf ovalen Tischplatten nachzuweisen sind. Eine weitere Parkvedute findet sich auf den Urnen und ein ähnliches Motiv auf der Schreibkommode im Städtischen Museum Braunschweig. 366 Landenberger (1980), S. 25, 49-50. 367 Vgl. Walz (1999), S. 103 f., sowie S. 36-42. 368 Lutze (1989), S. 126. 369 Schandelmaier (1993), Kat. Nr. 105 und 106, S. 145– 146 (hier sind auch weitere Vergleichsstücke aufgelistet). 182 Anders als in der Porzellanlandschaftsmalerei mit ihrem malerischen Charakter, wirken die Motive Van Selows sehr graphisch, starr, und formelhaft. Zum Teil hat dies sicher mit der Perlenverlegetechnik zu tun, die bewegte Formen nur bis zu einem gewissen Grad zulässt, zum anderen aber auch mit der speziellen Ausformung und Van Selows Umsetzung von graphischen Vorlagen aus diesem Bereich. Beide Tischmotive sind auf die Vertikalstellung der Platten hin konzipiert und lassen sich am besten in dieser Form betrachten. Sie sind symmetrisch aufgebaut und zentralperspektivisch angelegt, mit dem Fluchtpunkt im oberen Drittel der Platte. Das eine Motiv, eine Gartenlandschaft (Typ A), zeigt einen Ausschnitt einer barocken Parkanlage im französischen Stil, auf den man in Vogelschau blickt. 370 Den vorderen bzw. unteren Abschluss bildet ein Stück Mauer, das von einem zweiflügligen Gittertor unterbrochen wird. Eingerahmt wird dieses Tor von zwei profilierten Pfeilern mit je einer Kugel als Bekrönung. Hinter diesem Tor breitet sich eine Art Allee aus. Den Mittelpunkt bildet ein geschwungenes Wasserbassin, in dem sich ein grottenartiges Steingebilde erhebt, aus dem eine Fontäne schießt. Das Wasser fällt zweistrahlig in ein kleineres Wasserbecken, von dem aus es 370 Wolfgang Schepers: Darmstädter Gärten des 18. Jahrhunderts, in Huber (1980) Band 1, S. 314 ff. Abb. 95 Gartenlandschaft (Typ A) 183 sich in das Bassin ergießt. Umgeben ist dieses Wasserspiel von Blumenrabatten, die durch Rankenmuster in einer anderen Farbe angedeutet sind. Seitlich und in die Tiefe entwickeln sich arkadenartige Laubengänge mit Tunnelgewölben. Deren Innenkonstruktion aus Gitterlatten ist deutlich zu erkennen. Sie öffnen sich zum Mittelteil hin mit Rundbögen. Den hinteren Abschluss bildet ein oktogonaler, wohl begrünter Bau mit kuppelartigem Dach aus Gittern, bekrönt von kleinen Bäumchen und einer abschließenden Vase. Versatzstückhaft sind in diese Anlage weitere Bäumchen in unterschiedlichen Formen hineingesetzt. Das zweite Tischmotiv, ein Garten mit Architektur im Hintergrund (Typ B), ist ebenso streng aufgebaut, wie die erste Variante. Ein quadratisches Wasserbecken mit vier Bäumchen an den Ecken bildet den unteren Abschluss. In diesem Becken befindet sich eine quadratische Insel mit ebensolcher Architektur. Es handelt sich um einen, sich nach den vier Seiten hin rundbogig öffnenden Pavillon, mit kegelförmigem Dach. Im Wasserbecken schwimmen Vögel, wahrscheinlich Schwäne. Dieses Wasserbecken ist umgeben von Rabatten mit Schachbrettmuster in kontrastierenden Farben. Im Zentrum jeder Rabatte erhebt sich ein Baum oder pyramidenförmig gestutzter Strauch. Die ungefähre horizontale Mitte bildet ein Gitterzaun mit Stützen und einem rundbogig geschweiften Tor. Abb. 96 Park mit Architektur (Typ B) 184 Hinter diesem kann man in der Ferne ein Wasserbecken mit geschwungenem Grundriss erkennen. Aus einem kleinen Steinhügel in seiner Mitte erhebt sich eine Wasserfontäne. Seitlich begleitet wird das Bassin von Grünstreifen mit Bäumen. Im Hintergrund erhebt sich eine U- förmige Palastanlage. Die Seitenflügel sind über schräge Aufgänge zu erreichen, die von der Mittelachse der Anlage ausgehen. Horizontal gelagert ist eine Mauer zu sehen, in die eine antik anmutende Portalarchitektur eingefügt ist. Man kann deutlich die Dreiteilung im Unterbau erkennen. Darüber erhebt sich ein mit Rundfenster versehener Dreiecksgiebel auf einer Reihe von fünf Fenstern. Hinter der Mauer sind noch zwei Reihen von Bäumen zu sehen, die sich perspektivisch in die Ferne entwickeln. An den Tischplatten beider Motivgruppen sind Abweichungen in der Gestaltung zu beobachten. Sie betreffen die Farbgebung und Details in der Ausführung. So gibt es sehr einfach gestaltete Varianten, die wenig Binnenzeichnung aufweisen und im Gegensatz dazu ausgesprochen detailliert ausgeführte Motive, in denen Architekturdetails sehr klar zu erkennen sind. Die für die Renaissance so typische Beschäftigung mit der Antike führte neben der Entdeckung der antiken Architektur und Skulptur auch zu einer Auseinandersetzung mit den Gartenanlagen der damaligen Paläste. Die Gärten Italiens fanden Nacheiferer im Norden Europas, unter anderem in den südlichen Niederlanden. 371 Es kam zur Entwicklung des „Lust- Prinzips“ im Garten, zu einer Vereinigung von Nutzen, Lustbarkeit und 371 Härting (2000), S. 3 ff. 185 Repräsentation. Es ist insbesondere der Belvedere Hof (1550 vollendet) in Rom, dessen axiale Ausrichtung und symmetrische Ordnung der Anlagenteile zum Vorbild für barocke Gartenplanungen der kommenden zwei Jahrhunderte wurde. „Durch perspektivisch aufeinander abgestimmte Elemente von Terrassen, Freitreppen, Rampen und Exedren komponierte er eine Einheit von Architektur und Gärten, die sich in der Folgezeit zunehmend durchsetzte.“ 372 Auch Ansichten der Villa d’Este in Tivoli aus dem 16. Jahrhundert zeigen bereits viele Elemente, die als typisch für Gärten des 18. Jahrhunderts gelten, Pavillonarchitekturen, Brunnen mit Wasserspielen, Spaliere und Skulpturen. Auch der 1583 in Antwerpen erschienene, illustrierte Traktat „Hortorum Viridariorvmqve elegantes & multiplicis formae“ von Hans Vredeman de Vries (1527–1606). Es widmet sich ausschließlich der Theorie und Gestaltung von Gärten und ist mit Radierungen von Idealentwürfen geschmückt. 373 Es ist diese Art von Gartendarstellung aus der Vogelperspektive mit zentraler Perspektivachse, die auch im 18. Jahrhundert gerne von Architekten verwendet wurde, um ihren Auftraggebern einen möglichst anschaulichen Einblick in ihre Pläne und Ideen zu geben und die auch die Architektur- und Gartenansichten der Van Selowschen Tische prägt. Detailgenaue Aufrisse wurden ebenso angefertigt wie Darstellungen der gesamten Schlossanlage in Vogelschau- Perspektive. 374 Es gibt im frühen 18. Jahrhundert viele Beispiele für dreiflüglige Architekturanlagen, ähnlich denen der Tische Typ B. Auch seitliche Aufgänge zu den Seitenflügeln lassen sich finden. Meistens sind die 372 Michael Rohde in: Härting (2000), S. 14. 373 Erik A. De Jong in: Härting (2000), S. 37–47. 374 Ein gutes Beispiel hierfür ist z. B. die perspektivische Gesamtansicht des Neubauprojektes für Schloss Weißenstein bei Kassel von Louis Remy de la Fosse von 1710 in: Wolf (1980) Band 2, S. 62/ 63. 186 Anlagen nach vorne durch ein Gitter abgeschlossen, das durch profilierte Pfeiler unterbrochen wird. Es ist durchaus möglich, dass der für Van Selow arbeitende Gestalter sich solcher Architekturzeichnungen bediente und sie nach seinen Vorstellungen und dem ihm zur Verfügung stehenden begrenzten Platz umformte. Es wurde die Vermutung geäußert, dass es sich bei den Van Selowschen Motiven um Darstellungen des Schlosses Salzdahlum handle. Dies lässt sich nicht erhärten. Es lassen sich mit graphischen Darstellungen von Salzdahlum nicht mehr Gemeinsamkeiten und Übereinstimmungen finden, als mit vielen anderen Beispielen im Bereich der Schlossarchitektur. Doch ist die Aufnahme und Verarbeitung von Architekturmotiven aus Braunschweig, Hannover und den angrenzenden Gebieten nicht ganz auszuschließen. Es ist jedoch nicht unbedingt das Formenrepertoire der Architektur aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, das bei Van Selow Verwendung findet, sondern eher das der frühen Jahrzehnte desselben. So kann man z. B. gewisse Ähnlichkeiten zwischen der Gartenlandschaft mit Architektur (Typ B, Abb. 96) und dem Landständehaus in Hannover finden. 375 Diese gehen jedoch über die gemeinsame Verwendung von Architekturmotiven nicht hinaus. Für Hannover Herrenhausen entwarf de la Fosse Gartenpavillons (1707/ 08), die ebenso wie der Pavillon der ersten Gartenlandschaft (Typ A) achteckig sind und in einer Kuppel abschließen. Es ist durchaus möglich, dass Motive, wie 375 Wolf (1980) Band 2, S. 77. Abb. 97 Spielmarkenkassette 187 z. B. die dort dargestellten Vasen auf dem Gesims, vom Designer der Corallenfabrik Van Selows missverstanden und als kleine Bäumchen interpretiert wurde. 376 Die Herrenhausener Gartenanlage ist auch auf Objekten aus anderen Materialien abgebildet worden. Es sei an dieser Stelle auf die Darstellung auf der Innenseite des Deckels der Spielmarkenkassette „Herrenhausen“ hingewiesen. Die Schachtel wurde im Jahre 1732 von C.F.V. Hering in London gefertigt. 377 Das Deckelmotiv ist eine Darstellung der Allee an der Graft mit eben dem von Remy de la Fosse entworfenen Gartenpavillon nach einem Kupferstich von Joost van Sasse. Die Darstellung perspektivischer Gärten an Möbeln ist keine Seltenheit. Antwerpener Kunstschränke aus dem 17. Jahrhundert z. B. zeigen Landschaftsdarstellungen auf Schubladen und Türen. 378 Ein weiterer Bestandteil dieser Kabinette waren die so genannten Perspektiven oder Spiegelkammern. Hierbei handelte es sich um Guckkästen, die auf eine Weise konstruiert waren, dass bei geöffneten Türen Spiegelungen hervorgerufen wurden. Auf der zentralen Rückwand der Perspektiven befinden sich oft Gärten. „Diese Gärten stellten eine Allee mit Laubbäumen in Perspektive dar. Nach hinten verlief die Allee in eine triumphbogenförmige Torkonstruktion und einen Laubengang aus.“ 379 Ria Fabri führt weiter aus, dass eine Erklärung für diese Art der Darstellung 376 Ebd. S. 75. 377 Historisches Museum Hannover, Inv. Nr. 35295, s. a. Renton (1999), Fig. 16, 17, S. 60- 61 und Rauch (1998) im Katalogteil der unveröffentlichten Diplomarbeit. Die Kassette ist auch beschrieben bei Rohr (1985), S. 44, nr. 1.18. 378 Dieser Abschnitt folgt im wesentlichen Ria Fabri, „Blumenhöfe“ und „Lustgärten“ - Antwerpener Kunstschränke und Garteninventare, in: Härting et al. (2000), S. 129–134. 379 Ebd. S. 133. 188 darin liegen kann, dass für den Betrachter sowohl der Garten selbst, wie auch die gemalte Ansicht, Orte des Vergnügens, Träumens und der Illusion sein konnten, Räume, in denen man Perspektive erleben konnte. Dies machte das Perspektivbild zum „giardino secreto“, in dem er seine Phantasie spielen lassen konnte. Die Anlage beider Gartenlandschaften bei Van Selow entspricht der eines französischen, d. h. regelmäßigen, künstlichen Gartens im Gegensatz zum englischen, unregelmäßigen, natürlichen Stil. 380 In den meisten Fällen an einen Palast anschließend, besitzen diese Gärten eine oder mehrere Haupt- und Nebenachsen und sind symmetrisch angelegt. Gerne verwendete Elemente und Materialien waren „Broderieparterres (broderie = franz. Stickerei) aus Buchs und farbigen Materialien, wie gestoßenen Ziegeln, Eisenfeilspänen, Kies usw., gebildeten Ornamenten mit einer umlaufenden Paltebande de Fleur (Blumenpflanzungen).“ 381 Auch sieht man Kleeblattbecken, Trèfles genannt, mit Wasserfontainen, Heckenbosquets in unterschiedlichen Formen, sowie Kübelpflanzen und gestutzte Buchsbaumpflanzen. Diese Elemente lassen sich zu verschiedenen Mustern und Gartendesigns zusammensetzen. Auch in den beschriebenen Glasperlenmosaiken wurden sie verwendet und kombiniert. So findet man immer wieder Kleeblattbecken, Broderieparterres und farbig ausgeführte, von niedrigen Buchsbaumhecken eingefasste Beete. Einfacher gestaltet sind die Landschaften auf den beiden Urnen (Abb. 54) und dem Schreibschrank (Abb. 60). Auch sie sind symmetrisch mit 380 Wolfgang Schepers: Darmstädter Gärten des 18. Jahrhunderts, in Huber (1980) Band 1, Anm. 27. 381 Ebd. S. 315. 189 Mittelachse angelegt. Die konkave Form der Urnenkörper scheint die Anordnung der Elemente erschwert zu haben. Im Vordergrund kann man jedoch den Ausschnitt eines kleeblattförmigen Bassins erkennen, in den ein Schwan aus Perlmutter plaziert ist. Hinter diesem erhebt sich eine Wasserfontäne. Seitlich erkennt man Hecken, die auf einen viereckigen Pavillon ausgerichtet sind, der sich zum Betrachter hin mit einem Rundbogen öffnet und mit einer Kuppel abgeschlossen ist. Zwar sind die Darstellungen auf einen Fluchtpunkt hin ausgerichtet, doch stimmt die optische Wirkung trotz allem nicht ganz. Es ist dem Entwerfer oder Ausführer nicht gelungen, den Pavillon an der perspektivisch richtigen Stelle, hinter die Fontaine zu positionieren. Sie erscheint zu hoch und stört dadurch die Tiefenwirkung der Darstellung. Die Parkausschnitte auf der Schreibkommode sind perspektivisch richtig konstruiert. Die Schreibklappe wird von einer breit angelegten Szene eingenommen. Mittig findet sich ein viereckiges Wasserbassin mit Mittelfontaine und Schwänen im Vordergrund. Seitliche Buchsbaumhecken und Bäume leiten den Blick in die Tiefe auf eine Mauer hin, die mittig von einem Gebäude unterbrochen wird. Dieses hat einen Mittelteil, der sich über die beiden Seitenteile erhebt, ein großes Rundportal aufweist und ein Dach besitzt. Beide Türen zeigen die gleiche Ansicht einer terrassierten Anlage. Der Betrachter wird über eine geschwungene Treppenanlage zum Hauptniveau geleitet. Hier findet man wieder die schon vertraute Anlage mit einem Wasserbassin, seitlichen Laubengängen und einem Pavillon im Hintergrund. Dieser zeigt eine rundbogige Öffnung und ein kuppelförmiges Dach, von einer Laterne mit abschließender Vase bekrönt. Nur auf diesen 190 beiden Landschaftsdarstellungen finden sich Bäumchen in Blau geringelten Töpfen. Keine höfische Parklandschaft, sondern eine ländliche Ansicht findet sich auf dem Deckel der Tabaksdose aus dem Städtischen Museum Braunschweig. (Abb. 45) Im Zentrum, eingerahmt von Bäumen, befindet sich eine kleine Kirche mit Türmchen. Links davon sieht man eine Turmarchitektur, mit der Kirche durch entweder eine Art von Brücke, oder einen Zaun verbunden. Ähnliche kleine Häuser sind auch auf den Urnen zu finden, dort aber aus Perlmutter gesägt und graviert. Hinter ihnen schaut eine Person heraus, die in keinem maßstäblichen Verhältnis zu den Gebäuden steht. (Abb. 53) Im weitesten Sinne gehört auch die Ruinendarstellungen der bereits in einem anderen Zusammenhang behandelten Teedose zu den Landschafts- bzw. Architekturansichten. (Abb. 43) Auf blauem Hintergrund schwebend, erhebt sich auf einer Erdscholle eine elongierte Architektur in ruinösem Zustand, eingefasst von Vegetation. Ruinendarstellungen haben eine sehr lange Tradition und waren besonders in englischen Gartenanlagen ein beliebtes Motiv. Im Kunstgewerbe des 18. Jahrhunderts sind sie in den unterschiedlichsten Materialien umgesetzt worden, wie fayencenen Wandblakern 382 oder deren französisch-englischen Gegenstücken, den 382 Schandelmaier (1993), Kat. Nr. 63, S. 116 aus der Braunschweiger Fayencemanufaktur, um 1760. Abb. 98 Wandblaker, Braunschweig, um 1760 191 Girandoles aus Metall oder vergoldetem Holz, im dritten Viertel des 18. Jahrhunderts in großer Stückzahl entworfen von Lock und Copland oder Thomas Johnson. 383 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich der Designer der Van Selowschen Manufaktur in Bezug auf Architekturelemente, weitgehend auf das Formenrepertoire des früheren 18. Jahrhunderts stützt. Seine Landschaften und Architekturen, bis auf die Ruinendarstellung, zeigen keine ausgeprägten Rokokoornamente oder bilden gar die sich im späten 18. Jahrhundert immer mehr durchsetzenden englischen Gartenanlagen ab. Während sich bei den Rocaillemotiven der Tische eine Lösung von dem Prinzip der Symmetrie zugunsten einer freien Ausgestaltung der Fläche andeutet, lässt sich an den Gartenlandschaften nicht dergleichen feststellen. Da es eine große Übereinstimmung in der Ausarbeitung von Objekten gibt, die entweder mit dem Motiv des Typs A oder Typs B verziert wurden, kann man davon ausgehen, dass in diesem Fall die Vorlagen sehr detailliert waren und dem Verleger der Perlen lediglich Freiraum im Farbeinsatz oder der Gestaltung des Himmels gegeben haben. Dies hat seine Entsprechung in der genauen Ausarbeitung der erwähnten Architekturveduten, die problemlos an das Medium des Glasperlenmosaiks angepasst und übernommen werden konnten. Die Ausschnitthaftigkeit der Veduten auf 383 Abbildungen findet man bei White (1996), S. 381-387 Abb. 99 Gartenvedute von Habermann 192 den Klapptischen, die Überschneidung der Motive durch den Plattenrand, lässt sich ebenfalls bei graphischen Blättern dieser Motivgruppe feststellen. An dieser Stelle sei eine in einen Rocaillerahmen eingestellte Gartenallee, entworfen von dem bereits mehrfach erwähnten Augsburger Künstler Franz Xaver Habermann erwähnt. 384 4.2.6 Andere Motive Auf zwei der ovalen Tischplatten finden sich komplexe Motive, die bis jetzt einmalig sind und bei denen es sich um Auftragsarbeiten handeln dürfte. Der in Braunschweig so genannte „Bärenbändiger“ zeigt einen aufrecht stehenden Tanzbären, der einen Stab hält und von einer männlichen Person mit umgehängter Trompete an einer Kette gehalten wird, die mit einem Seil verlängert ist. Beide stehen an einem Gewässer, das an der Verwendung transparenter Perlen, und der „Spiegelung“ des Stabes zu erkennen ist. Der Boden und auch die rahmenden Bäume sind sehr aufwendig gestaltet und durch viele Perlenfarben und –flächen strukturiert. In der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel wird die „Emblemata Moralia & Bellica“ des Jacobus á Bruck aufbewahrt. Die dort abgebildeten Embleme bestehen aus je einem Kupferstich (wahrscheinlich von Jacob v. d. Heyden, 1573–1645) mit dazugehörigen Übersetzung und 384 Krull (1977), Umschlagmotiv: Rocailleaufbau mit Gartenentwurf (Hertel Nr. 121, 1). 193 Kurzerklärung der Epigramme. 385 Unter Nr. b 4 ist ein Tanzbär zu sehen, der von einem Bärenführer angetrieben wird, der als Sinnbild für die stärkere Gewalt, die auch den Starken bezwingt, steht (Fortem vis fortior urget). Im begleitenden Text heißt es: Gleich wie der grimmige Beer im Schantzn/ Wie man jhm pfeifft / herumb muß Tantzn: Also wenn der gemeine Mann/ In einer Statt richt Vnfried an. Die Obrkeit jhn mit straff kan zwingn/ Daß er nach seinem willn muß springen. 386 Außer der Anordnung von Bärenführer und Tanzbär und einiger Ähnlichkeiten in der Kleidung und den Accessoires des Führers gibt es keine stilistischen Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Darstellungen. Der im Glasperlenmosaik vorhandene Stab fehlt im Emblem und auch die Hintergrundgestaltung ist unterschiedlich. Aufgrund der Außergewöhnlichkeit des Motivs, wie auch des technischen Aufwands bei seiner Umsetzung in Glasperlen, kann man mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass es sich bei dieser Tischplatte nicht um das einzig erhaltene Exemplar einer Kleinserie handelt. Vielmehr scheint die Darstellung mit großem Bedacht ausgewählt worden zu sein. Nimmt man als Interpretation die emblematische Bedeutung der Tanzbärszene an, so lässt dies eventuell Schlussfolgerungen in Bezug auf die Stellung des Auftraggebers zu. Es könnte es sich um einen einflussreichen, vielleicht in der Exekutive der Braunschweigischen Regierung tätigen Bürger der Stadt gehandelt haben. 385 Henkel/Schöne (1996), S. XXXVII f. 386 Henkel/Schöne (1996), Spalte 447. 194 Abb. 100 Tischplatte mit Bärenbändiger 195 Abb. 101 Tischplatte mit Elias, der von den Raben gespeist wird 196 Die Darstellung von Elias, der von Raben ernährt wird, geht auf das Alte Testament zurück. „Er aber ging hin und tat nach dem Wort des Herrn und setzte sich nieder am Bache Krit, der zum Jordan fließt. Und die Raben brachten ihm Brot und Fleisch des Morgens und des Abends, und er trank aus dem Bach.“ (1. Kön. 17:5-6) Die Tischplatte im Städtischen Museum Braunschweig, die das einzige Exemplar dieser Art ist, zeigt einen bärtigen Elias, blau gewandet mit rotem Mantel, auf einem kleinen, mit Farnen bewachsenen Hügel vor einem Baum sitzend, dessen Äste die obere Hälfte der Darstellung ausfüllen. Ein Fluss schlängelt sich durch die grüne, baumbestandene Landschaft im Hintergrund, an dem Propheten vorbei auf den Betrachter zu. Er ist mehrfach durch Steine etwas aufgestaut und ändert dabei seine Richtung. Zwei Raben haben sich Elias genähert und bringen ihm Nahrung. Einer der Vögel beugt sich von einem Ast herab, was es Elias ermöglicht, ein Stück Brot aus seinem Schnabel zu nehmen, ein anderer Rabe ist im Anflug und trägt etwas, das an ein Rippenstück erinnert. „Das Motiv spielt indirekt auf die Funktion des Tisches an und mahnt den dem Luxus des Kaffeetrinkens sich hingebenden Benutzer zur Zurückhaltung angesichts des darbenden Elias, der nur dank Gottes Hilfe in der Wüste ernährt wurde.“ 387 Die Verwendung religiöser Themen auf Teetischplatten scheint selten gewesen zu sein, was als Argument für die These dienen kann, dass im Fall dieses Tisches aus der Manufaktur Van Selow mit einem Geistlichen als Auftraggeber zu rechnen ist. 387 Eberle et al. (2005), Kat. Nr. 46. 197 Auch wenn es sie nicht häufig gibt, so haben sich doch einige Beispiele von Motiven aus dem Alten und Neuen Testament auf Tischplatten erhalten. Birgit Sander geht auf die Vorlagen für eine fayencene Teetischplatte aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein, die eine Szene aus dem Buch Ruth zeigt. 388 Sie scheint auf einer Bibelausgabe des 17. Jahrhunderts zu beruhen. Eine weitere Fayencetischplatte mit biblischen Szenen entstand in Hannoversch Münden um 1760. (Vgl. Abb. 28 und 102) Auf ihr malte Heinrich Martin Voy (1742-1761) Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament. Eine der Darstellungen zeigt Elias, in ähnlicher Manier wie bei Van Selow von den Raben gespeist. Auch die Anordnung der Figuren und ihre Komposition im Raum ist vergleichbar. Elias lehnt sich an einen in der linken Bildhälfte stehenden Baum, Raben fliegen heran und tragen in ihren Schnäbeln Brot, das sie ihm in die ausgestreckte Hand legen. Vor dem Propheten fließt von rechts nach links ein Bach. 389 Während selten auf Tischplatten anzutreffen, fanden biblische Szenen hingegen häufig auf Kacheln Verwendung. Bibelfliesen gibt es in niederländischer Produktion seit dem späten 17. Jahrhundert. Sie wurden sowohl zur Unterstützung des religiösen Unterrichts, als auch als Wandschmuck zur Erbauung gefertigt. Ein wichtiges Produktionszentrum 388 Guratzsch (2003), S. 68 sowie dort Katalog Nr. 100: Teetischplatte mit der “Berufung Moses auf dem Berg Horeb“. 389 Schandelmaier (1993), Kat. Nr. 162, S. 184. Abb. 102 198 war die Manufaktur Tichelaar in Makkum, von wo aus Fliesen, dekoriert mit religiösen Szenen, hauptsächlich nach Norddeutschland verkauft wurden. Weitere Produktionsstätten für diese Art von Fayencefliesen sind Städte wie Delft, Haarlem oder Rotterdam. 390 Abb. 103 Bibelfliese aus Fayence, Rotterdam (?), Ende des 17. – Anfang des 18. Jahrhunderts Im Fall des Elias bei Van Selow ist also nicht unbedingt das Motiv an sich ungewöhnlich, sondern seine Verwendung in dieser speziellen Funktion auf einer Tischplatte. Die Komposition folgt den Darstellungstypen der Zeit, wie sie auch auf anderen Medien eingesetzt wurden. Bei beiden Motiven, dem Bärenfänger und dem Elias, kann man die Umsetzung der komplexen Szene in die Technik des Glasperlenmosaiks als gut gelöst bezeichnen. Insbesondere die Fernwirkung, bei der die einzelnen Perlen nicht mehr sichtbar sind, ist überzeugend und kommt Gemälden nahe. Die Gestaltung im Detail ist differenziert, bleibt wegen der materialtechnischen Einschränkungen jedoch ein wenig formelhaft und starr. Hervorzuheben ist der bewusste Einsatz opaker und transluzider Perlen, um Land im Gegensatz zu Wasser, oder Abstufungen innerhalb eines Farbwertes zu erzielen. Dadurch wird bei diesen Tischplatten ein hohes Maß an Plastizität und Tiefenwirkung erzielt, das andere Motive in Glasperlenmosaik nicht aufweisen. Sehr viel mehr Sorgfalt in Planung und 390 Dieke (2007), www.schlossmuseum.de/bibelfliesen/allgemein.html [aufgesucht am 14.08.2007]. 199 Ausführung ist zu erkennen, was die beiden Darstellungen in der Qualität der Ausgestaltung von der Gruppe der Gartenlandschaften, die das gleiche Plattenformat nutzen, absetzt. 200 5 Technik und Materialien Technik und Materialien der Van Selow zugeschriebenen Möbel und Gegenstände zu analysieren und zu vergleichen kann aus mehreren Gründen wichtig und aufschlussreich sein. Zum einen können technische Besonderheiten, eine ganz spezielle Vorgehensweise in der Herstellung, wie auch die Verwendung und Kombination spezifischer Ausgangsprodukte Hinweise dafür liefern, ob Objekte in seiner Manufaktur entstanden sind. Naturwissenschaftliche Analysen können somit eine kunsthistorisch basierte Einschätzung und Zuordnung unterstützen oder auch in Frage stellen. Zum anderen ist es möglich, durch die Beschäftigung mit der Technik des Glasperlenmosaiks die technischen Möglichkeiten sowie die Grenzen dieser speziellen Dekorationsform aufzuzeigen und damit einen Hinweis auf die Qualität der Ausführung individueller Objekte zu geben. Desweiteren kann der Versuch, die Herkunft von Materialien zu erforschen, mögliche Handelswege, unternehmerische Aktivitäten Van Selows und damit verbunden auch künstlerische Einflüsse aus anderen Regionen Europas deutlich machen. 5.1 Glas Die der Manufaktur Van Selow zugeschriebenen Objekte weisen eine Vielfalt unterschiedlicher Glasprodukte auf. Den quantitativ größten Anteil haben so genannte Rocailleperlen, die in unterschiedlichen Größen und Farben alle Tischplatten bedecken. 391 Ebenso finden sich Stabperlen, 391 Rocailleperlen sind nicht kugelförmig sondern abgeflacht, im Querschnitt rund, mit einem Loch zum Auffädeln versehen. Zu anderen Perlenarten vgl. auch Kapitel 3.2 201 Chevrons, vor der Lampe gearbeitete Perlen und Tiere, wie auch geschliffene Glassteine, die wohl den Eindruck von Edelsteinen erwecken sollten. In Braunschweig wurde Van Selow ein Corallenarbeiter genannt, der eine Corallenfabrik leitete. Dies bedeutet nicht, dass er wirklich Korallen verarbeitete. Wie bereits in der Einführung erwähnt, wurde der Begriff „Corallen“ synonym für Glasperlen verwendet. Der in Braunschweig ebenfalls verwendete Begriff „Kralen“ ist auch der holländische Begriff für Glasperlen. Ob hier ein Zusammenhang mit der Herkunft Van Selows aus Holland besteht kann nicht belegt werden. Weitere verwandte Bezeichnungen sind: „Glaskorallen“, die böhmisch-tschechischen „koralen“, wie auch das in Idar- Oberstein für runde Steine benutzte „Krellen“. In einer Quelle aus der Glashütte zu Aich von 1704 wurden große Mengen von „Pettengrallen (Paternosterkorallen)“ im Inventar erwähnt. 392 „Als Glas bezeichnet man im Allgemeinen einen Stoff, der amorph – d.h. ohne Kristallisation – aus der Schmelze abgekühlt wurde und erstarrt ist. Der Terminus bezeichnet also sowohl einen physikalischen Zustand, als auch einen speziellen Werkstoff.“ 393 Glas ist ein Komposit aus Quarzsand, einem alkalischen Schmelzmittel, einem stabilisierenden Material, wie Kalkstein oder Bleioxid und manchmal einer farbgebenden Substanz. 394 Diese Materialien schmelzen bei hohen Temperaturen und verfestigen sich 392 Ulzen (1993), S. 34. 393 Koesling (1999), S. 237 ff. 394 Kidd (1970), S. 47- 49 und Ulzen (1993), S. 10 und Anm. 1. Flussmittel wie Soda oder Pottasche werden dem Quarzsand zugesetzt, um dessen Schmelzpunkt zu senken. Die Glasmasse wird mit Hilfe von Metalloxiden- oder salzen gefärbt. S. hierzu die Liste bei Ulzen, S. 39, Anm. 1. 202 bei einem Umwandlungspunkt, der so genannten Glasübergangs- temperatur. Diese thermoplastische Eigenschaft macht man sich bei der Herstellung von Perlen und anderen Glasgegenständen zu Nutze. Im flüssigen Zustand lässt sich das Material ausrollen, oder zu Stangen, Fäden oder Rohren ausziehen. Im Folgenden werden die unterschiedlichen Techniken beschrieben, die bei den in der Corallenfabrik hergestellten Objekten verwendeten Glaselementen eingesetzt wurden. 5.1.1 Gezogene Perlen/ Sprengperlen Das Zentrum der Perlenherstellung vom 11. Jahrhundert bis ca. 1850 lag in Venedig. „Nach Lois Sherr Dubin (1988) wurden ab 1490 die gezogenen Perlen in Venedig wieder eingeführt, die in so großen Mengen und in beispielloser Feinheit hergestellt wurden, dass man heute noch von ‘venezianischen Perlen’ spricht.“ 395 Obwohl es den venezianischen Glasmachern unter Androhung der Todesstrafe verboten war, außer Landes zu gehen oder gar die Geheimnisse der Glaskunst zu verbreiten, findet sich die Technik der Sprengperlenherstellung im 17. Jahrhundert auch in Böhmen und in Holland. Um Perlen zu ziehen bedarf es zweier Arbeiter. Der erste nimmt mit seiner Glaspfeife eine kleine Menge geschmolzenes Glases auf und bläst daraus eine eiförmige Blase, den so genannten Külbel oder Kölbl. 396 Diese Blase wird dann wieder in die flüssige Masse getaucht, um sie mit mehr Material zu überfangen. 395 Ulzen (1993), S. 16. 396 Ulzen (1993), S. 19. 203 Es kann sich hierbei um gleichfarbiges Glas, oder solches in einer anderen Farbe handeln. Die fertigen Perlen bestehen dann aus zwei oder gar mehr Lagen. 397 Abb. 104 Ziehen einer Glasröhre vor einer Thüringischen Dorfglashütte (Ausschnitt), Hans W. Schmidt Soll eine einfache, runde Röhre hergestellt werden, nimmt der zweite Arbeiter nun das andere Ende der Glaskugel mit einem Hefteisen und ein wenig Glasmasse auf und beide laufen sofort in entgegengesetzte Richtungen auseinander bis das Glas fest wird und sich nicht weiter ausziehen lässt. (Abb. 104) Die fast feste Röhre wird auf Holzstäben abgelegt und kühlt weiter ab. Zu einem späteren Zeitpunkt wird die Röhre in Stücke zerbrochen, die dann mit Zangen in kleinere Abschnitte unterteilt wird. Diese Stückchen bilden die Perlen. Statt einfarbig oder in Lagen zu arbeiten, können in dieser Technik auch gestreifte Perlen hergestellt werden. Hierzu werden Glasstäbe in ein Gefäß gestellt. Der Glasbläser stellt seine erste Blase her und drückt diese in das 397 Kidd (1970), S. 49 gibt an, dass bis zu 6 Lagen in unterschiedlichen Farben möglich und auch nicht unüblich sind. 204 Gefäß bis die Stäbe an ihr haften. Er erwärmt sie dann nochmal, was die Stäbe mit der Glasblase verbindet. Bei dem bereits beschriebenen Ausziehprozess entstehen damit gestreifte Perlen. Die Röhre kann beim Ziehen auch gedreht werden, was entsprechende Variationen der Streifen oder Lagen ergibt. Der Durchmesser des fertigen Produktes ist abhängig davon, wie weit die ursprüngliche Blase auseinander gezogen wurde. Um Perlen abzurunden, müssen sie einer weiteren Behandlung unterzogen werden. Eine Mischung aus zerstoßener Kohle und feinem Sand wird in die Öffnungen eingearbeitet. Dann werden die Perlen in einem Rondierofen, der ununterbrochen um eine Achse gedreht wird, Wärme ausgesetzt. Diese Bewegung und die Hitze reduzieren die Perlen und geben ihnen ihre abgerundete Form. Kohle und Sand wirken als Schmirgelmasse und verhindern das Zuschmelzen der Öffnungen. Nach dem Abkühlen werden die Perlen gewaschen, mit Hilfe von Sieben nach Größen sortiert und von Hand auf Fäden gezogen. Durch Schütteln in Kleie können sie poliert werden. 398 Das auf diese Weise erzeugte Produkt wird Rocailles oder Rocailleperlen genannt. 399 Die Größen von Rocailleperlen sind recht unterschiedlich und wird mit einer so genannten „Perlenlyra“ gemessen, einem länglichen Stab mit rillenförmigen Einschnitten. Je größer die Zahl, die die Perlengröße angibt, desto kleiner ist die Perle. 400 In der Corallenfabrik Van Selows wurden Rocailleperlen am häufigsten verwendet. Teilweise lassen sich noch die ursprünglichen Fäden finden, auf 398 Ulzen (1993), S. 25. 399 Ulzen (1993), S. 25, der englische Begriff lautet „seed beads“. Rocailleperlen gibt es in unterschiedlichen Größen, abhängig vom Durchmesser der Glasröhre. 400 Ulzen (1993), S. 35. 205 die sie aufgezogen waren. (vgl. Kapitel 5.4 für weiterführende Informationen zu diesem Thema) Auffällig ist, dass sich außer bei dem Schreibschrank und der Kommode im Städtischen Museum nie Perlen unterschiedlicher Farben auf einem Faden finden. Offensichtlich wurden die Schnüre genauso verlegt, wie sie gekauft wurden. Dies sparte Zeit und Arbeitskraft. Rocailleperlen gab es in sehr vielen, fein abgestimmten Farbtönen, dazu noch in einer opaken und einer transluziden Variante. 401 Die vielen Nuancen eines Farbtones ergaben sich unter anderem durch die Zugabe des farbgebenden Metalloxids in unterschiedlicher Quantität oder auch durch dessen Reinheitsgrad. Dies erschwert die Restaurierung der Perlmosaike. Es ist fast unmöglich, den genauen Farbton einer zu ergänzenden Perle im Handel zu finden. Aus dem 19. und 20. Jahrhundert haben sich Musterkarten erhalten, auf denen kurze Perlenreihen angeordnet sind, mit Buchstaben oder Zahlen gekennzeichnet, nach denen bestellt werden konnte. Ob solche Musterkarten auch im 18. Jahrhundert verbreitet waren, ist nicht sicher. Die Perlen konnten aber auch von reisenden Glashändlern auf den Messen gekauft werden. 401 Der Grad der Trübung hängt von der Menge der der Glasmasse beigemischten Fluoride ab (z. B. Aluminiumfluorid oder Calciumfluorid). S. auch Ulzen (1993), S. 34. 206 Abb. 105 Detail von Perlen im Randbereich einer Tischplatte, Braunschweigisches Landesmuseum Neben einfarbigen Rocailles verwendet van Selow gestreifte Perlen, wenn auch in geringerer Anzahl. Gelegentlich findet sich eine Reihe weißgrundiger Perlen mit roten und grünen Streifen im Randbereich der Teetischplatten. An den Urnen lassen sich außerdem Stabperlen in unterschiedlichen Farben finden. Auch sie sind als Röhre gezogen, dann aber in größere Abschnitte gebrochen und nicht rund geschliffen. Facettierte Perlen wurden der größeren Lichtbrechung wegen zur Gliederung von Flächen oder im Bereich von Blütendekor eingesetzt. 207 Abb. 106 Detail einer Tischplatte mit Papageienmotiv, HAUM Braunschweig Es gab im 18. Jahrhundert verschiedene Produktionsstätten für Glasperlen in Europa. Als wichtigste Zentren sind Venedig (Murano) und Amsterdam zu nennen. Natürlich ist in diesem Zusammenhang die Frage interessant, ob sich feststellen lässt, von welcher dieser Hauptproduktionsstätten Van Selow seine Perlen bezog. „Chemical analysis can provide some idea of the 208 raw materials used in making glass, and it may even supply clues concerning the place of manufacture”. 402 Die Glasproduktion in Venedig lässt sich bis ins 7. Jahrhundert nach Christus zurückverfolgen. 403 Die Verlegung der Glasfabriken von dort auf die Insel Murano im Jahr 1292, wurde wegen der Feuergefahr, die von den dauernd brennenden Schmelzöfen ausging, durchgeführt. Der Schutz der Produktionsgeheimnisse ist als weiterer Grund anzusehen. Glasperlen sind nur bis ins 14. Jahrhundert zurückzuverfolgen und wurden damals schon per Schiff zum Schwarzen Meer, nach Flandern und England transportiert. Einer der wichtigsten Gründe für die weite Verbreitung venezianischen Glases ist das ausgeklügelte kommerzielle System in Verbindung mit einer großen Handelsflotte. In Murano wurden Perlen sowohl in Zieh- als auch in Wickeltechnik 404 hergestellt. Perlen in beiden Techniken finden an den Objekten der Manufaktur Van Selows Verwendung. Während des 18. Jahrhunderts kam es zu einer verstärkten Herstellung von lampengeblasenen Perlen in Murano. Die von dort stammenden Ziehperlen sind oft gestreift und aus verschiedenfarbigen Glasstäben zusammengesetzt. 405 Abtrünnige venezianische Glasbläser schafften die Flucht von Murano und förderten mit ihrem Wissen und ihren Kenntnissen den Ausbau der Perlen- Produktionsstätten in Böhmen, Mähren und Amsterdam. Während man dort Laubholz für die Gewinnung von Pottasche als Flussmittel zur 402 Koob (2006), S. 11. Koob bezieht sich hier auf Forschungen von Dr. Robert H. Brill, Forscher und Wissenschaftler am Corning Museum of Glass. 403 Dubin (1997), S. 107. 404 Lampengeblasenes und gewickeltes Glas wird im folgenden Kapitel behandelt. 405 Jargstorf (1995), S. 51 ff. 209 Verfügung hatte, war dies in Venedig knapp. Dortige Rezepte weisen daher eher Soda auf. 406 Nach dem Niedergang von Antwerpen als Zentrum für Glaskunst im 17. Jahrhundert, entwickelte sich die Produktion in Amsterdam zur vollen Blüte. Von dort aus wurden europäische Perlen nach Nord- und Südamerika, Afrika und Indien transportiert. Die erste holländische Glasperlenfabrik soll 1597 in Middelburg eröffnet worden sein. 407 Viele gezogene Perlen wurden aus den Grachten geborgen und werden ins 17. Jahrhundert datiert. Da offensichtlich an der Westküste Afrikas eine besondere Vorliebe für gestreifte Perlen herrschte, wurden in Amsterdam in Reaktion auf die Erfordernisse des Marktes, solche in großen Mengen hergestellt. Unter anderem finden sich weiße Perlen mit roten und grünen Streifen, wie sie von Van Selow gelegentlich eingesetzt wurden. 408 Allerdings wurden ähnliche Perlen aus Venedig ebenfalls in Amsterdam umgesetzt. Auch in Thüringen, Böhmen und Mähren wurden Glasperlen in großen Mengen hergestellt. Es ist fast unmöglich die Massenproduktion jener Werkstätten zuzuordnen. Lediglich die Spezialanfertigungen aus diesen Zentren lassen sich lokalisieren. So ist Lauscha berühmt für seinen Christbaumschmuck, versilberte und schwarze geblasene Perlen, wie auch für aufwendige lampengeblasene Figuren. Gablonz dagegen begann erst spät mit der Herstellung von Rocailleperlen und konzentrierte sich 406 Vgl. Henkes (1994), S. 315 und Anmerkung 2. 407 Henkes (1994), S. 316. 408 Vgl. Jargstorf (1995), S. 70. 210 stattdessen auf die Produktion so genannter „Russischer Perlen“, auch Sprengperlen genannt. 409 Die weite Verbreitung von Perlen aus allen möglichen Teilen Europas und das ausgeklügelte Handelssystem auf der einen Seite und die Wanderungen der Handwerker und Glaskünstler auf der anderen, machen es unmöglich, Rocaillen und andere in der Manufaktur Van Selow verwendete Glasperlen einem Herstellungsort zuzuweisen. Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass Van Selow sein Rohmaterial aus unterschiedlichen Orten bezog, oder von einem Händler auf einer Messe kaufte, der Perlen aus Venedig, Amsterdam oder anderen Zentren im Angebot hatte. Wie bereits erwähnt, scheint es die Möglichkeit zu geben, eine Unterscheidung zwischen venezianischem und Amsterdamer Glas aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung zu machen. Dieser Ansatz ist mit großer Vorsicht zu genießen, da mit den Glaskünstlern natürlich auch die Rezepte ihren Weg durch ganz Europa gefunden haben. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass ein italienischer Arbeiter in Holland seine bewährte Zusammensetzung der Glasmasse weiter verwendete, das dort hergestellte Glas also Charakteristika aufweist, die als typisch für Venedig gelten. Eine Untersuchung von fünf Glasperlen eines Tisches von Van Selow aus dem Braunschweigischen Landesmuseum mittels Mikro- Röntgenfluoreszenzanalyse ergab die Verwendung von natriumhaltiger Sodaasche als Flussmittel. Die Herstellung dieser Perlen in Venedig ist somit möglich, die Niederlande oder Frankreich sind aber nicht ganz auszuschließen. Die Zusammensetzung erlaubt jedoch den mehr oder 409 Es handelt sich hierbei um zylindrische Perlen, die, wie bereits in Kapitel 3.2 erwähnt, oft in einem textilen Verbund verwendet wurden. Vgl. Jargstorf (1995), S. 91- 92 und Cassidy-Geiger (2002), S. 65-66 und Abb. 20 und 21. 211 weniger sicheren Ausschluss von Böhmen, Deutschland und England als Produktionsstätten. 410 5.1.2 Lampenglas Als Lampenglas bezeichnet man vor der Lampe gearbeitete Perlen oder Kleinobjekte aus Glas. Johann Kunckel geht in seiner Abhandlung über die „Ars vitraria“ von 1689 ausführlich auf das „kleine(n) Glaß- Blasen so mit der Lampen geschicht“ ein. 411 Er beschreibt, dass kleine Röhrchen, mit oder ohne Mittelloch, die man von einer Glashütte beziehen könne, wie auch Stückchen von zerbrochenem venezianischem Glas das geeignete Rohmaterial für diese Dekorationstechnik seien. Der Glasbläser arbeitete vor einem Brenner, der „Lampe“, die auf dem „Lampen-„ oder „Blasetisch“ stand, der für Petroleum oder Gasfeuerung eingerichtet war...Darunter betätigte er einen Blasebalg, um am Brenner eine Stichflamme zu erzeugen. Mit dieser auf den Punkt konzentrierten Flamme wurde das aus der Glashütte bezogene Halbfabrikat der hohlen Glasröhre unter Berücksichtigung der späteren Größe der Perle in verschieden große „Spieße“ zerlegt, die anschließend mit dem Mund aufgeblasen wurden. 412 Abb. 107 Glasbläser vor der Lampe bei der Arbeit, aus: Kunckel, 1689 410 Die Untersuchung wurde im Rahmen eines Projektes zur Untersuchung von Maleremails im Herzog-Anton-Ulrich Museum, Braunschweig durchgeführt. Mein Dank gilt Dr. Heike Bronk, Dipl. Chem. Stefan Röhrs und Dr. Ingrid Müsch. Siehe auch Rauch/Flöck (2005), S. 46 und Anmerkung 16. 411 Kunckel (1689), S. 398- 400. 412 Ulzen (1993), S. 12 f. 212 Mit Hilfe der Lampe können die verschiedensten Perlenformen und Muster erzeugt werden. Wickelt man die zähflüssige Glasmasse um einen mit Kaolin beschichteten Eisendraht, erhält man die so genannte Wickelperle. Auf sie können Tupfen oder Streifen aufgesetzt werden, farbige Muster können in die noch heiße Masse gezogen werden. Beispiele von Perlen, die in dieser aufwendigen Technik hergestellt wurden, sind an den beiden Urnen zu finden. Zum einen handelt es sich um weißgrundige, lang gezogene Perlen mit einem geschwungenen Band an den Enden und einem schleifen- oder blumenartigen gezogenen Dekor in der Mitte. Zum anderen finden sich zylindrische Perlen mit mehrfarbigen Streifen und leuchtendgelben, dicken Tupfen. Auch große, einfarbig blaue Wickelperlen sind in horizontalen Reihen verlegt anzutreffen. Abb. 108 und 109 Vor der Lampe gearbeitete Perlen, Urne, Lady Lever Art Gallery Nicht nur Perlen, sondern auch Tiere, Figuren, Blumen oder kleine Gefäße wurden mit Hilfe dieser Technik gefertigt. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Lampenarbeit in Lauscha eingeführt und entwickelte sich zur Hausindustrie. Glasbläser, die bis dahin Perlen hergestellt hatten, wechselten von der Hütte zur Heimindustrie. 413 Die ersten Erzeugnisse waren der Natur entnommen, später wurde auch Spielzeug hergestellt. Eine wirkliche Industrie oder Massenproduktion entwickelte sich aber erst 413 Hoffmann (1993), S. 114. 213 am Beginn des 19. Jahrhunderts. Lampenglas-Musikantenfiguren aus Lauscha sind ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bekannt. An der Urne aus Port Sunlight haben sich zwei kleine, vor der Lampe gearbeitete Schafe erhalten. Sie grasen in zwei rundbogigen, in den Urnenkörper eingetieften Nischen. Beide Schafe haben opak weiße Körper mit aufgeschmolzenem Fell in weiß und schwarz sowie braune Hörner. Sie sind äußerst detailliert gestaltet. Abb. 110 und 111 Lampengeblasene Schafe, Urne, Lady Lever Art Gallery Ähnliche Schäfchen finden sich im Corning Museum of Glass. Auch sie sind aus weißem Opakglas gearbeitet und haben aufgeschmolzenes, geringeltes Wollfell. 414 Abb. 112 Vor der Lampe gefertigtes Schaf, wahrscheinlich Frankreich, Nevers, spates 18. Jh. , opak hauptsächlich weiß, Collection of the Corning Museum of Glass, Corning NY, gift of the Art Institute of Chicago (55.3.156) Allerdings weisen sie nicht die gleiche Raffinesse im Detail auf wie die Figuren an der Urne. Es fehlt ihnen die farbige Abstufung, wie auch die realistische Kopfgestaltung, die den anderen Schafen eigen ist. Traditionell 414 Courtesy of The Corning Museum of Glass, Corning, NY, gift of The Art Institute of Chicago (55.3.156) Siehe auch acc. no. 55.3.156- 55.3.159, freundlicher Hinweis von Dr. Dedo von Kerssenbrock-Krosigk. 214 werden Tierfiguren dieser Art den Glaswerkstätten in Nevers zugewiesen. Dort entstanden im 18. Jahrhundert Glas-Theaterkästen mit zum Teil beweglichen Figuren, die religiöse oder mythologische Szenen zeigen. Die Bühnen sind aus farbigem Glas, lampengearbeiteten Figuren, Holz, Spiegeln, Bergkristall, Textil und Muscheln zusammengesetzt. Einige der im Musée F. Blandin in Nevers erhaltenen Tierfiguren scheinen eine ähnliche Detailliertheit aufzuweisen wie die Schafe der Urne. 415 Auch sie sind aus Milchglas 416 , wie die weiße, opake Glasmasse genannt wird, hergestellt. Neben den aufwendigen Theaterkästen scheint es auch einfachere Bühnenarrangements gegeben zu haben, die wie ein Bild mit einem Rahmen versehen und als Wandschmuck gedacht waren. In sie sind die Figuren (Personen und Tiere) eingestellt. 417 Abb. 113 Theaterkasten mit pastoraler Szene, Nevers Abb. 114 Christus (?) auf Schaf, Nevers Die Tradition der Glasfiguren aus Milchglas ist älter als das 18. Jahrhundert. Traditionell wird sie auf das Design und die Objekte Bernard 415 An dieser Stelle sei Madame Françoise Reginster für ihre freundlichen Hinweise gedankt. Ein Beispiel, das den hier untersuchten Schafen besonders nahe kommt ist NV 998 1 329 im Musée F. Blandin, Nevers. 416 Verre blanc de lait. 417 Vgl. NV 998 3 31 im Musée F. Blandin in Nevers. 215 Perrots (1618 - 1709) zurückgeführt. 418 Perrot, der in Kapitel 3.1 bereits Erwähnung fand, stammt aus Altare in Ligurien, das schon lange starke Verbindungen zu Süd und Zentral - Frankreich besaß. Mit dem Namen Bernardo Perrotto geboren, ließ sich Perrot zuerst in Nevers, dann in Orléans nieder und wurde dort für seine Glasfiguren und Erfindungen berühmt. 419 Perrot hatte einen großen Einfluss auf die französische Glasmacherkunst und war vor allem für die Produktion in Nevers prägend, was sich an der lang anhaltenden Tradition der in seiner Manier hergestellten Figürchen und Arrangements ablesen lässt – eine Tradition, die Datierungen sehr erschwert. Es ist durchaus möglich, dass die Schafe der Urne Van Selows aus einem Bild- oder Bühnenarrangement aus Frankreich entnommen wurden. Es ist ausserdem denkbar, dass nicht nur die vollständigen Bilder und Theaterkästen, sondern auch deren Einzelteile als Sammlerstücke separat verkauft wurden. Auch eine Zweitverwendung der lampengeblasenen Schafe kann nicht ausgeschlossen werden. Diese Vorgehensweise passt zur Art der Verwendung von Emailplaketten an den Urnen, die sehr wahrscheinlich auch aus anderen Zusammenhängen stammen. Der Handel mit Glasobjekten scheint weit verbreitet und verzweigt gewesen zu sein. Dies erschwert die Bestimmung der Provenienz von 418 Saldern (1980), Hans Colm Collection, Los Angeles, Kat. Nr. 206a und b: Two Kings from an "Adoration" S. 214 und Farbabbildung 22, bezeichnet als "Nevers" 18th century, Lampwork. Diese beiden Figuren sind auch bei Weiss (1966) abgebildet, S. 118. Auch auf der Veste Coburg befinden sich lampengeblasene Figuren, s. Theuerkauff- Liederwald (1994), Kat. Nr. Kat. 700- 706) S. 539-542. Als Lokalisierung der Figuren wird wohl allgemein Nevers angegeben, kleine Figuren wurden aber auch in anderen Regionen Frankreichs hergestellt. Die Autorin schließt aber auch Lauscha in Thüringen wie auch Venedig als Produktionszentren nicht aus. 419 Eine Monographie über Perrot gibt über viele Aspekte seines interessanten Lebens Aufschluss. Einzelheiten können leider nicht Thema dieser Arbeit sein. S. Bernard/Dragesco (1989). 216 Stücken ungemein. Edmund Schebek behandelte 1878 die Glasindustrie und die entsprechenden Vertriebswege Böhmens. Im 18. Jahrhundert scheint sich aus dem Wanderbetrieb zum Verkauf von Glasobjekten ein Compagniebetrieb entwickelt zu haben, mit dessen Hilfe der Wirkungskreis der Händler noch weiter ausgeweitet werden konnte. "Bald war der Küstensaum des europäischen Festlandes von St. Petersburg bis Konstantinopel mit solchen Niederlassungen besetzt. Man findet deren verzeichnet zu St. Petersburg, Reval, Libau, Riga, Kopenhagen, Lübeck, Hamburg, Bremen, Amsterdam, Leyden, Haag, Rotterdam, Dordrecht, Middelburg, Bordeaux, San Sebastian, Bilbao, Santander, Ferrol, Coruna, St. Jago, Bigo, Oporto, Lissabon, Sevilla, ...." 420 Die Glashändler handelten nicht nur mit böhmischem Glas sondern komplettierten ihr Angebot mit Waren aus anderen Gebieten. Sie tauschten Glaswaren für Pelze oder Tonwaren ein und handelten diese weiter. Ähnliche Handelsorganisationen existierten natürlich auch für andere Zentren der Glaskunst, insbesondere Venedig, Amsterdam und die französischen Produktionsstätten. 420 Schebek (1878), S. V- VI. 217 5.1.3 Geschliffenes Glas und Halbedelsteine Große und kleine, an geschliffene Edelsteine erinnernde farbige Glasstücke sind vor allem an den Urnen verarbeitet worden. Hier wurden sie gelegentlich mit Metallfolie hinterlegt, um eine Lüsterwirkung zu erzielen. 421 Auch facettiert geschliffene Perlen mit Loch lassen sich finden. Einige der größeren Glasstücke haben eine Birnenform und sind am schmaleren Ende durchbohrt. Sie könnten von einem Glaslüster stammen, oder in der Schmuckherstellung verwendet worden sein. Abb. 115 Detail mit rund geschliffenen und facettierten Glassteinen, Urne, Lady Lever Art Gallery 421 Kitchin (1994), Unveröffentlichter Zustandsbericht des Victoria & Albert Museums, in dem John Kitchin und Sarah Medlam ihre Untersuchungsergebnisse niederlegten. 218 Abb. 116 Birnenförmige Glassteine mit Durchbohrung an schmalen Ende, Urne, Lady Lever Art Gallery Das Glas, das für künstliche Steine und in Form gepresste Perlen verwendet wurde, hatte eine andere Zusammensetzung als Glas, das zum Blasen gedacht war. In der Regel enthielt es einen höheren Bleianteil. Während die Schmuckherstellung aus Glas bis zum 17. Jahrhundert fest in Murano-Hand war, schafften es Glaskünstler aus Böhmen und besonders Gablonz in den nachfolgenden Jahrhunderten, die Geheimrezepte auszuspionieren. Vom 18. Jahrhundert an erfreute sich böhmisches Kristallglas großer Beliebtheit. 422 Sowohl die Stein- als auch die Glasschneider hatten ursprünglich ihre eigenen, getrennten Gilden. Sie arbeiteten mit Wasser- oder mit Menschenkraft betriebenen Schleifscheiben. 1764 kam es in Seidenschwanz (Böhmen) zu einer Art Zusammenschluss von Steinschleifern und Glaskünstlern, die es beiden Gruppen erlaubte, Materialien, Equipment und Ressourcen effektiver zu benutzen und auszutauschen. Dies führte zu einem Aufblühen dieser Industrie im 18. Jahrhundert. 422 Jargstorf (1993), S. 33 f. 219 Das Ausgangsprodukt waren gepresste Glassteine. Hierzu wurde die flüssige Kristall- Glasmasse in Model unterschiedlicher Form gepresst. Der erkaltete Glasstein musste einzeln von Hand nachbearbeitet werden. Auf diese Weise stellte man Anhänger, Briefbeschwerer, Tintengläser, Parfümfläschchen, Knöpfe und andere kleine Gegenstände her. Die Werkstatt eines „Glas- quetschers“ oder „Glas- drückers“ konnte kleiner sein als die des Schleifers. Oft bestand sie lediglich aus einer Esse oder einer offenen Feuerstelle, in der die Glasstäbe erhitzt wurden und einer Auswahl an Pressformen für die unterschiedlichen Arbeiten. 423 Kristallwaren hingegen wurden in Wassermühlen geschliffen. Man unterscheidet das Schleifen an horizontalen und vertikalen Scheiben. Letzteres führt zum so genannten „kugeln“, ein Begriff, der auf die konvexe Form des Schliffs Bezug nimmt. Die horizontalen Schleifscheiben produzierten einen flachen Schliff, der auch „Englisch-Schliff“ genannt wurde. Kristallanhänger für Glaslüster besitzen meist eine oblonge Form und eine kleine Bohrung and der Spitze. Es lassen sich an den bei den Urnen verwendeten Glasstücken die gängigen Schliffmuster wiederfinden. 424 Als Farben wurden Blau, Rot, Grün, Klarglas und ein milchiges Weiß verwendet, das zu opalisieren scheint. Dieser Effekt könnte durch die Metallunterlage oder durch eine Mischung opaker und transparenter Glasmassen entstanden sein. Evelyn Ulzen erwähnt, dass die Zugabe von aus kalzinierten Rinderknochen gewonnenem Kalkphosphat bei farblosem Glas einen opalisierenden Schimmer ergab. 425 423 Jargstorf (1993), S. 50. 424 Vgl. hierzu Jargstorf (1993), Schemazeichung auf S. 40 wie auch Ulzen (1993), S. 17 und Abb. 2. 425 Ulzen (1993), S. 34. 220 5.1.4 Email „Der Begriff »Email« ist im 17. Jahrhundert aus dem Französischen (»ésmail«) in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen. Er leitet sich aus dem mittellateinischen »smaltum« ab, das wiederum auf das althochdeutsche »smelzan« zurückgeht. Das Wort »Schmelz« wird synonym zum Terminus »Email« verwendet.“ 426 Der Begriff wird sowohl für das Material als auch für die Technik eingesetzt. Es handelt sich um die Verbindung einer glasähnlichen Masse mit einem metallenen Träger durch Aufschmelzen. Der Glasschmelz setzt sich in erster Linie aus Siliziumdioxid (Quarzsand), Alkali- und Erdalkalioxiden, Flussmitteln sowie Metalloxiden für die Farbgebung zusammen. Glasflüsse in unterschiedlichen Farben werden pulverisiert, gereinigt und als Brei auf den Metallträger aufgebracht. Auf diese Weise ist es möglich, Bilder zu gestalten. Die an den Urnen im Victoria & Albert Museum wie auch der Lady Lever Art Gallery in Port Sunlight angebrachten Emailplaketten, sind in der Technik der Emailmalerei bemalt. Eine ausführliche Beschreibung dieser speziellen Materialauftragsweise ist von Ulrike Weinhold publiziert worden. 427 Sie bezieht sich dabei auf die Erläuterungen Diderots in seiner „Encyclopédie“ von 1755. 428 Die Vorbereitung des Werkstückes besteht aus dem gleichmäßigen, beidseitigen Überziehen eines gewölbten Gold- oder Kupferträgers mit einer weißen Emailschicht. Diese Lage wird geschliffen, poliert und geglättet, um sie für die Aufnahme der Malschicht zu präparieren. Pulverisierte Farben werden mit Lavendelöl angerührt und mit einem Hermelinpinsel aufgetragen. Jede Malschicht muss mit geringer 426 Weinhold (2000), S. 13. 427 Weinhold (2000), S. 15 ff., siehe auch Strauß et al. (2004) LdK, Bd. 2, 313. 428 Diderot/d’Alembert (1755), “Email” in Bd. XV (Do- Esg), S. 533-545. 221 Hitzezufuhr getrocknet werden, damit das Lavendelöl verdampft. Der anschließende Brennvorgang (für jede Farbe separat) ist äußerst schwierig. Es gilt, die richtige Temperatur zu finden, die die Glasflüsse nicht verbrennt, aber eine gute Haftung der Schichten bewirkt. Nach und nach werden empfindlichere Farben eingesetzt und successive die Brenntemperatur reduziert. Diese französische Technik der Emailmalerei ist der der Miniaturmalerei sehr ähnlich. 429 Die an den Urnen in der Lady Lever Art Gallery, wie auch im Victoria & Albert Museum verwendeten Emailplaketten sind, wie bereits in Kapitel 4.1.4 beschrieben, weder im Format, noch in der Malweise einheitlich. Leider konnten die Plaketten nicht ausgemessen werden, da beide Urnen durch Glashauben geschützt und nicht frei zugänglich sind. Es lässt sich aber ausmachen, dass längs- und hochovale Formate verwendet wurden. Abb. 117- 119 Emailplaketten an der Urne der Lady Lever Art Gallery 429 Vgl. Weinhold (2000), S. 17. Risse in der Glasur des Emails, wie auch Unregelmäßigkeiten und kleine Ausbrüche an den Rändern lassen darauf schließen, daß die Plaketten ursprünglich in anderer Weise montiert und aus diesem Zusammenhang herausgelöst wurden. 222 Entsprechend den Diderotschen Anweisungen sind die Umrisse der Figuren in einem rotbraunen Farbton gehalten. Der Plafond ist in allen Plaketten weiß. Die Modellierung erfolgt in Form von Pinselstrichen, hauptsächlich in vermeilroten und kobaltblauen Farben. Grün und Gelb kommen selten vor, während ein kräftiges Orangerot leuchtende Akzente setzt. Die Motive stammen wie bereits beschrieben aus unterschiedlichen Themenbereichen und lassen kein einheitliches Programm erkennen. Die Verwendung von Druckvorlagen in der Emailmalerei war die Regel, wie Ulrike Weinhold in ihrer Publikation über die Emailmalerei an Augsburger Goldschmiedearbeiten ausführlich darlegt. Es wird hier aber auch deutlich, wie frei diese Vorlagen im Einzelfall umgesetzt wurden. Ein Email an der Urne des Victoria & Albert Museums zeigt eine Dame in einem kostbaren Kostüm, die sich im Spiegel betrachtet. Ihre Haltung, wie auch die Kleidung weisen Ähnlichkeiten mit der Darstellung eines Likörbechers auf, der Johann Jakob I Priester zugeschrieben wird. Priesters Emailmalereien „basieren auf einer Stichvorlage Bernard Picards (1673- 1733), von der zwischen 1704 und 1708 mehrere Versionen entstanden“. 430 Priesters Umsetzung der galanten Szenen Picards sind wesentlich detaillierter und weisen eine differenziertere Farbigkeit auf, als das Email der Urne, doch ist es durchaus möglich, dass beide Künstler auf ähnliche Druckvorlagen zurückgegriffen haben. Gleiches lässt sich auch für eine der Plaketten an der Urne der Lady Lever Art Gallery sagen, die eine Dame zeigt, der von einem hinter ihr befindlichen Mann ein Spiegel vorgehalten wird. (Abb. 119) Stil und Kostüm deuten hier auf eine Verwandtschaft mit Komödiantenbildern hin, die sich ab dem zweiten 430 Weinhold (2000), S. 141 ff und besonders Abb. 109. 223 Viertel des 18. Jahrhunderts in Deutschland großer Beliebtheit erfreuten. 431 Sie gehen unter anderem auf Zeichnungen Watteaus zurück, wie z. B. „La Troupe Italienne“, die um 1715 entstanden ist. 432 Die Kleidung beider Personen der Emailplakette ist derjenigen italienischer Schauspieler oder Komödianten wie sie von vielen Künstlern, in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts dargestellt wurde, ähnlich. So trägt der Herr ein schwarzes, flaches, barettartiges Hütchen und eine große weiße Halskrause. Sie ist mit einem schräg sitzenden Hütchen, das mit einer Blume geschmückt ist, ausgestattet. Die Tatsache, dass an den Urnen Einzelplaketten, die in keinem thematischen Zusammenhang stehen, verwendet wurden, dass sich große stilistische Unterschiede aufweisen lassen, die Erkenntnis, dass die Darstellungen der Emails auf ältere Druckvorlagen verweisen, wie auch die kleinen Risse und Ausbrüche im Randbereich, unterstützen die These, dass einige der Schmuckelemente und Materialien für die Urnen aus einer Zweitverwendung stammen könnten. Dies bedeutet, dass es sich um ältere Emails handelt, die ursprünglich Teil eines anderen Objektes waren. Sie könnten als Plaketten an Kannen oder als Deckel kleiner Dosen gedient haben. Auf welche Weise Van Selow an die Emails gelangte, ob er sie auf einem Markt oder einer Messe kaufen konnte, oder gar mit Plaketten verzierte Objekte „ausschlachtete“, kann an dieser Stelle leider nicht geklärt werden. 431 Vgl. z. B. Weinhold (2000), Abb. 145, eine Teekanne, die Bartholomäus Seuter zugeschrieben wird und die Charles Simonneaus Stich „Les habits sont Italien“ folgt. 432 Vgl. Dückers (1994), Abb. VI. 16, S. 318, aufgegriffen und überarbeitet von Charles Simonneau, (s. Anm. 429). 224 5.2 Muscheln, Schnecken, Perlmutter Ein Großteil der Objekte, die mit der Manufaktur Van Selow in Zusammenhang gebracht werden können, ist lediglich mit Glasperlen in Kittmasse verziert, doch konnte an einigen Stücken die Verwendung mit Muscheln, Seeschnecken und Perlmutter nachgewiesen werden. An erster Stelle sind hier natürlich die Muschelskulpturen in Kopenhagen zu nennen, deren Körper mit einer großen Anzahl gleichförmiger Muscheln gestaltet sind, die fächerförmig gestaffelt in Kittmasse eingedrückt wurden. Auffällig ist der gezielte Einsatz von größeren Muscheln zur Akzentuierung der Nägel, wie auch von Schnecken für Bauchnabel und Brustwarzen. Blattförmig gestaltete Muschelteile sowie kleine Schneckengehäuse und Perlmutter wurden am Kopfschmuck eingesetzt. Große Schneckengehäuse sind am Sockel zu finden, wo sie Profile imitieren oder Kanten und Ecklösungen akzentuieren. Interessant ist die Verwendung von Muscheln als Flügel von Insekten, die am Sockel plaziert sind. Abb. 120 Detail der Muschelskulptur mit Wasserkrug, Nationalmuseum Kopenhagen 225 Die Urnen der Lady Lever Art Gallery und des Victoria and Albert Museums weisen eine Kombination naturbelassener Schnecken mit gesägten und gravierten Perlmutterelementen, wie Blüten, Vasen und kleinen Tieren auf. (Abb. 122) Schneckengehäuse wurden mit ihrer Öffnung nach außen zur Akzentuierung von Kanten eingesetzt, in gleicher Weise wie vor der Lampe gearbeitete Perlen. (Abb. 121) Perlmutter wurde auf unterschiedliche Weise in den Dekor integriert. Kleine florale oder architektonische Elemente wurden, von Glasperlen eingefasst, in die Fläche einbezogen, während größere, flache Perlmutterstücke als Untergrund für für florale Perlenarrangements dienen. Das Perlmutter trägt in diesem Zusammenhang zur Prunkhaftigkeit der Objekte bei. Das Schillern und Irisieren des Materials lässt es als etwas Kostbares erscheinen und verleiht gleichzeitig einen exotisch-künstlichen Eindruck, hervorgerufen durch Naturmaterialien. Abb. 121 Detail, Urne, Lady Lever Art Gallery Abb. 122 Detail, Urne, Lady Lever Art Gallery 226 Auch die Schabracke im Bowes Museum weist, allerdings in bescheidenem Maße, den Einsatz von Muscheln auf. Auf einem Klecks Kittmasse wurden jeweils vier Muscheln mit der Außenseite nach oben weisend, in Form einer Blüte arrangiert. Das Zentrum wird jeweils von Glasperlen gebildet. Die meisten dieser Gebilde sind leider verloren, die Kittmasse mit den Abdrücken, sowie ein unbeschädigtes Exemplar sind jedoch noch vorhanden. Abb. 123 Detail mit Muschelrosette, Schabracke, Bowes Museum, Barnard Castle Auch die traditionell Van Selow zugeschriebenen Bodenvasen des Städtischen Museums Braunschweig sind mit Muscheln verziert. In diesem Fall sind sie mit der Perlmutterseite nach oben in Kittmasse eingedrückt und nicht in ihrer natürlichen Form belassen, sondern kreisförmig bearbeitet. Sie erscheinen völlig in das aus Glasperlen gebildete Rankenmuster integriert und wirken wie Spiegel durch die stark reflektierende Perlmutterschicht. 227 Auffallend ist der sehr differenzierte und gezielte Einsatz des Materials, je nachdem welcher Effekt erzielt werden sollte. Eine Strukturierung von Flächen wurde mit einer Häufung von Muscheln, verlegt mit der matten Seite nach oben, erzielt. Brigitte Hartmann bezeichnet diese Technik als „Schuppentechnik“ und führt in ihrer Arbeit über die in Oberwesel gefundenen Heiligenfiguren weitere Beispiele für diese Arbeitsweise auf. 433 Sie macht deutlich, dass es bei dieser Dekorationsart weder um eine Sammleridee oder um die Hochwertigkeit des Materials geht, noch um die Imitation eines anderen Stoffes, sondern um die ästhetischen Eigenschaften und die neugeschaffene Struktur die durch die Verwendung dieses Werkstoffes erzielt wird. Akzentuierungen und auch Aufhellungen erreichte man durch die Integration der schillernden, reflektierenden Muschelinnenseite in den matten Glasperlendekor. Auch eine gewisse Dreidimensionalität konnte hierbei erzielt werden, betrachtet man z. B. die fast vollrund gearbeiteten Tiere an den beiden Urnen. Die Ähnlichkeiten in Erscheinungsbild und Materialeigenschaften von Schnecken und Muscheln hängen damit zusammen, dass beide dem Stamm der Mollusken angehören. Dieser formt den Unterstamm der Conchifera, der Schalentragenden, der sich wiederum in fünf unterschiedliche Klassen aufteilt. 434 Zwei dieser Klassen sind die 433 Hartmann (1994), Anm. 11, S. 292. 434 Die Beschreibung der Mollusken folgt den Ausführungen von Hartmann (1994), S. 288- 289 sowie Rivers/ Umney (2005), S. 204- 205, doch siehe auch Abbott (2002) für Abbildungen und weitere Unterscheidungsmerkmale. 228 Gastropoda (Schnecken) und die Bivalvia (Muscheln). Sie leben auf dem Lande und im Wasser auf der ganzen Welt außer der Arktis. Die verschiedenen Arten der Mollusken besitzen größtenteils ähnliche chemische Komponenten, doch sind ihre Mikrostrukturen und die damit verbundenen mechanischen Eigenschaften sehr unterschiedlich. Muschelschalen bestehen aus drei Hauptschichten, die von einer Drüse angelegt und von der obersten Zellschicht des Palliums vergrößert und repariert werden. Dieser Mantel schützt den Eingeweidesack, die Weichteile der Muschel. Die drei Schichten der Schale sind das Periostracum, Ecto- und Mesostracum und Endostracum. Die Hauptbestandteile dieser Lagen sind Conchiolin und Calciumcarbonat. Die Farbigkeit mancher Molluskengehäuse wird durch Pigmente und Biochrome hervorgerufen „Es finden sich Karotine, Indigoide, Melanine, Porphyrine und Bilichrome, Hemicyanide u.a.. Sie sind häufig nicht lichtecht, wodurch die Farben mit der Zeit verblassen und Zeichnungen unlesbar werden.“ 435 Perlmutter wird aus der innersten Schicht des Gehäuses, dem Endostracum gewonnen. Hier bildet die Mollukse eine Lage bestehend aus 10% Conchiolin mit den restlichen 90% bestehend aus orthorhombischen Kristallformen des Calciumcarbonates, Aragonit genannt. Um diese irisierende Innenschicht freizulegen, muss die die rauhe Außenschale abgearbeitet werden. Dies kann durch die unterschiedlichsten Schleifmittel geschehen. Die Perlmutterschicht kann angeritzt und gebrochen, oder gesägt und gefeilt werden. Auch Bohrer kamen zum Einsatz, wie manche Ornamente an der Urne deutlich zeigen. Dekorative Muster wurden durch Ätzen der Perlmutteroberfläche mit Säure erzielt oder durch Gravieren und Schwärzen der Oberfläche. 435 Hartmann (1994), S. 289. 229 Es ist unwahrscheinlich, dass in Van Selows Werkstatt Muscheln, Schnecken oder Perlmutterelemente in größerer Menge hergestellt oder bearbeitet wurden. Es scheint, wie bereits erwähnt, in Braunschweig einen Markt für Perlmutter gegeben zu haben, der wohl in erster Linie an Tischler, die ihre Möbel mit dem exotischen Material verzieren wollten, gerichtet war. Exotische Holzsorten, auch Elfenbein oder Perlmutt, wie sie die Braunschweiger Tischler für Möbelintarsien verwendeten, konnten auf der Braunschweiger Messe erworben werden. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts kamen die ausländischen Materialien auch in unregelmäßigen Lieferungen über Hamburg nach Braunschweig. Verkauft wurde das importierte Handelsgut nach Gewicht. Mit der steigenden Nachfrage nach importierten Rohstoffen regte der Geheime Rat bei verschiedenen Braunschweiger Kaufleuten an, insbesondere mit Elfenbein einen Exklusivhandel zu beginnen. Der direkte Bezug sicherte eine regelmäßige Anlieferung und umging die Zwischenhändler. 436 Auffallend ist in diesem Zusammenhang auch die große Gruppe der Perlmutterarbeiten, Konchilien und Muschelobjekte in den Kunst- und Raritätenkammern der Braunschweiger Herzöge. 437 Sie macht die Beliebtheit des Materials deutlich und die Faszination, die von diesem natürlichen Werkstoff ausging. (siehe hierzu auch Kapitel 3.3) 5.3 Kittmassen Alle bis hierher abgehandelten Materialien gehen selbst keinen Verbund mit dem Holzträger ein, sondern mussten auf diesem mittels einer Zwischenschicht befestigt werden. In der Manufaktur Van Selow verwendete man zu diesem Zweck Kittmassen, in die die anderen 436 Winter (1995), S. 91 und Anmerkungen 13-15 ebd.. 437 Schütte (1997), S. 170 ff. 230 Werkstoffe eingedrückt wurden. Es ist dies eine technische Besonderheit, die bedeutsam für die Zuweisung von Objekten an die Werkstatt ist. Die Stärke der Masse unter den Perlen beträgt in der Regel ca. 1mm, doch kommen auch dickere Bereiche vor. Die Perlen sind bis zur Hälfte eingebettet, wobei die Masse teilweise in die Löcher eingedrungen ist, was zu einer Verbesserung der Haftung führt. Die Kittmassen haben leicht unterschiedliche Farben, doch ist die Mehrzahl von ihnen beige, grau oder gebrochen weiß. Die getrocknete Masse ist porös, aber wasserabweisend und relativ hart. Sie war, als sie aufgetragen wurde, weich und teigähnlich, denn sonst hätten die Glasperlen keine Abdrücke in ihr hinterlassen. Einen weiteren Hinweis auf die Beschaffenheit der Masse liefert Van Selow selbst, wenn er in einer Anzeige darauf aufmerksam macht, dass einige Tische, die er offensichtlich zu früh nach der Herstellung verkauft hat, erst noch austrocknen müssen, ehe sie wasserfest sind. 438 Der Trocknungsprozess scheint ungefähr ein halbes Jahr gedauert zu haben, bittet er doch darum, die Arbeiten, die auf der Wintermesse gekauft wurden, bis zum Sommer an einem trockenen Ort aufzubewahren. „Über die Zusammensetzung der Kittmasse gibt es viele Vermutungen. Eine gelegentlich zu hörende Theorie spricht von einem Kitt aus Brotteig.“ 439 Die naturwissenschaftlichen Untersuchungen können diese Annahme nicht erhärten. So gab Franz Fuhse eine Analyse der Kittmasse an der Technischen Hochschule in Braunschweig in Auftrag. Dieser zufolge besteht die Masse aus „...organischer Substanz, Calcium, Blei, Kieselsäure 438 Vgl. Anmerkung 19. 439 Flöck (2003), S. 67 und Anmerkung 174. 231 und wenig Aluminium und Natrium...“. 440 Hieraus schließt Fuhse auf einen Leinöl- Kreide Kitt mit Mennige oder Bleiweiß und eventuell einem Zusatz von Bernsteinlack. Neuere naturwissenschaftliche Untersuchungen der Bestandteile der Kittmassen führten zu vergleichbaren Ergebnissen. In einer Facharbeit zum Diplom im Fach Restaurierung an der Fachhochschule Hildesheim, stellt Andreas Flöck seine Untersuchung mehrerer Proben vor. 441 Die von ihm angefertigten Querschliffe, zeigen deutlich, dass die Massen nicht homogen sind, sondern Partikel in unterschiedlichen Größen einschließen. 442 Hierbei kann es sich um Pigmentzugaben handeln. Manche Proben weisen eine „leicht gelblich-orange Färbung bis hin zu einer kräftig bernsteinfarbenen Schicht, die leicht transparent wirkt“ an den Unterseiten auf. 443 Flöck stellte ein trocknendes Öl, Pflanzenleim, Harzbestandteile und Kokolithenkreide als Füllmittel fest. Manche Proben wiesen außerdem Spuren von Glutinleim, Gips oder Quarz und Bleiweiß auf. Zu einem grundlegend anderen Ergebnis kommt die Analyse einer Probe von einem Glasperlentisch von Schloss Moritzburg bei Dresden. „Die Untersuchungen ergaben für diesen Tisch einen kaseingebundenen Kreidekitt mit einem Ölzusatz, außerdem war die Kittprobe von oben ausgehend mit Wachs durchtränkt.“ 444 Es ist möglich, dass das Wachs als Klebemittel verwendet wurde, was auf eine spätere Überarbeitung zurückzuführen sein könnte. Es kann an dieser 440 Fuhse zitiert nach Flöck (2003), S. 67. 441 Flöck (2001/02) 442 Ebd. S. 15. 443 Ebd. S. 16. 444 Flöck (2003), S. 70. 232 Stelle keine definitive Aussage über die Topfzeit 445 gemacht werden, während derer eine kaseingebundene Masse bearbeitbar ist, doch ist sie sicher geringer als bei einem reinen Kreidekitt (man geht in der Regel von ca. 10 Stunden aus). Kasein 446 ist aber nach dem Aushärten wasserfest, was die Verwendung dieses Materials in diesem Zusammenhang erklären kann. Kasein scheint auch im Bereich der Grottenkunst zum Einsatz gekommen zu sein, wo seine Eigenschaft, Wasser zu widerstehen, ein wichtiger Faktor war. Für die von Pietro Sardi für die Umgestaltung des Coudenbergpalastes in Brüssel (Ende des 16. bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts) geplante Warande-Park mit einem Netz aus Kanälen, Grotten, Wasserspielen und Springbrunnen berief man den französischen Ingenieur und Hydraulikspezialisten Salomon de Caus. Er errichtete zwischen 1600 und 1602 einen Grotten-Springbrunnen, geschmückt mit exotischen Muscheln, Wasserorgeln und beweglichen Figuren. „Die Muscheln wurden mit einem speziellen Mörtel, dessen Hauptbestandteil Brüsseler Käse war, befestigt.“ 447 In den Rechnungen findet sich am 31. März 1603 (Fol. 64r) der Eintrag: „A Henry de la Jolie la somme de dixsept solz pour avoir livre dix fresches formaiges, servans pour faire le chiment, avecq lequel on dresse la roche de la fontaine artificielle au bout de la longue galerie de la court...“ 448 Kasein wird mit Hilfe von Lab aus Magermilch ausgefällt, wodurch eine Art Magerquark entsteht. Diesem werden Kalk und Pigmente oder andere Zusätze beigegeben, um es für verschiedene Anwendungsbereiche zu konditionieren. 445 Das ist die Zeit in der das Material bearbeitbar ist und noch nicht abgebunden hat. 446 Kasein wird traditionell als Bindemittel für Anstrichfarben, zur Verleimung, für Kitte sowie zum Leimen und Streichen von Papier und zum Wasserdichtmachen von Geweben verwendet (s. www.Kremer-Pigmente.de, aufgesucht am 1. Juli. 2007). 447 Krista de Jonge, Ein Netz von Grotten und Springbrunnen – Die »Warande« zu Brüssel um 1600, in: Härting et al. (2000), S. 89 ff und besonders S. 92 mit Anmerkung 25. 448 Zitiert ebd. in Anm. 25 (ARAB RK 27505, 1604- 1605, Fol. 24v). 233 Eine Untersuchung von Kittmassenproben der Schabracke aus dem Bowes Museum (Barnard Castle) wurde im Victoria and Albert Museum durchgeführt. 449 Mittels FTIR-Analyse wurden verschiedene Materialien festgestellt. Es handelt sich um Zellulose-Fasern, Calcium Carbonat, Gips und ein Ockerpigment. Leider vermag diese Form der Untersuchung keine quantitativen Angaben über die Zusammensetzung der Masse zu machen. Deshalb kann über den Anteil der Zellulosefasern im Kitt keine Aussage getroffen werden. Es kann sich um einen mehr oder weniger großen Bestandteil der Masse, anhaftende Holzfasern vom Untergrund, oder um Bestandteile eines Reinigungshilfsmittels handeln (Wattefasern). Zellulosefasern bewirken eine Reaktion des Kitts auf schwankende Luftfeuchte, indem sie Wasser aufnehmen oder abgeben und entsprechend an Volumen zu- oder abnehmen. Sie sind also in einer wasserfesten Masse nicht erstrebenswert. Brigitte Hartmann untersuchte die Kittmasse an einem von ihr bearbeiteten Aufsatzsekretär mit Muscheldekor, der wohl aus dem späten 18. Jahrhundert stammt. Sie stellte eine plastische Masse fest, bei der es sich um Calciumcarbonat mit einem trocknenden Öl handelt. 450 Im Gegensatz dazu stehen die beiden von ihr analysierten Muschelskulpturen aus Oberwesel. Die dort verwendete rotbraune Masse besteht aus Bindemittel- und Füllstoffgemischen. „Für das Füllstoffgemisch werden Tonerden, Quarze und Ziegelmehl angenommen. Das Bindemittelgemisch 449 Mein Dank gilt Brenda Keneghan (Victoria & Albert Museum), die die Analyse durchgeführt hat. 450 Hartmann (1998). S. 83. 234 besteht aus einer Harzseife und (Harz-) Pech. Bei den Beimengungen handelt es sich wahrscheinlich um Destillationsprodukte von Harz und/oder Ozokerit (Erdwachs).“ 451 Auch diese Masse hat eine lange Topfzeit 452 war knet- und modellierbar und hatte eine ausreichend hohe Klebekraft. Da leider keine Reihenuntersuchung im Rahmen dieser Arbeit durchgeführt werden konnte, kann nicht mit Gewissheit festgestellt werden, wieviele der Objekte der Manufaktur Van Selow die gleiche oder eine sehr ähnliche Zusammensetzung der Kittmasse aufweisen, oder ob nicht verschiedene Rezepte oder Variationen einer Mischung zur Anwendung kamen. Es ist durchaus möglich, dass es Experimente mit Ingredienzien und ihren Mischungsverhältnissen gab, schließlich existierte die Manufaktur über eine längere Zeit und unter verschiedenen Geschäftsleitern. Vieles deutet darauf hin, dass bei einer Großzahl der hier behandelten Stücke eine Art Leinöl-Kreidekitt zur Anwendung kam, ähnlich dem der auch z. B. zum Verglasen von Fenstern verwendet wurde. Die Beimischung von Pigmenten führte zu den unterschiedlichen Farbschattierungen, das Pflanzengummi könnte die Masse elastischer gemacht haben. Es kommen keine bunten Farben vor, sondern helle, neutrale Töne, die die Leuchtkraft der Perlen und anderen Materialien nicht beeinträchtigen sondern fördern. Historische Rezepte für solche Arten von Kittmassen sind in der entsprechenden Quellenliteratur des 18. Jahrhunderts häufig anzutreffen und kamen vielfach im Bereich der häuslichen Innendekoration zum 451 Hartmann (1994), S. 284. 452 Sie ist ca. 10 Stunden lang formbar. 235 Einsatz. Keine der Anweisungen beinhaltet jedoch genau alle in den Analysen gefundenen Bestandteile. Am ähnlichsten erscheint eine Masse, die „Composition“ genannt wird und mit dem Architekten und Designer Robert Adam in Verbindung gebracht wird. „Traditionelle Rezepturen zur Herstellung von Composition enthielten Schlämmkreide als Füllstoff und ein Harz- Leim- Öl- Gemisch, bestehend aus Kolophonium, Knochenleim und Leinöl, als Bindemittel.....Sie [die Masse] trocknete langsam an der Luft und wurde nach etwa zwei Tagen hart.“ 453 Aufwendige Schnitzarbeiten konnten mit diesem knetbaren, thermoplastischen Material kostengünstig reproduziert werden. Man findet es daher häufig an Bilder- und Spiegelrahmen, aber auch an anderen modellierten Ornamenten. Adams ließ seine Rezeptur von Composition patentieren. Er kaufte die patentierten Anweisungen von David Wark (1765) und von John Liardet (1773) auf und brachte sie unter dem Namen „Adam’s New Invented Patent Stucco“ auf den Markt. Der Hauptunterschied zwischen der von ihm angepriesenen Masse und den an vielen Van Selow Objekten anzutreffenden Ingredienzien ist die Verwendung von tierischem Leim, der bei den von Andreas Flöck untersuchten Proben nicht nachweisbar war. Stattdessen fanden sich dort Spuren eines pflanzlichen Gummis. Tierischer Leim macht eine modellierbare Masse bis zu einem gewissen Grad hygroskopisch, was im Fall von Spiegelrahmen kein Problem ist, bei Tischplatten und Skulpturen aber von Bedeutung sein kann. Ob die in der Manufaktur Van Selows verwendeten Rezepte in irgendeiner Weise von den damals modernen Massen aus dem Umfeld Adams beeinflusst waren, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Ihre Zusammensetzung resultiert aus den Anforderungen, die an das Material gestellt wurden, wie auch an 453 Poets (1998/ 99), S. 6. 236 den Ressourcen, die zur Verfügung standen und die ökonomisch sinnvoll waren. Hierin scheint es zu Überschneidungen und Beeinflussungen mit ähnlichen Kitt- und Abformmassen gekommen zu sein. 5.4 Holz für Trägermaterial und Konstruktion Bei der technologischen und kunsthistorischen Analyse einer großen Reihe von Objekten aus der Manufaktur Van Selow ergab sich für die Mehrheit der Stücke folgendes Bild: Bei den rechteckigen und ovalen Tischen bildet eine Holzplatte aus einem oder bis zu vier stumpf gefügten und verleimten Nadelholzbrettern den Untergrund der Tischblätter. Auf der Unterseite sind sie meist mit zwei, in vielen Fällen aus Eiche bestehenden Gratleisten verstärkt. Abb. 124 Unterseite einer Tischplatte mit eichener Gratleiste im Nadelholzträger, Braunschweigisches Landesmuseum 237 Ein hochgezogenes Profil aus Obstholz oder Linde formt den äußeren Rahmen. In die so entstandene Vertiefung wurde eine Kittmasse gestrichen und die Perlen im jeweiligen Muster hineingedrückt. Die Dicke der Tischplatten ohne Profil variiert zwischen 12 bis 25 mm. Die Qualität des Holzes ist nicht immer sehr gut. Oft lassen sich Äste erkennen, die auch für einen Teil der Schäden verantwortlich sind. Rechteckige Tischplatten gab es in zwei Größen, die aber nicht genau eingehalten, sondern, wohl je nach Breite des Holzes, das zur Verfügung stand, leicht variiert wurden. 454 Hein beschreibt in seiner unveröffentlichten Doktorarbeit aus dem Jahr 1950 in Braunschweig eine typische Konstruktionsweise für rechteckige Tische: Die Stollen gehen bis zur Platte durch. Die Zargen sind in diese einseitig abgesetzt eingezapft. Jede der Zapfenverbindungen sind mit zwei Holznägeln gesichert. Unter die Platte sind parallel zu den Schmalseiten des Tisches zwei Gratleisten eingeschoben. Der lichte Abstand dieser Gratleisten entspricht der Entfernung der Seitenzargen-Außenseiten voneinander, so dass die Gratleisten sich an diese anschmiegen. Durch Gratleiste und Zarge hat man jedesmal zwei starke Holznägel geschlagen, wodurch die Platte unverrückbar festsitzt. Für diesen Tisch, der ebenfalls an keiner Stelle furniert ist, wurden ebenfalls vier Holzarten verwendet: für Stollen und Gratleisten Eiche, für Zargen Buche, für die Platte Tanne und für die Plattenrahmenleiste Nussbaum. 455 Es ist nicht ungewöhnlich, dass eine Reihe unterschiedlicher Holzarten für die verschiedenen Teile eines Möbels verwendet wurden, vorausgesetzt, alle waren in irgendeiner Weise einheitlich entweder mit Furnier, Bemalung oder einer anderen Dekorationsweise verdeckt. Im Falle der Van Selow Tische ist dies durch die Belegung der Platten mit Glasmosaik und die Fassung aller holzsichtigen Teile mit einer oder mehreren Farbschichten und manchmal auch partieller Vergoldung gewährleistet. In 454 Die größeren Tischplatten sind ca. 790 x 540 mm groß, während die kleineren in der Regel ca. 710 x 460 mm messen (Angaben nach Flöck (2003), S. 71). Die ovalen Platten schwanken zwischen 940 und 1000 mm in der Länge und 649 und 682 in der Breite. 455 Hein (1950), S. 73- 74: Von-Selow-Tisch, Tafel XVIII, Fig. 3. 238 wenigen Fällen ist die Materialsichtigkeit gewünscht und dann wird auf kostbarere Hölzer zurückgegriffen. 456 Die Konstruktionsweise der ovalen Tische mit Mittelfuß ist eine für die Zeit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sehr gebräuchliche Bauart. Zwischen die beiden Gratleisten, die die Tischplatte stabilisieren sollen werden zwei weitere Leisten eingepasst, die ihrerseits den Klappmechanismus tragen. Dieser besteht in der Regel aus einem auf der Mittelstütze des Fußes befestigtem massiven Holzklotz, der an einer Seite mit Dübeln versehen ist, die beweglich in die seitlichen Leisten der Tischplatte greifen. So kann die Platte entweder aufrecht gestellt werden, oder ruht in horizontaler Position sicher auf dem Klotz. Oft findet sich entweder ein metallener oder hölzerner Riegel, der die Tischplatte vor dem Überschlag in die Vertikale sichert, indem er in ein Gegenstück im Holzklotz eingreift. Abb. 125 Konstruktion eines Klapptisches mit Mittelfuß, Unterseite der Platte 456 Hier sei z. B. ein Klapptisch mit runder Platte im Städtischen Museum in Braunschweig erwähnt, bei dem alle sichtbaren Holzteile aus Mahagoni gefertigt wurden. Inv. Nr. 1979- 81. 239 Die meisten Tischplatten sind in einem erstaunlich guten Zustand, betrachtet man die teils schlechte Qualität des Holzes, die Schwierigkeiten, die die Kombination so vieler Materialien mit unterschiedlicher Hygroskopität mit sich bringt, wie auch die recht simple Konstruktionsweise. Oft sind es nachträgliche Eingriffe, die zu Schäden führen, wie z. B. das feste Verleimen der Platten auf das Gestell, oder das Einleimen der ursprünglich frei beweglichen eichenen Gratleisten. Offensichtlich hat es sich bewährt, den verschiedenen Elementen der Tische so viel Bewegungsfreiheit wie möglich zu geben. Theoretisch war im Falle der mittels vier Dübeln durch Zargen und Gratleisten befestigten Platten eine Trennung der Elemente möglich, doch ist es eher unwahrscheinlich, dass die beiden Teile separat voneinander benutzt wurden. Ganz abgesehen davon, dass es sich um eine ästhetisch sehr unbefriedigende Lösung gehandelt hätte, sind die Gratleisten in der Regel zu grob bearbeitet, um einen sicheren Stand der Platte auf einem anderen Untergrund zu gewährleisten. Nicht, dass eine solch variable Konstruktionsweise nicht in dieser Zeit üblich gewesen wäre. Es sei an dieser Stelle nur an die große Gruppe des Fayencetische erinnert, deren Platten in der Tat als Tabletts zu benutzen waren. Doch ist hier die Unterkonstruktion eine andere. Das Herausnehmen der Platte lässt kein offenes Gestell zurück, sondern legt eine hölzerne Platte frei, auf der das Fayence-Tablett aufliegt. 457 Neben den bereits ausgeführten gildetechnischen und stilistischen Gründen (siehe Kapitel 4.1.1.2) hat die Trennbarkeit von Platte und Gestell den Vorteil, dass Klimaschwankungen zu geringeren Spannungen 457 Vgl. z. B. Guratzsch (2003), S. 131, Abb. 5 oder S. 157, Abb. 28. 240 und damit zu weniger Schäden führten. Auch war durch die lose Verbindung gewährleistet, dass man das Gestell durch ein anderes ersetzen konnte wenn es beschädigt oder unmodern war. In Anbetracht der Häufigkeit von Insektenbefall in den unteren Beinpartien von Tischen und Stühlen, ist dies eine sehr gute Maßnahme. 5.5 Mosaik Über die Herstellung des Glasperlenmosaiks ließen sich bis jetzt keinerlei zeitgenössische Anleitungen finden. Man muss bei den Objekten der Manufaktur Van Selow verschiedene Techniken unterscheiden, die sich aus den unterschiedlichen technischen Erfordernissen der Objektgruppen ergeben. Im folgenden soll im Detail auf die Anfertigung der Tischplatten und der skulpturalen Objekte eingegangen werden. Ein Prinzip der Tischplatten, seien sie rechteckig oder oval, ist, dass sie eine ebene Grundplatte aufweisen, auf die ein hochstehendes Abschlussprofil aufgeleimt wurde. Dieses bildet eine Begrenzung und legt die Ausdehnung der in die so entstandene Vertiefung aufgebrachte Kittmasse fest. Man muss sich die Kittmasse als mehr oder weniger flüssig vorstellen, in jedem Fall streichfähig, knet- und modellierbar. In dieses Material wurden die auf Fäden aufgezogenen Perlen in Reihen gelegt und eingedrückt, bis die Masse in die Löcher der Perlen eindrang. Dies gewährleistete einen haltbaren Verbund. In den allermeisten Fällen sind die Perlen mit den Löchern zur Seite ausgerichtet, was durch das Auffädeln bedingt war. An wenigen Stellen im Glasperlenmosaik der Tische 241 finden sich noch Reste von Fäden, doch sind sie in der Regel entfernt worden. Perlenreihen sind stets in einer Farbe gehalten, was ein weiteres Indiz für die Verwendung aufgefädelter Perlen ist. Nur komplizierte Hauptmotive zeigen Perlen unterschiedlicher Farben in einer Reihe. In diesen Fällen sind entweder sehr kurze Abschnitte einer Perlenkette verwendet worden, oder man hat die Perlen entsprechend des Musters individuell aufgefädelt. Die Nutzung des Rohstoffes Glasperlen in seiner Handelsform ermöglicht ein sehr zügiges Arbeiten, das aufgrund der begrenzten Bearbeitbarkeit des Untergrundes ein Muss war. Es erklärt auch den relativ großen Ausstoß an Objekten. Überdies ermöglichte es, Perlen in unterschiedlichen Größen zu verwenden. Hierdurch konnten Akzente gesetzt oder Konturen betont werden, ohne dass es zu Unregelmäßigkeiten im Motiv kam. Alle Formatunterschiede konnten durch die weitere parallele Reihung von Perlfäden ausgeglichen werden. Das Eindrücken der Perlen in die Kittmasse könnte mit einer Rolle oder einem Brett erfolgt sein und diente dazu, eine möglichst gleichmäßige Oberfläche zu schaffen. In manchen Fällen erscheint die Oberfläche der Perlen eingeebnet, wie abgeschliffen, doch ist bei den meisten Tischen die runde Oberfläche der Rocaillen erhalten. Das Abschleifen der Mosaikoberfläche kann erst nach dem vollständigen Trocknen der Kittmasse erfolgt sein, da man ansonsten das Muster zerstört hätte. Es ist schwer festzustellen, ob das Muster von innen nach außen oder umgekehrt verlegt wurde. In manchen Fällen scheint erst das innere Hauptmotiv entstanden zu sein, gefolgt von Perlenreihen am Rand, die der Kontur der Profilleiste folgen. Oft finden sich hier einige wenige Reihen, in 242 einer Farbe, die der Fassung der Profilleiste entspricht, gefolgt von Perlen, die den Hintergrund für das Hauptmotiv bilden. Dieser kann einfarbig oder in alternierenden Farbreihen gehalten sein, der Farbgebung des Hintergrunds des Hauptmotivs entsprechen, oder von diesem abgesetzt sein. Manchmal wird dies zu einer Verstärkung des dreidimensionalen Eindrucks gezielt eingesetzt. 458 In der letzten Herstellungsphase hat man dann zwischen all diesen Elementen vermittelt, was zu Angleichungen und Übergängen von einem Muster zum anderen führt. 459 Lediglich die Gartenlandschaften füllen wirklich die gesamte Fläche aus und nehmen nicht auf die Schwünge der Außenleiste Rücksicht. Doch selbst hier gibt es einige wenige parallele Perlenreihen, die eine äußere Begrenzung bilden und den Schwüngen des Profils folgen. Die Perlenreihen folgen so oft wie möglich in parallelen Reihen einer der Musterlinien. So entstehende Zwischenräume werden mit kürzeren Abschnitten von Perlsträngen gefüllt. Dies hat neben ästhetischen auch technologische Gründe. So ist es einfacher, Perlenreihen aneinander zu drücken, als frei zu verlegen. Die Reihen stützen sich gegenseitig und die Perlen drehen sich nicht in eine Richtung oder legen sich gar auf die Seite mit der Öffnung nach oben. 458 Vgl. z. B. Konsoltisch mit Papagei aus dem Städtischen Museum in Braunschweig (ohne Inv. Nr.). 459 Man vergleiche hier besonders Tische mit Rocaillemustern oder Papageien. 243 Abb. 126 Tischplatte mit Papageienmotiv, mit besonders ausgeprägter paralleler Linienführung der Perlenstränge In vorangegangenen Kapiteln wurde mehrfach auf die mehr oder weniger freie Verwendung von Vorlagen verwiesen. Sie legten entweder die verschiedenen Elemente einer Komposition oder aber auch die Gesamtanlage des Motivs fest. Über die genaue Übertragung derselben auf das Trägermaterial kann nur spekuliert werden. Bert Bilzer stellt in seinem Führer durch die Schausammlung des Städtischen Museums in Braunschweig folgende Theorie auf: Die Perlenschnüre waren vorher auf Pappschablonen, die farbige Vorzeichnungen trugen, ausgelegt worden. In der richtigen Reihenfolge aufgezogen und in den Kitt gelegt, entstanden die ‚richtigen’ Bilder. 460 Diese Vorgehensweise erklärt vielleicht die Fertigung der Perlenreihen für die beiden Schränke im Städtischen Museum, bei denen Perlen unterschiedlicher Größe und Form aufgefädelt werden mussten, erscheint aber für die Tischplatten mit ihren einfarbigen Reihen als zu zeitaufwendig 460 Bilzer (1969), S. 10 244 und aufgrund der bereits aufgefädelt erhältlichen Perlstränge auch nicht notwendig. Umzeichnungen von Rocaillemustern einer Gruppe ergaben keine hundertprozentige Übereinstimmung selbst der ähnlichsten Dekore, sondern nur eine große Annäherung. Der Grund hierfür kann sein, dass die Technik der Herstellung des Motivs eine direkte Übertragung einer Vorlage auf die Platte oder die Kittmasse kaum zulässt. Zumindest finden sich auf den hölzernen Platten keine Vorritzungen oder Farblinien. Falls eine Vorzeichnung in irgendeiner Weise auf die Kittmasse übertragen wurde, so ist diese in Folge der Perlenlegetechnik verloren gegangen. Man könnte sich Linien aus Kohlestaub vorstellen, oder Schablonen, deren Umrisse als Konturlinie in die Kittmasse eingeschrieben wurde. Auch eine Art Druckmodel kann nicht ausgeschlossen werden. Da auch bei Motiven, die eine große Übereinstimmung zeigen, Abweichungen in der Verlegerichtung und Ausrichtung der Perlen vorkommen, scheinen die Vorzeichnungen eher nur Umrisse angegeben zu haben und nicht sehr detailliert gewesen zu sein. Skulpturale Objekte bedürfen einer Variation der oben beschriebenen Technik, um die Bindung von Glasperlen mit dem Untergrund zu gewährleisten. Hier ist es wegen der aufgetretenen Schäden leichter, die Grundprinzipien der Herstellungsweise zu erkennen. Die Papageienskulpturen weisen eine Kittmasse auf, die sich von einem Untergrund abgelöst hat, der offensichtlich im Laufe der Zeit geschrumpft ist. Viele der Perlen haben noch Haftung mit der Masse. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Fäden noch vorhanden sind, also nicht, wie bei den 245 Tischen herausgezogen wurden. Dies hat zum einen sicher das Verlegen und die Positionierung erleichtert, zum anderen hält es bis heute noch die Perlen in Position. Selbst wenn sie an manchen Stellen die Haftung verloren, so wurden sie doch durch den Faden und damit den Verbund mit den anderen Perlen der Reihe am Objekt gehalten. Am Papagei des Herzog-Anton-Ulrich Museums scheint der Faden in der Farbe der Perlen eingefärbt zu sein. Da es sich an den Stellen, an denen er sichtbar ist, um Fehlstellen im Mosaikverbund handelt, ist eine nachträgliche farbliche Anpassung als Teil eines Restaurierungsvorganges jedoch nicht auszuschließen. Die Belegung der Urnen aus der Lady Lever Art Gallery und dem Victoria & Albert Museum stellte eine ungleich komplexere Aufgabe dar. Hier war Haftung auf nahezu senkrechten Flächen zu gewährleisten. Man erkennt an einigen Schadstellen deutlich, dass die Perlen aufgefädelt waren. Abb. 127 Detail mit Fadenresten, Urne der Lady Lever Art Gallery 246 Zusätzlich wurden diese Fäden durch metallene Häkchen geführt, die in Abständen in den hölzernen Träger eingeschlagen wurden. Die Position der Häkchen folgt den Hauptkonturlinien der Ornamente und stellt somit ein Grundgerüst dar. Es ist anzunehmen, dass diese Grundkonstruktion zuerst fertig gestellt und dann von ihr ausgehend weitere Perlenreihen aufgebaut wurden. Abb. 128 Fadenreste und Metallhäkchen, Bein des Untergestells, Urne, Lady Lever Art Gallery 247 Eine Abwandlung hiervon sind die vorgefertigten Ketten aus Perlen verschiedener Farben. Eine weitere Befestigungsmöglichkeit stellen Drähte dar, mit deren Hilfe verschiedene Perlenformen und -größen kombiniert werden konnten. Sie kamen besonders in den Eckbereichen zum Einsatz. Aufgefädelte Glasperlen bilden einen Teil der Dekoration an den Skulpturen in Kopenhagen. Die Technik weist große Ähnlichkeiten mit z. B. der der Papageienskulpturen auf. Die Gesichter der Skulpturen sind mit parallelen Reihen gestaltet, die alle in einem Farbton sind. Lediglich die Augen und die Augenbrauen sind farblich abgesetzt. Weitere Akzente setzen Tupfer roter Farbe im Bereich der Lippen und der Nasenhöhlen. 461 Abb. 129 Detail der Muschelskulptur mit Pfau, Nationalmuseum Kopenhagen 461 Ähnliche Akzente durch nachträglich auf die Perlen aufgetragenen Farbe sind auch an den Papageienskulpturen zu finden. Rote Farbakzente Schwarze Perlen 248 An einigen Schadstellen ragen die Fadenenden noch aus dem Verbund heraus. Die Kittmasse ist relativ dünn aufgetragen und weist einen inkarnatfarbenen Farbton auf. Die Perlen an der Schabracke im Bowes Museum sind nicht aufgefädelt. Allerdings ist die Kittmasse sehr dick und die Perlen teilweise über die Hälfte ihrer Stärke darin eingebettet, was eine gute Haftung gewährleistet. Als Besonderheit und auch Abweichung von anderen Objekten der Manufaktur van Selow ist die Verlegung einiger Perlen mit der Öffnung nach oben zu sehen. Hierdurch wird ein besonderer Effekt erzielt, der allerdings bedeutet, dass Perlen einzeln in die Kittmasse gedrückt werden mussten. Abb. 130 Maske mit Perlenbelag, Schabracke, Bowes Museum, Barnard Castle Es gibt technische Gemeinsamkeiten zwischen dem Pelmet und anderen Objekten der Manufaktur Van Selow. So ist die Kittmasse in ähnlicher 249 Weise mehrschichtig aufgebaut und reliefiert, wie dies im Fußbereich der Urnen zu finden ist. Die Glasperlen sind in der für Van Selow üblichen Größe, Form und Farbe anzutreffen. Akzentuierungen durch rote Farbe lassen sich hier ebenso finden, wie eine Gestaltung des Hintergrundes mit Glimmer. Anders ist, dass das Objekt nicht gänzlich mit Perlen und Muscheln bedeckt ist, sondern einen zwar punzierten und gestalteten, aber doch eher schlichten Hintergrund aufweist. Es ist möglich, dass der Eindruck heute täuscht und das Glitzern des Flächenmaterials stärker war, aber der Horror Vacui, der Van Selows andere Objekte auszeichnet, ist an der Schabracke nicht zu finden. Ob dies auf eine besondere Vorlage, den Auftraggeberwunsch oder darauf hindeutet, dass dieses Objekt nicht zu den Erzeugnissen der Corallenfabric gehört, kann nicht abschließend geklärt werden. Die Gemeinsamkeiten in der Verwendung und dem Umgang mit Materialien wie auch technische Details lassen der Schabracke zumindest einen Platz im engen Umkreis der Werkstatt. Abb. 131 Detail der Krone, Schabracke Bowes Museum, Barnard Castle 250 6 Farbigkeit Wie in den vorangegangenen Kapiteln deutlich geworden ist, bildet die auch heute noch kräftige Farbigkeit des Glasperlenmosaiks und oft auch der Fassung der Gestelle, ein wichtiges Charakteristikum der Objekte der Manufaktur Van Selow. Gewöhnt an unterschiedliche Abstufungen von Braun an Möbeln, erscheint das Pink, Hellblau, Grün und Weiß der Glasperlen dem heutigen Betrachter gewöhnungsbedürftig für Stücke der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Wie bereits in vorherigen Kapiteln angedeutet, ist die beständige Farbigkeit jedoch einer der Reize, der im zeitgenössischen Nutzer und Betrachter den Kaufwunsch ausgelöst haben muss. Nicht nur im Bereich der Holzgegenstände, sondern auch in der bildenden Kunst war man sich der zerstörerischen Kraft des Sonnenlichtes bewusst. So wurden z. B. Gemälde durch Vorhänge geschützt. Wenige Beispiele von Vorhangstangen scheinen sich erhalten zu haben. 462 „Kein Zweifel, dass die Vorhänge zum Zwecke der Erhaltung nützlich sind. Wenn möglich sollten sie von unten nach oben heraufgezogen oder von oben herabgelassen und nicht von den Seiten her zugezogen werden, damit der Blick und der Lichteinfall nicht behindert werden.“ 463 Vorhänge dienten nicht nur dem Zweck, Gemälde vor dem Verfall zu schützen, sondern auch dazu, sie effektvoll präsentieren zu können. Dieser performative Akt wurde vollzogen, indem man zur Betrachtung des Kunstwerkes seinen Vorhang herabließ, den, in den Rahmen integrierten 462 Welzel (2006), S. 115. 463 Zitiert nach Welzel (2006), S. 115, siehe dort auch Fußnote 19. 251 Schiebedeckel zurückzog, oder es aus seinem Schuber oder Beutel, in dem es aufbewahrt wurde, herausnahm. 464 Dass der Wunsch nach größerer Farbigkeit an Möbeln schon in früheren Jahrhunderten angestrebt wurde, muss in diesem Zusammenhang ebenfalls erwähnt werden. Die Verwendung von Beizen und farbigen Hölzern an den Intarsien der italienischen Renaissance demonstrieren ihn ebenso wie die Verwendung von farbigen Steinen (Pietra Dura, Scagliola), bunt unterlegtem Schildpatt (Boulle), Metallen oder durch Pilzbefall permanent gefärbten oder geaderten Hölzern im 17. Jahrhundert. Holzbeizen wurden, ähnlich Textilfarben, aus natürlichen Rohstoffen pflanzlichen oder tierischen Ursprungs gewonnen. Diese sind nicht sehr lichtecht und unterliegen beim Einfluss von UV-Strahlung einer photochemischen Degeneration, die ein irreversibles Verblassen der Farben zur Folge hat. Dies lässt sich gut am Beispiel von Arbeiten aus der Werkstatt David Roentgens demonstrieren. Neuere Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Holzbeizen und die genaue naturwissenschaftliche Untersuchung von Objekten aus der Roentgenwerkstatt haben zu dem Ergebnis geführt, dass die heute erkennbare Braunsichtigkeit in keiner Weise dem ursprünglichen Erscheinungsbild entsprach. Marketerien waren oft in kräftigen Farben auf grauem Untergrund gearbeitet. Die Nachahmung der Natur in Holzeinlegearbeit war ein Ziel, das man anstrebte. Über Michael Rummer (1747– 1821), der Marketerien für Roentgenmöbel hergestellt hat heißt es in einem 1780 erschienen Bericht:“ Michael Rummer [...] hat die Einlegekunst in Holz zu einer solchen Vollkommenheit gebracht, daß man sie nur schwerlich höher 464 Ebd. S. 120. 252 treiben kann. Durch treffendste Nachahmung der Natur und reißende Kraft der Farben weiß er das Auge des Kunstliebhabers auf das Angenehmste zu täuschen.“ 465 Petra Krutisch beschreibt die verschiedenen Phasen der Farbgestaltung in der Roentgenwerkstatt. Große Neuerungen in der Färbe- und Beiztechnik scheinen in der Phase von 1765 bis 1769 zum Tragen gekommen zu sein. Diese Farben sind an lichtgeschützten Stellen im Inneren der Möbel noch zu erkennen und ihre Hauptbestandteile auch nachweisbar. Entsprechende Versuche der Rekonstruktion ergeben ähnliche Farbkombinationen, wie sie auch an den Tischplatten van Selows feststellbar sind. 466 Abb. 132 - 134 Platte eines Ständerschreibtisches, Roentgenwerkstatt 1767/69 mit Farbrekonstruktion Abb. 146 Platte mit Papageienmotiv, Manufaktur van Selow, Privatbesitz 465 Krutisch (2007), S. 62- 63. 466 Vgl. Krutisch (2007), S. 46 (Abb. 48) mit Rekonstruktion auf S. 68 (Abb. 73). Die Vogelmotive scheinen bei Roentgen wie auch bei Van Selow von George Edwards Papageienabbildungen beeinflusst gewesen zu sein und entsprechen diesen daher in der Farbgebung. 253 Während die Herstellung einer Farbharmonie in der Kunst des 17. Jahrhunderts zum Erfahrungswissen gehörte und kein akademisches Regelwerk bekannt ist, 467 zieht sich die wissenschaftliche Beschäftigung mit Farbe, Farbmaterialien und Farbsystemen wie ein roter Faden durch das 18. Jahrhundert. Sarah Lowengard hat sich im Rahmen ihrer Dissertation und anderer Publikationen sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt. 468 Einerseits hat man sich im 18. Jahrhundert auf unterschiedliche Weise mit der Herstellung von Farben und neuer Farbschattierungen auseinandergesetzt. Andererseits führte der Versuch, Farben wissenschaftlich zu beschreiben zur Entwicklung einer Vielzahl von Kategorien und Systemen. Statt jedoch eine Vereinheitlichung zu erzielen, wurden die Beschreibungen und Namen immer vielfältiger und verwirrender, immer mehr Grundfarben und Farbschattierungen wurden benannt. 469 Ausgehend von Newtons Opticks erschienen eine große Zahl von Veröffentlichungen zum Thema Farbe und der Debatte über die Primärfarben und die Farbharmonie. 470 Interessant ist in diesem Zusammenhang die Verbindung von Farbharmonie und Musik, wie sie sich z. B. in Louis Bertrand Castels Augencembalo manifestiert 471 oder in Newtons Idee, die messbaren Verhältnisse der sieben Grundfarben im Prisma entsprächen proportional den Intervallen in der Musik. „May not the harmony and discord of Colours arise from the proportions of the Vibrations propagated through the Fibres of the optick Nerves into the 467 Boskamp (2001), S. 222. 468 Lowengard (1999) und (2006). 469 Einen Eindruck in die Vielfalt von Farbnamen vermittelt das Glossary of Colour Names, Appendix A im Anhang an Bristow (1996), S. 153 ff. 470 Boskamp (2001), S. 223. 471 Ebd. S. 224 ff. 254 Brain, as the harmony and discord of Sounds arise from the proportions of the Vibrations of the Air? For some colours, if they be view’d together, are agreeable to one another, as those of Gold and Indigo, and others disagree.” 472 Obwohl Newtons Ideen und Analogien auf großen Widerspruch stießen, haben sich viele Künstler des 18. Jahrhunderts mit seinen Ideen auseinandergesetzt. So wurde 1769 ein Gedicht von Antoine Marin Lemiere veröffentlicht (La Peinture) und von dem Graphiker Charles- Nicolas Cochin (fils) illustriert. Im zweiten Gesang dieses Gedichtes werden die sieben Farben des Regenbogens als regelgebend für die Farbharmonie dargestellt. Die Farben des Prismas gelten als natürliches Vorbild für die Farbharmonie in der Kunst. Die Farben sollten nach dem Vorbild der Musik kombiniert werden:“ Dans quel contraste heureux sont modulés les sons! / Ainsi dans les couleurs sache opposer les tons: / Cet Art est difficile & veut plus d’une veille, / La Musique est image & doit peindre à l’ oreille / Toi fais de la Peinture un concert à nos yeux.“ 473 Einer der Gründe für die Faszination, die von Porzellan und auch der Emailmalerei ausging und daher auch die Entwicklung dieser Werkstoffe beförderte, war die Möglichkeit, auf ihnen in einer Vielzahl von Farbtönen Muster und Motive permanent auftragen zu können. Die Übertragung dieser permanenten Farbmaterialien auf Gemälde war eine Aufgabe, der man sich ebenfalls stellte. Auf diese Weise wollte man eine größere Langlebigkeit der Farben erzielen. We know of the technical difficulties of this adaptation, through studies of Josiah Wedgwood's collaboration with the painter George Stubbs, in 1780. Almost twenty years earlier, the Committee on Polite Arts of the Society of Arts had established a premium for landscape and sea painting 472 Zitiert nach Boskamp (2001), S. 227- 228, Anm. 19. 473 Zitiert nach Boskamp (2001), S. 234, Anm. 42. 255 using these materials: They offered 25–50 guineas for an enamel painting at least 3 by 2.5 inches. The creation of enamel paintings that were paintings first and ceramic objects second was undertaken in Germany at the Königliche Porzellan-Manufaktur, in France by Alexandre Brongniart at Sèvres, by Dihl and Guérhard at their Paris manufacture, and elsewhere, with varying declarations of success. 474 Wichtig wurden bestimmte Eigenschaften von Farbe, die man wissenschaftlich nachzuprüfen versuchte. „In the eighteenth century, the definition of good colour had two components: permanence and aesthetic appeal…..However beautiful it might be, a good colour was also ‘solid’. It did not fade or darken, peel or rub off in time. Good colour was unaltered by light, water, airborne acids and other sources of destruction.” 475 Eine gute Farbe beeinflusste angrenzende Farbpartien nicht und veränderte auch nicht das Kolorit eines Kunstwerkes als Ganzes im Laufe der Zeit. Viele Farben leiden bei Einwirkung von Säuren oder Laugen, was sie für die Anwendung auf einer Tischplatte oder im Zusammenhang mit der Tee- oder Kaffeezubereitung unbrauchbar macht. Diese Reaktionen von Farbmaterialien waren Künstlern und Chemikern seit spätestens dem Ende des 16. Jahrhunderts vertraut und bildeten die Basis und eine Motivation für die Beschäftigung mit diesen Phänomenen in ihren Laboren. Auch Glasfarben und Glasuren waren nicht immer beständig. Einige überlebten den Schmelzprozess erst gar nicht, oder gingen keine beständige Verbindung mit dem Untergrund ein, blätterten vom Email oder bildeten Krakeluren aus, die das Eindringen von Flüssigkeiten oder atmosphärischen Schadstoffen zuließen und damit zu weiteren Schäden führten. Gute Farben in diesem Materialkreis hingegen besitzen das ideale Zusammenspiel von Beständigkeit, gutem Handgefühl, Brillanz und Glanz. 474 Lowengard (2006), Chapter 2, S. 21. 475 Lowengard (1999), S. 111. 256 Schon Antonii Neri, ein Florentiner Priester, der 1612 eine der grundlegenden Abhandlungen über die Glasmacherkunst verfasste schrieb in seinem Vorwort zur „Arte vetraria“: Daß das vielnutzliche Glaß/ unter allen wahrhafftigen Erfindungen und Früchten/ der löblichen Feuer- und Schmelz-Kunst/ nicht der geringsten seye/ ist und bleibet sonder allen Zweifel wahr:......Denn es zerschmelzet im Feuer/ und bleibet in demselben beständig: Ja/ es wird/ gleich dem Gold/ als ein vollkommenes und leuchtendes Metall/ im Feuer vollkommen gereiniget und gläntzend. Daß das Glaß.....leichtlich und mit geringen Kosten kan bereitet werden; so ist es noch über dieses/ eine viel subtilere/saubere und schönere Materia/ als einige andere....Ja/ so das Glaß in den Schmeltz-Ofen kommet/so wird es so vieler schönen/ hohen/ lieblichen und vollkommenen Farben theilhafftig/daß keine Materia/ so ihm gleich wäre in der gantzen Welt/ anzutreffen ist. 476 Die Vielzahl der auf die Einleitung folgenden Anweisungen zur Herstellung von Farben für verschiedene Glasarten, für die Glasmalerei, für das Herstellen von Edelsteinimitaten, aber auch für Holzbeizen und Möbellacke ist schlichtweg überwältigend. Neris Buch hatte in den folgenden Jahren einen enormen Einfluss auf die Glasmacherkunst. Hiervon zeugen die Übersetzungen, Neudrucke und Erweiterungen, wie z. B. die von Johann Kunckel, der jedes der Bücher Neris übersetzte und dann mit eigenen Kommentaren versah, die die Rezepte für die Glasmacherindustrie Deutschlands nutzbar machten. Im 18. Jahrhundert wurden Farben auf ihre Qualität hin getestet. Es gab, je nach Farbmedium, unterschiedliche Testmethoden, da die Ausgangsmaterialien und deren chemische und physikalische Eigenschaften nicht vergleichbar waren. 477 476 Zitiert in der deutschen Übersetzung von Johann Kunckel in seiner „Ars vitraria“ von 1689 (Nachdruck Olms Verlag 1992) als Einleitungs-Vorrede an den Kunst-begierigen Leser. 477 Lowengard (2006), B_Chap. 1, S. 9. 257 Neben der Lichtechtheit sollte eine „schöne“ Farbe ästhetisch ansprechend sein. Diese Eigenschaft ist in hohem Maße vom subjektiven Empfinden abhängig, wechselhaft und war sicher damals wie heute der Mode unterworfen. „All presentations of a new colour, whether in advertisement, scientific publication, or popular discussion, note its beauty, confirming its value in fashion.” 478 Zu den Farben, die offensichtlich sehr beliebt waren, zählen die stark gesättigten Töne, die schwer herzustellen und teuer waren, wie Dunkelblau, Türkis oder ein kräftiges Rot. Rosa, Gelb und Limonengrün werden mit französischer Mode in der Mitte des 18. Jahrhunderts assoziiert, wie auch mit der Farbigkeit des friderizianischen Rokoko. 479 „Still, such colors as liver- color, goose- shit green, or Paris mud — names suggesting intense if not exactly sparkling shades — also had a recognized place in the eighteenth- century palette.” 480 Die Tatsache, dass die Mode und damit die Beliebtheit von Farben vom Einfluss der einzelnen Höfe oder gar einzelner Personen ausgeht, macht die Beschreibung der Entwicklung von Farbigkeit nicht leichter und vielleicht sogar unmöglich. So wurde z. B. ein besonderer Rotton nach Madame de Pompadour benannt und in Kleiderstoffen, als Porzellanfarbe und an anderen Dekorations- gegenständen verwendet. 481 Die Charakterisierung von Farbtönen bezüglich ihres Einflusses auf die Psyche beeinflusste ihre Verwendung in Räumen. So wurde Gelb als sommerlich heiter stimmend angesehen, 478 Lowengard (1999), S. 111. 479 Friederike Wappenschmidt beschreibt die vorherrschende Farbigkeit an den europäischen Höfen in ihrem Buch „Der Traum von Arkadien“ und diversen Aufsätzen zu diesem Thema. Für Sanssouci finden sich Farbbezeichnungen wie Carmoisinroth, Ponceauroth, Weiß, Perlfarben, Gelb, Grün, Pomme de vert, Seladongrün, Meergrün, Blau, Bleumorante, Couleur de rose, Couleur de chair, Gris de lin und Violett (s. Wappenschmidt 1990, S. 132). 480 Lowengard (2006), B_Chap. 01, S. 2. 481 Wappenschmidt (1990), S. 123 und vor allem Lowengard (1999), S. 107. 258 erinnernd an Licht und Sonne, doch warnte man davor, es im Boudoir zu verwenden, wo es einen unangenehmen Effekt erzeuge. Blau bewirke ein Gefühl von Ruhe und Harmonie, mache aber blass (was erwünscht war) und lasse einen Raum kalt, weit und leer erscheinen. 482 Farbe ist eine der vielen Variablen, die ein Objekt bestimmen. Wie bereits angedeutet, waren andere Kriterien in diesem Zusammenhang ebenfalls sehr hoch angesehen, da sie die Beständigkeit der Funktion, der äußeren Gestalt eines Möbels und auch die Qualität der Farbigkeit beeinflussten. Hierzu zählten Glanz und Undurchdringlichkeit, Eigenschaften, die glasiertes Porzellan wie auch Glas in hohem Maße bieten konnten und die man auch bei Gemälden oder Textilien zu erzielen suchte. This can be seen most easily in ceramics, where the addition of a covering glaze was known to strengthen the clay body and make it impermeable. The dual purpose also exists in the equation of shininess with impenetrability and completeness: this shininess is available to paintings through varnishing, and to textiles through the oiling or calendaring of cloths, or the use of glossy fibers. 483 Die Verzierung von Möbeln und anderen Gebrauchs- oder Dekorations- gegenständen mit einer farbigen Glasur, mit buntem Lack, Muscheln, Perlmutter oder mit Glasperlen erfüllte Kriterien an Funktion und Ästhetik, die offensichtlich als wichtig und begehrenswert angesehen wurden. Insofern befriedigen die Objekte der Manufaktur Van Selow einen Bedarf ihrer Zeit, waren modern, neu, funktional, von beständiger Farbigkeit und angenehmem Handgefühl. Ihre Farbigkeit korrespondiert mit der von Porzellan und ist in der Nutzung mit demselben sicher als reizvoll angesehen worden. 482 Nach Wappenschmidt (1990), S. 201. 483 Lowengard (2006), B_Chap. 03, S. 23- 24. 259 Es wäre äußerst spekulativ, eine Entwicklung in der Palette des Glasperlenmosaiks rekonstruieren zu wollen, sogar Farbpräferenzen für Motivgruppen sind nur schwer festzumachen. Zu wenig ist bekannt darüber, ob und in welchem Maße auf Vorrat gearbeitet wurde oder Werke als Auftragsarbeiten anzusehen sind. Einzelne Motivgruppen weisen keine spezifische, klar definierbare Farbigkeit auf, es lassen sich aber gewisse Vorlieben oder Tendenzen aufzeigen. Diese müssen aber recht allgemein bleiben. Es ist durchaus möglich, dass es Absicht war, dem Kunden möglichst viele verschiedene Variationen eines Motivs anzubieten, so dass er diejenige aussuchen konnte, die am besten in den Farbklang seines Interieurs passte. Die folgende Liste weist einigen der erhaltenen Motivtypen an Tischplatten die jeweils verwendeten Hauptfarben zu. Es wird hierbei nicht zwischen opaken und transluziden Perlen unterschieden. Chinoise Motive: Die vorherrschend erscheinenden Farben sind Weiß und ein Mittelblau mit Abstufungen in Türkis, die für Hintergründe und Teile der Hauptmotive eingesetzt werden. Dies entspricht der Farbigkeit vieler chinesischer Porzellane. Auch eine Anlehnung an die damals sehr beliebte Seladonglasur ist erkennbar. Abb. 135 Tisch mit Chinesenmotiv, Kunsthandel 260 Akzente werden in Grün, Rot und Gold gesetzt. Die Gesichter sind meist mit transparenten oder braunen Perlen gestaltet. Die einzige Abweichung ist eine weibliche Figur, deren vorherrschender Farbklang Gold und Schwarz mit Akzenten in Rot und Weiß ist. Papageien auf rechteckigen Tischplatten: Abb. 136 Tischplatte mit Papageienmotiv, Privatbesitz Vorherrschend hellblaue oder weiße Hintergründe, manchmal mit gestreiften Rändern in Rot-Weiß oder Blau-Weiß. Gelb kommt hier sehr selten vor. Konturlinien können weiß oder schwarz sein; die Rocaillekartuschen sind entweder in Grün- oder Blauabstufungen ausgeführt mit gelben Akzenten, Früchte in Rot und Gelb. Die Papageien sind relativ einheitlich in der Farbgestaltung. Die meisten haben einen grün und/oder blau ausgeführten Körper mit einem gelben Kopf und rot, gelb und grün abgesetzten Flügeln. Fast alle besitzen rote Federn auf der exponierten Innenseite des Schwanzes und auf der Oberseite der Schenkel. Kakadus auf Konsoltischen tragen einen roten Kamm. Die federnlosen Beine und Krallen sind braun oder gelb. Dies gilt auch für die 261 Mehrzahl der Schnäbel, die durch eine rote Perlenreihe vom Kopf abgesetzt sind. Papageien auf ovalen Tischplatten: Die Farbgestaltung bei dieser Gruppe ist sehr uneinheitlich. Es kommen dunkle und helle Hintergründe vor. Die vorherrschende Hintergrundfarbe in vielen Fällen ist Hellblau. Rocaillen sind entweder in Grün- oder Blautönen mit weißen Konturen. Die Papageien kommen in vielen verschiedenen Farbkombinationen vor, wie Grün – Rot - Gelb, Blau - Gelb und Blau - Rot. Geometrische Muster: Sie sind ausgeführt in Grün - Weiß oder Blau - Weiß. Akzente werden in Schwarz, Weiß und Gelb gesetzt. Rocaillemuster: Den verschiedenen Rocailletypen kann kein einheitliches oder typisches Farbschema zugewiesen werden. Die Farbauswahl für die Rocaillegruppe ist jedoch in den allermeisten Fällen von Hellblau und Grüntönen bestimmt. Auch Weiß kommt öfter vor, entweder als Hintergrund- oder als Konturfarbe. In wenigen Ausnahmen sind rot-weiß gestreifte Randmuster eingesetzt worden und Blattranken in mehr naturalistischen Gold- und Brauntönen gehalten. Dies gilt auch für einzelne Sonderelemente, wie z. B. ein Füllhorn mit Früchten. Sind naturalistische Blätter und Früchte auszumachen, so sind diese meistens in Grün bzw. Rot widergegeben. Bildet die Rocaille lediglich eine Kartusche mit leerer Spiegelfläche, so kann sie auch weiß abgesetzt sein und rote Elemente aufweisen. 262 Gartenlandschaften: Die Farbgebung in dieser Gruppe erscheint gegenüber den anderen Motivgruppen geradezu standardisiert. Pflanzen sind in Grüntönen gehalten, Mauern, Wasser und Wolken sind meist blau, Himmel weiß. Wege, Spaliergerüste und Dachkonstruktionen erscheinen Goldgelb. Die auffallende Einheitlichkeit der Farbigkeit in dieser Objektgruppe könnte auf eine besonders gut ausgearbeitete Vorlage zurückzuführen sein. In der Gruppe der Papageien oder Rocaillen waren hingegen vielleicht nur Umrisslinien vorgegeben, ein nicht farblich bestimmtes Grundgerüst, das je nach Vorliebe des Arbeiters oder nach Kundenwunsch variiert werden konnte. Die Variationen in den Papageien selbst sind eher minimal. Es gibt verschiedene Typen, die sich in der farblichen Gestaltung unterscheiden, was wiederum auf die Verwendung graphischer Vorlagen hinweist. Auffallend ist die überwiegende Verwendung von Hellblau, Weiß und verschiedenen Grüntönen mit Akzenten in Rot und Gelb. Ob dies im Zusammenhang mit den chinoisen Motiven an chinesische Porzellane erinnern sollte, sei dahin gestellt. Die Ähnlichkeiten von Fayencen mit chinesischem Porzellan ist teilweise sehr viel deutlicher ausgeprägt als bei den Glasperlenmosaiken. Es ist möglich, dass blaue und grüne Perlen billiger waren als andere Farben oder in größeren Mengen verfügbar. Vielleicht machte auch eine Farbauswahl an Möbeln, die mit natürlichen oder gebeizten Hölzern nur mit großer Mühe zu erzielen und dann auch nicht lange zu erhalten war, den Reiz der Glasmosaike aus. Wie bereits erwähnt, versuchten auch die Roentgen Manufaktur und andere führende Möbelhersteller Effekte auf Holz zu erzielen, die bis dahin nicht möglich gewesen waren. Gemälde machen deutlich, dass sich diese Form von 263 Mobiliar in Räume einpassen musste, die mit vielen Farben und den unterschiedlichsten Materialien geschmückt waren. Farbige Lackarbeiten wetteiferten mit exotischen Materialien, kostbaren Gläsern, Porzellanen und Textilien. Interieurs entwickelten sich zu Gesamtkunstwerken, die immer schneller wechselnden Moden unterworfen waren. Abb. 137 Ovaler Klapptisch mit Blumenarrangement 264 7 Fazit und Ausblick Die Aufschlüsselung der Gruppe der mit Glasperlenmosaik verzierten Möbel und anderen Gegenstände aus der Manufaktur Van Selow hat viele Aspekte dieser ungewöhnlichen Gruppe von Objekten deutlicher gemacht, einige der anfangs gestellten Fragen beantworten können und neue aufgeworfen. Eine der Fragen lautet: Waren die Glasmosaike eine neue Erfindung, wie Van Selow behauptet? Bei allen Vergleichen mit ähnlichen Techniken oder der Verwendung ästhetisch vergleichbarer Materialien in anderen Zusammenhängen kristallisiert sich heraus, dass es sich bei der in der Manufaktur praktizierten Vorgehensweise, Glasperlen in Kittmasse zu fixieren, um ein singuläres Phänomen handelt. Bereits im 17. Jahrhundert hat es Glasmöbel, wie den Tisch Perrots oder venezianische Glasmöbel sowie Raumausstattungen mit Glasperlen im textilen Verbund gegeben, doch sind in diesen Fällen lediglich die Effekte vergleichbar – die lang anhaltende Farbigkeit, der Glanz und taktile Reiz des Materials. Die einzige Brücke zu Van Selow im Bereich der flächigen Verwendung von Glasperlen auf Textil, schlagen die beiden Kommoden im Städtischen Museum in Braunschweig, deren Zuschreibung jedoch nicht weiter unterstützt werden kann. Sie sind jedoch wohl der Grund dafür, dass auch in neueren Auktionskatalog- Beschreibungen von Tischen der Corallenfabrik immer wieder auf die Wandverkleidungen des Chinesischen Palastes bei St Petersburg verwiesen wird. „ Examples of Van Selow’s work can be seen in the collection of the Städtisches Museum in Braunschweig 265 and in the collection of the Bowes Museum, Barnard Castle in Yorkshire. Perhaps the grandest example of this beadwork technique exists in a salon of the Chinese Palace at the Oranienbaum complex of palaces near St. Petersburg…” 484 Diese sind jedoch rein textiler Natur und definitiv nicht aus dem Van Selow Umkreis, weder was den Entwurf, noch was die Herstellung angeht. Was die oben bereits angedeuteten Vorzüge des Materials angeht, wie Wasserfestigkeit, die Möglichkeit dauerhaft eine lebhafte Farbigkeit zu erzielen, glatte, schimmernd- glänzende Oberflächen zu haben, die flüssigen Genussmitteln und einer täglichen Benutzung standhalten, so haben Glasperlenmosaike dies mit anderen beliebten Materialien der Zeit gemeinsam und stehen gleichberechtigt in der Reihe der Fayencetische, porzellanbelegten Möbeln und solchen, die mit Glasmosaiken anderer Art verziert sind (Mikromosaike). Van Selow hat im Vergleich zu diesen den großen Vorteil, aus einer fast unbegrenzten Auswahl an Perlen und Perlfarben schöpfen und somit individuell auf Kundenwünsche eingehen zu können. In bezug auf die besondere Farbigkeit der Glasperlenobjekte sind in der Möbelforschung auch noch andere Aspekte relevant. Kann es nützlich sein, Stücke dieser Art als Bildquellen für andere Disziplinen heranzuziehen? Sollte man sich ihrer bedienen, um Rückschlüsse auf die Originalfarbigkeit hölzerner Einrichtungsgegenstände zu ziehen? Vergleiche drängen sich auf zwischen der Farbigkeit der Glasperlen und den Resten von Farbigkeit, die 484 AK Sotheby’s (März 2007), S. 38. 266 man an exotischen oder künstlich gebeizten Möbelhölzern noch erahnen kann. Heute scheint der gängige Ansatz zu sein, Materialgruppen getrennt voneinander zu betrachten. Z.B. gibt es Untersuchungen zu Textilien, Emails, oder Goldschmiedekunst. Diese Vorgehensweise verschleiert, daß es diese Trennung im 18. Jahrhundert nicht gab. Bei der Herstellung von Möbeln wurden organische und anorganische Werkstoffe kombiniert. Die Grenzen zwischen diesen Materialien waren fließend. Zum Beispiel behandelte man Holz in aufwendiger Weise um damit Marmor zu imitieren. Man belegte hölzerne Konstruktionsgerüste mit Materialien wie Stein, Glas und Metall. Möbeltechniken wie Intarsie, Marketerie, Inkrustation oder Farbfassung – sie alle folgen unterschiedlichen Regeln und dienten dabei doch oft einem einheitlichen ästhetischen Konzept in der Farbgebung. Daher ist es nicht nur zulässig, sondern auch zwingend notwendig, Objekte aus unterschiedlichen Materialgruppen miteinander zu vergleichen. Die Glasmosaiken der Manufaktur Van Selow bieten viele ästhetische Reize, die im Holzbereich nur mit sehr großer Mühe oder gar nicht zu erreichen war. Chemische Prozesse führen zu einer Verbräunung von Naturstoffbeizen. Verwendete der Tischler, in seinem Bestreben, die Farbe tiefer eindringen zu lassen oder sie dauerhafter zu machen zu viel Säure, Lauge oder Metallsalze, konnte es zu Farbumschlag, Ausblutungen oder der Verfärbung umliegender Holzpartien kommen. Im Gegensatz zu organischen Farbmitteln sind solche im Glas lichtecht und dauerhaft. Selbst bei den lebhaftesten Glasfarben kommt es weder zum Verbräunen, noch zu einer Reaktion mit den umliegenden Farbflächen. 267 Glas besitzt einen hohen Grad von Reflektionsfähigkeit, Glanz und Härte. Solche Eigenschaften können im Holzbereich nur durch aufwendig hergestellte und aufgetragene Überzüge erzielt werden. Doch hat die Technik des Glasmosaiks auch Nachteile im Vergleich zur Holzmarketerie. So ist die Auswahl der Motive durch die Form und Größe der Glasperlen eingeschränkt. Es bedarf besonderen Geschicks, mit gefädelten Perlen einen malerischen Eindruck zu erzielen. Feine Farbabstufungen und Nuancierungen sind in Holz oft besser gelungen als in Glas. Aufgrund der Kombination von organischen und damit hygroskopischen mit anorganischen, also starren Materialien waren die Objekte der Corallenfabrik anfälliger für Verluste im Dekor und für Schäden an der Konstruktion als ein gänzlich aus Holz bestehendes Möbel. Die Erforschung originaler Farbigkeit an historischen Möbeln ist ein relativ neues Feld. Seit den frühen 1990iger Jahren gibt es vereinzelt Publikationen, die sich mit Teilbereichen auseinandersetzen. Der Einzug moderner, zerstörungsfreier Untersuchungsmethoden und die rasante Entwicklung im Bereich der Datenverarbeitung machten es möglich, neue Erkenntnisse auf diesem Gebiet zu gewinnen. 1995 publizierte der Restaurator Jonny Stadler eine digitale Rekonstruktion der ursprünglichen Farbigkeit an einem Möbel des 268 Mannheimer Hofebenisten Johann Jacob Christoph Kieser (1734-1786). 485 Das Tischchen wurde 1773 für das Badhaus im Park des Schwetzinger Schlosses geschaffen. Deutlich kann man die Kombination farbiger exotischer Hölzer mit grau gebeiztem Ahorn erkennen, die mit dem dortigen Marmorfußboden korrespondiert. 486 Gemälde werden oft als Vergleichmaterialien hernagezogen, wenn es um die Rekonstruktion originaler Holzfarbigkeit geht. Doch sind sie, aufgrund der Veränderungen, der Pigmente und Firnisse unterliegen, nur bedingt verläßlich. Die Farbästhetik wie auch die Dauerhaftigkeit der Glasperlenmosaike sind wichtige Charakteristika der Van Selowschen Objekte. Es macht sie meiner Meinung nach zu bisher noch nicht ausreichend beachteten, jedoch sehr wertvollen Quellen in der Erforschung von Farbe am hölzernen Möbel. Die in der Manufaktur verwendete Vielzahl von Materialien, wie Glas, Muscheln, Schneckengehäusen, Perlmutter, ist durchaus nicht ungewöhnlich im 18. Jahrhundert. Sie hat, wie oben dargelegt, praktische und ästhetische Vorzüge einerseits, steht aber auch in engem Zusammenhang mit ihrer Funktion z. B. bei der Tee- oder Kaffeezubereitung, ihrer Aufstellung in entsprechend ausgestatteten Räumen (Grotten, Gartenräumen) und den exotischen Motiven, die ihrerseits wieder auf die Funktion verweisen. Hier sei noch einmal auf die Papageiendarstellungen verwiesen, die traditionell mit Teetischen in 485 Johhny Stadler, Verblichene Pracht: http://www.restaurierung- stadler.de/common/pdf/verblichene_pracht.pdf [aufgesucht 31.Juli2008], auch erschienen in Weltkunst 9/1995 486 s. Innenansicht des Schwetzinger Badhauses: http://www.zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/swetz/sw_bad03.htm [aufgesucht 31. Juli 2008] 269 Verbindung gebracht werden können, oft aber in Lackmalerei ausgeführt sind, wie auch auf die Asiaten- Darstellungen, die an die Herkunft des Getränkes erinnern, das man an den entsprechend verzierten Tischen zu sich nahm. Beeinflusst durch die immer größere Menge asiatischer Importe von Stoffen, Porzellan und Lackgegenständen kam es im 18. Jahrhundert zu einer Veränderung des Konsumentenverhaltens. Die eingeführten Waren, die noch im 16. und 17. Jahrhundert nur den höchsten Gesellschaftsschichten zugänglich waren, veränderten zunehmend den Markt für Luxusgüter und wurden auch für das Bürgertum erreichbar und für diese Schicht erschwinglich. Hinzu kam ein Wechsel in der Produktionsweise der Handwerker. Statt Auftragsware herzustellen produzierte man zunehmend für einen größeren Markt, hielt unterschiedliche Waren vor und beeinflusste bewusst die Mode und das Kaufverhalten durch die Schaffung von Bedarf. An Luxusgüter wurden gewisse Ansprüche gestellt. Es wurde vorausgesetzt, dass sie schmückend seien, abgehoben in Stil und Materialverwendung. Sie sollten neue Materialien verwenden und auf Exotisches anspielen. Ein wichtiges Verkaufsargument war, dass sie die Erfindung von etwas Neuem darstellten. Central to this type of invention was a process of imitation, deploying the design principles, finishes and associations of fine luxury ware and exotic materials across new things, or producing similar goods out of new materials, which mimicked the older luxury ware, but were widely perceived to be quite different products. 487 487 Berg (1999), S. 77. Dieser Abschnitt basiert auf den Ausführungen von Maxine Berg über das Konsumentenverhalten im 18. Jahrhundert. Siehe auch Berg (2003). 270 Die Verwendung von preiswerteren und leichter erhältlichen Materialien wurde nicht als Imitation im negativen Sinn der Kopie angesehen, sondern als Schaffung von innovativen Dekorationsformen, als Erfindung moderner Neuheiten. Dies zeigt sich z. B. an der Flut von Patenten im 18. Jahrhundert, die von der Imitation von bereits vorhandenen Werkstoffen oder deren Verbesserung handeln. 488 In diesem Licht muss wahrscheinlich Van Selows Verkaufsargument der Neuheit seines Produktes gesehen werden. Weder die Form der Möbel, noch die Verwendung von Glasperlen an sich sind neu, jedoch ist deren Kombination mit Holz oder Metall, eingesetzt auf diese spezielle Weise durchaus eine neue Erfindung. Wie dargelegt erinnern Van Selows Produkte an andere kunsthandwerkliche Objekte seiner Zeit, sie imitieren diese aber nicht direkt. Es sind Anspielungen – auf Exotisches, auf kostbaren Glanz, auf moderne Güter. Er produziert damit am Nerv der Zeit, spielt mit dem Kaufverhalten seiner Kunden und bedient einen vorherrschenden Trend des 18. Jahrhunderts. Van Selow stellte Kleinserien her, die sich durch die Verwendung einer immer wieder neu umgesetzten, gemeinsamen Vorlage auszeichnen. Man kann jedoch nicht den modernen Begriff „Massenproduktion“ auf sie anwenden. Zwar bedient er sich einer arbeitsteiligen Produktionsweise, kommt wohl auch zu einem gewissen Teil mit ungelernten Arbeitern aus, doch „What distinguished both manufacture and consumption in the eighteenth century, by contrast, was the possibilities created of great range of output alongside standardised products. The diversity met desires for individuality, self- differentiation and luxury by means of visual 488 Berg (1999), S. 78- 79 beschreibt diesen Vorgang am Beispiel englischer Handwerker, die versuchten, den französischen Firnis „Vernis Martin“ neu zu erfinden und dabei alle möglichen Materialien und Neuerungen entwickelten. 271 diversity.” 489 Bei allen vordergründigen Gemeinsamkeiten in der Gestaltung von Objekten, so sind sie letztendlich doch individuell gefertigt. Tischplatten mit außergewöhnlichen szenischen Darstellungen, wie die Speisung des Elias oder des Bärenfängers machen dies sehr deutlich. Was die stilistischen Zusammenhänge und Einordnung angeht, so sind die Objekte der Manufaktur Van Selow nicht immer auf der Höhe ihrer Zeit, sondern greifen auf ältere Vorlagen zurück. Betrachtet man die Tische, so sind die Platten eher schlicht und wenig variiert, die Gestelle hingegen äußerst vielgestaltig und von den unterschiedlichsten Herstellungszentren beeinflusst. Es lassen sich sowohl niederländische als auch Einflüsse aus dem norddeutschen Raum, Dresden und englisch inspirierte Vorlagen festmachen. Der englische Einfluss ist sicher einerseits durch die dynastischen Verbindungen Braunschweigs mit dem englischen Königshaus, andererseits aber schlichtweg durch die Modeströmung, Möbel, die in englischer Manier hergestellt worden waren, besitzen zu wollen, bedingt. Der Einfluss der englischen Vorlagenbücher von Ince & Mayhew, Chippendale und vor allem Mathias Lock auf die Gestaltung von Rokokoornamentik ist in vielen Ländern groß und als ein europäisches Phänomen anzusehen. 490 Man nahm sie als Anregung und Inspirationsquelle für einzelne Motive oder Dekorationselemente, selten sind sie direkt als Vorbild benutzt worden. Allerdings findet man bei ihnen auch die bei Van Selow gefertigten Hauptmöbeltypen wieder, wie Spieltische (vier- oder dreieckig), Teetische, Tablettformen, Urnen- Untergestelle, Tilt-top Tische und Möbelfußformen. 489 Berg (1999), S. 67. 490 Vgl. hierzu z. B. die Ausführungen Fiske Kimballs über den Einfluss Englands auf das französische Rokoko: Kimball (1931) und Kimball (1958). 272 Es lässt sich feststellen, dass das Formenrepertoire der meisten reinen Glasperlobjekte Van Selows dem Rokoko des dritten Viertels des 18. Jahrhunderts verhaftet ist. Viele derjenigen Stücke, die nicht nur mit Glasperlen, sondern auch mit anderen Materialien verziert sind, greifen hingegen stilistisch frühere Eigenheiten auf (z. B. Urnen, Tisch mit Balusterbeinen, Pelmet, Muschelskulpturen). Es muss der Spekulation überlassen bleiben ob dies bedeutet, dass man in diesen Fällen nach alten Vorlagen produzierte, speziellen Auftraggeberwünschen nachkam, ob einige der fraglichen „altmodischen“ Stücke hergestellt wurden ehe Van Selow nach Braunschweig kam, oder ob sie zu einer frühen Produktionsstufe gehören. 491 Sind die Schabracke, Urnen und Skulpturen die Anfänge einer Produktion, aus der sich dann in Braunschweig eine Art Serien- Herstellung entwickelte? Stammen sie vielleicht nicht von ihm selbst sondern von einem Lehrer oder gab es gar ein Produktionszentrum in England, in dem er die Technik abschaute oder erwarb? All diese Fragen können leider hier nicht beantwortet werden. Fest steht jedenfalls, dass in England die Verwendung von Glas und Naturmaterialien außerordentlich beliebt war. Grottenräume waren weit verbreitet und sind bis ins späte 18. Jahrhundert hinein angelegt worden. Glas wurde auch in klassizistischer Raumausstattung noch eingesetzt. Hier sei noch einmal auf die gläserne Wandverkleidung Robert Adams für Northumberland House verwiesen. Eine stilistische Entwicklung z. B. der Tische lässt sich von den erhaltenen Objekten nicht ableiten – dafür sind die Motive zu allgemein gehalten und in zu vielen verwandten Kunsthandwerks-Bereichen anzutreffen. Auch lässt sich nicht sagen, in welcher Zeit welche Motivserie verkauft wurde, 491 Wie erwähnt wurde diese Art von Objekten nur zwischen 1756 und 58 beworben. 273 ob mehrere von ihnen gleichzeitig auf dem Markt waren, oder ob sie zeitlich aufeinander folgten. Mit relativer Sicherheit lässt sich allerdings ablesen, dass die Manufaktur den Schritt zum Klassizismus, wie er z. B. in der Lackfabrik Stobwassers vollzogen wurde, nicht schaffte, was einer der Gründe für, aber auch Folge der lang anhaltenden Absatzschwierigkeiten gewesen sein kann. Eine Auswertung von Verkaufsanzeigen, Katalogen und Geschäftskarten des 18. Jahrhunderts macht deutlich, dass immer mehr Produzenten von Luxusgütern dazu übergingen, unterschiedliche Waren in ihrem Sortiment zu führen und den Kunden mehr als nur ein einziges Produkt anzubieten. 492 Ein gutes Beispiel hierfür ist das überaus vielseitige Verkaufsangebot von Thomas Chippendale (1718-1779), der in London in 1740 Jahren als „Cabinet-maker“ anfing und dann sukzessive ein Innenausstattungs-Imperium aufbaute. Die mehrfach erwähnte Publikation „The Gentleman and Cabinet Maker’s Director“ stellt seinen Modell- und Warenkatalog dar. „So hatte Chippendale französische Rohmöbel auf Lager, die in seinen Werkstätten vollendet wurden. Er vermittelte Seiden- und Papiertapeten, etwa mit gotischem oder antikem Muster, „print- room“- Tapeten und chinesische Papiertapeten von Londoner Spezialisten und Kontaktpersonen der Ostindischen Kompanie....Kleine Tischchen, Teetabletts und -kisten oder die berühmten Stühle konnten in den Schauräumen betrachtet, erprobt und gleich mit nach Hause genommen werden, wo sie oftmals den Provinzschreinern als Vorbild dienten.“ 493 492 Berg (1999), S. 70 ff und vor allem Berg (1998) in ihrem Artikel über graphische Darstellungen von Gebrauchswaren auf Geschäftskarten. 493 Wappenschmidt (1991), S. 1176. 274 Die eingehende Beschäftigung mit dem Warenangebot der Corallenfabrik macht deutlich, dass die Auswahl für die Kunden damals viel größer war als sie sich heute an Hand der noch erhaltenen Objekte darstellt. Falls Van Selow, wie es offensichtlich durchaus üblich war Sub-Unternehmer hatte, so sind diese nicht aktenkundig geworden, doch kann es solche durchaus gegeben haben. 494 Die Anzahl auffindbarer Stücke, wie auch die im Zusammenhang mit den Lotterien angefertigten Listen, lassen gewisse Rückschlüsse auf den Warenausstoß zu, der sehr groß gewesen sein muss. Es bleibt die Frage bestehen, ob die Absatzschwierigkeiten, mit denen Van Selow immer wieder kämpfte, auf die Sättigung des Marktes zurückzuführen sind, die Tatsache, dass er seinen Verkaufsradius nicht ausreichend erweitern konnte und Braunschweig nicht genug Abnehmer bot, oder dass das künstlerische Potential in der Manufaktur nicht ausreichte, sich auf die jährlich veränderte Mode schnell einzustellen und für ständig wechselnden Bedarf zu produzieren. Die Technik des Glasperlenmosaiks verlangt eine zügige, arbeitsteilige Produktion. Dies resultiert zwangsläufig in einer hohen Produktionszahl. Da Lagermöglichkeiten begrenzt waren, musste erst eine Reihe von Waren umgesetzt werden, ehe man in einem anderen Stil nachproduzieren konnte. Da dies offensichtlich nicht schnell genug von statten ging, griff man auf das Hilfsmittel der Lotterien zurück. Trotz dieses unternehmerisch geschickten und modernen Mittels, konnten die Absatzschwierigkeiten nicht dauerhaft gelöst werden, was letztendlich zum Niedergang der Manufaktur führte. 494 Wemmering und Eggeling sind die einzigen Auftragnehmer und Zulieferer die bis jetzt bekannt sind. 275 Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Van Selow mit einer guten Idee nach Braunschweig kam. Er konnte mit der von ihm eingeführten Technik einen Bereich des Luxusmarktes bedienen, der im 3. Viertel des 18. Jahrhunderts sehr gefragt war und besetzte eine Marktnische, die das Potential besaß, sein Produkt zum Verkaufsschlager zu machen. Es ist nichts darüber bekannt, ob Glasperlenmosaike zu Beginn einen reißenden Absatz fanden. Vielleicht hatten die anfänglichen Schwierigkeiten mit der Technik, die zu Kundenbeschwerden führte, einen größeren negativen Einfluss als man denkt. Vielleicht war die Konkurrenz von Seiten der Tischler mit ihren Nussbaummöbeln, von Seiten der Fayence- und Porzellanindustrie einfach zu groß. Die Gilde machte ihm jedenfalls das Leben schwer und er nutzte jede Gelegenheit, sie zu umgehen oder weitere fürstliche Vergünstigungen zu erwirken. Es scheint sich um eine Art Kleinkrieg gehandelt zu haben, bei der Van Selow zwar die ein oder andere Schlacht gewann, den Krieg aber letztlich verloren hat. Das Produkt, so vielfältig einerseits, farblich und motivisch variabel, hatte seine technischen und materialbedingten Limitationen. Nicht jede Form war möglich, Sonderwünsche waren sicher recht aufwendig und teuer herzustellen. Offensichtlich gab es auch künstlerische Limitationen, weist die Analyse der Dekoration doch Schwachstellen in der stimmigen Umsetzung graphischer Vorlagen auf. Ob dies gänzlich Maler Pfeiffer anzulasten war, ob dieser überhaupt die Motive entwarf oder lediglich als Fassmaler tätig war, all dies bleibt vorerst ungeklärt. 276 Die vorliegende Arbeit stellt die erste umfassende wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Schaffen der von Johann Michael van Selow gegründeten Corallenfabrik dar. Das vielfältige Œvre wurde von stilistischer, ikonographischer und technologischer Seite betrachtet und in einen Zusammenhang mit verwandten Bereichen des Kunstgewerbes des 18. Jahrhunderts gestellt. Zweifel an einigen traditionellen Zuschreibungen und die Entdeckung bisher nicht beachteter Werke geht einher mit dem Versuch, dem heutigen Betrachter die Faszination des zeitgenössischen Kunden und Adressaten Van Selows nahezubringen und verständlich zu machen. Die Frage danach, wer Johann Michael van Selow war und woher er kam, konnte um einige Informationen und Theorien erweitert werden. Seine Person, sein geschäftliches Auftreten in Braunschweig und seine Interaktion mit Bürgern und Repräsentanten der Stadt erwecken das Bild eines Unternehmers mit einer guten Geschäftsidee und dem Wissen um eine spezielle Technik. Wenngleich sich die Objekte der Corallenfabrik vielleicht nicht immer zufriedenstellend und in ausreichendem Maße verkauften, so wurden sie doch offensichtlich hochgeschätzt und mit großer Sorgfalt behandelt und erhalten. Es ist diese Tatsache und der auch heute noch von diesen Möbeln ausgehende Schein des „Exotischen“, Ungewöhnlichen, Kuriosen, ja auch Skurrilen, der den Sammlermarkt immer wieder belebt und dieser Gruppe von Objekten einen ganz besonderen Stellenwert im Kunstschaffen des 18. Jahrhunderts verleiht. 277 8 Bibliographie Quellenverzeichnis Stadtarchiv Braunschweig Stadtarchiv Braunschweig G III 1, Band 9, S. 180 Stadtarchiv Braunschweig G III 1, Band 23, S. 230 v Stadtarchiv Braunschweig G III 1, Band 65, S. 716 Stadtarchiv Braunschweig G III 1, Band 115, S. 54 Stadtarchiv Braunschweig G III 1, Band 220, S. 582 Stadtarchiv Braunschweig C VII 345, Blatt 1 Stadtarchiv Braunschweig C VII 345, Blatt 3 Stadtarchiv Braunschweig C VII 345, Blatt 5/6 Stadtarchiv Braunschweig C VII 345, Blatt 7 Stadtarchiv Braunschweig C VII 345, Blatt 8/ 9 Stadtarchiv Braunschweig C VII 345, Blatt 10 Stadtarchiv Braunschweig C VII 345, Blatt 11 Stadtarchiv Braunschweig C VII 442, Pag 89,8 (171). Stadtarchiv Braunschweig Kirchenbuchregister N 1392, S. 00228, links. Stadtarchiv Braunschweig, Taufregister N 1390, S. 00180, links. Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 2. NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 4 v/r, 5 v NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 10 v/r, 11 v NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 18, 19 v/r. NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 22 v/r. NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 24 v/r, 25v/r, 26v/r und 27v. NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 28- 42. NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 45 v NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 47/ 48 NStA WF, Akte 2 alt 14334, Blatt 51 v/r. NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 2 v/r NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 4 r 278 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blätter 5, 6 und 7 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 8 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 10 und 11 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 12 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 13 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blätter 27–31 NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 32 r NStA WF, Akte 2 alt 14383, Blatt 41 NStA WF, Akte 2 alt 14383 Blatt 42 NStA WF, Akte 2 alt 14383 Blatt 47 Doop- trow- en begraafboeken, Stadtsarchief, Gemeente Amsterdam DTB Amsterdam, Taufregister 238 p. 45 (folio 23) [nr.5] und 263 p.10 (folio 5v) [nr. 9]. DTB Amsterdam, Hochzeitsregister 716/128 DTB Amsterdam, Hochzeitsregister, 724/281 DTB Amsterdam 224 p. 85 (folio 52) [nr. 4]. DTB Amsterdam 228 p. 107 (folio 64) [nr.9]. DTB Amsterdam 226 p. 78 (folio 48v) [nr.11]. Gemeentearchiv Amsterdam, Not. Arch. 11309-7 Gemeentearchiv Amsterdam, Not. Arch. 10426/ Akte 676, 624 oder 718 Braunschweiger Anzeigen Braunschweiger Anzeigen, 10. Stück, 4.2.1756, Spalten 167-168 Braunschweiger Anzeigen, 11. Stück, 7.2.1756, Spalte 184. Braunschweiger Anzeigen, 18. Stück, 3.3.1756, Spalte 317 f., XX Vermischte Nachrichten 2). Braunschweiger Anzeigen, 19. Stück, 6.3.1756, Spalte 334, XVI Vermischte Nachrichten 4) Braunschweiger Anzeigen, 20. Stück, 10.3.1756, Spalte 350, XVI Vermischte Nachrichten 3) Braunschweiger Anzeigen, 67. Stück, 21.8.1756, Spalte 1153 Braunschweiger Anzeigen, 83. Stück, 17.10.1756, Spalte 1415 279 Braunschweiger Anzeigen, 95. Stück, 27.11.1756, Spalte 1611, XIX Vermischte Nachrichten 2) Braunschweiger Anzeigen, 10 Stück, 2.2.1757, Spalte 178, X Lotterien Braunschweiger Anzeigen, 39. Stück, 17.5.1758, Spalte 622 f. Braunschweiger Anzeigen, 49. Stück, 21.6.1758, Spalte 782 ff Braunschweiger Anzeigen, 88.Stück, 4.11.1758, Spalte 1423 f Braunschweiger Anzeigen, 12. Stück, 10.2.1759, Spalte 205 Braunschweiger Anzeigen, 15. Stück, 21.2.1759, Spalte 262. Braunschweiger Anzeigen, 18. Stück, 3.3.1759, Spalte 318. 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Jahrhundert Mauriès (1994), S. 79 unten rechts Reproduktion S. 77 Abb. 7 Schmuckkoffer auf Untergestell, Französisch, 1770. Wahrscheinlich Martin Carlin (ca. 1730-1785). Geschenk der Samuel H. Kress Foundation an das Metropolitan Museum of Art 1958 Inv. Nr. 58.75.41 Koda (2006), S. 92- 93 (Ausschnitt) Reproduktion S. 84 Abb. 8 Ovaler Klapptisch, Manufaktur Van Selow, Braunschweigisches Landesmuseum Inv. Nr. LMB 32425 Braunschweigisches Landesmuseum Niedersächsische Landesmuseen Braun schweig, I. Döring S. 84 Abb. 9 Ovaler Klapptisch mit Papageienmotiv, Manufaktur Van Selow Hennig (1983), S. 3432 Reproduktion S. 87 Abb. 10 Teetisch mit hochklappbarer Platte Kopplin (1998), S. 42, Kat. Nr. 4 Tomasz Samek S. 88 Abb. 11 Ovaler Teetisch, Schloss Schlobitten Grommelt/Mertens (1962), S. 195, Abb. 121 Reproduktion S. 90 Abb. 12 An English country-house drawing room, 1741 Thornton (2000), S. 121 Reproduktion S. 90 Abb. 13 s.o. Detailvergrößerung Thornton (2000), S. 121 Reproduktion S. 91 Abb. 14 Runder Klapptisch aus dem Städtischen Museum Braunschweig, Manufaktur Van Selow Inv. Nr. 1979-81 Städtisches Museum Braunschweig S. 92 Abb. 15 Tablettentwürfe aus Chippendales „The Gentleman and Cabinet-Maker’s Director“, 1754 White (1996), S. 446, Plate CXXX Reproduktion S. 92 Abb. 16 Tisch mit Rocailledekor, Manufaktur Van Selow, Braunschweigisches Landesmuseum BLM VM 5118 A. Rauch S. 94 Abb. 17 Schreibtisch, Manufaktur Van Selow, Auktionshaus Senger, Bamberg Weltkunst- Anzeige: 68. Jahrgang, Heft 7, 1.4.1997 Reproduktion 297 S. 95 Abb. 18 Tischplatte mit Elias, der von Raben ernährt wird, Manufaktur Van Selow, Städtisches Museum, Braunschweig Inv. Nr.1984/ 42 Eberle et al. (2005), Kat. Nr. 46, S. 94 Reproduktion S. 95 Abb. 19 Tisch mit Rocailledekor, Manufaktur Van Selow Christies, Amsterdam, Auktion 2651, Objekt 434 Reproduktion S. 95 Abb. 20 Tisch mit klassizistischem Gestell, Manufaktur Van Selow, Hannover, Privatbesitz A. Rauch S. 95 Abb. 21 Tisch mit Papagei, Manufaktur Van Selow Christies, London, Auktion 13.12.2001 Objekt 415 Reproduktion S. 95 Abb. 22 Tisch mit Papagei, Manufaktur Van Selow, Braunschweihg, Privatbesitz A. Rauch S. 95 Abb. 23 Tisch mit Papagei, Manufaktur Van Selow, Braunschweig, Privatbesitz A. Rauch S. 97 Abb. 24 Tisch mit geometrischem Dekor und Balustergestell, Manufaktur Van Selow, Braunschweigisches Landesmuseum Inv. Nr. LMB 5118 A. Rauch S. 97 Abb. 25 Detail aus: Francois Boucher (1702-1770), La Toilette, 1742, Sammlung Thyssen- Bornemisza, Lugano Wappenschmidt (1990), S. 114-115 Reproduktion S. 100 Abb. 26 Unterseite des Tisches mit geometrischem Dekor, Manufaktur Van Selow, Braunschweigisches Landesmuseum Inv. Nr. LMB 5118 A. Rauch S. 100 Abb. 27 Detail der Zarge eines Tisches der Manufaktur Van Selow, Schlossmuseum Celle A. Rauch S. 102 Abb. 28 Tisch mit Fayenceplatte, Biblische Szenen, Hannoversch Münden, um 1760 Inv. Nr. 1929,596 Schandelmaier (1993), S. 184-185, Kat. Nr. 162 Reproduktion S. 102 Abb. 29 Teetisch, Kopenhagen, Store Kongensgade, 1727-1749 (Periode Pfau), Fayence, Schloss Gottorf Schleswig Inv. Nr. 1997 / 1049 (Slg. Springer) Guratzsch (2003), S. 131, Kat. Nr. 5 Reproduktion S. 106 Abb. 30 Tea and Cards, Illustration von A. Vernarin der deutschen Übersetzung Alexander Pope’s Rape of the Lock von Luise Gottsched Thornton (1993), S. 122, Nr. 149 Repro S. 106 Abb. 31 Historische Aufnahme, Manufaktur Van Selow, Städtisches Museum Braunschweig Inv. Nr. CAD 67 Städtisches Museum Braunschweig S. 107 Abb. 32 Plate LIII. Card Tables aus William Ince and John Mayhew “The Universal System of Household Furniture”, 1762 White (1996), S. 294 Repro S. 107 Abb. 32a Kartentischplatte, Manufaktur Van Selow, Städtisches Museum Braunschweig Inv. Nr. CAD 67 Städtisches Museum Braunschweig S. 107 Abb. 33 Quadrilletisch, Manufaktur Van Selow, Städtisches Museum Braunschweig Eberle et al. (2005), Kat. Nr. 45 Reproduktion 298 S. 107 Abb. 34 Quadrilletisch, Manufaktur Van Selow Kunst und Antiquitäten, Heft 4, 1976, S. 84, Anzeige Auktionshaus Kratz Reproduktion S. 107 Abb. 35 German parcel gilt and glass bead mosaic „Korallenspieltisch“, Manufaktur Van Selow, Privatsammlung Hannover AK Sotheby’s (2007), Lot 449 Reproduktion S. 110 Abb. 36 Konsoltisch mit Papageienmotiv, Manufaktur Van Selow, Privatbesitz Ulrich Freyer, Bern S. 110 Abb.37 Konsoltisch mit Rocailledekor, Manufaktur Van Selow, Galerie Koller http://internationalauctioneers.com/in t/lot_detail.asp?LotID=1023&AucID= 6151 Lot 1023 Download S. 110 Abb. 38 Konsoltisch aus dunkel gebeiztem Holz. Tischplatte mit Darstellung von Chinesen und Rocaillen, Manufaktur Van Selow, Leipzig, Museum für Kunsthandwerk (Grassi Museum) Inv. Nr. 57.157, Kreisel/Himmelheber: Die Kunst des Deutschen Möbels, Abb. 889 Reproduktion (Deutsche Fotothek, Dresden) S. 110 Abb. 39 Konsoltisch mit Rocailledekor, Manufaktur Van Selow, Privatbesitz Weltkunst, Nr. 13, November 2001, S. 2116: Anzeige Schloss Ricklingen Reproduktion S. 110 Abb. 40 Konsoltisch mit Papagei, Manufaktur Van Selow, ehemals Sammlung Bohlmann, heute Städtisches Museum Braunschweig Fuhse (1909), S. 414 Reproduktion S. 113 Abb. 41 François Boucher (1703- 1770), Madame de Pompadour, 1756, Öl auf Leinwand, 201 x 157 cm, Alte Pinakothek, München Wappenschmidt (1990), S. 120 Reproduktion S. 113 Abb. 42 Work Table (table en chiffonnière) mounted with Sèvres porcelain tray, French c. 1760 Wallace Collection, London Inv. Nr. F326 und C491, Hughes (1996), Band II, Kat. Nr. 208, S. 1054 - 1058 Reproduktion S. 115 Abb. 43 Teedose, Manufaktur Van Selow, Städtisches Museum Braunschweig Eberle et al. (2005), S. 96, Kat. Nr. 48 Reproduktion S. 115 Abb. 44 Zwei Dosen, Manufaktur Van Selow, Halle an der Saale, Kunstgewerbemuseum Inv. Nr. Mo-LMK-S-37 und Mo-LMK- S-22 Pazaurek (1911), Abb. 20 Reproduktion S. 115 Abb. 45 Tabaksdose, Manufaktur Van Selow, Städtisches Museum Braunschweig Eberle et al. (2005), S. 96-97, Kat. Nr. 49 Reproduktion S. 119 Abb. 46 Meißener Teedose um 1770 mit Chrysanthemen-Dekor in Purpurmalerei mit Goldpunkten. Unglasierte Standfläche mit undeutlicher Schwertermarke um 1770, im Deckel Besitzermonogr. in Purpur "M.H.", min. best., H 13 cm. http://www.wagner- auktionen.de/katalog/porzellan/N45 6.jpg Lot 456 Download S. 120 Abb. 47 Zwei „Nadelbretter“, Manufaktur Van Selow, Städtisches Museum Braunschweig aus Braunschweiger Privatbesitz Eberle et al. (2005), S. 98 Kat. Nr. 50 Reproduktion 299 S. 124 Abb. 48 Papagei, Manufaktur Van Selow, Herzog Anton Ulrich Museum Braunschweig HAUM Inv. F. No 836S132/ Inv. Nr. KOS 691 A. Rauch S. 124 Abb. 49 Papagei, Manufaktur Van Selow, Städtisches Museum Braunschweig Inv. Nr. Cd 39 2. Zettel: 57 Eberle et al. (2005) Reproduktion S. 125 Abb. 50 Detail von Abb. 48 A. Rauch S. 129 Abb. 51 Urne, Manufaktur Van Selow, Victoria & Albert Museum, London Inv. Nr. W 45 – 1936 © V&A Images/Victoria and Albert Museum, London, www.vam.ac.uk S. 129 Abb. 52 Urne, Manufaktur Van Selow, Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Merseyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 131 Abb. 53 Detail von Urne Victoria & Albert Museum, London Inv. Nr. W 45 - 1936 © V&A Images/Victoria and Albert Museum, London, www.vam.ac.uk S. 131 Abb. 54 Detail von Urne Victoria & Albert Museum, London Inv. Nr. W 45 - 1936 A. Rauch S. 131 Abb. 55 Detail von Urne Victoria & Albert Museum, London Inv. Nr. W 45 - 1936 © V&A Images/Victoria and Albert Museum, London, www.vam.ac.uk S. 131 Abb. 56 Detail von Urne Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Merseyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 133 Abb. 57 Perlmutter – Vase, Detail von Urne Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Merseyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 134 Abb. 58 Emailplakette, Detail von Urne Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Merseyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 134 Abb. 59 Emailplakette, Detail von Urne Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Merseyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 137 Abb. 60 Kommode mit Perlverzierung, Manufaktur Van Selow (?), Städtisches Museum Braunschweig Inv. Nr. Zug. L. 152 A. Rauch S. 141 Abb. 61 Bodenvase, Manufaktur Van Selow, Städtisches Museum Braunschweig Holm, Edith: Glasperlen, Callwey Verlag, München 1984, S. 70 Reproduktion S. 144 Abb. 62 Linker Randabschluss des Pelmet, Manufaktur Van Selow (?), Bowes Museum, Barnard Castle, County Durham, England Inv. Nr. FW.420 A. Rauch S. 144 Abb. 63 Mittelteil mit Maske des Pelmet, Manufaktur Van Selow (?), Bowes Museum, Barnard Castle, County Durham, England Inv. Nr. FW.420 A. Rauch S. 149 Abb. 64 Muschelskulpturen, Manufaktur Van Selow (?), Nationalmuseum Kopenhagen Inv. Nr. D 9802 A. Rauch 300 S. 151 Abb. 65 Gesicht mit Perlen, Detail Muschelskulpturen, Manufaktur Van Selow (?), Nationalmuseum Kopenhagen Inv. Nr. D 9802 A. Rauch S. 152 Abb. 66 Seitenansicht, Detail Muschelskulpturen, Manufaktur Van Selow (?), Nationalmuseum Kopenhagen Inv. Nr. D 9802 A. Rauch S. 161 Abb. 67 Tischplatte mit Rocaillen, Manufaktur Van Selow, Braunschweigisches Landesmuseum VM 5118 A. Rauch S. 161 Abb. 68 Tischplatte mit Rocaillen, Manufaktur Van Selow, Städtisches Museum Braunschweig Eberle et al. (2005), Kat. Nr. 44 Reproduktion S. 161 Abb. 69 Tischplatte mit Rocaillen, Manufaktur Van Selow, Privatbesitz A. Rauch S. 161 Abb. 70 Tischplatte mit Rocaillen, Manufaktur Van Selow, Wolfenbüttel, Museum im Schloss Inv. Nr. Z7494 A. Rauch S. 161 Abb. 71 Tischplatte mit Rocaillen, Manufaktur Van Selow, ehemals Pattensen, Schloss Marienburg Sotheby’s Auktion Marienburg, Nordstemmen (MM0986), Lot 1465 © Sotheby’s S. 161 Abb. 72 Tischplatte mit Rocaillen, Manufaktur Van Selow, Privatbesitz Hannover A. Rauch S. 161 Abb. 73 Tischplatte mit Rocaillen, Manufaktur Van Selow, Privatbesitz Wolfenbüttel A. Rauch S. 161 Abb. 74 Tischplatte mit Rocaillen, Manufaktur Van Selow, Braunschweig, Privatbesitz A. Rauch S. 162 Abb. 75 Tischplatte mit Rocaillen, Manufaktur Van Selow Roland A. Exner, Kunsthandel – Auktionen, 28. Kunst- und Antiquitätenauktion, 17.03.1979 Objekt 1831 Reproduktion S. 162 Abb. 76 Tischplatte mit Rocaillen, Manufaktur Van Selow, Kunsthandel Christie’s, Amsterdam, Auktion 2651, Objekt 434 © Christie’s S. 162 Abb. 77 Tischplatte mit Rocaillen, Manufaktur Van Selow, Kunsthandel Bruun Rasmussen, Kopenhagen, 2001: Auktion 690, Objekt: 1796 Reproduktion S. 162 Abb. 78 Tischplatte mit Rocaillen und Füllhorn, Manufaktur Van Selow, Kunsthandel Auktionshaus Beckmann auf Kunst- und Antiquitätenmesse Hannover 2001 A. Rauch S. 165 Abb. 79 Detail von Abb. 78 A. Rauch S. 165 Abb. 80 Detail, Rokoko-Ornament von Roscher, Detail No.83 Berliner, Egger (1981), Abb. 1353 Reproduktion S. 165 Abb. 81 Detail von Abb. 71 S.165 Abb. 82 Detail, Rokoko-Ornament von Roscher, Detail No.83 Berliner, Egger (1981), Abb. 1353 Reproduktion S. 166 Abb. 83 Tischplatte mit Vogelmotiv, Manufaktur Van Selow, Celle, Bomann Museum Inv. Nr. Mö 192 A. Rauch S. 166 Abb. 84 Mathias Lock, A New Book of Ornaments for Looking Glass Frames, pl. 3, Detail Heckscher (1979), Plate 36 Reproduktion S. 168 Abb. 85 Detail einer Tischplatte mit Papageienmotiv, Manufaktur A. Rauch 301 Van Selow, Göttingen, Privatbesitz S. 168 Abb. 86 Detail eines Konsoltisches, Manufaktur Van Selow, Städtisches Museum Braunschweig Inv. Nr. Cad 103 Postkarte Reproduktion S. 171 Abb. 87 Coloured Parrot Bookplates by George Edwards (1694- 1773) ca. 1761 Sotheby’s 2007, Lot 313, Page 208 Reproduktion S. 171 Abb. 88 Fächerpapagei, George Edwards, A natural history of uncommon birds, London 1743-1751, Tafel 165. München, Bayerische Staatsbibliothek, Sign. Rar 1441-4 Krutisch (2007), S. 49, Abb. 50 Reproduktion S. 173 Abb. 89 Papagei, Volkstedt/Thüringen (?) 1765(?), Germanisches Nationalmuseum, Inv. Nr. HG 5573 Krutisch (2007), S. 49, Abb. 51 Reproduktion S. 175 Abb. 90 Chinese, Manufaktur Van Selow, Privatbesitz Hannover, jetzt Kunsthandel AK Sotheby’s (2007), Nr. 450, S. 42 © Sotheby’s S. 175 Abb. 91 Chinesin, Manufaktur Van Selow, Privatbesitz Hannover, jetzt Kunsthandel Siehe auch AK Sotheby’s (2007), Nr. 454, S. 46 A. Rauch S. 178 Abb. 92 Darly, Glass Frame 1754 Gilbert (1975), Abb. 83 Reproduktion S. 179 Abb. 93 Tisch mit geometrischem Dekor, Manufaktur Van Selow, Braunschweigisches Landesmuseum Inv. Nr. LMB 5118 A. Rauch S. 179 Abb. 94 Tischplatte mit geometrischem Dekor, Manufaktur Van Selow, Kunsthandel Auktionshaus Christie’s Sale 2775, Lot 222 © Christie’s S. 182 Abb. 95 Gartenlandschaft Typ A, Ovaler Klapptisch, Manufaktur Van Selow, Braunschweigisches Landesmuseum Inv. Nr. LMB 32425 Braunschweigisches Landesmuseum, Niedersächsische Landesmuseen Braunschweig, I. Döring S. 183 Abb. 96 Gartenlandschaft Typ B, Ovaler Klapptisch, Manufaktur Van Selow, Städtisches Museum Braunschweig Eberle et al. (2005), Kat. Nr. 41, S. 89 Reproduktion S. 186 Abb. 97 Spielmarkenkassette „Herrenhausen“, Strohmarketerie auf Papier und Holz, Historisches Museum Hannover, 60x195x153mm Inv. Nr. 35295 Reproduktion S. 190 Abb. 98 Wandblaker, Flusslandschaft mit Architekturstaffage, Braunschweig, Manufaktur I, um 1760 Schandelmaier (1993), S. 116, Nr. 63 Reproduktion S. 191 Abb. 99 Gartenvedute von Franz Xaver Habermann Krull (1977), Umschlagmotiv: Rocailleaufbau mit Gartenentwurf (Hertel Nr. 121, 1) Reproduktion S. 194 Abb. 100 Tischplatte mit Bärenbändiger, Manufaktur Van Selow, Städtisches Museum Braunschweig Eberle et al. (2005), Kat. 47, S. 94 Reproduktion 302 S. 195 Abb. 101 Tischplatte mit Elias, Manufaktur Van Selow, Städtisches Museum Braunschweig Eberle et al. (2005), Kat. 46, S. 94 und 95 Reproduktion S. 197 Abb. 102 Fayencene Teetischplatte mit biblischen Szenen von Heinrich Martin Voy (1742- 1761), Detail Inv. Nr. 1929, 596 Schandelmaier (1993), S. 184-185, Kat. Nr. 162 Reproduktion S. 198 Abb. 103 Bibelfliese aus Fayence, Rotterdam (?), Ende 17.- Anfang 18. Jh. www.schlossmuseum.de/bibelfliese n/allgemein.html [aufgesucht am 14.08.2007] Download S. 203 Abb. 104 Detail aus Zeichnung von Hans W. Schmidt: Ziehen einer Glasröhre vor einer Thüringischen Dorfglashütte Ulzen (1993), S. 21, Abb. 5 Reproduktion S. 206 Abb. 105 Perlendetail, Tischplatte mit Rocailledekor, Manufaktur Van Selow, Braunschweigisches Landesmuseum Inv. Nr. BLM VM 5118 A. Rauch S. 207 Abb. 106 Detail, Tischplatte mit Papagei, HAUM Braunschweig Zugangsnummer 6340 A. Rauch S. 211 Abb. 107 Glasblasen vor der Lampe Kunckel (1689), S. 340 Reproduktion S. 212 Abb. 108 Detail von venezianischen Perlen vor der Lampe gearbeitet, Urne Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Mercyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 212 Abb. 109 Detail von venezianischen Perlen vor der Lampe gearbeitet, Urne Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Mercyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 213 Abb. 110 Detail, Lampengeblasenes Schaf, Urne Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Mercyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 213 Abb. 111 Detail, Lampengeblasenes Schaf, Urne Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Mercyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 213 Abb. 112 Schaf, Glas, vor der Lampe gearbeitet, wahrscheinlich Frankreich, Nevers, spätes 18. Jahrhundert, opak, hauptsächlich weiß Acc. No. 55.3.156 Collection of The Corning Museum of Glass, Corning, NY, gift of The Art Institute of Chicago S. 214 Abb. 113 Bild mit Glasfiguren, Musée Municipale de Nevers Inv. Nr. NV 998.3.31 Musée Municipale de Nevers S. 214 Abb. 114 Christus auf Schaf reitend, Musée Municipale de Nevers Inv. Nr. NV 009.3.140.1 Musée Municipale de Nevers S. 217 Abb. 115 Detail, Urne, Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Mercyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 218 Abb. 116 Detail, Urne, Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Mercyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 221 Abb. 117 Detail, Urne, Emailplakette, Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Mercyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 221 Abb. 118 Detail, Emailplakette, Urne, Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch 303 Mercyside S. 221 Abb. 119 Detail, Emailplakette, Urne, Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Mercyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 224 Abb. 120 Detail der Muschelskulptur mit Wasserkrug, Nationalmuseum Kopenhagen Inv. Nr. D 9802 A. Rauch S. 225 Abb. 121 Detail mit Muscheln und Perlmuttertafel, Urne, Ldy Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Mercyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 225 Abb. 122 Detail, aus Perlmutter gesägte Ente, Urne, Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Mercyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 226 Abb. 123 Detail mit Muschelrosette, Schabracke, Bowes Museum, Barnard Castle, Co. Durham, England Inv. Nr. FW.420 A. Rauch S. 236 Abb. 124 Detail, Unterseite einer Tischplatte mit eichener Gratleiste in Nadelholzträger, Manufaktur Van Selow, Tisch mit geometrischem Dekor, Braunschweigisches Landesmuseum Inv. Nr. VMB 5118 A. Rauch S. 238 Abb. 125 Konstruktion eines Klapptisches mit Mittelfuß, Unterseite der Platte, Manufaktur Van Selow, Bomann Museum, Celle Inv. Nr. Mö 1026 A. Rauch S. 243 Abb. 126 Tischplatte mit Papagei, Manufaktur Van Selow, Braunschweig, Privatbesitz A. Rauch S. 245 Abb. 127 Detail, Fadenreste, Urne, Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Mercyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 246 Abb. 128 Detail, Fadenreste und Metallhäkchen, Urne, Lady Lever Art Gallery, Port Sunlight, Museums of Mercyside Inv. Nr. LL 4267 A. Rauch S. 247 Abb. 129 Detail der Muschelskulptur mit Pfau, Manufaktur Van Selow (?), Nationalmuseum Kopenhagen Inv. Nr. D 9802 A. Rauch S. 248 Abb. 130 Maske mit Perlendekor, Schabracke, Manufaktur Van Selow (?), Bowes Museum, Barnard Castle, County Durham, England Inv. Nr. FW.420 A. Rauch S. 249 Abb. 131 Detail der Krone, Schabracke, Manufaktur Van Selow (?), Bowes Museum, Barnard Castle, County Durham, England Inv. Nr. FW.420 A. Rauch S. 252 Abb. 132 Platte mit Marketerie- Inv. Nr. GNM HG 13154 Reproduktion 304 Einlagen, Abraham und David Roentgen, Neuwied, 1767/1769, Germanisches Nationalmuseum Krutisch (2007), S. 46, Abb. 48 S. 252 Abb. 133 Rekonstruierte Fassung der Platte mit Marketerie- Einlagen Krutisch (2007), S. 68, Abb. 73 Reproduktion S. 252 Abb. 134 Tischplatte mit Papagei, Manufaktur Van Selow, Privatbesitz, Göttingen A. Rauch S. 259 Abb.135 Tischplatte mit Chinesenmotiv, Manufaktur Van Selow, Kunsthandel Chrisite’s Auktion 9756, Lot 374 (26 October 2001) ©Christie’s S. 260 Abb. 136 Tischplatte mit Papagei, Manufaktur Van Selow, Privatbesitz A. Rauch S. 263 Abb.137 Ovaler Klapptisch mit Blumenarrangement, Manufaktur Van Selow, Kunsthandel Christie’s Auktion 2691, Lot 921 (Amsterdam 14.-16. Feb 2006) ©Christie’s