Schulprogramme als Instrumente konzertierter pädagogischer Schulentwicklung – eine Fallstudie aus dem Realschulbereich - vorgelegt von Helmut Klaetsch als Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Erziehungswissenschaften (Dr. paed.) in der Fakultät Erziehungswissenschaften der Universität Dortmund Dortmund 2008 Betreuer: Prof. Dr. Hans-Günter Rolff Betreuer: Prof. Dr. Heinz Günter Holtappels Inhaltsverzeichnis 1 Theorie der Schulentwicklung – ein Problemaufriß 1 1.1 Schulentwicklung: vom Begriff zur Praxis – eine zusammenfassende Darlegung nach Rolff 1 1.2 Schulentwicklung in der theoretischen Betrachtung nach Warnken 19 1.3 Schulentwicklung in der Darstellung nach Holtappels 30 2 Schulprogramme 49 2.1 Terminologie des Schulprogramms als Entwicklungsinstrument und seine essentiellen Strukturelemente 52 2.2 Ziele, Aufgaben und Inhalte eines Schulprogramms 54 3 Studien über Schulprogramme und Schulprogrammarbeit 58 3.1 Funktionen und Schwerpunkte von Schulprogrammen aus der Sicht der Schulaufsicht 58 3.2 Schulprogrammarbeit in NRW 64 3.3 Gelingensbedingungen für die Entwicklung und Umsetzung des Schulprogramms – Ergebnisse einer qualitativen Studie“ 67 3.4 Dialog zwischen Schulaufsicht und Schule – qualitative Analyse von Dialoggesprächen zur Schulprogrammarbeit 69 3.5 Schulprogramm und Organisationskultur – Ergebnisse aus niedersächsischen Schulen über Bedingungen und Wirkungen 72 3.6 Inhalte von Schulprogrammen – Ergebnisse einer Inhaltsanalyse Hamburger Schulprogrammtexte 77 3.7 Schulprogramme aus Ganztagsschulen im Land Brandenburg 82 3.8 Vergleich der Studien 89 4 Ausgangssituation – Qualität – Leitbild 90 5 Steuergruppen – Instrumente mit vielschichtigen Aufgaben 100 6 Forschungsfrage, Zielsetzung und methodisches Vorgehen 115 7 Dokumentenanalyse Bochumer Realschulen 119 7.1 Bestandsaufnahme über die Schulsituation 119 7.2 Pädagogische Grundorientierung und Gestaltungsformen, Lehr- und Erziehungsarrangements 119 7.3 Pädagogische Leitbilder 120 7.4 Entwicklungsplanung und Entwicklungsschwerpunkte 120 7.5 Evaluation 121 7.6 Fortbildungsplanung 122 7.7 Unterrichtplanung und –entwicklung 122 7.8 Wege zur qualitativen Verbesserung von Lernleistungen 123 7.9 Teamentwicklung 124 7. 10 Disziplinproblematik 124 7.11 Steuergruppen – Instrumente für den Entwicklungsprozeß 125 7.12 Zusammenfassung 125 7.13 Die Inhaltsanalyse Hamburger Schulprogrammtexte im Vergleich zu den Inhalten der Schulprogrammtexte aus der vorliegenden Studie 127 8 Interviews aus Bochumer Realschulen 129 8.1 Die Dynamik des Interviews 133 8.2 Begründung des Leitfadens 137 8.3 Interviewfragen 138 9 Auswertung der Interviews 142 9.1 1. Fallbox 142 9.2 2. Fallbox 164 9.3 3. Fallbox 183 9.4 4. Fallbox 199 9.5 5. Fallbox 215 9.6 6. Fallbox 230 9.7 7. Fallbox 244 9.8 Teilergebnisse der Interviews im Vergleich 259 10 Schlußbetrachtung 260 10.1 Schulprogramme 260 10.2 Unterricht 261 10.3 Organisation 262 10.4 Teamentwicklung 262 10.5 Disziplin 263 Literatur 265 Anhang 1 1 Theorie der Schulentwicklung – ein Problemaufriß 1.1 Schulentwicklung: vom Begriff zur Praxis – eine zusammenfassende Darlegung nach Rolff Die Schule kann in ihrer historischen Entwicklung auf eine lange Tradition verweisen, die bis in die Antike zurückreicht. Sie war zu allen Zeiten den epochalen gesellschaftlichen Normen angepaßt, und sie wurde von bedeutenden pädagogischen Strömungen, die sich zum Teil in der Reformpädagogik vereinigten, von Wissenschafts-, Bildungs- und didaktischen Theorien geprägt. Sie war leistungsstark, erziehend, bildend, furchteinflößend, fordernd, ungerecht, selten einladend und häufig reformresistent, aber sie war immer bestrebt, ihren staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag zu erfüllen, ohne Ansätze von Autonomiebestrebungen zu artikulieren. In retroperspektivischer Betrachtung und mit Blick auf die Zukunft ist der gegenwärtige Entwicklungsstand der Schulen unbefriedigend, denn die bisherigen Reformansätze waren ihrer Wirkung nach bestenfalls partielle Änderungsversuche, die veränderte Curricula, modifizierte Differenzierungsmodelle und die Verwendung neuer Medien empfahlen bzw. neue Schulformen in die Erprobung stellten. Außerdem waren diese Reformen von jener Art, die sich von Erlaß zu Erlaß hangelten und denen man sich als Lehrer weitgehend entziehen konnte, ohne irgendwelche Sanktionen befürchten zu müssen. Das Wissen um das zeitgemäße Erfordernis einer optimalen Ausschöpfung vorhandener Ressourcen, beispielsweise der Bildungsreserve, hat in der Administration zu einer neuen konzeptionellen Ausrichtung geführt, die sich dem Experiment dadurch öffnet, dass sie mit dem Zugeständnis von Teilautonomie den Akteuren einen umfangreicheren selbstverantwortlichen Handlungs- freiraum zugesteht. Der Entwicklungsprozeß ist wissenschaftstheoretisch fundiert und teilweise empirisch gestützt. Die Literatur bietet ausreichendes Material, um den Praktikern als Handlungsrichtschnur zu dienen. Die konzeptionelle Schulentwicklung ist eng verbunden mit der Geschichte der Schulentwicklungsforschung, deren Verlauf mit Rolff wie folgt skizziert werden kann. Der Begriff Schulentwicklung, der nicht zum tradierten pädagogischen Vokabular gehört und erst in der jüngeren Vergangenheit fachsprachlichen Eingang fand, ist in der aktuellen Schulreform von zentraler Bedeutung, und er wird von manchen als Synonym für alle Aktivitäten benutzt, die in irgendeiner Weise mit Schule in Verbindung gebracht werden können. Fast jede Maßnahmen von Politik und Verwaltung, sogar Sparmaßnahmen, werden 2 Schulentwicklung genannt. Fast alle, die mit Schulen arbeiten, Lehrkräfte fortbilden oder beraten, nennen sich Schulentwickler, und fast alles, was Schulleiter betreiben, versehen diese mit dem Etikett Schulentwicklung (Buchen / Rolff 2006, S. 297). Der Umstand dieses vielfältigen und verschiedenartigen Gebrauchs wirft die Frage nach der tatsächlichen Bedeutung des Begriffs auf. Er wird zum ersten Mal erwähnt im Zusammenhang mit der Gründung zweier voneinander unabhängiger Institute, dem vom österreichischen „Bundesministerium für Bildung und Unterricht“ 1971 gegründeten „Zentrum für Schulversuche und Schulentwicklung“ in Klagenfurt und der vom Landtag Nordrheinwestfalens 1972 eingerichteten „Arbeitsstelle für Schulentwicklungsforschung“ an der Pädagogischen Hochschule Ruhr, die später zum „Institut für Schulentwicklungsforschung“ (IFS) an der Universität Dortmund wurde. Während für die „Klagenfurter“ die Schulentwicklung ein Jahrzehnt lang ein Randdasein führte, legten die „Dortmunder“ zunächst Wert auf ein enges Begriffverständnis. Man verstand unter Schulentwicklung in der Anfangsphase der 70er Jahre vorwiegend Schulentwicklungsplanung, die abgestellt war auf die Planung der sogenannten äußeren Schulangelegenheiten, worunter Standort, Raumkapazität und Gebäude zu verstehen waren und Maßnahmen der Schulreform, die als äußere Schulreform benannt wurde. Dieses Verständnis von Schulentwicklung wurde Ende des Jahrzehnts erweitert. So hieß es 1980 in der ersten Ausgabe des „Jahrbuch(es) der Schulentwicklung“: „Schulentwicklungsforschung analysiert und beschreibt die jüngere Entwicklung des bundesdeutschen Schulwesens, um auf diese Weise • zu empirisch abgesicherten Erklärungen über diesen Entwicklungsabschnitt zu gelangen, die auch realistische Prognosen künftiger Entwicklungen erlauben; • einen Beitrag zur Ausfüllung einer Theorie der Schule zu leisten, die auf Erklärung des Implikationsverhältnisses von Schule und Gesellschaft ausgerichtet ist.“( Buchen / Rolff 2006, S. 297) Rolff definiert das Schulsystem in seiner Genese und Gestalt zugleich als gesellschaftlich- historisch strukturiert wie auch als handelnd-veränderbar (Rolff / Tillmann 1980, S. 242 ff.). Es wird deutlich zum Ausdruck gebracht , dass das Schulsystem als Ganzes betrachtet wird und nicht die Einzelschule der Schwerpunkt der Schulentwicklung war. Um das Schulsystem in all seinen Bezügen und Feldern wie Organisation, Administration, Interaktion und der Vermittlung von Wissen und Werten zu erfassen, nahm man Bezug auf die Curriculum- theorie, die Sozialisationstheorie und die Institutionsanalyse. Im ersten Jahrbuch der 3 Schulentwicklung erläutern Rolff / Tillmann die drei Bezugstheorien, die durch vier Kriterien gekennzeichnet sind. Sie werden die im folgenden kurz skizziert. • Geeignete Bezugstheorien müssen in der Lage sein, sowohl den gesellschaftlichen Implikationszusammenhang als auch das innerschulische Geschehen mit den gleichen Begriffen bzw. Analysekonzepten zu erfassen. • Unter speziell dialektischer Betrachtung ist von den Bezugstheorien zu fordern, dass diese nicht nur von einer Funktionalisierung des innerschulischen Geschehens durch gesamtgesellschaftliche Imperative ausgehen dürfen, sondern umgekehrt auch die Rückwirkungen „innerschulischer Prozesse“ auf den gesellschaftlichen Zusammenhang thematisieren müssen. • Die Eignung von Bezugstheorien erweist sich daran, ob sie den Gegenstandsbereich vollständig erfassen können, was bedeutet, dass sie sich auf wesentliche Momente von schulischen Lehren und Lernen erstrecken müssen. Sie müssen, wenn ihre Vollständigkeit deutlich werden soll, den gesamten Themenbereich von Schulpädagogik und Erziehungssoziologie abdecken. Eine Schultheorie kann ihren eigenen Ansprüchen nicht genügen, wenn sie nur die schulpädagogische Seite berücksichtigt und gesellschaftliche Aspekte vernachlässigt; anders betrachtet bliebe sie „soziologistisch“, würde sie das spezifisch Pädagogische des innerschulischen Geschehens übersehen. • Bezugtheorien müssen empirisch fundierbar sein, denn das gesellschaftliche Implikationsverhältnis von Schule ist nicht abstrakt und zeitlos zu bestimmen, weil die Frage nach einer zeitlich begrenzten konkreten Ausformung nur empirisch beantwortet werden kann (Rolff / Tillmann 1980, S. 144 ff.). Da alle drei Theorien den vier Kriterien entsprachen, wurden sie zusammengefaßt als Einheit zum Kriterium für die Vollständigkeit des theoretischen Rahmens. In den skizzierten drei Bezugstheorien werden die wesentlichen Aussagen herausgestellt, ohne die voraussetzenden Begründungen, die zu ihnen führten, ausführlich nachzuzeichnen. Curriculumtheorie Curriculumtheorie konzeptualisiert wie die Didaktik innerschulische Probleme aus dem Bereich der Ziele und Inhalte, der Organisationsformen und Methoden des systematischen Lehrens und Lernens. 4 Klaffki nennt drei Problemebenen: 1. die der grundsätzlichen Zielentscheidungen 2. die der Teillernziele 3. die der Zuordnung von Lern- bzw. Bildungsinhalten, sowie die Realisierungs- ebenen. Der gesellschaftliche Implikationszusammenhang ist auf allen Ebenen zu konzeptualisieren. Zielentscheidungen und Teillernziele bedürfen der Legitimation. Selbstverständlich müssen Lernziele so angeordnet werden, dass sie grundsätzlich lehrbar sind, was bedeutet, dass sie altersangemessen und systematisch aufeinander bezogen im Unterricht vermittelt werden können. Die schulische Vermittlung von Fach- und Orientierungswissen ist Teil des gesamten gesellschaftlichen Produktionszusammenhangs (gesellschaftliche Seite). So definiert das Curriculum, was als gesellschaftlich gültiges Wissen zählt. Solange allerdings darüber in der Gesellschaft Uneinigkeit herrscht und die Gesellschaft selber kulturell differenziert und sozial stratifiziert ist, solange es Schichten und Klassen gibt, ist das Curriculum ebenso stratifiziert, die Bewertung von Wissen hierarchisiert und die Auswahl durch Herrschaftsinteresse gelenkt. Somit bleibt das Curriculum ein Streitpunkt zwischen den verschiedenen Vorstellungen innerhalb der Gesellschaft. Rolff / Tillmann verweisen darauf, dass diese Zusammenhänge, die nur selten in den Blick der traditionellen Didaktik geraten, aber dennoch die unterschiedlichen Curricula der unterschiedlichen Schulformen stark bestimmen. Sie gelten als Gegenstand der Wissenssoziologie des Curriculums, die die Frage nach der sozialen Basis des Curriculums und nach der gesellschaftlichen Legitimation von Lernzielentscheidungen fragt. Die Zuordnung von Inhalten und Gegenständen zu Lernzielen steht genauso im Wechselverhältnis von didaktischen Inhalts- und sozialen Formbestimmungen. Lernziele und Inhalte sind letztlich das, was der Lehrer aus ihnen macht. Diese Betrachtung ist Teil der Wissenssoziologie des Curriculums. Nichts wird so realisiert wie es didaktisch geplant war, weil es durch den sozialen Kontext des „Realisierungsvorgangs“ gebrochen, zumindest verändert wird. Dies ist eine allgemeine Erkenntnis aus der Innovations- und Implikationsforschung und betrifft die Realisierungsebene. Festgestellt werden kann, dass das Implikationsverhältnis von Schule und Gesellschaft von allen Problemebenen des Curriculums thematisiert wird. Die Wissenssoziologie hat Kategorien entwickelt, die es ermöglichen, gesellschaftliche Situationen und schulische Curricula mit den gleichen Begriffen zu belegen Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf Bernstein, der 1977 die Codifizierung der gesellschaftlichen Arbeit mit der Codifizierung der schulischen Wissensvermittlung verband und dabei die gemeinsamen Begriffe Stratifizierung, 5 Klassifizierung, Rahmen und Kontrolle zuordnet und mit diesen Kategorien zwei gegenläufige gesellschaftliche Tendenzen aufzeigt: Einerseits besteht im Bereich der gesellschaftlichen Arbeit ein Trend zu instrumentell orientierter und durch Positionen kontrollierte Arbeit, die sich im schulischen Arbeitsfeld in „geschlossenen Curricula“ darstellt. Zu verstehen sind darunter stark klassifizierte und stark gerahmte Lehr- und Lernformen, womit im ersten Beispiel starre Fächergrenzen und im zweiten die durch Lehrer kontrollierte Vermittlung gemeint sind. Ein weiter zu entwickelndes Ziel ist die Auflösung der starren Fächergrenzen und die Flexibilität der Vermittlungsformen durch veränderte Verhaltenstrategien, die ein Ergebnis kommunikativ orientierter Arbeit sein sollten (soziale Basis für die Entwicklung „offener Curricula“). Das Curriculumkonzept ist kein Beleg für die einseitige gesellschaftliche Einwirkung auf das innerschulische Geschehen der Wissensvermittlung, denn es zeigt ebenso deren Rückwirkung auf die Zusammensetzung des gesellschaftlichen Wissensbestandes auf, und es führt zu der Erkenntnis, dass Wissen mehr als eine Ware ist, denn es wird nie vollkommen kontrollierbar sein, weil die Schule, die nützliches Wissen vermittelt, niemals völlig ausschließen kann, dass dieses Wissen durch die Adressaten mißbraucht wird und gegenläufig verwendet werden kann. Während Unwissen oder verengtes Wissen eine stabile Basis von Herrschaft sind, bleibt gebildetes Wissen immer gefährlich. Dieser Gegensatz wird dann verstärkt wahrgenommen, wenn der Wissensstand der entwickelten Gesellschaft anders als in der Zeit vor der Industrialisierung in zunehmendem Maße mehr Wissen von den Heranwachsenden verlangt. Es ist, wie Gorz formuliert, dauerhaft unmöglich, die „Unwissenheit gleichzeitig mit dem Wissen“ zu lehren. Die Sozialisationsforschung und die Erziehungstheorie fragen gemeinsam nach den Konstitutionsbedingungen identischer und gesellschaftlich handlungsfähiger Subjekte. Die gängigen Sozialisationsdefinitionen sind umfangreicher als die der Erziehung. Nach Durkheim (er führte den Begriff Sozialisation ein) ist Erziehung planmäßige oder methodische „Sozialisation“ (Durkheim 1972, S. 30). Eingangs geht es darum, zu klären, ob der Sozialisationsbegriff auch in der Lage ist, den qualitativen Ansprüchen zu genügen, die in der Erziehungswissenschaft vor allem von der geisteswissenschaftlichen Pädagogik erhoben werden. Thematisiert werden von ihr im Verein mit der kritischen Erziehungswissenschaft die Selbstfindung des Zöglings als einen Akt der Selbstfindung in bewußter Auseinandersetzung mit der vorgegebenen Welt und ihren Anforderungen. Sie richtet sich damit gegen eine überhebliche Milieupädagogik, vor allen Dingen gegen Dressur und Zuchtlehren. Das Menschenbild, das diese Pädagogik prägt, definiert Blankertz: Der eigentliche pädagogische 6 Gesichtspunkt ist der formale ..., weil das Pädagogische den Inhalt der Bildung weder selbst setzt noch Kraft eigener Vollmacht wählt, vielmehr den Anspruch von Kultur und Leben vernimmt und akzeptiert, ihm aber mit dem Maßstab der Menschwerdung des Menschen einen formalen Sinn abverlangt und eben dadurch seine Absolutheit bricht (Blankertz 1963, S. 122). Die Sozialisationsforschung sieht sich im theoretischen Vorteil gegenüber der Auffassung von Blankertz. Während er den Anspruch von Kultur und Leben lediglich „vernimmt und auch akzeptiert“, analysiert die Sozialforschung ihn und erforscht seine soziale Basis, Dynamik und Formbestimmtheit und thematisiert den dialektischen Zusammenhang von gesellschaftlicher Organisation, geteilter Arbeit und Entwicklung von Persönlichkeiten. Die emanzipatorischen Ansprüche der geisteswissenschaftlichen Pädagogik werden von der kritischen Sozialforschung aufgenommen und darüber hinaus insofern ergänzt als sie systematische Kategorien zur Analyse des Wechselverhältnisses von Individuum und Gesellschaft anbieten. Unter „soziologistischer Tradition“ von Durkheim ist das Individuum die Summe seiner sozialen Rollen und seine Identität ist danach die gelungene Koordination der diversen Rollenanforderungen. Die moderne Sozialforschung orientiert sich anhand dreier Quellen, durch deren Zusammenwirken ihre Eignung als Bezugstheorie bestätigt wird. • Sozialisation als Verarbeitung und Integration, Trieb dynamischer Ansprüche, d.h. die Auseinandersetzung der Heranwachsenen mit ihrer eigenen „inneren“ Natur. • Sozialisation als „individuelle Vergesellschaftung“ des Menschen in tätiger Aneignung vergegenständlichter gesellschaftlicher Erfahrung (Holzkamp / Schulig 1973, S. 38), also die Auseinandersetzung mit der „äußeren“ Natur und Technik. • Sozialisation als inner-aktiv gewonnene und interpretativ vermittelte Formung eines Sozialcharakters, also deren Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Zumutungen, Erwartungen, Regelsystemen und Handlungsorientierungen. Sozialisationsforschung in diesem Sinne ist immer auf Individuierung und Vergesellschaftung zugleich bezogen und begreift ihr Verhältnis deshalb als ein dialektisches. Beschrieben werden von ihr, auf die Schule gerichtet, die gesellschaftlich bestimmten Modi, nach denen dort gelernt wird, denn es ist nicht nur wichtig, was die Schule lehrt, sondern vor allem wie gelernt wird. Beteiligt daran ist der soziale Kontext der pädagogischen Beziehung. Durch ihn wird das Lernangebot bestimmt. Beeinflußt werden auch ob und auf welche Art Inhalte von den Schülern rezipiert werden, ob überhaupt und wenn dann welche Inhalte von Schülern bloß memoriert und nach kurzer Zeit wieder vergessen werden oder aber ob sie zu verankerten Handlungsorientierungen internalisiert werden, steht in Abhängigkeit von der sozialen Struktur der pädagogischen Beziehung. Seinen höchsten Stellenwert erreicht der 7 soziale Kontext bei Lernzielen, die auch als Erziehungsziele interpretiert werden. Moralische Orientierungen und demokratisches Verhalten bildet sich eher als im autoritär und bürokratisch gestalteten Lernumgebungen heran, wenn Lehrer und Schüler in Kooperation teilautonom über die Gestaltung und über die Wahl der Sozialformen bei der Stoffvermittlung verfügen. Rolff / Tillmann kennen die Probleme der Praxis, wenn sie formulieren: Hinzukommt, dass die Rezeption schulischen Wissens durch die Schüler von deren Vorwissen abhängt, dass sie sich Zuhause oder sonstwo außerhalb der Schule angeeignet haben. Die Vorerfahrungen beeinflussen das innerschulische Geschehen so stark, dass in bestimmten Lernumwelten die üblichen Lehrer-Schüler-Beziehungen gar nicht aufgenommen werden können, weil die außerschulische Sozialisation in keiner Weise auf die innerschulische vorbereitet, ihr z.T. sogar entgegensteht. Andererseits ist nicht zu übersehen, wie eng die dominanten schulischen Lernformen mit dem Sozialisationsmustern der dominanten sozialen Schicht und diese wiederum mit der „Struktur der Klassenbeziehungen“ (Bourdieu / Passeron 1971) korrespondieren. Die Sozialisationsforschung ist wegen ihres hohen Erklärungswertes für die innerschulischen Lehr-Lernprozesse prädestiniert der Schulpraxis assistierend zur Seite zu stehen, sie kann empirische Forschungsberichte vorzeigen, die Auswirkungen des sozialen Kontextes von Schule auf das Bewußtsein und Verhalten von Schülern aufzeigen, die im Ergebnis als eine empirische Bestätigung des Beziehungszusammenhangs zwischen gesellschaftlicher Klassenstruktur und der schulischen Sozialisation angesehen werden können. Institutionsanalyse Der Bernstein´schen sozialtheoretischen Grundthese folgend, nach der „die Struktur der sozialen Beziehungen die Prinzipien der Kommunikation und damit die Prägung der Bewußtseinsformen bestimmt“ (Bernstein 1970, S. 49) gehen Rolff / Tillmann der Frage nach, was die Struktur der sozialen Beziehungen bestimme und schlußfolgern; es ist die Schule als Institution mit ihren spezifischen Formen der Institutionalisierung der Lehr- und Lernprozesse. Sie gehen weiterhin konform mit Benner, der programmatisch von der Schultheorie fordert, dass sie „nicht nur die didaktischen und lehrplantheoretischen Anforderungen an die Organisationsform der Schule zu reflektieren hat, sondern darüber hinaus auch die institutionellen Sach- und Systemszwänge der Schule als gesellschaftliches Teilsystem in ihrer Bedeutung für die Erziehung und Unterrichtsprozesse“ (Benner 1978, S. 366). Die institutionellen Sach- und Systemzwänge sind das obligate Abschluß- und Prüfungssystem mit dem dazugehörigen Berechtigungswesen oder dem sogenannten 8 gesellschaftlichen Tatbestand, dem Zwang zur Auslese, deren Bedeutung für Erziehungs- und Unterrichtsprozesse nicht von der Hand zu weisen sind, was zu der Erkenntnis führt, dass die Auswirkungen, z.B. des Numerus clausus z.T. so gravierend sind, dass sie den pädagogischen Auftrag bzw. die erzieherische Qualität der Schule in Frage stellen, oder dass sie das offizielle Curriculum unterlaufen und durch ein „heimliches“ ersetzen. Die Institutionsanalyse weist mit großer Eindeutigkeit auf gesellschaftliche Tatbestände und damit auf die Notwendigkeit eines sozialwissenschaftlichen Zugangs hin, der nicht auf einer einfachen Organisationsanalyse der Schule zurückgeführt werden darf. Zweifelsfrei ist die Schule eine soziale Organisation, aber wegen ihrer spezifisch pädagogischen Zielsetzung eine der besonderen Art, die sich von anderen Organisationen unterscheidet. Habermass nimmt Bezug auf die als Vorgabe der Erziehenden und im Schonraum eines von den großen gesellschaftlichen Spannungen weithin entlasteten Erziehungsfeldes den Kindern die Chance geboten wird, unvertretbar für sich selbst zu handeln, das Lernen zu lernen, eben: unter der Obhut vorgeschossener Mündigkeit mündig zu werden (Habermas 1970, S. 188). Dem schließen sich Rolff / Tillmann in soweit an, als sie feststellen, dass der schulorganisatorisch errichtete „Schonraum“ die gesellschaftlichen Spannungen „umleitet“, „bricht“ oder „aufschiebt“, weil Anderserziehung und Unterricht gar nicht gelingen könnten. Und sie folgern: Aus dieser Besonderheit der pädagogischen Zielsetzung von Schule leitet sich die Notwendigkeit einer relativen Autonomie der Schule als Institution ab. Gesellschaftliche Anforderungen werden innerschulisch nicht ungebrochen umgesetzt, dennoch besteht ein dialektisches Wechselverhältnis zwischen gesellschaftlichen Prozessen und Veränderung der institutionellen Verfaßtheit der Schule. Bourdieu / Passeron begründen diese relative Autonomie aus der gesellschaftlichen Funktion der Schule und bezeichnen damit die doppelte Blickrichtung von schulischen Institutionsanalysen, die von ihnen die „innere Logik“ und die „äußerlicher Funktion, die Sozialordnung“ zu erhalten, genannt wird (Bourdieu / Passeron 1971, S. 191). Sie beziehen sich darauf, „dass keine Funktion des Bildungswesens unabhängig von einem gegebenen Zustand der Struktur der Klassenbeziehungen bestimmt werden kann (ebd. S. 198). Sie fragten nach der Möglichkeit, der zufolge die Autonomie der Schule analysiert werden kann, „ohne den Klassencharakter seiner Funktion zu übersehen, der ihm in einer Klassengesellschaft unweigerlich anhaftet“. Alle Fragestellungen führen zu dem Schluß, dass das Bildungswesen die besondere Fähigkeit besitzt, sich selbst autonom zu setzen und die Vorstellung von seiner Neutralität zu verbreiten. Deshalb ist es in der Lage, sich selbst Legitimität zu verschaffen und dadurch den Beitrag, den es zur Reproduktion der bestehenden kulturellen Ordnung leistet, zu tarnen. Die Verschleierung dieser Leistung stellt 9 selbst einen nicht geringen Dienst dar, den das Bildungssystem aufgrund seiner relativen Autonomie zur Erhaltung der Sozialordnung leistet (Bourdieu / Passeron 1971, S. 215). Der Umfang der Autonomie einer Schule ist relativ, ihre konkrete Selbstdarstellung fällt in den Bereich empirischer Fragestellungen und ist aufgrund der unterschiedlichen epochalen Gegebenheiten immer wieder neu zu durchdenken. Die Eignung der Institutionsanalyse als eine von drei Bezugstheorien ist ihre verschiedenartige Verwendbarkeit. Sie kann sowohl ein Instrument für die Problemerkenntnis als auch für die Problemanalyse sein. Rolff / Tillmann fassen zusammen: Sie vermag Struktur– und Handlungszusammenhänge des innerschulischen Geschehens aufzuklären, sei es das Problem mit der Unterrichtsdifferenzierung, der Lehrerrolle und der Ausleseprozeduren; und sie ist gleichzeitig in der Lage, den gesellschaftlichern Implikationszusammenhang in den gleichen Begriffen zu konzeptualisieren, seien es die Qualifikations- oder die Legitimationsfunktion, die Statusallokation über die Bildungsabschlüsse oder der Beitrag der Schule zur sozialen Reproduktion insgesamt. Veranschaulicht werden durch sie Rückwirkungen des innerschulischen Geschehens auf den gesellschaftlichen Implikationszusammenhang, wofür folgendes Beispiel steht: Veränderte innerschulische Selektion beeinflußt die Arbeitskräfterekrutierung und diese wiederum die soziale Mobilität: Denn steigt die Anzahl von Schulentlassenen mit höheren Abschlüssen, so antwortet das Beschäftigungssystem mit der Entwicklung eigener Ausleseprozeduren, und es verschiebt sich die Nachfragestruktur auf dem Arbeitsmarkt. Es heißt weiter, die Theorie der Schule hat die gesellschaftlichen Bedingungen der Möglichkeit von Schule zum Gegenstand. Es erfolgt keine Trennung zwischen inneren und äußeren Schulangelegenheiten sondern das Besondere ist die Thematisierung ihres Verhältnisses zueinander, eben ihr Implikationszusammenhang. Aufgabe ist es, ihn unter pädagogischen Gesichtspunkten zu untersuchen. Das bedingt einen Untersuchungsansatz, der die Erziehungswissenschaft und die Soziologie miteinander verbindet. Zielvorstellung war die Begründung dafür, dass Einsichten über das Verhältnis von Schule und Gesellschaft an der empirischen Wirklichkeit nur gewonnen werden können, wenn Prozesse von Entwicklung und Veränderung betrachtet werden, was bedeutet, dass nur die Analyse schulischer und gesellschaftlicher Entwicklungen, also zeitliche „Veränderungsprozesse“ es erlauben, empirisch gesicherte Aufschlüsse über das wechselseitige Implikationsverhältnis aufzuzeigen (Rolff / Tillmann 1980, S. 243ff). Die Skizzierung der Bezugtheorien beweist ihre Bedeutung als wissenschaftliche Elemente einer ausgangssituativen Basisorientierung in der Startphase der Schulentwicklungsforschung. Es war die Zeit des Beginns der 1970er Jahre, die die Reformanstöße aus den vorangegangenen 10 Jahren, die auf die Demokratisierung und Effizienzsteigerung des etablierten Bildungssystems abzielten, ein Jahrzehnt expansiver Bildungsbestrebungen, des Ausbaus der Vorschulerziehung, der Curriculumrevision, der Überwindung der Dreigliedrigkeit des Schulsystems und die Kooperation von allgemeiner und beruflicher Bildung. Dieses Reformangebot brachte eine Reihe von Schulversuchsprogrammen mit sich, die als umfassende Ansätze einer gesamtstaatlichen Reformplanung gedacht waren. Parallel dazu kam es zu einer Expansion der Bildungsnachfrage und in zeitlicher Parallelität dazu verlief der Wandel von einer vornehmlich geisteswissenschaftlich orientierten Pädagogik zu einer sich als Sozialwissenschaft verstehenden Erziehungswissenschaft. Die philosophisch- pragmatische Pädagogik von W. Flitner noch einmal zusammenfassend so formuliert, adaptierte sowohl Methoden der empirisch-analytischen Erfahrungswissenschaft, als auch Konzepte der Theoretischen Soziologie. In der Pädagogik vollzog sich ein Wandel mit sozialwissenschaftlicher Akzentuierung. Sie erhielt Unterstützung von der Sozialwissenschaft, die mit ihrer empirischen Forschungsmethodik ein geeignetes Instrument besaß, die Schwachstellen des Schulsystems auszuleuchten und die Lösung der Entwicklungsprobleme systematischer anzugehen, was dann nach Jahren der Reformeuphorie zu Stagnation und Krise führte. Mitte der 1960er Jahre kam Bewegung in die Bildungsszenerie. In der Schulpolitik wurden Reformen angestoßen, die auf Demokratisierung und Effektivierung des bestehenden Bildungssystems abzielten. Mit der Modifizierung der Vorschulerziehung, der Curriculumrevision, der Überwindung der Dreigliedrigkeit und der Verknüpfung von allgemeiner und beruflicher Bildung standen Themenbereiche auf der Prioritätsliste, die heute, vier Jahrzehnte später, nichts an Aktualität verloren haben. Diese Zeit verdichteter Reformbemühungen brachte eine Reihe von Schulversuchsprogrammen hervor und es wurden Anfänge einer gesamtstaatlichen Reformplanung erkennbar. Als eine Begleiterscheinung der Reformansätze kann die gleichzeitig einsetzende Expansion der Bildungsnachfrage betrachtet werden. In zeitlicher Parallelität zu den reformerischen Aktivitäten fand in der Pädagogik ein „Paradigmenwechsel“ statt, der einer sozialwissenschaftlichen Modernisierung gleichkam, die sich dadurch manifestierte, dass aus der geisteswissenschaftlich, philosophisch-pragmatischen orientierten Pädagogik durch Adaption moderner Methoden der empirisch-analytischen Erfahrungswissenschaft und der Theoretischen Soziologie ein Wandel hin zur Erziehungswissenschaft vollzog. Mit der Erziehungswissenschaft bot sich für Politik und Administration ein kompetenter Partner an, der sich der vielfältigen Planungs-, Forschungs- und Beratungsbedarfe, die sich aus der Konzentration von Bildungsexpansion und 11 Reformanstrengungen ergaben, wissenschaftlich fundieren konnte. Am Ende einer langjährigen Zusammenarbeit und einer Krise, die davon zeugt, dass eine wirkungsvolle Kooperation ausblieb und deren Verlauf Tillmann / Rolff so skizzieren: Zunächst bestimmten Ende der 60er Jahre zwei Ansätze die wissenschaftliche Diskussion über die Schulentwicklung. Zum einen wurden Streitfragen über künftige Inhalte und Strukturen als wissenschaftlich entscheidbar betrachtet und in quasi-experimentelle Versuchsanordnungen übersetzt. Solches Konzept empirisch kontrollierter Schul- und Unterrichtsversuche versprach, an die Stelle des (politischen) Meinungsstreits die wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis zu setzen. Neben einer Vielzahl curricularer Evaluationsprojekte, ist hier vor allem das Experimentalprogramm mit Gesamtschulen zu nennen. Zudem wurden im weiten Umfang sozialtechnologische Modelle der Bildungsplanung erprobt: Wenn über die Zielstruktur einer Reform entschieden worden war, so wurden die Probleme der weiteren Entwicklung vor allem als Planungsprobleme begriffen; es galt, die richtigen Methoden für die Steuerung des Bildungssystems zu finden und anzuwenden. Als Beispiele sind vier Schulentwicklungspläne der frühen 70er Jahre zu nennen, die sowohl auf Länder- als auch auf kommunaler Ebene von wissenschaftlichen „brain trusts“ erstellt wurden, ohne dass die Betroffenen nennenswert Einfluß nehmen konnten (vgl. Rolff 1979, S. 292 ff.). Beiden Arbeitsansätzen war gemeinsam der optimistische Glaube daran, dass durch „wissenschaftlich angeleitete Vernunft“ die Entwicklungsprobleme des Schulsystems „in den Griff“ genommen werden könnten. Nach fast zehnjährigem Bemühen um wissenschaftliche Beratung im Schulsystem, kam es Mitte der 70er Jahre zu einer unübersehbaren Stagnation und Krise der Schulreform. Der Stop der Neuerrichtung Integrierter Gesamtschulen in Hessen (1974), das Scheitern der Kooperativen Schule in Nordrheinwestfalen (1978) und die Stagnation bei der Fortbildung des Bildungsgesamtplanes (1979) sind hierzu wesentliche Markierungspunkte. Die Bedeutung politischer und sozialer Widerstände wurde immer deutlicher, die Naivität der anfänglichen Planungseuphorie immer offensichtlicher; zugleich zerbrach der Glaube an einer Veränderung des Schulsystems durch „wissenschaftlich angeleitete Vernunft“. Zwar nahmen in dieser Zeit empirische Bildungsforschung und wissenschaftliche Politikberatung einen ungeheuren Aufschwung, ein unübersehbares Resultat fast aller Forschungsberichte lautete jedoch: Nichts wurde so realisiert, wie es geplant war. Warum das so ist, liegt noch weitgehend im Dunkeln. Weder Ergebnisse von Schulexperimenten noch die Planungsmodelle selbst geben darauf eine Antwort. Das war kennzeichnend für die gesellschaftliche Situation. Die Bildungsreformbemühungen drohten zu erlahmen oder gar zu scheitern, ohne dass die stark expandierte Bildungsforschung die Ursachen und Zusammenhänge hinreichend klären 12 konnte, und ohne dass die politisch Verantwortlichen ein Interesse an einer realistischen Analyse zeigten (Rolff / Tillmann 1980, S.238-239). Die Gründe für das Scheitern schulischer Reformen sind bis heute noch ungeklärt. Wenn es aus wissenschaftlich-theoretischer Sicht heraus um die immer wieder erneute Klärung des Verhältnisses von Schule und Gesellschaft geht, so waren für die Praktiker Reformen meistens von erlaßbestimmter Art, von der man erfahrungsgemäß erwartete, dass sie alsbald modifiziert und relativ schnell vergessen wurden, weil ihnen die für ihre Umsetzung notwendige Akzeptanz fehlte. Ein grundsätzliches Problem, das allen Reformen von vornherein anhaftet, ist das der Implementation. Ihre unbedingte Beachtung ist die Voraussetzung für sämtliche Reformbestrebungen. Implementation Die 70er Jahre, als Jahrzehnt der Reformen euphorisch angegangen, führten aus einer Vielzahl von Gründen in die Krise. Sie steht zunächst einmal dafür, dass es den beteiligten Gruppen nicht gelungen ist, eigene Befindlichkeiten, separate Planungsentwürfe und partielle Arbeitsvorhaben im Hinblick auf gemeinsame Zielvorstellungen zu relativieren, um sie koordiniert in der Praxis wirksam werden zu lassen. Diese Feststellung führt zu dem für erfolgreiche Reformvorhaben unverzichtbaren Begriff der Implementation, der nach Rolff (Buchen / Rolff 2006, S. 298) nur sehr ungenau mit Aus- oder Durchführung zu übersetzen ist, weil er gerade nicht nur Aus- bzw. Durchführung, sondern auch Entscheidungs- und Kontrollprozesse meint. Besonders wichtig ist die analytische Trennung von Planung und Implementation, weil sie auf ein kritisches Moment fast aller Reformvorgaben verweist, das ohne diese Unterscheidung allzu leicht übersehen werden könnte und häufig auch übersehen wird. Bei jedem Reformvorhaben ist zwischen Planung und Implementation zu unterscheiden, da sich beide Aspekte komplementär zueinander verhalten und systematisch miteinander koordiniert werden müssen. Beispielhaft verweist Rolff zur Implementationsproblematik auf eine Studie der Rand-Kooperation (Berman u.a. 1974-1975), in der erstmals die Miss- beziehungsweise Gelingensbedingungen von Reformprogrammen der US-Bundesregierung exakter untersucht wurden. Es sollen hier nur die Ergebnisse der dreistufig angelegten Untersuchung aufgezeigt werden: • Projekte, die eine Einbeziehung der Betroffenen, vor allem der Lehrer in den Entscheidungsprozeß vorgesehen hatten, ließen sich leichter und konsequenter ausführen. • Projekte, die „außen“ bis ins Detail vorgeplant waren, fanden nur selten dauerhafte Unterstützung „vor Ort“ und konnten deshalb ihre Ziele kaum und zum Teil gar nicht erreichen 13 • Entscheidend war, ob die Projekte einen unterschützenden organisatorischen Rahmen vorfanden. Partizipation der Betroffenen, Unterstützung und Hilfestellung durch die Verwaltung, gut funktionierende Kommunikation, regelmäßige Sitzungen aller Projektmitarbeiter und die unbürokratische Handhabung von unvorhergesehenen Engpässen und Nebenfolgen sind zentrale Bestandteile des organisatorischen Rahmens. • Ein vorbereitendes bzw. begleitendes Training der Projektmitarbeiter erwies sich als wichtig. Je konkreter es sich an alltäglichen Arbeitsproblemen orientierte, desto erfolgreicher war es. • Der Erfolg von Reformprojekten war um so wahrscheinlicher, je mehr Mitglieder der betroffenen Schule aktiv im Projekt mitarbeiteten. • Die gemeinsame Entwicklung von Unterrichtsmaterialien „vor Ort“ ist förderlicher als die bloße Übernahme zentral entwickelter Materialien. Dass ist es deshalb der Fall, weil der Prozeß der Materialerstellung selbst vielfältige Möglichkeiten des konkreten „Lernens durch Tun“ bereitstellt und zudem zur Verinnerlichung der Projektziele beiträgt. • Grundschulprojekte waren generell erfolgreicher als Sekundarschulprojekte. Betont akademisch orientierten Sekundarschullehrern fiel die Projektausführung eher schwer. An den Grundschulen übernahm die Schulleitung häufig die Funktion eines „gate keepers“. Sie entschieden, ob Neuerungen Einlaß in die Schule fanden oder nicht. Hinsichtlich der Fortführung und Nachhaltigkeit der Reformprojekte wurde festgestellt: • Es scheint so, dass die Evaluation des Projekterfolges im allgemeinen keine wichtige Rolle bei Entscheidungen auf lokaler Ebene spielt, ob ein Reformvorhaben fortgeführt werden soll oder nicht. • Es scheint ferner so zu sein, dass die Fortführungschancen von Reformen um so größer sind, - je mehr Personaltraining durchgeführt wird und - je mehr dieses Training an der konkreten Arbeit am Unterricht orientiert ist. • Umgekehrt ist ein frühzeitiges Scheitern einer Reformmaßnahme um so eher zu erwarten, - je mehr ein Projekt aus Motiven des finanziellen Opportunismus beantragt wird 14 - je weniger es Unterstützung der Verwaltung findet - je mehr es von Außenstehenden entworfen, kontrolliert und je weniger es „vor Ort“ entwickelt wird. Hingegen scheint die Implementation um so eher zu gelingen, - je stärker spezifisch lokale Interessen betroffen werden - je stärker die Mitbestimmung der lokalen Projektteams ist und - je mehr der Projektzuschnitt an lokale organisatorische Bedingungen angepaßt wird (Rolff 2006, S. 298-301). Die Ergebnisse der Rand-Studie führten zu folgender Erkenntnis: Die Implementation dominiert das Ergebnis – und zwar mehr als die Ziele oder die Planung. Es darf in dem Zusammenhang, ohne den sofortigen Beweis antreten zu können, vermutet werden, dass eine hiesig ablaufende Studie mit gleicher Zielsetzung ähnliche Ergebnisse gezeitigt hätte. Die Implementationsforschung entstand in den 70er Jahren als es notwendig wurde, der Stagnation der Bildungsreform insofern zu begegnen, als man versuchen mußte, die Erforschung der Gelingens- und Mißlingensbedingungen von schulischen Innovationen zu begegnen. Sie gilt als eine Quelle von zweien einer Schulentwicklung, die nach dem Scheitern der Reformbewegung der 70er Jahre sich Ende der 80er abzeichnete und deren erste Quelle die Einzelschule als „Gestaltungseinheit“ oder „Motor“ von Reformmaßnahmen war. Angelsächsische Studien kamen ohne Ausnahme zu dem Ergebnis, dass sich die Umsetzung und damit auch der Erfolg von Plänen nicht auf der staatlichen, sondern auf der Ebene von einzelnen Schulen entscheidet (Rolff 2006, S. 300). Rolff verweist auf Dalin 1973; Huberman / Miles 1984; Odden / Marsch 1989; Lieberman / Miller 1990; Fullan 1991. Dieser Bedeutungsgewinn der Einzelschule und eine konzentrierte Hinwendung führte bald dazu, dass von einer Wandlung von der „Makropolitik“ zur Mikropolitik“ (Ball 1987) geredet wurde. Die Themen der 70er Jahre, die sich auf Fragestellungen zur Schulstruktur und Schulverwaltung konzentrierten und im Blickpunkt von Reformbestrebungen und Bildungsforschungen entstanden, wurden durch eine veränderte Blickrichtung der Forschung auf die Einzelschule in den Hintergrund gedrängt. Als Ergebnis seiner empirischen Untersuchung, bei der Fend herausfand, dass sich einzelne Schulen derselben Schulform untereinander stärker unterschieden als von anderen Schulformen, führte zu der Folgerung, dass die „Einzelschule als pädagogische Handlungseinheit“ seit 1986 anzusehen sei und nicht das gesamte staatliche Schulsystem (Fend 1986). Implementationsstudien nennen vier Gründe, durch die belegt wird, dass die Schulsysteme jahrelang versucht hatten, den Herausforderungen auf zentraler staatlicher Ebene zu 15 begegnen. Dabei wurde erkannt, dass Gesamtsystemstrategien davon ausgehen, dass eine Innovation in vergleichbarer Weise auf alle Schulen angewendet werden kann. Dass setzt allerdings an zentraler Stelle das Wissen darüber voraus, wie unter Einschluß aller Bedingungen, wie sie an den einzelnen Schulen vorzufinden sind, eine Verbesserung derart erreicht werden kann, die für alle gleichermaßen Gültigkeit besitzt. Hingegen zeigen Implementationsstudien, dass sich bildungspolitische Vorstellungen nur in der Einzelschule umsetzen lassen. Sie werden unterschiedlich interpretiert, weil sie auf verschiedene Zusammensetzungen von Personen, Umständen und Bedingungen treffen, was der Grund dafür ist, dass standardisierte Lösungen zum Scheitern verurteilt sind. Außerdem schaffen sie Ungleichheiten von Chancen, denn man kann nicht mit vorgefaßten Lösungen arbeiten, wenn es darum geht, unter Bedingungen von Ungleichheit mehr Gerechtigkeit zu schaffen. Zweitens sehen Gesamtstrategien die Lehrer als „Konsumenten“ neuer Ideen und Produkte an. Grundsätzlich wird die Schule als Zulieferinstitution betrachtet, wobei man davon ausgeht, dass die Schulen, die auf der Systemebene vorbereiteten Lösungen kritiklos übernehmen und umsetzen. Forschungen zeigen Gegenteiliges. Sie belegen, dass Schulen selten eine „Innovation“ adoptieren, sondern mehr adaptieren. Die Versuchung, die Innovationen den Realitäten anzupassen, wobei der „Druck von oben“ nur ein Veränderungsfaktor von mehreren ist (McLaughlin 1990). Drittens gehen Gesamtstrategien davon aus, dass Innovationen zielgetreu zu implementieren sind. Das verlangt, dass man Ziele etabliert, Mittel rational zuordnet und einen Konsens erreicht, der vom Gesamtsystem getragen wird. Genauso wichtig ist die qualifizierte Unterstützung und ein ausgeprägtes Pflichtgefühl in Bezug auf die gewünschten Änderungen. Implementationsstudien belegen, dass sich Innovationen nicht ohne weiteres in das Modell der Forschungs- und Entwicklungszentren einfügen lassen, die Innovationen an zentralen Einrichtungen auf wissenschaftlicher Basis entwerfen und diese anschließend an die Adressaten weiterreichen. Derartige Konzeptionen sind dem Bereich der Technik entlehnt und für die Schule grenzwertig. Änderungen in der Schule sind komplexe politisch-ideologische, soziale und organisatorische Prozesse, die einer eigenen Dynamik folgen. Änderungen von Schulen sind in erster Linie Änderungen von Schulkultur (Rolff 2006, S.301). Viertens reagieren Schulen auf von außen kommende behördliche Interventionen so, dass sie im Einzelnen für sich entscheiden, ob und wie sie diese Interventionen verarbeiten. Die neue Schulreform, die von ihrer sonst typischen Erlaßorientierung abweicht und wissenschaftlicher Erkenntnis folgend, sich der Einzelschule als Schulentwicklungsmotor 16 zuwendet, stellt mit diesem Perspektivenwechsel eine absolutes Novum dar; weil sich die Administration auf Positionen mit unterstützenden und ressourcensichernden Funktionen zurücknimmt und den Lehrerkollegien und Schulleitungen den aktiven Part eigenverantwortlicher und selbstbestimmter innovativer Prozeßgestaltung auf der Basis einer zugestandenen Teilautonomie überläßt. Dieser Paradigmenwechsel von der Fremdbestimmtheit zu selbstplanerischem, situationsangepaßtem Handeln verlangt neue Einsichten, die Akzeptanz neuer Strukturen und das Lernen neuer Strategien, das Betreten neuer Arbeitsfelder sowie den professionellen Umgang mit einem neuen Instrumentarium. Die gesamte Reformstruktur beruht auf drei Säulen: es sind dies die Unterrichtsentwicklung, die Personalentwicklung und die Organisationsentwicklung, die in funktionaler Beziehung zueinander stehen und denen die für sie typischen Teilbereiche zugeordnet sind. Rolff stellt sie als Systemzusammenhang pädagogischer Schulentwicklung als Dreiwegemodell der Schulentwicklung in einer Abbildung dar (Rolff 2006, S.314). Abb. 1: Drei-Wege-Modell der Schulentwicklung nach Rolff (1998, S. 305) 17 Welche der drei Säulen sich eine Schule zuerst zuwendet, bleibt ihr überlassen. Sie kann etwa bei der Unterrichtsentwicklung vernachlässigte Unterrichtsmethoden erneut beleben oder ein Methodentraining favorisieren, oder es bleibt ihr überlassen, fächerübergreifendes Unterrichten verstärkt zu praktizieren. Angestrebte organisatorische Veränderungen des Unterrichts können auf mehr Teamarbeit hinauslaufen, was immer eine verbesserte Kooperation voraussetzt. Ein Formenwandel des Unterrichts muß sich zwangsläufig auf das Lehrerhandeln auswirken, woraus sich dann häufig ein Unterstützungsbedarf ergibt, was zur Personalentwicklung führt, die in Form von Lehrerberatung, von Hospitationen oder Kommunikationstraining angeboten werden kann. Jeder Schule bleibt es überlassen, die für sie günstigste Startphase zu wählen. So kann es sich durchaus als günstig erweisen, zunächst behutsam die Teamarbeit zu entwickeln. Schließlich bleibt es einer Schule auch überlassen, mit der Personalentwicklung zu beginnen z.B. Supervisionsgruppen einzurichten oder Erfahrungen mit Lehrerbeurteilung durch Schüler auf freiwilliger Basis zu sammeln, wobei letzteres nur dann sinnvoll wäre, wenn die Ergebnisse ausgewertet und daraus Hinweise für einen veränderten Unterricht gefunden würden und es in der Folge dazu käme, dass sich die beteiligten Lehrer zu Qualitätszirkeln bzw. Selbstlernteams zusammenschlössen. Supervision von Schulentwicklung müßten arbeitsbezogen sein, was wiederum auf Unterricht und sonstige Schularbeit im Bereich von Schulkultur, Schulmanagement oder Erziehungsklima im Sinne von Organisationsentwicklung verweist (Rolff 2006, S. 315). Rolff präzisiert weiter: keine Unterrichtsentwicklung (UE) ohne Organisationsentwicklung (OE) und Personalentwicklung (PE), keine OE ohne PE und UE, keine PE ohne OE und UE. Das unterstreicht eindeutig den Systemzusammenhang, an dem das tatsächlich neue und besondere die OE ist; denn ohne sie würde UE ebenso wenig wie PE auf das Ganze der Schule zielen und es bleibe bei modernisierter Lehrerfortbildung und renovierter Schulpsychologie. Ohne ein Verständnis dieses engen Systemzusammenhangs bleibt die Formel von der „Schul- und Unterrichtsentwicklung“ sinnlos, denn es gibt keine konsequente Unterrichtsentwicklung ohne Schulentwicklung (Rolff 2006, S.315). Die dargestellte Skizze des Systemzusammenhangs betrifft hier vorwiegend das schulische Infeld, das durch sein jeweiliges Umfeld ergänzt wird, dazu gehören zunächst einmal die Eltern, der Schulträger und die Schulaufsicht, die Presse und der Stadtteil, sowie Betriebe und Universitäten, die Abnehmer der Schulen sind. Die Schule ist also nicht isoliert und nur auf ihren Unterricht und die Erziehung fixiert, sondern sie ist offen, was durch die Position der Schulaufsicht erkennbar wird, denn sie hat jeder Zeit ein Interventionsrecht. So wird bei zusammenfassender Betrachtung klar, dass die Entwicklung von Einzelschulen keine Domäne 18 eines einzigen Ansatzes ist, sondern eine Synthese von Organisations-, Unterrichts- und Personalentwicklung. Es handelt sich um einen Lernprozeß, bei dem es schließlich um die Einführung einer neuen Praxis durch Erfinden, Erproben oder Erneuern geht. Lernprozesse, die von der Praxis ausgehen, führen bei den Beteiligten zu neuen Einsichten als Folge veränderter Wahrnehmungen und im Ergebnis zu einer gewünschten Verhaltensänderung, die alte Routinen abzulegen hilft und neue entwickelt. Wenngleich die Einzelschule auch auf die Stufe der Eigenverantwortung und Selbststeuerung gehoben wurde, bedeutet es keinen Isolationszustand gegenüber dem Gesamtsystem, sondern es ergibt sich durchaus ein Kopplungsproblem der Entwicklung von Einzelschulen („Selbststeuerung“) mit der Entwicklung des Gesamtsystems („Systemsteuerung“), weil die zuständigen Behörden sowohl den Bereich als auch die Form ihrer Intervention zu jeder Zeit bestimmen können; andererseits die Schulen dagegen unabhängig darüber befinden, wie sie diese Interventionen aufnehmen und umsetzen. Dabei eröffnet sich ihnen eine Vielfalt von Möglichkeiten, die von einer Eins zu Eins-Umsetzung über Passivität bis zu demonstrativer Gegenwehr reicht. Deshalb muss Schulentwicklung sowohl von den Handelnden als von der Struktur des Gesamtsystems her durchdacht und konzipiert werden. In diesem Zusammenhang lassen sich drei Ordnungsstufen von Schulentwicklung ableiten, wobei nicht von einer Schulentwicklung ausgegangen werden kann, die bei null beginnt, sondern den jeweiligen Istzustand voraussetzt. Die drei Ordnungsstufen der Schulentwicklung lauten: 1. Schulentwicklung ist die bewußte und systematische Weiterentwicklung von Einzelschulen. Man könnte diese häufig vorkommende Form von Schulentwicklung intentionale Schulentwicklung nennen oder Schulentwicklung 1. Ordnung. 2. Schulentwicklung zielt darauf ab, lernende Schulen zu schaffen, die sich selbst organisieren, reflektieren und steuern. Dies wird von den jüngsten Schulgesetzen intendiert und von etlichen Schulen angestrebt, teilweise auch praktiziert. Dies könnte man als Schulentwicklung 2. Ordnung oder institutionelle Schulentwicklung bezeichnen. 3. Die Entwicklung von Einzelschulen setzt eine Steuerung des Gesamtzusammenhangs voraus, die Rahmenbedingungen festlegt, die einzelne Schulen bei ihrer Entwicklung nachdrücklich ermuntert und unterstützt, die Selbstkoordinierung anregt, ein Evaluationssystem aufbaut und auf Distanz korrigiert. Dies könnte man als Schulentwicklung 3. Ordnung oder komplexe Schulentwicklung begreifen. Dazu ergänzt Rolff, Lehrpersonen tendieren zur ersten Ebene, Leitungen zur zweiten, Politiker sowie Behörden zur dritten Ebene (Rolff 2006, S.316). 19 1.2 Schulentwicklung in der theoretischen Betrachtung nach Warnken Alle Autoren, die über die Theorie der Schulentwicklung und ihre praktische Umsetzung gearbeitet haben, kommen bei unterschiedlicher Ausleuchtung einiger Teilaspekte in übereinstimmender Tendenz zu dem Schluss, dass den Akteuren ein geeignetes Instrumentarium an die Hand gegeben worden ist, um den Entwicklungsprozeß kritisch reflektierend voranzubringen. Kontroverse Diskussionen auf der Basis unterschiedlicher Modellvorstellungen sind nicht erkennbar, wenngleich verständlicherweise kritische bis skeptische Einlassungen nicht ausbleiben. So verweist Warnken (Warnken 2001, S. 3 ff.) auf unterschiedliche Begriffsinterpretationen, indem er neue Begriffe gebräuchlichen gegenüberstellt und meint: Einige setzen auf „äußere Reform“, andere auf „innere Reform“. „Pädagogische Schulentwicklung“ wird gegen „Organisationsentwicklung“ gestellt. Während die einen in der Einzelschule den „Motor der Schulentwicklung“ sehen, erklären andere, es komme auf „den Lehrer“ an. Früher setzte man auf „Curriculumentwicklung“ und lineares Bewirkenwollen, nunmehr soll „Schulkultur“ es ermöglichen, Identifizierung und Unterscheidung zugleich hantieren zu können. Die Organisation ist zum bestimmenden Formtyp im Erziehungssystem geworden. Der unaufhaltsamen Karriere von Organisationen unserer Gesellschaft steht ein komplexer Zusammenhang der Gesellschaft zu ihrem Umfeld gegenüber. Schule ist vermeintlich einfacher „organisiert“, ihren ganzen Charme an selbsterzeugter Komplexivität offenbart sie aber jedem, der die Selbstproduktion an Regeln und Entscheidungsgewohnheiten tangiert. Im Namen von besserer Qualität und mehr Gleichheit erhält sich eine Dauerbereitschaft, „die Dinge“ nun „reformieren“ zu wollen. Mit der Absicht, sich der Schulentwicklung und ihrer Theorie zu nähern und dabei einen geeigneten Anfang zu finden, zählt Warnken eine Reihe von Unzulänglichkeiten aus dem weiten Gebiet der Schule auf und bemerkt, dass die Entwicklung unserer Schulen wieder einmal das Gebot der Stunde sei, weil eben gegenwärtig vieles zusammenkomme. So soll die „neue“ Schule die „alte“ möglichst sofort ablösen, denn die Krise sei durchgreifend und die Zukunft, auch die der Schule, unsicher. Das Drehbuch, von Regisseuren in Verwaltung und Politik geschrieben, läßt die Schulen als Akteure auf der Bühne auftauchen. Die Schulgestaltung verläuft nach dem Regiebuch eines „Schulprogramms“ und aus der Schulaufsicht wird Schulberatung. Schulen werden öffentlich kritisiert und zugleich mit weiteren Aufgaben betraut und das Didaktikkonzept „Selbständiges Lernen“ macht Karriere. So geraten die Didaktik-Modelle in Vergessenheit und zwar in gleichem Maße wie die Erinnerung an die „Curriculumreform“ verblaßt. Die Verwaltung setzt politische, vorab 20 bereits entschiedene Maßnahmen durch, um auch weiterhin daran interessiert zu sein, ob sie etwas und wenn, was sie bewirken? Neue Lehramtsanwärter werden nach alten Mustern ausgebildet und die Pädagogen wenden sich von ihrer Leitdisziplin, der „Allgemeinen Pädagogik“ ab. Selbstentwicklung, Selbstorganisation und Selbstentfaltung werden universell beschworen. Die Erwartungen, Deutungsmuster und Verhaltenweisen von Kindern und Jugendlichen haben die Veränderungsimpulse der 70er Jahre, wie Enttraditionalisierung, Informalisierung und Subjektorientierung überrollt. Institutionalisierung von Schulalltag ist wieder gefragt. Den Schulen werden Daten entnommen, die das Wissen über sie steigern sollen. Effektivitätsmessungen von der Schule werden an Erfolgskriterien von gestern vorgenommen und es wird eher zwischen „neu“ und „alt“ als zwischen „wahr“ und „falsch“ unterschieden. Vorn ist in den Klassenzimmern immer noch dort, wo sich Lehrerpult und Tafel befinden. Der Schule wird mit Marktverhältnissen gedroht und die schulindividuelle Profilbildung wird an dem Nachweis der Kostennutzung gebunden. Reformbemühungen werden als Antwort auf „den Wandel der Kindheit“ und „gesellschaftliche Bildungsanforderungen“ angesehen. Warnken fragt am Schluß seiner Einlassungen: Von wem in der Schule die entsprechenden Fragen gestellt werden und ob auch Zweifel zugelassen worden seien. Er beurteilt die gegenwärtige Gesamtlage als ein zeitgemäßes Durcheinander von Zuständen, Umständen, Bemühungen, Erwartungen, Zielen, Versuchen, Ideen und Enttäuschungen und vermißt, dass all dem nur eine geringe Zahl geplanter Entwicklungsmaßnahmen gegenüber stehen. Immerhin sei die Administration in den verschiedenen Bundesländern zu einer einheitlichen Empfehlung gekommen, nämlich der, den Schulen das Abfassen von „Schulprogrammen“ nahezulegen, wobei die offene Frage bleibt, wie sich die Schulprogramme zur Schulentwicklung verhalten. Eine zum Schreiben verpflichtete Schulpraxis wird von einer „praxisnahen“ Schulpädagogik assistierend begleitet. Die Entwicklungsforschung scheint momentan noch nicht ausreichend positioniert zu sein, um das Mittel (Schulprogramm) auf die Wirksamkeitsfrage anzusetzen, auch können weder Kostengründe noch das Inerwägungziehen anderer Möglichkeiten die Administration und Schulpädagogik offensichtlich davon abhalten, allen Schulen dasselbe abzuverlangen und gleichzeitig „Gestaltungsautonomie“ einzufordern. Warnken stellt fest, dass aus Schulversuchen vermeintlich viel gelernt, dass aber vom erlangten Wissen erstaunlich wenig mitgeteilt wurde. Vor allem wird nicht deutlich, wie denn das alles zustande gekommen sei und warum es so ist, wie es ist und wie sich das Verhältnis von Absichtlichem und Unabsichtlichem und Unwillkürlichem rekonstruierend darstellt. Er verweist auf das von Hentig´sche Resumé, indem der nach 25 Jahren Bielefelder Schulprojektarbeit zu bedenken 21 gibt, dass Schulentwicklung nicht nach Plan verläuft, denn manchmal seien die Anlässe, Einsichten und Absichten aus dem Sinn geraten, die zu ihrer Einrichtung geführt haben. Einfache Grundgedanken seien von komplizierten Details verdrängt worden und vieles was später mit Anstrengung verwirklicht und mit Eifer verteidigt wurde, war ursprünglich weder geplant noch notwendig. Einiges wurde vom Zeitgeist beigetragen; vieles ist auferlegt worden und noch mehr ergab sich zwingend und unvermutet aus eigenen Vorgaben. Bei dem Versuch einer Standortbestimmung der Schulentwicklung stellt Warnken zunächst fest, dass diese irgendwie verordnet zu sein scheint zwischen „kompliziertem Detail“ und „Zeitgeist“, zwischen der Anforderung der Situation und gesellschaftlichem Wandel, zwischen dem Absichtlichen und dem Unwillkürlichen, zwischen dem, was ist und dem, was sein könnte, zwischen „lock in“ im weiteren Verlauf und dem wichtigen des „Hier-und-Jetzt“, zwischen Geschobenwerden und einem mühevollen Ankämpfen, zwischen Rationalität als Ziel und als Realität und die Erfahrung der Dekonstruktion dieser Annahmen und er folgert, dass Schulentwicklung gekennzeichnet zu sein scheint als ein Auflösungsversuch von Referenzen und, dass alles Handeln auf deren Überwindung ausgerichtet ist. Bislang kam die Schulentwicklung ohne Spezialwissen aus der Forschung aus, wofür der geplante Unterricht oder der Versuch einer besonderen Lernförderung als Beispiel dienen können. Der aus der Ausdifferenzierung neuen Wissens aus dem bisherigen Wissenschaftsbereich entstehende Effekt bleibt zunächst im Wissenschaftssystem hängen, was durch die Verwissenschaftlichung der Lehrplanentwicklung deutlich gemacht wurde. Die Verbindung von Makro- und Mikrobereich, von Theorie und Praxis oder von Wissen und Handeln ist damit mit dem Bereich der Schulentwicklung noch nicht aufgearbeitet, was bedeutet, dass es viel Praxis und wenig wissenschaftliches Wissen gibt. Warnken bemerkt: Viele reden mit, aber worüber? Genauso vieles wird empfohlen, aber mit welcher Begründung? Und er fährt fort, dass sich Entwicklung der Schule heute noch vielfach als eine ausschließliche Angelegenheit „der Praxis“ darstellt, was zu der Frage führt, wenn nicht für sie, für wen oder wofür sonst? Hinter diesem Hinweis steckt vermutlich die Befürchtung, dass die Reformbestrebungen erst durch eine umfassende Theorie sichere Strukturen bekommen und an Kontinuität gewinnen. Das „pädagogische Establishment“ (Luhmann / Schorr 1988, S. 343), zu dem Dezernenten, Pädagogen, Abteilungen aus Verwaltung, Spezialisten in Parteien und Verbänden oder Kirchen zählen, hat gegenüber der Schulentwicklung die für sie jeweils typischen Erwartungshaltungen, die zu erfüllen zu Unübersichtlichkeit und Widersprüchlichkeit führen kann. Warnken stellt fest, dass die Umwelt der Schule differenzierter geworden sei und fragt, ob sich damit auch die Sichtweise geändert habe, in 22 der die Schule ihre Umwelt wahrnimmt. Bleiben die alten Verhältnisse bei alle dem unangetastet? Nach wie vor verwaltet die Verwaltung, die Schule bleibt „Schule“, „Schulleiter“ leiten und Lehrer machen ihre „unmögliche Arbeit“ (Gidioen 1984). Warnken stellt zunächst fest, dass im Rahmen der bestehenden Verhältnisse viel getan werde, und dass Veränderungen als das probate Mittel zur Stabilisierung des Bestehenden gelten. Er fragt dann: Was denn Entwicklung eigentlich sei, besonders ihr intendierter und planbarer Teil und was unter einer in Bewegung versetzten „ganzen Schule“ verstanden werde, die beobachtet wird zwischen Statik und Wandel. Rückblickend auf frühere Reformen stellt Warnken fest, dass sie in Schüben vorkamen und mit ihrem Anfang auch ein Ende - eben der verbesserte Zustand – mitgedacht war, zumindest die Überwindung einer unzureichenden Gegenwart und sie waren auf eine bestimmbare Zukunft und Ziele gerichtet, nicht nur auf Defizite oder Problemreflexion. Bezogen auf das „Schulsystem“ wechselten sich Perioden des intendierten Andersmachens (Reform mit Perioden des Weitermachens (Nicht-Reform)) ab. Sich daraus ergebende Verbesserungen nahm die Praxis an, sowie diese von Anbeginn an mit der sie begleitenden Schulkritik lebt. Wissenschaftliches Wissen über Entwicklungsverläufe waren nicht gefragt, die Weitergabe eigener Erfahrungen über die stets neuen Anfänge setzten eine Gewöhnung an ein stetiges Neubeginnen in Gang, was einem Weitermachen gleichkam. Stimulanz für pädagogische Reformen ergibt sich weniger aus der Differenz der Erfahrungen als vielmehr aus dem Vermessen der Erfahrung mit den Idealen. Warnken fragt, was von all dem die gegenwärtige Schulentwicklung kennzeichnet und wo verschiedenartige Differenzen, etwa die der Absichten, der Erwartungen, der Deutungen und Wirkungen hergestellt werden, wo der Ort ihrer Kommunikation sei und welche Wirkungen sie zeitigten. Der Lehrerschaft zugewendet, wird festgestellt, dass diese dem Schulsystem das Anfangen immer wieder garantiere, hingegen die Schulentwicklung weniger hoffnungsvoll auf die Lehrerbildung setzen könne, denn in der Lehrerbildung existiere kein realistisches Lehrerbild (Leitbild), das die Rolle des Lehrers in die Schulentwicklung einbeziehe. Korrekturen an der selbstbestimmten Lehrerrolle müssen im Zusammenhang mit der Schulentwicklung, die neue Anforderungen an die Arbeit in der Schule und im Umgang mit den Kindern stellt, vorgenommen werden; denn insgesamt verschärfen sich alle Problemlagen in der Grundstruktur pädagogischen Handelns. Für Fragen der Schulentwicklung ist die Referenz auf Individuelles, auf Soziales und ihr Verhältnis zueinander in sachlicher und vor allem zeitlicher Hinsicht zentral. Allein auf den Lehrer zu setzen – auf die Person – widerspricht der Erfahrung im Umgang mit Reformen, wie einem elaborierten Verständnis von Schulentwicklung. Hiermit stellt sich das Problem als Verbindung von „lernenden Lehrern“ 23 und „lernender Organisation“. Lehrer stehen in schnellerer Folge vor neuen Situationen für deren Bewältigung die sich bislang bietenden Möglichkeiten nicht ausreichend sind. Die Veränderungsprozesse stellen die Beteiligten vor neue Anforderungen, für deren Entsprechung die bisherige Verfahrenspraxis als geeignetes Instrument ausfällt, wodurch alte Sicherheiten eingebüßt werden. Fakt war, dass die Schulpolitik und die Administration angeordnet, delegiert, beauftragt und kontrolliert haben und, dass in der Hoffnung, bei den Adressaten Veränderungen bewirken zu können. Das hierarchische System sicherte in der Form der Bürokratie bei allen ein ausbalanciertes Verhältnis von delegierter Verantwortung und praktizierter (pädagogischer) Freiheit. Auch bei der nie nachlassenden Kritik an einer ausufernden Bürokratie, führte die Hierarchie zu einem ausgewogenen Verhältnis von übertragener Verantwortung und pädagogischer Freiheit. Einheit und Bestand des Schulwesens waren nie zur Disposition gestellt worden. Durch ihre Vorgaben entlastete die Hierarchie die einzelne Schule von eigener Sinngebung und Rationalität. Es müssen neue Äquivalente gegen Unsicherheit, für deren Absorption das Gesamtsystem sorgte, institutionalisiert werden und zugleich soll „Autonomie“ gewagt werden, was eine gesteigerte, selbstbewußte Kommunikation in der Schule zur Bedingung machen wird. Warnken verweist auf Haecker (1999; b 213), der erklärt, dass jede Schule mindestens eine zweifache Option hat. Sie kann zwischen oben-unten und zwischen innen-außen unterscheiden und wahlweise über diese Prämissen selbst entscheiden. Die sich den Schulen dadurch eröffnende Wahlmöglichkeit gilt als Beweis dafür, dass die von der Hierarchie kommenden Anweisungen nicht unbedingt ein bestimmtes Handeln auslösen müssen, was einen Schritt hin zur Teilautonomie gleichkommt. Immer, wenn Reformen anstehen, beginnt für die Organisation Schule der Stress des zugemuteten Neuen. Der Gedanke einer raschen Gewöhnung an das Neue läßt immer wieder die Erwartung aufkommen, dass das Bestehende fast so werden könne wie das wirklich Neue, nämlich effektiver, billiger, entlastender. Neu geschaffene Spielräume für Handeln und Entscheiden verschaffen den Reformern die Vorstellung von Leere, die es auszufüllen gilt. Die dadurch entstehende Idee von einem neuauszufüllenden Raum unterschlägt, dass zunächst vorbereitende Aufräum- und Abräumarbeiten zu leisten sind. Das ist energieaufwendig, so dass der Erprobungsphase des Neuen mitunter Impulse fehlen. Warnken befindet, was immer Reformen sonst noch kennzeichnet: sie sind wohl vor allem anstrengend, weil sie erhöhten Einsatz fordern, ohne dass bereits zu diesem Zeitpunkt des erhöhten Krafteinsatzes klar wird, was das letztlich bringt. Stellen sich dann im Ergebnis in einigen Punkten Entlastungen dar, so ist der neue Anteil daran nicht recht meßbar. Was lernt also das 24 Schulsystem aus Reformen? Zunächst, dass seine Einheit eine Fiktion ist. Wenn die Auswahl (Selektion von Tun / Nichtstun) steht der pädagogischen Praxis (Interaktion) nicht zur Verfügung, weil hier ständig und unausweichlich und unabhängig davon auf anderen Ebenen der Organisation (der Gesellschaft) andere Entscheidungsprämissen dem Handeln unterliegen. Nicht – Entwicklung, also Nicht-Reform als Antwort auf staatlichen Veränderungsdruck könnte – als Entscheidung -demonstrativ zum begründbaren Etikett werden, denn mit Kritik muss derjenige ebenso rechnen, der so bleibt wie er ist; ihn fragt man, warum verändert sich hier nichts, wie derjenige, der sich immer weiter von einem früheren Ausgangspunkt entfernt; er muss die Fragen beantworten, warum erst jetzt, und warum so anders? Für die Einzelschule stellt sich das Problem diffiziler dar. Zunächst müßte die Differenz zwischen Tun und Nichttun erfahrungsbezogen rekonstruiert werden, um dann ein Selektionskriterium herauszufiltern. Die gerichtete Aufmerksamkeit auf das Bestimmte, das getan worden ist und wozu es geführt hat, läßt einen Unterschied sichtbar werden. Dann lassen sich Fragen nach dem Auslösen der Aktion anschließen und beurteilen, welche Zustandsveränderung wahrgenommen wurde und was als ein befriedigendes Ergebnis gilt. Nach Warnken besteht das Erfordernis der theoretischen Basierung des Reformprozesses bei gleichzeitiger Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Begleitung, sowie ein Bedarf an wissenschaftlichem Wissen der Schulentwicklung, denn dadurch bietet sich eine genauere Beobachtungsmöglichkeit der Entwicklungsfrage einer Schule. Von besonderem Belang ist dabei, der Frage nachzugehen, welche Entwicklungsmöglichkeiten sich den Schulen innerhalb des Bildungssystems und der Gesellschaft bieten. Die Herausnahme dieses Aspektes aus der Schulforschung i.w.S. (Bildungsforschung, Schulforschung, Geschichte der Schule, Theorie der Schule, Lehr- und Lernforschung und Lehrerforschung) bedeutet eine Komplexitätssteigerung des Bildungssystems in einer komplexer werdenden Umwelt (Gesellschaft). An die Schulen geht das Angebot der Reflexivität. Sie werden aufgefordert, das Lernen zu lernen und das Wissen über die eigene Entwicklung zu mehren. „Lernende Schule“ muss die Voraussetzung der Fähigkeit zu einer bestimmten Verhaltensänderung besitzen. Der bewirkten Veränderung des Verhaltens muss große Aufmerksamkeit zukommen. Zu Fragen ist dabei nach der Art der Veränderung und wie sie gekennzeichnet ist als Unterschied und nicht als Variation oder Anreicherung. Die Aufforderung geht allgemein dahin, etwas tun, riskieren, ausprobieren, dem ersten Augenschein nach Unvernünftiges impulsiv zulassen, experimentieren und sich dabei beobachten, beschreiben, Kommunikation mit Handeln verbinden, sich dabei als Verursacher der Einheit wahrnehmen, auch mit Unterstützung wissenschaftlicher Beobachtung und Beschreibung sowie mit Hilfe der 25 eingeführten Unterscheidungen (Veränderung im Zeitintervall) sich selber in der Reflexion auf eine Umwelt beobachten. Schule soll diesen Vorstellungen zufolge sich selber als „lernendes Unternehmen“ verstehen, wobei dann das Lernen nur einen Zustand der Schule ausmacht, denn größtenteils wird man einfach seine Arbeit machen. Es geht darum, die Prozesse und Funktionsweisen der beteiligten Systeme zu verstehen und Antworten in Form von Lösungen anzubieten. Warnken folgert, dass als grundlegend Phänomene ausgemacht werden, die Veränderungen in der zu erwartenden Gestaltbarkeit begrenzen und die hohe Interdependenz der Ereignisse wird in dem Bild von der Vernetzung und dann der Komplexität zu begreifen sein. Die Erwartungshaltung gegenüber der Wissenschaft verändert sich. Fortschritt ist nicht mehr linear an eine Steigerung von Rationalität durch Wissenschaft gekoppelt. Er wird nicht mehr symbolisiert durch ein Mehr an Wissen, durch mehr Schule, durch mehr Lernzeit und mehr Lehrer. Warnken verweist darauf, dass das, was hier an Lösung gedacht war, von einer „systemisch“ denkenden Verhaltenswissenschaft als Anlass für die Wiederkehr alter Probleme zurückgemeldet wurde. In einer sich wiederholenden Beobachtung wird das bisherige Umgehen mit Problemen erkennbarer und zeigt an, dass nicht einfach nur weitergemacht werden kann. Am Beginn der Veränderungsbestreben muss die Aufmerksamkeit auf ein verändertes Denken ausgerichtet werden, indem man aufarbeitet, wie bisher gedacht, gehandelt und bewertet wurde (Reflexivität). Unter Stichworte zur Schulentwicklung oder die Herstellung eines mehrperspektivischen Blickes schreibt Warnken u.a., dass das allgemeine Problem ein Verständnis von Schule zu bekommen darin auszumachen ist, das Veränderung der Schule verstehbar macht, um dann auf die Schule mit Bestimmtheit einwirken zu können – taktvoll oder machtvoll. Schule wird unter dem Vorzeichen der Zeitperspektive in den Blick genommen, denn Aussagen über die Zukunft können nicht gemacht werden, ohne die Vergangenheit oder Gegenwart zu beachten. Wer immer sich Entwicklung vornimmt, wird bei einem vertieften Verständnis der Wirklichkeit beginnen müssen. Allein schon deshalb, weil das als Reform Bestimmte auf diese Wirklichkeit gerichtet ist, vielfach sich von ihr abstößt (Hinweis: Kaum ein Vertreter der Reformpädagogik versäumt es, sich in deutlicher Kritik von den erfahrenen Schulverhältnissen abzustoßen). Die folgenden sehr theoretischen Aspekte, die stichwortartig mit den entsprechenden Literaturhinweisen versehen sind, wie beispielsweise „radikaler und aktionistischer Konstruktivismus“, „Primat der Perspektiven“, „Ordnung des Blicks“ in Anlehnung an Foucaults „Ordnung der Dinge“ und der Hinweis auf erkenntnistheoretische Fragen und die Definition der Mehrperspektivität, die eine Geste ist, in der angezeigt wird, dass Zusammenhänge immer Konstruktionen (Sichtweisen, hergestellte Unterscheidungen) 26 von Beobachtungen dieser Welt sind – braucht nicht im näheren Zusammenhang dargestellt zu werden, da es in diesem Überblick über Warnkens „Theorie der Schulentwicklung“ nur darum geht zu sehen, ob er sich des adäquaten reformspezifischen Vokabulars bedient und woraufhin seine Interpretationen ausgerichtet sind: lediglich kritisch - distanziert oder positiv praxisorientiert. Er macht geltend, dass sich das Interesse an tatsächlicher Entwicklung gegenwärtig auf verschiedene Wissensbestände zentriert, was verständlich macht, dass die Hoffnung auf zusammenführende Leitbegriffe wächst. Der neu etablierte Begriff von der „lernenden Schule“ erfüllt die Funktion eines Leitbegriffes. Mit ihm verbunden ist eine „neue Lernkultur“. Der Begriff „Schulkultur“ ist identisch mit den Komponenten von Schulqualität (Holtappels, 1995, 1). Warnken konstatiert, dass das Neue in Sozialsystemen zuallererst dort entsteht, wo es gesagt und gemacht wird. So sind „Engagement und Distanzierung“ (Elias 1983) in typischer Weise in der Schulentwicklung miteinander verwoben. Das Notwendige muss gemacht werden, ohne sicher angeben zu können wie, und das Durchführbare muss bedacht und das Undurchführbare fallen gelassen werden, wobei nicht alles, was passiert den Anspruch des beabsichtigten Neuen für sich erheben kann. Neues wird erst dann zur gemeinsamen Erkenntnis, wenn Einigung über das, was das Bestehende ist, erzielt wurde. Warnken spricht von der „Geröllhalde“ Entwicklung und verweist darauf, dass sich die Fragen der Schulentwicklung vor allem auf die Aspekte der Einschränkung und Verknüpfung von Elementen richten. Zuerst zu klären ist die Frage, was denn das Elementare sei – Kommunikation, Handlung, Entscheidung oder der Mensch. Der Rückgriff auf die Systemtheorie und einer systematischen Beobachtung bietet den notwendigen Halt. Das Interesse an Entwicklung verlangt in besonderer Weise Wissen darüber, wie das derart unter Beobachtung gestellte System sich selbst beobachtet, welche „Einschränkung“ es vornimmt und was die Differenz der „Beobachtungen“ anzeigt. In der gegenwärtigen Schulentwicklung lassen sich zwei Richtungen unterscheiden. Warnken stellt fest: Wer die Schule als eine „pädagogische Einrichtung“ sieht, akzentuiert den Wertbezug, ihre Idealität, die „pädagogische Beziehung“ und das Subjekt, rekurriert auf einen Einheitswert – vornehmlich Bildung, neuerdings „Schulkultur“. Schule ist hierbei Mittel – oft ein Hindernis. Die Entwicklung beginnt – immer wieder – mit Erinnerung an die eigentlichen Werte (Ziele, Visionen), d.h. aus dem Vermessen der jeweiligen Wirklichkeit mit dem Eigentlichen werden Impulse für Reformen gewonnen und häufig mit dem Hinweis verbunden, dass die eigentliche Reform nicht erreicht worden sei und darum weiterhin Notwendigkeiten formuliert werden müssen. Dem gegenübersteht stehen Vorschläge, in denen die Schule als Organisation in ihrem eigentlichen Sinn vorkommt, was dem 27 allgemeinen Siegeszug der Organisation im gesellschaftlichen Wandel korrespondiert. Die Organisation wird nicht in den Blick genommen hinsichtlich ihrer Leistungen (Study Outcomes), sondern vor allem hinsichtlich der Verbesserung von Leistungen (Managing Change). Das Problem dabei ist die Rolle der Lehrer, die manchmal wie kleine Subunternehmer im Konzern Schule behandelt werden, seltener als Entscheidungsprämisse im Prozess des Organisierens. Warnken fährt fort, die notwendige Veränderung aber muss der Organisation abgerungen werden, Verändern gehört nicht zu ihrem Standardrepertoire. Organisationen sind lange der Sichtweise entwachsen, nach der sie ein zweckmäßiges Mittel zur Erreichung von Zielen sind – träge aber zuverlässig. Bezüglich der Organisationstheorie und einem von ihr abgeleiteten Verständnis von dieser Einrichtung Schule zu ihrem Umfeld wächst auch die Vorstellung davon, wie Veränderungen zu bewerkstelligen seien: technisch, rational, machtinduziert (politisch, mikropolitisch), strukturdeterminiert, prozeßorientiert, offen, natürlich, fatalistisch, umweltbezogen, selbstorganisiert, selbstwirksam, konstruktiv und kritisch – konstruktiv. Diese Aufzählung deutet die möglichen Entwicklungsrichtungen an, die die soziale Organisation Schule nehmen kann. Aus Gründen einer notwendigen Umfangsreduzierung, wie sie für eine skizzierte Wiedergabe angemessen ist, kann auf die sehr detaillierten Einlassungen von Warnken nicht mehr eingegangen werden, so dass im folgenden die die Begriffe prägenden Leitgedanken stichpunktartig zusammengestellt werden. Eine sinnvolle Rede über Schulentwicklung ist nur dann möglich, wenn sachliche und zeitliche Dimensionen beachtet werden, also eine Unterscheidung in Anfang und Ende, in vorher und nachher getroffen wird. Für den Interessierten ist Entwicklung verbunden mit Kritik und Zweifeln und mit Erklärungen, die mit der Wirklichkeit abzugleichen sind und der bewußten Wahrnehmung von bislang gültigen Sichtweisen, deren Änderung zu Gunsten einer veränderten neuen perspektivischen Betrachtungsweise. Hier verweist Warnken auf die Herstellung von Sichtweisen, die bei Weik (1986, S.360) konkretisiert werden, nicht etwa unter dem Anspruch einer „Abhängigkeitstheorie“ der Schulentwicklung (Dalin 1999) oder einer „Bezugtheorie“ (Rolff / Tillmann 1990) der Schulentwicklungsforschung konstruieren zu wollen. Weik empfiehlt, die „alten Dinge“ auf neuartige Weise zu sehen und dann auf neuartige Weise zu tun, auch wenn die Gedanken noch von den alten Bildern begrenzt werden. In einer historischen Sichtweise kann die Schule als kontingentes Ergebnis historischer Ereignisse rekonstruiert werden. In der ironischen Sichtweise, häufig mit einer Metaperspektive (der Beobachtung von Beobachtung) verbunden, wird die Form gesucht, Unvermeidbarkeit, Unversöhnlichkeit, Nähe und Distanz zugleich zuzulassen. In dieser Sicht wird die Schule zwar in „größere Zusammenhänge“ gestellt, allerdings vor allem als 28 bedauernswerter Zustand kommentiert. Der Reformist, er ist in verschiedenen Visionen, vorwiegend als Humanist denkbar, geht davon aus, dass die Schule – so wie sie ist – nicht unvermeidbar ist, allerdings ein Leben ohne Schule gegenwärtig weder vorstellbar noch wünschenswert sei. Der Verbesserer strebt nach Überwindung, strebt eine neue Form von Schule an, die dann als Reformschule solange besser ist, bis sie in die Gewöhnungsphase abgleitet und von „neuen Entwürfen“ abgelöst wird; denn das Neue kommt mit dem Anfangsbonus daher, das Bessere zu sein (siehe: Groys 1999). Wie bislang ersichtlich, beschreibt Warnken die dem Insider geläufigen Zustände, ohne erkennen zu lassen, ob er beabsichtigt, daraus ein neues praktikables Modell zu entwerfen. Die Schulentwicklungsforschung ist Implementationsforschung, wenn sie von der Durchsetzbarkeit von Konzepten und Modellen ausgeht. Warnken bezieht sich dabei auf Fullan (1999) und erklärt an anderer Stelle: Wenn alles, was gesellschaftlich mißlingt zum Auslöser von Schulkritik wird, degeneriert Schule zum Problemlöser irgendwo in der Gesellschaft produzierter Folgeprobleme. Die „problemlösende Schule“ nutzt keinem, am wenigsten der Gesellschaft. Woraus er folgert, dass die Reform deshalb nicht in die Hände von Politikern gelegt werden darf, denn Schulentwicklung darf nicht zum Politikersatz werden. Die Entwicklungsforschung hat es nicht nur mit den Bedingungen und Möglichkeiten praktischer Entwicklung zu tun, sondern auch mit der Herstellung falschen oder brauchbaren Wissens über Entwicklung auf den verschiedenen Ebenen. Die Schule als Organisation aggregiert in ihren Strukturen kollektiver Wissensbestände, die es ermöglichen, Wissen an (neues Wissen) anzuschließen, also entscheiden zu lassen, was zur Information wird – oder eben nicht. Der Umgang mit Wissen ist die Schlüsselstelle der „lernenden Schule“. Schulentwicklung hat sich auf die Kommunikation von Wissen – im System – zu konzentrieren (Wissensmanagement). Die Pädagogik hat für ihre Praxis irgendwann die Form der Organisation gewählt. Diese Form versprach offensichtlich die nützlichste und zweckmäßigste Variante zur Durchsetzung pädagogischer Anliegen zu sein. Die Schule als Organisation ist von der Pädagogik immer als Kompromiss angesehen worden, auf den sie sich eingelassen hat, da sonst die massenhafte Verbreitung von Pädagogik nicht möglich gewesen wäre. Organisationen sind klar und übersichtlich geordnet, allerdings machen sie immer wieder das unmögliche (paradoxe) Lehrerhandeln möglich. Hier gibt es Zuständigkeiten, Regeln, Mitglieder, einen Etat, Zwecke, eingeführte Mittel, ein definiertes Anfangen und Enden. Hier wird entschieden und Entscheidungen werden an Entscheidungen gekoppelt, und es wird entschieden, dass weitergemacht werden kann. Das ist Angesicht des pädagogischen Dilemmas, wonach Bildung als Werk und Ziel der Erziehung „nicht machbar“ 29 ist, nicht gering zu schätzen. Organisationen sind nicht auf Veränderungen geeicht und sie können nicht alles. Es ist viel Energie nötig, um sich in dem bisherigen Zustand fortzusetzen. Die Schule ist auch in diesem Sinn eine normale Organisation, die eigene Organisationsförmigkeit betreibt, auch wenn sie sich immer mal wieder daran erinnert, eigentlich etwas anderes sein zu wollen. Wenn nun Organisation (Organisationsentwicklung) auch in den Schulen Fuß faßt, so ist das zunächst die Anerkennung der Organisationsfähigkeit der pädagogischen Arbeit. Es muss dann allerdings Anschluß gefunden werden an die normale Entwicklung betreuender Wissenschaften (Organisationstheorie, Organisationspsychologie, Personalentwicklung, Managementtheorie und ihre Bezugswissenschaften). Hier ist Wissen darüber bedeutsam, wie Menschen mit schlecht- definierten Systemen umgehen und was sie jeweils unter einem angemessenen Verhalten verstehen. Hierbei trifft man auf Empfehlungen, wie mit extern oder intern hergestellten Wissen oder Können umgegangen werden soll und welche Ressourcen gesichert werden sollten. Das Wissen über Gelingensbedingungen ist im Schulbereich erst in Spuren vorhanden. Organisationen arbeiten nicht reibungslos und fehlerfrei, der Prozeß des Organisierens ist kompliziert. Das Unsichtbare wird beobachtbar als Differenz vom Sichtbaren, alles kann Wirkung haben, vor allem Rückwirkung. Anderes bleibt Intension und auch diese verkompliziert sich zu einer rasch ausbreitenden Vernetzung aus Überzeugung, Hoffnung, Befürchtung, Wunsch und Absicht, denn Zusammenhänge sind nicht immer so, wie man sie vorher dachte. Schließlich ergeben sich aus neuen Perspektiven nicht bereits neue Optionen für alltägliches Handeln, man muss irgendwie anfangen, um über das Anfangen und Beenden verfügen zu können. Es müssen Projekte, Programme und Ähnliches durchgeführt werden, so als ob alles klar ist, wohlwissend, dass die Klarheit von dem Beobachter hergestellt wird. Das ist die Stunde fortschrittlicher Schulpädagogik, die immer wieder „neuen Vorhaben“, Projekten, Versuchen verschrieben ist. Warnken kommt dann auf die Begriffe der neuen Reform zu sprechen, wobei er seine kritisch-distanzierte Betrachtungsweise beibehält, indem er mit der Begriffsinterpretation unmittelbar deren eventuell möglichen Unzulänglichkeiten verknüpft. Seiner Nachbemerkung sind abschließend folgende zusammenfassende Gedanken zu entnehmen (2002, S.138-141). Die Schule als Organisation aggregiert in ihren Strukturen kollektive Wissensbestände, die es ermöglichen, Wissen an neues Wissen anzuschließen, also entscheiden zu lassen, was zur Information wird – oder eben nicht. Die Beobachtung ist bekanntlich der Schlüssel zur Pädagogik. Die Schulentwicklung kann diese Angebote nicht ausschlagen, wenn sie einen Zugang zu der Art und Weise finden will, wie im Sozialsystem Schule unmittelbare Bedürfnisse immer bereits 30 mitbearbeitet werden. Schulentwicklung stiftet Raum, Zeit und Aufmerksamkeit als Angebot zur Implementierung von Flexibilität. Der Umgang damit ist die Schlüsselstelle der „lernenden Schule“. Schulentwicklung hat sich auf die Kommunikation von Wissen – im System – zu konzentrieren (Wissensmanagement). Aus neuen Perspektiven ergeben sich nicht bereits neu Optionen für alltägliches Handeln. Es müssen Projekte, Programme u.ä. durchgeführt werden, so als ob alles klar sei. Das ist die Stunde einer fortschrittlichen Schulpädagogik, die sich immer wieder „neuen Vorhaben“, Projekten und Versuchen „von unten“ verschreibt. Überraschend ist dabei allenfalls, wie das Gesamtsystem immer wieder diese Motivation und Moralität aufbringt (ohne diese lebensnotwendige Robustheit wäre sein Bestand nicht garantiert), denn die Programme selber kennzeichnet eine hohe Ähnlichkeit. Die mitlaufenden Einschränkungen müssen dann auf der nächsten Ebene (Beobachtung der Beobachtung) reflektiert werden, um das System abzuhorchen, wie und ob es pulsiert. Ohne die Systemfrage ist keine Auskunft zu geben über sein Überleben. 1.3 Schulentwicklung in der Darstellung nach Holtappels Im Gegensatz zu Warnken, der sich nach einem kurzen praxisbezogenen Einstieg in ausschweifenden Details aus Fragen, Andeutungen, Zweifeln und Hinweisen ergeht, aus denen sich kein eigener Ansatz erkennbar abzeichnet und erst gegen Ende seiner Überlegungen zur Schulentwicklung auf die neue Reform eingeht, bezieht Holtappels (2003, S.7 ff.) umgehend Position, wenn er fragt, warum wird Schulentwicklung erforderlich? Die Antwort auf diese Frage ist begründet mit sozial- und erziehungswissenschaftlichen Langzeitanalysen zum sozialen Wandel, die verdeutlichen, dass die Bildungs- und Erziehungsaufgaben der Schule in Veränderung begriffen sind. Gewandelte Sozialisationsbedingungen einerseits und veränderte Bildungsanforderungen andererseits machen Anpassungen und Innovation unumgänglich. In der Folge werden die Schulen durch gesellschaftliche Umbrüche unweigerlich vor neue und veränderte Herausforderungen gestellt, auf die zahlreiche Schulen in unterschiedlicher Weise gerüstet sind. Während einige Konzepte und Ansätze entwickelt haben, sind andere nur unzureichend vorbereitet. Parallel zu diesen äußeren Entwicklungen zeichnen sich zwei weitere Aspekte ab: Es sind zum einen die bislang ungelösten Entwicklungsprobleme der Schule und des Bildungssystems, zum anderen kann der Zugriff auf neue Erkenntnisse in Wissenschaft und Schulpraxis erfolgen. Allerdings wird deutlich, dass es beträchtliche Unterschiede im Umfang, in den Formen und der Qualität 31 von Schulen gibt. Die Folge ist, dass sich aus diesen vier Entwicklungslinien eine neue und verstärkte Qualitätssicht ergeben müßte, die nicht nur auf die Handlungspraxis der einzelnen Schule gerichtet ist, sondern alle Ebenen des Bildungssystems von der Steuerung des Gesamtsystems über regionale Träger von Unterstützung, Planung und Aufsicht bis hin zur Organisation der Einzelschule. Die veränderten Sozialisationsbedingungen als Folge einer beachtlichen Pluralisierung von Lebens- und Erziehungsverhältnissen führt dazu, dass Heranwachsende mit höherer Wahrscheinlichkeit in ihrem familiären Umfeld einen Wechsel in den Bezugspersonen, Beziehungs- und Wohnkonstellationen erleben, wodurch manche Betreffende in emotionale, psychisch-soziale Belastungs-, Spannungs- und Krisensituationen geraten, die sich auf ihre schulische Situation auswirken können. Es entstehen Defizite, die die Familie offenbar nicht ausgleichen kann. Dadurch wird die Schule mit stärker pluralisierten und divergierenden Erziehungsmustern, nach denen in den Familien gehandelt wird, konfrontiert. Der Problemgrund, der Handeln erforderlich macht, wird deutlich. Geeignete Strategien sind erforderlich. Damit gewinnt die Schule als Sozialisationsraum für Kontakte, soziale Integration und reflektive Aufarbeitung von Erfahrung an Bedeutung. Sie ist als Vermittlerin von Bildungswissen der starken Konkurrenz kommerzieller Freizeitangebote im außerschulischen Umfeld ausgesetzt und zwar häufig bar jeglicher Unterstützung seitens der Eltern, die immer mehr als Bildungsvermittler ausfallen, wodurch der Erwerb von schulischem Wissen noch einen Bedeutungszuwachs erfährt. Die pluralisierten Erziehungsbedingungen und die sich aus ihnen ergebenden divergierenden Lernvoraussetzungen mit den ihnen entsprechenden sozialen und kognitiven Entwicklungsmöglichkeiten führen zur Entstehung von Klassenverbänden mit deutlicher Heterogenität. Die in die Schule importierten Lern- und Entwicklungsdefizite sind von ihr aufzuarbeiten, was nur annähernd gelingen kann, wenn sie nicht erkennt, dass sie Curriculum und Didaktik den individuellen Belastungen, Problemen und Lernbedingungen der Schüler in neuer Weise gerecht werden muss. Das bedeutet, eine Differenzierung und Individualisierung der Lernprozesse, verstärkte Lernförderung, soziales Lernen und sozialerzieherische Ansätze statt sozialer Auslese und Separation zu praktizieren. Die Veränderung im Lebensumfeld der Schüler bringt der Schule einen Bedeutungszuwachs. Sie wird Erfahrungsraum und Treffpunkt für Freundeskontakte. Unterrichtsübergreifende Erfahrungsmöglichkeiten, Neigungs- und Freizeitangebote werden zunehmend nachgefragt werden. Die Schule stellt voraussichtlich die einzige Institution dar, die vielfältige Lernzusammenhänge und kulturelle Verklammerungen und damit soziale und interkulturelle Lernprozesse und Integration zu sichern vermag, so dass sie altershomogene und -heterogene Kontaktmöglichkeiten und 32 Erfahrungsräume für Kinder anbieten kann. Damit befreit sich die Schule von dem Geschehen in einer reinen Unterrichtsanstalt mit eng abgestecktem Stundenplan. Die Konzeptionsveränderung und Aufgabenerweiterung der Schule ist nur dann möglich, wenn man den alten Strukturen entsagt und sich in neuen Organisationsprinzipien und Lernarrangements, die vor allem individualisierte und differenzierte Lernzugänge und Lernformen ermöglichen, zuwendet. Eine neue Schulkonzeption muss von neuen Voraussetzungen ausgehen, in denen die Zeitorganisation, die Raumgestaltung und die Öffnung zur Schulumwelt und die Qualifikation der Lehrer anders gestaltet werden muss, was darauf hindeutet, dass Schulentwicklung unausweichlich ist und schlußendlich eine Schule in der Ganztagskonzeption die Entsprechung für die Herausforderungen einer neuen Lernkultur sein wird, die entwickelt werden, um vielfältigen Lernarrangements, didaktisch-methodisch angemessene und schülerorientierte Lerngelegenheiten, Lernzugängen und Lernorte zu schaffen, denn eine anschauliche und mediengestützte Instruktion und längs orientierte und experimentelle Arrangements, anspruchsvolle Übungsformen und freies Arbeiten sowie projektorientierte Vorgehensweisen werden dringend erforderlich, sowohl in den einzelnen Fachdisziplinen als auch für fächerübergreifende Unterrichtseinheiten. Zu den obligatorischen Aufgaben aller Schulen gehört zukünftig eine gezielte Unterrichtsentwicklung mit gleichzeitiger Integration fundierter Förderkonzepte als Notwendigkeit, die Schulqualität zugunsten von Basisfähigkeiten, Methodenkompetenzen und Schlüsselqualifikationen der Lernenden zu verbessern. Ergänzt wird die Palette neuer Aufgabenfelder und projektorientierter Ansätze für ganzheitliches Lernen, Praxis- und Handlungsorientierung auf der Basis von Eigentätigkeit, ergänzt durch soziales Lernen in Gruppen, Erfahrung von Solidarität, Gemeinsinn und demokratischen Umgangsformen. Die Bewältigung dieses neuen umfangreichen Aufgabenfeldes gehört zum Pflichtprogramm eines innovativen Schulprozesses, der Erfordernis und Anwort zugleich auf den Wandel der Bildungsanforderungen, die in einer veränderten Gesellschaft akut werden, zu begreifen ist. Insbesondere haben aufgrund der fortschreitenden Technisierung, Spezialisierung und Informatisierung der Gesellschaft die zu vermittelnden Kenntnisse und Fertigkeiten an Kompliziertheit und Komplexität zugenommen. Holtappels verweist auf Rolff (1988), Tippelt (1990), Beck (1986), Klaffki (1985), Negt (1989), Mertens (1974) und geht dann auf strukturelle und pädagogische Probleme der Schule ein und bemerkt, dass die bisherige Erfolgsbilanz schulischer Bildungs- und Qualifikationsprozesse durchaus ambivalent sind; denn auf der einen Seite hat sich die Leistungsauslese abgeschwächt und andererseits sind die Verbleib- und Abschlußchancen gestiegen. Die Prognosesicherheit beim Wechsel von der 33 Primarstufe höherer Schulformen sind nicht gegeben. Ein späterer Wechsel zum Gymnasium birgt etliche Schwierigkeiten, die dem gegliederten Schulsystem anzulasten sind. Die Entwicklung der Lernförderung und Durchlässigkeit der Bildungswege hat jedoch in Deutschland keineswegs Schritt gehalten mit dem Anwachsen der Bildungsbeteiligung. Eine Grundbildung für alle impliziert im Prinzip auf die Garantie der sozialen Chancengleichheit, die im Gegensatz zur sozialen Auslese in der Schulrealität steht. Daraus ergeben sich weitere Konsequenzen für die Schulentwicklung, die vor allen Dingen das Erfordernis einer verstärkten Förderung der Schüler im Lern- und Leistungsbereich implizieren. Die Schule muss im Hinblick auf Chancengleichheitsaspekte die Bildungsbemühungen und die Förderkraft deutlich verstärken. Es geht um Weiterentwicklung der Schulen und des Bildungssystems, um Qualitätsverbesserung und Bildungsstandards, um systematische Schulentwicklung und Evaluation, um erweiterte Stundentafeln und den Ausbau der Ganztagsschule. Empirische Studien und die Erfahrungen aus praktischer Erprobung haben zu Erweiterung der Erkenntnis über Schulorganisation, Unterricht und Erziehung geführt, die wissenserweiternd und von innovativer schulpraktischer Relevanz sind. Erweitert wurden die Kenntnisse: • über Bedingungen und Wirkungsweisen von Merkmalen der Schul- und Unterrichtsgestaltung für verschiedene Effekte auf der Ebene der Lernleistungen und Kompetenzen, des Lern- und Sozialverhaltens und der psycho-sozialen Befindlichkeiten der Lernenden; • über Modelle und Konzepte der Schul- und Unterrichtsorganisation aus zahlreichen Modellerprobungen und Studien über adaptierbare Ansätze sowie aus neueren Studien über Lehrerarbeit und Arbeitsbelastungen, Lehrerkooperation und Schulleitungshandeln; • über Gelingensbedingungen, Formen und Wirkungen erfolgreicher Schulentwicklungsverläufe. Daraus ergibt sich der Hinweis, dass Schulen ein wirksames System von Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung brauchen, was die Arbeitskultur sowohl in der Einzelschule als auch die der Schulaufsicht betrifft. Bislang wurde in Deutschland keine Sorge um Qualität spürbar, genauso wenig wie eine etablierte Arbeitskultur der Qualitätsentwicklung und –sicherung durch zielorientierte und systematische Entwicklungsarbeit und Evaluation. Holtappels fragt, was Schulentwicklung leisten kann und merkt an, dass pädagogische Konzeptionen von Schulen, pädagogische Ansätze, Gestaltungsformen und Arbeitsweisen nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig und 34 endgültig entwickelt seien und, dass sich das Schulwesen ständig in einem Entwicklungsprozeß befindet, was mit Blick auf den gesellschaftlichen Wandel von dem Gewinn neuer Erkenntnisse über Pädagogik und Schulorganisation verständlich wird. Er kommt zur Schulreform, die eine Daueraufgabe sei und zitiert Meier (1997, S. 50), der in ihr eine Daueraufgabe sieht, die in einem eigentümlichen Spannungsverhältnis steht: einerseits geht es darum, die fälligen Modernisierungen und Anpassungen an gesamtgesellschaftliche Veränderungen vorzunehmen, andererseits darum, das Eigenrecht der Schule auf ein selbstbestimmtes, nach pädagogischen Maßstäben formuliertes Arbeiten immer stärker im allgemeinen Schulbetrieb zu verankern. Schulreform bezeichnet den doppelseitigen Prozeß der Anpassung der Schule an veränderte Rahmenbedingungen und die Herausbildung ihrer erzieherischen Eigenstruktur. Nach dieser Definition ist Schulreform auf Erneuerung der Schule ausgerichtet, die ihrerseits immer mit Anpassungsleistungen und pädagogischem Eigenprofil verbunden ist. Der Schulentwicklungsbegriff, seit 15 Jahren bekannt, fand schon Ende der 70er Jahre Verwendung. Alle Begriffe legen ein prozesshaftes Geschehen nahe. Der Reformbegriff impliziert Assoziationen zu einem Vorgang der Einführung von bestimmten Neuerungen. Der Schulentwicklungsbegriff veranschaulicht, dass Erneuerungen nicht nur als Reformmodell geplant und konzipiert, sondern auch auf verschiedenen Ebenen entwickelt werden müssen; darin steckt die Einsicht, dass konkrete Innovationen in und von der Praxis zu adaptieren sind. Gleichzeitig bedeutet Schulentwicklung, dass die Einzelschule selber vor Ort entwickelt werden muss. Dabei steht nicht die Einführung von konkreten Einzelmaßnahmen oder umfassende Reformmodellen im Mittelpunkt der Akzentuierung, sondern die Veränderung und Weiterentwicklung des pädagogischen Handelns und organisatorischer Strukturen. Beide Begriffe werden aufgrund der Ähnlichkeit in den Bedeutungen jedoch vielfach synonym verwendet. Die folgenden Antworten ergeben sich, wenn man basierend auf den Definitionsversuchen die Frage nach der Leistungsfähigkeit von Schulentwicklung stellt. • Der Schulentwicklung kann angesichts eines ständigen gesellschaftlichen Wandels dem Schulsystem und der einzelnen Schule grundlegende Anpassungs- und Problemlösefähigkeit – und damit dauerhafte Selbsterneuerungsfähigkeit – sichern, indem durch notwendige Veränderungen möglichst ein Gleichgewicht zwischen Außenanforderung und inneren Möglichkeiten der pädagogischen Bewältigung der Bildungs- und Erziehungsaufgaben hergestellt wird. • Schulentwicklung wird erforderlich, um nach neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen allen Kindern und Jugendlichen ihr Recht auf Bildung durch allseitige 35 Förderung ihrer Persönlichkeit garantieren und pädagogische Gestaltungs- möglichkeiten möglichst optimal ausführen zu können. • Schulentwicklung kann über die Vergleichbarkeit von Bildung in verschiedenen Regionen gesichert und gleiche Bildungschancen für Kinder und Jugendliche einerseits und für vergleichbare Arbeitsbedingungen der Schule andererseits sorgen. • Schulentwicklung kann ein Weg sein, um Schulen zu einer Identität und einem Eigenprofil zur Realisierung des Auftrags und zur Herausbildung eines eigenen pädagogischen Gestaltungskonzepts zu verhelfen, das auch den Vorstellungen der vor Ort arbeitenden Lehrer, der Lernenden und der Eltern entspricht; hier gehört zur Entwicklungsaufgabe, lokalunterschiedliche Interessen in Einklang zu bringen. Schulentwicklung kann sich auf unterschiedlichen Wegen und mit unterschiedlichen Strategien vollziehen. Einzelne Typen von Schulentwicklung können demnach andere auf den Weg bringen. Holtappels faßt zusammen: Veränderungen von Lehr-Lern-Formen und Erziehungsansätzen zwingen (z.B. handlungsorientierte Unterrichtsformen), die einzelnen Lehrpersonen auf Fortbildungen zu individuellem Lernen zu veranlassen. Dies kann wiederum dazu führen, dass eine Schule zielorientiert und systematisch ein entsprechendes Gesamtkonzept erarbeitet (z.B. Erarbeitung von Projekten und Einbettung in den Stundenplan). Erfolgreiche pädagogische Problemlösungsansätze einzelner Schulen können letztlich auf der „Gesamtsystemebene“ von zentralen Steuerungs- oder Entscheidungsorganen (Ministerium, Parlament) aufgegriffen und als Reformmaßnahme für alle Schulen empfohlen, gefördert oder angeordnet werden (z.B. in Initiativprogrammen, Lehrplänen). Holtappels verweist noch darauf, dass mit dem Begriff und dem Ansatz von Schulentwicklung international unterschiedliche Konotationen, Auffassungen und Konzepte verbunden sind. Er geht detailliert auf die verschiedenen Ansätze ein und kommt am Ende seiner Aufzählung zu den Begriffen der Makro-, Meso- und Mikroebene der Schulentwicklung zu sprechen, die, weil streng schulpraxisbezogen, nochmals stichpunktartig erwähnt wird. Sie zielt ab auf einzelne pädagogische Ansätze und Gestaltungsformen innerhalb der Schule, die Lehrerarbeit, Interaktion der Schulklassen, Teamarbeit, Entwicklung von Lernmaterial, Abstimmung von Leistungsbewertungen, klassenübergreifende Projekte, Maßnahmen der Gewaltprävention und Schulraumgestaltungen. Holtappels kommt auf die Ausgangsfrage zurück, was denn Schulentwicklung leisten könne und verweist darauf, dass deutlich geworden sei, dass Schulentwicklung durch unterschiedliche Motive und Interessen initiiert werden kann. Sie 36 kann spezifische Ziele verfolgen und in unterschiedlichen Formen erfolgen, sowie auf verschiedenen Ebenen ansetzen. Ökonomische Aspekte dürfen dabei nicht unterschätzt werden, sie betreffen die finanziellen Kosten von Reformen, die Ziel-, Mittel- bzw. Aufwand- und Nutzenrelationen, auch Reformengagement und Innovationsaufwand, insbesondere der Beteiligten und Betroffenen in der Schulpraxis. Die methodisch-technischen Fähigkeiten (Know how) für Qualitätsentwicklung und –sicherung spielen eine bedeutende Rolle, vor allem bei grundlegender Änderung der Schulentwicklungsstrategien wie sie heute angesagt sind. Wenn im Zuge von mehr Schulautonomie die Schulen selbst in weitaus höherem Maße Freiheit und Verantwortung für das Management von Schulentwicklung erhalten, dann müssen dafür in der Schulpraxis Einstellungen verändert (z.B. für Organisationsbewußtsein und Qualitätssorge) und Motivationen geschaffen (z.B. Innovationsbereitschaft und –handeln durch mehr Gestaltungsfreiräume) werden. Insbesondere sind entwicklungsförderliche Arbeitskulturen zu etablieren (z.B. Steuerungsgremien, Projektmanagement, Qualitätszirkel im Kollegium), wobei am wirksamsten professionelle Lerngemeinschaften zu sein scheinen. Holtappels verweist darauf und betont, dass es aber noch bedeutsamer sein dürfte, dass sich in allen Fällen von Schulentwicklungstypen und für alle Beteiligten die Sinnfrage stellt, die unmittelbar mit normativen Vorstellungen über die gesellschaftliche Aufgabe der Schule und mit Qualitätsstandards zusammenhängt. Zentrale Bedeutung haben somit Wertfragen, die über pädagogische Zielsysteme, grundlegende Strukturen und konkrete Gestaltungsansätze entscheiden können. Aufgrund der Heterogenität von Werten und Normen, so wie der mangelnden Kenntnis über qualitätssichernde Schulgestaltung werden Ziele und Wege zur Qualität der Schule, allerdings auch durch Unsicherheiten in der Gesellschaft und Schulpraxis geprägt. Denn es besteht weitgehend Unsicherheit darüber, was die Schule in Unterricht und Erziehung leisten soll, ebenso darüber, was Schulen in ihrer pädagogischen Arbeit leisten können, also welche Qualität sie bei der Ausschöpfung der pädagogisch- organisatorischen Möglichkeiten erzielen können. Es fehlen durchgängig gesicherte Kenntnisse darüber, wie die Schule bestmögliche Wirkungen erzielen kann, also welche pädagogische und organisatorische Gestaltungsformen und Lernprozesse erfolgreich sind. Letztlich besteht in weiten Teilen der Schulpraxis noch keine Arbeitskultur, die Selbstorganisation und Selbsterneuerung durch systematische und kontinuierliche Formen der Qualitätsentwicklung und Evaluation realisieren und etablieren könnte. Holtappels zieht den Schluß, dass der äußere Druck durch den gesellschaftlichen Wandel und der innere Zug durch den Willen der pädagogisch motivierten Lehrerschaft eine gute Schule mit möglichst hoher Qualität zu gestalten, wohl die wichtigsten Triebfedern von Schulentwicklung sein werden. Die 37 aufgezeigte Unsicherheit über Ziele, Möglichkeiten und Gestaltungswege zur Schulqualität erschweren systematische Schulentwicklung, unterstreichen zugleich aber auch die Notwendigkeit und Dringlichkeit, die Qualitätsfrage zu stellen. Nach einer einführenden Situationsanalyse, in der die Notwendigkeit einer aktiven neue Wege weisende Schulentwicklung begründet wird, wendet sich Holtappels der Entwicklung von Schulkultur und Schulqualität zu und bringt Ergebnisse der Schulqualitätsforschung mit ausgewählten Forschungsbefunden zur Kenntnis; er nennt Ansätze und Strategien der Schulentwicklung mit besonderem Bezug auf die Gestaltungsautonomie in Verbindung mit Schulentwicklung und nimmt Stellung zur Einzelschule als „lernende Organisation“, zu schulinternem Innovations-Management, nennt Konzepte und Instrumente der Schulentwicklung, ebenso der Organisationsentwicklung und definiert das Schulprogramm als essentielles Instrument der Schulentwicklung, hebt dessen Zweckmäßigkeit hervor, beschreibt Gelingensbedingungen der Schulprogrammarbeit und thematisiert die Qualitätssicherung durch Evaluation in Schulen. Da an anderen Stellen der Untersuchung auf die Organisationsentwicklung, die Einzelschule als „lernende Organisation“ und das Schulprogramm als Instrument der Schulentwicklung ausführlicher eingegangen wird, soll hier nur die Schulkultur als Lern-, Erziehungs- und Organisationskultur skizziert und die Ziele, Formen und Verfahren der Evaluation umrissen werden. Zum Thema Schulkultur als schultheoretischer Bezugsrahmen für Schulentwicklung schreibt Holtappels, nachdem er darauf hinweist, dass sich der Fokus um die Strategien der Schulentwicklung seit längerer Zeit auf die Einzelschule und ihre Entwicklungsfähigkeit ausgerichtet ist, eine Perspektive in den Mittelpunkt gerückt wird, die sich mit Fragen der Gestaltung von Schulkultur befaßt. Bezüglich des Kulturbegriffs werden drei Aspekte impliziert. • Erstens verweist der Begriff auf ein eigenes kulturelles Gebilde, auf ein kulturelles Eigenleben der Schulen mit spezifischen Wert- und Normgefügen, inhaltlich- methodischen Konfigurationen, Umgangs- und Verkehrsformen. • Zweitens korrespondieren mit Kultur die Kategorien von Wandel und Entwicklung; schulkulturelle Settings haben Geschichte, hängen mit Traditionen zusammen und können durch Entwicklungstrends beeinflußt werden. Schulkultur kann nicht als feste Größe verstanden werden, sondern die pädagogischen Ideen, Symbolgehalte und Handlungsmuster sind Ergebnis von Entwicklungsprozessen, denn die Schule ist in permanenter Bewegung, wobei auch eine Eigendynamik hinsichtlich ihrer Entwicklungsprozesse in Rechnung zu stellen ist. 38 • Drittens beinhaltet der Kulturbegriff, dass die Schulkultur kein unmittelbares Resultat der von oben getroffenen Entscheidungen oder von außen gesetzten Bedingungen sein kann, sondern, dass die interaktiven Aushandlungsprozesse auf der Ebene der einzelnen Schule und die subjektiven Einstellungs- und Handlungsmuster der Beteiligten in ganz entscheidendem Maße kulturprägend sein dürften. Holtappels nennt die drei klassischen Felder der erziehungswissenschaftlichen Schultheorie: 1. Curriculum und Didaktik 2. schulische Sozialisation 3. institutionelle Organisation der Schule. Mit ihnen lassen sich für die Schulkultur analytisch drei Ebenen unterscheiden, die in vielfältiger Weise zueinander in Beziehung und Wechselwirkung stehen und erst in ihrem schulischen Zusammenwirken den schulkulturellen Kontext bilden: 1. die Lernkultur 2. die Erziehungskultur 3. Organisationskultur der Schule. Das Schaubild „Dimension der Schulkultur“ von Holtappels (1995) veranschaulicht die Zusammenhänge (Abb. 2). Abb. 2: Dimensionen der Schulkultur (Holtappels 1995, S.25) Lernkultur: Der zentrale Punkt im Schulleben ist die Vermittlung und Aneignung von Lerninhalten. Dabei geht es um den Erwerb von Wissen und Fähigkeiten und um die Entwicklung von Interessen und Kompetenzen. Damit verknüpft sind curriculare und didaktische Aspekte. Mit ihnen im 39 Zusammenhang stehen Unterrichtsorganisation und Lernarrangements, die wiederum ausgerichtet sind auf zeitliche Rhythmisierung, räumliche Lernumgebung, Differenzierungsformen und Förderkonzepte. Die curriculare Angebotsstruktur ist verbunden mit Fachzuordnung oder fächerübergreifenden Ansätzen mit Neigungsangeboten und Projekten. Zur Didaktik gehören Stoffauswahl und Schlüsselfragen, Ganzheitlichkeit, soziales Lernen und Umweltbezug, sowie die didaktische Reduktion des Unterrichtsstoff von der Wissenschaftsebene ein schüleradäquates Niveau aufzubereiten ist. Das schulische Angebot wird ergänzt durch didaktisch-methodische Vermittlungsformen und die Qualität der Lehr- Lern-Prozesse, durch methodische Vielfalt der Lern- und Sozialformen, sowie von Lernzugängen, -gelegenheiten und von Lernorten. Gezielter Medieneinsatz, Lern- und Arbeitsmittel, erweiterte Lern- und Erfahrungsmöglichkeiten über den Unterricht hinaus, sowie Projekte im Schulumfeld und Schulleben, neben Schüleraustausch und Schulfahrten erweitern ein vielfältiges Angebot. Holtappels faßt zusammen: Die Lernkultur einer Schule umfaßt demnach die Formen der Lernarrangements und der Lernorganisation, die Gesamtheit des Lernangebotes und der Lernmöglichkeiten, sowie die Qualität der didaktischen Fundierung und methodischen Differenzierung. Unter Berücksichtigung von Tradition entwickelnden Profilen und lokalen Erfordernissen bezeichnet Lernkultur die Handlungskonzepte und Lernmöglichkeiten in einer Schule, die auf Lernbereitschaft und Lernchancen, Erfahrungen und persönliche Entwicklung abzielen. Neben didaktischen Aspekten wird Schulkultur mitbestimmt vom sozialen Erziehungs- und Beziehungsklima. Dabei geht es um normative Erwartungsstrukturen also Leistungsanforderungen und soziale Verhaltensregeln, und die soziale Interaktion, bzw. Beziehungsstrukturen auf der Ebene kommunikativer Umgangsformen (Erziehungsstile, Konfliktregelung, soziale Kontrolle), des weiteren um Partizipationen bezüglich Mitbestimmungs- und Gestaltungsmöglichkeiten und es gibt die Ebene der Qualität sozialer Beziehungen (Wertklima, Beziehungsintensität). Die Erziehungskultur, sie ist ausgerichtet auf die Identitätsentwicklung und soziale Handlungsfähigkeit, manifestiert sich im Schulklima nicht nur durch die institutionelle Normierung und das erzieherische Wirken der Lehrer, sondern wird genauso von der subjektiven Wahrnehmung, von Interpretationen und aktiver Gestaltung der Schulumwelt durch alle Schulmitglieder geprägt. Organisationskultur: Sie bezieht sich auf die innere soziale Organisation der Schule. Der Begriff umfaßt organisatorische Strukturmerkmale, Organisationsklima und Entwicklungsprozesse der Schule. Holtappels zitiert Dalin (1986, S. 56 ff.), der für die soziale Organisation Schule eine 40 wechselseitige Entwicklung und Anpassung auf fünf Ebenen sieht, auf die nur auszugsweise eingegangen werden kann. Es geht dabei um Ziele und Werte, die die Lern- und Erziehungstheorien, das pädagogische Berufsethos, die Erziehungsphilosophie und Einstellungen zu Reformen, sowie programmatische Ziele des Curriculums und des Schullebens umfassen, des weiteren um Strukturen, die sich auf die Art und Weise der jeweiligen Schulorganisation beziehen, etwa Aufbauorganisation, sowie Raumverteilung, Zeit/Stundenpläne, und es geht um die Aufgabenverteilung bzgl. Arbeitsorganisation, etwa Kooperationsformen innerhalb des Kollegiums, Teambildung u.ä. und darüber, wie Entscheidungen getroffen werden. Unter Beziehungen werden alle Interaktionsformen, die das Organisationshandeln betreffen, subsummiert, etwa differente Standpunkte über Erziehungsauffassungen, sowie Konflikte bei Entscheidungen, des weiteren Führungs- und Verhandlungsstile bei Lehrer-Eltern-Kontakten. Der Umfeldbezug, der das Verhältnis Schule- regionales Umfeld, zur Schuladministration, zu verschiedenen Organisationen und Institutionen, wie Experten, Betriebe und Beratungsstellen betrifft wozu noch die Nutzung von Lernorten und Werkstätten gehört. Die Strategien beziehen sich auf Interventionsmethoden und Innovationsprozesse, auf Planung und Konzeptentwicklung, Problemlösungsprozesse und Personalentwicklung und deren Elemente Team- und Kompetenzentwicklung, Belohnung und Fortbildung. Ergänzend gehören noch dazu Ressourcenverwendung, wie Zeit, Räume, Finanzmittel und Qualitätskontrolle, sowie Revision, also Evaluationsverfahren und Akzeptanzkontrolle. Zusammenfassend und stichpunktartig können nur einige Aussagen aufgezählt werden. So müssen Schulkulturen als komplexe Gebilde angesehen werden, wobei kulturprägend offenbar vor allem Wertvorstellungen, Normen, Motive, Einstellungen und Verhaltensmuster sind. Die Schulkultur einer Schule und ihre pädagogische Wirksamkeit entwickelt sich sowohl in Abhängigkeit von schulexternen, als auch von schulinternen Bedingungen. Je nach dem welche förderlichen und nicht förderlichen Konstellationen definiert und welche Lösungsmuster entwickelt werden, entsteht ein entsprechend spezifisches – mehr oder weniger definiertes – System pädagogischer Konzepte, das die „Schulkultur“ oder „Lernkultur“ einer Schule bezeichnen kann. Mit dem Begriff „Schulkultur“ soll demnach ein System innerhalb der Einzelschule bezeichnet werden, das in Auseinandersetzung mit den jeweiligen Umfeldbedingungen und den spezifischen schuleigenen Ausgangs- und Entwicklungsbedingungen entsteht und durch pädagogische Handlungskonzepte und Problemlösungsversuche gekennzeichnet ist. 41 Evaluation: Nach gängiger Definition, ist die Evaluation eine systematische Untersuchung und Überprüfung des Wertes und Nutzens eines Gegenstandes (Joint Commitee 1994, S. 3). Sie bedeutet nach Stufflebeam (1972, S. 124) im allgemeinen die Gewinnung von Informationen durch formale Mittel wie Kriterien, Messungen und statistische Verfahren, mit dem Ziel, eine rationale Grundlage für das Fällen von Urteilen und Entscheidungssituationen zu erhalten. Auf den Bildungsbereich angewendet, kann die Evaluation als ein Verfahren zur systematischen Prüfung und Verbesserung der Qualität des Schulsystems und der Schulen betrachtet werden. In der Regel wurden bislang Schulen durch die Schulaufsichtsbehörden evaluiert, ohne dass dabei die Definition, wie sie von einer systematischen Evaluation vorgegeben wird, berücksichtigt wurde. Im angelaufenen neuen Reformentwicklungsprozeß sind die Schulen als „lernende Einheit“ angehalten, schulinterne Evaluationen durchzuführen, die sich dann auf alle Teile des Schullebens erstrecken, so z.B. Unterrichtsevaluation, Fachevaluation, Projektevaluation, Schulprogrammevaluation und eine allgemeine Schulqualitätsevaluation durch Situationsanalysen und Bestandsaufnahmen, Bedingungs- und Wirkungsanalysen mit dem obersten Ziel der Qualitätssicherung und Verbesserung. Die Bedeutung der Evaluation als essentielles Element des Reformprozesses muss von den Schulen deutlich erkannt, akzeptiert und zu zeitlich fixierten Terminen durchgeführt werden; denn sie ist nach Holtappels ein Verfahren zur systematischen Prüfung und Verbesserung der Qualität des Schulsystems. Abgesehen von traditionellen Formen der Evaluation, die darin bestand, Schulversuche, neue Modelle, Konzepte oder Curricula auf ihre Praktikabilität und auf ihre Wirkung hin zu überprüfen, desgleichen kann die Leistungsfähigkeit des Bildungssystems und der Schulen insgesamt vor dem Hintergrund zentraler Bildungs- und Erziehungsaufgaben Gegenstand von Evaluation sein (Holtappels 2003, S. 201). Holtappels verweist auf die Praxis von Schulüberprüfungen innerhalb regionaler Gegebenheiten, die von der Schulaufsicht durchgeführt wurden, wenngleich hierfür bisher keine systematischen Evaluationsmethoden und Vergleichsmaßstäbe herangezogen wurden. Allerdings ist es häufig praktizierter Schulalltag, in Lehrerkollegien über pädagogische Arbeitsabläufe und –ergebnisse zu reflektieren, dabei ist nicht jede Reflektion, Auswertung oder Überprüfung eine systematische Evaluation, wenn sie der Definition nach nicht von bestimmten Kriterien gekennzeichnet ist, die nach Holtappels folgende Merkmale aufweisen sollten. Demnach beinhaltet die Evaluation: • Ein systematisches Vorgehen im Sinne eines Prozesses, der bewußt eingeleitet und systematisch geplant wird, um Gegenstandsbereiche, Standards, Verfahren und 42 Methoden vorab auszuwählen und festzulegen, die Formulierungen von Standards und darauf bezogener Kriterien, an denen die Resultate zu messen sind, • als Grundlage systematischer Datensammlungen mit objektiven und gültigen Meßverfahren anhand von begründeten Indikatoren, die die Standards und Kriterien meßbar machen, • eine Bewertung durch Analyse und Diagnose auf der Grundlage der ermittelten Daten und Ergebnisse, • die Ermittlung von Planungs- und Entscheidungshilfen zur Verbesserung der Optimierung des untersuchten Gegenstandsbereichs. Für die Schulen wird die Evaluation in Gegenwart und Zukunft zu deren Standardverfahren gehören, deshalb müssen sie sich mit den weitgefächerten Anwendungsmöglichkeiten vertraut machen und sich ein methodisches Vorgehen aneignen. Es ist wichtig, solide Datengrundlagen zu schaffen und Analysen vorzunehmen; denn sie bilden die Basis für die Bewertung und Diagnose, die dann wiederum richtungsweisend für die Weiterentwicklungen und Maßnahmen sind. Schulen, die dieser Aufforderung konsequent nachkommen, bewegen sich zunächst auf einem unbekannten Terrain. Innerhalb neuer Schulentwicklungsstrategien soll die Evaluation sowohl die Einzelschule als auch das Kollegium unmittelbar miteinbeziehen. Unter diesem Aspekt wurden Schulentwicklungsstrategien, die in einigen Bundesländern entworfen wurden, in Abgleichung mit denen einiger benachbarter Länder wie Niederlande, Schweiz und Österreich und England wie folgt formuliert: • Danach wird erst im Zuge erweiterter Autonomie eine weitergehende Selbstverantwortung der Einzelschule für die Qualitätsentwicklung und –sicherung verlangt, als Preis für größere Selbständigkeit und Freiheit. • Werden Schulen aufgrund der Gestaltungsspielräume in der Entfaltung lokaler Schulprofile und der Möglichkeit der Entwicklung schuleigener Konzepte die Verpflichtung einer schulinternen Überprüfung der Ziele, Formen und Wirkungen auferlegt. • Wird gerade im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Schulen die Überprüfung und Sicherung der Einhaltung von Standards und der Vergleichbarkeit von Schulen durch externe Evaluation für erforderlich gehalten. • Soll sich Evaluation auf die Qualität der ganzen Schule als pädagogische Handlungseinheit oder von Teilsystemen beziehen. Dabei würde externe Evaluation an eine vorausgehende interne Evaluation der Schule anknüpfen. 43 Holtappels spricht von strategischer Bedeutung der Evaluation, die darauf hinweist, dass im modernen Verständnis und nach bisherigen Erkenntnissen der Innovationsforschung Evaluation und Schulwesen in engem Zusammenhang mit der Steuerung des Bildungssystems und der Schulentwicklung stehen muss. Und er kommt zu der Evaluation in Einzelschulen, die sich in diesem Verständnis mit anderen Instrumenten der Schulentwicklung verbindet. So kann das Schulprogramm das Ergebnis einer Organisationsentwicklung sein. Der Evaluation kommt dann die Aufgabe der Überprüfung der im Schulprogramm festgehaltenen Ziele und entfalteten Konzepte, Ansätze und Problemlösungen, sowie der darauf bezogenen Organisationsformen, womit die Evaluation dann der Erfolgskontrolle und der Rechenschaftslegung dient. Wie angedeutet wurde, ist die Evaluation für die Schulen innerhalb des Entwicklungsprozesses ein weites Feld von nicht zu übersehender Erheblichkeit, dass bei der gegebenen Aufgabenstellung nicht erschöpfend behandelt werden kann. Das anschließende Schaubild von Holtappels über Ziele interner und externer Evaluation soll nochmals die instrumentelle Bedeutung innerhalb des Schulentwicklungsprozesses abgebildet werden (Abb. 3). Abb. 3: Ziele interner und externer Evaluation (Holtappels 2003, S. 205) Abschließend kann festgestellt werden, dass Holtappels die wesentlichen und entscheidenden Aspekte und Perspektiven, die für den Reformprozeß unumgänglich sind, praxisnah analysiert, umfassend thematisiert und anwendungsorientiert dargelegt hat. 44 Organisationsentwicklung Reformen zeitigen keine absoluten Endergebnisse, sondern bringen immer wieder neue Reformen hervor. Die Ursachen dafür sind bekannt: Es sind zunächst die häufig unzulänglichen Konzeptionen, die Frage nach ihrer Zweckmäßigkeit, die den Betroffenen oft nicht eingängig ist, weil die Reformer den zu reformierenden Zustand nicht als deutlichen Qualitätszuwachs veranschaulichen können, und weil die umfangreiche Palette an unterschiedlichen Zielvorstellungen, Forderungen und Erwartungshaltungen nie vollends abgedeckt werden kann. Spontan ausgelöste Scheinaktivitäten, die häufig durch Erlasse ausgelöst werden, verlieren sich nach einiger Zeit auch dann, wenn sie als Reformansätze deklariert werden. Eine erfolgversprechende Reform muss so konzipiert sein, dass sie Voraussetzungen für Nachhaltigkeit – die zu erreichen, muss das Ziel sein – und Wirkungsspezifität garantieren. Diese Bedingungen erfüllt die Organisationsentwicklung, die dem industriellen Bereich entlehnt, auf die Schule übertragen wurde und dort das tatsächlich Neue ist. Das Optimum in der Organisationsentwicklung ist der Wandel zur „lernenden Organisation“, unter der eine Gruppe von Menschen zu verstehen ist, die sich brauchen, um etwas zu erreichen und, die im Laufe der Zeit kontinuierlich ihre Fähigkeiten ausweiten, um das zu erreichen, was sie wirklich anstreben. Lernen ist der Prozess, durch den der Mensch im Laufe der Zeit seine Fähigkeiten steigert; es ist ein Vorgang, durch den die Leistungsfähigkeit ausgeweitet wird. Erfolgt dann dieser Prozess kollektiv innerhalb einer Gruppe, deren Mitglieder zu wirklicher Zusammenarbeit fähig sein müssen, um ein bestimmtes Output zu erzeugen, so stellt das die einfachste Ebene einer „lernenden Organisation“ dar. Ergänzend zu bemerken ist, dass die „lernende Organisation“ kein konkretes Ding, sondern vielmehr eine Vision, eine sprachliche Unterscheidung ist. Ein Ding, das da heißt „lernende Organisation“ gibt es nicht. So betont auch Senge: Es muss also begriffen werden, dass eine „lernende Organisation“ eine Vision und keine Realität ist (Senge 1999, S. 493 ff.). Wieselhuber (1977, S. 14 / 15) bemerkt, dass der Begriff der „lernenden Organisation“ schon an sich ein Problem sei, da Organisationen natürlich nicht in einem qualifizierten Sinn lernen, sondern sich anpassen, und er schränkt ein, dass es wiederum nicht so einfach sei, denn Einzelne lernen, Mitarbeiter im Unternehmen, Menschen lernen. Die qualifizieren sich in Arbeitsgruppen und Teams, durchdringen mit ihrem Wissen und ihrer Kompetenz die Organisation und schließlich prägt dieses unwechselbare Moment die Kultur einer ganzen Unternehmung. Eine „lernende Organisation“ ist geboren. Sie ist nicht nur die Chance zur inneren Erneuerung, sondern sie ist auch die Möglichkeit, das Unternehmen (die Schule) insgesamt neu zu positionieren, denn lernende Gemeinschaften können einer 45 Gesellschaft auf der Suche wichtige Orientierungen vermitteln. Senge nennt fünf Disziplinen, die in Wechselwirkung zueinander stehen und die Basis für die Realisierung „lernender „Organisationen“ bilden. Systemdenken Mentale ModellePersonal Mastery Gemeinsame Vision Teamlernen Abb. 4: Die zentralen Elemente von Senges mehrdimensionaler Organisationstheorie (Senge 1990 / 1996, S. 57). Im Mittelpunkt der Abbildung 4 steht das Systemdenken. Das wesentliche an der Disziplin des Systemdenkens ist ein grundsätzliches Umdenken – die Wahrnehmung von Wechselbeziehungen statt linearer Ursache – Wirkungsketten und – die Wahrnehmung von Veränderungsprozessen statt Schnappschüssen (Senge 1990 / 1996, S. 94). Um das Systemdenken herum gruppiert sind: Personal Mastery, was bedeutet, dass man eine persönliche Vision kontinuierlich klärt und vertieft, dass man seine Energien bündelt, Geduld entwickelt und die Realität objektiv betrachtet (Senge 1990 / 1996, S. 16). Personal Mastery kann in gewissem Sinne als die geistige und „spirituelle“ Grundlage der „lernenden Organisation“ angesehen werden. Es wird als kontinuierlicher Lernprozeß aufgefaßt. Sie geht über Kompetenzen und Fachwissen hinaus, auch wenn sie in Kompetenzen und Fachwissen gründet. Personal Mastery ist nichts, was man besitzt. Es ist ein Prozeß und eine lebenslange Disziplin nach der Maxime „Der Weg ist das Ziel“ (2003, S. 173/175). Das „Organisationslernen steht in enger Verknüpfung zum Lernen der Einzelperson; denn Organisationen lernen nur, wenn die einzelnen Menschen etwas lernen. 46 Mentale Modelle: Transparenz der persönlichen und organisationalen (mehr oder minder unreflektierten) Annahmen darüber, wie die „Welt da draußen“ funktioniert, zu erzielen, ist Kernbereich der Disziplin der „mentalen Modelle“ (Senge 1990 / 1996, S. 17). Der Begriff beinhaltet kreatives bewegliches Denken, das Loslösen von vertrauten, tief verwurzelten inneren Vorstellungen. Es muss gelernt werden, die inneren Bilder vom Wesen der Dinge an die Oberfläche zu holen, zu überprüfen und zu verbessern, was einer Entwicklung zur „lernenden Organisation“ dienlich wäre (2003, S. 213). Teamlernen: Das Teamlernen ist von entscheidender Bedeutung, weil Teams nicht einzelne Menschen die elementare Lerneinheit in heutigen Organisationen bilden. Sie sind „die Nagelprobe“ für die Praxis. Nur, wenn Teams lernfähig sind, kann die Organisation lernen (Senge 1990 / 1996, S. 19-20). Das Teamlernen wird von Senge als ein Prozeß definiert, durch den ein Team seine Fähigkeit, die angestrebten Ziele zu erreichen, kontinuierlich ausrichtet und erweitert. Die gemeinsame Vision und Personal Mastery sind seine stützende Säulen. Zum Teamlernen gehören neben individuellen Fertigkeiten und Kenntnissen u.a. eine kollektive Disziplin, die Beherrschung der Dialog- und Diskussionstechnik (2003, S. 287/288). Gemeinsame Vision: Eine gemeinsame Vision ist lebenswichtig für eine „lernende Organisation“, weil sie den Schwerpunkt und die Energie für das Lernen liefert. Während adaptives Lernen auch ohne die Vision möglich ist, ist ein schöpferisches Lernen nur möglich, wenn Menschen nach etwas streben, das ihnen wirklich am Herzen liegt. Tatsächlich ist die ganze Idee des generativen Lernens [...] abstrakt und bedeutungslos, solange die Menschen sich nicht für eine Vision begeistern, die sie unbedingt verwirklichen möchten (Senge 1990 / 1996, S. 252). Einfach beantwortet, geht eine Vision der Frage nach, was erschaffen werden soll. Gemeinsame Visionen sind Bilder oder Vorstellungen, die von allen Organisationsmitgliedern geteilt werden. Sie erzeugen ein Gefühl von Gemeinschaft, das sie durchdringt und die unterschiedlichsten Aktionen zusammenhält. Gemeinsame Visionen beziehen ihre Macht aus einem tiefen gemeinsamen Interesse. Sie ist lebensnotwendig für die lernende Organisation, weil sie den Schwerpunkt und die Energie für das Lernen liefert (Senge 1999, S. 252). Die gemeinsame Vision kann in ihrer Umsetzungsphase problematisch sein, da in der Regel erst ein Konsens darüber erzielt werden muss, wie eine gewisse Anzahl unscharfer Forderungen, die eingebracht werden, zu einer gemeinsamen Vision gestaltet werden können. Sie muss in jedem Fall konkret bleiben und darf nicht zu komplex sein. Der Erfolg einer Organisation, wie immer man ihn definiert, wird als abhängig von der Fähigkeit der 47 Organisation betrachtet, die Dinge auf neue Art zu sehen, ein neues Verständnis zu erlangen und neue Verhaltensmuster zu erzeugen – und all das auf kontinuierlicher Grundlage und so, dass die Organisation als Ganzes einbezogen wird (Argyris / Schön 1999, S. 10). Ein Unternehmen (eine Schule) benötigt neben Werten Leitbilder und Orientierungsmarken, deren Existenz und Akzeptanz ein Indikator für die Lernreife der Organisation darstellt. Die Umgestaltung zu einer „lernenden Organisation“ ist ein spannungsgeladener Veränderungs- prozeß, in dessen verlauf sich die Mitarbeiter und deren Berater neu definieren müssen. Entscheidend für eine Erfolgsicherung ist die soziale und personelle Kompetenz beider Gruppen (Wieselhuber 1997, S. 15). Die kurze Zusammenstellung der Definitionen zeigt die Charakteristika auf, die „lernende Organisation“ kennzeichnen. Es geht in grober Auflistung um Kompetenz und Fachwissen und darüber hinaus um Kreativität, Überzeugung und schöpferisches Tun, um Lernen, Teambildung und gemeinsame Visionen, die es zu formulieren und umzusetzen gilt, vor allem aber um Teamlernen und damit um Teamarbeit. Das alles sind typische Aspekte, die auf die Schule zutreffen und für ihre Arbeit gelten, also sollten sie umsetzbar sein. Den Definitionen nach besitzen die Schulen die Fähigkeit zur „lernenden Organisation“ zu werden, wenn sie die Erfüllung der Hauptvoraussetzung ernstlich in Angriff nehmen, nämlich sich als Kooperation kooperativer Einheiten zu formieren, die mit Entschlossenheit und Kontinuität gemeinsam formulierte Ziele ohne Umschweife erreichen will. Das lenkt dann die Aufmerksamkeit auf die Begriffe Qualitätsverbesserung und Qualitätssicherung, die zu erreichen oberstes Reformziel der mit Gestaltungsautonomie ausgestatteten Einzelschule ist. Das neue Paradigma, das den Fokus auf die Entwicklung von Einzelschulen legt, geht davon aus, dass die Entwicklung von Einzelschulen primär ist gegenüber der Systemkoordination. Diese Prioritätensetzung ist doppelt konzipiert, einmal als zeitliche Priorität im Sinne, dass Schulentwicklung auch in den Einzelschulen beginnen soll, und zum anderen als Sachpriorität, die in der Entwicklung von Einzelschulen die eigentliche Basis sieht und nicht eine vom Gesamtsystem generierte und in sofern abgeleitete Aktivität. Folgerichtig beziehen sich die meisten neueren konzeptionellen Ansätze der Schulentwicklung auf die Entwicklung von Einzelschulen (Rolff 1998, S. 298). Kein Ansatz hat die Wendung zur Entwicklung von Einzelschule so früh und so grundlegend beeinflußt wie die der Organisationsentwicklung. Organisationsentwicklung bedeutet eine Organisation von innen heraus weiter zu entwickeln und zwar im wesentlichen durch ihre Mitglieder selbst, wobei der Leitung eine zentrale Rolle zukommt und nicht selten Prozeßberater von außen hinzugezogen werden. Als Charakteristikum für die Konzepte der Organisationsentwicklung gilt, dass sie sich auf das Ganze der Schule bezieht und nicht nur 48 auf Teilaspekte, wobei gleichzeitig betont wird, dass nur eine an Subeinheiten der Schule anknüpfende, schrittweise Entwicklung möglich ist, die sich aber auch auf das Kooperationsklima, an der Schulleitung, am Schulprogramm oder an Fachkonferenzen festmachen läßt. Wie schon an anderer Stelle betont wurde, wird auch hier darauf hingewiesen, dass Organisationen nicht wirklich veränderungsfähig sind und es ist gesicherte Erkenntnis, dass Wissen allein nicht ausreicht, um soziales Verhalten zu ändern. Organisationsentwicklung zielt ab auf die Analyse des sozialen Wandels und auf ein aktives Vorgehen, also auf systematische Planung von Entwicklungen von Organisationen unter Orientierung verfügbarer Erkenntnisse aus der Sozialwissenschaft. Dazu werden drei Komponenten der OE punktuell skizziert: 1. Alle Ansätze der OE gehen von einer wissenschaftlich aufgeklärten Diagnose des Istzustandes und der Probleme der jeweiligen Organisation aus. Dafür steht ein spezifisches Diagnoseinstrumentarium zur Verfügung. 2. Fast alle OE-Ansätze zielen auf Intervention der sozialen Organisation ab, dabei ist unter Intervention gemeinsame Erstellung und Realisierung von Aktionsplänen, die Veränderungen in der Organisation bewirken sollen, gemeint, was vor allem strukturelle und institutionelle Umsetzungen neuer Ideen und Erkenntnisse durch Planung und Handeln umfaßt. 3. Ein wesentliches Mittel, den Wandel zu einem selbst sich verändernden System zu schaffen, ist ein pädagogischer Aspekt, nämlich Training der Organisationsmitglieder in einer Vielfalt von Fertigkeiten und Fähigkeiten mit dem Ziel, sowohl Kommunikation als Kooperation zu verbessern, Planungstechniken zu nutzen und organisations-spezifische Konflikte zu bewältigen (Rolff 2005, S. 302-303) Die Schulen müssen, um den Wandel zur Lernenden Schule erfolgreich zu gestalten als eine der wichtigen Voraussetzungen die Fähigkeit zu einer bestimmten Verhaltensänderung besitzen. Es geht also um Lernprozesse, die als schultypische Charakteristika praxisorientierte strukturelle Ergänzungen bzw. Neuerungen im schulischen Arbeitsfeld bewirken und befördern sollen. Beim Organisationslernen geht man davon aus, das Individuen im Rahmen einer Organisation lernen. Allerdings ist dort Gegenläufiges möglich. Bezüglich der eingeleiteten Schulreformen muss aber von einer positiven Annahme ausgegangen werden. So definiert Holtappels: Als Lernende Schulen werden solche verstanden, die sich bewußt entwickeln, Ziele und Normen klären, schuleigene Schwerpunkte im Curriculum herausarbeiten, gemeinsame Analysen und Diagnosen der Schulsituation durchführen, Projekte entwickeln, Teamarbeit aufbauen und Wirkungen der eigenen Arbeit überprüfen. 49 Lernende Schulen kennzeichnen insbesondere, dass sie Strukturen für eigenes Lernen, Reflektionen, Selbstbewußtsein schaffen, z.B. Prioritäten für Entwicklungsvorhaben abstimmen, Steuergruppen und Qualitätszirkel einrichten, Fortbildungsbedarfe klären, Lerngelegenheiten für Einzelne ermöglichen. Organisationslernen bezieht sich auf das Ganze der Organisation im Rahmen von Lernsystemen, also komplexe Bündel von Annahmen, Normen, Handlungsstrategien; sie machen das Lernpotential von kollektiven Interaktionen aus (Holtappels 2003, S.112). Ergänzend kommt hinzu, dass es für den Prozess des Organisationslernens von Bedeutung ist, relevantes Wissen weiterzureichen, das anschlußfähig sein muss und das ein intentionaler Konsens der Organisationsmitglieder über die Relevanz und den Nutzen eines solchen Wissens besteht (vgl. Duncan / Weiß 1979). Der Hinführungsprozeß zur Lernenden Organisation bedarf der Aktionsbereitschaft aller Teammitglieder, denn erst dann kann sich ein gemeinsames Organisationsgedächtnis entwickeln, das von zentraler Bedeutung ist, weil es um ein von allen Organisationsmitgliedern gemeinsam geteiltes Wissen (Geißler 1995, S. 12) geht. Es ist auf die Schule übertragen, das von allen verinnerlichte Bild der eigenen Schulwirklichkeit, durch das sichergestellt wird, dass gemeinsame Vereinbarungen und Absprachen über Methoden und Kompetenzen nicht verloren gehen und jeder Zeit präsent sind. Den aufgezählten Voraussetzungen und Bedingungen, die im Rahmen der neuen Schulreform die Organisationsentwicklung ihnen abverlangt, kann, sollte und muss von den Schulen ohne Abstriche durch planvolle Handlungsstrategien entsprochen werden. Und das umsomehr als die Organisationsentwicklung das essentielle Novum für den Schritt in die Teilautonomie ist. 2 Schulprogramme Im historischen Exkurs läßt sich die frühe Existenz von Schulprogrammen belegen. Sie waren einerseits als Dokumente gymnasialer Schwerpunktarbeit konzipiert und andererseits als Einladungsschriften für festliche Schulveranstaltungen. Mit zeitlicher Distanz stieg ihre Produktionszahl, während sie sich inhaltlich zur wissenschaftlichen Programmliteratur auswuchsen und zu zirkulierenden Mitteilungsorganen im interschulischen Austausch über Länder- und Landesgrenzen hinweg wurden. In ihrer aktuellen Diktion sind Schulprogramme multifunktionale Strategiepapiere mit zentraler Plazierung innerhalb eines perspektivischen Schulentwicklungsprozesses, dessen vorrangige Zielsetzung die Optimierung eines individuellen schulischen 50 Qualitätsmanagements ist; immer auch unter dem erweiterten Blickwinkel einer allgemein durchgängigen Anhebung des schulischen Qualitätsniveaus möglichst aller Schulen. Die generelle Verbindlichkeit zur Anfertigung von Schulprogrammen wurde per Erlaß (vom 25.06.1997) ministeriell verfügt und mit der Verpflichtung verknüpft, die Richtlinien und Lehrpläne in der Planungsphase zu beachten. Unbeeinflußt von dieser Weisung blieben die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten für eine gesamtplanerische, pädagogisch- konzeptionelle und dialogische Schulprogrammarbeit, die als kontinuierlicher in die Schularbeit integrierter Prozeß zu verstehen ist und die unter Federführung der Kollegien und Schulleitungen bei Beteiligung von Schülern und Eltern, im Ergebnis konsenshaft, geleistet wurde und deren Produkt ein Schulprogramm ist, das die spezifischen Planungs- und Handlungsstrategien der betreffenden Schule zum Ausdruck bringt. Im Auftrag zur Anfertigung von Schulprogrammen liegt die Voraussetzungsgebundenheit für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Ist-Zustand einer Reihe von Arbeitsfeldern, die für einen ansehnlichen Schulentwicklungsprozeß Bedeutungsrang haben und die möglicherweise einer dringenden Aufarbeitung bedürfen, um mit adäquater Zielorientierung – als ein wichtiges Element – das neu zu schaffende Qualitätsbild zu komplettieren. Den Schulen ist es nicht möglich, sich allen Arbeitsfeldern mit gleicher Intensität zuzuwenden, deshalb sind Dringlichkeit und Beschäftigungsumfang in den Ermessensspielraum der Kollegien gestellt. Es versteht sich von selbst, dass die Schwerpunktfelder Unterricht und Erziehung – sie stehen im Zentrum pädagogischer Arbeit – von jeglichen Sonderregelungen ausgenommen sind. Schulprogramme sind zunächst nach Art und Inhalt eine informelle Auflistung von • Zielvereinbarungen • systematischen Handlungsentwürfen • durchzuführenden Maßnahmen • Absprachen zur Umsetzung von Planungsvorhaben • und detaillierten Arbeitskonzeptionen aus den schulischen Arbeitsfeldern. In weiteren Funktionen sind sie Instrumente • einer innovativen Schulentwicklung • einer pädagogisch-intendierten Grund- und Handlungsorientierung • zur Umsetzung von Leitbildern • zur Regel- und Normenvorgabe • zur Binnen- und Außenorientierung • zur angemessenen Selbstdarstellung 51 • zur Öffnung der Schule für partnerschaftliche Kooperationen • zur inneren Schulreform • zur Mitbestimmung. Schulen können ihre Schulprofile, die sie zwangsläufig haben – sie sind die Summe der von außen gesehenen scheinbaren Strukturen, die als typisch gedeutet - und volkstümlich als „Image“ einer Schule oder deren „Ruf“ bezeichnet werden, verbessern oder völlig neu gestalten. Selbst wesentliche Elemente im progressiven Schulentwicklungsprozeß, sind Schulprogramme vor allem auch Arbeitspapiere und somit inhaltlichen Veränderungen unterworfen. Ihre ursprünglichen Fassungen sind von begrenzter Gültigkeit, die dann endet, wenn Evaluationsergebnisse partielle Änderungen erforderlich werden lassen. Durch die schriftliche Fixierung werden alle Übereinkünfte und Absprachen konkretisiert und transparent gemacht. Sie erhalten auf diese Weise den Status von vertraglichen Vereinbarungen. Die tragenden Elemente eines progressiven Prozeßverlaufs sind • Evaluation als Qualitätssteuerungselement, denn Überprüfung, kritische Reflexion, Korrektur und Ergänzung sind unabdingbar • Kooperation Erreichen von Standards, Feedback, dialogische Kommunikation, gemeinsames Gestalten, Prioritäten setzen • Konsens Annäherung der Standpunkte mit Blick auf Beurteilungskriterien, Belastbarkeit und Leistungsanforderungen Dauerhafte Bereitschaft zur Umsetzung neuer Ideen, Aufgaben, Ziele Rückschläge wegstecken • Teamarbeit bringt konzertiertes Handeln, verkürzt Wege, vermeidet doppeltes Arbeiten und unnütze Wiederholungen • Identifikation mit Ereichtem, Zielen, Schule und Arbeit. Es sollte davon ausgegangen werden, dass nach anfänglicher sicherlich begründeter Skepsis – Lehrer sind erfahrungsgemäß bezüglich der Übernahme neuer Ideen und deren Umsetzung eine „Masse mit hohem Trägheitsmoment“ – die Identifikation auf der Basis von in Aussicht 52 gestellter Erfolge, die kurzfristig erkennbar sein müssen, zu einem Mitmacheffekt geführt hat, wodurch alle in den schulischen Innovationsprozeß involviert sind. Es dürfte auch dem „hartgesottenen Einzelkämpfer“ nicht verschlossen bleiben, welche Durchsetzungskraft gemeinsam und strategisch geplantem Handeln innewohnt. Die Schulprogrammarbeit bietet die in dieser Form nie dagewesene Gelegenheit neben der Klärung unterrichtsbezogener Fragen und solcher der schulinternen Organisation durchsetzungsfähige Regeln zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines unbedingt benötigten Disziplinniveaus aufzustellen und die Eltern durch die Einbindung in den gesamten Prozeß zu verpflichten, ihren eigenen Erziehungsauftrag wahrzunehmen, um auf diesem besonders sensiblen schulischen Arbeitsfeld in Vorleistung zu treten. 2.1 Terminologie des Schulprogramms als Entwicklungsinstrument und seine essentiellen Strukturelemente Mit dem Schulprogramm nimmt sich eine Schule vor allem die Gestaltung von Entwicklungsschwerpunkten für einen absehbaren Zeitraum vor. Es ist ein Programm von Zielen und Maßnahmen, ein Konzept, das nicht als Endpunkt betrachtet wird, sondern als dynamische Weiterentwicklung von Konzeptbausteinen und deren Umsetzung. Durch seine Schriftform erlangt es die nötige Konkretisierung, Transparenz und Verbindlichkeit und bringt dadurch die konsenshaften Ziele und Ansätze zum Ausdruck. Ein Schulprogramm, das durch Engagement und Kontinuität in der Kollegiumsarbeit umgesetzt wird, kann als Indikator für die Existenz einer lernenden und selbstreflexiven Organisation gelten, die durch hohe Problemlösefähigkeit und differenzierter Gestaltungskompetenz gekennzeichnet ist und darüber hinaus Ziele, Strukturen und Ansätze permanent auf Entwicklungserfordernisse hin überprüft (Rolff 2006, S. 321). Bei seinem am 27.11.04 in Erlangen gehaltenen Vortrag mit dem Thema „Schulprogramm als kollegialer Diskurs – Überlegungen vor dem Hintergrund von Evaluation“ verweist Rolff auf die Notwendigkeit der Beachtung einer exakten Terminologie und Konzeption des Schulentwicklungsinstrumentes Schulprogramm, da Schulprogramme landesunterschiedlich wenig korrekt als Schulprofil oder Schulkonzept synonym verwendet werden. Rolff unterscheidet deshalb deutlich: Während ein Schulprofil lediglich die realen Konturen pädagogischer Arbeitsformen zeichnet, also die tragenden Elemente der Schulkultur und das Gesicht der Schule darstellt, beinhaltet 53 ein Schulkonzept demgegenüber die pädagogisch-konzeptionelle Darlegung und Begründung der einzelnen Gestaltungssätze, Arbeitsformen und Organisationslösungen und deren Integration in ein Gesamtkonzept. Alle Schulen haben ihr spezielles Profil, ob es im Bewußtsein des Kollegiums deutlich hervortritt oder ob es quasi ohne intendierte Zielsetzungen zustande kommt. Schulkonzepte hingegen, definiert Rolff, sind Ausdruck planvoller Schulgestaltung, basieren auf pädagogischen Reflexionen von Unterrichten und Erziehen, verbinden die Ausgangssituation der Schule mit Zielen und setzen diese wiederum in Beziehung zu den Gestaltungs- und Organisationsformen. Programmatisch-konzeptionelle Bestandteile, ein Arbeitsprogramm im Sinne einer pädagogisch intendierten perspektivischen Entwicklungsplanung mit Zielen, Maßnahmen und damit verbunden auch Vorstellungen und Fortbildung sind die Strukturelemente eines Schulprogramms. Somit fallen dem Schulprogramm folgende Aufgaben zu: 1. pädagogische Grundorientierungen auszudrücken 2. eine konzeptionelle Arbeitsgrundlage für pädagogisches Handeln zu schaffen 3. Selbstvergewisserung über den Entwicklungszustand der Schule, zielbezogener Gestaltungswille mit Transparenz und Verbindlichkeit nach innen herzustellen 4. das pädagogische Profil der Schule nach außen für Eltern und Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Das Schulprogramm versteht sich in aller erster Linie als Arbeits- und Entwicklungsinstrument, das spezifisch für die Schule ist und nur von ihr selbst verwendet wird. Selbstverständlich muß darauf geachtet werden, dass • eine Bestandsaufnahme über die Schulsituation vorhanden ist • konzeptionelle Grundzüge über Gestaltungsansätze der Schulorganisation deutlich werden • ein pädagogisches Leitbild definiert wird • Entwicklungsplanung mit Entwicklungsschwerpunkten deutlich gekenn- zeichnet sind • entsprechende Maßnahmen formuliert, sowie Evaluations- und Fortbildungsplanung nicht außer acht gelassen werden. Diese von Rolff prägnant formulierten Qualitätsmerkmale, durch die sich jede Schule in ihrem Programm gesamtkonzeptionell für sich und in der Öffentlichkeit aktiv in Erscheinung treten sollte, werden in Kombination mit denen von Holtappels, die im folgenden dargestellt werden, für die Dokumentenanalyse herangezogen. 54 2.2 Ziele, Aufgaben und Inhalte eines Schulprogramms Holtappels (2003, S.167-175) nennt und beschreibt Ziele, Aufgaben und inhaltliche Elemente von Schulprogrammen, die im folgenden dargelegt werden. Ein Schulprogramm beinhaltet eine Entwicklungsplanung und stellt deshalb die höhere Stufe eines Schulkonzeptes dar; denn Entwicklungsplanung meint dynamische Weiterentwicklung und ist keine Endpunktmarkierung. Die lernende selbstreflektive Organisation Schule kann auf ein Schulprogramm verweisen, dessen Zustandekommen das Resultat engagierter und kontinuierlicher Arbeit des Kollegiums ist, das sich durch seine hohe problemlösende Fähigkeit als flexible Organisation mit differenzierter Gestaltungskompetenz auszeichnet und daß Ziele, Strukturen, Ansätze und Wirkungen permanent auf die Entwicklungserfordernisse hin überprüft. Das Schulprogramm wird zuvorderst als Arbeitspapier für die Schule selbst verstanden, weil es zur Verbesserung der pädagogischen Gesamtsituation beitragen soll. Neben der pädagogischen Konzeption bringt ein Schulprogramm die grundlegende Bereitschaft zu Innovation, Evaluation und Qualitätssicherung zum Ausdruck. Dem Selbstverständnis nach wird die Schulentwicklung als dauerhafte Aufgabe über ein selbst auferlegtes und nach innen verbindliches Entwicklungsprogramm verstanden. Es bildet die pädagogische Grundorientierung des gesamten Kollegiums ab und ist dessen Bekundung zu gemeinsamer Verantwortung, einschließlich der Eltern für die pädagogische Arbeit mit den Schülern. Konsenshafte Vereinbarungen, durch die die pädagogische Orientierung und die Gestaltungsformen verbindlich abgesichert sind, gelten als verbindliche Leitlinien und Orientierungshilfen für alle Akteure. Im Sinne einer höheren Autonomie der Einzelschule und der Übertragung der Verantwortung für die Entwicklung und Sicherung von Schulqualität auf die Ebene der Schule bezieht sich der Begründungskontext für Schulprogramme vornehmlich auf innovationsstrategische Ziele und Aufgaben: Die Schule wird zum Ort der Entwicklungs- und Veränderungsarbeit, wobei das Instrument des Schulprogramms nicht nur über das erarbeitete schriftliche Dokument, sondern zugleich auch über den Diskussions-, Planungs- und Arbeitsprozeß des Kollegiums selbst, schulentwicklungsrelevante Initiativen und Wirkungen beabsichtigt. Dadurch erlangen Produkt und Prozeß gleichermaßen an Bedeutung. Unter dieser Prämisse wird das Schulprogramm zu einem Planungs- und Entwicklungsinstrument, sowie affinitiv zu einem Entwicklungs- und Arbeitsprogramm für schwerpunktmäßige und gezielte Weiterentwicklung der Schule. Es hat außerdem die Funktion der Leitbilderstellung und das Gestaltungskonzept der Schule vor dem Hintergrund von Arbeitsbedingungen und Entwicklungsstand zum Ausdruck zu bringen. Das Resultat 55 gemeinsamer Schulprogrammkonzeption sollte folgende schulentwicklungsrelevante Zielsetzungen und Aufgaben vorweisen können. Ziele des Schulprogramms nach Holtappels (2003, S. 168) in der Auflistung: • pädagogisches Leitbild • Ziele und Grundorientierungen • konzeptionelle Grundlage pädagogischer Gestaltungsansätze • Selbstvergewisserung über Entwicklungsstand und Entwicklungsbedarfe • Arbeitsgrundlage für Konsens und Verbindlichkeit • Verbesserung der Schulqualität • Erhöhung von Effektivität und Effizienz • Profildarstellung nach außen zwecks Orientierung und Kooperation • Informationsgrundlagen für Steuerungsaufgaben im Bildungssystem • Qualitätssicherung, Rechenschaft und Evaluation. Die den Begriffen zugrunde liegende Bedeutung wird in ihren wesentlichen Punkten reduziert, wiedergegeben. 1. Pädagogische Grundorientierung und Schulkonzept Ein Schulprogramm muss ein vom Kollegium verfaßtes pädagogisches Leitbild beinhalten. Es geht um pädagogische Grundorientierung und die Klärung der Frage, welche Ziele dem pädagogischen Handeln zugrunde liegen, welches Ethos und welche Erziehungsphilosophie in der Schule von dem Kollegium verfolgt wird. Tendiert sind Ziele in der Unterrichts- und Erziehungsarbeit, dabei sollen Schulgesetze, Richtlinien und Lehrpläne konkretisiert werden. 2. Schulkonzept zur Integration pädagogischer Gestaltungsansätze Systematische Schwerpunkte und konzeptionelle Ansätze für die pädagogische Gestaltung sollten klar herausgearbeitet und mit Zielen und lokalen Gegebenheiten begründet werden, wobei Ansätze und Maßnahmen in ein pädagogisches Gesamtkonzept zu integrieren sind, wodurch die pädagogische Grundorientierung in der Umsetzung so in der pädagogischen Handlungspraxis und Orientierungsstruktur der Schule widergespiegelt wird. 3. Grundlage für Konsens und Verbindlichkeit Das Programm muss Ergebnis eines gemeinsamen Diskussions- und Planungsprozesses sein, durch den Verbindlichkeit von Regeln, Absprachen, Initiativen festgelegt werden. Es wird somit zur konzeptionellen Arbeitsplattform für pädagogisches Handeln und organisatorische Gestaltung. 56 4. Auskunft über den Entwicklungsstand und Entwicklungsbedarfe Ein Schulprogramm muss den Entwicklungsstand der Schule wiedergeben und Aussagen über die geleistete pädagogische Arbeit machen. Es ist Instrument der Bestandsaufnahme, mit dessen Hilfe pädagogische Gestaltung und eigene Arbeit verdeutlich und durch das kritische Einschätzungen vorzunehmen sind. Leistungen und Stärken, Probleme und Schwächen können mit ihm identifiziert werden. Die Dokumentation der Entwicklungsarbeit fördert zugleich die Feststellung von Entwicklungs- und Fortbildungsbedarfe zutage. 5. Besserung der Schulqualität Schulprogramm als Planungs- und Arbeitsgrundlage zwecks Steuerung innerschulischen Entwicklungsarbeit mit dem Ziel einer verbesserten Schulqualität und damit verbunden Verbesserung der Unterrichts- und Erziehungsarbeit, sowie Weiterentwicklung der pädagogischen Ansätze ebenso der Organisationskultur. Abgezielt wird insgesamt auf die Verbesserung der Lehr-Lern-Leistungen. 6. Erhöhung von Effektivität und Effizienz Es geht um die Verbesserung der pädagogischen Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich der personellen, räumlichen und materiellen Ressourcen, deren effizienter Einsatz Ziel sein muss. 7. Außendarstellung des Schulprofils für Orientierung und Kooperation Die Präsentation des pädagogischen Profils nach außen für Eltern und Öffentlichkeit. Ziel: Orientierungs- und Entscheidungshilfen für Eltern und Schüler, sowie Lehrkräfte und als Orientierung für das Umfeld und Anzeige für Kooperationsmöglichkeiten eventueller lokaler Kooperationspartner. 8. Qualitätssicherung über Rechenschaft und Evaluation Die Schule muss Rechenschaft ablegen über ihre Arbeit und Entwicklung gegenüber der Schulaufsicht, dem Schulträger und den Schulmitgliedern. Es liefert zugleich einen Bezugsrahmen und Anknüpfungspunkte für die Evaluation. 9. Informationsgrundlage für Steuerung des Bildungssystems Schulprogramme liefern Informationen und Beratungsgrundlagen für schulexterne Beratungs- und Unterstützungssysteme. Sie melden den oberen Steuerungsebenen Planungs-, Regelungs- und Innovationsbedarfe und Entwicklungsprobleme. Sie ermöglichen Bestandsaufnahmen, auch überregionale Bildungsangebote, Leistungsfähigkeit und Entwicklungsprozesse der Schule zum Zwecke der Wahrnehmung von Steuerungsaufgaben im Bildungssystem. Holtappels verweist darauf, dass die Handreichungen in den Bundesländern nicht einheitlich sind, sondern dass die Funktionen der Schulprogramme teilweise sehr differenziert dargestellt werden. So könnte am Beispiel Hamburgs (vgl. Freie und Hansestadt Hamburg 1998) 57 zwischen den inneren und den äußeren Funktionen eines Schulprogramms unterschieden werden. Die die einzelne Schule unmittelbar betreffenden sind: Analyse und Diagnose, Leitbildentwicklung, Konsensfindung, Planung, Gestaltung; hingegen die für die öffentliche Darstellung geltenden sind: Informationsorientierung und Kooperation. Hinzukommen Programmfunktionen, die auf die Information der Behörde abgestellt sind, wie Rechenschaft, Evaluation und Steuerungsaufgaben. Seiner Innenfunktion nach dient das Schulprogramm der Verständigung der Schulmitglieder, mit den Themenbereichen Akzentuierung und Konkretisierung des allgemeinen Bildungs- und Erziehungsauftrages der Schule und der Darlegung fachlicher sowie überfachlicher Ziele, pädagogischer Orientierung und Prinzipien für die Gestaltung von Unterricht und Schulleben, was die Schwerpunkte der pädagogischen Arbeit markiert und wodurch das gemeinsam erstellte pädagogische Gesamtkonzept Gestalt annimmt. Um die Schulentwicklung erkennbar werden zu lassen, ist es notwendig, eine Verständigung über die Diagnose des erreichten Entwicklungszustandes über Qualität und Wirkung der pädagogischen Arbeit, neue Arbeitsvorhaben und deren Evaluation sowie über Arbeitsweisen und Entscheidungsstrukturen Übereinkunft zu erzielen. Verständigung und Konsensfindung sind essentiell für die Schulgestaltung und fördern deren Transparenz für alle Beteiligten. Es geht um die Verbindlichkeit von Regeln und Absprachen, die bei gemeinsamer Verantwortung einzuhalten sind. Der Gewinn für die Akteure ist eine intensivere Wahrnehmung des Schulgeschehens und seine Wirkungen auf den Entwicklungsprozeß. Durch verbesserte Einblicke werden Schwachstellen erkannt und erforderliche Verbesserungsansätze nötigenfalls ohne Zeitverluste realisiert. Alles in allem eröffnen sich umfangreiche Möglichkeiten der Teilhabe an Planung und Gestaltung der Bildungs- und Erziehungsarbeit. In seiner äußeren Funktion zeigt das Schulprogramm typische Merkmale seiner Erkennbarkeit und Unterscheidbarkeit für Eltern, und Schüler und dient ihnen somit als Orientierungsbasis für ihre Schulwahlentscheidungen hinsichtlich ihrer Erwartungen bezüglich offerierter pädagogischer Leistungen und Lernangebote der Schule. Im erweiterten Sinne gelten diese Orientierungsmöglichkeiten für potentielle Lehrkräfte bzw. Kooperationspartner, ebenso für Institutionen und Organisationen im Sozial-, Jugend- und Kulturbereichen, desgleichen für Sponsoren. Letztlich erhält die Schulaufsicht unter dem Aspekt von Rechenschaftsberichten und Qualitätssicherung Bedarfshinweise für Beratung und Evaluation, Personalbewirtschaftung und Aufsichtsaufgaben. 58 3 Studien über Schulprogramme und Schulprogrammarbeit Der vorläufige Stand wissenschaftlicher Studien zur Evaluation der Schulprogrammarbeit wird in nachfolgender Übersicht skizziert. Die dabei notwendige Reduktion des Gesamtumfangs berührt deren Kernelemente nicht, so dass ihre Aussagekraft erhalten bleibt. Zur Ausgangssituation der Schulprogrammarbeit: In der Anfangsphase, die von 1997-2000 dauerte, wurden den Schulen mit dem Auftrag zur Erstellung von Schulprogrammen konzeptionelle Vorgaben an die Hand gegeben, die den Charakter verbindlicher Empfehlungen hatten. Ihre unbedingte Umsetzung war deshalb nicht verpflichtend, weil den Schulen ihre kreativen Gestaltungsfreiräume belassen bleiben sollten; denn den zuständigen Schulaufsichtsbehörden unter Federführung des Ministeriums ging es darum, die Einführung der Schulprogrammarbeit zu beobachten und unterstützend zu begleiten. Letztlich sollten in einem Informationspool, verschiedenerweise Erkenntnisse über Stand und Fortlauf der Schulprogrammarbeit gesammelt und mit der perspektivischen Sicht der Schulaufsichtsbehörde abgeglichen werden, um auf diese Weise eine Basis für die Weiterentwicklung fortlaufender Konzepte der folgenden Handlungsebenen zu bekommen. 3.1 Funktionen und Schwerpunkte von Schulprogrammen aus Sicht der Schulaufsicht Die Studie von Christoph Burkard (2004, S.134-154) basiert auf einer landesweiten Auswertung von Erhebungsbögen der Schulaufsicht zum Schulprogramm und steht am Ende einer Reihe von unterstützenden und flankierenden Maßnahmen, zu denen vor allem Dialoge zwischen den Schulleitungen und den Schulaufsichtsbeamten gehörten. An die Auftragserteilung zur Erstellung von Schulprogrammen war die verbindliche Empfehlung geknüpft, dass wichtige schulische Arbeitsfelder in die Schulprogramme aufzunehmen waren. So wurde ein gewisses Maß an schulformübergreifender inhaltlich-konzeptioneller Übereinstimmung erreicht und die Basis für eine landesweite Überprüfung war gegeben. Ein wichtiger Bestandteil der Evaluation der Schulprogrammarbeit war eine Erhebung der Schulaufsicht zum Stand, den die Schulprogrammarbeit der Schulen erreicht hatte. Ergänzend zu einer Repräsentativbefragung von Lehrkräften und Schulleitungen sowie qualitativen Studien an Schulen sollten damit bewußt die Perspektive der Schulaufsicht erfaßt und die Einschätzungen der Lehrer zur Schulprogrammarbeit gegenübergestellt werden. Die schriftliche Erhebung erwies sich als das geeignete Instrumentarium zur analytischen 59 Datengewinnung über Strukturen inhaltlicher Schwerpunkte und Funktionen. Der Fragebogen erfaßte folgende Themenbereiche: • Zu welchen schulischen Arbeitsfeldern (insbesondere Unterricht) wurden im Schulprogramm Aussagen gemacht? • Inwieweit wurden zu typischen Elementen des Programms Aussagen gemacht? • Welche Unterstützungsangebote wurden von der Schule wahrgenommen? • Welche Wirkung der Schulprogrammarbeit hinsichtlich wichtiger Funktionen des Schulprogramms kann die Schulaufsicht erkennen? • Welche weitergehenden Unterstützungsangebote sind aus der Sicht der Schulaufsicht erforderlich? Die Datenauswertung erfolgte am Landesinstitut für Schule und Weiterbildung. Eine Rücklaufquote von 88% (entsprechend 5916 Fragebögen) ließ den Hinweis auf die landesweite Repräsentativität der Ergebnisse zu. Die Ergebnisse der Untersuchung im Einzelnen: Aussage zu wichtigen schulischen Arbeitsfeldern Wie nach den Auswertungskriterien umfassend behandelt, in Teilen behandelt, kaum behandelt und nicht behandelt vorgenommene Bewertung sind Schulleben (53%), Erziehungsarbeit (43%), Öffnung der Schule (33%), Unterricht über fachliche Konzepte (29%), Unterricht fachliche Konzepte (25%) und Elternarbeit (23%) erfaßt. Damit wird erkennbar, dass die Arbeitsfelder „Schulleben“ und „Erziehungsarbeit“ die oberen Ränge einnehmen, die Unterrichtsarbeit mit etwa 25% einen mäßigen Wert aufweist und die quantitativ geringste Bedeutung bislang bei der Elternarbeit liegt (alle Werte entsprechen der Rubrik „umfassend behandelt“). Es wird darauf verwiesen, dass die Rangfolge sich dann ändert, wenn man ein schulformspezifisches Ranking vornimmt. Bei der Erarbeitung des gesamten Komplexes der Aussagen zu wichtigen schulischen Arbeitsfeldern bezog man sich auf die Handreichung „Schulprogramm (MSWWF, 1999) des Ministeriums, in der orientierende Empfehlungen für die Struktur und den Aufbau von Schulprogrammen formuliert worden waren. Sie dienten bei der Erhebung als Grundlage einer Bestandsaufnahme zu den Inhaltsfeldern der Schulprogramme aus der Sicht der Schulbehörde. Die Aussagen zu den wichtigsten schulischen Arbeitsfeldern belegen schulspezifische Unterscheide. 60 • Aussagen zu fachlichen Konzepten der Unterrichtsarbeit finden sich in besonderer Weise in den Schulen des zweiten Bildungsweges (51% umfassend behandelt), Sonderschulen (32%). • Aussagen zu überfachlichen Konzepten der Unterrichtsarbeit weisen Schulprogramme der Gesamtschulen auf (44% umfassend behandelt), Schulen des zweiten Bildungsweges (53%). • Erziehungsarbeit ist Schwerpunkt in Programmen von Gesamtschulen (60%), Hauptschulen (58%), Sonderschulen (52%). Berufskollegs (17%) und zweiter Bildungsweg (10%) spielen eine untergeordnete Rolle. • Schulleben in allen Programmen (47-60%) entspricht wichtiger Rolle mit Ausnahme der Berufskollegs (24%). • Elternarbeit nur in der Minderheit ausführlich behandelt (15-27%), beim zweiten Bildungsweg (2%), Berufskolleg (1%). • Öffnung der Schule ist ein besonderer Schwerpunkt in Gesamtschulen (56%) und Hauptschulen (45%). Aussagen zu typischen Elementen des Schulprogramms In der Handreichung „Schulprogramm des Ministeriums“ wird unterschieden zwischen wichtigen und typischen Elementen. Zu den typischen zählen Leitbild (51%), Beschreibung der schulischen Arbeit (43%), schulinterne Konzepte (30%), mittelfristige Entwicklungsziele (21%), Arbeitsplan (19%), schulinterne Arbeitsstrukturen (14%), Planung zur Evaluation (8%) und Fortbildungsplanung (8%). Die Evaluation der schulischen Arbeit und die Umsetzung von Schulprogrammbestandteilen spielte bislang ebenso wie die systematische Fortbildungsplanung mit jeweils rund 8% als umfassend behandelt eine geringe Rolle. Die Ergebnisanalyse nach Schulformen zeigt, dass sich die unterschiedliche Gewichtung der einzelnen Programmelemente für alle Schulen vergleichbar darstellt, wobei die aufgeführten Elemente in den Programmen der verschiedenen Schulformen quantitativ unterschiedlich umfangreich behandelt werden. Gymnasien und Grundschulen weisen bei fast allen typischen Elemente unterdurchschnittlich liegende geringe Anteile „umfassend behandelt“ auf. Die Werte der anderen Schulformen liegen um etwa 10 und mehr Prozente über denen der Gymnasien und Grundschulen. 61 Besondere Schwerpunkte der Schulprogrammarbeit Die besonderen Schwerpunkte der Schulprogrammarbeit nach Schulformen zugeordnet, werden in einer Tabelle (Burkard 2004, S. 144) dargestellt. Aufgelistet sind nach allen Schulformen insgesamt 17 Schwerpunkte, deren höchste Werte durch Fettdruck hervorgehoben wurden. Daraus geht hervor, dass die Felder Beruforientierung, Erziehungsarbeit und Schulleben die obersten Plätze besetzen, während Elternarbeit, Leistungsbewertung, Krankenförderung, Parallelarbeiten und Umwelterziehung die unteren Ränge einnehmen. Vervollständigt wird die Liste der Schwerpunktfelder durch eine Palette ergänzender Bereiche wie: Beratung und Beratungskonzepte, bewegte Schule, Förderkonzepte, gemeinsamer Unterricht, Grunderziehung, Gewaltprävention, Mädchen / Jungen Förderung, musikalisch-künstlerische Förderung und Verkehrserziehung und Werteerziehung. In der Tabelle wird nach Schulformen differenziert. Entsprechend unterschiedlich sind die Schwerpunktbildungen. Die ersten drei Ränge in der Berufsorientierung belegen die Hauptschulen (88%), Gesamtschulen (73%), Gymnasien (72%). In der Erziehungsarbeit sind es die Gesamtschulen und Sonderschulen mit 79% und Hauptschulen mit 78%. Beim Schwerpunkt Schulleben belegen die Gesamtschulen, Grundschulen und die Sonderschulen mit jeweils 72% die ersten Ränge. Bei dem Schwerpunkt Öffnung der Schule weisen die Gesamtschulen 69%, die Hauptschulen 67% und die Sonderschulen 60% auf. Die Auswahl dieser Schwerpunkte stellt nur einen Ausschnitt aus einer umfangreichen Schwerpunkttabelle dar. Sie zeigen die Spitzenwerte an. Bewertung wichtiger Funktionen von Schulprogrammen durch die Schulaufsicht Die Bewertung wurde nach Mittelwerten dargestellt auf einer fünfstufigen Skala von 1 trifft voll zu bis 5 trifft nicht zu. Nach Angaben der Schulaufsicht wurde mit einem Mittelwert unter 2 in den Schulprogrammen • der Zusammenhang von Schulprogrammaussagen zu zentralen Vorgaben (z.B. Richtlinien und Lehrpläne) • der Bezug des Schulprogramms auf die besondere Situation der Schule und das Umfeld • sowie die Einbindung der Schulprogrammarbeit in die längerfristige Schulentwicklung in besonderer Weise eingelöst. 62 Gegensätzlich dazu steht mit dem Prädikat vergleichsweise noch im geringeren Maß umgesetzt: • die Beteiligung der Schulgemeinschaft an der Schulprogrammarbeit • der Unterrichtsbezug des Schulprogramms • die Evaluation. Ein Bewertungsvergleich der Programme nach Schulformen läßt erkennen, dass sich die Ergebnisse überall in ähnlicher Form darstellen. Die besonders förderlichen Gelingens- bedingen für die Schulprogrammarbeit aus behördlicher Sicht waren dann gegeben, wenn: 1) im Kollegium die Bereitschaft für Neuerungen vorhanden war und Schulentwicklung aktiv und engagiert angegangen wurde 2) im Kollegium intensiv und kontinuierlich an Fragen der Schulprogrammgestaltung gearbeitet wurde und unter Bedingungen des gesamten Kollegiums nach einem gemeinsamen pädagogischen Konzept der Schule gesucht wurde 3) die Schulleitung aktiv und professionell die Schulprogrammarbeit initiiert und begleitet hat 4) pädagogische Tage zur Arbeit am Schulprogramm durchgeführt wurden 5) eine klare und langfristige Strukturierung des Arbeitsprozesses gelang, gegebenenfalls (auch bei größeren Kollegien) auch die Einrichtung einer Steuerungs- und Koordinierungsgruppe. Besondere Probleme der Schulprogrammarbeit ergaben sich dann, wenn: • die zusätzliche zeitliche Belastung des Kollegiums oder Einzelner zu groß war • kein durchgängiges Engagement Einzelner oder in Teilen des Kollegiums spürbar war und wenn Zweifel am Sinn und Zweck der Programmarbeit nicht abgebaut werden konnte. • das Problem der Einigung innerhalb des Kollegiums und darüber hinaus mit den Eltern auf ein gemeinsames Erziehungskonzept nicht beseitigt werden konnte • sich eine zu hohe Fluktuation in dem Kollegium auf die kontinuierliche Arbeit am Programm bemerkbar machte. 63 Aus der perspektivischen Sicht der Schulbehörde wird ein weiterer Unterstützungsbedarf für die Schulprogrammarbeit notwendig. Stichpunktartig erwähnt, geht es um: • Fortbildung, mit Schwerpunkt für Fragen der Evaluation und Unterrichtsentwicklung • pädagogische Konferenzen mit täglicher schulinterner Fortbildung zur Umsetzung und zur Weiterentwicklung • fortlaufende Begleitung des Entwicklungsprozesses durch die Schulaufsicht • interschulischer Austausch • Arbeitssicherung durch personelle Verstärkung und den Einsatz finanzieller Ressourcen. Abschließend kann noch angemerkt werden, dass eine landesweite Schulprogrammarbeit zum anberaumten Zeitpunkt fristgerecht in Gang gesetzt wurde, und dass alle Schulen unter den gleichen Voraussetzungen ihre Schulprogrammarbeit fortsetzen können. Dabei zeichnen sich auf der Grundlage der Schulaufsichterhebung für die fortlaufende Programmarbeit einige wichtige Perspektiven ab. Im Ergebnis war festzustellen, dass noch in einem vergleichsweise geringen Maß bei der Programmarbeit die Beteiligung der Schulgemeinschaft, die Evaluation und vor allem der Unterrichtsbezug umgesetzt werden muss. Kern des Schulprogramms ist in NRW der Unterricht, und er wird nach Erkenntnissen der Schulaufsicht bislang in den Programmen deutlich geringer ausführlich bearbeitet als andere Bereiche, wie beispielsweise „Erziehungsarbeit“ und „Schulleben“. Die Kritik geht dahin, dass es noch nicht ausreichend gelungen ist, zu veranschaulichen, wie die Unterrichtentwicklung im Schulprogramm verankert und wie der Zusammenhang des Schulprogramms mit weiteren für den Unterricht relevanten Vorgaben (schulinterne Lehrpläne, Parallelarbeiten, Qualitätssicherung) dargestellt werden kann. Positiv ist nach Angaben der Schulaufsicht festzustellen, dass in den Schulprogrammen eine ausführliche Darstellung des Leitbildes mit entsprechenden pädagogischen Zielstellungen vorhanden waren. Im Gegensatz dazu wurden allerdings vergleichsweise selten konkrete Arbeitspläne für die folgenden Schuljahre formuliert. Daraus wird gefolgert, dass es bei der Fortsetzung der Schulprogrammarbeit darauf ankommt, die Programminhalte noch intensiver in den Bezug zur schulischen Alltagsarbeit der Lehrkräfte zu stellen. Es muss verinnerlicht werden, dass die Schulprogramme im Unterricht bei der Jahresplanung, bei der Projektgestaltung im zunehmenden Maße genutzt werden und sollten im größeren Maße Defekte spürbar werden, die die unterrichtliche Qualitätsentwicklung und Erziehungsprozesse anschaulich werden 64 lassen. Unklarheiten darüber, wie die Evaluation gestaltet werden sollte, müssen noch ausgeräumt werden. 3.2 Schulprogrammarbeit in NRW Einleitend verweist Kanders (2004, S. 117-135) darauf hin, dass seine Studie als vorwiegend deskriptive Ergebnisdarstellung einer schriftlichen Befragung von Schulleitungen, Lehrerinnen und Lehrern aus 210 nordrheinwestfälischen Schulen zu verstehen ist. Nach kurzer methodischer Darlegung offeriert er detaillierte Daten zu den Themen „Struktur der Schulprogrammarbeit“, „Inhalte der Schulprogrammarbeit“ und „Bewertung der Schulprogrammarbeit“. Gefragt wurde nach dem Typus der schriftlichen Befragung, wobei die Fragen mit ja / nein oder mit nicht bzw. wenig behandelt oder mit stärker bzw. umfassend behandelt zu beantworten waren. Außer den Schulen des Zweiten Bildungsweges war jede Schulform mit 30 Schulen in der Stichprobe vertreten. Mit dem Durchschnitt 80% Beteiligung wird der Rücklauf in den einzelnen Schulformen als befriedigend bezeichnet. Die Schulen erhielten entsprechend der Mitglieder ihrer Kollegien Lehrerfragebögen plus einem Schulfragebogen, der von einem Mitglied der Schulleitung auszufüllen war. Die Rücklaufquote der Lehrerfragebögen lag bezogen auf die insgesamt 210 angeschriebenen Schulen mit 33% im Mittel der Erfahrungswerte für postalische Erhebungen, die mit 25-40% angegeben wird. Es wird darauf verwiesen, dass die Beteiligung an der Befragung von der Kollegiumsgröße abhängig ist. Bezogen auf die größeren Kollegien, die mit Gesamtschule, Gymnasium und mit Berufskolleg genannt werden, nahm ein Drittel der Lehrkräfte an der Befragung teil, während bei kleineren Systemen die Quote auf 50% und mehr anstieg. Die Schulfragebögen, die von den Schulleitungen auszufüllen waren, lagen im Rücklauf bei 90%. Unter anderem wird darauf verwiesen, dass die Bestandsaufnahme, Zielklärung, Arbeitsplanung, Umsetzung und Evaluation für die Programmerstellung typische Handlungsschritte sind. Folglich wurde eingangs danach gefragt, welche dieser Arbeitsschritte in den Programmen dokumentiert waren. Dazu folgende Ergebnisse: In fast allen Schulen war eine Bestandsaufnahme vorgenommen worden. Die Handlungsschritte für die pädagogische Arbeit wurde positiv bewertet und die Punkte Bestandsaufnahme und Zielklärung fanden Aufnahme in die Arbeitsplanung, der eine besondere Wirksamkeit bezüglich der pädagogischen Arbeit zugeordnet wurde. Der Evaluation ist zum Zeitpunkt der Erhebung noch nicht der erforderliche Wert beigemessen 65 worden, denn nur eine sehr geringe Anzahl von Schulen (etwa 17%) erkennen ihr Wirksamkeit zu. Für den Rest der Schulen ist ihr Wert für die pädagogische Arbeit kaum oder nicht erkennbar. Schließlich ist anzumerken, dass immerhin gut 20% der Schulen Dokumente zu allen Handlungsschritten vorgelegt haben. Steuergruppen, hier Schulprogrammgruppen genannt, haben zu Dreivierteln ihre Arbeit aufgenommen und rekrutieren sich entsprechend prozentual aus den Gruppen der jeweils Beteiligten. Ihre Größe ist abhängig von der Kollegiumsgröße und beträgt im Durchschnitt 8 Personen. In 17% der Schulen gehören auch Schüler zu den Mitgliedern der Steuergruppe. Auf das Angebot einer Externen Beratung sind die Schulen in unterschiedlicher Weise eingegangen. Während die Gymnasien die Gespräche mit Wissenschaftlern bevorzugten, da dadurch ihrer Meinung nach der Schulentwicklungsprozeß positiv beeinflußt wurde, und sie als zusätzliche Variante die Kooperation mit anderen Schulen suchten, wählten die Vertreter der anderen Schulformen in ihrer Mehrzahl die Moderatoren aus der Lehrerfortbildung bzw. der Schulaufsicht. Das Thema „Inhalte der Schulprogrammarbeit“ wurde durch drei Fragen abgedeckt, in denen danach gefragt wurde, • welche unterschiedlichen Auffassungen über inhaltliche Schwerpunkte es beim Schulprogramm gab. • in welchem Umfang im Schulprogramm der jeweiligen Schule Aussagen zu schulischen Arbeitsfeldern bzw. typischen Elementen gemacht werden und • in welchem Umfang im Programm Aussagen zu schulischen Arbeitsfeldern beziehungsweise typischen Elementen gemacht werden. Die Ergebnisdarstellung erfolgte in Prozenten, die Beurteilungskriterien für die Probanden waren: • ja, starke Unterschiede • ja, aber geringe Unterschiede • nein, keine unterschiedlichen Auffassungen. Dazu wird im Ergebnis festgestellt, dass es zu inhaltlichen Schwerpunkten der Programme in allen Schulen, durchweg nur geringe Meinungsverschiedenheiten gab. Es waren sechs Arbeitsfelder vorgegeben. Die Liste umfaßte fachliche und überfachliche Konzepte, die Erziehungsarbeit, das Schulleben, die Elternarbeit und die Öffnung von Schule. 66 Den Probanden standen • nicht / wenig behandelt • stärker / umfassend behandelt als Beurteilungskriterien zur Verfügung. Dabei kam es zu folgenden Einschätzungen. Das Thema „Öffnung der Schule“ ist für Real-, Haupt- und Gesamtschulen ein wichtiger Programmbestandteil. Als typische Strukturelemente, die im Programm Aufnahme fanden, war die Beschreibung der schulischen Arbeit, also Bestandsaufnahme und Berichte über die bisherige schulische Entwicklung, die Darstellung der pädagogischen Grundorientierung in Form von Leitbildern und Erziehungskonsens. Minderbeachtet wurden nach eigenen Aussagen die Themen „schulinterne Konzepte“ und Vereinbarungen über schulinterne Arbeitsfelder und Angabe von mittelfristigen Zielen für die schulische Arbeitsentwicklung. Defizitär ist die Dokumentation einer zeitorientierten Arbeitsplanung. Auch die Fortbildungsplanung findet im Programm kaum oder nicht statt. Genauso gering bemerkt sind Evaluation bzw. Evaluationsergebnisse. Sie gehören eher zu den seltenen Themen der Schulprogramme. Zur Bewertung der Schulprogrammarbeit werden von den Lehrern „zentrale Gelingensbedingungen“ bzw. „Stolpersteine“ für eine erfolgreiche Programmarbeit genannt. Als wichtig für das Gelingen der Programmarbeit werden drei Elemente angeführt: • vorhandene pädagogische Konzepte bzw. Ansätze oder Erfolge • die Programmgruppe (Steuergruppe) • Kooperation und Teamarbeit. Mehrheitlich werden von den Lehrern aller Schulformen das Vorhandensein pädagogischer Konzepte oder zeitliche Erfolge als Basis für eine erfolgreiche Programmarbeit genannt. Eine produktive Steuergruppe wird als bedeutsam eingeschätzt. Kooperation und Teamarbeit sind nach Aussagen der Probanden unerläßlich für eine erfolgreiche Arbeit. Ablehnungsgründe sind ein zu hoher Arbeitsaufwand für die Lehrkräfte, eine generelle Ablehnung ohne Nennung von Gründen und Gründe der verschiedenen Art aus den unterschiedlichen Schulformen sind Behinderung von anderen Entwicklungsvorhaben, fehlender Konsens im Kollegium, ungünstige Bedingungen bezüglich Organisation und Ressourcen, personelle Fluktuation und Engpässe, mangelhafte Kommunikation und Abstimmung im Kollegium, sowie eine spürbare Unterstützung von außen. Ein Drittel der Befragten vertritt die Ansicht, dass die Verweigerung bzw. Ablehnungshaltung gegenüber dem Schulprogramm ein ursächliches Problem für die Programmarbeit darstellt. Als nützlich beschrieben wird die Programmarbeit, weil: 67 • Diskussionen über gemeinsame Ziele in Gang gesetzt wurden • sich daraus resultierende Verbindlichkeiten über gemeinsame Ziele ergeben, die Impulse für die Schulentwicklung und konkrete Planungsgrundlage für die schulische Arbeit der nächsten Zeitabschnitte sein können. Als schwach vorhanden oder kaum spürbar wird der individuelle Nutzen von Schulprogrammen seine unmittelbare Auswirkung auf den Unterricht der Befragten eingeschätzt. Die Hälfte der Probanden bewertet als positiven Prozeß der Programmarbeit eine mit ihr einhergehende Gesprächsintensivierung über gemeinsame Ziele, wodurch gleichzeitig aufgezeigt wird, wo dringender Handlungsbedarf besteht. Die Differenzen zur Wertigkeit der Programmarbeit sind begründet in den unterschiedlichen Schulformen und in der Gruppenzugehörigkeit. Das Maß der Eigenbeteiligung bestimmt den Grad der Nützlichkeitseinschätzung. Die Schulprogramme werden von ihren Befürwortern folgendermaßen dargestellt: • die Arbeit am Schulprogramm hat unser Kollegium mehr zusammengeschweißt • durch die Programmarbeit hat sich die Kommunikation im Kollegium verbessert • die Identifikation mit unserer Schule wurde erhöht • das Schulprogramm hat der Schule genutzt • unsere Schule hat durch das Schulprogramm an Profil gewonnen. Abschließend stellt Kanders fest, je stärker das generelle Innovationsklima an einer Schule nach Meinung der Befragten ausgeprägt ist, desto höher wird auch der Nutzen von Schulprogrammen für die Schule beurteilt. 3.3 Gelingensbedingungen für die Entwicklung und Umsetzung des Schulprogramms – Ergebnisse einer qualitativen Studie Haenisch (2004, S.223-243) weist darauf hin, dass das Schulprogramm ein hervorragend geeignetes Instrument ist mit dem schulinterne Veränderungsprozesse gesteuert und koordiniert werden können, gerade dann, wenn es darum geht, die aus der Pisa-Studie gewonnenen Ergebnisse konsequent in den schulischen Alltag umzusetzen. Deshalb ist es angebracht, von Schulen, die bereits mit der Programmarbeit Erfahrungen gesammelt haben, über gangbare Entwicklungswege und effektive Strukturen zu erfahren und welche Arbeitsbedingungen den Weg des Erfolges weisen. Anknüpfend wird im folgenden auf die Wiedergabe der einzelnen Statements verzichtet und es werden aus ihnen resultierende 68 Kernaussagen wiedergegeben. Zum Fragenkomplex der Gelingensbedingungen war Stellung zu nehmen zu den wichtigsten Schritten der Programmentwicklung, welcher Art die Aktivitäten sind, die vor allem für den Erfolg verantwortlich waren und was die Arbeit letztlich vorangebracht hat. Erfolgreich kann Schulprogrammarbeit dann sein, wenn Konflikte im Vorfeld ausgeschlossen werden, wofür eine konsenshafte Problembewältigung vorab erforderlich ist, Hinführung zu Innovationsbereitschaft durch die Behandlung dringender Probleme, Bestandsaufnahme, Selbstbestätigung für längerfristig geleistete Arbeit und ein sich daraus ergebender Motivationsschub. Der Zeitpunkt für den Beginn der Programmarbeit, für eine Bestandsaufnahme und die weitere Entwicklung waren die obligaten Pädagogischen Tage als Einstiegsphase zu einem wichtigen Thema von allgemeinem Interesse. Ein immer grünes Thema ist die Suche nach einem gemeinsamen pädagogischen Grundverständnis im Hintergrund der Einbindung aller Akteure auf der selbstverständlichen Basis von Freiwilligkeit. Die Themenbegrenzung und das Setzen von Schwerpunkten vor allem mit dem Ziel, Sinn und Machbarkeit zu demonstrieren, gehört zu den vorrangigen Gelingensbedingungen. Die Einstiegsphase differierte von Schule zu Schule, so dass auf verschiedene Weise, z.B. durch die Erhöhung der Konferenzfrequenzen Kontinuität erzeugt wurde, wodurch eine ständige Dokumentation von Ergebnissen und Zielen, verbunden mit ständiger Information der Akteure, erreicht wurde. Die Aufzählung der Gelingensbedingungen – Programmarbeit am Bedarf ausrichten, Bestandsaufnahme zwecks Selbstvergewisserung und Motivation für Entwicklung, pädagogische Tage als Meilensteine, Einstieg in ein für alle Lehrer wichtiges Thema, Lehrer in eine aktive Rolle bringen, Schwerpunkte setzen, Programmarbeit steuern, kommunizieren und dokumentieren - endet mit dem Hinweis auf den Gewinnzuwachs von Informationen durch Meinungsaustausch auf der Basis integrativer interschulischer Begegnungen. Alle Teilaspekte, die sich bei der Auflistung gegebener Gelingensbedingungen für die Umsetzung des Schulprogramms ergeben, gipfeln in der Fähigkeit der Kollegien zur Teambildung. Am Schluß seiner Studie kommt Haenisch zu folgenden Erkenntnissen, die stichpunktartig wiedergegeben werden: • Die erfolgreiche Entwicklung und Umsetzung des Schulprogramms kann nur bei vollem Engagement der Schulleitung gelingen, von der vielfältige Anforderungen zu erfüllen sind. Sie müssen in letzter Konsequenz überzeugen, koordinieren und steuern. Die Schulleitung muss: • die Kollegien davon überzeugen, dass das Programm der eigenen Sache dient und Chancen zu nutzen seien • notwendige Entwicklungsbereiche identifizieren und anschaulich darstellen 69 • bei aufkommenden Widerstand indirekte Wege zur Innovationsgewinnung wählen • keine Bevormundung, kein Besserwissertum, sondern eigenes Handel fördern • Vorbild sein und Teamarbeiter werden. In der Erweiterung ihrer Tätigkeit bei der Umsetzungsarbeit des Schulprogramms fällt ihnen die Rolle von Animateuren zu, denn sie sollen permanent Anstöße geben, Teambildung forcieren, für Kontinuität sorgen, ermutigen, Vorteile neuer Arbeitsformen an praktischen Beispielen aufzeigen, für motivierende Ergebnisse sorgen, schließlich antreiben und gleichzeitig geduldig sein. 3.4 Dialog zwischen Schulaufsicht und Schule – qualitative Analyse von Dialoggesprächen zur Schulprogrammarbeit In seiner Studie weist Bauer (2004, S. 155-194) einleitend darauf hin, dass Schulprogramme als Steuerungsinstrumente des Schulentwicklungsprozesses entsprechenden Qualitätsanforderungen genügen müssen. Um möglichst gleich hohe Standards zu produzieren und auf gleich hohem Level zu halten, wurden Schulaufsichtsbeamte als Berater und Beobachter in die Programmarbeit miteinbezogen (vgl. Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung 2002). Den Schulen wurden zwei Verpflichtungen aufgelegt, erstens Schulprogramme nach einer gegebenen Vorlaufphase termingerecht zu erstellen, zweitens in einem Dialog mit der Schulaufsicht über ihre Schulprogramme und deren Umsetzung zu treten. Diese für beide Seiten obligatorischen Gespräche hatten für die Schulen einen beratenden und unterstützenden Effekt. Für die Schulaufsicht waren sie ein Instrument für die Information über den jeweiligen Stand und dem Fortgang der Programmarbeit. Da die Weisungsbefugnis der Schulaufsichtbeamten für die Dauer der Dialoge außer Kraft gesetzt worden war, entstand zwischen ihnen und der Schulleitung quasi eine Gesprächssituation auf gleicher Augenhöhe. Bauer geht in seiner Studie einer Reihe von Fragen nach, z.B. der, ob es sich zwischen den Gesprächspartnern um einen wirklichen Dialog handelt? Hat das Rückmeldegespräch den Charakter eines systembezogenen Beratungsgesprächs? Welche Wirkungen hat die „verordnete Rückmeldung und Beratung“ durch die Schulaufsicht? Kommt es zu Kurskorrekturen der Einzelschulen, wie sind solche Korrekturen erziehungswissenschaftlich und bildungspolitisch zu bewerten? Lassen sich Strategien einer besonders effektiven Rückmeldung bestimmen? Wie wird der Rollenkonflikt zwischen 70 Leitung und Beratung bearbeitet? Kommt es zum Ausbalancieren des Spannungsverhältnisse zwischen Leiten und Beraten? Kurze Anmerkungen zur Methode Es wurden 15 Einzelfallstudien durchgeführt. Die Fälle sind Beratungsfälle, also Schulen, die mit der Schulaufsicht im Dialog stehen. Als Erhebungsmethoden werden Teilnehmende Beobachtung und Interviews miteinander systematisch kombiniert. Kombiniert werden auch qualitative und quantitative Methoden. Auszuwerten waren 20 Beobachtungsprotokolle und 28 Interviewtranskripte. An den Dialogen beteiligt waren je zwei Grundschulen, Hauptschulen, Gymnasien, Gesamtschulen, Sonderschulen und ein Berufkolleg plus Einbeziehung von drei Realschulen. Bauer wählt die von ihm kreierte Fallboxenmethode, wobei es sich um Kästen mit Texten handelt, in denen die Fälle hochkomprimiert beschrieben und eingeordnet werden. Paraphrasiert werden die Interviewtranskripte, so dass daraus kurze Berichte entstehen. Unter der Überschrift „Offene und geschlossene Türen“ verweist Bauer auf die unterschiedlichen Empfangsklimata, die besonders für Personen, die in offizieller Mission als Beobachter, Berater und Kontrolleure in die Schulen kommen, deutlich spürbar werden. Schulaufsichtsbeamte, denen man in der Regel mit aller denkbaren Reserviertheit entgegentritt, benötigen etwas Zeit, um einen Zugang zu den Kollegien finden. Andererseits besteht doch unverkennbares Interesse daran ein Feedback von außen über eine Einschätzung der eigenen Schule zu erhalten. In der ersten Fallbox „offene Türen“ werden Beispiele für eine besonders effektive Rückmeldung vorgestellt. Der Leistungsaspekt ein erkanntes Problem dieser Schulen wird einvernehmlich gelöst, die unterstützende Rolle des Schulaufsichtsbeamten wird klar und anerkannt. Der Dialog und die Beteiligung des gesamten Kollegiums daran werden positiv bewertet. Im zweiten Fall wird die Akzeptanz der Schulprogrammarbeit als relativ hoch dargestellt und darauf hingewiesen, dass sie einen Beitrag zur Identitätsbildung der Schule beiträgt. Alles verläuft auf der Basis einer effizienten Gesprächsvorbereitung und einer gut strukturierten Gesprächsführung. Die zweite Fallbox unter dem Aspekt „die Tür bleibt zu“ werden Beispiele für schwierige Rückmeldungen im Dialog geschildert. Schulleitung und Schulaufsicht sind sich im Prinzip über die Notwendigkeit der Weiterentwicklung des Schulprogramms einig, obgleich beiderseits eine differierende Grundauffassung besteht. Hindernis ist ein „harter Kreis der Ablehner“. Aufgrund eines Fehlers, es handelt sich um die Klärung der Weiterarbeit, tendiert der Schulaufsichtsbeamte zu einer skeptischen Einschätzung des Gesprächerfolges, obgleich er die Rahmenbedingung und das Ambiente des Gesprächs als gut beschreibt. Im zweiten Fall der zweiten Fallbox, hier sind Blockaden und Widerstände zu überwinden, es geht um 71 Anerkennung des Geleisteten, und es sind Eltern am Dialog beteiligt; zu kurz kamen Qualitätssicherung und Evaluation. Der Einschätzung nach war die Gesprächsatmosphäre konstruktiv und freundlich, sachlich, arbeitsorientiert und heikel, weil in Gegenwart der Eltern Schwächen des Programms angesprochen wurden. Diese Beispiele zeigen, wie im weiteren Verlauf unter Feedback im Dialog, Fallboxen zu Feedback und Klärung von Entwicklungszielen, sowie Feedback und Rollenumkehr zu „Samthandschuhe oder Keulenschläge“, Beispiele für die falsche Dosierung von Kritik komprimiert dargestellt werden. Es schließen sich die Themenkreise „Leiten und Beraten“ mit je zwei Beispielen für Orientieren und Motivieren an. Im Fazit wird darauf verwiesen, wie auf der Grundlage von 15 Fallstudien gezeigt wird, dass die Schulaufsicht in NRW über gute Kompetenzen für Beratungs- und Rückmeldegespräche zur Schulprogrammarbeit verfügen und die Motivation für Dialoggespräche spürbar vorhanden ist. Ihr Vorgehen ist selbstreflexiv und von Behutsamkeit geprägt. Den peniblen Bürokraten kehrt niemand nach außen. Im einzelnen informieren die Schulprogramme über die Ausgangslage der einzelnen Schule, über geplante Veränderungen, über unmittelbare und mittelfristige Zielvorgaben. Die Bestandsaufnahmen zeigen, dass sich den verschiedenen Arbeitsfeldern mit unterschiedlicher Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Im Sinne eines Gefälleausgleiches kommt den Rückmeldegesprächen, die in regelmäßigen Zeitabständen wiederholt werden, eine nicht unwesentliche Rolle zu. Die Fortsetzung der Dialoge zwischen Schulaufsicht und Schulen soll wieder aufgenommen werden. Sie sind Teil eines strukturierten Vorgehens, zu ihnen gehören Folgegespräche und Kontrollmaßnahmen auf der Basis gegenseitiger Vereinbarungen. Im weiteren Verlauf des Fazits wird der unmittelbare Nutzen der Gespräche als erheblich eingestuft. Sie werden definiert als Orientierungshilfen, zur Zielklärung, dass von ihrem positiven Feedback ein Motivationsschub ausgehen werde und sie für die Schulaufsicht eine verläßliche Informationsquelle über die Einzelschule als System sei als der übliche Weg. Die Nachhaltigkeit dieses Nutzens und seine Auswirkung auf eine verbesserte Unterrichtspraxis kann nicht unmittelbar erkennbar aufgezeigt werden, sondern muss weiterer vertiefender quantitativer und qualitativer Studien überlassen bleiben. Abschließend werden eindeutige Vorteile durch die Einbeziehung der Schulaufsicht dahingehend aufgelistet, dass sie mehr Verbindlichkeit bei Absprachen und Folgevereinbarungen schafft und eine größere Kontinuität der Entwicklungsarbeit, sowie eine bessere Abstimmung der Schulentwicklung mit Maßnahmen der Personalentwicklung ermöglicht. 72 3.5 Schulprogramm und Organisationskultur – Ergebnisse aus niedersächsischen Schulen über Bedingungen und Wirkungen Von Holtappels (2004, S. 175-194) werden empirische Forschungsergebnisse vorgestellt, die Zusammenhänge zwischen der Organisationskultur von Schulen auf der einen Seite und Formen und Wirkungen von Schulprogrammarbeit auf der anderen aufzeigen. Im Fokus stehen Ergebnisse aus der begleitenden Forschung zum Pilotprogramm des Landes Niedersachsen, in dem die Schulprogrammarbeit von 1999-2002 erprobt wurde. Die gewonnenen Daten geben Aufschluß über Formen und prozessuale Verläufe der Schulprogrammarbeit, so wie über eingeschätzte Wirkungen und tatsächliche Veränderungen in der Organisations- und Lernkultur im Längsschnitt. Mit besonderer Aufmerksamkeit wird der Frage nachgegangen, wie sich Schulprogrammarbeit in den verschiedenen Organisationsmilieus der Schulen entwickeln kann. In den folgenden Fragestellungen und Methoden wird zunächst angemerkt, dass sich aus theoretischer Sicht die Konzeptionen der Schulprogramme als Entwicklungsinstrumente auf system- und organisationstheoretische Ansätze zurückführen lassen. Bezug zueinander haben das Organisationslernen und die Programmentwicklung mit ihren bestimmenden Elementen, Innovationsbereitschaft, Visionen und Klärung, Organisationsanalyse, Teamlernen und Entwicklungsplanung. Der Begleitforschung zum Niedersächsischen Pilotprogramm „Schulprogrammentwicklung, Beratung und Evaluation“ sind umfangreiche empirische Daten zur Schulqualität und Schulentwicklungsverläufen aus Pilot- und Vergleichsschulen im Längsschnitt (zu 2 Zeitpunkten: Ende 2000 / Anfang 2003) zu entnehmen. Schulleiterbefragungen liefern Daten über Schulentwicklungsprozesse mit und ohne Erprobung von Schulprogrammarbeit in 32 Pilot- und 10 Vergleichsschulen. In vergleichender Analyse können diese Daten in einem Teil der Schulen im Zusammenhang mit Lehrereinschätzungen zur Schulentwicklung und Lehrer- und Schülerdaten zur Schul- und Unterrichtsqualität im Längsschnitt ermittelt werden. Der erste Forschungsteil mit dem Bereich „Schulqualitätsanalyse“ nimmt Bezug auf eine Schülerbefragung von 2212 bzw. 1935 Schülern und Schülerinnen des 7. – 10. Jahrganges aus 96 Klassen, die sich auf 21 Schulen der Sekundarstufe I verteilen. Ferner wurden aus 37 Pilot-Schulen des Landes im Pilotprojekt „Schulprogrammentwicklung, Beratung und Evaluation“ 11 Schulen der verschiedenen Schulformen nach regionalen Kriterien ausgewählt. Außerdem kommen noch in Form eines „Matchings“ 10 Vergleichsschulen (nach soziodemographischen Daten zufällig ausgewählt), die nicht zum Pilotprojekt der Schulprogrammerprobung gehören, um zur Kontrollgruppe Vergleiche 73 anstellen zu können. Mit dem zweiten Bereich „Prozeßanalysen über Schulentwicklungsverläufe“ beschäftigt sich der 2. Teil der Begleitforschung. In ihm wurden neben 10 Vergleichsschulen alle 37 Pilotschulen Niedersachsens einbezogen. Es wird angemerkt, dass dieser Teil nur die Befragungen der Schulleitungen dieser insgesamt 47 Schulen bei einem Rücklauf von 32 Pilot- und 10 Vergleichsschulen betrifft. Ergänzt wird der Hinweis, dass die Pilotschulen zum Erhebungszeitpunkt maximal eine ein- bis zweijährige Vorlaufszeit in der Schulprogrammarbeit hatten. Ergänzend zu den realitätsnahen Beschreibungen des schulischen Infeldes und der Schulentwicklungsprozesse wurden die Einschätzungen und Wahrnehmungen der Schüler, Lehrer und Schulleitungen erfaßt. Letztere gaben auch Auskunft über Merkmale der Schulorganisation, wie Lehrerkooperation und Schulleitungshandeln, so wie über die Schulentwicklungsarbeit. Somit wird in der folgenden Analyse vorwiegend Bezug genommen auf die Daten der Schulleitungs- und der Lehrerperspektive, und es werden zu Veränderungen der Schul- und Unterrichtsqualität auch Schülerdaten im Längsschnitt herangezogen. Unter Formen und Prozeß der Schulprogrammarbeit wird nach dem erreichten Stand der Programmarbeit in Schulen mit vorliegendem schriftlichen Schulprogramm gefragt. Die Schulleiter von Schulen, die ein Schulprogramm vorliegen haben, erkennen, dass erst speziell durch die Programmarbeit relevante Weiterentwicklungen angestoßen worden waren. Mehr als 90% messen der Schulprogrammarbeit eine außerordentlich große Bedeutung bei und meinen, dass erst durch sie der Schulentwicklungsprozeß an ihren Schulen eingeleitet worden sei. Mehrheitlich wurden schon nach kurzer Zeit, extern unterstützt, Evaluationen durchgeführt, deren Ergebnisse mit Konsequenz umgesetzt wurden. Unter Innovationsmanagement: Organisation in der Schulprogrammarbeit wird folgendes angemerkt: In über Dreiviertel der Schulen besteht eine kontinuierliche „pädagogische Runde“, die sich zur Schulprogrammarbeit trifft. 88% der Schulen haben Steuer- bzw. Planungsgruppen des Kollegiums eingesetzt, die sich mit der Entwicklung von Programmbausteinen beschäftigen. Des weiteren wird von Schulen berichtet, die Steuergruppen zwischen 5 und 25 Personen gebildet haben. Sie alle treffen sich zu verschiedenen zeitlichen Abständen und mit unterschiedlicher Häufigkeit. Die Studie verweist auf ein Novum, nämlich dem, dass zum ersten Mal in Deutschland systematische Daten zur Arbeit von Steuergruppen erfaßt wurden. Schulleiter benennen folgende Aufgaben von Steuergruppen: • „Vermittlung von Information im Kollegium“ • „Koordination und Prozeßkontrolle“ • „Moderation“ 74 • „Datensammlung“ • „Evaluation“ • „schriftliche Abfassung des Programms“. Von diesem Spektrum ausgenommen bleiben die • „Vermittlung zwischen Schulleitung, Kollegium und Gremium“ • „Beratung und Betreuung von AGs oder Gremien“. Pilot- und Vergleichsschulen unterscheiden sich nicht voneinander. Schulen mit ausgearbeiteten Schulprogrammen unterscheiden sich von den anderen darin, dass die Steuergruppen auch Redaktionsarbeit übernehmen und an der internen Evaluation beteiligt sind. Die Einflüsse des Innovationsmanagements zeigen sich auf zweierlei Weise. Schulen, in denen die Schulleitung ihre Tätigkeit durch Orientierung an der Schulentwicklung kenntlich macht, lassen intensivere Aktivitäten im Vorfeld der Programmentwicklung erkennen, andererseits werden überaus deutlich bewährte Arbeitsschritte in der Programmarbeit praktiziert. Widerstände gegen eine systematische Schulentwicklungsarbeit wurden vor allem in solchen Schulen festgestellt, in denen die Schulleitungen ihre Tätigkeit selbst an der Schulentwicklungsorientierung ausrichteten. Hinsichtlich der Lernkultur des Sozialklimas zeigten sich folgende Unterschiede: Schulen, die Widerstände offenbarten, haben Defizite in der Lehrer-Schüler-Beziehung, es herrscht ein restriktives Erziehungsverhalten vor, die Schülerpartizipation ist schwach ausgeprägt und die Nutzung effektiver Lernzeit im Unterricht ist nicht optimal. Im Gegensatz dazu minimieren sich nach Angaben der Schulleitungen die Widerstände im Kollegium gegenüber der Entwicklungsarbeit in den Schulen, in denen die Lehrer regelmäßig an der „pädagogischen Runde“ teilnehmen, in der konzeptionelle Schulprogrammarbeit geleistet wird. Die Studie nennt als relevante Prozeßfaktoren für die Programmarbeit: • Aktivierungsgrad, • Partizipation und • Akzeptanz und • verbindliche Festlegungen im Programm. Die Art und Weise der vorbereitenden Entwicklungsaktivitäten für die Programmarbeit können als Beweis für die Ernsthaftigkeit, mit der die Akteure Programmarbeit vorantreiben, gelten. Verwiesen wird auf den hohen Aktivierungsgrad Niedersächsischer Schulen, der dadurch sichtbar wird, dass die Lehrkräfte an Fortbildungen zur Schulprogrammarbeit sowie 75 an solchen die Themenbereiche wie Unterricht und Förderung teilgenommen haben. In der Mehrzahl der Fälle fanden Diskussionen an Konferenztagen statt, und es wurden kollegiumsinterne Fortbildungstage zur Programmarbeit durchgeführt. Erweitert wurden die Aktivitäten durch die Anhörung von Eltern mit entsprechenden Abstimmungen. Es wurden praktische Materialien gesichtet und wissenschaftliche Publikationen durchgearbeitet. Die Informationen der Schulbehörden fanden allerdings weit weniger Beachtung. Ergänzt wurden die vorbereitenden Aktivitäten von einem Drittel der Schulen durch gegenseitige Schul- und Unterrichtsbesuche. Zielklärung, Bestandsaufnahme, Entwicklungsplanung mit Schwerpunkten und konkrete Maßnahmenplanung wurden in 90% der Schulen vollzogen, dagegen absolvierten lediglich 83% die Bilanz und die Diagnose. Die Partizipation ist ein wesentlicher Gelingensfaktor für die Entwicklungsarbeit. Sie ist von unterschiedlicher Intensivität. Schulleitungen und Steuergruppen partizipieren sehr eng, die Kollegien sind unterschiedlich stark engagiert. Es gelingt teilweise gewählte Elternvertreter an der Programmarbeit partizipieren zu lassen. Mancherorts konnten auch Externe wie Sozialpädagogen und auch nicht pädagogisches Personal gewonnen werden. Deutliche Unterschiede zwischen Pilot- und Vergleichsschulen, sowie zwischen Schulen mit und ohne Schulprogramm zeigten sich in der Lehrerpartizipation nicht, obgleich in Einzelaspekten Unterschiede deutlich erkennbar wurden. Die Partizipation von Lehrern an Pilotschulen war stärker als die in Vergleichsschulen. Neben der Partizipation spielt die Akzeptanz eine wesentliche Rolle. Nach ihrer Einschätzung gefragt, wurde festgestellt, dass 29% der Lehrer eine hohe Akzeptanzeinschätzung hatten. 47% waren kritisch, standen aber zum Programm positiv, während eine Minderheit von 11% auf Distanz ging und sich ablehnend äußerte. Eine deutlich erkennbare Mehrheit von 75% der Lehrkräfte akzeptieren die Programmarbeit. Die Frage nach den Wirkungen der Schulprogrammarbeit wird unterschiedlich bewertet. Als Wirkungen gelten die Diskussionen über gemeinsame Ziele und deren Verbindlichkeit, als Planungsgrundlage und Hilfe zur Profilbildung, sowie als pädagogischer Impulsgeber. Der persönliche Nutzen, die Wirkungen für den eigenen Unterricht und tägliche pädagogische Arbeit wird eher als weniger wirksam eingeschätzt. Veränderungen im Unterricht der Schule gingen nach Meinung einer Minderheit von 9% von der Programmarbeit aus. Die Mehrheit der Lehrkräfte schreibt der Programmarbeit Wirkungen bezüglich der Zieldiskussion und Weiterbildungen zu. Die anderen Wirkungsbereiche bleiben ohne mehrheitliche Zustimmung. Die Meinungen liegen zu hohen Prozentsätzen weit auseinander. Zustimmung erhält noch die konzeptionelle Arbeit, wie sie zur Selbstvergewisserung über den Entwicklungsstand und zur Außendarstellung der Schule ihren Beitrag leistet. Sie hat des weiteren Planungsgrundlagen 76 und Impulse für das Schulleben geliefert. Skeptisch eingeschätzt werden Wirkungen auf Kooperations- und Kommunikationsentwicklung innerhalb der Kollegiums und ob das Programm die Anerkennung als verbindliche Arbeitsplattform findet. Wirkung auf einen verbesserten Unterricht werden nicht erkannt. Probleme und Konflikte werden im Schulprogramm so gut wie nicht fixiert. Aufwand und Nutzen können nicht gegeneinander aufgewogen werden. Im weiteren Verlauf der Studie wird noch Stellung genommen zu den Gelingensbedingungen bezüglich Entwicklungswirkungen des Schulprogramms in verschiedenen Organisationskontexten. Holtappels kommt zum folgenden Fazit: 1. Ob Schulen ein Schulprogramm erprobt oder schriftlich vorgelegt haben oder nicht, scheint für erste Effekte von Programmarbeit nicht entscheidend zu sein. Dazu sind Schulprogramme in ihrer Qualität als Entwicklungsinstrument zu unterschiedlich. 2. Als wichtige Einflußgrößen für Qualitätsunterschiede, in der Organisation und der Lernkultur sind Prozeßfaktoren zu denen Lehrerpartizipation in der Programmarbeit, Akzeptanz des Programms im Kollegium und erste Entwicklungswirkungen im Prozeß zählen. 3. Die unterschiedlichen Organisationsmilieus korrespondieren mit diesen Prozeßfaktoren, so dass die Organisationskultur Einfluß auf Entwicklungswirkungen zu nehmen scheint. Günstige Organisationsmilieus sind Umfelder mit ausgeprägtem Klima der Innovation, effektivem Schulleitungshandeln, hoher Intensität der Lehrerkooperation und eines effizienten Lernarrangements. 4. Schulprogrammarbeit scheint kurzfristig keine nennenswerten Wirkungen in Form von Qualitätsverbesserungen in der Lernkultur und in der Unterrichtsgestaltung zu bewirken, keine Automatik auf Fachlernleistungen und Sozialverhalten. Eine Erklärung liegt scheinbar darin, dass die Programmumsetzungen mehr Zeit beanspruchen und die Entwicklungsschwerpunkte der Schulprogramme verschiedentlich zu speziell und außerdem zu unterschiedlich sind, um deutliche Breitenwirkungen in der Schul- und Unterrichtsqualität durchgehend zu erzielen. Abschließend wird festgestellt, dass sich das Schulprogramm nicht in allen Fällen als wirksames Entwicklungsinstrument erweist. Dennoch muss das Instrument der Programmentwicklung mit gezielter Unterrichts- und Teamentwicklung gekoppelt werden, um über Effekte im Bereich der Schulorganisation hinaus auch in der Unterrichts- und 77 Erziehungsarbeit, sowie in den Lernleistungen und Verhaltensformen der Schüler Qualitätsverbesserungen erreichen zu können. 3.6 Inhalte von Schulprogrammen – Ergebnisse einer Inhaltsanalyse Hamburger Schulprogrammtexte Einleitend schreiben Holtappels / Müller (2004, S. 79-102) in ihrer Studie, dass die Konzeptionen der Schulprogramme, wenn sie denn als Entwicklungsinstrumente ausgewiesen werden sollen, klar disponierte aussagekräftige Inhaltsbereiche aufweisen müssen, um in der praktischen Entwicklungsarbeit als „Drehbücher“ gelten zu können. Bis zum Zeitpunkt gab es in Deutschland keine empirischen Befunde über reale Inhalte von Schulprogrammen. Die erste inhaltsanalytische Untersuchung von Schulkonzepten niedersächsischer Grundschulen (von Holtappels 1997, S. 97 ff.), die ein schriftliches Konzept für eine geänderte Zeitorganisation vorzulegen hatten, zeigt analytisch Typologien zu den Konzeptbausteinen. Im Land Brandenburg wurden von Hilbich, U.A (vgl. Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, Land Brandenburg 1998) Schulprogramme von Ganztagsschulen quantitativ und qualitativ untersucht. Es zeigte sich, dass die Schulgestaltung prägnant dargestellt war. Allerdings wiesen nur wenige Programme Entwicklungsplanungen, Ziele und Evaluationspläne auf. Die Programmtexte lassen keinen Schluß auf die praktizierte Schulkultur oder die Schul- und Unterrichtsqualität zu; dennoch werden in einzelnen Programmen der Grad des Entwicklungspotentials und die Intensität der Entwicklungsarbeit deutlich erkennbar und alle Programmtexte lassen ihre Eignung als Schulentwicklungsinstrumente erkennen. Diese zuletzt genannten Aspekte stehen im Zentrum der Inhaltsanalyse der realen Schulprogramme in Hamburg. Anmerkungen zur Ausgangslage der Schulprogrammarbeit in Hamburg Nach dem neuen Hamburger Schulgesetz, dem zufolge die Wahrnehmung des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule als eine gemeinsame Aufgabe aller an der Schule beteiligten Gruppen verstanden werden soll, waren die Hamburger Schulen verpflichtet, bis zum Jahre 2000 Schulprogramme zu erarbeiten. Die Schulprogramme, die vollständig und termingerecht vorlagen, waren Momentaufnahmen, die die Situation und die pädagogische Gestaltung sowie geplante Ansätze für die künftige Schulentwicklung in 2000 widerspiegelten. Für die meisten Schulen war der Beginn der Schulprogrammerarbeitung der Beginn einer systematischen 78 Weiterentwicklung; andere konnten auf einige Erfahrungen mit Entwicklungsprozessen, Profilbildungen und schriftlicher Fixierung von Programmen hinweisen. Auch in Hamburg waren Inhalte und Gegenstand der Programme nicht in den freien Gestaltungswillen der Beteiligten gestellt, sondern es waren vier Bestandteile vorgegeben: 1. Bestandsaufnahme 2. spezifische Unterrichts- und Erziehungsaufgaben 3. konkrete Maßnahmen und Arbeitsvorhaben 4. Kriterien für die Zielerreichung. Ausgangspunkt für die Programmentwicklung war die Bestandsaufnahme durch die sicher gestellt werden sollte, dass möglichst viele Personen an der Prozeßgestaltung beteiligt wurden. Unter Berücksichtigung spezifischer Unterrichts- und Erziehungsaufgaben, es war eine Vorgabe, wollte man erreichen, dass zukünftige Projekte und Entwicklungsschwerpunkte sich auf beide Bereiche bezogen und nicht nur schwerpunktsmäßig auf den außerunterrichtlichen Teil des Schullebens. Alle Planungen und Perspektiven sollten einen erkennbaren Praxisbezug herausstellen. Vor der Durchführung und Umsetzung erarbeitete Zielkriterien sollten einer späteren Überprüfung dienen. Wie auch anderswo war, abgesehen von der Beachtung der Vorgaben, den Akteuren ein freier Gestaltungsrahmen eingeräumt worden. Ziel der empirischen Studie war es: • entwicklungsbezogene Vorgehensweisen und inhaltliche Gestaltungsschwerpunkte • Organisationslösungen und Entwicklungsbedarf • Arbeitsformen und Probleme zu identifizieren. Zentraler Gesichtspunkt war das Ziel über Wissenstransfer den Beratungs- und Unterstützungssystemen und der Schulaufsicht Hinweise und Anregungen für die Bewertung und Genehmigung von Schulprogrammen sowie zur Verbesserung des Steuerungs- und Beratungshandelns zu liefern. Insgesamt wurden 423 Schulprogramme analysiert. Es wurde in zwei Schritten vorgegangen. Deskriptive Kerndaten wurden aus dem vorliegenden Schulprogrammen erhoben und bezogen auf die grundlegenden Programmstrukturen. Danach erfolgte eine vertiefende inhaltliche Analyse der Programmtexte, wodurch genauere Typologien mit qualitativen Auswertungen, differenzierte Überblicke und Zusammenhänge erkennbar wurden. Von der Inhaltsanalyse erfaßt wurden folgende Schwerpunkte: • Handlungsrahmen und Ausgangsbedingungen • Arbeits- und Organisationsformen des Prozesses • Beteiligung am Entwicklungsprozeß 79 • Gelingensbedingungen und Hemmnisse bezogen auf den Entwicklungsprozeß • Aussagen zu pädagogischen Leitzielen und Gestaltungsansätzen • Entwicklungsschwerpunkte und geplante Maßnahmen • Formen und Verfahren interner Evaluation • Bewertung nach Qualitätskriterien und Zusammenhänge zwischen den einzelnen Schwerpunktbereichen. Es wird betont, dass man sich bei der Analyse ausschließlich auf die schriftlich fixierten Programme bezog. Des weiteren wird darauf hingewiesen, dass es sich dabei nicht um die reale Abbildung des Schullebens handelt, denn es kann nicht der Schluss gezogen werden, dass Arbeitsfelder, die in bestimmten Schulprogrammen nicht auftauchen, nicht tatsächlich existieren. Im Gegensatz dazu steht zu vermuten, dass manche der aufgezeigten Ansätze nicht entsprechend realisiert worden sind. Infolgedessen läßt die Auswertung nicht zwingend Aussagen über die Qualität der Einzelschule zu. Wege zum Schulprogramm – Arbeitsschritte und Beteiligte Die Arbeitsschritte Die meisten Schulprogramme weisen ihre Arbeitsschritte nicht oder nicht vollständig explizit aus und beschreiben sie infolgedessen unzulänglich, wobei sie in den pädagogischen Konzepten, in den Leitbildern zur Ausgangssituation wie zur Entwicklungsplanung des Arbeitsprogramms erkennbar werden. Zielklärungen wurden dann in grundlegenden pädagogischen Orientierungen wie dem Leitbild und genaueren Zielformulierungen, sowie Handlungsschwerpunkten erkennbar. Es konnte zunächst im Ergebnis festgestellt werden, dass die geforderte Maßnahmenplanung in über 90% der Schulen vorgenommen wurden, während Zielklärung und Bestandsaufnahme nicht durchgängig beschrieben werden (80,9% - 82%). Eine kritische Bilanz oder Diagnose der Schulsituation als wichtiges Instrument einer systematischen Entwicklungsarbeit wird in zwei Dritteln der Schulen praktiziert. Arbeitsorganisation und Partizipation Auf der Basis von Praxiserfahrungen und Forschungsbefunden kann als bewiesen gelten, dass Koordinierungsteams zur Steuerung und Arbeits- oder Qualitätszirkel zur konzeptionellen Entwicklung von Programmbausteinen prozeßfördernd sind. In der Einrichtung von Arbeitsgruppen spiegelt sich die Schulleiterpartizipation des Kollegiums. Die Steuergruppe als wichtigster Aktivpfosten im Prozeßgeschehen, auf sie wird an anderer Stelle ausführlich eingegangen, zeichnet Verantwortung für Koordination, konzeptionelle Gestaltung, einer generellen Vorbereitungsarbeit und in vielen Fällen auch die schriftliche Fixierung der 80 Schulprogramme. Es konnte weiterhin nachgewiesen werden, dass in fast 90% der Schulen das gesamte Lehrerkollegium an der Schulentwicklung partizipierte. Zu zwei Dritteln waren Eltern intensiv beteiligt und zu einem Drittel die Schülerschaft, wenn auch ohne nennenswertes Gewicht. So bleibt doch anzumerken, dass in wenigen Fällen die praktizierte Partizipation des nicht – unterrichtenden Personals bemerkenswert ist. Der Grad der Partizipation differiert schulformabhängig. Der Bereich der externen Beratung wird in der Schule zu einer Zeit, in der die Programmarbeit und Evaluation noch nicht fest in die Arbeitskultur integriert ist, als hochbedeutend und in der Regel von den Schulen als dringend benötigt bewertet. Zugleich wird darauf verwiesen, dass die externe Beratung nicht flächendeckend gelingt, weil manche Schulen eine ausgeprägte Ablehnungshaltung gegenüber neuen Impulsen von außen offenbaren. Dennoch verweist die Studie darauf, dass insgesamt 50% der Schulen auf die Inanspruchnahme einer Externen Beratung verwiesen haben. Die einzelnen Beratungsquoten zeigen tendenzielle Unterschiede, die schulformtypisch zu sein scheinen. In einer Tabelle (Holtappels, H.-G. / Müller, S. 2004, S. 88) werden die Gelingensbedingungen für die Programmarbeit dargestellt. Es sind: • vorhandene pädagogische Konzepte (Ansätze oder Erfolge) • vorhandene materielle Ressourcen, Räume, Materialien etc. • vorhandene personelle Kompetenzen • Kooperation und Teamarbeit • Organisationsklima, Arbeitsklima (Konsens) • Innovationsbereitschaft bzw. Akzeptanz, Reformwille • Vorgehensweise im Entwicklungsprozeß • Unterstützung von außen. Als Hemmnisse werden des weiteren aufgeführt: • Konsens- und Abstimmungsprobleme im Kollegium bzw. zwischen Programmgruppen und Gremien • Rollenklärung bei Steuergruppen • Akzeptanz der Externen Beratung und vielfältige Schwierigkeiten in den Vorgehensweisen (Startprobleme, Umwege, langwierige Prozeßformen, mangelndes systemisches Denken). 81 Die Gestaltungsansätze im Konzept der Schulen lassen erkennen, dass Schwerpunktbereiche und Profile genommen wurden, die bereits vor dem Beginn der Schulprogrammarbeit fester Bestandteil der täglichen Praxis war. Leitbilder Es wird angemerkt, dass in insgesamt 39% der Schulen Hinweise auf das Vorhandensein von Leitideen oder Leitbildern gefunden wurden, die sich überwiegend an sozialen Zielsetzungen orientierten und auch grundsätzlich die Förderung unterrichtlicher und außerunterrichtlicher Schwerpunkte und Maßnahmen berücksichtigten. Zu den vorhandenen Gestaltungsschwerpunkten zählen curriculare Schwerpunkte und Profilbildungen, pädagogische Gestaltungsansätze in Unterricht und Schulleben und besondere Organisationsformen. Die meisten Schulen nennen als Entwicklungsschwerpunkt einen übergreifenden Gestaltungsbereich, der sich häufig in verschiedenen Ansätzen darstellt, wie Fachgebiete oder Methoden, die im Zusammenhang stehen, wie z.B. Integration, Bewegung, Methodenvielfalt. Dem fächerübergreifenden Unterricht wird im zunehmenden Maße Bedeutung beigemessen, die vor allem in projektbezogenen Ansätzen ihren Niederschlag finden. Weitere Ansätze sind die Mathematik und Leseförderung und angestrebte Veränderungen der Fachstundenkontingente. Die Gestaltungsansätze konzentrieren sich auf die spezifischen Formen der pädagogischen Umsetzung von didaktisch-methodischen und sozial-erzieherischen Konzepten im Unterricht. Es geht um Vermittlung von Arbeitstechniken und Lernstrategien, um besondere didaktische und methodische Akzentuierung im Fachunterricht und um fächerübergreifende Konzepte. Ein besonderer Entwicklungsansatz ist die pädagogische Gestaltung des Schullebens vornehmlich deren Gestaltung im Bereich sozialerzieherischer Ansätze mit dem Ziel einer Verbesserung des sozialen Klimas und hinsichtlich einer verbesserten Kommunikation im Klassenraum als auch innerhalb des Kollegiums. Davon tangiert werden ebenso die Formen des sozialen und interkulturellen Lernens, desgleichen die Gestaltung und Entwicklung des Schullebens nach selbstgeschaffenen Regeln und die Ausrichtung an einer selbstgestalteten Konfliktkultur. Die Studie nimmt des weiteren Bezug auf Organisationsformen, die hier nur stichwortartig erwähnt werden. Es handelt sich dabei vorwiegend um Festlegungen von Personaleinsatz, Teambildung und besondere Formen der Lehrerkooperation, Grundsätze zum Ressourceneinsatz, besondere Festlegungen zum Schulmanagement, Ansätze zur Beratung und Information und besondere Raumkonzepte für die Schulentwicklung. Von besonderer Bedeutung sind die Fortbildungsplanung und Evaluation. Ein Drittel weisen eine gezielte Fortbildungsplanung aus. Noch unzureichend ist die Evaluation, wobei insgesamt 44% der 82 Programme konkrete und detaillierte Aussagen zur Evaluationsplanung aufweisen. 20% legen einen Zeitplan dafür vor. Als methodisches Verfahren zur Evaluation werden die mündliche und schriftliche Befragung, sowie Beobachtungen und Dokumentenanalyse genannt. Die konzeptionelle Qualität von Schulprogrammen aus dieser Studie wird vergleichend zur vorliegenden kommentiert. Abschließend ergeben sich folgende Fazite und Perspektiven. Die zum Schuljahr 1999 / 2000 pflichtgemäß vorgelegten Hamburger Schulprogramme erfüllen insgesamt den Anspruch, Instrumente der Schulentwicklung zu sein. Die behördlichen Steuerungsvorhaben haben sich als äußerst wertvoll erwiesen. Durch die Vorgaben von Zielsetzungen, Arbeits- und Zeitplänen wurde ein notwendiger Verbindlichkeitsgrad gesichert. Die Programme zeigen ein Anknüpfen an bereits bestehende Schwerpunkte, die ausbauungsfähig sind. Schulen, insbesondere die ohne vorherige Gestaltungsschwerpunkte waren, beschreiten ganz neue Wege. Mehrheitlich werden realistische und relevante Entwicklungsschwerpunkte bearbeitet. Durch die in Hamburg bestehende Verpflichtung, Kriterien der Zielsetzung zu benennen, ergeben sich Anhaltspunkte für die weitere Prozeßgestaltung, insbesondere für eine notwendige Unterstützung und Beratung, eine administrative Prozeßsteuerung und die folgende Evaluation. 3.7 Schulprogramme aus Ganztagsschulen im Land Brandenburg Hilbrich und Walter (1998, S. 4-50) verweisen einführend auf vier Ziele, die mit dieser Analyse verfolgt werden. Es sollten erstens in einer Eingangserhebung aus der Summe aller Schulprogramme der Ganztagsschulen des Landes Brandenburg alle Inhaltsbereiche und pädagogischen Aspekte erfaßt werden. Anhand zu erwartender Aussagebereiche wurde von Seiten des Auftragsgebers ein Fragenkatalog formuliert, auf den sich das Analyseraster bezog. Zweitens sollte festgestellt werden, inwieweit Schulprogramme einen Zugang zur Abbildung des pädagogischen Selbstverständnisses der Einzelschule darstellen und wo die Grenzen der Textanalyse liegen. Drittens wollte man herausgefinden, welche pädagogische Sichtweise auf die Gestaltung des schulischen Lebens insgesamt erkennbar und wie aus dieser Betrachtung heraus die Ganztagsgestaltung in den Programmtexten reflektiert wird. Viertens wurden von allen Schulprogrammen Grobanalysen erstellt, die als strukturierte Übersichten allen Beteiligten eine schnelle Information ermöglichten. Die Analyse vollzog sich in mehreren Teilschritten, auf die hier nicht im Einzelnen eingegangen werden muss. Als Ergebnisse der Auswertung werden zunächst formale 83 Gesichtspunkte genannt und es wird eine Verteilung der einbezogenen Ganztagsschulen nach Schulformen vorgenommen, wobei auch eine Verteilung nach Programmumfang erfolgte. Im Ergebnis differierten die Programme in ihren Seitenzahlen von dem mit dem geringsten Umfang von nur 6 Seiten bis zu einem Programm mit insgesamt 153 Seiten. Die Vergleiche führten zu dem Ergebnis, dass es einerseits keinen unbedingten Zusammenhang zwischen Umfang und inhaltlicher Qualität der Schulprogramme gibt, jedoch andererseits festgestellt werden muss, dass nur wenige Seiten nicht dazu ausreichen, um ein qualitativ ansprechendes Programm zu präsentieren. Immerhin ist eine umfangreiche Materialsammlung noch kein inhaltlich überzeugendes und in sich schlüssiges Schulprogramm, wenn es sich wie in einigen Fällen aufgefunden lediglich, aus einer mehr zufällig wirkenden Aneinanderreihung von Beschreibungen und Arbeitsplänen der verschiedenen Fachbereiche an Rahmenplanpräzisierungen oder Projektmaterialen handelt. Die durchaus beispielhaft gelungenen Schulprogramme weisen einen Umfang von 21-103 Seiten auf. Entsprechend ihrem Umfang scheinen sie einer vorabgenommenen Charakterisierung zuzuordnen sein. Sie können als „Arbeitsprogramm“, „pädagogisches Programm“, „Schulbeschreibung“ oder „Werbebroschüre“ klassifiziert werden. Danach gehören umfangreiche Programme ab 60 Seiten zum Typus „Schulbeschreibung“ oder „Werbebroschüre“. Im Gegensatz dazu scheinen „Arbeitsprogramme“ den geringsten Raum für ihre Darstellung zu benötigen. Der Umfang besteht vermutlicherweise auch im Zusammenhang mit der Funktion, die das Programm für die Schule selbst hat und vor allem damit was seine Autoren für mitteilungsnotwendig halten. Demzufolge sind Programme, die für den eigenen Gebrauch geschrieben wurden, nur von sehr geringem Umfang. Aussagen zur Entstehung und Erarbeitung der Schulprogramme In etwa einem Drittel der Programme werden keine Aussagen zum Prozeßverlauf bei der Programmerstellung gemacht. In der Mehrzahl der Schulprogramme wurde auf eine Zusammenarbeit zwischen Eltern, Schülern und Lehrern hingewiesen. Die Schulleitung und das Kollegium waren in den seltensten Fällen die alleinigen Produzenten. Von der Qualität der Zusammenarbeit einzelner Gruppen gibt es wenig ausführliche Darstellungen. Diskussionsprozesse unter den Beteiligten werden nicht ausreichend erwähnt, genannt wird hingegen nur der an der Erarbeitung beteiligte Personenkreis ohne nähere Prozeßbeschreibung. In 12% der beteiligten Schulen waren spezielle Arbeitsgruppen, wie „Schulprogramm“ bzw. „Ganztag“ für die Programmerstellung verantwortlich. Bei der Analyse der Schulprogramme aus der Perspektive ihrer Ausführlichkeit der Darstellung 84 einzelner Inhaltsbereiche wird darauf hingewiesen, dass der Auftraggeber in seiner Vorgabe davon ausging, dass in einem Schulprogramm typischerweise folgende Inhaltsbereiche erwartet würden: • Bestandsaufnahme und Analyse der Schulsituation • pädagogische Grundsätze, Orientierungen, Zielsetzungen • curriculare Schwerpunkte und Konkretisierungen • Unterricht • Ganztagsgestaltung • Schul- und Arbeitsorganisation • Zeitplanung • Evaluation. Die Inhaltsbereiche der Programme wurden quantitativ ausgewertet und nach einer vorgegebenen Einschätzungsskala, die die Kriterien „fehlt“, „hinreichend“, „ausführlich“, „sehr ausführlich“ vorgab, vorgenommen. Infolge einer sehr großen Heterogenität der inhaltlichen Darstellung der Programmtexte, war eine Zuordnung nur schätzungsweise möglich, der eine besondere Gewichtung der Inhaltsbereiche und deren inhaltliche Spannweite zugrunde lag. Die aufgezählten Kriterien gaben dann in entsprechenden Abstufungen die Inhaltsbereiche wieder, wobei die Skala „fehlt“, der Inhaltsbereich ist nicht repräsentiert, „fehlt“ bis „sehr ausführlich“. Die Stellung des Inhaltsbereiches ist um erläuternde Anlagen ergänzt. Ziel war es, sich durch den Erhalt eines Gesamtüberblicks darüber zu informieren, worin in den Ganztagsschulen des Landes Brandenburg die besonderen inhaltlichen Schwerpunkte eines Programmtextes gesehen werden und welche Lücken zu schließen waren. Die unterschiedlichen Gewichtungen der Inhalte werden im folgenden skizziert. Die Bestandsaufnahme der Schulsituation ist fast lückenlos in allen Programmen enthalten, wobei die Meinungen über deren Bestandteile differieren. Andere Programme sind auf der Grundlage einer umfassenden Problemanalyse im Sinne einer Soll- Ist-Darstellung strukturiert. Diese Darstellungen sind knapp bemessen im Gegensatz zu den Inhaltsbereichen „pädagogische Grundsätze“, „Orientierungen“, „Zielsetzungen“, die lediglich Zitate von ganztagsbezogenen Aussagen des Schulgesetzes sind oder auf Verwaltungsvorschriften hinweisen. Der Inhaltsbereich „curriculare Schwerpunkte und Orientierungen“ enthält häufig Hinweise auf die Notwendigkeit einer schulinternen Konkretisierung von Rahmenplänen. Das Arbeitsfeld Unterricht ist in allen Programmtexten enthalten. Dieser Unterrichtsbereich wird ergänzt durch die Einbeziehung moderner 85 Konzepte, Methoden und Verfahren, sowie auch Hinweise, die zur Verbesserung der Unterrichtsorganisation führen. Nicht erfüllt wurden nach Meinung der Verfasser deren Erwartungen bezüglich des Inhaltsbereiches „Ganztagsgestaltung“, der sich gemessen an seiner herausragenden Bedeutung nicht deutlich quantitativ abhebt. Im Hinblick auf die Darstellung der „Schul- und Arbeitsorganisation“ wird erkannt, dass sich nicht wenige Programme lediglich mit Absichtserklärungen begnügen, deren schul- und arbeitsorganisatorische Realisierung im Programm nicht sichtbar wird. Ein sich herausdestillierender Schwachpunkt war die Berücksichtigung von Überlegungen bzw. Planungen zur Evaluation in den Schulprogrammen. In 44% der Programme fehlt dieser Inhaltsbereich völlig. Die Programme, in denen qualifizierte Aussagen gemacht werden, beziehen sich auf Befragungen von Eltern , Schülern und Lehrern. Im weiteren Verlauf der Studie werden detaillierte Auswertungen zu den einzelnen Inhaltsbereichen hinsichtlich dominierender Tendenzen und Besonderheiten vorgenommen. Es geht dabei um die Inhaltsbereiche „Bestandsaufnahme“ und „Analyse der Schulsituation“, „pädagogische Grundsätze“, „Zielorientierungen“ und „Zielsetzungen“, „curriculare Schwerpunkte“ und „Konkretisierungen“. Aufgrund einer großen Heterogenität der Textaussagen kommt es zu recht unterschiedlichen Einschätzungen. Die häufige Nennung von fächerübergreifenden Bezügen im Unterricht korrespondiert möglicherweise mit der häufig praktizierten Projektarbeit. Aussagen zum unterrichtlichen Förderaspekt sind selten zu finden. Ebenso wird darauf hingewiesen, dass kaum inhaltliche Schwerpunkte im Bereich von „Wissen und Können“ deutlich umrissen sind. Der Arbeitsbereich „Unterricht“ strebt Veränderungstendenzen an, die ausgerichtet sind auf: • Verstärkung der Schülerorientierung • Durchsetzung moderner Unterrichtskonzepte • verstärkte Berücksichtigung von Förderstrategien • dominierende Ausrichtung auf Schulabschlüsse und berufbezogene Schlüsselqualifikation. Die Aussagen zum Inhaltsbereich „Schul- und Arbeitsorganisation“ werden als ebenfalls sehr heterogen gekennzeichnet. Umfassend dargestellt werden strukturell-funktionale Aspekte der Organisation, bei denen es sich um die Zusammensetzung und Organisation der Gremien an der Schule, so die Funktionen von Arbeitsgruppen geht. Besonders betont wird in etwa 25% der Schulprogramme Teamarbeit innerhalb des Kollegiums, wobei auf Team-Kleingruppen- Modelle und auf die Jahrgangsteams hingewiesen wird. Planungen zur Lehrerfortbildung wurden vernachlässigt. Ein vergleichender Blick auf die Schulprogramme bringt die 86 Erkenntnis, dass Prozeßsteuerungen über tradierte Gremien bzw. über spezielle Arbeits- und Projektgruppen und über Maßnahmepläne mit teilweise ausgewiesener Einzelverantwortung für bestimmte Bereiche der Programmentwicklung ablaufen. Zum Inhaltsbereich Evaluation wird zusammenfassend darauf hingewiesen, dass dieser Bereich aus quantitativer Sicht deutlich unterrepräsentiert ist und auch in qualitativer Hinsicht in den Programmen nur selten bereits als Kontrollinstrument der Schulentwicklung operationalisiert worden ist. Im weiteren Verlauf der Studie wurde der Charakter der Schulprogramme und deren Schwerpunktsetzungen untersucht. Nachgegangen wurde dabei der Frage, welche dominierenden Akzentsetzungen die Programme hinsichtlich ihrer konzeptionellen, beschreibenden, arbeitsorientierenden und selbstdarstellenden Anteile aufweisen. Wie eingangs erwähnt, orientierte man sich an die vom Auftraggeber vorgegebenen Kriterien. 1. Arbeitsprogramm: Im Programmittelpunkt stehen Vorhaben, die innerhalb eines gesetzten Zeitraums durchgeführt werden sollen. 2. Pädagogisches Konzept: Das sind solche Vorhaben, die auf einer pädagogischen Basis gründen. 3. Schulbeschreibung: Im Mittelpunkt ist die Entwicklung der Schule. Seit 1990 und eine Darstellung und Einschätzung des gegenwärtigen pädagogischen Angebots. 4. Werbebroschüre: Der Mittelpunkt ist hier die Beschreibung attraktiver pädagogischer und sonstiger Angebote. Ein Tortendiagramm bildet die Verteilung der Programmtypen ab. Dabei ergibt sich folgendes Ergebnis: 28% / 32% entsprechen dem Typ Arbeitsprogramm und Schulbeschreibung, 10% / 28% dem Typus pädagogisches Konzept bzw. Werbebroschüre und 2% sind nicht einordbar. Nach den zwei bekannten Grundmodellen der Ganztagspädagogik wurde die Zuordnung der Programmaussagen für die Ganztagsgestaltung vorgenommen. Der Rückgriff erfolgte auf: 1. das sogenannte gebundene Modell der Verzahnung von unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Angeboten mit den Gestaltungselementen offener Anfang, Arbeitsstunden, AGs, gestaltete Freizeit; dabei besteht die Aufgabe, den Schulalltag rhythmisieren 2. das additive Modell von Pflichtunterricht (meist am Vormittag) und Freizeitangebot mit Arbeitsgemeinschaften (meist am Nachmittag). Anmerkung: Eine Schule mit diesem Angebot gilt nicht als Ganztagsschule, sondern als Schule mit zusätzlichen Betreuungsangeboten. 87 Im Ergebnis muss die Aussagefähigkeit der Schulprogramme hinsichtlich der Auswahl und Begründung von Modellen für die Ganztagsgestaltung an der Schule als begrenzt eingeschätzt werden. Über 50% der Programme weisen diesbezüglich deutliche Lücken auf. Besondere Profilbildungen wurden bezüglich folgender Bereiche erwähnt: • fachlich inhaltliche Profilierung • Profilierung auf der Grundlage der Beteiligung an außerschulischen Projekten • Profilierung auf der Grundlage der Beteiligung am Modellversuchen • Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und Schülern aus Aussiedlerfamilien • sonstige, vereinzelt auftretende Profilierungsrichtungen. Weitere Punkte, die zur Auswertung kamen, waren die Raumnutzung und Raumgestaltung, rhythmisierte Zeitgestaltung im Ganztag, Aussagen zur äußeren Rhythmisierung und Hausaufgabenkonzepte. Diese besondere Problematik der Hausaufgabenanfertigung wurde zu 66% angesprochen. In Ergänzung dazu kommt das Ganztagselement Arbeitsstunden, wobei auf deren Funktionen bezug genommen wird. Unter diesen Komplex fällt auch die Erhöhung der Methodenkompetenz der Schüler durch die Vermittlung und das Training der Methoden und Techniken des Lernens. Die Studie schließt mit einer zusammenfassenden Wertung der Ergebnisse, aus der die wesentlichen Gesichtpunkte nochmals skizziert werden. Es wird darauf hingewiesen, dass neben den prinzipiellen Grenzen, die Textanalysen gegenüber Analysen realer Prozesse generell aufweisen, die vorgenommene Analyse der Schulprogramme noch weiterer Einschränkungen zur Folge hat. Angemerkt wird, dass eine Übereinstimmung von Textaussagen und gängiger Praxis nicht vorauszusetzen ist, weil vermutete Lücken nicht realen Lücken entsprechen müssen. Dagegen kann manche „glatte Formulierung“ in Schulprogrammen über das praktische Schulgeschehen hinwegtäuschen. Des weiteren weisen die Verfasser der Studie darauf hin, dass das Ziel der Abfassung von Schulprogrammen nicht so sehr im Aufweisen theoretischer Geltung, sondern im Schaffen von Voraussetzungen für das Gelingen pädagogischen Handelns ist. Dadurch weicht manche Aussage in ihrer theoretischen Begründung vom traditionellen Bild planmäßiger pädagogischer Entwicklungskonzepte ab. Erkennbare Lücken in programmatischen Aussagen müssen nicht zwangsläufig mit der Praxis abgeglichen werden. Insofern sind theoriegeleitete, von außen angelegte Anforderungskriterien an Schulprogramme „mit Vorsicht“ zu nutzen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Schulen bereits bei der Beantragung des Status „Ganztagsschulen“ entsprechende Konzeptionen eingereicht haben. Diese, so betonen die Autoren, standen ihnen nicht bei der Auswertung zum Vergleich zur Verfügung. Und 88 schließlich sollte berücksichtigt werden, dass problembezogene Darstellungen, die zwangsläufig das Aufdecken von Defiziten einschließen, in einem Schulprogramm, das zum Zwecke der Vorlage bei den zuständigen Schulaufsichtsbehörden erstellt wird, zumindest zurückhaltend erfolgen. Ferner wird darauf hingewiesen, dass, wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass Schulen keine wissenschaftlichen Einrichtungen sind, deren Hauptaufgabe in der Erstellung geschlossener Entwicklungskonzepte liegt, sondern vor allem in der Gestaltung von Unterricht und Schulleben zu klären ist, weshalb von ihnen die Gesamtheit dieser Anforderungen nur unvollständig erfüllt werden konnte. So wurde bei der Analyse deutlich, dass in vielen Programmen Bereiche erfaßt wurden, die durch diese Anforderung keine Abbildung fanden. Dieses „Mehr“, das auch trotz Analyserasters nicht erfaßt werden konnte, konzentrierte sich insbesondere auf die ausführliche und differenzierte Darstellung der besonderen schulischen Vorhaben und weniger auf die Strategien zur komplexen Schulentwicklungsplanung in mittelfristiger Perspektive. Ein abschließende Wertung aus der Sicht von vermuteten Zusammenhängen zwischen den Aussagen der Schulprogramme zu einzelnen Analysebereichen kommt zu dem Ergebnis, dass es nicht das Ziel dieser Analyse sein konnte, differenzierte Korrelationen auszuweisen. Trotzdem wird die Vermutung mit Blick auf die Gesamtheit aller analysierten Programme ein Zusammenhang zwischen dem Maß an • Problemorientiertheit der Bestandsaufnahme und der Schulsituation, • der Korrektheit und Handlungsbezogenheit aufgefundener pädagogischer Orientierungen und Zielsetzung, • dem Gelingen einer gewichteten Schwerpunktbildung, • dem Maß an Operationalisierung in den Bereichen der Schul- und Arbeitsorganisation, sowie einer differenzierten Evaluationsplanung. Die Programme, die ihre Schulsituation auf der Basis empirisch gestützter problemorientierter Ausgangsanalysen dargestellt hatten, konnten bezüglich der aus ihnen abgeleiteten Zielbestimmung in der Regel als schulbezogen, konkret und handlungsleitend eingesetzt werden. Sie wiesen auch Schwerpunktsetzungen auf, die schulische Aktivitäten bündelten, Aussagen zur Schulorganisation machten und differenzierte Evaluationskonzepte aufwiesen. Die Autoren folgern daraus, dass Schulen in der kritischen und problembezogenen Erhebung ihrer Ausgangssituation ebenso Unterstützung brauchen wie in der Transformation der Ergebnisse auf der Ziel-, Planungs-, Organisations- und Evaluationsebene. 89 3.8 Vergleich der Studien In einer vergleichenden Betrachtung der Studien über Schulprogramme und Schulprogrammarbeit ist festzustellen, dass sie trotz unterschiedlicher Ansätze mit entsprechend differenten Aufgabenstellungen in der Summe ihrer Ergebnisse zu einem inhaltlich gleichen Fazit gelangen, nämlich dem, dass Engagement, Akzeptanz und Einsicht die Notwendigkeit einer neu zu gestaltenden Arbeitsorganisation, in der die Schulprogramme und die Schulprogrammarbeit einen zentralen Platz einnehmen, erkennbar werden und dass in dieser Anfangsphase den Schulen unterstützende flankierende Maßnahmen angetragen werden müssen, die sich dann auch über längere Zeiträume erstrecken sollten. Die Interviews, Auswertungen von Dialoggesprächen, die deskriptiven Ergebnisdarstellungen aus schriftlichen Befragungen und die Inhaltsanalysen von Schulprogrammen spiegeln nicht nur Ausschnitte aus nordrhein-westfälischer Schulprogrammarbeit, sondern sie geben auch einen ineinander übergreifenden Eindruck von niedersächsischer und Hamburger Schulprogrammarbeit und der des Landes Brandenburg. Der Schwerpunkt der Programmarbeit lag im Unterrichtsbereich, der im Vergleich alle Rankings anführte. Die Palette der Programmpunkte erfaßte insgesamt fachliche und überfachliche Konzepte, Erziehungsarbeit, das Schulleben, die Elternarbeit und die Öffnung der Schule, schulinterne Konzepte, Gewaltprävention, Berufberatung, Förderkonzepte, Schlüsselqualifikationen und das Lernen lernen. Die Programme enthielten in unterschiedlicher Qualität die Bestandsaufnahme und die Analyse der Schulsituation, die pädagogischen Grundsätze, Orientierungen und Zielsetzungen, curriculare Schwerpunkte und Konkretisierungen, Aussagen zur Unterrichtsgestaltung, zum Ganztagsunterricht, zur Schul- und Arbeitsorganisation, zur Zeitplanung und Evaluation. Die Bedeutung der Schulleitung als Vorbildgeber und Initiator für Programmarbeit sowie die Einsicht in die Verstärkung einer notwendigen Kooperation, verbesserter Koordination und Forcierung der Teamarbeit bei ständiger Verbesserung der Teambildung und eine Verstärkung der Erziehungsarbeit in Kooperation mit den Eltern gehören zu den mittlerweile fundierten Einsichten, Bedingungen und Voraussetzungen für eine qualitätssichernde Leistungsorientierung. Die Dialoggespräche zwischen Schulaufsicht und Schule haben in ihrer qualitativ-analytischen Auswertung zum Ergebnis, dass bei gegenseitiger Akzeptanz der Gesprächspartner auf der Basis kritischer Dialoge in den Rückmeldungen geschildert, analysiert und aufgearbeitet sowie Empfehlungen als hilfreich akzeptiert, zum Bestand regelmäßiger gegenseitiger Kontakte werden, die als Hilfsangebote verstanden und akzeptiert werden. Der Umfang der Schulprogramme und seine 90 inhaltliche Entsprechung stehen häufig noch nicht in einem entsprechenden Verhältnis zueinander, was gelegentlich auf Defizite in der Grundorientierung über Aufgaben und Inhaltsschwerpunkte des Programms zurückzuführen sein dürfte, aber durch intensive Kenntniserweiterung korrigiert werden sollte. Es ist abschließend, wie eingangs erwähnt, festzustellen, dass die Schulprogrammarbeit begonnen hat und Schulprogramme flächendeckend erstellt wurden, wenngleich sie noch von unterschiedlicher Qualität sind, was im zeitlichen Ablauf korrigiert werden kann und da in Kauf genommen werden, wo sich die Einzelschule im Rahmen einer neuen Teilautonomie erst allmählich an neue eigenständige Organisationsformen gewöhnen muss. 4 Ausgangssituation – Qualität – Leitbild Dem Staat obliegt die Aufsicht über das gesamte Schulwesen. Die Bundesländer sind als Träger für die Angelegenheiten der Schule zuständig. Durch sie werden in ihren Schulgesetzen die Aufgaben der Schulaufsicht und Schulverwaltung, sowie Planung, Ordnung und Weiterentwicklung des Schulwesens, das Recht auf Bestimmung der Unterrichtsinhalte und Unterrichtsziele, die Aufsicht über die von Schulen zu erfüllenden pädagogischen Aufgaben bestimmt. Außerdem führen sie die Dienstaufsicht über Schulleitung und Lehrer. Mit der Ausweitung der behördlichen Zuständigkeitsbereiche wuchs die Anzahl der Verordnungen und Erlasse, die die Eigenverantwortung, Selbstständigkeit und Selbstverwaltung der Schule auf ein Mindestmaß reduzieren, so dass sich deren Handlungsabläufe und Entscheidungsfindungen innerhalb sehr enger Grenzen vollzogen. In der Folge des Umbruchs von der Industrie- zur globalen Informations- und Wissensgesellschaft (Kempfert / Rolff 1999, S. 9), in einer Phase der Neuorientierung in vielen Lebensbereichen, in Zeiten, in denen der Begriff der Nachhaltigkeit zur fixen Größe bei der Planung und als Indiz für die Durchführbarkeit innovativer Prozesse geworden ist, muss sich die Schule den Forderungen nach Qualität und zunehmend auch nach Effizienz stellen. Als immenser Kostenverursacher innerhalb eines ohnehin sehr teuren Bildungssystems gerät die Schule zunehmend unter Rechtfertigungszwang. Deshalb muß sie für Außenstehende den Qualitätsnachweis deutlich markieren. Übergeordnete Institutionen gingen ständig von der Überzeugung aus, dass die Schule mittels Verordnungen und Erlasse problemlos regulierbar und exakt steuerbar sei. Der Kompetenzverlust, der sich aus dieser irrtümlichen Annahme ergab, führte vielerorts zu Scheinaktivitäten, „Dienst nach 91 Vorschrift“, einem ausgeprägten Anpassungsverhalten und zur Schaffung von Freiräumen, in der Summe zu beträchtlicher Demotivation. So ist die Schule in den letzten fünfzig Jahren langsam, aber stetig, von einer Leistungsschule ohne Spaßfaktor durch Verlagerung des Schwerpunktes auf die soziale Umgestaltung zu einer Schule mit hohem Spaßfaktor mutiert. Sie ist dabei aus der Balance geraten und wurde extrem kritikanfällig. Verglichen mit Energiezuständen verharrt sie im Zustand der potentiellen Energie. Der Wachruf ... und sie bewegt sich doch... ist bereits ergangen (Bildungskommission). Wissenschaftliche Effizienz- analysen, die Qualitätsmängel aufzeigen, eine veränderte Anspruchsebene der Ausbildungskriterien von Industrie, Handel, Handwerk und Verwaltung und die wenig befriedigenden Testergebnisse deutscher Schüler bei internationalen Vergleichstests, setzen die Verantwortlichen in Zugzwang. Der Schritt zur Problemlösung war der Rückgriff auf eine Empfehlung des Deutschen Bildungsrates aus dem Jahr 1970, in der durch allgemeine Kompetenzerweiterung, Selbstverantwortung und Eigenständigkeit in pädagogischen und administrativen Bereichen eine Stärkung der Einzelschule zur Diskussion stand. Die Schule besitzt keine totale Autonomie. Ihre Erweiterung bezieht sich immer nur auf eine beschränkte Ausdehnung von Selbstständigkeit, Selbstverwaltung und Gestaltungsfreiheit unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben. Ende des letzten Jahrzehnts – die Schule gelangte wieder verstärkt in den Blickpunkt öffentlicher Meinungsbildung – wurde diese Empfehlung, unterstützt von der wissenschaftlichen Erkenntnis, wiederaufgenommen, dass die Umsetzung standardisierter und einheitlicher ministerieller Bestimmungen nicht für alle Schulen gleichermaßen geeignet seien zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben, wie der Sicherung der Unterrichtsqualität und der Aktivierung des Schullebens. Ergänzt wird der Hinweis durch die Erkenntnis, dass die unterschiedliche Erziehungsproblematik der Einzelschulen nicht pauschalisiert von außen durch Erlasse zufriedenstellend gesteuert werden kann. Somit hat die Einzelschule „als Motor der Schulentwicklung“ (Rolff / Dalin 1990) innerhalb des Gesamtsystems einen entscheidenden Bedeutungszuwachs als innovative Kraft gewonnen. Eine erweiterte Eigenverantwortung, die Schaffung größerer Handlungsspielräume und vor allem die Zunahme an Entscheidungskompetenz bilden die Basis für eine innovative zukunftsorientierte Gesamtentwicklung. Die Gewährung einer Teilautonomie für die Einzelschule ist ein zwingender Schritt innerhalb eines zukunftsorientierten Innovationsprozesses, bei dessen positiven Verlauf am Ende eine Schule entstanden sein sollte, die sich – orientiert an gestaltpsychologischen Gesetzmäßigkeiten – als Ganzheit präsentiert, die sich in ihren intakten Wechselbeziehungen, ihrer Sachdienlichkeit, ihren ausgeprägten Interaktionsformen, ihrem qualitativem Unterricht und ihren richtigen Problembewältigungsstrategien, also in all 92 ihren Belangen im Gleichgewichtszustand befindet; in sich kompakt und handlungsfähig, in der Vernetzung mit anderen Schulen permeabel als Donator und Akzeptor für neue Ideen und Wege. Der allmähliche Übergang zu einer entwicklungsorientierten Schule mit wahrnehmungseffizienten Qualitätsmerkmalen kann nur wirksam vollzogen werden, wenn er als ganzheitlicher Prozeß verstanden und ebenso initiiert wird, denn die teilautonome Schule ist kein pädagogisches Reformprodukt, sondern Signum eines Systemwandels. Wenn in zurückliegender Zeit die Schulentwicklung betrachtet wurde, so geschah dies aus einer rückschauenden Position heraus. Die Entwicklung der Schule von ihren historischen Anfängen bis zu ihrer gegenwärtigen Existenz wurde mittels einer Zeitleiste dargestellt. Heute wird Schulentwicklung in den Handlungsspielraum von Lehrern und Schülern gestellt. Eikenbusch (1998, S. 25) zitiert Fullan / Hargreaves (1992, S. 2): „Die Voraussetzung dafür ist, dass Lehrer und Schulleiter selber dafür sorgen, dass das (Schulentwicklung) geschieht. Sie können sich nicht darauf verlassen, dass sie jemand dabei unterstützt. Sie müssen Entwicklungen und Verbesserungen durchsetzen, trotz der Schwierigkeiten, die sie selbst damit haben und die anderen ihnen bereiten.“ Dies spricht andere (z.B. Schulaufsicht und Bildungspolitik) jedoch nicht von der Verantwortung frei. Meyer verweist darauf, dass es beim Schulentwicklungsprozeß um den Fortschritt für Schüler, Lehrer und Gesellschaft gehen muß, um die Einübung des aufrechten Ganges (Meyer 1994, S. 14) und hebt hervor, dass die Schulentwicklung kein Selbstzweck sei, sondern ihre Legitimation darin bestehe, den Lehr- und Lernprozeß für alle Beteiligten humaner und erfolgreicher zu machen (Meyer 1996, S. 19). Die Gelingensbedingungen sind teilweise eine Gestaltungs- und Kontrollautonomie. Zusammenfassend dargestellt ist Schulentwicklung die Summe von Prozessen, die nebeneinander oder vernetzt miteinander ablaufen und im Ergebnis das Bild der Einzelschule prägen. Der gesamte Schulentwicklungsprozeß umfaßt die Entwicklung von: ƒ Schulkultur mit ihren Komponenten - Lernkultur - Organisationskultur - Erziehungskultur ƒ Unterrichtsqualität und deren Sicherung ƒ Schulprogramme und ƒ Leitbilder als Medien für eine differenzierte Orientierung ƒ Evaluation. Kempfert und Rolff (1999, S. 22) definieren die Entwicklung der Einzelschule kurz als Synthese von 93 ƒ Organisationsentwicklung ƒ Unterrichtsentwicklung ƒ Personalentwicklung und stellen die Schulentwicklung als einen Lernprozeß dar, der einen Einstieg in eine neue Praxis durch Erproben, Erfinden, Erneuern verlangt. Sie verweisen darauf, dass Lernprozesse vom Arbeitsplatz ausgehen müssen; denn die Schule als lernende Organisation sollte künftig in zunehmendem Maße in die Lage versetzt sein, ihre Prozesse zu kommunizieren, selbst zu steuern, zu organisieren und zu reflektieren. Damit eröffnet sich für die Kollegien ein weites Arbeitsfeld (Kempfert / Rolff 1999, S. 22). Nicht alle Lehrer wirken gleichermaßen intensiv und zu jeder Zeit an der prozessualen Entwicklung mit, aber ihnen wird als Folge neuer Wahrnehmungen eine Einstellungs- und Verhaltensänderung abverlangt, weil alte Routinen durch neue ersetzt werden müssen. Ein teilweiser Rückzug oder eine totale Isolation Einzelner oder von Gruppen sollte von vornherein ausgeschlossen bleiben, wenngleich Kempfert und Rolff an anderer Stelle meinen, dass es sich nicht lohne, die Unwilligen durch Motivationsmanipulation zu begeistern. Man würde unnötig viel Energie verschleißen (Kempfert / Rolff 1999, S. 113). Diese Einstellung mag Prozesse schneller ingangsetzen, ist aber in der Praxis nicht gern gesehen, weil dadurch einer Verweigerungshaltung Vorschub geleistet wird, die die Teambildung hemmt. In der Regel leisten dann immer die gleichen Gruppen „Kärrnerarbeit“. Alle praktischen Umsetzungsversuche der schultheoretischen Erkenntnisse und rezeptiven Handlungsanweisungen aus der Literatur schlagen fehl, wenn es nicht gelingt, die Notwendigkeit einer stringenten Beachtung der wesentlichen Parameter in das Bewusstsein der Akteure zu übertragen. Weil alle Prozesse langzeitig verlaufen, ist es in der Ausgangssituation unablässig folgende Grundvoraussetzungen zu schaffen: ƒ Konsensfähigkeit bei entscheidenden Fragestellungen und Richtungsvorgaben ƒ Einsicht zu konsequenter Haltung bei der Durchführung von Beschlüssen ƒ Kooperationsbereitschaft ƒ Bereitschaft zur kritischen Überprüfung und möglicherweise Korrektur der eigenen Position ƒ Bereitschaft zur Teamarbeit ƒ Kontinuität ƒ Durchführung von Evaluation. Für die häufig schwierigen Interaktionsprozesse innerhalb eines Kollegiums ist die Herstellung eines „gemeinsamen Nenners“ eine bedeutende Herausforderung. 94 Die Ursachen hierfür liegen in der Persönlichkeitsentwicklung des Einzelnen, in der täglichen Reflektion der Arbeitsbedingungen, in der Unterrichtssituation und in der Unterrichtserfahrung. Die Erweiterung der Entscheidungskompetenz vollzieht sich auf unterschiedlichen Feldern, wie die Organisationsentwicklung etwa Zeitstrukturierungen in Verbindung mit Jahresstundentafeln, der eigenen Budgetierung der zugewiesenen Gelder, das Mitbestimmungsrecht bei der Auswahl neu einzustellender Lehrkräfte („schulscharfe Ausschreibung“) und die Einführung der pädagogischen Aufgaben wie die Unterrichtsgestaltung. Schule ist allerdings nicht nur Unterricht, aber vor allem auch. Es geht dabei u.a. um die Entwicklung einer „unterrichtlichen Lernkultur“, denn es ist auffällig, dass offenbar immer noch in den meisten Schulen eine geringe didaktisch-methodische Ausdifferenzierung des Unterrichts besteht, und lehrerzentrierte (Frontalunterricht), lehrgangsorientierte Unterrichtsformen dominieren (Holtappels 1995, S. 17). Vernachlässigt werden im Sekundar-I-Bereich alternative Lehr- und Lernstrukturen wie Wochenplanarbeit, freie Arbeit, wahldifferenzierter Unterricht, Projektarbeit, wobei die in der letzten Zeit eine Begriffserweiterung erfahren hat. Es werden nicht nur innerschulische Projekte durchgeführt, sondern solche mit außerschulischen Partnern. Bei allen Bemühungen um die Ergänzung schulischer Aktionsräume durch den Zuwachs von Arbeitsfeldern aus dem erweiterten schulischen Umfeld, bildet der Unterricht den Kernbereich der Schularbeit. Unmittelbar sind Lehrer und Schüler mit ihm in typischer Weise verknüpft, denn der Unterricht ist gemeinsame Arbeit von Schülern und Lehrern, sie ist nicht auf Kosten des jeweils anderen zu haben (Eikenbusch 1998, S. 91). Die Lehrer übernehmen unstrittig den gestaltenden Part in der Unterrichtsvorbereitung, weil sie den Unterrichtsstoff didaktisch reduzieren, sich für ein adäquates Verfahren entscheiden und im Unterricht als Moderatoren agieren müssen. Die anschließende Reflexion ist die Voraussetzung für die Effektivität und das Gelingen der folgenden Unterrichtsstunde. Bei diesem kontinuierlichen Ablauf entwickeln sich Routinen, ohne die niemand über den Schulalltag käme (Kempfert / Rolff 1999, S. 26). Mit der Bewältigung dieser Hauptaufgabe wäre die Mehrzahl der Lehrer voll ausgelastet, wenn sie Routine nicht im Sinne von Gewohnheit, sondern von Lenkung versteht, denn die unterrichteten Schülergruppen sind in ihrer Arbeitsbereitschaft, ihrer Erwartungshaltung und in ihrem Anspruchsdenken stark heterogen. Deshalb ist es erforderlich, sich bewußt zu machen, dass nur Lehrer die Qualität von Unterricht verbessern können, weil sie die Schlüsselfunktion dazu innehaben (Kempfert / Rolff 1999, S. 20). Allerdings hat sich ihr Tätigkeitsfeld erweitert. Sie sind gefordert als Experten in der Gewalt- 95 und Suchtprävention und für die Berufswahl. Folgt man Struck und Würtl, so werden sie auf dem Wege vom Stundengeber zum Lernberater, noch Experten für Erziehung, Bewegung, Spiel, Hirnforschung und Lernpsychologie. Sie verstehen Teilleistungsstörungen einzuschätzen, müssen integrieren und individuell kompensieren können. Schließlich müssen Lehrer durch Computer, Internet und geeignete Software freigesetzt werden für sozialpädagogische Zuwendung und für Elternarbeit (Struck / Würtl 1999, S. 23, 24). Die pädagogische Literatur umfaßt einen weiten Canon an bildungswissenschafts- schultheoretischen und praxisorientierten Erkenntnissen, Empfehlungen, Visionen und Handlungsorientierungen. Dennoch scheint seitens der Lehrerschaft wenig bis gar nicht davon Gebrauch gemacht zu werden. Lehrer betrachten die Bedeutung von Theorie für pädagogisches Arbeiten eher gering (Bauer 1995, S. 119). Sind die Gründe hierfür „Übersetzungsschwierigkeiten“ oder mangelhafte Anwendbarkeit? Sind sie unerheblich, vielschichtig auslegbar und nur durch schwierige Schrittfolgen gekennzeichnete Modellvorstellungen? Lehrer sind stark praxisorientiert ausgerichtet. Das ist ein Ergebnis aus der Unterrichtsreflexion und Erfordernis für die täglichen Arbeitsbewältigung. Der schnelle Zugriff auf rezeptive Verfahrensweisen verkürzt die Phase der Unterrichtsvorbereitung und hat einen arbeitserleichternden Effekt. Bei weitergehender Ursachenforschung ist festzustellen, dass die Verhaltensmuster in der Referendarzeit – sie ist grundprägend für das künftige Lehrerverhalten – stereotypisiert werden. Im eigentlichen Sinne müßte sie die Phase des persönlichen Gewinnerwerbs schulpraktischer Erfahrung sein, vorwiegend basierend auf der Analyse eigenständigen Agierens, der selbstreflektierten Eigenbeobachtung, des Probierens, des didaktisch-methodischen Experimentierens, der kritischen Auseinandersetzung mit den eigenen Unzulänglichkeiten in der Unterrichtsführung und in der Kommunikation mit den Schülern. Leider wird in vielen Fällen während der Referendarzeit eine gängige Praxis durchgezogen, die nicht mehr zeitgemäß ist und wohl im Grunde nie war. Es wird der unwirksame Versuch unternommen, die unterschiedlichen Temperamente auf ein universelles Lehrerverhalten zu fixieren. Dadurch werden Anfangseuphorie, Kreativität und Engagement im Keim erstickt. Die fachliche Kompetenz, die sich im didaktischen Reduktionsvermögen, einer themenbezogenen Methodenwahl und einer schüleradäquaten Unterrichtsorganisation dokumentiert, wird häufig nicht entsprechend gewürdigt. Deshalb wäre es ratsam über eine Modifizierung der Beurteilungskriterien zu diskutieren. Sie sollten nicht nur – wie bislang meistens praktiziert – vorwiegend kritisch benotend, einweg-weisend, sondern kritisch begleitend, Wege offenlassend sein. Die zweite Ausbildungsphase ist wissentlich kein Gang in die Verselbständigung; vielmehr ist sie ein Prozeß zur Förderung der 96 Selbständigkeit und ein Stadium der Persönlichkeitsentfaltung mit Blick auf den Zugewinn von Sach- und Handlungskompetenz, sowie die Aneignung eines Methodenrepertoires; denn Lehrern wird Entwicklung und Veränderung in der Schule und im Unterricht zugetraut und anvertraut ... weil sie Experten für Entwicklung und Veränderung sind oder sein sollen (Eikenbusch 1998, S. 55). Darüber hinaus geht es um den Kenntniserwerb für Kriterien der pädagogischen Professionalität, die der erfüllt, der selbständig und eigenverantwortlich unter internkollegialer Abstimmung und Kontrolle auf schwach strukturierte, wechselnde, „fluktuierende“ Problemlagen antwortet (Bauer 1995, S. 117). Die Einsicht in die Notwendigkeit kooperativer Zusammenarbeit mit Kollegen sollte die Positionen der „Einzelkämpfer“ frühzeitig relativieren, auch wenn diese sich selbst als pädagogisch erfolgreich bezeichnen. Die erweiterte Autonomie bietet nach eingehender Diagnose des schulischen Ist-Zustandes die Möglichkeit zu selbstkonzipierter Schwerpunktbildung, wodurch Unterschiede zwischen den einzelnen Schulen deutlich werden. Dadurch wird den Schulen die Möglichkeit gegeben, in Konkurrenz zueinander zu treten. Konkurrenzfähig werden nur Schulen sein, die ihre Konzeption gemeinsam als Team umsetzen können. Teams als bildende und bindende Kräfte mit organisatorischer und pädagogischer Gesamtkonzeption: offen, kritisch, zielorientiert. Dieser Aufgabenbereich bedarf des steten kollegialen Dialogs mit konsensuellen Entscheidungen, denn nur Schulen, in denen über Qualität gesprochen wird, erbringen einen diesbezüglichen Nachweis, der sich nicht nur an der Schülerleistung bemißt, sondern auch an dem, was die Einzelschule den Lernenden anbietet (Kempfert / Rolff 1999, S.14). Es war eine Frage der Zeit und bei Beobachtung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungsprozesse absehbar, wann die Aufforderung an die Schulen ergehen würde, sich in ihrer Arbeit bewußt und nachweisbar qualitätsorientiert auszurichten. Selbst wenn der Gedanke zu einer Qualitätsoffensive mancherorts latent vorhanden gewesen sein mag, war seine Umsetzung wegen gegebener Voraussetzungsgebundenheit nicht ohne weiteres machbar, denn gängige industrielle Qualitätsstandards sind nicht auf schulische Arbeitsfelder übertragbar. Erst die Erkenntnisse aus wirtschafts- und sozialwissenschaftlicher Forschung brachte mit der Erweiterung des produktorientierten zum prozeßorientierten Qualitätsbegriffs ein schuladäquates Meßinstrumentarium, durch das die Schulen in den Stand versetzt waren, auf Erprobtes zurückgreifen zu können, es anzuwenden und zu nutzen. Qualität ist zu entwickeln, zu sichern, zu managen und zu evaluieren. Kennzeichen einer dynamischen Qualitätsentwicklung ist innerhalb eines permanenten Informationsprozesses eine Stärke- bzw. Schwachstellenanalyse mittels derer Verbesserungsvorschläge eingebracht werden, die 97 als Korrektive oder Impulsgeber wirken. Spies verweist darauf, dass es eine Qualitätssicherung mit klar definierten und regelmäßig überprüften Qualitätskriterien und – standards für Schulen bisher nicht gibt und formuliert kurz, dass Qualitätssicherung dafür sorgt, definierte Qualitätsanforderungen zu erfüllen (Spies 1997, S. 12). Seine Aussagen faßt er zu folgender Gleichung zusammen: Kriterien Regelmäßige Qualitätssicherung ↔ Indikatoren + Überprüfung Standards Kempfert und Rolff (1999, S. 16) stellen Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung unter den Begriff Qualitätsmanagement. Sie verweisen in dem Zusammenhang auf vier Aufgaben des zentralen Qualitätsmanagements staatlicher Einrichtungen, die hier nur stichpunktartig genannt werden: • Verallgemeinerung des Qualitätsthemas, also Überwindung von Einzelsichten, Zusammenführung unterschiedlicher Interessen, Gewährleistung pädagogischer Ansprüche und Wahrung von Zukunftsfähigkeit. Es geht nicht nur darum, einzelne Maßnahmen durchzuführen, sondern ein positives Klima für Qualität insgesamt zu schaffen. • Sicherung von Standard und Vergleichbarkeit durch Vereinbarkeit klarer Normen für Abschlüsse. Das setzt Systembeobachtung voraus, international Monitoring genannt, wozu auch vergleichende Leistungstests nützlich sind oder Normarbeiten bzw. Musteraufgaben. • Schaffung zuträglicher Rahmenbedingungen, wozu die Bereitstellung vergleichbarer Ressourcen gehört. Es zählen dazu Lehrplanvorgaben sowie Ausbildungs- und Anerkennungsordnungen für das Lehramt. • Erzeugung von Entwicklungsimpulsen durch Projektmittel, Unterstützungs- agenturen oder Förderprogramme. Qualitätsmanagement definiert Spies als Teil der Leitungsverantwortung, der bewußte Umgang mit Qualität, deren Entwicklung und Sicherung bedeutet Qualitätsmanagement (Spies 1997, S. 13). Allgemein zu verstehen sind darunter alle Tätigkeiten mit dem Ziel des Erhalts und der Verbesserung definierter Qualitätsstandards. Die Qualitätsevaluation ist der Kontrollbereich, ohne den der Qualitätsentwicklungsprozeß nicht voranzubringen ist. Durch sie erfolgt die systematische Überprüfung der Qualität. Qualitätsevaluation steht im 98 Mittelpunkt des Qualitätsmanagements. Zu evaluieren bedeutet auszuwerten, zu überprüfen, Wirkungen zu kontrollieren. In der Praxis sollten sowohl innere als auch äußere Evaluation nach einer Phase skeptischer Distanzierung an Akzeptanz gewinnen und zu bedeutenden Impulsgebern für die Schulentwicklung werden, denn die Evaluation stellt eine Form der Praxisforschung dar und sie verlangt nach Professionalität. Auch die Selbstevaluation sollte zur gängigen Praxis werden. Durch sie dokumentiert der Einzelne Wille und Bereitschaft zur Veränderung. Nur unter diesem Aspekt kann Evaluation zu einer neuen Arbeitskultur in den Schulen führen (Kempfert / Rolff 1999, S. 24). Es darf davon ausgegangen werden, dass die Qualitätsentwicklung innerhalb des gesamten Schulentwicklungsprozesses das herausragende schulpraktische Thema bleiben wird, weil die Anzahl der Qualitätsbereiche – beispielhaft erwähnt seien hier vor allem Unterricht, Erziehung, Lehrerkooperation und Elternarbeit (sie gehören zum Fragenkomplex des Interviews) – groß ist und sich daraus ein permanenter Handlungsbedarf ergeben dürfte. Bei der vorbereitenden Arbeit muß folgenden Überlegungen Raum gegeben werden • was sollte geleistet werden • was muß geleistet werden • was kann geleistet werden Qualität bedeutet in der Praxis nicht nur die kurzfristige Beseitigung von Mißständen, sondern in der Grundhaltung ihr gegenüber: • Bereitschaft zur Veränderung, • neue Wege zu akzeptieren • Ehrlichkeit, Interesse und Entschiedenheit. Neben der Qualitätsentwicklung, der Evaluation, dem Aufbau von Kooperation und Kontinuität sind die Identifikation durch Leitbilder, in denen sich die gemeinsame Philosophie der Schule ausdrückt – Grundwerte und Normen – Orientierung, auch Sinnbegründung von Aktivitäten sowie die Schulprogramme zur Präsentation sinnvoller pädagogischer Schulgestaltung, als Informationsmedien und Orientierungshilfen weitere Eckpfeiler im innovativen Schulentwicklungsprozeß. Die ursprüngliche Idee der Leitbilderstellung entstammt dem Wirtschaftsbereich. Leitbilder, potentiell auch als Grundsätze, Verfassungen oder Philosophien bezeichnet, dienen der Dienstleistungsverbesserung. Für die Schule gilt als differenzierte Dienstleistung nach Spies, dass jedes Kind eine ihm entsprechende Förderung, unabhängig seiner Begabung oder Herkunft erhält. Außerdem ist die Schule aufgefordert sich kundenorientiert zu verhalten, denn Eltern und Kinder sind Kunden der Schule. Sie orientiert sich an deren Bedürfnissen, 99 wenn sie einen Teil der Erziehung übernimmt und Kinder und Jugendliche auf Leben und Beruf vorbereitet (Spies 1997, S. 11). Leitbilder sind von langfristiger Gültigkeit. Bei ihrer Erstellung kommt es häufig zur Änderung bzw. Aufgabe traditioneller Überzeugungen und Routinen (Für die Schule sollte doch eingeschränkt gelten, dass Neues auch zum Alten passen muß.) Leitbilder sind Orientierungs-, Handlungs- und Gestaltungsrahmen für die Organisationsmitglieder. Ihre Akzeptanz beruht auf Freiwilligkeit und Überzeugung als Zeichen von Veränderungsbereitschaft und Anpassungsfähigkeit mit der Folge der Verbesserung des Arbeitsklimas auf der Basis von erfolgter Identifikation und durch neue Motivationsschübe. Leitbilder sind dann die Basis für Strategieverbesserung und Effizienzsteigerung, wenn sie systemadäquat und individuell erstellt wurden und zwar vom Ort aus, an dem sie benötigt werden. Ein Leitbild als Ausdruck des pädagogischen Selbstverständnisses einer Schule erfüllt als entscheidendes Element im Qualitätsentwicklungsprozeß drei zentrale Aufgaben wie Präzisierung der Kriterien für Qualität, artikuliert die pädagogische Perspektive für Qualität und verkörpert die Visionen, was in der Folge der Qualitätssicherung zuträglich wäre (Kempfert / Rolff 1999, S. 62). Ein durchdachtes Schulprogramm muß die schriftliche Gestaltung eines Leitbildes wie Präambel, Kernleitbild, erweitertes Leitbild (Operationalisierung des Kernleitbildes) enthalten (Belzer 1995, S. 48). Drei Leitbildfunktionen (Bromann 1995, S. 64) dürfen, weil sie für die Organisations-mitglieder – hier Kollegium – von schulpraktischer Relevanz sind, nicht unerwähnt bleiben. Es sind dies die 1. Identifikationsfunktion: Die Akteure identifizieren sich mit den Grundsatzzielen, den Strategien und dem Selbstverständnis ihrer Institution. 2. Motivationsfunktion: Persönliche Verantwortungsübernahme zur Zielerreichung 3. Orientierungsfunktion: In neuen, kritischen Situationen ist einheitliche Grundhaltung von handlungs-leitender und richtungsweisender Bedeutung. Bleicher (1992) und Demuth (1993) empfehlen die Beachtung von zehn Regeln, von denen hier nur die erwähnt werden sollen, die in der allgemeinen Betrachtung nicht erwähnt wurden. Es soll darauf geachtet werden, dass Leitbilder • Allgemeingültigkeit haben ohne Berücksichtigung von Einzel- oder Sonderaspekten. • nicht detailliert geregelt sein dürfen und den Charakter von Vorschriften aufweisen. 100 • auf Wahrheit basieren und durch Realisierbarkeit ihrer Ziele gekennzeichnet sein müssen. • einprägsam und individuell sein müssen. Philipp und Rolff (1999, S. 15) empfehlen ebenfalls die Zahl zehn als Begrenzungsgröße für die Leitsätze eines Leitbildes und erwähnen das wohl prägnanteste Leitbild einer kanadischen Schule, dass lediglich aus drei Wörtern besteht: • Academics kurz Bildungsinhalte nicht nur Vermittlung von kognitivem und technischem Wissen, sondern verstehen von Disziplinen und Zusammenhängen • Teamwork Unterrichtet und Unterrichtetwerden in arbeitsfähigen Gruppen, Wechselwirkung zwischen Beteiligten • Self-Management etwa „Selbstregulation“, Leitbild bezogen auf Lehrer-Schülerkommunikation. 5 Steuergruppen – Instrumente mit vielschichtigen Aufgaben Steuergruppen, zu Beginn des Schulentwicklungsprozesses in einigen Schulen entstanden, sind gegenwärtig, wie Analysen belegen, im zunehmenden Maße flächendeckend existent. Sie sind ein Novum in der schulischen Entwicklungsgeschichte und stehen für einen vollzogenen, eventuell mancherorts noch zu vollziehenden Wandel innerschulischer Organisations- strukturen. Mit Rolff (2006, S. 331-356) können die Steuergruppen in ihrer Genese, ihren Wirkungsbereichen und Problemfeldern detailliert wie folgt dargestellt werden. Der Einstieg in die Thematik gibt ein Fallbeispiel, das die schrittweise Erstellung eines Leitbildes in einer Baseler Berufsschule vor dem Hintergrund der Tätigkeit einer Steuergruppe schildert. Dort wurde zunächst ein Konzept für die Leitbildarbeit ausgearbeitet und eine Leitbildumfrage bei Schülern, Lehrern sowie Mitarbeitern der Verwaltung geplant und durchgeführt, danach eine „Zukunftskonferenz“ mit externen Experten veranstaltet und am Ende die Rohfassung des Leitbildes erstellt, die auf einer anschließenden Konferenz allen Beteiligten zur weiteren Bearbeitung überlassen wurde. Man hielt sich an folgende Methode: • Jede Lehrkraft erhielt einen Rohtext und sollte ihn überarbeiten. Sie hatte dafür ungefähr eine halbe Stunde Zeit. 101 • Jede Lehrkraft suchte sich dann eine zweite und dritte Kollegin bzw. Kollegen und überarbeitete den Text im Trio. • Aus den Trios wurden dann Sextette. Damit die Heterogenität des Kollegiums frühzeitig beachtet wird, bekam das Trio ein weiteres hinzugelost. • Schließlich wurden die Sextette verdoppelt und es entstanden Zwölfergruppen. • Am Schluss gab es zehn Versionen, die aus den Zwölfergruppen stammten. Die überarbeiten Versionen gingen an eine Redaktionsgruppe, die sie zusammenfügte und der Lehrerkonferenz zur Abstimmung vorlegte. Die Abstimmung lief ohne Probleme ab, weil alle Beteiligten an der Erstellung des Leitbildtextes konkret und intensiv mitgewirkt hatten. Der Endversion stimmten bei vier Enthaltungen und fünf Gegenstimmen 113 Personen zu. Mit der endgültigen Verabschiedung des Leitbildes durch die Schulleitung wurde der für alle verbindliche Handlungsrahmen in Kraft gesetzt. Er enthält 5 Schwerpunkte: 1. die pädagogische Zielausrichtung sowie der Umgang mit den Schülerinnen und Schülern; 2. der Umgang der Mitarbeitenden untereinander; 3. die Ausrichtung der Führung; 4. die Weiterbildung der Beschäftigten; 5. die Weiterentwicklung von Qualität. Die Ergebnisse einer anschließenden Evaluation brachten am Schluß diese Erkenntnisse: • Der Schule ist es gelungen, ein überzeugendes Leitbild innerhalb eines partizipativen Prozesses zu entwickeln. • Die Lehrpersonen haben eine kritisch-konstruktive Einstellung zum Leitbild gefunden, die es ihnen ermöglicht, eine noch zu verbessernde Umsetzungspraxis anzunehmen und eine Weiterentwicklung des Leitbildes ins Auge zu fassen. Etablierung einer Steuergruppe Rolff weist noch einmal darauf hin, dass jeder Prozess von einer Steuergruppe professionell vorbereitet und gesteuert wurde. Von ihr wurden die Lehrer- und Schülerumfragen durchgeführt, der Schulentwicklungstag gestaltet, der Rohtext des Leitbildes entworfen und letztlich bearbeitet. Ihre Anschlußarbeit war keine Schulprogrammerstellung, sondern sie hat 102 eine Reihe wirksamer Maßnahmen der Schulentwicklung konzipiert und etabliert wie ein schulweites Schüler-Lehrer-Feedback, kollegiale Hospitation, Personalentwicklung, Zielvereinbarungen und der Einstieg in ein Qualitätsmanagement. Rolff folgert sodann: Steuergruppen sind höchstwahrscheinlich ein Schlüssel zum Gelingen eines kollektiven Diskurses im Kollegium. Sie sind die eigentliche organisationspädagogische Innovation (vgl. dazu Rolff 2001). Dieses Beispiel eines durchdachten und planvoll durchgeführten Prozeßverlaufes ist für Steuergruppen eine von vielen sich bietenden Möglichkeiten, effektiv wirksam zu werden. Steuergruppen als Kern Rolff bezeichnet die Steuergruppen, sie sind mit dem Beginn der Schulentwicklung in manchen Schulen entstanden, als Kernelement eines grundlegend neuen Leitungs- und Organisationsverständnisses von Schule. Sie können als eine der größten Innovationen der jüngeren Schulgeschichte angesehen werden, denn sie koordinieren und steuern für die ganze Schule umfassende, z.T. weitgehende und nachhaltige Schulentwicklungsprozesse. Die ersten schulischen Steuergruppen im deutschsprachigen Raum regten 1987 Dalin und Rolff in Nordrhein-Westfalen an (Dalin / Rolff 1990, S. 63 ff.) Trotz einer noch recht kurzzeitigen Aktionsphase von Steuergruppen liegen bereits erste Analysen zur Verbreitung und Arbeitsweise, zu ihrem Verhältnis zum Kollegium und zur Schulleitung, ebenso zu einer vermuteten Wirkung vor, und es sind notwendige Rollenklärungen erfolgt. Verbreitung und Arbeitsweise Die bereits an anderer Stelle zitierte Inhaltsanalyse von Hamburger Schulprogrammen (Holtappels / Müller 2002) besagt, dass in zwei Dritteln (65%) aller Schulen für die Schulprogrammarbeit Steuergruppen gebildet wurden, in großen Schulen deutlich häufiger (Berufsschulen 86%). Die Existenz einer Steuergruppe erwies sich als bedeutsam im Hinblick auf die Qualität des Schulprogramms als Entwicklungsinstrument. Von Kanders wird 2002 in einer landesweiten Evaluation der Schulprogrammarbeit in Nordrhein-Westfalen die Bedeutung von Steuergruppen empirisch belegt: Die Programmarbeit ist in Nordrhein-Westfalen obligatorisch. Die Einrichtung von Steuergruppen erfolgte in drei von vier Schulen. In Grundschulen sind es 41%, in Gymnasien und Berufskolleg 90% bzw. 96%. Neben den Lehrkräften gehörten fast durchgängig Vertreter der Schulleitung (zu 89%) zur Steuergruppe, während Schüler mit 17% und Elternvertreter mit 25% beteilig waren. Die Steuergruppenarbeit des Niedersächsischen Qualitätsnetzwerkes 103 wurde von Holtappels u.a. (2005) untersucht, wobei 59 Schulen einbezogen wurden. Die Befragung erfolgte bei allen Steuergruppenmitgliedern der beteiligten Schulen. Im Ergebnis zeigte sich, dass alle untersuchten Schulen eine Steuergruppe eingerichtet hatten und dass in allen Steuergruppen die Schulleitung vertreten war. Es wird darauf verwiesen, dass die so hohen Werte insofern nicht überraschen, als es bei fast allen größeren Schulentwicklungsprojekten mit dem Thema Selbständigkeit oder Eigenverantwortung zur Gewohnheit geworden ist, die Einführung von Steuergruppen vorzuschreiben. Drei Auswahlkriterien bestimmen vorwiegend und ausschlaggebend den Zugang als Mitglied der Steuergruppe: 1. Interesse (95%) 2. Vorerfahrungen in Schulentwicklungsprozessen (40%) 3. die Einstellung zum Projekt (40%). In größeren Schulsystemen werden weitere Entscheidungskriterien wie Gremienzugehörigkeit, Fachkonferenz (je 26%) oder Jahr- bzw. Bildungsgänge (22%) bedeutsamer. Hinsichtlich der Zusammensetzung der schulischer Steuergruppen nach Geschlecht zeigt die Stichprobe für die jeweilige Schulform eine repräsentative Verteilung. Immerhin war das Geschlecht für 20% der Schulen ein wichtiges Kriterium für die Auswahl ihrer Steuergruppenmitglieder, das Alter hingegen in nur knapp 11%. Die Befragten sind neben ihrer Steuergruppenarbeit in anderen schulischen Funktionsstellen engagiert, wobei fast 70% von ihnen neben ihrer Steuergruppentätigkeit mindestens zwei weitere Funktionen ausüben. Der Befragung zufolge, nach der festgestellt wurde, welche Personengruppen in der Steuergruppe mitwirken sollten, nannten sechs von 90% die Schulleitung, 52% die Eltern und 34% die Schüler. Kanders hat 2002 in einer für Nordrhein-Westfalen repräsentativen Stichprobe die Schulleiter nach Aufgaben der Steuergruppe mit dem Ergebnis gefragt, dass diese eine Vielzahl von Aufgaben angaben, die die Steuergruppen wahrgenommen hatten. Genannt wurden: • Vermittlung und Information im Kollegium • Koordination und Prozeßkontrolle • Moderation • Datensammlung • Evaluation und • schriftliche Abfassung des Programms. Eine Vermittlungsfunktion zwischen Schulleitung, Kollegien und Gremien bzw. Beratung und Betreuung von Arbeitsgruppen oder Gremien sahen die Steuergruppen meistens nicht als 104 eine von ihnen zu erledigende Aufgabe an, obgleich in diesen Bereichen häufig Konflikte und Probleme auftraten und zu lösen waren. Studien aus Niedersachsen und Hamburg über Innovationsprozesse in Grundschulen erbrachten weitere Aufschlüsse über die Arbeit von Steuergruppen. Danach entwickeln sie maßgeblich die Schulkonzeption (vgl. Holtappels 1997, S. 181 ff.). Rund ein Fünftel der Lehrer partizipierte im Entwicklungsprozeß der niedersächsischen Grundschulen durch ihre Steuergruppenarbeit. Die Steuergruppenmitglieder waren annähernd durchgängig, auch jene Personen, die das erforderliche schriftliche Schulkonzept entwickelten. 88% der Steuergruppenmitglieder erarbeiteten Teile des Konzeptes, während andere nur 53% daran beteiligt waren. 85% waren auch die Konzeptverfasser, andere waren es zu 27%. Dieses Ergebnis erfährt seine Bestätigung durch die ähnlich angelegte Studie für die flächenhafte Grundschulreform in Hamburg (Holtappels 2002, S. 96 ff.). Bei den durchgeführten Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Steuergruppenmitglieder bei der Konzeptentwicklung deutlich aktiver in Erscheinung traten als der Rest des Kollegiums, vor allem auch mit Blick auf die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, bei der Materialsichtung, den Organisationsaufgaben, bei AG-Arbeit und Konzeptabfassung. Bei ihrer Evaluation eines großformatigen Schulentwicklungsprojektes in Nordrhein-Westfalen mit 52 Schulen („Schule & Co“) heben Bastian / Rolff (2001) den Stellenwert von Steuergruppen hervor, indem sie die für das Aufgabenprofil der Steuergruppen vier Tätigkeitsbereiche verifizieren: 1. Verwendung von Moderations- und Präsentationstechniken; 2. Förderung von Teamentwicklung; 3. Planung, Koordination, Organisation und Strukturierung des Prozesses; 4. Information. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass neben den Funktionen des „Entwicklungsmotors““ und der Kollegiumsbegleitung, Balanceleistungen bei Widerständen und Zielkonflikten im Kollegium sichtbar werden, wobei dann die Steuergruppen oftmals in das Spannungsfeld zwischen Kollegium und Schulleitung geraten. Die Steuergruppenmitglieder der niedersächsischen Qualitätsnetzwerken wurden zu ihrer Aufgabenwahrnehmung und Arbeitsweise mit dem Ergebnis befragt, dass 91% angaben, in Sachfragen zügig einen Konsens zu erzielen; desgleichen erklärten 91% zielorientiert zu arbeiten und 86% waren der Meinung, dass sie klare Ziele setzen, wohingegen 80% meinten, dass sie die gesetzten Ziele auch überprüfen. 93% bekannten sich zur Verantwortungsübernahme für Schulentwicklungsprozesse und 63% gaben an, Einfluss auf die Unterrichtsentwicklung 105 nehmen zu können. Von besonderer Aussagekraft sind die Angaben der Steuerungsmitglieder im Vergleich zu den Lehrpersonen (Abb. 5). Abb. 5: Einschätzung der Steuergruppenmitglieder im Vergleich zum Kollegium (Holtappels u.a. 2005) Nicht überraschend scheint zu sein, dass das Kollegium die Aufgabenwahrnehmung der Steuergruppe deutlich kritischer sieht als die Steuergruppe selbst. Die Gründe dafür können vermuteterweise Desinteresse bzw. Kommunikations- oder Präsentationsdefizite sein. Die Befragung der Steuergruppenmitglieder der Qualitätsnetzwerke ergab trotz deren zusätzlicher zeitlicher Belastung ein positives Meinungsbild. 88% gaben an, gern in der Steuergruppe zu arbeiten und 81% würden jeder Zeit wieder mitmachen. Die Mehrbelastung durch die Steuergruppenarbeit wurden von 95% akzeptiert, wobei angemerkt werden muss, dass die Steuergruppen in Schulen arbeiteten, die sich freiwillig für die Qualitätsnetzwerke beworben hatten. Von der Annahme ausgehend, dass schulische Steuergruppen eher als Team zu beschreiben sind, wurde eine Skala „Qualität der Teamarbeit“ berechnet. Die Qualität der Teamarbeit wird im Durchschnitt positiv bewertet (vgl. Tab. 1), was den Schluss zuläßt, dass die befragten Steuergruppen augenscheinlich auf den Weg zur Teamentwicklung waren. 106 Tab. 1: Haben Steuergruppen Teamqualität? (Angaben in Prozent) Quelle: Holtappels u.a. 2005 Wirksamkeit Rolff verweist zunächst darauf, dass es noch weitgehend ungeklärt ist, welche Wirkungen die Einrichtung schulischer Steuergruppen in Qualitätsentwicklungsprozessen erzielen. Die Studie der niedersächsischen Qualitätsnetzwerke zeigt diesbezügliche Selbsteinschätzungen der Steuerungsmitglieder auf. Befragt wurden die Steuerungsmitglieder vom IFS nach wirklich an ihrer Schule bearbeiteten Aufgabenfeldern und den Grad der Wirkung, den die Steuerungsarbeit hierfür hatte. Bemerkenswert ist das Ergebnis zur Schulprogrammarbeit, zu der sich annähernd alle Befragten dergestalt äußerten, dass die Wirksamkeit der Steuergruppe im Bearbeitungsprozeß und bei der Umsetzung der Schulprogramme besonders deutlich spürbar war. Der zweite zentrale Arbeitsbereich des Projektes war die Verbesserung des Unterrichts. Beachtliche 60% der Befragten folgten der Einschätzung, dass sich der Unterricht in vielen Klassen verbessert hat und dafür entscheidende Wirkungen von der Steuergruppenarbeit ausgegangen sind. Der folgenden Tabelle 2 sind weitere 107 Wirkungsvermutungen zu entnehmen, wobei die Herausbildung von Kooperation und Teamstrukturen besonders zu beachten ist. Tab. 2: Wirksamkeit von Steuergruppen (Angaben in Prozent) Quelle: Holtappels u.a. 2005 Rolff faßt zusammen: Multivariate Analysen zeigten, dass die Wirksamkeit von Steuergruppenarbeit entscheidend von der Akzeptanz der Steuergruppe im Kollegium abhängt. Von 20 Schulen, die die Akzeptanz der Steuergruppen im Kollegium am höchsten einschätzen, erzielen 16 auch Spitzenplätze in der Bewertung der Zielbereich „Kooperation bei der Programmentwicklung“, „Unterrichtskooperation“ und „Kohäsion im Kollegium“. 108 Verhältnis zum Kollegium und zur Schulleitung Verhältnis zum Kollegium Die Steuergruppe ist in der Schulentwicklung zentral positioniert. Zu ihr werden alle Informationen geleitet, von ihr zusammengefaßt, verarbeitet und zu Entscheidungs- und Bewertungsvorschlägen aufbereitet. Steuergruppen sind Impulsgeber für Arbeitsgruppen oder Schulleitung. In der Kommunikation liegt ihre Wirkung. Den Steuergruppen obliegen keine hierarchischen Aufgaben, und sie bilden keine basisdemokratische Repräsentanz. Sie stehen in enger Zusammenarbeit mit der Schulleitung und erzielen dann ihren höchsten Wirkungsgrad, wenn sie die Perspektiven und auch die Konfliktlinien des Kollegiums abbilden und konstruktiv bearbeiten. Die Moderation, von Rolff als Grundlage jeglicher Steuerung bezeichnet, ist häufig eine situationsangepaßte Variante der Steuerungstätigkeit, die dann ihre professionelle Steuerungswirkung vermindert, wenn sie in die Konferenzmoderation abgleitet, weil sie lediglich ausufernde Diskussionen in Lehrerkollegien in geordnete Gesprächsbahnen lenkt. Meinungs- und Entscheidungsbildungen eines Kollegiums laufen nicht ohne Emotionen ab. Auch rationale Argumentationslinien sind nicht frei von ihnen. Dieser Umstand führt bei der Moderation zu einem breiten Aufgabenspektrum: • festgefahrene Standpunkte lösen • Verhärtung in der Debatte auflösen • Kontrakte schließen und Rollen aushandeln • Ziele vereinbaren, Zwischenziele definieren • Prozesse „sichtbar“ machen (visualisieren, aufstellen, studieren) • Abweichungen erkennen und gegensteuern • Konfliktspannungen frühzeitig erkennen. Nicht wenige Kollegen empfinden die Aktivitäten der Steuergruppe als persönliche Ansprache an sie, Engagement offenbar werden zu lassen. Dieses indirekte Angesprochensein erzeugt Unbehagen und führt zu Spannungen, die sich dann noch verstärken, wenn sich ein durchsetzungsfähiges Steuerungsteam unbeirrt mit der Synergieentwicklung der konstruktiven Konfliktklärung und einer ergebnisorientierten Entwicklungsarbeit befasst. Durch die Umsetzung eines konsequenten Rollenverständnisses kann sich eine Steuergruppe relativ leicht in eine etwas randseitige Position manövrieren. Fakt ist jedenfalls, dass die Wirksamkeit von Steuergruppen von der Akzeptanz in ihren Kollegien abhängt. Dazu verweist Rolff auf die IFS-Studie über die niedersächsischen Qualitätsnetzwerke, in der die Akzeptanz anhand einer Selbsteinschätzung der Steuerungsmitglieder untersucht und einer 109 Kollegiumsbefragung gegenübergestellt wurde. Interessant ist zu vermerken, dass eine Selbst- und Fremdeinschätzung kaum divergieren und dass auf die häufig geäußerte Befürchtung, die Steuergruppe werde im Kollegium als „Elitegruppe“ oder abgekapselter „Kader“ angesehen, nicht zutrifft, denn die Steuergruppe ist selbstkritischer als die Kollegeneinschätzung. Die insgesamt recht große Akzeptanz lässt sich nicht durchgängig erreichen: 62% der Lehrkräfte schätzen offenbar die Arbeit ihrer Steuergruppen, ein Drittel bleibt auf Distanz (Abb. 6). Rolff empfiehlt deshalb den Steuergruppen auf ein klar ausformuliertes und im Kollegium förmlich abgestimmtes Mandat zu bestehen, um deshalb eine Akzeptanzerhöhung bei den Kollegen zu erreichen. Abb. 6: Akzeptanz schulischer Steuergruppen im Kollegium (Holtappels u.a. 2005) Ein Mandat begrenzt beiderseits die Erwartungshaltung. Ein Informationskonzept, das der Akzeptanzförderung dienlich ist, haben Mayershofer und Kröger (2001, S. 102 ff.) verfasst. Darin enthalten sind wichtige Hinweise zu den Anforderungen an ein Informationskonzept und zu seiner Erarbeitung. Die Ziele des Informationsmanagement sind demnach: • die fachlich und persönlich notwendige Information • in der sinnvollen Tiefe und Qualität • zum richtigen Zeitpunkt 110 • in einer hilfreichen Struktur und verständlichen Sprache • mit einem adäquaten Medium • an der richtigen Stelle zur Verfügung zu haben. Das Informationskonzept sollte anhand einer „Checkliste“ der folgenden Fragen zugrunde liegend, abgearbeitet werden: • Wer genau braucht welche Information wozu - im Projekt? - außerhalb des Projektes? • Was gelingt in der Projektarbeit besser, wenn die Information gegeben wird? • Was würde nicht gelingen, wenn die Information fehlen würde? • Wie oft, wie regelmäßig ist die Information nötig? • Wie lange ist die Information gültig und damit überhaupt hilfreich? • Welche Informationsmedien werden in unserer Organisation / im Seminar / in der Schule sinnvollerweise genutzt? • Wie muss die gegebene Information strukturiert und aufbereitet werden, um für den Empfänger möglichst hilfreich zu sein? • In welcher Form und mit welchem Medium muss die Information gegeben werden? • Wer ist für die verschiedenen Informationen verantwortlich? • Welche Nahtstellen gibt es zwischen unserem Projekt und anderen Projekten oder Arbeitsgebieten? • Welche strategische Bedeutung hat unser Projekt und welchen Informationsbedarf gibt es dadurch? • Wer außerhalb des Projektes könnte unsere Arbeit fördern oder behindern? • Welche formellen und informellen Regeln fördern oder behindern sinnvolle Informationspolitik? • Welches Feedback zu einzelnen Informationen wird benötigt? Rolle der Schulleitung Rolff verweist darauf, dass die Rolle der Schulleitung bei der Steuergruppenarbeit als noch ungeklärt gilt und die Rollenzuschreibungen ein weites Spektrum abdecken, das von „Schulleiter sollten überhaupt nicht Mitglied der Steuergruppe werden“ bis zu der Forderung „Schulleiter sollten Vorsitzende sein“, reicht. Die Untersuchung der niedersächsischen Qualitätsnetzwerke kommt rein quantitativ zu dem Ergebnis: nach Ansicht fast aller Steuergruppenmitglieder sollte der Schulleiter Mitglied der schulischen Steuergruppe sein 111 (96%). Für diese Konstellation spricht, dass auf diese Weise der Informationsfluss zwischen Steuergruppe und Schulleitung ohne weiteres direkt gewährleistet ist. Es ist der kürzere Weg der Verständigung mit der Leitungsebene. Zusätzlich wird durch die Zugehörigkeit des Schulleiters zur Steuergruppe einer falschen Kompetenzinterpretation entgegengewirkt, nämlich der, dass sie sich selbst als Leitungsgremium definiert, das in Konkurrenz zur Schulleitung steht. Derartige Strukturen heißen in der Organisationssoziologie Parallelstrukturen; sie führen des öfteren zu Konflikten und Blockaden. Anders gedacht, sollten der Schulleiter in der Steuergruppe nicht den Vorsitz innehaben, weil dann die Steuergruppe den Status eines Ausschusses der Schulleitung bekäme und nicht den einer Einrichtung des gesamten Kollegiums. Das Verhältnis zwischen Schulleitung und Steuergruppe ist in vielen Schulen sowohl ein wichtiges als auch ein konfliktreiches Thema, das jedenfalls innerhalb der Schule thematisiert und projektbezogen geklärt werden muss. Der Schulleiter sollte jedenfalls die eigene Rolle deutlich veranschaulichen. Die Schulleiterrolle innerhalb der Steuergruppe ist unter sozialpsychologischem Aspekt gesehen recht schwierig, weil sie eigentlich einem Rollenbündel entspricht, das innerhalb der Einzelschule zu beachten ist. Es handelt sich um ein „Einerseits-andererseits-Problem“, denn einerseits ist der Schulleiter innerhalb der Steuergruppe ein Mitglied ohne jegliche Sonderrechte; andererseits wiederum sind Schulleiter als vorgesetzte, in vielen Ländern sogar als Dienstvorgesetzte zu betrachten. Würde nun die Vorgesetzteneigenschaft von dem Schulleiter während der Steuergruppenarbeit aktiv praktiziert, so könnte das zu zahlreichen konfliktträchtigen Situationen führen. Richtungsweisend erklärt Rolff: die Steuergruppe ist kein hierarchisches, sondern ein heterarchisches und egalitäres Gremium, das den Konsens, den „gemeinsamen“ Grund sucht. Deshalb ist es auch funktional, wenn in der Steuergruppe keine Mehrheitsentscheidungen fallen, sondern Beschlüsse einstimmig gefasst werden müssen. Damit wird ausgeschlossen, dass die Schulleitung überstimmt wird. Ist Einstimmigkeit bei der Konfliktlösung mit der Schulleitung nicht zu erzielen, muss die Entscheidung ausgeklammert oder außerhalb der Steuergruppe, d.h. in der formellen Entscheidungslinie, getroffen werden. Mit der entsprechenden Befugnis ausgestattet und häufig dazu neigend, erteilten sie der Steuergruppe Aufträge, was ihre Rolle als Schulleiter kompliziert werden lässt. Einer Studie zu niedersächsischen Steuergruppen ist zu entnehmen, dass fast die Hälfte der Steuergruppenmitglieder angibt, Aufträge von der Schulleitung erhalten zu haben, doch viel häufiger ist das Gesamtkollegium der Auftraggeber und am häufigsten die Steuergruppe selbst, was als Beweis für eine hohe Autonomie der Steuergruppe gelten kann. 112 Zuständigkeit der Innenarchitektur Mit Rolff lässt sich die Rolle der Schulleitung am ehesten im Rahmen der Zuständigkeitsregeln, die er als „Innenarchitektur der Schule“ bezeichnet, klären. Unterschieden wird zwischen Steuergruppen und Projektgruppen. Zur Steuergruppe Ihre Zweckhaftigkeit für die Schulentwicklung und somit für das Ganze der Schule steht außer Frage. Folgende Aufgabenbeispiele bilden den Tätigkeitsbereich einer Steuergruppe ab: • gemeinsame Diagnose / Bestandanalyse • Entwicklung eines Schulprogramms • Aufstellung eines Umsetzungsplans • Etablierung von Teamstrukturen • Verbesserung der Kollegiumskultur • Aufbau eines Qualitätsmanagements. Die Steuergruppe arbeitet im Auftrag des Kollegiums, auch mit der Maßgabe, allgemein einen hohen Aktivierungsgrad bei den Kollegen zu erreichen. Der Schulleiter sollte Mitglied der Steuergruppe sein, aber sie bei Anspruchsverzicht nicht leiten. Auch in eigenem Verständnis der Schulleitung sollte die Steuergruppe als Lernort aufgefasst werden. Eine Steuergruppe ist nicht für alle Aufgabenbereiche zuständig. Sie koordiniert die Arbeit anderer Gruppen, etwa Fachgruppen, und sie kann eigene Gruppen einsetzen, die sie dann zur Unterscheidung von Projektgruppen besser Arbeitsgruppen nennen sollte. Sich selbst als Projektgruppe zu bezeichnen, wäre nach Rolff unangebracht, weil das die Innenarchitektur verunklaren würde. Eine treffendere Bezeichnung wäre entweder Impuls- oder Schulentwicklungsgruppe. Wegen einer erkennbaren Unschärfe wäre auch der Begriff Koordinierungsgruppe ungeeignet, denn Steuergruppen erledigen mehr als bloßes Koordinieren, sie steuern, teilweise aus eigenem Antrieb. Zur Projektgruppe Projekte sind komplex, innovativ, partikulär und temporär. Letzteres sind Steuergruppen auch. Ihre Wechselzyklen erstrecken sich über Jahre und sind damit deutlich länger als die der Projektgruppen. Während Steuergruppen Organe der ganzen Schule sind, ist das Projektmanagement eine Leitungsangelegenheit; denn die Schulleitung setzt Projektgruppen ein und bestimmt • den Auftrag • die Zusammensetzung und • die Leitung / sie kann sogar selbst leiten. 113 Die Schulleitung kann auch darüber entscheiden, dass Projektgruppen vom Kollegium bestätigt werden und ihre Leitung selbst wählen. Projekte unterscheiden sich von Kommissionen bzw. Ausschüssen der Schulleitung, beispielsweise einer Budgetkommission. Die folgende Abbildung zeigt eine Art Innenarchitektur einer Schule mit Steuergruppe in zusammenhängender Darstellung. Abb. 7: Innenarchitektur einer Schule (IFS / Rolff 2005) Die zumeist in den Schulgesetzen und Rechtsverordnungen geregelte Struktur einer Schule wird durch die durchgezogenen Linien gekennzeichnet, die unterbrochenen Linien markieren die Prozessstruktur, die auf der Arbeit der Steuergruppe beruht. Es gehören dazu die von der Steuergruppe eingesetzten Arbeitsgruppen (AGs), genauso wie Schulentwicklungstage, d.h. Veranstaltungen des ganzen Kollegiums (z.B. mit Eltern- und Schülervertretern), die die Steuergruppe initiiert, moderiert und auswertet. Nur bei diesen Prozessfragen trifft die Steuergruppe die Entscheidungen, wohingegen alle anderen Entscheidungen im Zuständigkeitsbereich der Schulleitung liegen. Der Steuergruppe steht es zu, Empfehlungen zu erarbeiten und sie an die Schulleitung weiterzuleiten, die dann darüber befindet. Auch in der Annahme des Falls einer mehrheitlichen Übernahme von Empfehlungen der Steuergruppe bleibt es der Schulleitung unbenommen, sich anderweitig zu entscheiden. Durch eine gegenläufige Entscheidung seitens der Schulleitung, die weder vom Kollegium und schon gar nicht von der Steuergruppe gutgeheißen worden wäre, würde Ärger vorprogrammiert werden, kann aber vorkommen, weil meistens die Mitgliederzahl der Schulleitung die der 114 Steuergruppe übertrifft. Ein Grund für Unstimmigkeit ist auch anderweitig gegeben. Die Abbildung 8 zeigt die Verantwortungen im Überblick. Lehrpersonen Ergebnisverantwortung Steuerungsverantwortung Schulleitung Umsetzungsverantwortung Ergebnisverantwortung Steuergruppen Prozessverantwortung Schulbegleiter / Berater Abb. 8: Verantwortlichkeiten im Überblick Abschließend verweist Rolff noch darauf, dass Steuergruppen keine Zielvereinbarungen mit Fachkonferenzen oder einzelnen Lehrkräften treffen sollten, wie das gewöhnlich gehandhabt wird. Der zuständige Ansprechpartner für Zielvereinbarungen ist eindeutig die Schulleitung. Steuergruppen können dagegen Kontrakte, d.h. Arbeitsvereinbarungen oder Arbeitspakete mit Arbeitsgruppen zustande bringen, die von ihnen selbst initiiert wurden. Bildung von Steuergruppen Die Maxime ist immer die Einbindung aller Lehrkräfte eines Kollegiums bei Prozessvorhaben. Bei der Prozessplanung, die eine kooperative Planung und ein sozialer Prozeß ist, wird die Mitwirkung aller Akteure herausgefordert. Um dem Problem der großen Zahl zu begegnen, sind folgende Überlegungen, die auf Erkenntnissen der Gruppenforschung beruhen, angebracht. Besteht ein Kollegium aus sieben bis zehn Personen, können alle miteinander kooperieren. Eine Steuergruppe erübrigt sich deswegen. Die Sieben ist die Idealzahl für die Gruppengröße (Gruppenforschungsergebnis). Ein Kollegium mit 20 Personen müsste drei Gruppen bilden. Bei 40 Lehrkräften böte sich die Bildung von mindestens vier Gruppen an. Ist die Gruppenstärke größer als 50 Personen, muss anders verfahren werden. Die Einsetzung einer Steuergruppe, mit dem Schulleiter als Mitglied, ist dann unabdingbar (Rolff 2006, S. 309-310). 115 Diese zusammenfassende Darstellung der Arbeitsfelder, Arbeitsbereiche und Wirkungsweisen von Steuergruppen nach Rolff veranschaulicht ihren Bedeutungsgrad als ein zentrales Element und zukünftiger Entwicklungen. Ihre vermehrt einsetzende Tätigkeit weist sie als Indikator für den vollzogenen Prozeßbeginn aus. Allerdings darf bei aller positiven Grundstimmung nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeit der Steuergruppen gleichermaßen flächendeckend positiv bewertet wird. Auch ein zunehmender Bedeutungsgewinn muss erst von allen erkannt und akzeptiert werden, was ein insgesamt langwieriger Prozess werden kann, aber nicht unbedingt sein muss. 6 Forschungsfrage, Zielsetzung und methodisches Vorgehen Forschungsfrage Das Schulprogramm ist ausgewiesen als das zentrale Element innerhalb des Reformprozesses. Es beinhaltet die Entwicklungsplanung, ist Orientierungspapier und seiner Gesamtkonzeption nach so gestaltet, dass die bindende Kraft eines Vertrages deutlich zum Ausdruck kommt. Ein Programm, das vom Kollegium in Eigenregie und mit beständigem Engagement erstellt wurde, kann als Indiz dafür angesehen werden, dass die Aufforderung, den Wandel zur lernenden selbstreflektorischen Organisation aktiv mitzugestalten, akzeptiert wurde und Schritte für einen progressiven Prozeßverlauf eingeleitet worden sind. Mit der vorliegenden Studie, von der ein kleiner regionaler Ausschnitt von Schulen des gleichen Typs (sieben Realschulen) erfaßt wurden, soll untersucht werden, ob deren Schulprogramme bei Einbeziehung aller essentiellen Strukturelemente in die Gesamtkonzeptionen innovative Konturen deutlich hervortreten lassen. Zielsetzung Bei einer realistischen Einschätzung kann davon ausgegangen werden, dass nicht alle Lehrkräfte eines Kollegiums gleichermaßen engagiert „neuen Wegen“ folgen, denn ihre Planungs- und Handlungsstrategien sind aus einer sehr individuellen Sicht heraus vorwiegend auf den eigenen Unterrichtserfolg konzentriert. Das Ingangsetzen neuer Impulsgebungsprozesse mit Kontinuitätscharakter bedeutet u.a. eine generelle Umorientierung, eine wahrscheinliche Verhaltensänderung, eine zumindest partiell korrigierte Standortbestimmung und die Einsicht in die Notwendigkeit kooperativen Denkens, Planens 116 und Handelns. In der Summe geht es schließlich um eine gemeinsame Konsensbildung als Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Deshalb soll herausgefunden werden, ob und inwieweit die Schulprogramme als Instrumente und Orientierungshilfen für einen neuen gesamtpädagogischen Aktivierungsprozeß erkannt und akzeptiert werden oder, ob sie sich aus der Sicht der Beteiligten als ein „vergängliches Übel“ mit zeitlicher Distanz von selbst überholen und in Bedeutungslosigkeit versinken, also Scheinaktivitäten sind, die lediglich schriftlich überzeugend dokumentiert werden. Methodisches Vorgehen Die zusammenfassende Auswertung der Schulprogramme orientiert sich an der bereits erwähnten Kombination der von Rolff und Holtappels festgelegten Qualitätsmerkmale, die als essentielle Strukturelemente verläßliche Aussagen über die Komplexität, sowie eine zukunftsperspektivische und gesamtpädagogische Planungs- und Handlungskonzeption zulassen. Somit werden sie dahingehend untersucht, ob folgende Inhaltsbereiche überhaupt vorhanden sind und deutlich konzipiert hervortreten: 1. Päd. Grundorientierung Päd. Grundsätze, Orientierung, Zielsetzungen 2. Konzeptionelle Arbeitsgrundlage für päd. Handeln Päd. Gestaltungsformen Lehr- und Erziehungsarrangements 3. Selbstvergewisserung über Entwicklungszustand der Schule Entwicklungsschwerpunkte und Arbeitsprogramm 4. Zielbezogenen Gestaltungswillen mit Transparenz und Verbindlichkeit nach innen herzustellen Formen der Qualitätssicherung und Evaluation 5. Päd. Profil der Schule nach außen für Eltern und Öffentlichkeit Schulorganisation und Schulmanagement 6. Zentrale Bedeutung ist, dass das Schulprogramm in erster Linie Arbeits- und Entwicklungsinstrument ist. 117 Dazu braucht es: 7. Bestandteile wie Bestandsaufnahme über: • Konzeptionelle Grundzüge von • Gestaltungsansätzen oder • Schulorganisation • Leitbild • Entwicklungsplanung mit Entwicklungsschwerpunkten • Maßnahmen • Evaluation • Fortbildungsplanung Bestandsaufnahme und Analyse der Schulsituation Curriculare Konkretisierung und Schwerpunktbildung. Qualitätsmerkmale, die in der Auswertung unerwähnt bleiben, kommen in den Programmen nicht vor oder sind allenfalls bloße Stichworte ohne inhaltlich fundierte Zuordnung. Interviews Generell bieten sich für die Auswertung der Interviews zwei methodische Modelle an. Zunächst das Ablaufmodell zusammenfassender Inhaltsanalysen nach Mayring, bei der es im Kern u.a. um die Reduktion durch Selektion und die Reduktion durch Bündelung geht (Mayring 2000, S. 96). Allerdings fällt in diesem speziellen Fall bei 140 Interviewten in der ersten Phase der Paraphrasierung eine beachtlich hohe Anzahl immer gleicher inhaltlicher Aussagen an, die schriftlich fixiert werden müßten, was dann hochgerechnet den Gesamtumfang auf ein unzumutbares Volumen aufblähen würde. In einer ersten Auswertungsphase wurde nach Mayring verfahren, was zu besagter Erkenntnis führte. Ihr gegenüber gestellt, erweist sich die Bauer´sche Fallboxen-Methode als die elegantere, da sich mit ihr die Aussagen kürzer zusammenfassen lassen (Bauer 2004, S. 269-283). Bei der Fülle des angefallenen Interviewmaterials ist die Modifikation der Bauer´schen Fallboxen die sich anbietende Auswertungsalternative, wobei die Bündelung und Reduktion der Aussagen in einem Schritt erfolgen, was zu keinerlei substantiellen Qualitätsverlusten führt, denn die jeweils gebündelten Antworten sind von prägnanter Aussagekraft. Die pointiert sich abhebenden Antworten sind durchaus keine Einzelmeinungen, sondern Tendenzen zum Ausdruck bringen, wurden wegen ihrer etwas überbetonten Formulierung kursiv 118 herausgestellt. Die jeweiligen Interviewfragen wurden für eine Fallbox vertikal ausgewertet und schließen mit einer Zusammenfassung ab. In der abschließenden Schlußbetrachtung werden gemeinsame Erkenntnisse herausgestellt und kommentiert. 119 7 Dokumentenanalyse Bochumer Realschulen 7.1 Bestandsaufnahme über die Schulsituation Die Bestandsaufnahme über die Schulsituation wurde in Form von Standortbestimmungen vorgenommen, bei der der Standort der Schule mit seinen räumlichen Gegebenheiten und seiner besonders günstigen Lage zu Sportplätzen, zur Ruhr-Universität, zu großen Betrieben, besonderen kulturellen Angeboten wie Schauspielhaus, Museum, Lichtspielhäuser, zu Institutionen wie dem Arbeitsamt und zu fachspezifischen Schulen und Berufsschulen. 7.2 Pädagogische Grundorientierung und Gestaltungsformen, Lehr- und Erziehungs- arrangements Unter pädagogischer Grundorientierung wurden in einer Schule Erziehungsziele aufgelistet. Die für eine zukünftige erfolgreiche Lebensgestaltung als essentielle Bestandteile zu vermittelnden Persönlichkeitsmerkmale sind: Lern- und Leistungsbereitschaft, Konfliktfähigkeit und Toleranz, Fähigkeit zu konstruktiver Kritik und Mündigkeit, Eigenverantwortlichkeit und Selbständigkeit, Zuverlässigkeit und Sorgfalt, Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit. Die Schüler sollen so in die Lage versetzt werden, Verantwortung übernehmen zu können und sie sollen wissen, dass sie für ihr Handeln einzustehen haben. Dadurch soll dann die Urteilsfähigkeit gestärkt und die Eigenständigkeit und Selbständigkeit im Denken und Handeln gefördert werden. Eine ausgeprägte Verantwortungskultur wird als präventive Maßnahme zur Verhinderung von Gewalt gefordert. Bezüglich der Leistungsintensivierung wird davon ausgegangen, dass Jugendliche Leistung wollen als einen Bestandteil ihrer Identität und eines auszuformenden Selbstvertrauens. Für eine andere Schule gelten die sogenannten Säulen Unterricht, Erziehung und Öffnung der Schulen, die sich beziehen auf die Richtlinien für die Realschulen und Gedenkschrift „Zukunft der Bildung – Schule der Zukunft“ aus dem Jahre 1995. Dabei werden genannt für den Bereich Unterricht: Medienvielfalt, Arbeitsgemeinschaften, Differenzierung, Kernunterricht, Projekte, Nachmittagsangebote und Hausaufgabenhilfen. Zum Erziehungsfeld gehören ein kritischer Umgang mit den Medien, das Lernen von sozialer Verantwortung auf der Basis des Grundgesetzes und ein daran gekoppelter Erwerb an Verantwortungsbewußtsein. Für den Bereich Öffnung der Schule werden aufgelistet: die Zusammenarbeit mit Grundschulen und 120 Institutionen des öffentlichen Lebens, Schülerzeitung, Berufswahlorientierung und Teilnahme an Wettbewerben, sowie Partnerschaften und Sponsoring. 7.3 Pädagogische Leitbilder Pädagogische Leitbilder wurden nur in drei Schulprogrammen formuliert und sind definiert als Leitsätze, in denen betont wird, dass die Schüler auf dem Wege ihrer schulischen Entwicklung mögliche Anregungen und Hilfe erhalten sollen, ihnen grundlegende Befähigung zu einer selbstbestimmten und verantwortungsbewußten Gestaltung des Lebens in einer demokratisch verfaßten Gesellschaft vermittelt werden sollen. Eingeschlossen sind dabei die Vermittlung kultureller und ideeller Werte, die Hinführung zu sozialem Handeln, die Einsicht in die Notwendigkeit lebenslangen Lernens, sowie die dazu erforderlichen Regeln, dass sich Lehrer unter Mitwirkung von Eltern und Schülern eine Schule gestalten möchten, die allen Beteiligten hohe Arbeitszufriedenheit schafft und ein gemeinschaftliches Ziel vermittelt. Man wolle einen freundlichen kooperativen Umgangston pflegen, ein attraktives Schulleben bieten, Schulräume mit vielfältigen Lernangeboten einrichten, in denen „wir uns gemeinsam wohlfühlen können“. Die Erziehungsziele sind auf Verantwortung, Leistung und auf sozialen Ausgleich ausgerichtet. Den Schülern werden Orientierungshilfen geboten, durch die ihr Selbstwertgefühl gestärkt werden soll. Darüber hinaus sollen durch konkrete Maßnahmen zur Konfliktbewältigung Beiträge zur Gewaltprävention geleistet werden. Der Unterricht soll sich sowohl an der Wissenschaft als auch an der Lebenswirklichkeit orientieren. Bewegung, Spiel und musische Aktivitäten sollen angemessen berücksichtigt werden. Einer sich ändernden Lebenswelt wird durch die Vermittlung von zukunftstauglichen Lerntechniken Rechnung getragen, durch Anleitung zu selbstverantwortlicher Lebensführung und durch individuelle Beratung und Förderung. 7.4 Entwicklungsplanung und Entwicklungsschwerpunkte Entwicklungsplanung und Entwicklungsschwerpunkte werden wie folgt definiert: Die pädagogisch-organisatorischen Angebote richten sich auf Schwerpunkte aus wie Lebensplanung und Berufswahlorientierung. Es sollen berufsrelevante Schlüssel- qualifikationen entwickelt, selbständiges Denken, verantwortlich orientiertes Handeln, 121 Teamfähigkeit und Lernkompetenz vermittelt werden. Die Berufswelt soll durch Erfahrungsangebote erschlossen werden, die Arbeitswelt zum Gegenstand aller Unterrichtsfächer gemacht und das Netzwerk schulischer und außerschulischer Beratungsebenen für die individuelle Laufbahnberatung genutzt werden. Wie, wann, in welchem zeitlichen Abständen, ob die Evaluation in Fachbereichen oder in im Kollegium durchgeführt werden sollte, wird nicht genannt, allerdings darauf hingewiesen, welche Möglichkeiten sich den Kollegien erschließen, wenn evaluiert wird und zwar als Bestätigung für erfolgreiche Arbeit, zur gezielten Beteiligung von Eltern und Schülern an der Schulentwicklung und zur Weiterentwicklung und Überprüfung von Zielen und Qualitätsstandards, Bezugs- und Arbeitsfeldern. 7.5 Evaluation Der Begriff Evaluation steht einmal völlig isoliert ohne nähere Erklärung als Programmpunkt im Text. Evaluationen sind hinsichtlich des Schulprogramms die formulierten Entwicklungsziele, Lernziele und Fachziele, die Bewertungsmaßstäbe und die Auswahl der Methoden. Dabei wird der besondere Blick auf die Arbeitsfelder Unterricht, Erziehungsarbeit, Schulleben, Elternarbeit und Beratungsarbeit gerichtet werden. In einem weiteren Programm werden als Evaluationsmethoden die schriftliche Befragung, Gespräche und Interviews, Beobachtung und kreative Verfahren empfohlen. In einem dritten Fall werden auch interne Evaluationen vorgeschlagen und zwar stellen dabei folgende Organisationen unabhängig voneinander einen Jahresbericht mit selbstgewählten Bezugspunkten und Arbeitsfeldern vor. Es sind dies die Schülerverwaltung, sozialwissenschaftliche Kurse, Evaluationsgruppen von Lehrern und Lehrerinnen und ein Elterngremium. Und schließlich wird in einem Text bemerkt, dass eine Intention der Evaluation die Qualitätsverbesserung ist, wobei sich die Grundfrage stellt, ob die Schwerpunktsarbeit in der Substanz reduziert, differenziert oder erweitert werden muß. Zeitspannen für die Evaluation werden nicht genannt. Im allgemeinen wird der Evaluation relativ wenig Beachtung geschenkt, weil offenbar noch ein beträchtlicher Erklärungsbedarf über die Notwendigkeit von regelmäßigen Evaluationen als unentbehrliche Instrumente bei Qualitätsentwicklungsprozessen besteht. 122 7.6 Fortbildungsplanung Gedanken zu einer kontinuierlichen Fortbildungsplanung werden nicht aufgegriffen, sondern es erfolgt in nur einem Fall der Hinweis auf ihre Notwendigkeit, was nicht als Desinteresse oder grundsätzliche Ablehnung gewertet werden darf, denn es wurden in allen Kollegien Wünsche nach einer planvollen wissenschaftsgestützten Fortbildung geäußert. Fehlende Hinweise in den Programmtexten sind Nachlässigkeiten als Folge allgemeiner Fundierungsmängel. Punktuell wurden Lehrer zu Fortbildungsveranstaltungen delegiert mit dem Ziel, sie als Multiplikatoren für Streitschlichtung und Gewaltprävention auszubilden. 7.7 Unterrichtplanung und -entwicklung Das Feld der Unterrichtplanung und -entwicklung nimmt in allen Schulprogrammen einen weiten Raum ein und wird dezidiert dargestellt. Die Angebotspalette ist durchgängig für alle Jahrgangsstufen aufgelistet und umfaßt neben den obligatorischen Inhalten des Fachunterrichts vor allem die Bereiche Lebensplanung und Berufswahlorientierung, gesunde Schule, interkulturelles Lernen, neue Technologien, gemeinsames Spielen und Lernen, erfahrungsorientierte Naturwissenschaften, sowie fächerübergreifende Angebote, Projekte in der Unter- und Oberstufe, Differenzierungsangebote und besondere Förderkonzepte, auch für begabte Schüler. Alle diese Angebote sind in einer für die Schule typischen mit besonderen fachspezifischen Beiträgen ausgestattet, die Entwicklungs- und Themenschwerpunkte mit speziellen Lernzielen vorstellen. Die soziale Komponente ist stark herausgearbeitet worden. So soll beispielsweise das interkulturelle Lernen eine vielseitige Sprachkompetenz vermitteln, bestehende Kontakte zu anderen Schulen weiterpflegen, neue Kontakte zu Schulen im europäischen und außereuropäischen Ausland knüpfen, Begegnungen auf allen Ebenen fördern, das Toleranzgebot gegenüber anderen Kulturen und Religionen im Unterricht als Prinzip integrieren und der Auseinandersetzung mit Leistungen anderer Nationen und Kulturen Raum geben. Neben dem Kernunterricht, der fast für alle Fächer und für die Klassen 5-10 mit aller Akribie bis in die kleinsten Themenbereiche aufgelistet wurde, werden als besondere Aktivitäten Hausaufgabenhilfe, außerschulische Projekte, nachmittägliche Arbeitsgemeinschaften für Sport, Theater und Musik angeboten. Den Schülern der Unterstufe wird der Erwerb eines sogenannten Computerführerscheins offeriert. Im Rahmen traditioneller schulischer Aktivitäten, sie werden meistens unter dem Begriff „Öffnung der 123 Schule“ eingeordnet, werden regelmäßige Schulgottesdienste und Jahreszeit bedingte Konzerte aufgeführt. Hervorgehoben werden jährliche Umwelttage, sowie Präsentationstage für Kunst und Kultur, Sportturniere, Klassenfahrten, Schulfeste und der übliche „Tag der offen Tür“, Afrika-Projekte und die Durchführung eines europäischen Bildungsprogramms (EBP) für Schulen im Rahmen einer multilateralen Schulpartnerschaft, an der mindestens drei Schulen aus verschiedenen europäischen Staaten an einem selbstgewählten Thema mit europäischem Bezug arbeiten. Ergänzt wird der Aktivitätenkatalog durch den Hinweis auf die regelmäßige Teilnahme an Lesewettbewerben und Projekten wie Zeus, bei dem in Zusammenarbeit mit der WAZ Berichte von Schülern veröffentlicht werden und unter der Prämisse Partnerschaften der Schule mit nahegelegenen Einrichtungen aus dem Schulbezirk, wie die Kontaktpflege zu Bewohnern von Altenheimen, ein Novum, bei dem die Schüler die Rolle von Gesprächspartnern und Vorlesern übernehmen. 7.8 Wege zur qualitativen Verbesserung von Lernleistungen Alle am Unterrichtsprozeß beteiligten Akteure sind sich im Konsens darüber einig, dass die Übergangsphase von der Grund- zur weiterführenden Schule gleichsam die Spur auf den Weg zur qualitativen Verbesserung von Lernleistungen aufnimmt. Kontaktteams werden zwecks Hospitationen zu den Grundschulen entsendet. Dem Tag der Einschulung wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt, weil er am Beginn eines „sanften Übergangs“ steht. Dem schüleradäquat gestalteten Begrüßungstag schließt sich eine Woche der Orientierung an. Es ist die Rede von einem gezielten Lehrereinsatz, wobei nur der Klassenlehrer überwiegend die Bezugsperson ist, später knüpfen sich zunehmender Lehrereinsatz und die Berücksichtigung grundschulspezifischer Lern- und Leistungserfahrungen an. Ab der 8. Klasse werden besondere Differenzierungsangebote im Bereich der Sprachen, Informatik, Kunst, Naturwissenschaften, Sozialwissenschaften und Technik angeboten, darüber hinaus eine sportliche Förderung, ebenso wie eine künstlerisch-musische und kulturelle durch die Theaterbesuche. Ein möglicher Zugriff auf Methodenvielfalt und zweckmäßigen Wechsel der Unterrichtsformen als Instrumente von Lernleistungsverbesserungen finden in keinem Programmtext Erwähnung. Der fächerübergreifende Unterricht findet Beachtung und wird in einem Programm über alle Schulstufen hinweg mit den jeweiligen Themenbereichen mit der geeigneten Thematik in Beziehung gesetzt. Dazu sind eventuell zu verknüpfende Themenkreise und die voraussichtlichen Kooperationspartner zugeordnet und mit aller Ausführlichkeit aufgelistet. 124 7.9 Teamentwicklung Einer konzipierten Teamentwicklung wird in der schulpraktischen Arbeit offensichtlich nicht der entsprechende Bedeutungsrank zugemessen. Teamarbeit und Teamentwicklung werden im Verständnis der Akteure als inhaltsgleich interpretiert. Während die Teamentwicklung in keinem der Programmtexte Erwähnung findet, wird die Teamarbeit mit der Projektarbeit und dem fächerübergreifenden Unterricht in einen scheinbar einander bedingenden spezifischen Sachzusammenhang gestellt und als erprobte Unterrichtsvariante akzeptiert, weil sie sich bisweilen themenbedingt anbietet. Trotz bestehender Einsichten in die Notwendigkeit ihrer Intensivierung sind in den Programmtexten keine geeignete Prozeßschritte ausgewiesen, obwohl (Interview) positive Meinungsäußerungen vorherrschen. Bislang stecken die Teamentwicklungen in einer diffusen Anfangsphase, in der sich erkennbare Konturen erst herausbilden müssen. Teambildungen haben mehr Zufälligkeitscharakter und kommen eher durch kurzfristige Absprachen zustande. Die Teamentwicklung beginnt allerdings im zunehmenden Maße an Bedeutung zu gewinnen. Praxisnahe Empfehlungen, die Teambildung zu forcieren, um einen möglichst umfassenden Konsens bei der Aufstellung von Regeln zu erreichen und deren Umsetzung gemeinsam durchzusetzen, fehlen. 7.10 Disziplinproblematik Eine Reihe sinnvoller handlungsorientierter und praktikabler Maßnahmen und Lösungsvorschläge, die ihre Nachhaltigkeit nicht verfehlen dürften und deren Praktikabilität in gegebenen Situationen bei Regelverstößen Verhaltensänderungen versprechen, sind die mit größtmöglichem Konsens vereinbarten Verbots- und Gebotskataloge, die basierend auf Vernunft, Einsicht, gemeinsamen Gestaltungswillen, gegenseitigen Verständnisses und Hilfeleistung, aber auch durch Sanktionen einen neuen Verhaltenskodex kreieren. Streitschlichtungsprojekte stehen im Mittelpunkt des Interesses, weil man sich durch die Einschaltung von Schülern eine Langzeitwirkung bei der Konfliktbewältigung verspricht. Lehrer nehmen an Fortbildungsveranstaltungen (Learning by doing) zur Streitschlichtung an Schulen teil. Sie fungieren an ihren Schulen als Multiplikatoren, die Konzepte der Streitschlichtung bekannt machen und ihrerseits geeignete Streitschlichter aus der Schülerschaft ausbilden. Einige Programmtexte erwähnen die Übernahme der Mediation, ein etwa seit etwa 30 Jahren in den USA gebräuchliches Konfliktlösungsverfahren, bei dem die Vermittlung in Konflikt und Streitfällen durch einen unparteiischen Dritten mit dem Ziel, eine 125 einvernehmliche Lösung zu finden, übernommen wird. Einzelne Klassenpartnerschaften, in denen sich jüngere Schüler im Falle von Auseinandersetzungen älteren anvertrauen und deren Hilfe in Anspruch nehmen, haben sich bewährt. Einige Konzepte weisen auch auf die Verstärkung der Elternarbeit hin. Vorstellungen über notwendige Sanktionen sind nicht schriftlich niedergelegt worden, dazu erklären sich aber die Kollegen in den Interviews. 7.11 Steuergruppen – Instrumente für den Entwicklungsprozeß Die Arbeit von Steuergruppen bleibt in den Programmtexten unerwähnt. Die Möglichkeiten ihrer Einflußnahme auf Prozeßverlauf und Programmgestaltung sind scheinbar unbekannt, zumindest nicht schriftlich erfaßt worden, was zu der Vermutung führt, dass ihre Bedeutung für die Einflußnahme auf den Gestaltungsprozeß nicht ausreichend bekannt ist. Dennoch bleibt zu vermuten, dass Gruppen, zustandegekommen nach dem Zufallsprinzip oder gebildet nach persönlichen Interessenlagen, in der vorbereitenden Phase Aktivitäten entwickelt haben. Die Interviews bestätigen diese Annahme. 7.12 Zusammenfassung Der Zusammenfassung muß die Bemerkung vorangestellt werden, dass die Programmtexte keine Rückschlüsse auf die Arbeitsqualität oder das Schulklima zulassen. Um ein komplettes Meinungsbild über die Schulprogrammarbeit, über Prozeßverläufe, Akzeptanz, persönliche Engagements und Zielklärung zu erhalten, müssen die Programmtexte durch die in den Interviews gegebenen Antworten ergänzt werden. Der freie Gestaltungsrahmen ist einer möglichen inhaltlichen Qualitätsoffensive nicht zugute gekommen. Der bloße Rückgriff auf die Vorgaben der Schriftenreihe „Schule in NRW“ Nr. 9027 reicht nicht aus, um komplexe Strukturen der Schulprogramme entstehen zu lassen. Ohne Orientierung an der Fachliteratur, die kleinschrittig alle Details eines Schulentwicklungsprozesses beschreibt, sind Organisationsentwicklung, Unterrichtsentwicklung und Personalentwicklung Begriffe, deren Bedeutung bestenfalls schwach erahnt, geschweige denn inhaltlich richtig interpretiert wurden, so dass sich als gewonnene Erkenntnis die mögliche Handlungsvielfalt erschlossen hätte. So sind Schulprogramme entstanden, die die schriftliche Fixierung der Schulprofile ergänzt durch einige schultypische Außenaktivitäten sind. Sie sind strukturell schwach, defizitär bis indifferent und lassen eine innere Geschlossenheit vermissen, denn es fehlt ihnen 126 ein konzeptionelles Fundament, das erforderliche Maß an Konkretisierung, eine ausführliche Situationsanalyse und die kritische Auseinandersetzung mit Stärken und Schwächen. Entwicklungsschwerpunkte werden in ihrer Zielausrichtung nicht vorgegeben. Die Orientierung an pädagogischen Leitbildern war nur in drei Schulprogrammen zu finden. Eine klare zielorientierte Entwicklungsplanung mit präzisen Vorstellungen über die weitere Schwerpunktentwicklung wurde nicht aufgezeigt. Der Fortbildung, ein gewünschter Schwerpunkt bei der Steigerung der Unterrichtsqualität, wie bei den Interviews ausdrücklich erwähnt, ist eine Verankerung in den Programmen versagt geblieben. Wege zur qualitativen Verbesserung von Lernleistungen werden aufgezeigt, sind aber nur begrenzt begehbar, weil die zum Teil unterentwickelte Teambildung als Hemmnis entgegenwirkt. Einsicht in die Notwendigkeit einer planvollen Teamentwicklung wird in den Interviews geäußert und ein entsprechendes Engagement in Aussicht gestellt, aber nicht zum Programmpunkt erhoben. Die Disziplinproblematik wird ausführlich dargestellt, und es werden zielorientierte Lösungsansätze ausgewiesen. In diesem wichtigen sozialen Arbeitsfeld wird das Augenmerk vornehmlich auf die Gewalt- und Suchtprävention gerichtet, für deren Bewältigungsversuche eine Reihe zielorientierter Lösungsansätze festgeschrieben wurden. Bislang in der Analyse unerwähnt, weil ohne Bedeutung, dennoch in epischer Breite dargestellt, werden die ausführlichen Biographien der Namenspatrone der einzelnen Schule im Programmtext aufgeführt, wohl in der vermuteten Annahme, eine zusätzliche Eigenwerbung für die Schule zu betreiben, eine Auffälligkeit, die ohne Sachzusammenhang bleibt. Im Endergebnis sind Schulprogramme entstanden, die die Prägnanz von zukunftsperspektivischen und gesamtplanerischen Handlungskonzeptionen vermissen lassen. Macht man die von Rolff und Holtappels genannten Gütekriterien zur Bemessungsgrundlage für die informative inhaltliche Qualität der Schulprogramme, in besonderem mit Blick auf Außenstehende, so erfüllen sie nicht, bestenfalls im sozialen Bereich, dem der Erziehung und Disziplin, sowie in der Außendarstellung annähernd den Anspruch einer inhaltlich fundierten Lektüre. Fügt man den Programmtexten, soweit sie im Sinne einer zukunftsperspektivischen Schulentwicklung als gesamtplanerische und zielorientierte Handlungskonzeptionen gedeutet werden können als ergänzende Aussagen die entsprechenden Interviewantworten hinzu, so ergibt sich zwar auch noch nicht ein vollständiges Bild innerer Konsistenz, aber es werden Kooperationsbestrebungen, der durchgehende Wunsch nach von wissenschaftlich begleiteter Fortbildung artikuliert, Einsichten in Verhaltensänderungen und ein generelles Engagement bei der Prozeßgestaltung erkennbar. Erst in der Zusammenführung beider Phasen, die der 127 Deskription und die der verbalen Meinungsbilder beginnen sich die Konturen für die notwendige Einsicht gewollter Konsensfindung aller Akteure abzuzeichnen. 7.13 Die Inhaltsanalyse Hamburger Schulprogrammtexte im Vergleich zu den Inhalten der Schulprogrammtexte aus der vorliegenden Studie Holtappels / Müller untersuchen 2004 in einer qualitativen und quantitativen Analyse insgesamt 423 Schulprogramme Hamburger Schulen. Von der Untersuchung erfaßt werden alle Schulformen von der Grundschule über die Haupt- und Realschule, die Gesamtschule, Gymnasium, die beruflichen Schulen und Sonderschulen. Wenngleich die Hamburger Programmanalyse aufgrund der enormen Informationsmenge, die neben der qualitativen auch die Möglichkeit der quantitativen Auswertung bot, gegen die Schulprogramme von sieben Realschulen nicht abzugleichen ist, so sind im Ansatz gleiche Schwerpunkte im Rahmen der Inhaltsanalyse erfaßt worden, was in den Ergebnissen ebenfalls teilweise zu ähnlichen Erkenntnissen geführt hat. Eine Reihe von Problemen scheinen nicht standortgebunden, sondern allgemeiner Natur zu sein, begründet in diffusen Befürchtungen vor Zustandsänderungen; denn ablehnende Haltungen und Widerstände gegenüber dem Schulprogramm oder Skepsis bezüglich des Nutzens und daraus resultierende geringe Motivation in den Kollegien machen zwar ein nicht unbeträchtlichen Teil der Probleme aus, beherrschen aber nicht die Szenerie (Holtappels / Müller 2004, S. 89). Ebenso sind die genannten aktuellen Motivationsverluste wie Sparmaßnahmen, Reduzierung von Lehrerstunden die gleichen. Die Liste kann fortgeschrieben werden, wenn Probleme der Konsensfindung, der Abstimmung im Kollegium, Startprobleme, Umwege, langwierige Prozeßformen und mangelndes systemisches Denken beklagt werden (Holtappels / Müller 2004, S. 89). Bezüglich der Leitbilderstellung weist die Hamburger Studie mit 78% bei den Gesamtschulen und Gymnasien einen hohen Prozentsatz auf und verweist darauf, dass Leitbilder bereits vor dem Entwicklungsprozeß zur Programmarbeit vorhanden waren, teilweise aber Produkt der Schulprogrammarbeit sind. Übernommen werden kann für die Realschulstudie allerdings in zusammenfassender Aussage, dass die inhaltliche Ausrichtung in den überwiegenden Fällen Orientierungen des sozialen Miteinanders und des Menschenbildes, grundsätzlich für Förderung sowie unterrichtliche und außerunterrichtliche Schwerpunktsetzungen und Maßnahmen enthält (Holtappels / Müller 2004, S. 90). Der Prozentsatz der Gestaltungsschwerpunkte, die sich auf Unterricht und Schulleben beziehen, 128 ist vergleichbar. Im Bereich curricularer Schwerpunktbildung wird ebenfalls auf eine fächerübergreifende Orientierung verschiedener Unterrichtsbereiche hingewiesen. In der Erwähnung von Projektarbeit und Fördermaßnahmen sind Übereinstimmungen festzustellen. Ebenso desgleichen wird auf das Vorhandensein sozialer und erzieherischer Konzepte und einem Angebot außerschulischen Lernens vermerkt. Als Übereinstimmung in beiden Untersuchungen können im Bereich pädagogischer Gestaltungsansätze Übereinstimmung in der Erwähnung der Berufsorientierung und den Fördermaßnahmen für spezielle Schülergruppen registriert werden. Übereinstimmende Aussagen lassen sich über umfassende Ansätze der Gewalt- und Suchtprävention machen. Besondere Formen der Konfliktregelung nehmen in der Bochumer Studie einen vorderen Rang ein. Ebenso soziales interkulturelles Lernen und Organisationsformen wie in Tabelle 9, S. 97 von Holtappels / Müller dargestellt, finden bis auf die Erwähnung der Teambildung als besondere Form der Lehrerkooperation keine Beachtung. In den Bereichen der Fortbildungsplanung und Evaluation dokumentiert die Hamburger Studie ein bedeutendes Maß an klaren Zielvorstellungen, während im Vergleich dazu die Analyse der vorliegenden Studie über diese Entwicklungsfelder keine konkreten Vereinbarungen vorzuzeigen hat. Die konzeptionelle Qualität von Schulprogrammen wird durch die drei Qualitätsmerkmale konzeptionelle Fundierung, hoher Konkretisierungsgrad und innere Konsistenz festgelegt (Holtappels / Müller 2004, S. 99). Werden diese Qualitätskriterien in den Schulprogrammen nicht deutlich formuliert, so sind ihre inhaltlichen Darstellungen lediglich oberflächliche Überlegungen, sie gelten als vage Pläne oder schlichte Absichtserklärungen. Trotz der hohen Anzahl untersuchter Schulprogrammtexte kommen die Autoren der Hamburger Studie bei Anwendung einer Clusterzentren-Analyse auf der Basis der drei genannten Qualitätskriterien zur Identifikation dreier Cluster von Programmen. Danach sind 13% der Programme mit hohe Qualität, 19% mit beträchtlichen Defiziten, und 68% werden als indifferent eingestuft (Holtappels / Müller 2004, S. 101). Fazit und Perspektiven aus der Hamburger Schulprogrammanalyse können, wenngleich auch aufgrund zum Teil eklatanter inhaltlicher Unzulänglichkeiten der Bochumer Schulprogramme nur mit Abstrichen als Quintessenz der Textaussagen als gleichfalls geltend übernommen werden. Als Konsequenz aus den Einzelerkenntnissen gilt für beide Schulprogrammanalysen folgende Schlußbemerkung von Holtappels / Müller: „Die Vorgabe einer Entwicklungsplanung (zu Unterricht und Erziehung) hat mit Erfolg sichergestellt, dass die Schulprogrammarbeit auch den Kernbereich pädagogischen Handelns erreicht. Wenn allerdings Schulprogramme ein handhabbares Entwicklungsinstrument und Arbeitsprogramm darstellen sollen, benötigen sie unbedingt einen konzeptionellen Kern, ein Schulkonzept, das 129 einzelne Lern- und Erziehungsansätze und Organisationsformen schulpädagogisch begründet und in einen Geltungszusammenhang integriert, basierend auf theoretisch-konzeptionelle Reflexionen über Unterrichten und Erziehen.“ (Holtappels / Müller 2004, S. 102) 8 Interviews aus Bochumer Realschulen Die Befragung, ein im Prinzip simples Verfahren mit festgelegter Rollenverteilung, gehörte seit jeher in der Kriminalistik zum Repertoire der polizeilichen Ermittlungstätigkeit. In der frühen Medizin war sie ein unentbehrliches Erfordernis in der Diagnostik. Dem amerikanischen Reporter Joseph Durbridge MacCullagh von der New Yorker Associate Press erschloß sich 1867 als Erstem die Erkenntnis, dass die Befragung eine hervorragende Möglichkeit war, Meinungen und Anschauungen über Tagesereignisse von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens einzuholen, um sie dann journalistisch verwerten zu können. Diese neue journalistische Gattung von ihm auf den feststehenden Begriff Interview gebracht – dieses Wort entstammt der hofenglischen Sprache und bedeutet Zusammenkunft – etablierte sich fortan in der amerikanischen Presseberichterstattung, wurde von englischen und deutschen Zeitungsleuten übernommen und fand Eingang in den universitären Bereich, in dem es vor allem in den Sozialwissenschaften zu einer anerkannten Methode der Datenerhebung wurde. Die zunehmende Expansion des Zeitungswesens, seine Wandlung durch die Entdeckung neuer Interessens- und Aufgabenfelder und die numerische Zunahme der Medien durch Funk und Fernsehen, erweiterte den Wirksamkeitsbereich des Interviews als Instrument für die Informationsbeschaffung, des Meinungserwerbs und als Methode dialogischer Ergänzung von Nachrichten und Geschehnissen. Die erweiterten Anwendungsmöglichkeiten, die die neuen Medien mit sich brachten, führte zur Entwicklung einer beachtlichen Anzahl unterschiedlicher Interviewformen, die eine jeweils diffizile Vorbereitung erforderlich machen und eine entsprechend effiziente Interviewführung bedingen. So ergibt sich ein multifunktionales Bedeutungsbild, das die Praktikabilität des Interviews herausstellt und dessen hoher Verwendungsgrad in der journalistischen Tagesarbeit seine Bestätigung findet. Juristische Eckpunkte, wie rechtsrelevante Merkmale, Persönlichkeitsrechte, Mitwirkungsrechte, Urheberechte und Haftung (Haller 2001, S.112) sind notwendige Rahmenbedingungen, die es zu beachten gilt und durch die das Interview, dessen Kern durch die Festlegung des Themas, die Auswahl der Personen und die Erstellung eines Fragenkatalogs komplettiert wird. So wird Regeln und Gesetzmäßigkeiten entsprochen, die sich als Standards im Laufe der Entwicklung eines emanzipierten Journalismus 130 herausgebildet haben. Die Entwicklung des Interviews als eigenständige Darstellungsform verlief auf zwei Ebenen. Von der journalistischen, die die ursprüngliche Ebene ist, verlief die Linie zur Wissenschaft. In der Anfangsphase des Interviews lag es im Interesse der Journalisten zu ihrer Zeit im Tagesinteresse stehende Persönlichkeiten zu Sachthemen zu befragen. Sie waren Stichwortgeber und Übermittler der Anschauungen und Vorstellungen der Interviewten. Die befragten Experten, Politiker oder Prominenten merkten bald, welches ausgezeichnete Forum sich ihnen zur Selbstdarstellung bot. Die Journalisten verließen ihre angestammte Rolle, nahmen, wenn nötig einen antithetischen Standpunkt ein, intervenierten und kreierten einen häufig schonungslos offenen bis aggressiven Interviewstil, der, wenn sie es für geboten hielten, auf die Bloßstellung der interviewten Personen abzielte. Aus dem anfänglichen Frage- und Antwortspiel entwickelte sich im Laufe der Zeit über den kontroversen Disput eine gleichermaßen ausgewogene dialogische Interviewform, die medienspezifisch variiert werden kann. Mit dem Aufkommen der „penny press“ kam es zur Entwicklung eines neuen Journalismus, der eloquente Sachthemen vernachlässigte und sich auf die Darstellung von „human interest news“ ausrichtete (Haller, S. 22, 2001). Reporter entdeckten, dass das journalistische Interview ein hervorragender Weg war, um jenen Typus wörtlicher Aussagen zu erhalten, mit dem sich die Personen–Geschichten ebenso spannend wie handfest machen ließen (Reyen und Tankward 1977, S. 175-203). Bislang hatten amerikanische Journalisten die Spannung bei ihren Lesern dadurch erhöht, dass sie häufig die Kriminalberichtserstattung in Form fiktiver Interviews darboten, um so den Eindruck von Authenzität, Aktualität und Erlebnisnähe zu verstärken. Im Zuge der Zeit wurde auch die schriftliche Wiedergabe realer Interviews modifiziert. Die Journalisten ließen Redundanzen weg, korrigierten Ausdrucksmängel und komprimierten die Inhalte. Diese redaktionellen Korrekturen waren legitim, weil sie die Inhalte nicht verfälschten, sondern sie lediglich auf eine präzise Begriffssprache brachten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begannen amerikanische Journalisten sogenannte „straw tolls“ durchzuführen. Es waren die ersten Zufallsbefragungen von Passanten. Ihrer Deutung nach wurden sie als Probeabstimmungen verstanden, mit denen Meinungstendenzen vorwiegend vor Wahlen über Wahlprogramme und die Wählbarkeit von Kandidaten ausgelotet werden sollten. Meinungsforscher wurden auf die Aktivitäten der Journalisten aufmerksam, und das Interview fand Aufnahme in den fachwissenschaftlichen Wortschatz der Sozialwissenschaftler. Diese Art der lockeren Befragung von Bürgern war für die 131 wissenschaftliche Datensammlung ohne Relevanz. Diesen erweiterten Anspruch entsprachen standardisierte Fragebogen. Ihre Entwicklung fiel auch auf das zuende gehende 19. Jahrhundert und ist medizinisch-diagnostischen Ursprungs. Amerikanische Klinikärzte entwickelten Standardfragen - sie sind vorformuliert, stets gleichlautend und werden immer in derselben Reihenfolge gestellt - zu anamnetischen Symptomkomplexen von Krankheitsbildern, um die ihnen entsprechenden Antworten auf deren Vergleichbarkeit und Bewertbarkeit hin abgleichen und formalisieren zu können. Das Interview in der Form der leicht auszuwertenden Fragebogenerhebung wurde bald zur wichtigsten Methode der empirischen Sozialforschung, weil die standardisierte Befragung ein idealer Weg war, um unterschiedliche Denkweisen erfassen und typisieren zu können. Allerdings war die Standardisierung keine universelle Methode und kam als quantitative Methode infolgedessen nur dann zum Einsatz, wenn informatorisches Wissen zu einem eng umschlossenen Themenkreis erfragt werden sollte. Der standardisierten Befragung, die durch ihren engstrukturierten Fragenkatalog gekennzeichnet ist und dem Interviewten keinen explorativen Antwortspielraum gibt, steht die halbstandardisierte Interviewform gegenüber. Sie erlaubt insofern eine Erweiterung des Interviewrahmens, als sie Veränderungen des Wortlauts und Frageerläuterungen zuläßt und der Fragenkatalog nicht strikt eingehalten werden muß. Dadurch wird eine, wenn auch begrenzte Exploration möglich. Diesen durch Struktur oder Teilstrukturierung schematisierten Interviewformen stehen die offenen explorativen oder qualitativen Interviews gegenüber. Zu erwähnen sind dabei zwei Grundtypen. Zunächst das narrative Interview, das auf der Basis eines mit größtmöglicher Offenheit geführten Dialoges zwischen Interviewer und Interviewten, dessen Einschätzung, Urteile, Ansichten zu einem Themenbereich herausstellt und bei dem auch Interessenschwerpunkte und leitende Motive ausgeleuchtet werden. Das fokussierte Interview ist dagegen ein rein sachbezogenes Interview, das bei sehr enger Interviewführung eine Vertiefung des Themas verfolgt und dabei dem Interviewten relativ wenig inhaltliche Gestaltungsräume läßt. Die Begriffsprägung qualitativ kommt von der Sozialforschung und steht gegensätzlich zur quantitativen Fragebogenerhebung. Qualitative Interviews sind leitfadengestützte Interviews mit vom Interviewer gekennzeichneten Themeneinheiten und mit aus der Gesprächssituation heraus notwendigenfalls ad hoc formulierten Fragen. Nach Art und Verlauf sind diese Interviews freier und trotzdem eingeschränkt gesteuerte Dialoge. Die Methode ist insofern „qualitativ“, als es die individuelle Qualität jeder einzelnen Antwort im Gegensatz zur typisierten Antwort des formellen Fragebogens betont (Haller 1997, S.113).Trotz ausgeklügelter und erprobter Strategien und der Beachtung einer detaillierten Impulsliste für die Vorbereitungs- und 132 Durchführungsphase und der Entscheidung für eine themenrelevante Interviewform steht die richtige Frageformulierung im Zentrum der Interviewvorbereitung. Die empirische Sozialforschung beschäftigte sich seit Jahrzehnten mit den Problemen der Frageformulierung. Man suchte der Idealforderung nachzukommen, nach der die Frage voraussetzungslos und in gleicher Weise von allen verstanden werden sollte (Haller 1997, S.111). Scheuch weist darauf hin, dass einer der wichtigsten Grundsätze ist, dass Fragen so einfach formuliert sein sollen, wie auch eben mit dem sachlichen Zweck der Fragestellung vereinbar ist (Scheuch 1967, S.142). Das impliziert, dass Fragen möglichst kurz sein sollen, grammatikalisch schwierige Konstruktionen zu vermeiden sind (wie doppelte Verneinung), man sich der Alltagssprache möglichst anzunähern habe und sehr vorsichtig bei Unterstellung über den Wissensstand der Befragten sein müsse (Scheuch 1973, S. 66-169). Darüber hinaus ist die Fragetechnik von besonderem Belang. Sie sollte ein wesentlicher Aspekt der Interviewvorbereitung sein, denn es ist neben dem was gefragt wird vor allen Dingen wichtig, ob der Befragte überhaupt antwortet und wenn ja von welcher Qualität seine Antworten sind. Daneben ist die Frageformulierung ein weiterer Punkt, dem sich der Interviewer in der Vorbereitungsphase mit Sorgfalt widmen muß; denn sie ist für ihn das Hilfsmittel, mit dem Redefluß und Antwortbereitschaft beim Interviewten ausgelöst werden können. Aus der Vielzahl der Fragearten, die die Fachliteratur kennt (Haller 2001, S. 246-264) sollen nur einige beispielhaft skizziert werden. Aufforderungs- und Motivationsfragen dienen vor allem der Exploration und der motivierenden Aufforderung zum Gesprächseinstieg. Die geschlossene Frageform, typisiert durch Ja-/Nein-Fragen, beschränkt die durch implizite Antwortvorgaben gegebenen Antwortmöglichkeiten des Interviewten auf lediglich ja – nein – weiß nicht. Die halbgeschlossene Frageform begrenzt das Antwortfeld, wobei der Interviewte inhaltlich Stellung beziehen, aber am ausschweifenden Schwadronieren gehindert werden soll. Bei der offenen Frageform, es ist die mit der größten Explorationsmöglichkeit, sind die Antworten nicht unbedingt kalkulierbar. Immerhin ist der Interviewte aufgefordert, erklärend und erzählend zu antworten, ohne dass ihm die Möglichkeit gegeben ist, aufgrund der Frageform mit ja oder nein zu antworten. Deshalb sind diese Fragen sogenannte W-Fragen. Direkte und indirekte Frageformen, faktizierendes Fragen, Erzählfragen und Einschätzungsfragen, sowie rhetorische Frageformen sind nur ein begrenzter Ausschnitt aus dem umfangreichen Frageartenspektrum und ein Hinweis darauf, welchen Stellenwert das Interview als Methode der Informationsbeschaffung und Datenerhebung innehat. 133 Die für die vorliegende Studie gewählte Interviewform war die halbstandardisierte, da vor allem die zur Verfügung stehende Zeit der limitierende Faktor war. Dem Fragetypus nach wurden mehrheitlich offene Fragen gestellt, da sie wegen ihres explorativen Charakters den Redefluß des Interviewten in Gang setzen und ihn zu erklärenden und begründenden Antworten hinführen sollten. 8.1 Die Dynamik des Interviews Eine exakte zeitliche Vorausplanung für die Dauer aller Interviews ist im Grunde nicht möglich. Die Absicht, die Verweildauer des Interviewers möglich kurz und damit den Störfaktor in der Schule klein zu halten, setzte hypothetisch voraus, dass es möglich sein müsse, drei bis vier Interviews täglich durchzuführen. Bei acht Schulen mit geschätzten 240 Lehrkräften, von denen sich etwa 50% für das Interview zur Verfügung stellen würden, müßte die Zeitspanne von zehn bis elf, maximal zwölf Wochen ausreichend sein. Diese optimistische Annahme erwies sich schnell als Fehleinschätzung. Denn eine lückenlose Interviewfolge ohne Unterbrechung war nicht möglich, weil länger terminierte Veranstaltungen und täglich auftretende Probleme, die einer sofortigen Reaktion bedürfen, Vorrang haben. Die Terminabstimmung für die Interviews erfolgt auf Vorschlag der Lehrer. Sie wählen dafür ihre Freistunden, die als sogenannte Eckstunden zu Beginn oder am Ende des Unterrichts oder als sogenannte Springstunden zwischen zwei Unterrichtsstunden liegen. Zu zeitverzögernden Terminverschiebungen kommt es dann, wenn durch Überschneidungen der Freistunden von mehreren Lehrern dieselben Zeiten für ein Interview angeboten werden. Die Schulleiter haben aus dem Blickwinkel des Interviewers betrachtet, für diesen eine hilfreiche multifunktionale Position inne. Sie können mit der Bekanntgabe des Interviewwunsches im Kollegium, mehrheitlich wollten sie es selbst übernehmen, eine begründete Aufforderung zur Mitwirkung verknüpfen und sie können auf die tägliche Interviewrate insofern Einfluß nehmen, als sie die interviewbereiten Lehrkräfte aus der Vertretungsreserve heraushalten. Schließlich sind sie wegen ihres Detailwissens selbst interessante Interviewpartner. Nicht zuletzt bedarf es ihrer Zustimmung, ihres Verständnisses und ihrer Unterstützung, wenn auf Initiative außenstehender Veranstaltungswünsche jedweder Art an die Schule herangetragen und dort umgesetzt werden sollen. Diese Aussage zur Bedeutung und Mitwirkung der Schulleiter fand ihre Bestätigung in der achten und letzten Schule. Dort erklärte der Schulleiter nach den ersten einführenden Worten, dass in seinem 134 Kollegium weder der Wunsch noch der Bedarf bestünde, sich zum Schulprogramm äußern zu wollen. Seine persönliche Absage formulierte er mit den Worten: „Ich mache nur das, was ich unbedingt machen muß, und das muß ich nicht machen. Also mache ich es nicht.“ Dem Wunsch des Interviewers sein Anliegen selbst dem Kollegium vorzutragen, verweigerte er sich. Immerhin erklärte er sich bereit, seinem Kollegium von der bevorstehenden Absicht Interviews durchzuführen Kenntnis zu geben. Tage später bestätigte er die Absage nochmals mit der Bemerkung, dass die Kollegen für dieses Thema nicht zur Verfügung stünden. Der Vollständigkeit halber muß noch erwähnt werden, dass wiederum Tage nach der Absage dem Interviewer die Gesprächsbereitschaft zweier Kollegen übermittelt wurde. Allerdings war daran die Bedingung geknüpft, dass wegen permanenten Zeitmangels in der Schule nur Telephoninterviews gegeben werden könnten. Die Verweigerungs-haltung des Kollegiums ließe sich vor dem Hintergrund schulpraktischer Erfahrung vielschichtig kommentieren. Es ist schon kurios, bestätigt zu bekommen, dass Lehrer, die täglich, eigentlich stündlich, tief in ihre Motivationskiste greifen müssen, um ihre Klientel überhaupt zu kooperativer Mitarbeit bewegen zu können, sich dann verweigern, wenn gleiches von ihnen verlangt wird. Die fehlende Kooperations-bereitschaft des Schulleiters ist ein Defizit, für dessen Erklärung sich kaum pädagogische Gründe finden lassen. Sie ist dennoch Bestätigung für die Behauptung, dass die Mitwirkung der Schulleiter eine wesentliche Gelingensbedingung ist. In allen anderen Schulen verlief die Befragung im Ergebnis reibungslos, wenn man einige Unwegbarkeiten akzeptiert und mit ihnen umzugehen weis. Zum empfindlichen Hemmnis wurde in bezug auf die zur Verfügung stehende Zeit pro Interview die Raumfrage. In nur zwei Schulen konnte ein Gesprächsraum termingerecht freigehalten werden. In einer Schule stellte der Schulleiter einen seiner Räume zur Verfügung. Es war von vornherein klar, dass die Aufforderung sich Interviews zu stellen nicht allerorten auf freudige Zustimmung treffen würde. Die Mehrzahl der angesprochenen Lehrkräfte erklärte ihre bedingungslose Mitwirkungsbereitschaft; anderen mußte mit Hartnäckigkeit und Überzeugungskraft ihr Mitwirken abgerungen werden. Es ist jene Gruppe von Lehrern, die ihre zögerliche Haltung damit begründen, dass ihrer Argumentation nie wirklich Gehör geschenkt würde, diese nie in Entscheidungsprozesse einfließe und deshalb von vornherein wertlos sei. Zu einer anderen, relativ kleinen Gruppe gehören diejenigen Lehrer, die latent mitwirkungsbereit sind und deshalb eigentlich nicht gebeten werden müßten, sondern gebeten werden wollen. Sie verzögern ihre Zusage und werden dann auskunftsfreudig, wenn die Bedeutung ihrer Sichtweise hervorgehoben wird, weil sie Vertreter eines Schwerpunktfaches seien. Sie 135 offenbaren dabei teilweise ein penetrantes Imponier-gehabe. Die Mehrzahl der Interviewten zeigte sich in ihren Aussagen ehrlich, sachbezogen, problemorientiert und in der Kritik auch selbstreflektorisch. Die ängstlichen, etwas zögernden und zurückhaltenden wurden durch eine affirmative Interviewtechnik aus ihrer Meinungsreserve gelockt. Im folgenden wird die Dynamik der Interviews in den einzelnen Schulen skizziert. Dabei werden sie von 1-7 durchnumeriert. In der ersten Schule zeigte sich der Schulleiter sofort mitwirkungsbereit. In einer anstehenden Konferenz wollte er persönlich den Interviewwunsch bekannt geben und zur Mitarbeit auffordern. Dabei sollte er ausdrücklich betonen, dass den Probanden Anonymität garantiert sei. Dieses Verfahren der anonymen Durchführung, erwies sich gleich zu Beginn als unbrauchbar, da seine praktische Umsetzung zu beträchtlichen Mißverständnissen führte. Im Grunde wußte niemand, mit welcher Zahl er sich zu identifizieren hatte. Die bessere, weil erfolgreichere, allerdings auch zeitverlängernde Methode war die des persönlichen Ansprechens. Die direkte Kontaktaufnahme zu den Lehrern erhöht deren Mitwirkungsbereitschaft um ein Vielfaches. Die Teilnehmerquote war hoch, der Zeitaufwand beträchtlich, da einige die vereinbarten Termine immer wieder verschoben, um dann schließlich doch abzusagen. In der zweiten Schule stellte sich der Schulleiter einem ausführlichen Gespräch, in dessen Verlauf er die längerfristigen pädagogischen Zielvorstellungen seines Kollegiums umriß und ergänzende Bemerkungen aus seiner persönlichen Sicht hinzufügte. Die Beteiligung der Kollegen war mit 75% sehr hoch, der Zeitablauf zügig, die Raumfrage stellte sich nicht. Die Zusage des Schulleiters der dritten Schule kam prompt, er verwies allerdings nach einem kurzen einführenden Gespräch, wegen Zeitmangels auf seine Stellvertreterin, die auch bei der Erarbeitung des Schulprogramms die zentrale Funktion innehatte und in dem Interview sehr ausführlich zu allen Fragen Stellung bezog. Die Mitwirkungsbereitschaft war umfassend progressiv, es bedurfte keiner zusageheischenden Argumentation seitens des Interviewers, die Raumfrage stellte sich nur bedingt und konnte ad hoc gelöst werden. Der Zugang zur vierten Schule erwies sich als äußerst problematisch. Der Zeitaufwand war insgesamt, gemessen am späteren Erfolg überdimensional groß. Es bedurfte einer enormen Beharrlichkeit, der ständig erneuten Zusicherung der Anonymität, des Wiederholens gleicher Argumente und der begründeten Zurückweisung der Forderung, von ihr machte ein Interviewteilnehmer – er vertrat offenbar auch die Meinung einiger anderer Lehrer - seine Zusage abhängig, ausführlicher wörtlich wissenschaftlicher Begründung des gesamten Vorhabens und seiner Zielsetzungen. Unglücklicherweise fand der Besuch der Schule zu einer 136 Zeit statt, in der die Schulleiterstelle vakant war und die Verwaltungsaufgaben dem Stellvertreter oblagen. Er überließ es dem Interviewer, sein Anliegen im Kollegium vorzutragen. Es erweckte einen disharmonischen Eindruck, war unruhig und wenig progressiv. Vereinbarte Interviewtermine wurden später mehrmals zurückgezogen und dann wieder erneut bestätigt. Erst nach der Arbeitsaufnahme der neuen Schulleiterin konnten die Interviews dann aufgenommen und mit Verzögerung zuende gebracht werden. Der stellvertretende Schulleiter stellte sich am Schluß auch engagiert einem ausführlichen Interview. Im Laufe aller Interviews trat allmählich der Grund für den zur Schau gestellten Mißmut einiger Lehrer zutage, wenn es darum ging, sich zum Thema Schulprogramm zu äußern. Es fehlte ihnen eine allgemeine Ausgewogenheit der Thematik des Schulprogramms, wobei sie eine zu starke naturwissenschaftliche Schwerpunktbildung kritisierten. Sie hofften später eine Korrektur vornehmen zu können. Die Schulleiterin der fünften Schule zeigte sich vom ersten Moment an überaus aufgeschlossen gegenüber dem Thema Schulprogramm und war ohne Terminnöte jederzeit sprechbereit. Sie verband die Bekanntgabe des Vorhabens mit der Empfehlung zu kooperativem Verhalten. Die Terminabsprachen verliefen zügig, langatmige Begründungen und besondere Aufforderungen zur Mitwirkung waren nicht nötig. Der Besuch der sechsten Schule erwies sich in den Augen des Interviewers in jeder Hinsicht als ein Glücksfall. Der Schulleiter, ein lang gedienter Pragmatiker, gab unumwunden zu, dass das Thema Schulprogramm so kurz vor seiner Pensionierung für ihn nicht mehr relevant sei. Er verwies auf die besondere Kompetenz seiner Stellvertreterin, erklärte sein Kollegium für grundsätzlich kooperativ und betätigte sich als Organisator, indem er seine Sekretärin anwies, eine Liste zu erstellen, in der die Freistunden der Lehrer zusammengefaßt waren. Danach bat er die infrage kommenden Lehrkräfte ein kooperatives Verhalten zu zeigen. Niemand verwahrte sich gegen sein Ansinnen. Dieses Verfahren verselbständigte sich Tage darauf zu einer Art Schneeballsystem, so dass die insgesamt benötigte Zeitspanne optimal war. Ein wenig hemmend wirkte sich auch hier manchmal die Sprechzimmersuche aus. In der siebten Schule war bei zweimaligem Vorsprechen aus dem Schulleiterbereich nur der stellvertretende Schulleiter zu erreichen. Nach dem Vorgespräch erklärte er sich für nicht kompetent genug, um die Entscheidung für eine Zusage geben zu können und verwies unbedingt auf den Schulleiter, der nicht anwesend war. Dieser ließ beim dritten Versuch seine Absage mit der Standardbegründung übermitteln, alles störe nur den Unterricht. Außerdem würden ähnliche Anliegen des öfteren schon an ihn herangetragen worden sein. Bei einem zufälligen Treffen anläßlich eines Schulfestes gab er letztlich doch seine Zustimmung, stellte 137 sich zu einem späteren Zeitpunkt dem Interview und erwies sich als überaus sachkundiger und auskunftsfreudiger Gesprächspartner. Er wollte die Bekanntgabe des Interviewwunsches in seinem Kollegium nicht übernehmen, auch keine Empfehlung geben, die er für Beeinflussung hielt, sondern überließ die Vorstellung des Vorhabens in seinem Beisein dem Interviewer. Da Lehrer in der großen Pause zu beschäftigt sind und ein ständiges Kommen und Gehen herrscht und sie in der Gruppe selten konzentriert und kommentarlos zuhören können, schien es erfolgversprechender zu sein, lediglich den Interviewer vorzustellen und nach bewährter Methode auf die Lehrer einzeln zuzugehen, sie zu informieren und Termine zu vereinbaren. Die Raumfrage stellte sich nicht unbedingt, da eine Ausweichmöglichkeit vorhanden war. Der vorgegebene Terminplan konnte ohne größere Unterbrechungen eingehalten werden. In zusammenfassender Betrachtung kann bilanziert werden, dass 130 Lehrer entsprechend 59% aus sieben Schulen für die Einzelinterviews gewonnen werden konnten. Diese Quote ist um ein vielfaches höher als die Rückläuferquote bei Fragebogenaktionen, deren Non-Response-Rate beträgt üblicherweise 80% und mehr (Hauser, 1981, S. 150). Als Gründe für die Ablehnung wurden genannt: Zeitmangel, kein grundsätzliches Interesse, da das Interview ihre persönliche und die gesamte Situation der Schule nicht positiv beeinflussen könne. Der Einwand, es sei die Möglichkeit einer anonymen Stellungnahme zur Problemlage mit Vorschlagscharakter gegeben, zog nicht. Die Akzeptanz gegebener situativer Bedingungen, Beharrlichkeit, Überzeugungskraft, Unempfindlichkeit, Variabilität, umfassende und fundierte Sachkenntnisse, sowie schulpraktische Erfahrung als Bedingung für ein dialogisch geführtes Interview sind unverzichtbare Gelingensbedingungen für den angestrebten Erfolg. 8.2 Begründung des Leitfadens Der Leitfaden umfaßt Fragen, die sich mit der unmittelbaren Entstehung des Schulprogramms, der persönlichen Teilhabe daran, seiner unmittelbaren und mittelbaren Wirkung, seines generellen dauerhaften Nutzens als Instrument im Schulentwicklungsprozeß, ausgedehnt auf die Bereiche Kooperation, Unterricht, Erziehung und Organisation befassen. Es sollte festgestellt werden, wie hoch der Grad der individuellen Mitwirkungsbereitschaft ist, ob das entstandene Meinungsbild von Kontinuität geprägt ist und konzertierte Aktionen der Kollegien widerspiegelt. Außerdem wird denen, die sich dem Interview gestellt haben, die Gelegenheit gegeben, aus ihrer ganz persönlichen Sicht und täglichen Erfahrung heraus, Bedenken anzumelden, Kritik zu üben, Schwachstellen zu benennen, Wünsche zu äußern und 138 Vorschläge zu machen. Vor allem die Möglichkeit einer umfassenden individuellen Meinungsäußerung und die nach Selbsteinschätzung nur geringe Wahrscheinlichkeit auf Veränderungen tatsächlich Einfluß nehmen zu können, ist aus der Sicht der Befragten ein Grund, sich den Interviews zu stellen. Es lag in der Absicht des Interviewers ehrliche, unvorhereingenommene persönliche Meinungsbilder zu erhalten, die zusammengefügt Auskunft über konzertierte Anstrengungen auf dem Weg zu einem innovativen Schulentwicklungsprozeß abbilden und Rückschlüsse zulassen. 8.3 Interviewfragen Die Begriffe Qualitätsverbesserung und –sicherung sind Fixpunkte im Hinblick auf die Zielvorgabe der Gestaltung einer „lebendigen Schule“. Alle Beteiligten sind angesprochen und zur Mitwirkung aufgerufen. [Anmerkung zur Durchführung der Befragung: Die durch Punkte gekennzeichneten Fragen haben einen gesprächsunterstützenden Charakter und werden dann nachgeschoben, wenn das Gespräch „abzudriften“ droht oder nur einen stockenden Verlauf nimmt.] 1. Lehrerkollegien sind erfahrungsgemäß keine „einheitlichen Gebilde“. Häufig kommt es zu Interessenkollisionen. Standpunkte sind verhärtet. Unterschiedliche Auffassungen und Meinungen über Unterrichts- und Erziehungsfragen aus stark subjektiver Sicht prallen aufeinander. • Wie ist es in Ihrem Kollegium bei der Arbeit am Schulprogramm zur Konsensbildung gekommen? • Welcher Leitlinie sind Sie gefolgt? • Benutzte man ein fertiges Konzept – wer waren die Initiatoren? 2. Die Akzeptanz des Schulprogramms entsteht dadurch, dass möglichst viele Aspekte berücksichtigt wurden. • Wodurch ist die Ausgewogenheit in Ihrem Schulprogramm gekennzeichnet? • Wo liegen für Sie die Schwerpunkte bzw. Stärken Ihres Programms? • Wo sehen Sie trotz allem noch Defizite? • Wodurch identifizieren Sie sich mit der Arbeit an Ihrer Schule? 139 3. Haben Gruppen (mit oder ohne Erfolg) versucht, ihre Interessen in bezug auf die besondere Beachtung der von ihnen bevorzugten Arbeitsfelder durchzusetzen? • Erläutern Sie hierzu Ihren Standpunkt! 4. Um eine fundierte Schulprogrammarbeit leisten zu können, bedarf es einer gründlichen Vorabinformation. • Welche Quellen haben Sie benutzt? 5. Durch den Erlaß zur Anfertigung des Schulprogramms wurde Ihnen die einmalige Gelegenheit geboten, Vorschläge, Ideen, Hinweise im Programm, das für alle verbindlich ist, festschreiben zu lassen. • In welcher Weise haben Sie davon Gebrauch gemacht? 6. Die rein fachspezifische Unterrichtsarbeit wurde stetig ergänzt durch die Intensivierung anderer schulischer Arbeitsfelder wie Elternarbeit, Schulleben (Chor, Theater, Sport- und Schulfeste), Öffnung der Schule „Außendarstellung“. Hier eröffnet sich ein breites Betätigungsfeld. • In welcher Weise sind Sie bei diesen Arbeitsfeldern engagiert? • Wo sehen Sie Langzeiterfolge? • Wo liegen Defizite, die nur schwer zu beseitigen sind? 7. Eine besondere Problematik stellt in vielen Schulen die Erziehungsarbeit dar. • Wo sehen Sie Möglichkeiten Ihrer Einflußnahme? 8. Zum Unterricht: Sie haben Ihren Fachunterricht bislang intensiv vorbereitet, engagiert durchgeführt und entsprechend reflektiert (Praktiker wissen: keine Stunde ist perfekt). • Welche äußeren Faktoren müßten sich ändern, um die Stichworte: Qualitätsverbesserung und –sicherung mit Ihrem Unterricht in Beziehung zu setzen? • Welchen Beitrag können bzw. sind Sie bereit zu leisten, um der Forderung nach einer Verbesserung der Unterrichtsqualität und deren Sicherung zu entsprechen? 140 9. Auf welche Weise wurde durch das Schulprogramm Ihr Unterricht positiv beeinflußt? 10. In Ihrem Schulprogramm ist eine Empfehlung für fächerübergreifenden Unterricht gegeben. Dazu gehören: Projektarbeit, Wochenplanarbeit, freie Arbeit, wahldifferenzierter Unterricht, Werkstattarbeit, Lernen an Stationen. • Wie beurteilen Sie aus Ihrer Sicht diese Unterrichtsformen? • Identifizieren Sie sich damit, oder machen sie nur mit, weil Kollegen Sie auffordern? • Welche Grenzen und Möglichkeiten sehen Sie aus Ihrer Erfahrung heraus? • Wie schätzen Sie Ihre eigene Fähigkeit zu kooperativer Arbeit ein? • Wie beurteilen Sie die Fähigkeit zur Teamarbeit und die Kooperationsfähigkeit Ihrer Kollegen? • Werden Fortbildungen erforderlich? 11. Einige Themen z. B. Aids wurden in vielen Fächern mit solcher Intensität behandelt, dass bei den Schülern Interesse, Einsicht und Verständnis in Ablehnung umschlugen. • Wie planen Sie solche komplexen Themen? (z. B. Thema: Umwelterziehung) 12. Aufgrund gegebener Organisationsstrukturen und häufig ungünstiger Stundenkonstellationen kommt es bei der Bildung von Arbeitsgruppen nicht immer zur Idealbesetzung, sondern es müssen Reibungsflächen geglättet werden, um eine vernünftige Arbeitsatmosphäre zu schaffen. • Was glauben Sie, nach welchen Kriterien Lehrer Lehrer für die Teamarbeit aussuchen, wenn sie sich frei von Sachzwängen eine Arbeitsgruppe zusammenstellen könnten? 13. Zu jeder erfolgreichen Schularbeit gehört eine Evaluation. Sie kann auf verschiedene Weise durchgeführt werden. • Für welche Art bzw. Arten entscheiden Sie sich? 14. Es gibt für die Evaluation keine festen Zeitabstände. • Wann sollte man evaluieren? 141 15. Die zuständige Schulbehörde evaluiert die Schulen. • Welche Hilfen können den Schulen dadurch gegeben werden? 16. „Peer Review“ bedeutet in der Praxis eine Fremdevaluation durch eine auswärtigen Evaluationsgruppe, die aber auf der gleichen Ebene wie das Kollegium steht (etwa durch Kollegen einer Partnerschule). Sie kann erfolgen, nachdem nach einer Selbstevaluation die Untersuchungsgegenstände klar umrissen sind (etwa Lernatmosphäre) und davon schulintern erste Ergebnisse vorliegen. • Aus welchen Gründen würden Sie dem „Peer Review“ zustimmen? • Aus welchen Gründen ablehnen? • Welche Impulse und Hilfen könnte Ihnen ein Peer Review geben? 17. Es besteht auch die Möglichkeit als „Peer“ aktiv zu werden. • Mit welcher Begründung würden Sie sich dafür zur Verfügung stellen oder der Aufforderung nicht entsprechen? 18. Der Erlaß Schulprogramme zu erstellen, ist für alle obligatorisch. Welcher Grundgedanke liegt ihm Ihrer Meinung nach zugrunde? 142 9 Auswertung der Interviews 9.1 1. Fallbox 1. SCHULE / 1. Frage Lehrerkollegien sind erfahrungsgemäß keine „einheitlichen Gebilde“. Häufig kommt es zu Interessenkollisionen. Standpunkte sind verhärtet. Unterschiedliche Auffassungen und Meinungen über Unterrichts- und Erziehungsfragen aus stark subjektiver Sicht prallen aufeinander. • Wie ist es in Ihrem Kollegium bei der Arbeit am Schulprogramm zur Konsensbildung gekommen? • Welcher Leitlinie sind Sie gefolgt? • Benutzte man ein fertiges Konzept – wer waren die Initiatoren? Die Schulprogrammarbeit wurde von der Schulleitung initiiert, die später vor der endgültigen Schriftlegung die in den Fachgruppen erstellten und von einem Gremium überarbeiteten Konzepte nach einer notwendigen Bündelung das Gesamtkonzept dem Plenum zur Diskussion und Abstimmung vorlegte. Eltern und Schüler wurden miteinbezogen und um ihre Zustimmung ersucht. Es lag anfangs kein fertiges Konzept vor. Zur Leitlinie wurde die Schulprofilorientierung, ergänzt durch Projektentwicklungsschwerpunkte wie: - Sportförderung - „Gesunde Schule“ - Naturwissenschaften - Streitschlichtung - Sponsoring und neue Technologien . Die für die einzelnen Fachbereiche obligatorischen Themenkataloge wurden nach ministerieller Vorlage in das Programm übernommen. Die gesamte Programmarbeit ist als ein sehr arbeitsintensiver und zeitaufwendiger Prozeß empfunden worden. 143 1. Fallbox 1. SCHULE / 2. Frage Die Akzeptanz des Schulprogramms entsteht dadurch, dass möglichst viele Aspekte berücksichtigt wurden. • Wodurch ist die Ausgewogenheit in Ihrem Schulprogramm gekennzeichnet? • Wo liegen für Sie die Schwerpunkte bzw. Stärken Ihres Programms? • Wo sehen Sie trotz allem noch Defizite? • Wodurch identifizieren Sie sich mit der Arbeit an Ihrer Schule? Das Schulprogramm, das auf der Basis von Unterrichtserfahrung schüler- und zukunftsorientiert ausgerichtet ist, gilt als ausgewogen, weil eine weit gefächerte Meinungsvielfalt berücksichtigt wurde. Arbeitsgruppen haben aus dem Istzustand neue pädagogische Zielsetzungen mit unterschiedlicher Dringlichkeit aufgelistet und somit perspektivisch den Rahmen für einzufordernde Erziehungsprinzipien (Disziplin, Werteerziehung) abgesteckt. Die Fachgruppen konnten ihre spezifischen Konzepte ohne Reibungsverluste in den Gesamtrahmen einpassen. Als Schwerpunkte bzw. Stärken des Schulprogramms werden folgende Bereiche genannt: - verstärkte Computerarbeit - Streitschlichtung (Kollegen bilden jährlich Schüler als Streitschlichter aus) - Umgestaltung des Schulgebäudes, Einrichtung von Spielecken und Gartengestaltung - Schaffung von Ruhezonen - Sport in Verbindung mit Vereinen - Differenzierungen im musisch-künstlerischen Bereich - Einrichtung einer Reihe von freiwilligen AG´s - Gesundheitserziehung - Austausch mit einer französischen Partnerschulen - Methodentraining nach KLIPPERT und EVA (Eigenverantwortliches Arbeiten). ↓ 144 • Assoziiert wurden dabei die Begriffe Toleranz, Teamarbeit und intellektuelle Erziehung, die es zu fördern gilt. • Das Spektrum der geäußerten Defizite ist stark subjektiv geprägt und weit gestreut Als existente Unzulänglichkeiten, die permanent in das Bewußtsein aller gerückt werden sollen, wurden genannt: - Verbesserung der sozialen Komponenten, Beispiel: das Miteinanderumgehen - die fehlende Einsicht in kontinuierliches Lernen - die Erschwernis bei der Zielumsetzung durch die Einstündigkeit - eine noch spürbare interkollegiale Lagerbildung - die teilweise schlechte Durchsetzbarkeit von gemeinsamen Zielvereinbarungen („Gesunde Schule“ hat gut geklappt). • Die Defizite bei der Umsetzung sind: - Lehrer gehen zu wenig auf Schüler ein, weil sie ihnen nicht voll vertrauen. - Das Kollegium ist noch kein Team. - Noch immer eine nur mangelhafte Beachtung der Naturwissenschaften. - Die Befürchtung, dass zu viel Nebensächliches, Beispiel: angelsächsische Eßgewohnheiten, in dem Programm aufgenommen wurden und somit die Ziele nur mit großer Mühe zu erreichen seien. - Die Verlagerung der elterlichen Erziehungsarbeit auf die Schule. - Der nicht ausreichende Konsens über die unterschiedlichen Meinungen der Lehrer zu den Unterrichtsformen. - Die dringende Verbesserungswürdigkeit der sozialen Komponenten - das Miteinanderumgehen - Übungen zum kritischen Abwägen eigener Einsichten. ↓ 145 Die Identifikation mit der Arbeit an der Schule wird begründet mit: - die Förderung und Intensivierung kollegialer Gesprächsbereitschaft - erste Ansätze zur Festigung der Teams, - der permanenten Bereitschaft zu gegenseitigen Hilfeleistungen - mit einer insgesamt guten und ruhigen Lernatmosphäre. • Das Kollegium ist fähig zu offener und kollegialer Zusammenarbeit • Kollegiale und tolerante Zusammenarbeit mit dem Schulleiter, der jederzeit zum Dialog bereit steht. • Die Betonung des künstlerischen Bereiches und der Streitschlichtung wird positiv angenommen. • Ein allgemeines Wohlbefinden, hervorgerufen durch die gute Kollegialität. 1. Fallbox 1. SCHULE / 3. Frage Haben Gruppen (mit oder ohne Erfolg) versucht, ihre Interessen in bezug auf die besondere Beachtung der von ihnen bevorzugten Arbeitsfelder durchzusetzen? • Erläutern Sie hierzu Ihren Standpunkt! • Alle Fachgruppen haben in einer konsensbereiten Atmosphäre eine ausgewogene Präsentation geboten und dabei die besondere Bedeutsamkeit des jeweils vorge- stellten Faches im gesamten Fächerkanon betont. • Auffällige Sonderwünsche wurden nicht artikuliert, keine Blockadehaltung, kein zwanghaftes Durchsetzen von Meinungen. • Einzelne Arbeitsfelder wurden in ansprechender Form präsentiert, wobei sich der Mehrheitswunsch nach Teambildung herauskristallisierte und der Wunsch nach langfristiger, engerer Zusammenarbeit in den Vordergrund gestellt wird. • Besonders hervorgehoben wurde die verstärkte Schwerpunktsetzung im naturwissenschaftlichen Bereich, desgleichen die Verstärkung des Computerein- satzes, die Bedeutung der Streitschlichtung und einer funktionierenden Schülerbücherei. 146 1. Fallbox 1. SCHULE / 4. Frage Um eine fundierte Schulprogrammarbeit leisten zu können, bedarf es einer gründlichen Vorabinformation. • Welche Quellen haben Sie benutzt? • Abgesehen von einem Drittel der Interviewten, das angab, sich nicht informiert zu haben, werden von den anderen als Informationsquellen die Handreichungen des Ministeriums, die Richtlinien, das Internet, aus dem Entwürfe von anderen Schulen entnommen wurden und • die Information aus einer konzeptionellen Zusammenstellung der vorangegangenen pädagogischen Konferenzen genannt. 1. Fallbox 1. SCHULE / 5. Frage Durch den Erlaß zur Anfertigung des Schulprogramms wurde Ihnen die einmalige Gelegenheit geboten, Vorschläge, Ideen, Hinweise im Programm, das für alle verbindlich ist, festschreiben zu lassen. • In welcher Weise haben Sie davon Gebrauch gemacht? Hier wurde eine Vielfalt von Antworten eingebracht: • Betonung der Wichtigkeit der musikalischen Ausbildung • Einrichtung von Pflichtkursen in Englisch und Deutsch mit dem Ziel der Erlangung der Qualifikation • Hinzuziehung von Experten - eben Ärzten - bei den geplanten Gesundheitstagen • Im gleichen Zusammenhang Förderung einer intensiven Zusammenarbeit mit Sportvereinen ↓ 147 • Initiative für ein Radioprogramm • Verstärkung interkultureller Beziehungen • Gründung einer Arbeitsgruppe, Darstellen des Spielens, Rollenspiele auch mit geschichtlichen Szenen, dazu Aktionstage mit Profischauspielern • Intensivierung der Förderung der Lesefähigkeit und der Medienarbeit • Konsequente Beibehaltung von KLIPPERT • Rigoroser Wechsel der Sozialformen • Umsetzung fächerübergreifender Planungsvorhaben im naturwissenschaftlichen Bereich 1. Fallbox 1. SCHULE / 6. Frage Die rein fachspezifische Unterrichtsarbeit wurde stetig ergänzt durch die Intensivierung anderer schulischer Arbeitsfelder wie Elternarbeit, Schulleben (Chor, Theater, Sport- und Schulfeste), Öffnung der Schule „Außendarstellung“. Hier eröffnet sich ein breites Betätigungsfeld. • In welcher Weise sind Sie bei diesen Arbeitsfeldern engagiert? • Wo sehen Sie Langzeiterfolge? • Wo liegen Defizite, die nur schwer zu beseitigen sind? • Außer der Kerntätigkeit des Unterrichtens werden Aktivitäten bei der Organisation und Durchführung von Chor-, Theater-, Sport- und Schulveranstaltungen genannt. • Des weiteren die Organisation von Kunstausstellungen, von Klassen- und Studien- fahrten, inklusive deren Durchführung, die Gestaltung von Gottesdiensten und Schülerradioprogrammen. • Die Partnerschaftspflege im Umgang und im Austausch mit einer französischen Partnerschule. ↓ 148 • Der Schwerpunkt ist der Versuch einer permanenten, kooperativen Zusammenarbeit mit den Eltern. • Ihre intensive Mitarbeit bei der Förderung von Disziplin, der Steigerung der Lernbereitschaft und Werteerziehung wird als dringend erforderlich erachtet. • Als besonders defizitär wird von den Lehrern die äußerst geringe Resonanz der Eltern zu Erziehungsfragen empfunden. • Als erhoffte Langzeiterfolge werden genannt: - Steigerung der Lernmotivation, - Disziplinförderung, - Förderung des Zusammenhalts durch gemeinsames Musizieren - Demokratisierung der Schule und die Identifikation mit ihr - Steigerung der Konzentration und Förderung der Sprachkompetenz - Werteerziehung und Förderung der Bereitschaft zur Mitarbeit - Weckung von verstärktem Interesse eines allgemeinen Mitwirkens am Schulleben. 1. Fallbox 1. SCHULE / 7. Frage Eine besondere Problematik stellt in vielen Schulen die Erziehungsarbeit dar. • Wo sehen Sie Möglichkeiten Ihrer Einflußnahme? Die Antworten auf diese Frage, sie ist zentriert auf das schulpraktische Problemfeld 1. Ordnung, lassen sich auf drei Ebenen erfassen. Es zeichnet sich ein Meinungsbild ab, das in seiner Tendenz Resignation, Unmut und Hilflosigkeit wiederspiegelt, wenn dem auch Selbstkritik und die Aufforderung zu aktivem Handeln entgegenstehen. Es überwiegt die eindeutige Forderung nach mehr Zugeständnis von Erziehungskompetenz für Lehrer. Ihre Einflußnahme auf die Disziplin ist unzureichend, da sie zu eng an Erlasse und Richtlinien gebunden sind. Sie haben kaum die Möglichkeit, erzieherisch wirksam eingreifen zu können, da durch die zur Verfügung stehenden Maßnahmen die Problemschüler nur wenig bis gar nicht erreichbar seien. Persönliche Methoden, die sich aus der pädagogischen Situation heraus ergeben, sind nicht ↓ 149 erwünscht, Beispiel: Nachsitzen, Strafarbeiten. So bleibt in der täglichen Praxis nur die Anwendung der meist unwirksamen Methode des ständigen Diskutierens. Ergänzend dazu verlagern sich die Antworten auf die zweite Ebene, auf der die Eltern angesprochen werden, denen insgesamt ein Versagen in ihrer erzieherischen Arbeit bescheinigt wird, was sogar in einer Aussage gipfelt, nämlich der, dass die Eltern dazu verpflichtet werden müßten, die Erziehung ihrer Kinder auf ein allgemein gültiges Level zu bringen. Eine verstärkte Verantwortungsübernahme der Eltern würde dadurch erreicht, dass man sie mit den Problemen detailliert konfrontiert und daraus eine kooperative, gemeinsame Erziehungslinie entwickelt, da sie, sofern eingebunden, den ohnehin größeren Einfluß auf die Erziehung haben. Zusammengefaßt lautet die Forderung, dass Ordnungs- und Arbeitsprinzipien der Schule von den Eltern an die Schüler weitergegeben werden müßten. Einige Kollegen versuchen durch ihr persönliches Engagement mit der Einrichtung von Elternstammtischen die Themen Disziplin, Lernfähigkeit und Lernfertigkeit permanent in das Bewußtsein der Elternschaft hineinzutragen. Denn es muß anscheinend immer wieder klar herausgestellt werden, dass die Schule keine Verwahranstalt ist, in der die Kinder einen Teil ihres Tages lediglich verweilen. In dem Zusammenhang kommen auch Interviewäußerungen zum Tragen, die die Leistungsanforderungen als zu gering bezeichnen, da der Spaßfaktor immer noch überwiegt. Auf der dritten Ebene werden pädagogische Ansätze aufgelistet, denen immer wieder unverdrossen gefolgt werden sollte. So wird darauf hingewiesen, dass man nicht umhin komme sich Zeit zu nehmen, um Probleme zu besprechen. Notwendig ist eine persönliche Betreuung einzelner Problemschüler, eine intensive Gesprächsführung mit ihnen, ein soziales Training, verstärkte Erziehung der Schüler zur Selbständigkeit und Verantwortung, vor allem sich einordnen zu lernen. Von den unteren Klassen her sollten Regeln eingeführt werden, die unbedingt eingehalten werden müssen. Die mangelhafte Teamarbeit zeitigt ein uneinheitliches Handeln. Deutlich subjektiv geprägte Toleranzgrenzen, deren Angleichung nur näherungsweise oder gar nicht gelingt, ist ein Defizit, das scheinbar unüberbrückbar ist und zu unterschiedlichen Beurteilungen selbst bei eklatanten Ordnungswidrigkeiten führt. Der offizielle Ordnungsmaßnahmenkatalog wird als ausreichend eingestuft, wenn die in ihm aufgelisteten Handlungsalternativen in weitaus kürzeren und damit tatsächlich wirksamen zeitlichen Schrittfolgen aufgezeigt werden könnten. 150 1. Fallbox 1. SCHULE / 8. Frage Zum Unterricht: Sie haben Ihren Fachunterricht bislang intensiv vorbereitet, engagiert durchgeführt und entsprechend reflektiert (Praktiker wissen: keine Stunde ist perfekt). • Welche äußeren Faktoren müßten sich ändern, um die Stichworte: Qualitätsverbesserung und –sicherung mit Ihrem Unterricht in Beziehung zu setzen? • Welchen Beitrag können bzw. sind Sie bereit zu leisten, um der Forderung nach einer Verbesserung der Unterrichtsqualität und deren Sicherung zu entsprechen? Als äußere Faktoren, denen unmittelbar qualitätsverbessernde und stabilisierende Wirkung zugesprochen wird, werden mehrheitlich genannt: - eine deutliche Herabsetzung der Klassensequenzen auf kleinere Lerneinheiten unter 30 Schülern, ergänzt durch eine adäquate Medienausstattung - eine allgemeine Erhöhung der Entscheidungskompetenzen für Lehrer. • Als von vorn herein qualitätsverbessernd wäre ein wünschenswerter Überhang an Schülern mit geeignetem Leistungsniveau und entsprechendem Lernverhalten, wodurch Disziplinprobleme sich auf ein Minimum reduzierten. • Die Skala des persönlichen Einsatzes, der zur Qualitätsverbesserung beitragen soll, geht von teilweise nicht mehr möglich, da alle Variationen unterrichtlicher Erfahrung ausgeschöpft worden seien und die Grenzen der Belastbarkeit erreicht sind, über folgende Zielvorstellungen: - verbesserter Einsatz geeigneter Medien, auch selbst gefertigter - Verbesserung der Arbeitstechniken - Schülerbefragungen zum Unterricht - Methodenvariation mit Einsatz von Experimenten - Beseitigung von Defiziten in der Konzentration und der Lernbereitschaft, ↓ 151 sowie Behebung der auftretenden Sprachprobleme - engere Zusammenarbeit im Kollegium mit teilweiser Konzeptneugestaltung - konsequenteres Lehrerverhalten - tägliche Unterrichtsreflexion und detailliertere Vorbereitung - vermehrter Einsatz von Übungen zum Textverständnis - verstärkter themenbedingter Sozialform- und Methodenwechsel - häufigeres Ansprechen aktueller Problematiken und die sich daraus ergebende pädagogische Situation besser zu beachten und für den Unterricht umzusetzen - verstärkt gezielter Einsatz von Computern - eine generelle Sensibilisierung der Gesellschaft zum allgemeinen Lernproblem - ein stetiges Augenmerk auf die Schaffung einer permanent guten Arbeits- atmosphäre zu richten. 1. Fallbox 1. SCHULE / 9. Frage Auf welche Weise wurde durch das Schulprogramm Ihr Unterricht positiv beeinflußt? • Während die Mehrheit der Interviewten angibt, dass ihr Unterricht durch das Schulprogramm nicht positiv beeinflußt worden ist, weil keine grundsätzlichen neuen Ideen enthalten seien, verweisen andere auf eine in Ansätzen generelle Verbesserung der Teamarbeit, wodurch die Zusammenarbeit kompletter und der Kontakt in der Zusammenarbeit mit den Kollegen enger wird. • Die verbesserte Streitschlichtung bringt eine, wenn auch teils unbemerkte Zusammenarbeit der Schüler mit sich, mit einer Zunahme an Eigenverantwortung. • Der zunehmende Wettbewerbscharakters zeigt ein Plus an vorzeigbaren Ergebnissen auf. • Die Methode KLIPPERT wird sehr positiv beurteilt. 152 1. Fallbox 1. SCHULE / 10. Frage In Ihrem Schulprogramm ist eine Empfehlung für fächerübergreifenden Unterricht gegeben. Dazu gehören: Projektarbeit, Wochenplanarbeit, freie Arbeit, wahldifferenzierter Unterricht, Werkstattarbeit, Lernen an Stationen. • Wie beurteilen Sie aus Ihrer Sicht diese Unterrichtsformen? • Identifizieren Sie sich damit, oder machen sie nur mit, weil Kollegen Sie auffordern? • Welche Grenzen und Möglichkeiten sehen Sie aus Ihrer Erfahrung heraus? • Wie schätzen Sie Ihre eigene Fähigkeit zu kooperativer Arbeit ein? • Wie beurteilen Sie die Fähigkeit zur Teamarbeit und die Kooperationsfähigkeit Ihrer Kollegen? • Werden Fortbildungen erforderlich? Bis auf zwei Ablehnungen, die damit begründet werden, dass zwischen einem riesigen Arbeitsaufwand und einem dazu nur geringen Erfolg ein empfindliches Mißverhältnis besteht, weil die Kinder es nicht schaffen, ihre Ergebnisse übersichtlich zusammenzufügen und entsprechend zu ordnen, entscheidet sich die Mehrheit des Kollegiums grundsätzlich für fächerübergreifendes Arbeiten. Allerdings bewerten auch die Befürworter aus einer differenzierten Unterrichterfahrung heraus die Aufwand-Nutzen-Relation, vor allem aber einige Organisationsformen kritisch. So wird dem Projektunterricht nur dann Effektivität bescheinigt, wenn man von seiner ursprünglich standardisierten Form – alle Lehrer und Schüler arbeiten an einem gemeinsamen Projekt über den Zeitraum von einer Woche – abgewichen wird. Die Einigung auf eine gemeinsame Verfahrensstrategie stellt auch ein konsensbereites Kollegium vor eine schwierige Aufgabe. Die unterschiedlichen Standpunkte und Erfahrungen können nachstehend folgenderweise interpretiert werden: ↓ 153 Die anfängliche Bereitschaft, ohne weitere Vorbehalte gesamtschulische Projekte durchzuführen, bei dem sich alle einem übergeordneten Thema widm en, wich schon nach einigen Wiederholungen dem Wunsch nach einer modifizierten Vorgehensweise, weil sich alsbald herausstellte, dass die große Schülerzahl und die zu lange Zeitspanne von einer Woche der Effizienz abträglich sind. Deshalb wird vorgeschlagen, Gemeinschaftsprojekte höchstens im Abstand von zwei Jahren durchzuführen. Als pädagogisch sinnvoller werden kleinere Projekte in Form von fächerübergreifenden Jahrgangsstufenprojekten vorgeschlagen, die dann auch pädagogisch wirksamer sind, wenn sich ihre Thematik aus dem zu bearbeitenden Unterrichtsstoff ergibt. Allerdings wird auch darauf hingewiesen, dass die Schüler in ihrer gesamten Schulzeit mehrmals an Projekten arbeiten sollten, weil diese geeignet seien, selbständiges verantwortungsvolles Arbeiten und Planen einzuüben. Bei kleineren Projekten, die sich zeitlich problemlos koordinieren lassen, wird Leerlauf vermieden und es werden handfestere Ergebnisse erzielt. Wahldifferenzierter Unterricht wird durchgängig gut geheißen. Durch ihn ist ein erfolgreiches Arbeiten realisierbar. Die Wochenplanarbeit wird zwiespältig, eher ablehnend beurteilt. Zustimmung erhält sie von Lehrern aus den Oberstufen, die diesen Unterricht als Möglichkeit zum intensiven Wiederholen empfehlen. Die Freie Arbeit und das Lernen an Stationen wird nicht durchweg abgelehnt. Da aber das ungleiche Verhältnis zwischen einem großen vorbereitenden Arbeitsaufwand und einem geringen Arbeitserfolg zu divergent ist, stoßen diese Unterrichtsformen auf allgemeine Ablehnung. Außerdem müsse die Voraussetzungsgebundenheit erfüllt sein, dass Schüler schon von der Grundschule an in diesen Arbeitsformen geübt sind. Die Werkstattarbeit wird entsprechend der Fächer, auf die sie zutrifft, positiv beurteilt. Der Mehrheit fehlt der Rückgriff auf praktische Erfahrung. Um gemeinsam erfolgreich arbeiten zu können, bedarf es der Fähigkeit zu kooperativer Arbeit. Deshalb sollte die Kooperationsfähigkeit der Kollegen und die ↓ 154 eigene eingeschätzt werden. Bis auf wenige negative Äußerungen, die sich eigentlich mehr auf die eigene Unwilligkeit „dann brauche ich mich nach niemanden zu richten und kann schneller zum Ziel kommen“¸ wird die Kooperationsfähigkeit mit bis zu 90% als sehr hoch eingeschätzt, die eigene hingegen weitaus höher, durchweg bis auf wenige Zweifler mit 100%. In dem Zusammenhang werden Fortbildungen, wenn sie streng pädagogisch thematisiert sind, von allen als unbedingt erforderlich gehalten; immerhin mit der Einschränkung, dass die Koordination in den Händen von außenstehenden Experten, vor allen Dingen von der Universität liegen müßte. Multiplikatoren, wie sie von der „Regierung“ geschickt werden, werden als inkompetent abgelehnt, vor allem dann, wenn sie, was häufig geschieht, zu albernen pädagogischen Rollenspielen auffordern. „Keine Spielereien“, sondern exakte sach- und fachbezogene Instruktionen werden gewünscht. 1. Fallbox 1. SCHULE / 11. Frage Einige Themen z. B. Aids wurden in vielen Fächern mit solcher Intensität behandelt, dass bei den Schülern Interesse, Einsicht und Verständnis in Ablehnung umschlugen. • Wie planen Sie solche komplexen Themen? (z. B. Thema: Umwelterziehung) Übereinstimmend wird als gangbarer Weg fächerübergreifendes Arbeiten empfohlen. • Zwei unterschiedliche Planungsphasen wurden zum Vorschlag gebracht. Nach der Konsensfindung mit den Fachbereichen wird von allen ein gemeinsames Konzept erstellt, das auf der Basis fachspezifischer Planung beruht. Als anderer ↓ 155 Weg wird ein weitgehend detailliertes Eigenkonzept als Richtschnur vorgestellt, an dem sich die Fachbereiche ausrichten sollten. Auch Ideensammlungen mit Schülern werden hier vereinzelt in die Planungsphase miteinbezogen. • Themen sollten in einer Konferenz vorgestellt (Teilmeinung), ihre Tragbarkeit und Sinnhaftigkeit überprüft und darüber abstimmt werden. 1. Fallbox 1. SCHULE / 12. Frage Aufgrund gegebener Organisationsstrukturen und häufig ungünstiger Stundenkonstellationen kommt es bei der Bildung von Arbeitsgruppen nicht immer zur Idealbesetzung, sondern es müssen Reibungsflächen geglättet werden, um eine vernünftige Arbeitsatmosphäre zu schaffen. • Was glauben Sie, nach welchen Kriterien Lehrer Lehrer für die Teamarbeit aussuchen, wenn sie sich frei von Sachzwängen eine Arbeitsgruppe zusammenstellen könnten? Die Kriterien, nach denen Lehrer Lehrer für die Teamarbeit auswählen, wenn sie denn immer freie Hand dazu hätten, werden in einem Ranking aufgeführt. Dabei nimmt die Sympathie mit deutlichem Abstand den ersten Platz ein, gefolgt von Fach- und Methodenkompetenz, von Fleiß und Durchsetzungsvermögen und, dass sie keine Nörgler sind. Die letzte Stelle nimmt der Begriff der Sozialkompetenz ein, gemeint waren damit Lehrer, die ein ständiges inkonsequentes Verhalten zeigen, stets kompromißbereit und nachgiebig sind, oder für alles und jeden Verständnis zeigen. 156 1. Fallbox 1. SCHULE / 13. Frage Zu jeder erfolgreichen Schularbeit gehört eine Evaluation. Sie kann auf verschiedene Weise durchgeführt werden. • Für welche Art bzw. Arten entscheiden Sie sich? Die Antworten, die zu den Fragen der Evaluation gegeben wurden, sind nicht erfahrensgestützt, sondern basieren auf persönliche Vermutungen, wie diesem Themenkomplex nachgegangen werden könnte. Um im Endeffekt erfolgreich zu sein, wird ausnahmslos folgende Schrittfolge vorgeschlagen: • Selbstevaluation → in Fachgruppen → im Kollegium. Es wird so argumentiert, dass die Selbstevaluation zunächst der wichtigste Punkt eigenkritischer Betrachtung seiner geleisteten Arbeit ist. In den Fachgruppen ist der Arbeitskreis klein und seine Arbeitsweise deswegen effektiv, auch deshalb, weil eine Fachgruppendiskussion z.B. auf die naturwissenschaftliche Unterrichtsproblematik beschränkt bleibt. Im Kollegium werden dann abschließend alle Änderungswünsche diskutiert und, wenn nötig, eine ergänzende Strategie festgelegt. 1. Fallbox 1. SCHULE / 14. Frage Es gibt für die Evaluation keine festen Zeitabstände. • Wann sollte man evaluieren? Die vermutlich günstigsten Zeitspannen zwischen zwei Evaluationen werden zwischen einem halben Jahr und zwei Jahren eingeschätzt, wobei offen blieb, ob die spätere praktische Erfahrung diese Zeitspanne bestätigen wird. 157 1. Fallbox 1. SCHULE / 15. Frage Die zuständige Schulbehörde evaluiert die Schulen. • Welche Hilfen können den Schulen dadurch gegeben werden? Die Frage wird grundsätzlich verneint, da den Behördenvertretern fehlende praktische Erfahrung attestiert wird und sie lediglich erlaßorientiert handeln und anordnen. Eine wertneutrale, rein sachbezogene Beurteilung von unterrichtspraktischen oder organisatorischen Problemen, aus denen sie brauchbare Empfehlungen ableiten können, werden ihnen nicht zugetraut. 1. Fallbox 1. SCHULE / 16. Frage „Peer Review“ bedeutet in der Praxis eine Fremdevaluation durch eine auswärtigen Evaluationsgruppe, die aber auf der gleichen Ebene wie das Kollegium steht (etwa durch Kollegen einer Partnerschule). Sie kann erfolgen, nachdem nach einer Selbstevaluation die Untersuchungsgegenstände klar umrissen sind (etwa Lernatmosphäre) und davon schulintern erste Ergebnisse vorliegen. • Aus welchen Gründen würden Sie dem „Peer Review“ zustimmen? • Aus welchen Gründen ablehnen? • Welche Impulse und Hilfen könnte Ihnen ein Peer Review geben? • Nach der Definition des Begriffes „Peer Review“ – er war niemandem geläufig – wurde die grundsätzliche Bereitschaft zur Teilnahme an einer solchen als praxisorientiert, hilfreich und notwendig beschriebenen Fortbildungsvariante grundsätzlich, aber nicht ↓ 158 vorbehaltlos zugestimmt. Die Mitarbeit wird abhängig gemacht von einer im Voraus gegebenen Garantie, dass: - sich keine, wie auch immer geartete Prüfungssituation ergeben darf, schon gar nicht die, wie sie für Referendare üblich ist - nur unterrichtserfahrene und noch in der Praxis stehende Kollegen zum Evaluationsteam gehören, die aber nicht dem eigenen Kollegium angehören - kein grundsätzlicher Rat erteilt wird - positive Kritik, getragen von Sachbezogenheit auf der Basis eines Erfahrungsaustausches mit freundlichem Umgangston geübt wird - kein Verriß stattfindet - keine Schaustunden verlangt werden, wie sie von Referendaren in Prüfungssituationen dargeboten werden - ein „Peer Review“ nicht von übergeordneten Dienststellen aufoktuiert werden darf, sondern vorbehaltlos dem eigenen Wunsch entsprechen muß. • Das Einverständnis zur Mitwirkung wird damit begründet: - dass man durch das Kennenlernen anderer Ansichten neue Einsichten gewinnt und man Hinweise auf Verkrustungen des eigenen Unterrichts erhält, denn Korrekturen am Lehrerverhalten werden als kollegiale Hilfestellungen angenommen - weil ein kollegialer Erfahrungsaustausch, eine sachliche Kritik und deren Akzeptanz grundsätzlich wichtig sind, um Betriebsblindheit zu vermeiden - weil ein praktischer Austausch ein grundsätzliches Feedback ist - weil durch von außen kommende kollegiale Kritik verstanden wird als besser objektivierte Fremdevaluation - weil eine Selbstreflexion auf der Basis einer Fremdwahrnehmung stattfindet ↓ 159 - weil jede erfolgreiche Arbeit ein Echo, eine konstruktive Kritik benötigt - weil ein konstruktives Gespräch auf gleicher Augenhöhe Hilfe zur Selbsterkenntnis ist, denn alle haben gleiche oder ähnliche Probleme - weil man voneinander lernen kann, denn die Wahrnehmung des Anderen ist anders als die eigene - weil aus Unterricht kein Geheimnis gemacht werden sollte und auf diese Weise eigene Kreise durchbrochen werden. • Mehrheitlich werden fachgleiche Kollegen gewünscht, man hat aber durchweg keine Bedenken sich fachfremder Kritik auszusetzen. Kritik, die auf theoretischen Ansätzen gründet, würde von vornherein abgelehnt werden. 1. Fallbox 1. SCHULE / 17. Frage Es besteht auch die Möglichkeit als „Peer“ aktiv zu werden. • Mit welcher Begründung würden Sie sich dafür zur Verfügung stellen oder der Aufforderung nicht entsprechen? • Die Mehrheit der Interviewten würde sich als „Peer“ zur Verfügung stellen, weil sich ihnen die Möglichkeit böte: - Vergleiche zum eigenen Unterricht anzustellen, also von der subjektiven Betrachtungsweise Abstand zu gewinnen - andere Organisationssysteme und Arbeitstile kennenzulernen - neue Ideen zu erwerben - eigene Fehler zu erkennen, aber auch eine Selbstbestätigung zu erfahren. • Naturwissenschaftler geben unumwunden zu, nicht unbedingt uneigennützig zu sein, weil sie hoffen, vom Experimentalunterricht der Kollegen profitieren zu können. ↓ 160 • Insgesamt besteht aber das Bedürfnis nach einem kollegialen Erfahrungsaustausch auch einmal an einem anderen Ort als der gewohnten schulischen Umgebung. • Betont wird die äußerste Zurückhaltung, um nur dann Kritik zu üben und notwendigerweise Hilfestellungen zu geben, wenn sie von den Kollegen eingefordert würde. • Von der Mehrheit der Interviewten würde das Angebot als „Peer“ aktiv zu werden gern angenommen, weil: - sich die Möglichkeit bietet „über den Tellerrand zu schauen“. • Die drei Kollegen, die sich dieser Aufgabe nicht widmen würden, begründen ihre ablehnende Haltung mit dem in solchen Fällen lehrertypischen Hinweis, dass der eigene Unterricht unverzichtbar sei und aus Zeitmangel keinen zusätzlichen Aktivitäten nachgegangen werden könnte. 1. Fallbox 1. SCHULE / 18. Frage Der Erlaß Schulprogramme zu erstellen, ist für alle obligatorisch. Welcher Grundgedanke liegt ihm Ihrer Meinung nach zugrunde? • Der Grundgedanke, der hinter dem Erlaß steht Schulprogramme zu erstellen, wird im Ansatz als gut bezeichnet, weil er in erster Linie als Orientierungshilfe für Eltern und Schüler verstanden wird, aber auch die Aufforderung in ihm enthalten ist, die Möglichkeiten, die sich den Schulen bieten, konsequent zu nutzen. Verstanden werden darunter: - die Selbstreflexion der Schule, die aus sich heraus Akzente für sich selbst setzen soll - die Ergänzung zur standardisierten Arbeit der Schule - dass der Ruf der Schule prägnant herausgestellt werden kann - daß das Programm als Identifikationsfaktor für alle Beteiligten gilt ↓ 161 - die Möglichkeit einer Qualitätssteigerung - ein Angebot für die Schulen, ihre Methoden und Ziele über die Diskussion deutlich zu machen - die Eigenständigkeit der Schule zu stärken - eine medienwirksame Darstellung - vor allem aber die Suche nach pädagogischen Konzepten in einer selbständigen Schule - die Chance Hand anzulegen, um Defizite zu beseitigen und um einheitliches Handeln herzustellen, vor allen Dingen in Erziehungsfragen und bei Unterrichtszielen - die Einleitung eines Lernprozesses, durch den sich die Schule als selbständiger Organismus aus eigener Kraft weiterzuentwickeln versteht - die generelle Verbesserung der schulischen Situation durch Übernahme von Eigenverantwortung - ein grundsätzlich bedeutendes Element in der gesamten Schulentwicklung - die Schaffung des eigenen pädagogischen Prinzips und dessen Umsetzung im Rahmen einer langfristigen Entwicklung - die Möglichkeit, sich individuell zu repräsentieren - insgesamt einen Ansatz zur Kooperationsförderung - auch die Möglichkeit eines öffentlichen Vergleiches mit der Arbeitsweise anderer Schulen - ein Prinzip der Einbindung aller Lehrer - einen Bewußtseinsbildungsprozeß - ein eindeutiger Appell an die veränderte Leistungsbereitschaft der Lehrer - Zielgebungen für Schulen, um gemeinsame Arbeit zu forcieren - die Förderung von Teamarbeit, denn am Programm zu arbeiten, heißt zusammenzukommen - die Möglichkeit, typische schulische Gegebenheiten zu berücksichtigen und mehr Freiheit in der Arbeitsweise zu gewähren - die Möglichkeit zur Profilgebung in Ergänzung zu den Richtlinien ↓ 162 Eigenes niederzulegen - die Möglichkeit einer grundsätzlichen Konzepterstellung als gemeinsame Orientierungsbasis - als positiver Impuls zur Teamförderung und Zusammenarbeit von Eltern und Schülern - für Lehrer ein Mittel der Außendarstellung. • Der positiven Einschätzung stehen kritische Stimmen gegenüber, die darauf verweisen: - dass die zu begrüßenden Aktivitäten nicht in bloßem Aktionismus ausarten dürfen und Impulse dadurch fehlgeleitet werden - daß die Lebensdauer der Schulprogramme abhängig ist von jemanden, der alles „am Leben erhält“, also eine Überwachungsfunktion innehat - und ob es vor allem, Kollegen als ihre Arbeit betrachten im Sinne einer interessierten Selbstdarstellung mit dem Ziel kooperativen Arbeitens. • Eine eindeutig ablehnende Haltung gegenüber der Schulprogrammerstellung wird damit begründet: - dass es sich dabei um eine verfehlte Schulpolitik der letzten Jahre handelt, die gegenüber der Wirtschaft zu kaschieren sei - dass eine eindeutige politische Motivation dahinterstecke, da die Regierung demonstrieren müsse, dass sie sich um Schule kümmere. Der Veränderungsgedanke dabei ist ein besseres Bild in der öffentlichen Darstellung abzugeben. Zusammenfassung 1. Fallbox Die Interviewten haben das Bild eines konsensbereiten Kollegiums gezeichnet, dem es gelungen ist, bereits laufende Aktivitäten mit zukünftigen Schwerpunkten zu einem Zielkatalog zusammenzustellen, dessen Intentionen von allen, auch von denjenigen mitgetragen werden, die sich mit positiver Absicht mahnend bemerkbar machen und jene, die mit drastischen Äußerungen Schuldzuweisungen an die richten, die sie für die eigentlichen Verursacher dauerhafter schulischer Mängel verantwortlich machen. In seiner Bedeutung wird das Programm als ein Arbeitsrahmen skizziert, von dessen Ausmaßen alle denkbaren inner- und außerschulischen Aktionsfelder tangiert werden. Durch einen praxiserprobten Evaluationszyklus können in der Rückschau Arbeitsumfang und -tempi korrigiert und richtig 163 eingestellt werden. Alle gängigen Unterrichtsformen sind mehr oder weniger häufig erprobt und folgerichtig kritisch beurteilt worden. Die anschließenden Fehleranalysen machten die immer gleichen Probleme offenkundig, deren Ursachen nicht in einer anfänglich vermuteten unzulänglichen Kooperation, sondern auf Defizite in der Koordination zurückzuführen waren und damit dem Bereich der inneren Organisationsabläufe zuzuordnen sind. Diese Erkenntnisse sind zugleich Aufforderung und Appell an die Schulleitung, ihre Lenkungsaufgaben entschlossen wahrzunehmen, um z.B. durch eine gezielte Einflußnahme auf Stundenpläne Planungsvorhaben kooperativer fächerübergreifender Projekte unterstützend realisieren zu helfen. Eine sich häufig wiederholende mangelhafte Koordination, so der allgemeine Hinweis, führt zu einem Ungleichgewicht zwischen Planungsaufwand und Ertrag und folgerichtig zur Abkehr von einer innovativen Umgestaltung. Der Einschätzung nach erreicht die eigene Kooperationsfähigkeit und die des Kollegiums hohe Werte, so dass auf dieser Basis eine Voraussetzung gegeben ist auf der eine reformierte Schule fortgeschrieben werden kann. Natürlich verlaufen kooperative Prozesse noch nicht mit der erstrebenswerten Perfektion ab. Nebenbei deckten die Interviews Fehlinterpretationen des Begriffes Kooperation auf. Kooperation, und hier kam die Sympathie mit ins Spiel, die auch erstbestimmendes Kriterium für die Aufnahme in ein Team war, wurde häufig mit Gefälligkeit verwechselt, nämlich im Sinne der Bereitschaft dem Kollegen eigene Stunden abzutreten, um dessen einstündige Klassenarbeit zu einer zweistündigen werden zu lassen oder in irgendeiner anderen Form im Sinne kollegialer Unterstützung hilfreich zu sein. Eine Begriffskonkretisierung in einer der anschließenden Konferenzen dürfte diese Lücke schnell schließen. Zusätzlich wird die Teambildung als verbesserungsbedürftig eingestuft und ihre Intensivierung gezielt angestrebt. Fortbildungsveranstaltungen werden für unbedingt notwendig erachtet, scheinen aber nur dann angebracht zu sein, wenn sie bar jeglicher pseudopädagogischen Ausschmückung sind und von Fachleuten, vorwiegend denen aus der Universität moderiert werden. Die in diesem Zusammenhang strikte Ablehnung von „Regierungsvertretern“ ist ein deutlicher Beweis für das Fehlen einer Vertrauensbasis zwischen Kollegium und übergeordneter Schulbehörde, ein eklatantes Mißverhältnis, das an zutreffender Stelle akribisch analysiert werden sollte. Neben häufig fehlender Identifikation der Schüler mit der eigenen Arbeit, fehlender Lernbereitschaft und nur teilweise bedingter Lernfähigkeit, somit einer damit einhergehenden Überforderung, der Inaktivität eines Teils der Elternschaft bei ihrer Aufgabe als Erziehende erweist sich die Disziplinproblematik in all ihren Varianten als die unter den gegebenen Möglichkeiten nicht oder nur teilweise schwer zu bewältigende Aufgabe. Korrekturen werden dringend eingefordert und würden gleichsam als 164 Motivationsimpulse wirksam werden. Die Interviews haben ein Kollegium abgebildet, das kritisch und kooperationswillig arbeitet und einer innovativen Schulentwicklung gegenüber aufgeschlossen und mitmachbereit ist. Die Zusammenarbeit mit einer kollegialen Schulleitung wird als sehr angenehm empfunden. 9.2 2. Fallbox 2. SCHULE / 1. Frage Lehrerkollegien sind erfahrungsgemäß keine „einheitlichen Gebilde“. Häufig kommt es zu Interessenkollisionen. Standpunkte sind verhärtet. Unterschiedliche Auffassungen und Meinungen über Unterrichts- und Erziehungsfragen aus stark subjektiver Sicht prallen aufeinander. • Wie ist es in Ihrem Kollegium bei der Arbeit am Schulprogramm zur Konsensbildung gekommen? • Welcher Leitlinie sind Sie gefolgt? • Benutzte man ein fertiges Konzept – wer waren die Initiatoren? In einer der vorangegangenen pädagogischen Konferenzen wurde ein Résumé aus durchgeführten und gegenwärtigen Projekten gezogen und in Bezug auf zukünftige Planungsvorhaben neue Toleranzen abgesteckt. Als Arbeitsvorlage für die Schulprogrammerarbeitung diente das als sehr ausgeprägt empfundene Schulprofil. Initiiert von der Schulleitung wurde das Kollegium mit der Frage: „Für welche Aussage des Schulprofils würden Sie sich im Rahmen der Arbeitsschwerpunktbildung besonders interessieren?“ aufgefordert, Themen aufzulisten, die nach subjektiver Meinung in die Aufmerksamkeit aller gehörten und zu festen Programmpunkten werden sollten. In Gruppenarbeit wurden die einzelnen Vorschläge sondiert und einem Gremium aus Lehrerrat und Schulleitung zur vorläufigen Begutachtung vorgelegt. Die endgültige Fassung des Schulprogramms wurde dann zur Beschlußsache in einer Lehrerkonferenz. Eltern und Schüler sind anschließend von dem Resultat informiert worden. Seitens der Schulleitung lag kein fertiges Konzept vor. Sie hatte allerdings einen insgesamt koordinierenden Part. 165 2. Fallbox 2. SCHULE / 2. Frage Die Akzeptanz des Schulprogramms entsteht dadurch, dass möglichst viele Aspekte berücksichtigt wurden. • Wodurch ist die Ausgewogenheit in Ihrem Schulprogramm gekennzeichnet? • Wo liegen für Sie die Schwerpunkte bzw. Stärken Ihres Programms? • Wo sehen Sie trotz allem noch Defizite? • Wodurch identifizieren Sie sich mit der Arbeit an Ihrer Schule? Die Auswertung der zweiten Frage offenbarte im Ergebnis deutliche Unstimmigkeiten über die Meinungsvielfalt und Ausgewogenheit des Schulprogramms. Der Auffassung eines Teils des Kollegiums, das alle realistisch vertretbaren Planungsvorhaben berücksichtigt wurden, widersprach ein anderer Teil, der der „Naturwissenschaftler“ mit Vehemenz. Sie gaben an, dass der Schulleiter ihre Ideen zur Verbesserung, Ergänzung und teilweisen Erneuerung des naturwissenschaftlichen Unterrichts im Vorfeld der Gespräche abgeblockt habe, wodurch der von der Schulleitung ohnehin gering eingeschätzte naturwissenschaftliche Unterricht zu Gunsten einer überdimensional ausgeprägten musikalisch-künstlerisch-sozialen Schiene, mit der sich eine gute Außendarstellung realisieren läßt. Kritisiert, allerdings mehrheitlich getragen, wird die Plazierung eines intensivierten, sehr kompakten Erprobungsstufenkonzeptes, das vom Schulleiter zur Chefsache erklärt wurde und bei dem es um den Erwerb von Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz geht, zum zentralen Schwerpunktthema im Schulprogramm. Tatsächlich wird die intensive Arbeit im sozialen und musikalisch-künstlerischen Bereich als bedeutender Schwerpunkt erwähnt. Andere Stärken sind das außerschulische Lernen in einem der Schule dauerhaft zur Verfügung stehenden Landschulheim, das Kommunikationstraining, die „kleine Streitschlichtung“, sowie Sport und Spiel. Die Akzeptanz des Programms durch Identifikation mit der Arbeit an der Schule wird sehr unterschiedlich dargestellt. So wird die Schule als gut laufend bezeichnet, auf der Basis vertrauensvoller Zusammenarbeit und einer vernünftigen und ausgewogenen Verteilung von Verantwortung (Meinung des Schulleiters), dass sie kein sozialer Brennpunkt sei bis zu der Aussage „keine besondere Identifikation, kein unbedingtes Wohlfühlen“, da räumliche Mängel und eine fachliche Deplatzierung, als Folge der Geringschätzung der Naturwissenschaften, vorwiegend aber in der Identifikation durch die Arbeit in der eigenen Klasse. 166 2. Fallbox 2. SCHULE / 3. Frage Haben Gruppen (mit oder ohne Erfolg) versucht, ihre Interessen in bezug auf die besondere Beachtung der von ihnen bevorzugten Arbeitsfelder durchzusetzen? • Erläutern Sie hierzu Ihren Standpunkt! • Auf einem insgesamt ruhigen Sitzungsverlauf ohne besondere Auffälligkeiten wurde der Vorschlag zur Bildung einer Arbeitsgruppe „Neue Medien“ eingebracht. • Einem bereits erstellten Konzept zum Erwerb des Computerführerscheins für die Klassen 5 wurde teilweise zugestimmt. • Das Patenschaftsprojekt der Klassen 9 und 10 war programmkonform. • Interessengruppen versuchten ohne Erfolg Unterrichtsstunden in andere Zeiteinheiten aufzuteilen. Ansonsten wurde eine verhaltende Mitwirkung registriert, die infolge der starken Programmprägung durch den Schulleiter, ohne Wiederspruchsduldung im Verein mit der Übermacht der Befürworter der Erprobungsstufe in resignierende Zurückhaltung überging; denn es war nicht gelungen, Aufmerksamkeit und Zustimmung für eine dringend notwendige Intensivierung des naturwissenschaftlichen Fachbereichs zu erhalten. 2. Fallbox 2. SCHULE / 4. Frage Um eine fundierte Schulprogrammarbeit leisten zu können, bedarf es einer gründlichen Vorabinformation. • Welche Quellen haben Sie benutzt? • Die Mehrheit gab an, ohne jegliches Vorwissen auf die Kopien des Schulleiters als erste Informationsquelle zurückgegriffen zu haben. • Einige gaben vor, Erlasse und Fachzeitschriften gelesen und Einblick in die Handreichungen des Ministeriums genommen zu haben. • Weitere Informationsquellen waren Internetvergleiche von Programmen und vereinzelt Gespräche mit Kollegen anderer Schulen. 167 2. Fallbox 2. SCHULE / 5. Frage Durch den Erlaß zur Anfertigung des Schulprogramms wurde Ihnen die einmalige Gelegenheit geboten, Vorschläge, Ideen, Hinweise im Programm, das für alle verbindlich ist, festschreiben zu lassen. • In welcher Weise haben Sie davon Gebrauch gemacht? Die unterschiedlichen Vorschläge werden aufgelistet. Sie bedürfen keiner ergänzenden Kommentierung, sprechen jedoch für eine aktive Planungsphase. • Hospitation der Erprobungsstufen Lehrer in der Grundschule • Intensivierung des naturwissenschaftlichen Unterrichts • Methodentraining nach KLIPPERT • Analyse von Lernschwierigkeiten • Teamteaching • Spiele-AG´s in Sport • Sozialführerschein nach Vorbild Hauptschule • Ausbau des Computerbereichs • Streitschlichtung „im Kleinen“ • Schüler entwickeln ihre Konzepte selbst • Paten übernehmen die Betreuung in den Pausen Hausaufgabenbetreuung • Kinobesuche und Klassenfahrten • den interkulturellen Schüleraustausch ausbauen • Stärkung des Klassenlehrerprinzips in Erprobungsstufe • Berufswahlvorbereitung als Gegenpol zu starkes Erprobungsstufenprogramm • Gruppenarbeit insgesamt aktivieren • die Einführung des epochalen Unterrichts in den Fächern Physik und Chemie in geschlechtergetrennten Kursen • ein Förderprogramm in Englisch für Klassen 9 und 10 – Grammatiktraining • Intensivierung der Kunstkurse • Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit • Außendarstellung durch Verschönerung der Schule • Kalenderproduktion mit Außenverkauf durch den Kunstkurs 168 2. Fallbox 2. SCHULE / 6. Frage Die rein fachspezifische Unterrichtsarbeit wurde stetig ergänzt durch die Intensivierung anderer schulischer Arbeitsfelder wie Elternarbeit, Schulleben (Chor, Theater, Sport- und Schulfeste), Öffnung der Schule „Außendarstellung“. Hier eröffnet sich ein breites Betätigungsfeld. • In welcher Weise sind Sie bei diesen Arbeitsfeldern engagiert? • Wo sehen Sie Langzeiterfolge? • Wo liegen Defizite, die nur schwer zu beseitigen sind? Eine erhebliche Aktionsbreite wird auf dem Gebiet der Außendarstellung durch die Organisation von Schul- und Sportfesten, der Betreuung von Judo-, Tanz-, Eislauf- und eines Schachkurses deutlich. Theateraufführungen und diverse Veranstaltungen des Chores, eine Textilarbeitsgemeinschaft, die sich mit aktuellen Modefragen und mit zukünftigen Ausblicken auf die Mode der nächsten Jahre beschäftigt, sowie Religionsfreizeiten und die Betreuung von Erste-Hilfe-Kursen ergänzen dieses umfangreiche Engagement. Nicht zu vergessen sind Langzeitplanungen für Projektwochen und ein permanenter Ausbau der Schülerbücherei. Ausdrücklich hervorgehoben wird die Elternarbeit. Die Zielsetzung aller Bemühungen ist das Vertrauen auf eine spürbare Langzeitwirkung. Defizite sind die fehlende Kontinuität der Schüler bei der Erfüllung ihrer Pflichten und die zu bemängelnde Disziplin. Als bemerkenswert defizitär wird auch die Haltung der Mehrzahl der Eltern empfunden, die wenig Bereitschaft zeigen, sich bei Schulveranstaltungen für irgendeine Funktion vereinnahmen zu lassen. Die Mitwirkung dabei obliegt immer demselben kleinen aktiven Elternkreis. 169 2. Fallbox 2. SCHULE / 7. Frage Eine besondere Problematik stellt in vielen Schulen die Erziehungsarbeit dar. • Wo sehen Sie Möglichkeiten Ihrer Einflußnahme? Als Grundübel wird die nicht im ausreichenden Maße zugestandene Handlungskompetenz der Lehrer in der Disziplinproblematik angesehen. Mehr Rechte in der Folge mit zunehmender Eigenverantwortlichkeit trüge zur schnelleren Behebung der Misere bei. So aber führt die Erkenntnis, dass ihnen der Zugriff zur traditionellen Disziplinierungsmaßnahmen aufgrund der Erlaßlage verwehrt bleibt, um bei Verstößen, unkontrollierten Wutausbrüchen, Respektlosigkeiten, Beschimpfungen und Beleidigungen angemessen wirksam und vor allem schnell reagieren zu können, zu verhaltener Resignation und auf der Auswegsuche zu unterschiedlichen Arrangements, die in manchen Situationen einem anbiedernden Verhalten nahekommen. Es sind andererseits Gespräche mit Schülern und Eltern, die zu Absprachen und Vereinbarungen führen sollen, weil das beste Mittel nicht die Bestrafung, sondern eine immer währende Geduld letztendlich therapeutisch wirke. Dieser Standpunkt, von der Schulleitung vertreten, wird von der Mehrheit des Kollegiums nicht getragen, da Verstöße gegen Vereinbarungen für Schüler in der letzten Konsequenz nicht spürbar werden. Die zu Gebote stehenden Ordnungsmaßnahmen werden als ausreichend bezeichnet, wenn denn ihre Schrittfolge zeitlich kurz gefaßt wird und sie bis in die letzte Konsequenz zügig durchgeführt werden. In diesem Punkt wird dem Schulleiter ein zögerndes, blockierendes Verhalten attestiert. Tadel, die dem Schulleiter als banal erscheinen, werden von ihm nicht gegengezeichnet. Eine Banalitätenliste wurde von ihm allerdings nicht vorgelegt. Erzieherische Maßnahmen, so das vermutete Langzeitziel, sollen abgeschafft und die Zahl der Klassenkonferenzen gegen Null geführt werden. Dieser Weg des geringsten Widerstandes, von einer Gruppe als völlig unangebracht und unverständlich abgelehnt, wird von der Mehrheit des Kollegiums mitgegangen. Eine wenig erfolgversprechende, dennoch immer wieder gewählte Alternative ist das fortlaufende Gespräch mit den Eltern, denn nur sie haben ↓ 170 die Möglichkeit der größeren Einflußnahme, wenn es darum geht, ihren Kindern klar zu machen, dass ernsthaftes Lernen die Basis für eine reelle. Zukunftsperspektive ist. Bislang scheint der Eindruck bei den Schülern vorzuherrschen, dass Schule sie vom eigentlichen Leben abhält. Verschiedene Maßnahmen werden als auf die Dauer erfolgsversprechend angeführt: • Heftführung • Müllvermeidung • Pünktlichkeit • friedlicher Umgang miteinander und gegenseitige Hilfe untereinander • durch eigenes Vorbild Maßstäbe zu setzen • dass Eltern dazu aufgefordert werden, mit ihren Kindern den Kontakt zu Therapeuten zu suchen • das Führen eines Tagebuches, in das jeder Fachkollege Schüler für den Klassenlehrer einträgt, die durch Unbotmäßigkeiten auffallen • In akuten Fällen häufigen Fehlverhaltens sollte der Elternbrief vom Klassenlehrer zusammengestellt und den Eltern umgehend zugeschickt werden. • die Ausweitung der Eigenverantwortung der Schüler und ein Entgegenbringen von mehr Vertrauen • eine Gesprächskultur zwischen Eltern, Schülern und Lehrern zu entwickeln bzw. auszubauen • umgangssprachliche Regel zu entwickeln • der wöchentliche Elternbrief. Einig ist man sich im Eingeständnis des eigenen Unvermögens, sich an einen selbst erarbeiteten Maßnahmenkatalog zu halten. Ständige Regelverstöße lassen ihn unwirksam werden und spiegeln eine für Lehrerhandeln häufig typische Inkonsequenz wieder, wodurch ein problemlösender Effekt ausbleibt. Dieses kontraproduktive Verhalten einiger Kollegen führt häufig zu Mißstimmungen, die nur schwierig aus der Welt zu schaffen sind. 171 2. Fallbox 2. SCHULE / 8. Frage Zum Unterricht: Sie haben Ihren Fachunterricht bislang intensiv vorbereitet, engagiert durchgeführt und entsprechend reflektiert (Praktiker wissen: keine Stunde ist perfekt). • Welche äußeren Faktoren müßten sich ändern, um die Stichworte: Qualitätsverbesserung und –sicherung mit Ihrem Unterricht in Beziehung zu setzen? • Welchen Beitrag können bzw. sind Sie bereit zu leisten, um der Forderung nach einer Verbesserung der Unterrichtsqualität und deren Sicherung zu entsprechen? Zu den faktischen Maßnahmen, denen man eine gegenwartsnahe oder zu mindestens mittelfristige qualitätsfördernde Zweckdienlichkeit zuspricht und die nicht von den Kollegen beeinflußt werden können, gehören: • leider nicht im ausreichenden Maße zur Verfügung stehende mit einem freundlichen Design ausgestaltete Klassen- und Fachräume mit medien-gerechter Ausstattung • deutlich reduzierte Lerngruppen und die Wunschvorstellung nach der Vorauswahl geeigneter Schüler sowie • die Rücknahme von Stoffreduktionen, die als kontraproduktiv empfunden werden. Als Gegenleistung dazu wäre man bereit, sich verstärkt selbst einzubringen durch: • die Umsetzung neuer Konzepte durch einen häufigen Methodenwechsel, allerdings unter Beibehaltung des Frontalunterrichtes zu etwa 60% • durch Sozialformwechsel • einer intensiveren Unterrichtsvorbereitung und • freiwilliger Mehrarbeit mit schwachen Schülern durch die Bildung von Extralerngruppen in der Art privater Förderkurse. 172 2. Fallbox 2. SCHULE / 9. Frage Auf welche Weise wurde durch das Schulprogramm Ihr Unterricht positiv beeinflußt? Die Meinungsskala verläuft von: • absolut keine positive Einflußnahme und • es handelt sich um ein von den wirklichen Problemen bereinigtes Programm • über einen verstärkten Meinungsaustausch mit Kollegen • bis hin zu gewecktem Schülerinteresse für die Berufswahlvorbereitung durch eine starke Sozialkomponente • der gewonnenen Einsicht in die Gesamtproblematik eines zum Teil schwierigen Schülerpotentials und als damit verknüpfte Folge einer Einstellungsveränderung • einer größeren Schülerakzeptanz bezüglich der Lerninhalte für die Berufswahl mit teilweiser Motivationssteigerung bis zu der Erkenntnis, dass die Fixierung des bislang Bekannten zum verbindlichen Programm die Möglichkeit und die Zeit gebracht haben, um ins Gespräch zu kommen und, dass durch Absprache bewußt geworden ist, wann was im Unterricht geleistet werden sollte, vor allem aber, dass Lerninhalte zielgerichteter formuliert wurden, was zu Arbeitserleichterungen geführt hat. 173 2. Fallbox 2. SCHULE / 10. Frage In Ihrem Schulprogramm ist eine Empfehlung für fächerübergreifenden Unterricht gegeben. Dazu gehören: Projektarbeit, Wochenplanarbeit, freie Arbeit, wahldifferenzierter Unterricht, Werkstattarbeit, Lernen an Stationen. • Wie beurteilen Sie aus Ihrer Sicht diese Unterrichtsformen? • Identifizieren Sie sich damit, oder machen sie nur mit, weil Kollegen Sie auffordern? • Welche Grenzen und Möglichkeiten sehen Sie aus Ihrer Erfahrung heraus? • Wie schätzen Sie Ihre eigene Fähigkeit zu kooperativer Arbeit ein? • Wie beurteilen Sie die Fähigkeit zur Teamarbeit und die Kooperationsfähigkeit Ihrer Kollegen? • Werden Fortbildungen erforderlich? Ein Wechsel der Unterrichtsformen wird trotz unterschiedlicher Beurteilungskriterien, die zwischen euphorieähnlicher Zustimmung und zu erfüllenden Voraussetzungsgebundenheit, wie das Thema „Raum und Zeit“, vollends gut geheißen. Dem Wahlpflichtunterricht wird die größte Effektivität bescheinigt, weil die Rahmenbedingungen • kleine lernwillige Gruppen, • die Raumfrage stellt sich nicht und • der Lernerfolg vorzeigbar auf einem relativ hohem Level liegt erfüllt sind. Trotz einiger organisatorischer Schwierigkeiten, die bei der Projektarbeit zu überwinden sind, wird ihr grundsätzlich zugestimmt, weil sie motivationsfördernd ist, die Elemente der Teamarbeit einübt, den Stellenwert eigenverantwortlichen Arbeitens veranschaulicht und dabei hilft, selbstkritische Begründungen vorzunehmen. Die Ergebnisanalyse vergangener Projekte hat zu der Erkenntnis geführt, dass bei zukünftiger organisatorischer Umstrukturierung, die Arbeitsabläufe einfacher zu gestalten sind. Aus Gründen einer besseren ↓ 174 durchorganisierbaren Arbeitsverteilung und einer damit einhergehenden Effizienzerhöhung bei der Ergebnisausbeute tendiert man dazu, kleineren Projekten, etwa Jahrgangsstufenprojekten den Vorrang zu geben, ohne von Großprojekten, an denen die gesamte Schule beteiligt ist, abzuweichen. Für sie wird ein zeitlicher Abstand von zwei Jahren empfohlen. Ihr Gelingen hängt ab von einer zeitlich länger gestreckten arbeitsorganisatorischen Vorphase, denn es ist eine erkannte Schwierigkeit, alle Schüler über einen längeren Zeitraum gleichmäßig sinnvoll zu beschäftigen. Dazu spielt das Thema eine zentrale Rolle. Großprojektwochen enden mit dem „Tag der offenen Tür“, an dem die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert werden. Dem fächerübergreifenden Unterricht wird vorbehaltlos zugestimmt, da er die Möglichkeit bietet, Themen zu bearbeiten, deren Inhalte häufig so komplex sind, dass sie nicht nur in einem Fach behandelt werden können (Beispiel: Kunstgeschichte UVA). Die Werkstattarbeit wird von den Vertretern, in deren Fächern sie sich anbietet, als machbar bewertet. Die Freiarbeit stößt auf Ablehnung, da sie nur sehr eingeschränkt wegen eines zu großen Zeitaufwandes und zu geringer Effektivität angegangen werden kann. Schwache Schüler bleiben auf der Strecke, weil sie zu langsame Arbeiter sind und nicht mit ihren Pflichtaufgaben fertig werden. Das Lernen an Stationen ist bei höheren Klassen als Übung zum Schließen von Lücken einsetzbar, ansonsten nur sinnvoll, wenn die Schüler von der Grundschule an in dieser Arbeitsform trainiert worden sind, und sie ist themenbedingt abhängig, da zu große Leistungsunterschiede bei den Schülern vorhanden sind. Das Organisationsprinzip wird von ihnen nicht beherrscht. Ihr kooperatives Verhalten ist problematisch und nicht ausreichend geübt. In der Wochenplanarbeit ist man teilweise ohne Erfahrung, deshalb fallen die Antworten unterschiedlich aus: • bedingt möglich, leistungsschwache Schüler gehen unter • streng themenbedingt • bringt nichts, da die Grenzen zu eng gesteckt sind • als Vorbereitung auf eine Klassenfahrt • bis zur totalen Ablehnung, ohne Angabe von Gründen. All diese Unterrichtsformen dürfen nicht „von oben“ obligatorisch gemacht werden, sondern ihre Basis muß Freiwilligkeit bleiben, um der Kreativität Raum zu geben. ↓ 175 Die Kooperationsfähigkeit der Kollegen, die in diesem Zusammenhang in Prozenten geschätzt werden sollte, schwankt den Angaben nach zwischen 40 und 100%, wobei die Bemerkung gefallen ist, dass jüngere Kollegen aktiver, aufgeschlossener und experimentierfreudiger seien als ältere, die mehr an erprobten und ihren stereotypen Vorstellungen hingen. Die eigene Kooperationsfähigkeit wird zwischen 90% und 100% angesiedelt. Einige Male mit der Einschränkung geringerer Kooperationswilligkeit, wenn Dinge verlangt werden, die nicht vertretbar sind, inhaltliche Schwächen sichtbar werden oder zweifelhafte Arbeitsbedingungen ein Erschwernis darstellen. Eine intensivere Zusammenarbeit auf der Basis freiwilliger Initiativen wird als notwendig dargestellt. Regelmäßige Fortbildungen werden als erforderlich erachtet und gewünscht, wenn die Moderation in den Händen von Experten aus der Universität liegt oder von kompetenten Leute mit praxisnahem Hintergrund aus den Betrieben oder Verbänden (etwa Rotes Kreuz) durchgeführt wird. Intrakollegiale Veranstaltungen des Kollegiums werden wegen der zu erwartenden Ineffektivität abgelehnt, denn: es wird nur Kaffee gekocht und gequasselt. Moderatoren von der „Regierung“ werden aus grundsätzlichen Erwägungen heraus abgelehnt, weil sie jahrelang ohne Unterrichtserfahrung sind und die Ursachen erkannter Unzulänglichkeiten in ihrer Beurteilung völlig vernachlässigen. 2. Fallbox 2. SCHULE / 11. Frage Einige Themen z. B. Aids wurden in vielen Fächern mit solcher Intensität behandelt, dass bei den Schülern Interesse, Einsicht und Verständnis in Ablehnung umschlugen. • Wie planen Sie solche komplexen Themen? (z. B. Thema: Umwelterziehung) Da die Kooperationsfähigkeit in einer innovativen Schule einen hohen Stellenwert hat, wurde nach den Kriterien gefragt, nach denen Lehrer Lehrer für die Teamarbeit aussuchen. An der Spitze stand mit großem Abstand das Kriterium Sympathie, gefolgt von Fach- und Methodenkompetenz, sowie Fleiß und Durchsetzungsvermögen. Das Kriterium „keine Nörgler“, deren ständige Einsprüche einen zügigen Arbeitsablauf erschwert, wurde nicht erwähnt. 176 2. Fallbox 2. SCHULE / 12. Frage Aufgrund gegebener Organisationsstrukturen und häufig ungünstiger Stundenkonstellationen kommt es bei der Bildung von Arbeitsgruppen nicht immer zur Idealbesetzung, sondern es müssen Reibungsflächen geglättet werden, um eine vernünftige Arbeitsatmosphäre zu schaffen. • Was glauben Sie, nach welchen Kriterien Lehrer Lehrer für die Teamarbeit aussuchen, wenn sie sich frei von Sachzwängen eine Arbeitsgruppe zusammenstellen könnten? Die Auswertung der Antworten ergab, dass niemand im Alleingang ein solch komplexes Thema planen, sondern die zuständigen Fachkollegen ansprechen und zur Mitarbeit auffordern würde. Hier überwiegt der Weg der Themenbekanntgabe und der Vorstellung eines eigenen Grobkonzeptes. Dem kooperationsbereiten Kollegen würde dann der fachlich konzeptionelle Entwurf überlassen. Das endgültige Arbeitspapier wird in einer gemeinsamen Sitzung auf Durchführbarkeit überprüft und das Vorhaben anschließend realisiert. 2. Fallbox 2. SCHULE / 13. Frage Zu jeder erfolgreichen Schularbeit gehört eine Evaluation. Sie kann auf verschiedene Weise durchgeführt werden. • Für welche Art bzw. Arten entscheiden Sie sich? Der erfolgreichste Weg scheint der von der Selbstevaluation über die Zusammenstellung eines Themenkatalogs in den Fachschaften - die Arbeit dort wird als zügig, grundlegend und effektiv bezeichnet - dem Gremium zur weiteren Bearbeitung vorgelegt. 177 2. Fallbox 2. SCHULE / 14. Frage Es gibt für die Evaluation keine festen Zeitabstände. • Wann sollte man evaluieren? Die Zeitspannen, die genannt wurden, um zu evaluieren, liegen zwischen drei Monaten und zwei Jahren. Es handelt sich hierbei um Vermutungsäußerungen, da bis zum Zeitpunkt der Befragung keine Evaluation durchgeführt wurde. 2. Fallbox 2. SCHULE / 15. Frage Die zuständige Schulbehörde evaluiert die Schulen. • Welche Hilfen können den Schulen dadurch gegeben werden? Da von der zuständigen Schulbehörde keine Hilfen, sondern nur Bevormundungen erwartet werden, lautet das Credo, Beratung ja, Bevormundung nein. 2. Fallbox 2. SCHULE / 16. Frage „Peer Review“ bedeutet in der Praxis eine Fremdevaluation durch eine auswärtigen Evaluationsgruppe, die aber auf der gleichen Ebene wie das Kollegium steht (etwa durch Kollegen einer Partnerschule). Sie kann erfolgen, nachdem nach einer Selbstevaluation die Untersuchungsgegenstände klar umrissen sind (etwa Lernatmosphäre) und davon schulintern erste Ergebnisse vorliegen. • Aus welchen Gründen würden Sie dem „Peer Review“ zustimmen? • Aus welchen Gründen ablehnen? • Welche Impulse und Hilfen könnte Ihnen ein Peer Review geben? 178 Nachdem durch die Definition, der Begriff war unbekannt, erkannt wurde, dass sich ein noch offenes praxisrelevantes Problemfeld durch eigenes Mitwirken abdecken ließe und seine Ergebnisse eine praktische Umsetzung versprachen, wurde eine spontane Zustimmung geäußert, wenn garantiert würde, dass • keine Prüfungssituation entstünde • keine unsachliche Abqualifizierung, wie sie Referendare dulden müssen • keine schriftlichen Protokolle angefertigt werden • keine unsachliche Kritik geübt wird, die den Kritiker als praktischen Laien enttarnt • vor allem keine Belehrungen. Auf der Basis eines kollegialen Erfahrungsaustausches würde man sich in einer Atmosphäre der Aufgeschlossenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung kritikfähig zeigen, ein Feedback erhalten, Tips und Hilfestellungen diskutieren. Es wäre auch eine Erkenntnis über die unterschiedliche Leistungsfähigkeit und Lernbereitschaft der Schüler, ebenfalls ein Weg zur Optimierung der eigenen Arbeit. Ein Gedankenaustausch bringt Tips, inspiriert und kann Ansporn sein, denn ein sachlicher Dialog würde notwendige Korrekturen der eigenen Arbeit zur Folge haben. Diese Art der gegenseitigen Besuche wäre eine besonders gelungene Form der praktischen Fortbildung, denn durch sie wird die „Bunkermentalität“ aufgebrochen und die Qualitätssicherung vorangetrieben. Vor allem wird eine notwendige Transparenz hergestellt. Alle Aussagen wurden begrenzt auf die Mitwirkung einer auswärtigen Evaluationsgruppe. Man ist auch bereit, sich der Kritik fachfremder Kollegen zu stellen. Eigene Kollegen sollten von derartigen Veranstaltungen ausgeschlossen bleiben, denn • deren Kritik ist von Voreingenommenheit geprägt • sie würden in jedem Fall Fehler weitergeben • wenn die kritisieren, würde ich sie immer wiedersehen, das würde zu Ärger führen. 179 2. Fallbox 2. SCHULE / 17. Frage Es besteht auch die Möglichkeit als „Peer“ aktiv zu werden. • Mit welcher Begründung würden Sie sich dafür zur Verfügung stellen oder der Aufforderung nicht entsprechen? Den aktiven Part eines „Peer“ würde man teilweise ungern übernehmen, aber sich zur Verfügung stellen, um zu sehen, wie es woanders läuft und wenn gewünscht, als Ratgeber fungieren. Es verspricht neue Motivation, sich in einer anderen Umgebung mit Kollegen auszutauschen, andere Arbeitsbedingungen kennenzulernen, eigene Erfahrungen mitzuteilen, Probleme zu diskutieren, um neue Ideen aufnehmen zu können. Man würde Neues sehen, andere Kollegen kennenlernen, Einblicke in deren Arbeitsbedingungen und Umfeld gewinnen, weil sich die Gelegenheit bietet, seine eigene Arbeit nach dem Prinzip des Vergleichs „besser - schlechter“ zu beurteilen. Jüngere Kollegen bringen neue Ideen und man gelangt zu Erkenntnissen über andere Organisationsstrukturen. 2. Fallbox 2. SCHULE / 18. Frage Der Erlaß Schulprogramme zu erstellen, ist für alle obligatorisch. Welcher Grundgedanke liegt ihm Ihrer Meinung nach zugrunde? Die Vermutungsäußerungen, welche Gründe die zuständige Behörde veranlaßt haben könnte, einen Erlaß zur Anfertigung von Schulprogrammen herauszugeben, sind wertneutral bis skeptisch. Danach meint man, das Schulprogramm erfüllt den Zweck: • zur Information und Orientierung für Eltern und Schüler zu sein • der Eigendarstellung ↓ 180 • zur Unterscheidung zu anderen Schulen • der Verstärkung der sozialen Konzepte • zur Darstellung des Schulprofils • zu mehr Verantwortung zur Selbständigkeit • zur Verbesserung der Schularbeit auf breiter Basis durch Einbeziehung eigener Ideen • Weg zur Teamarbeit zu sein • Festlegung von Verbindlichkeiten zu sein • erzieherische Wirkung zu erzielen • Reflexion der geleisteten Arbeit zu sein • Stärkung der Gemeinsamkeit zu sein • Überblick über geleistete Arbeit aufzulisten • die Möglichkeit neue Akzente zu setzen • die Möglichkeit zur Neugestaltung im Eingang der Klassen 5 und 6 • für Außendarstellung und Werbung • als Visitenkarte und Werbeprospekt • Repräsentation und Identifikation zu sein • zur Reflexion über eigene Schwerpunkte aufzufordern • eine Abgrenzung zu anderen Schulen zu sein • dass sich alle um ein Programm zu versammeln • endgültiger Programmgeber für eine Schule zu sein • Qualitätsverbesserung und -sicherung über Jahre zu sein • Schaffung einer innovativen Schule mit mehr Verantwortung und mehr Selbständigkeit Die skeptischen Äußerungen sind in nachfolgender Aufzählung zusammengestellt: • Das Programm ist zu umfangreich. • Bekanntes wird durch neue Wortschöpfungen aufgemotzt • ohne Wirkung, da Faktoren ohne Änderungseinfluß • Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, um Schwächen im System zu kaschieren • Pseudoselbständigkeit, da Hoheitsaufgaben beim Staat verbleiben müssen • Überprüfungsmöglichkeit für Behörden ↓ 181 • Eigentliche Problematik wird nicht erfaßt, da das Programm die wirklichen Arbeitsbedingungen nicht beseitigt • Für funktionierende Schule unnötig, weil das Lehrerengagement dort vorbildlich ist. Die letzte Äußerung bezieht sich auf das Selbstverständnis des Kollegiums, das von der Führungsfunktion aus so interpretiert wird. Zusammenfassung 2. Fallbox Im Ergebnis werden die Konturen eines Kollegiums sichtbar, das in einigen Bereichen mit erheblichen hausgemachten Erschwernissen zurechtkommen muß, die in nicht unerheblichem Maße durch den Schulleiter verursacht werden. Dieser hängt der realitätsfernen Idee nach, eine innovative Schule konfliktfrei quasi im Alleingang gestalten zu können. Während sich andere Schulen zum Disziplinproblem offen bekennen und die Einrichtung der Streitschlichtung als wesentlichen Punkt der Konfliktbewältigung bestätigen, wird sie an dieser Schule nur beiläufig erwähnt und bewußt verniedlichend als „kleine Streitschlichtung“ etikettiert. Eine gravierende pädagogische Ungeschicklichkeit stellt der beklagte eigenmächtige Eingriff in Auseinandersetzungen zwischen Lehrern und Schülern dar, die er meistens ungebeten ohne ein klärendes Gespräch zugunsten der Schüler beendet. Er untergräbt dadurch die Autorität der Lehrer und nimmt den Schülern die Möglichkeit, ihre Sache wohlbegründet selbständig zu vertreten und sich nebenbei in gepflegter Streitkultur zu üben. Unverständlicherweise versäumt er es, die vorhandenen Energien gezielt einzusetzen, stattdessen baut er bei einem Teil des Kollegiums ein beachtliches Demotivationspotential auf. Die stets gleichen Unzulänglichkeiten, wie sie beim projektierten Arbeiten und anderen kooperativen Unterrichtsverfahren immer wieder auftreten, werden ursächlich auf eine verbesserungswürdige Koordination zurückgeführt, weshalb diese Unterrichtsformen nur relativ sporadisch angewendet werden. Aus dieser Erkenntnis wird die Forderung abgeleitet, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, um eine qualitative Arbeit zu unterstützen. Der Weiterbildung in Form von Fortbildungsveranstaltungen jeglicher Art wird zugestimmt, wenn sicher gestellt ist, dass behördliche Vertreter als Moderatoren ausscheiden. Veranstaltungen, wie sie die „Peers“ versprechen, werden als interessante und willkommene Fortbildungsvariante gesehen, an denen man sich gern vollzählig beteiligen würde. Trotz der 182 bestehenden Unstimmigkeiten präsentiert man sich geschlossen nach außen hin als kooperationsfähiges Team, dessen Mitglieder sich gegenseitig hohe Sympathiewerte und eine ausgeprägte Kooperationsbereitschaft bescheinigen. Unter diesem Aspekt betrachtet, ist eine gute Basis gegeben, um in allen pädagogischen Bereichen erfolgreich zu agieren. Wenn der Schulleiter von seinem beschönigendem Handeln Abstand nimmt und alle Kräfte zu bündeln versteht, dann wird zu mindestens ein problemlösender Weg beschritten, der Erfolgsaussichten offeriert. Als überaus erleichternd empfände man das Zugeständnis einer erweiterten Handlungskompetenz bei argen Disziplinverstößen, um einem besonders penetranten Verhalten kurzentschlossen entgegnen zu können. Es wäre auch deshalb von Bedeutung, weil man bezüglich eines eigenen Maßnahmenkataloges nicht in der Lage ist, einheitliches Handeln herzustellen. Das Schulprogramm wird als Gemeinschaftsprodukt präsentiert und spiegelt umfangreiche Aktivitäten wider, vorwiegend solche, die dem Bereich der Außendarstellung zuzuordnen sind. Die programmatische Ausgewogenheit sollte mit Vorrang in den Mittelpunkt aller kritischen Betrachtungen gerückt werden, um wirklich einheitliches Handeln herzustellen. 183 9.3 3. Fallbox 3. SCHULE / 1. Frage Lehrerkollegien sind erfahrungsgemäß keine „einheitlichen Gebilde“. Häufig kommt es zu Interessenkollisionen. Standpunkte sind verhärtet. Unterschiedliche Auffassungen und Meinungen über Unterrichts- und Erziehungsfragen aus stark subjektiver Sicht prallen aufeinander. • Wie ist es in Ihrem Kollegium bei der Arbeit am Schulprogramm zur Konsensbildung gekommen? • Welcher Leitlinie sind Sie gefolgt? • Benutzte man ein fertiges Konzept – wer waren die Initiatoren? Initiiert von der Schulleitung wurde von einer Arbeitsgruppe, deren Orientierungsrahmen das Schulprofil war, eine gründliche Bestandsaufnahme vorgenommen. Das Arbeitsergebnis wurde über einen längeren Zeitpunkt auf Schautafeln präsentiert und diente als Basisinformation für alle Beteiligten. Auf einer Lehrerkonferenz wurde auf der Grundlage dieses erarbeiteten Materials am Zustandekommen eines allgemeinpädagogischen Konsenses gearbeitet, der zwei Schwerpunkte hatte: 1. Unterricht 2. Erziehung / Werteorientierung. Eine andere Arbeitsgruppe war damit beauftragt, aus diesen komplexen Feldern essentielle Teilbereiche herauszunehmen, notwendige Schrittfolgen und Ziele zu formulieren und Grenzmarkierungen abzustecken. Aus der entstandenen Vorlage entwickelte sich unter Hereinnahme der Fachgruppenergebnisse und dem Einverständnis der Mitwirkungsgremien ein vorläufiges Schulprogramm, das nach endgültiger Zustimmung aller Gruppen der Schulkonferenz zur Abstimmung vorgelegt und von ihr endgültig verabschiedet wurde. 184 3. Fallbox 3. SCHULE / 2. Frage Die Akzeptanz des Schulprogramms entsteht dadurch, dass möglichst viele Aspekte berücksichtigt wurden. • Wodurch ist die Ausgewogenheit in Ihrem Schulprogramm gekennzeichnet? • Wo liegen für Sie die Schwerpunkte bzw. Stärken Ihres Programms? • Wo sehen Sie trotz allem noch Defizite? • Wodurch identifizieren Sie sich mit der Arbeit an Ihrer Schule? Alle Eingaben zum Schulprogramm sind sorgsam ausgelotet und auf ihre Praktikabilität, Dringlichkeit und Wirksamkeit hin ausbalanciert. Die Liste der genannten Schwerpunkte und Stärken des Schulprogramms spielen einen hohen Aktivitätsgrad des Kollegiums wieder: • Streitschlichtung • Gottesdienste und religiöse Freizeiten • Soziales Kompetenz-, Kommunikations- und Methodentraining • Arbeitsgruppe „Neue Medien“ • Zusammenarbeit mit Falkenheim • Hausaufgabenbetreuung • Berufsverwaltung • Kooperation in Teams mit der Grundschule • Förderung sportlicher Wettkämpfe • EVA (eigenverantwortliches Arbeiten) • Sprachförderung, Kontaktpflege zu zwei Partnerschulen (französisch und italienisch) • „Gesunde Schule“ – sich wohlfühlen • im Bereich Berufwahlvorbereitung das Projekt „Sokrates“ (Schulen haben die Berufsbilder ihrer Umgebung beobachtet) • Drogenprophylaxe • Elternseminar. ↓ 185 Das Kollegium identifiziert sich mit der Arbeit an der Schule ohne Ausnahme, aufgrund einer guten Arbeitsatmosphäre, einer stark ausgeprägten Kollegialität, einer verständnisvollen, unterstützenden Schulleitung, einer ausgeprägten gegenseitigen Hilfsbereitschaft und einer guten Teamarbeit. 3. Fallbox 3. SCHULE / 3. Frage Haben Gruppen (mit oder ohne Erfolg) versucht, ihre Interessen in bezug auf die besondere Beachtung der von ihnen bevorzugten Arbeitsfelder durchzusetzen? • Erläutern Sie hierzu Ihren Standpunkt! Die gute Harmonie in diesem Kollegium wird dadurch bestätigt, dass niemand versucht hat besondere Zielsetzungen auf seinem Arbeitsfeld durchzusetzen. Es wurde lediglich betont, dass nach Möglichkeit mehr in Arbeitsgemeinschaften und an Projekten gearbeitet werden sollte und die Bedeutung der eingeführten Streitschlichtung mit gleichbleibender Aufmerksamkeit verfolgt werden muß. 3. Fallbox 3. SCHULE / 4. Frage Um eine fundierte Schulprogrammarbeit leisten zu können, bedarf es einer gründlichen Vorabinformation. • Welche Quellen haben Sie benutzt? Die wenigen, die angaben sich informiert zu haben, beziehen sich auf die Handschriften des Ministeriums, die „Soester Schriften“ und einem Skript der Schulleitung. 186 3. Fallbox 3. SCHULE / 5. Frage Durch den Erlaß zur Anfertigung des Schulprogramms wurde Ihnen die einmalige Gelegenheit geboten, Vorschläge, Ideen, Hinweise im Programm, das für alle verbindlich ist, festschreiben zu lassen. • In welcher Weise haben Sie davon Gebrauch gemacht? Aufgrund einer ausgedehnten Vorlaufphase bei der Erarbeitung des vorläufigen Programms war es möglich, sich relativ erschöpfend fast allen Detailfragen zuzuwenden, so dass nur noch relativ wenige Ideen ergänzend hinzugefügt werden konnten: • Migrantenförderung • Für den Gesundheitsbereich (mit Schülern erarbeitet): • pro Familia, • „Rosa Strippe“ (Interessenvertretung der Homosexuellen) • Suchtvorbeugung • Bewußte Ernährung • Einrichtung eines Schülercafés • jahrgangsstrukturierte, schulinterne Lehrpläne für Sport • Intensivierung des Schüleraustausches mit Frankreich und Italien. 3. Fallbox 3. SCHULE / 6. Frage Die rein fachspezifische Unterrichtsarbeit wurde stetig ergänzt durch die Intensivierung anderer schulischer Arbeitsfelder wie Elternarbeit, Schulleben (Chor, Theater, Sport- und Schulfeste), Öffnung der Schule „Außendarstellung“. Hier eröffnet sich ein breites Betätigungsfeld. • In welcher Weise sind Sie bei diesen Arbeitsfeldern engagiert? • Wo sehen Sie Langzeiterfolge? • Wo liegen Defizite, die nur schwer zu beseitigen sind? 187 Es hat sich herausgestellt, dass sich niemand gegen die Übernahme zusätzlicher Aufgaben außerhalb des rein unterrichtlichen Bereiches gesperrt hat. Alle denkbaren Initiativen, die inner- und außerschulisch die Arbeitsfelder komplettieren, werden von den Kollegen in Teilbereichen übernommen und engagiert angegangen. Die Bereiche sind im Einzelnen in der Außendarstellung: • Kooperation zwischen Schule und Jugendheim • gemeinsames Projekt mit Jugendfreizeithäusern • Hausaufgabenbetreuung • Elternarbeit • Schülerberatung • Organisation von Schulfesten • Tätigkeit in der Arbeitsgruppe „Schulordnung“ • Schüleraustauschprogramm mit italienischen bzw. französischen Schülern • Schulgarten und Wetterstation • Förderverein • Projekttage „Politiker treffen Jugendliche“ • Politik gegen Rechts • Leitung einer Schach-AG • Suchtprophylaxe Noch zu bewältigende Defizite sind von niemandem genannt worden. 188 3. Fallbox 3. SCHULE / 7. Frage Eine besondere Problematik stellt in vielen Schulen die Erziehungsarbeit dar. • Wo sehen Sie Möglichkeiten Ihrer Einflußnahme? Das Wissen um die Unabänderlichkeit der elterlichen Erziehungsautorität und der vorsichtig zum Ausdruck gebrachten Hoffnung auf eine, wenn auch in ferner Zukunft liegende, partielle Einschränkung bei der Feststellung zwar erziehungskompetent, aber handlungseingeschränkt zu sein, führte zu der Alternative, ständige Gesprächsbereitschaft zwischen Eltern und Lehrer im beiderseitigen Einvernehmen zu vereinbaren. Darüber hinaus werden bei sich anbahnenden Problemen schon im Vorfeld Einzel- und Gruppengespräche mit Schülern geführt, was sich häufig deeskalierend auswirkt. Der Pflege eines situierten Umgangstones in gegenseitigem Respekt wird Raum gegeben. Die Ordnungsmaßnahmen nach der „ASCHO“ werden als ausreichend bezeichnet, wenn ihren vorgegebenen Schritten zügig gefolgt wird. Die Möglichkeit zu vieler Elterneinsprüche wird als störendes Element empfunden. Dadurch, dass die Schulleitung entschlossen hinter dem Kollegium steht und zwingend notwendige Entscheidungen vorbehaltlos mitträgt, entsteht nicht der Eindruck völliger Wehrlosigkeit. Die „ASCHO“ wird auch deswegen als ein geeignetes Mittel zur Wiederherstellung von Disziplin angesehen, weil eine vorherige Absprache mit Kollegen sinnvoll ist und sie andererseits Verantwortung verteilt, denn „Ich will keine alleinige Entscheidung treffen“. Das Instrument der „internen Maßnahmen“ wird als grundsätzlich gut, aber als stark selbsteingeschränkt empfunden, da zu weit voneinander entfernte, unterschiedliche Auffassungen über „Strafen“ bestehen und sich die Maßnahmen dadurch häufig gegenseitig neutralisieren. Für besonders schwierige Fälle, die durch ein krasses Fehlverhalten wiederholt auffällig werden und durch alle Beschwichtigungsbemühungen nicht zur Résonne gebracht werden können, sollte ein gewählter Ausschuß zuständig und befugt sein, sofortige Entscheidungen zu treffen nach der Maxime: „Heute passiert und schon reagiert“. Die erwähnten Defizite werden nicht jammernd beklagt, sondern eher mit Bedauern, aber doch in der Zuversicht, dass gemeinsames Handeln die richtige Basis ist, um eine friedliche Arbeitsatmosphäre zu ↓ 189 gestalten und, das in dem vollen Bewußtsein dessen, dass das Disziplinproblem, welches alle anderen weit überragt, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zu beseitigen, sondern nur auf ein allseits erträgliches Maß reduziert wird. 3. Fallbox 3. SCHULE / 8. Frage Zum Unterricht: Sie haben Ihren Fachunterricht bislang intensiv vorbereitet, engagiert durchgeführt und entsprechend reflektiert (Praktiker wissen: keine Stunde ist perfekt). • Welche äußeren Faktoren müßten sich ändern, um die Stichworte: Qualitätsverbesserung und –sicherung mit Ihrem Unterricht in Beziehung zu setzen? • Welchen Beitrag können bzw. sind Sie bereit zu leisten, um der Forderung nach einer Verbesserung der Unterrichtsqualität und deren Sicherung zu entsprechen? Mit der Veränderung folgender Rahmenbedingungen würde eine Qualitätsverbesserung bzw. –sicherung einhergehen: • deutliche Senkung der Klassenfrequenzen • eine exzellente Ausstattung der Fachräume, inklusive der Sportstätten • eine, wie auch immer, herbeigeführte Änderung der Einstellung zur Schule • wieder verstärkte Einführung des Klassenlehrerprinzips • sozialpädagogische bzw. psychologische Hilfen von außen • Komplettierung der Schülerbücherei und der Mediensammlungen • allgemeine Modernisierung der Klassenräume. Als Ausdruck eines eigenen Beitrags zur qualitätsbewußten Verbesserung des Unterrichts wird vor allem ↓ 190 - die Beachtung des Methoden- und Sozialformwechsels - die Anwendung differenzierteren Arbeitsmaterials - die effektivere Gestaltung des Frontalunterrichts - insgesamt mehr Zeit investieren in die Vorbereitung - eine differenziertere Betrachtung von Schülerleistungen. Bemängelt wird von einigen Interviewten, dass der normale Stundenplan häufig eine Auflösung aufgrund einer schnellen Folge von Veranstaltungen, wie Sport, Freizeiten, Klassenfahrten, Schulfeste, Berufsberatung und Präsentationen der verschiedensten Art erfährt, worunter die Kontinuität des Unterrichts leidet. Es gilt also für die Zukunft ein flexibleres Koordinationssystem zu erarbeiten, das alle Belange ausgewogen berücksichtigt. 3. Fallbox 3. SCHULE / 9. Frage Auf welche Weise wurde durch das Schulprogramm Ihr Unterricht positiv beeinflußt? Die Auswirkungen des Schulprogramms auf den Unterricht werden als noch relativ gering bezeichnet, wenn man einmal absieht von dem starken Impulsinput durch KLIPPERT, EVA dem sich verfestigenden Gedanken einer intensiveren Projektarbeit und der zunehmenden Erfahrung, dass Gruppenarbeit sogar in Vertretungsstunden in „unbekannten“ Klassen möglich ist. Dieser Umstand wird mit der guten Kollegialität begründet, die keine ernsthaft aufkommenden „atmosphärischen Störungen“ zuläßt. 191 3. Fallbox 3. SCHULE / 10. Frage In Ihrem Schulprogramm ist eine Empfehlung für fächerübergreifenden Unterricht gegeben. Dazu gehören: Projektarbeit, Wochenplanarbeit, freie Arbeit, wahldifferenzierter Unterricht, Werkstattarbeit, Lernen an Stationen. • Wie beurteilen Sie aus Ihrer Sicht diese Unterrichtsformen? • Identifizieren Sie sich damit, oder machen sie nur mit, weil Kollegen Sie auffordern? • Welche Grenzen und Möglichkeiten sehen Sie aus Ihrer Erfahrung heraus? • Wie schätzen Sie Ihre eigene Fähigkeit zu kooperativer Arbeit ein? • Wie beurteilen Sie die Fähigkeit zur Teamarbeit und die Kooperationsfähigkeit Ihrer Kollegen? • Werden Fortbildungen erforderlich? Dem Frontalunterricht wird nach wie vor in einer Tabelle der Unterrichtsformen wegen seiner hohen Effektivität bei der Vermittlung rein kognitivem Wissens der vorderste Platz eingeräumt. Bei zunehmender Komplexität des unterrichtlichen Geschehens und der zunehmenden Vernetzung mittelfristiger und langfristiger Ziele kann er neu formulierten Ansprüchen nicht im vollen Umfang genügen, so dass sich neben ihm andere Unterrichtsformen etablieren, die eine angemessene Variationsbreite aufweisen, aber zum Teil noch im Stadium praktischer Erprobung sind. Der fächerübergreifende Unterricht wird ohne bedeutende Vorbehalte als sehr effektiv bezeichnet, weil er: • themenverknüpft ist und durch ihn Wissen vernetzt wird • einen Wissenserwerb aus verschiedenen Blickwinkeln ermöglicht • die notwendige Textbearbeitung miteinschließt • auch die Mathematik mit Alltagsbewußtsein koppelt • die Bedeutung der Fächer im Bewußtsein der Schüler klarer hervorhebt. Trotz des vorbereitenden Zeitaufwandes lohnt der Ertrag. Die Projektarbeit wird grundsätzlich gut geheißen, aber von der Arbeit in Projektwochen deutlich unterschieden, da sie vor allem ein nicht wegzudenkendes, stets neu zu diskutierendes Problem über die Art und ↓ 192 Weise der Beschäftigung zu vieler Schüler und eine umfassende innerschulische Veränderung der Organisationsstruktur mit sich bringt. Der Nutzen für Schüler, der in der Motivationsförderung durch selbstgewählte Themen liegt, der verhaltens- und themenfördernd ist und die Notwendigkeit einer eigenen Textverarbeitung erfordert, erfährt seine größte Effektivität bei einem Zweijahresrhythmus mit entsprechend gründlichem Vorlauf an Organisationsarbeit und dem Angebot eines allseitig interessanten Themas. Die Werkstattarbeit wird als fachabhängig eingestuft. Die fehlende Unterrichtserfahrung läßt keine ergiebigen Rückschlüsse zu. Der Wahldifferenzierung wird zugestimmt, weil in gut überschaubaren Gruppen mit motivierten Schülern erfolgreich gearbeitet werden kann. Das Lernen an Stationen ist gleichzeitig eine Frage der Raumgröße und der Gruppengröße. Diese Unterrichtsform wird wegen eines zu großen Zeitaufwandes im Verhältnis zum erbrachten Resultat nur äußerst zögerlich und vereinzelt eingesetzt, in der Tendenz abgelehnt. Die freie Arbeit ist abhängig von einer intensiven Einführungsphase, die schon in der Grundsschule stattgefunden haben muß und ist weiterführend daran gekoppelt, dass sie in überschaubaren Zeitabständen kontinuierlich wiederholt wird. Ihr wird aber in der Tendenz Zweck und Sinn zugestanden, da sie selbständiges Arbeiten trainiert und das soziale Lernen fördert. Die Wochenplanarbeit ist eher geeignet für Schüler der höheren Klassen, weil sie ein gewisses Maß an Selbständigkeit, Einsicht und Fleiß voraussetzt, aber in dieser Beziehung offenkundige Mängel nicht zu leugnen sind, deren Beseitigung nur vorsichtige Erfolgschancen eingeräumt werden. Im Prinzip identifiziert man sich mit allen Unterrichtsformen und Kollegen wird auf Anfrage Zustimmung signalisiert, wenn die Themen in die allgemeine Unterrichtskonzeption einzupassen sind. Die eigene Kooperationsfähigkeit wird sehr hoch eingeschätzt. Vereinzelt wird allerdings zugegeben, dass die Selbsttätigkeit höher geschätzt wird, weil Einigungsprozesse in der Gruppe entsprechend zeitaufwendig sind. Die Einschätzung der kollegialen Kooperationsfähigkeit wird im errechneten Schnitt bei rund 80% angesiedelt. Fortbildungsmaßnahmen werden grundsätzlich für erforderlich gehalten und zwar durchgeführt von Experten aus Medizin, Ernährungswissenschaft, Drogenbekämpfung und „Rosa Strippe“. ↓ 193 Günstig stellt man sich einen Expertenpool vor, aus dem nach Bedarf Leute angefordert werden könnten. Eine Lehrerfortbildung wäre auch denkbar, wenn bei den Beteiligten Praxisnähe besteht, die kompetenzentscheidend ist. Vertreter der Schulbehörde als Vortragende finden keine Akzeptanz, sondern werden von vornherein abgelehnt, weil ihnen die fehlende Praxisnähe den Expertenstatus nimmt. 3. Fallbox 3. SCHULE / 11. Frage Einige Themen z. B. Aids wurden in vielen Fächern mit solcher Intensität behandelt, dass bei den Schülern Interesse, Einsicht und Verständnis in Ablehnung umschlugen. • Wie planen Sie solche komplexen Themen? (z. B. Thema: Umwelterziehung) Auch bei Vertretern eines kontaktfreudigen Kollegiums ergibt die Rangfolge möglicher Kriterien, nach denen sich Lehrer gegenseitig für die Teambildung aussuchen zunächst, mit großem Abstand die Sympathie, danach Fach- und Methodenkompetenz, Durchsetzungsvermögen und Fleiß. 3. Fallbox 3. SCHULE / 12. Frage Aufgrund gegebener Organisationsstrukturen und häufig ungünstiger Stundenkonstellationen kommt es bei der Bildung von Arbeitsgruppen nicht immer zur Idealbesetzung, sondern es müssen Reibungsflächen geglättet werden, um eine vernünftige Arbeitsatmosphäre zu schaffen. • Was glauben Sie, nach welchen Kriterien Lehrer Lehrer für die Teamarbeit aussuchen, wenn sie sich frei von Sachzwängen eine Arbeitsgruppe zusammenstellen könnten? 194 Die Antworten differieren und es entsteht folgendes Meinungsbild: • Themenkomplex in der Konferenz vorstellen • Thema Schülern vorstellen und bei Zustimmung Konzept entwerfen • mit beteiligten Kollegen gemeinsames Konzept erstellen • Grobkonzept erstellen • die fachspezifische Feinarbeit von Kollegen machen lassen • fertiges Konzept den Kollegen vorstellen und danach Bereitschaft zur Mitarbeit einholen • Themenkomplex als Verschlag für kommende Projektwochen zur Diskussion stellen. • Ein Alleingang wird nicht geplant. 3. Fallbox 3. SCHULE / 13. Frage Zu jeder erfolgreichen Schularbeit gehört eine Evaluation. Sie kann auf verschiedene Weise durchgeführt werden. • Für welche Art bzw. Arten entscheiden Sie sich? Die Interviewten konnten zum Zeitpunkt der Befragung nicht auf Erfahrungswissen zurückgreifen und haben deshalb nur Vermutungen geäußert, die immer dieselbe Schrittfolge angaben: • Selbstevaluation – Fachgruppe – Lehrerkonferenz. 195 3. Fallbox 3. SCHULE / 14. Frage Es gibt für die Evaluation keine festen Zeitabstände. • Wann sollte man evaluieren? Als vermutlich günstigste Zeitabstände, in denen evaluiert werden sollte, werden Zeiträume zwischen einem halben und zwei Jahren für ausreichend gehalten. 3. Fallbox 3. SCHULE / 15. Frage Die zuständige Schulbehörde evaluiert die Schulen. • Welche Hilfen können den Schulen dadurch gegeben werden? Bis auf drei Interviewte, die kurz skizziert haben, wie Hilfen seitens der Schulbehörden aussehen könnten, haben alle anderen geäußert, keine zu erwarten, die von praktischem Nutzen seien. Mögliche Hilfen könnten danach so aussehen: • Unterstützung der Aktivitäten • keine Bevormundung durch destruktive Kritik und praktische Hilfen Anreiz zur Fortsetzung der Arbeit geben • klares Raster für die Evaluation vorgeben • fehlende Vernetzungen erkennen. 196 3. Fallbox 3. SCHULE / 16. Frage „Peer Review“ bedeutet in der Praxis eine Fremdevaluation durch eine auswärtigen Evaluationsgruppe, die aber auf der gleichen Ebene wie das Kollegium steht (etwa durch Kollegen einer Partnerschule). Sie kann erfolgen, nachdem nach einer Selbstevaluation die Untersuchungsgegenstände klar umrissen sind (etwa Lernatmosphäre) und davon schulintern erste Ergebnisse vorliegen. • Aus welchen Gründen würden Sie dem „Peer Review“ zustimmen? • Aus welchen Gründen ablehnen? • Welche Impulse und Hilfen könnte Ihnen ein Peer Review geben? Dem „Peer Review“ wird rückhaltlos zugestimmt, wenn folgende Vorbedingungen verabredungsgemäß eingehalten würden: • keine Bevormundung • keine Besserwisserei • kein Verriß • keine beleidigende Kritik • Auf der Basis eines praxisorientierten kollegialen Gesprächs möchte man im kritischen Erfahrungsaustausch seinen Unterricht möglicherweise eigenreflektorisch verändern • einen Spiegel vorgehalten bekommen, um die eigene Kritikfähigkeit zu prüfen, Eigenarten und Gewohnheiten genannt bekommen, die sich der eigenen Wahrnehmung längst entzogen haben. • verbesserte Objektivität gegenüber den eigenen Handlungsstrategien. • Erhalt von Rückschlüssen auf das eigene Lehrerverhalten • unvoreingenommene Tips zu erhalten. 197 3. Fallbox 3. SCHULE / 17. Frage Es besteht auch die Möglichkeit als „Peer“ aktiv zu werden. • Mit welcher Begründung würden Sie sich dafür zur Verfügung stellen oder der Aufforderung nicht entsprechen? Alle Interviewten sind bereit, sich als „Peer“ zur Verfügung zu stellen. Ihre Gründe hierfür sind: • kollegialer Gedankenaustausch in einer anderen Umgebung als der gewohnten • andere Kollegen in Aktion zu sehen • positive Erfahrungen zu diskutieren und weitergeben zu können im stillen Vergleich bei Hospitationen seine eigene Arbeitsweise mit der der Kollegen zu vergleichen • die Arbeitsbedingungen an einem andern System kennenzulernen • andere Methoden, Methodenlehrstile und Lernverhalten kennenzulernen und so • Rückschlüsse auf sein eigenes Verhalten zu erhalten • bei Bedarf und Wunsch Ratschläge geben 3. Fallbox 3. SCHULE / 18. Frage Der Erlaß Schulprogramme zu erstellen, ist für alle obligatorisch. Welcher Grundgedanke liegt ihm Ihrer Meinung nach zugrunde? 198 Die Antworten zur letzten Frage bedürfen keines erläuternden Kommentares, da sie auch stichwortartig aufgelistet, von ausreichender Aussagekraft sind. Der Grundgedanke als Stimulanz für: • die gemeinsame pädagogische und fachliche Arbeit, die von allen im Konsens getragen wird • Bewußtbarmachung von Schwerpunkten und Orientierungshilfen • Förderung der Teamarbeit und Kommunikation • Geschlossenheit der Handelnden herzustellen • Berichtlegung der bisherigen Arbeit • das Erkennen und Ausfüllen von Lücken • die Qualität der Schule in allen Bereichen auszubauen und zu sichern • für die Herstellung des notwendigen pädagogischen Konsenses • für eine Konzeption, die auf alle Begabungen abstellt ist • zur Herstellung der Transparenz der schulischen Arbeit. Die konträren Meinungen werden ebenfalls deutlich zum Ausdruck gebracht: • In der Absicht der Behörden lag es, Inszenierungen gleich, vom eigentlichen Problemkern, der wohl bekannt ist, aber nie zur Diskussion gestellt wird, abzulenken; denn es sollten Defizite verkleistert werden. Es handelt sich im Prinzip um ein Politikum, bei dem versucht wird, ein verfahrendes Schulsystem aufzupeppen, was reiner Flickschusterei gleichkommt. • Es bietet vor allem die Profilierungsmöglichkeit für Leute, die mit dieser Arbeit eine Beförderungsabsicht verbinden. Zusammenfassung 3. Fallbox Es zeigt sich ein Kollegium, das die Konturen eines guten Teams aufweist und gekennzeichnet ist durch: Progressivität, Innovationswillen, Gemeinsamkeit im Handeln, Kooperationsfähigkeit und Toleranz. Gearbeitet wird im Konsens mit der Schulleitung, die allen einen individuellen Gestaltungsfreiraum zugesteht, was zur Identifikation mit der Arbeit beiträgt, denn eingebunden bedeutet nicht festgebunden zu sein. Die Geschlossenheit des Kollegiums ist ein Mittel zur Gewaltprävention und Konfliktbewältigung. Trotz allem wird Klage darüber geführt, dass die ungenügende Handlungskompetenz schnelle Entscheidungen 199 bei disziplinarischen Verfehlungen ausschließt. Ebenso werden Mängel bei projektorientierten Vorhaben und fächerübergreifendem Unterrichten auf organisatorische Defizite zurückgeführt, die nicht immer der Schulleitung allein anzulasten sind, sondern die desolate Raumfrage und die überbordenden Schülerzahlen ursächlich betreffen. Nach dem Verständnis des Kollegiums wären Fortbildungsveranstaltungen, gerade nach Art eines „Peer Rewiev“, erforderlich. Auch an dieser Frage äußert man sich ohne Ausnahme dahingehend, dass Moderatoren der Schulbehörden nicht erwünscht seien. Die enorme Themenfülle des Schulprogramms dürfte als Selbstregulativ wirken, so dass sich in der praktischen Umsetzung das zu bewältigende Arbeitsmaß von selbst einpendeln wird. Das Kollegium hat es bei allem Selbstverständnis nicht geschafft, sich seines eigenen Maßnahmenkataloges zu bedienen, um disziplinarische Verfehlungen zu sanktionieren. Sich anbahnende Querelen größeren Umfangs werden vorausschauend in der beginnenden Eskalationsphase durch eindringliche Gespräche abgeschwächt. 9.4 4. Fallbox 4. SCHULE / 1. Frage Lehrerkollegien sind erfahrungsgemäß keine „einheitlichen Gebilde“. Häufig kommt es zu Interessenkollisionen. Standpunkte sind verhärtet. Unterschiedliche Auffassungen und Meinungen über Unterrichts- und Erziehungsfragen aus stark subjektiver Sicht prallen aufeinander. • Wie ist es in Ihrem Kollegium bei der Arbeit am Schulprogramm zur Konsensbildung gekommen? • Welcher Leitlinie sind Sie gefolgt? • Benutzte man ein fertiges Konzept – wer waren die Initiatoren? 200 Es darf davon ausgegangen werden, dass bestehende Defizite und offenkundige Meinungsverschiedenheiten über die Bedeutung, die Möglichkeiten und die Zielsetzungen eines Schulprogramms einen planvollen Arbeitsprozeß voraussichtlich verzögert hätten. Deshalb bediente man sich eines legitimen Kunstgriffes und nahm die Hilfe einer von außen kommenden Moderatorin, die beratend zur Seite stand, in Anspruch. Gruppen erarbeiteten dann, orientiert am Schulprofil, einzelne Themenbereiche, die als essentielle Arbeitsgebiete in den Gesamtrahmen des Programms eingepaßt werden sollten. Einer gewählten Steuerungsgruppe, die mit der Schulleitung zusammenarbeitete, wurden die Teilergebnisse zur Begutachtung, Ergänzung und endgültigen Schriftlegung vorgelegt. Die Endfassung wurde vom Kollegium genehmigt. Offenbar hatte die Schulleitung (wegen Pensionierung) ein fertiges Konzept parat, das im Falle eines eventuell nicht zustande gekommenen Konsenses als vorzeigbares Arbeitspapier gültig gewesen wäre, um einem vorhersehbaren Erklärungsnotstand auszuweichen. 4. Fallbox 4. SCHULE / 2. Frage Die Akzeptanz des Schulprogramms entsteht dadurch, dass möglichst viele Aspekte berücksichtigt wurden. • Wodurch ist die Ausgewogenheit in Ihrem Schulprogramm gekennzeichnet? • Wo liegen für Sie die Schwerpunkte bzw. Stärken Ihres Programms? • Wo sehen Sie trotz allem noch Defizite? • Wodurch identifizieren Sie sich mit der Arbeit an Ihrer Schule? An Pädagogischen Tagen haben Arbeitsgruppen eine umfassende Anzahl von Themenbereichen in ihren Zielsetzungen rationalisiert und der Schulleitung zugeleitet, die dann später eine schriftliche Zusammenfassung vorgelegt hat, was zur Auflistung folgender Schwerpunkte führte: ↓ 201 • weitere Intensivierung der Informatik, die schon in einer langen Verlaufphase eingeführt worden war • Naturwissenschaft: - ortsnahe Gewässer / Ümminger See - Ruhreinzugsgebiet • GÖS (Gestaltung und Öffnung von Schule) • Berufvorbereitung • Konfliktlösungsstrategien - alle 8. Klassen haben einen Kursus bei der Polizei, Rollenspiele (einen Tag in der Woche) - Veranstaltungsreihe mit Referenten zu dem Thema „Verhinderung von Aggressionen gegen Mädchen“ • Wirtschaftskompetenzstärkung • fremdsprachlicher Bereich • Werte-ABC • Erziehender Unterricht, Pflege der Werte für mitmenschliches Zusammenleben • Zusammenarbeit mit Grundschulen bei Übergang in Orientierungsstufe • Hausaufgabenhilfe, EVA und KLIPPERT • Berufswahlorientierung unter Federführung des Arbeitsamtes Die Defizite sind: • eine noch im Aufbau befindliche Streitschlichtung, das Fehlen ausgebildeter Streitschlichter • fehlende Internetnutzung im Fremdsprachenbereich • fehlende Ausgewogenheit, Schwerpunkt: Naturwissenschaften • das Fehlen des musischen Bereiches • Schwierigkeiten bei Organisationsfragen, z.B. das Aufbrechen von Stundenrastern • spürbar fehlende Mitarbeit der Eltern, deren Akzeptanz zur Mitverantwortung ↓ 202 • grundsätzliche Fehleinstellung zur Schule, die als eine Insel empfunden wird, auf der man vom eigentlichen Leben weit entfernt ist • eine Identifikation mit der Arbeit an der Schule ist in Einzelfällen durch eigene Arbeit • für die Mehrheit der Befragten ist eine Identifikation mit der Arbeit an der Schule nicht durch besondere Tätigkeiten gegeben, sondern aus grundsätzlichen pädagogischen Erwägungen heraus. 4. Fallbox 4. SCHULE / 3. Frage Haben Gruppen (mit oder ohne Erfolg) versucht, ihre Interessen in bezug auf die besondere Beachtung der von ihnen bevorzugten Arbeitsfelder durchzu-setzen? • Erläutern Sie hierzu Ihren Standpunkt! Eine Gruppe hat den pädagogischen Ansatz des „Werte-ABC´s“, das auch im Programm aufgenommen wurde, vorgestellt. Ansonsten kein Vortrag von Sonderwünschen. 4. Fallbox 4. SCHULE / 4. Frage Um eine fundierte Schulprogrammarbeit leisten zu können, bedarf es einer gründlichen Vorabinformation. • Welche Quellen haben Sie benutzt? Gelesen wurden die allgemeinen Richtlinien vom Ministerium, Informationen in Fachzeitschriften, Internetveröffentlichungen anderer Schulen und Texte aus Soest. 203 4. Fallbox 4. SCHULE / 5. Frage Durch den Erlaß zur Anfertigung des Schulprogramms wurde Ihnen die einmalige Gelegenheit geboten, Vorschläge, Ideen, Hinweise im Programm, das für alle verbindlich ist, festschreiben zu lassen. • In welcher Weise haben Sie davon Gebrauch gemacht? Einige Kollegen haben auf Themen hingewiesen, die sie für wichtig hielten, im Programm aufgenommen zu werden. Es sind dies: • Angebot einer freiwilligen AG zur Förderung der Medienkompetenz und Übungen zur Kreativitätsförderung • Intensivierung von Sportveranstaltungen • Einrichtung eines Mofa-Kurses • Verbesserung der Kulturtechniken • Intensivierung der Werteerziehung • Schulaufgabenbetreuung Hinweise und Anregungen zu verbesserter kollegialer Zusammenarbeit bei der Erziehungs- und Gewaltproblematik (Dieser Vorschlag wurde abgelehnt. Die Gründe dafür wurden im Interview nicht zur Sprache gebracht.). 4. Fallbox 4. SCHULE / 6. Frage Die rein fachspezifische Unterrichtsarbeit wurde stetig ergänzt durch die Intensivierung anderer schulischer Arbeitsfelder wie Elternarbeit, Schulleben (Chor, Theater, Sport- und Schulfeste), Öffnung der Schule „Außendarstellung“. Hier eröffnet sich ein breites Betätigungsfeld. • In welcher Weise sind Sie bei diesen Arbeitsfeldern engagiert? • Wo sehen Sie Langzeiterfolge? • Wo liegen Defizite, die nur schwer zu beseitigen sind? 204 Ein vielschichtiges Engagement des Kollegiums über die rein fachspezifische Unterrichtsarbeit hinaus, zeigt folgender Themenkatalog: • die Einrichtung einer englischsprachigen Theater-AG, deren Zustandekommen allerdings von der Motivation der Schüler abhängig gemacht wird • der Ausbau der Schulpartnerschaften mit Donez und Nordhausen, bei denen sich allerdings immer wieder Quartierbeschaffungsprobleme als Hemmnis ergeben • Außendarstellung durch Bioprojekte, z.B. das Umweltprogramm GÖS und deren programmatische Erläuterung während der Bürgerwochen im Stadtteil • Vernetzung mit der Stadt Bochum durch die Zusammenarbeit mit dem Kulturbeauftragten • Selbstbehauptungstraining für die Klassen 6 und 7 • Hausaufgabenbetreuung in Zusammenarbeit mit der AWO und der evangelischen Kirche • Organisation von Schulfesten • Netzwerk Sprache innerhalb des europäischen Sprachwerkes • Organisation von außerschulischen Sportwettkämpfen, sowie Sportförder- und Schwimmunterricht. 4. Fallbox 4. SCHULE / 7. Frage Eine besondere Problematik stellt in vielen Schulen die Erziehungsarbeit dar. • Wo sehen Sie Möglichkeiten Ihrer Einflußnahme? Die dauerhafte, nur zum Teil von zeitweiligen Erfolgen gekrönte Suche nach geeigneten Handlungsstrategien, die mit Nachdruck angemessen und zweckdienlich wirksam werden, haben allgemein zu der persönlichen Einsicht geführt. bei aller ↓ 205 Erziehungskompetenz handlungseingeschränkt zu sein. Der wiederholter Versuch, einen gemeinsamen internen Maßnahmenkatalog zu erstellen und ihm dann auch in aller Konsequenz zu folgen, scheitert an den unterschiedlichen Belastbarkeitsgrenzen und einer nicht zu vereinigenden Vielzahl unterschiedlicher Meinungen. Somit werden die Ordnungsmaßnahmen der ASCHO als geeignet und angemessen erachtet, wenn deren Schrittfolge mit konsequenter Entschlossenheit gefolgt wird. Sie sind dann untauglich, wenn auf ein besonders auffälliges Fehlverhalten von hyperaktiven Schülern spontan regiert werden müßte, um sie umgehend in ihre Schranken zu weisen und potentielle Nachahmer zurückzuhalten. Als Königsweg gilt die Aufforderung zur Förderung der Kooperationsbereitschaft der Eltern, deren Erziehungsfehler von der Schule nicht ausgeglichen werden können, aber mit denen in Zusammenarbeit standardisierte Erziehungslevel gehalten werden müßten. Als dauerhafte Einrichtungen werden empfohlen: • die Einführung einer Sprechstunde, die wöchentlich für schwierige Schüler abgehalten werden sollte • Förderung von Teamarbeit • dass durch Kontakte mit auswärtigen Experten die Einführung einer Erziehungsbegleitung gewährleistet wird • die Erweiterung von Entscheidungsfreiheit in Einvernehmen und mit Abstimmung der Eltern - Ich möchte nicht richten, aber konsequent meinen Unterricht durchführen können. Und letztlich der absurde Vorschlag: Disziplinierung durch eine plötzlich durchgeführte schriftliche Leistungsüberprüfung. (Diese unerlaubte Maßnahme bliebe nicht nur ohne jede Wirkung, sondern dokumentiert, etwas pathetisch ausgedrückt, die Hilflosigkeit eines offenbar überforderten Kollegen.) 206 4. Fallbox 4. SCHULE / 8. Frage Zum Unterricht: Sie haben Ihren Fachunterricht bislang intensiv vorbereitet, engagiert durchgeführt und entsprechend reflektiert (Praktiker wissen: keine Stunde ist perfekt). • Welche äußeren Faktoren müßten sich ändern, um die Stichworte: Qualitätsverbesserung und –sicherung mit Ihrem Unterricht in Beziehung zu setzen? • Welchen Beitrag können bzw. sind Sie bereit zu leisten, um der Forderung nach einer Verbesserung der Unterrichtsqualität und deren Sicherung zu entsprechen? Als äußere Faktoren, die sich ändern sollten, um einen Qualitätsschub und eine damit verbundene Qualitätssicherung herbeizuführen, müßten folgende nicht selbst beeinflußbaren Faktoren geändert werden: • Verringerung der Klassenfrequenzen auf Schülerzahlen unter dreißig • Renovierung der Klassenräume, ergänzt durch eine mediengerechte Ausstattung • durch mehr Lehrer Überbrückung des hohen Krankenstandes • Einschränkung des Elternwillens • Abschaffung des Drittelerlasses • die Möglichkeit, geeignete Schüler aussuchen zu können. Der eigene Beitrag zur Standardverbesserung wird so interpretiert: • Motivationsförderung durch Themen und gruppenbedingten Methodenwechseln • eine schrittweise Entfernung vom Frontalunterricht und das in dem Bewußtsein des Zugeständnisses seiner hohen Effizienz • die Intensivierung des fächerübergreifenden Unterrichts • verstärkte Förderung der Eigenständigkeit durch selbstgefertigte Medien. 207 4. Fallbox 4. SCHULE / 9. Frage Auf welche Weise wurde durch das Schulprogramm Ihr Unterricht positiv beeinflußt? Das Schulprogramm hat auf den Unterricht der Befragten keinen weiteren positiven Einfluß genommen, wenn man das Bewußtbarmachen dessen, was bisher geleistet wurde und die Entstehung einer anderen Sichtweise lediglich als eine wertneutrale Bemerkung verstanden wissen will. 4. Fallbox 4. SCHULE / 10. Frage In Ihrem Schulprogramm ist eine Empfehlung für fächerübergreifenden Unterricht gegeben. Dazu gehören: Projektarbeit, Wochenplanarbeit, freie Arbeit, wahldifferenzierter Unterricht, Werkstattarbeit, Lernen an Stationen. • Wie beurteilen Sie aus Ihrer Sicht diese Unterrichtsformen? • Identifizieren Sie sich damit, oder machen sie nur mit, weil Kollegen Sie auffordern? • Welche Grenzen und Möglichkeiten sehen Sie aus Ihrer Erfahrung heraus? • Wie schätzen Sie Ihre eigene Fähigkeit zu kooperativer Arbeit ein? • Wie beurteilen Sie die Fähigkeit zur Teamarbeit und die Kooperationsfähigkeit Ihrer Kollegen? • Werden Fortbildungen erforderlich? Es hat sich im Bewußtsein der Mehrheit der Gedanke durchgesetzt, dass bei aller ihm zugestandenen Effektivität auf den Frontalunterricht im vermehrten Maße verzichtet werden sollte. Dem fächerübergreifenden Unterricht wird in all seinen Varianten zugestimmt, obgleich ein mangelhaftes Raumangebot die Organisation und die Zeitfrage zu Abstimmungsproblemen führen. Bevorzugt wird immer noch ein ↓ 208 fächerübergreifender Unterricht in einer Klasse, durchgeführt von einem Lehrer. Obwohl erkannt worden ist, dass bei entsprechender Organisation die Intensivierung der Teamarbeit vorangetrieben werden kann. Der Projektunterricht ist zuvorderst eine Organisations- und Raumfrage. Wegen seiner stark ausgeprägten organisatorisch- sozialen Komponente wird ihm ein besonderer Part zugeschrieben, allerdings mit der Einschränkung, eine sichtbar positive Wirkung nur dann zu erzielen, wenn er bei nicht allzu häufiger Wiederholung in Jahrgangsstufen durchgeführt wird. Projekte, an denen die Schülerschaft insgesamt beteiligt ist, sollten bei geeigneter Themenwahl nur alle zwei Jahre in Angriff genommen werden. Der Erfolg der Wochenplanarbeit ist altersfixiert und funktioniert nur bei selbständig arbeitenden Schülern. Bei der Freien Arbeit darf der Weg nicht das Ziel sein, sondern sie erzielt dann ihre besten Ergebnisse, beispielsweise in der Erprobungsstufe, wenn Schüler in dieser Arbeitsform geübt sind. Werkstattarbeit wird als fachbedingt bezeichnet. Das Lernen an Stationen ist erfahrungsgemäß wegen sehr umfangreicher Materialbeschaffung ein arbeits-aufwendiges Verfahren und abhängig von der Raumfrage. Die Schüler müssen auch über Methodenerfahrung verfügen. Das Verfahren ist allerdings geeignet zur Wiederholung, Ergänzung und Vertiefung des Stoffes. Als defizitär betrachtet wird allgemein eine noch nicht genügend ausgeprägte kollegiale Kooperation und eine wünschenswerte, verbesserungswürdige Teamarbeit. Die Frage nach der notwendigen Kooperationsfähigkeit wird dahingehend beantwortet, dass die eigene sehr hoch und die der Kollegen bei spontaner freier Schätzung bei und 90% angesiedelt ist. Fortbildung wird für unbedingt notwendig gehalten. Besser als „SCHILF“ (schulinterne Lehrerfortbildung) sind externe Experten von der Universität oder aus Institutionen, die sich mit Gewaltprävention, Verkehr, Gesundheit, Drogenbekämpfung, USW befassen. Bedingungen sind Praxisnähe und der Verzicht auf Belehrungen, weshalb Vertreter übergeordneter Schulbehörden von vornherein aus dem Kreis möglicher Kandidaten ausgeschlossen bleiben sollten. 209 4. Fallbox 4. SCHULE / 11. Frage Einige Themen z. B. Aids wurden in vielen Fächern mit solcher Intensität behandelt, dass bei den Schülern Interesse, Einsicht und Verständnis in Ablehnung umschlugen. • Wie planen Sie solche komplexen Themen? (z. B. Thema: Umwelterziehung) Eine zukünftig zu verbessernde Teamarbeit stellt die Kollegen häufiger vor die Wahl, sich zu organisieren. Trotz aller erforderlichen Kompetenzen, die ein Team in seiner Arbeit erst erfolgreich werden lassen, nimmt das Kriterium Sympathie mit weitem Abstand den ersten Platz in einer vorgestellten Rangfolge ein, gefolgt von Fach- und Methodenkompetenz, Durchsetzungsvermögen und Fleiß. 4. Fallbox 4. SCHULE / 12. Frage Aufgrund gegebener Organisationsstrukturen und häufig ungünstiger Stundenkonstellationen kommt es bei der Bildung von Arbeitsgruppen nicht immer zur Idealbesetzung, sondern es müssen Reibungsflächen geglättet werden, um eine vernünftige Arbeitsatmosphäre zu schaffen. • Was glauben Sie, nach welchen Kriterien Lehrer Lehrer für die Teamarbeit aussuchen, wenn sie sich frei von Sachzwängen eine Arbeitsgruppe zusammenstellen könnten? Die Antworten haben einen gemeinsamen Weg aufgezeigt, dem alle Befragten folgen würden: • die Thematik großkonzeptionell erfassen und den Kollegen, die fachbedingt infrage kommen und zur Mitarbeit bereit sind, die weitere Feinarbeit ↓ 210 überlassen, um dann in einer gemeinsamen Schlußsitzung das verbindliche Arbeitskonzept aufzustellen. Niemand kam auch nur ansatzweise auf die Idee, ein umfangreiches Thema allein bewältigen zu wollen. 4. Fallbox 4. SCHULE / 13. Frage Zu jeder erfolgreichen Schularbeit gehört eine Evaluation. Sie kann auf verschiedene Weise durchgeführt werden. • Für welche Art bzw. Arten entscheiden Sie sich? Die Antworten zu dem Bereich der Evaluation waren ohne Erfahrungshintergrund, da zum Zeitpunkt der Befragung noch keine Evaluation durchgeführt worden war. Es wird von allen der gleiche Weg vorgeschlagen, der zunächst über die Selbstevaluation und der in Fachschaften zum Gremium führt, so dass dann nach einer ausführlichen Diskussion in gemeinsamer Abschätzung neue Zielsetzungen formuliert und verabschiedet werden. 4. Fallbox 4. SCHULE / 14. Frage Es gibt für die Evaluation keine festen Zeitabstände. • Wann sollte man evaluieren? Die denkbaren Zeitabstände zwischen den Evaluationen sollten zwischen einem halben und zwei Jahren liegen. 211 4. Fallbox 4. SCHULE / 15. Frage Die zuständige Schulbehörde evaluiert die Schulen. • Welche Hilfen können den Schulen dadurch gegeben werden? Von der übergeordneten Schulbehörde werden keine Hilfen erwartet, da wie erlebt, von ihnen keine Gespräche über anstehende Problematiken geführt werden. Man müßte ihnen zunächst einen längeren Zeitraum zum Gewinn von Praxiserfahrung zugestehen. 4. Fallbox 4. SCHULE / 16. Frage „Peer Review“ bedeutet in der Praxis eine Fremdevaluation durch eine auswärtigen Evaluationsgruppe, die aber auf der gleichen Ebene wie das Kollegium steht (etwa durch Kollegen einer Partnerschule). Sie kann erfolgen, nachdem nach einer Selbstevaluation die Untersuchungs-gegenstände klar umrissen sind (etwa Lernatmosphäre) und davon schulintern erste Ergebnisse vorliegen. • Aus welchen Gründen würden Sie dem „Peer Review“ zustimmen? • Aus welchen Gründen ablehnen? • Welche Impulse und Hilfen könnte Ihnen ein Peer Review geben? Man ist durchweg darauf aus, sich Kollegen, die sich auf der gleichen Ebene bewegen und über entsprechend lange Praxiserfahrung verfügen, einem kollegialen Gespräch zu stellen. Ein umgehendes Feedback seiner Arbeit zu erhalten wird als wünschenswert beurteilt. Durchaus positiv wird die durch ein Kollegengespräch gegebene Möglichkeit beurteilt, seine Planungs- und Zielabsichten ohne trickreiche Begründungen, wie sie häufig in Prüfungssituationen verlangt werden, darlegen und seine Erfahrungen im didaktischen, methodischen Bereich wertneutral diskutieren zu können. Solche Prüfungssituationen, wie ↓ 212 sie von allen erlebt worden waren, dürften nicht entstehen. Bei diffamierender und überheblicher Kritik oder völligem Verriß wäre die Arbeitsatmosphäre umgehend getrübt und sämtliche Aktionen würden abgebrochen werden. Derartige Veranstaltungen könnten, wenn sie denn organisatorisch zu bewältigen wären, als eine besondere Art praxisnaher Zusammenarbeit in festzulegenden Zeitabständen zu einer Dauereinrichtung werden. Als Hospitant die Kollegen in deren Umgebung arbeiten zu sehen, hat den Reiz der aktuellen Situation. Andere Eindrücke zu gewinnen hilft eigene Unzulänglichkeiten in der schulischen Ausstattung zu relativieren. 4. Fallbox 4. SCHULE / 17. Frage Es besteht auch die Möglichkeit als „Peer“ aktiv zu werden. • Mit welcher Begründung würden Sie sich dafür zur Verfügung stellen oder der Aufforderung nicht entsprechen? Auch die Bereitschaft selbst aktiv als „Peer“ tätig zu werden, wird durchgehend begrüßt, weil man in einer fremden Umgebung die Möglichkeit erhält, neben dem sachbezogenen kollegialen Gespräch andere Arbeitsbedingungen, Raumausstattungen und das Schülerverhalten studieren zu können, immer auch im Vergleich zur eigenen Situation und in der Hoffnung, gegebenenfalls selbst davon zu profitieren, auch eine Bestätigung für die eigene Arbeit zu erhalten. Zum sofortigen Abbruch der Interaktion würde es kommen, wenn der Eindruck entstünde, dass diffamiert würde und die Kritik auf die Ebene der Überheblichkeit und Besserwisserei abgleiten würde. 4. Fallbox 4. SCHULE / 18. Frage Der Erlaß Schulprogramme zu erstellen, ist für alle obligatorisch. Welcher Grundgedanke liegt ihm Ihrer Meinung nach zugrunde? 213 Gegenübergestellt lassen sich die Antworten zur letzten Interviewfrage in die Rubriken pro und contra einteilen. Für pro steht: • Jede Schule erhält sie Möglichkeit, sich individuell darzustellen, Eigenwerbung zu betreiben, ihre Unterrichts- und Erziehungskompetenz zu markieren und sich eine anerkannte Basis zu schaffen. • eine allgemeine Qualitätsanhebung • die Stärkung des Selbstbewußtseins durch eine Konkurrenzsituation • ein Angebot zur Wettbewerbsförderung • insgesamt eine Vorstufe zur autonomen Schule • die Öffnung der Schule durch Transparenz • eine Festigung eines einheitlichen inneren Systems in der Schule • eine Orientierungshilfe für Eltern, Schüler und Lehrer • einen gewissen Zwang, sich an Vereinbarungen halten zu müssen • eine Aufforderung zur Öffnung von Schule durch verstärkte Außendarstellung • die Aufforderung zur Schaffung neuer innerer Strukturen z.B. die stärkere Beachtung von Teamarbeit. Für contra steht: • dass, das Schulprogramm zum Kaschieren von Defiziten steht, da brennende Probleme geflissentlich übersehen und nicht aufgeführt worden sind. • Das Programm stellt nichts Neues dar, sondern ist nur die Zusammenfassung des Vorhergewesenen. Es bleibt daher unbefriedigend und lückenhaft • z.B., dass Kultur und Schule als wichtige Güter höher in der Gesellschaft angesiedelt werden müßten, um dadurch eine Verbesserung des Ansehens der Schule zu erreichen. • dass, das Programm der Schulbehörde lediglich als Kontrollinstrument dient. • dass, das Programm die gegenwärtige unterrichtliche und organisatorische Struktur der Schule nicht verbessert. 214 Zusammenfassung 4. Fallbox Das Schulprogramm, nach Überwindung einiger Schwierigkeiten fertiggestellt, spiegelt die Aktivitäten des Kollegiums auf allen erdenklichen pädagogischen Feldern wider und findet deshalb allgemein Akzeptanz. Die anfängliche Passivität eines Teils des Kollegiums dürfte sich relativ schnell legen, wenn, so eine Anmerkung, allen Fächern die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt wird. Mit Amtsantritt des neuen Schulleiters werden sicherlich einige Richtungswechsel vorgenommen, die neue Impulse auslösen, wodurch voraussichtlich die Verbesserung der kooperativen Zusammenarbeit zwischen den Kollegen gefördert werden dürfte. Die Bereitschaft dazu ist vorhanden, denn niemand würde ein größeres Arbeitsprojekt allein bewältigen wollen, sondern wäre an einer planvollen Zusammenarbeit mit anderen Kollegen interessiert. Deshalb hat man erkannt und ist intensiv bemüht, die Teambildung zu intensivieren. Trotz guter Kollegialität besteht das Bedürfnis, diese Lücke umgehend zu schließen. Die verschiedenen Unterrichtsformen sind ausprobiert worden und haben die immer gleichen Mängel deutlich werden lassen. Es sind vorrangig solche, die die Folge einer unzureichenden Koordination sind. Fortbildungen werden von allen für wichtig erachtet, allerdings wird SCHILF für wenig attraktiv gehalten. Alle Experten sind als Moderatoren gewünscht, wenn sie nicht von der Schulbehörde dazu bestimmt sind. Gravierende Disziplinprobleme einzelner Schüler führen zu Mißmut und teilweiser Resignation. Deshalb wird die Forderung daraus nach eigener Handlungs- und Entscheidungskompetenz gestellt, weil sie es für dringend geboten halten, auf krasses Fehlverhalten umgehend zu reagieren. Die erklärte Absicht sich der Kritik anderer Kollegen zu stellen, belegt die Bereitschaft zur Öffnung der Schule und zur Präsentation der eigenen Arbeit. Neben einer deftigen Kritik am Sinn des Schulprogramms, von einer Minderheit der Interviewten vorgetragen, gewinnt die Mehrheit ihm positive Seiten ab, die einer allgemeinen Qualitätsanhebung dienen. 215 9.5 5. Fallbox 5. SCHULE / 1. Frage Lehrerkollegien sind erfahrungsgemäß keine „einheitlichen Gebilde“. Häufig kommt es zu Interessenkollisionen. Standpunkte sind verhärtet. Unterschiedliche Auffassungen und Meinungen über Unterrichts- und Erziehungsfragen aus stark subjektiver Sicht prallen aufeinander. • Wie ist es in Ihrem Kollegium bei der Arbeit am Schulprogramm zur Konsensbildung gekommen? • Welcher Leitlinie sind Sie gefolgt? • Benutzte man ein fertiges Konzept – wer waren die Initiatoren? An einem pädagogischen Tag erarbeiteten Gruppen auf Initiative der Schulleitung ohne Vorlage eines fertigen Konzeptes in arbeitsteiliger Verfahrensweise fünf Schwerpunktthemen, von denen drei übernommen wurden: • Werteerziehung • Unterrichtsentwicklung ab Klasse 5 - Methodentraining KLIPPERT • Berufsweltorientierung. Dem Aktionstag vorangegangen waren Diskussionen und ein Literaturstudium zum Thema „Was ist eine gute Schule ?“. Eine Arbeitsgruppe hat in Zusammenarbeit mit der Schulleitung aus den Teilvorlagen der Arbeitsgruppen Entwürfe entwickelt, aus denen dann das Endprodukt „Schulprogramm“ hervorging und danach per Abstimmung seine Gültigkeit erhielt. Die drei im Schulprogramm aufgenommenen pädagogischen Felder werden als Säulen bezeichnet. 216 5. Fallbox 5. SCHULE / 2. Frage Die Akzeptanz des Schulprogramms entsteht dadurch, dass möglichst viele Aspekte berücksichtigt wurden. • Wodurch ist die Ausgewogenheit in Ihrem Schulprogramm gekennzeichnet? • Wo liegen für Sie die Schwerpunkte bzw. Stärken Ihres Programms? • Wo sehen Sie trotz allem noch Defizite? • Wodurch identifizieren Sie sich mit der Arbeit an Ihrer Schule? Jeder hatte die Möglichkeit, an der Schulprogrammarbeit aktiv mitzuwirken, was alle in den einzelnen Gruppen auch taten. Als Schwerpunkte und Stärken des Programms werden genannt: • die Werteerziehung • Schwerpunktordnung • Disziplin • Pünktlichkeit • Toleranz gegenüber Ausländern • Gesundheitserziehung und KLIPPERT • Beratung bei der Berufsfindung • Gründung von Schülerpatenschaften und • Streitschlichtung • Schulgestaltung • Stärkung der sozialen Kompetenz Als Defizite werden empfunden: • eine mangelhafte Ausstattung mit Computern • eine zu sachbezogener Umgang zwischen Lehrern und Lehrern und Lehrern und Schülern • eine Einzelfallschilderung aus dem Schwimmunterricht: Kurden dürfen nicht ↓ 217 teilnehmen, da sie keine Mädchen im Badeanzug sehen dürfen. • „Arnsberg“ hat darauf hingewiesen, dass ein islamgerechter Unterricht zu machen ist. • Die Streitschlichtung erfährt noch keine fundierte Akzeptanz. Bis auf diese drei Einzeläußerungen wird das Vorhandensein von Defiziten strikt verneint. Die Interviewten begründen ihre Identifikation mit der Arbeit an der Schule: • durch ihre pädagogische Tätigkeit als Lehrer an sich • mit einer ausgeglichenen, guten Arbeitsatmosphäre • durch eine kooperative Zusammenarbeit mit der Schulleitung • durch die Homepage der Schule • durch die Teamentwicklungsförderung • durch die Einbindung des Kollegiums in globale Vorhaben. 5. Fallbox 5. SCHULE / 3. Frage Haben Gruppen (mit oder ohne Erfolg) versucht, ihre Interessen in bezug auf die besondere Beachtung der von ihnen bevorzugten Arbeitsfelder durchzusetzen? • Erläutern Sie hierzu Ihren Standpunkt! Es hat niemand versucht, auf von ihm bevorzugte Arbeitsfelder aufmerksam zu machen. Das war auch nicht nötig, da im Vorfeld alle Eingaben geprüft und bei Notwendigkeit in das Programm aufgenommen wurde. 218 5. Fallbox 5. SCHULE / 4. Frage Um eine fundierte Schulprogrammarbeit leisten zu können, bedarf es einer gründlichen Vorabinformation. • Welche Quellen haben Sie benutzt? Als Quellen für die Vorabinformation wurden genannt: • „Elmar Philipp“ • Teamentwicklung • „Gute Schule“ • Auszüge aus dem Internet • Schulprogramme anderer Schulen und Handreichungen des Ministeriums. 5. Fallbox 5. SCHULE / 5. Frage Durch den Erlaß zur Anfertigung des Schulprogramms wurde Ihnen die einmalige Gelegenheit geboten, Vorschläge, Ideen, Hinweise im Programm, das für alle verbindlich ist, festschreiben zu lassen. • In welcher Weise haben Sie davon Gebrauch gemacht? In nachfolgender Aufzählung sind die gemachten Vorschläge und Ideen aufgelistet: • Berufsberatung, berufsvorbereitende Maßnahmen, Besuch des BIZ (Bildungs- und Informationszentrum) • Aktivierung der Streitschlichtung • Öffnung der Schule • Projekt „DASA“ • Organisation von Museumsbesuchen in Dortmund ↓ 219 • Aufbau der Bücherei • Partnerschaft mit einem Altenheim – Schüler lesen Senioren vor, eine Veranstaltung, die zweimal wöchentlich an Nachmittagen stattfindet. • Über die bestehenden Kontakte hinaus zu Sportvereinen und einer Musikschule, sollten keine weiteren Verbindungen zu Vereinen geknüpft werden. Die ablehnende Begründung dafür war der Hinweis, dass Raum bleiben müsse für die Kontaktaufnahme zu anderen Institutionen. • Fechten ins Programm aufzunehmen, wurde abgelehnt, mit der Begründung: Fechten sei ein rein privates Vergnügen. • Chor- und Orchesterarbeit wurde abgelehnt wegen fehlender Freistunden. 5. Fallbox 5. SCHULE / 6. Frage Die rein fachspezifische Unterrichtsarbeit wurde stetig ergänzt durch die Intensivierung anderer schulischer Arbeitsfelder wie Elternarbeit, Schulleben (Chor, Theater, Sport- und Schulfeste), Öffnung der Schule „Außendarstellung“. Hier eröffnet sich ein breites Betätigungsfeld. • In welcher Weise sind Sie bei diesen Arbeitsfeldern engagiert? • Wo sehen Sie Langzeiterfolge? • Wo liegen Defizite, die nur schwer zu beseitigen sind? Das Engagement der Kollegen über ihre fachspezifische Unterrichtsarbeit hinaus wird durch folgende Aktivitäten deutlich gemacht: • Außendarstellung, Betreuung der Vorleseveranstaltungen im Altenheim • Leitung einer freiwilligen Lehrer-Sport- AG • Elternarbeit • Einführung des neuen Faches Technik • Organisation von Exkursionen ↓ 220 • Vorarbeiten zum Weltkindertag • Organisation von Stadtteilfesten • Förderverein • jahreszeitbedingte Außendarstellung bei Präsentation von Schülerarbeiten auf dem Weihnachtsmarkt • Gestaltung von Kinder- und Schulfesten, die allerdings aufgrund der „Null-Bock- Mentalität“ der Schüler seltener durchgeführt werden. Die Akzeptanz der Präsenz bei Stadtteilfesten ist ein besonders positiver Aspekt der außerschulischen Tätigkeit. Generelle Defizite sind nicht spürbar, da alle Aktivitäten gut gemischt sind. 5. Fallbox 5. SCHULE / 7. Frage Eine besondere Problematik stellt in vielen Schulen die Erziehungsarbeit dar. • Wo sehen Sie Möglichkeiten Ihrer Einflußnahme? Handlungseinschränkungen und weitest gehender Kompetenzentzug vergrößert das tägliche Dilemma in der Auseinandersetzung mit penetranten, erziehungsresistenten Schülern („aggressive Mimosen“). Das sich daraus entwickelnde Gefühl von Hilflosigkeit wird mentalitätsbedingt unterschiedlich empfunden. Der Wunsch nach einer situationsangemessenen, prompten und wirksamen Reaktion ist bei allen gemeinsam vorhanden. Es wird im Prinzip nur der Wunsch geäußert, in eigener Entscheidung besonders auffällige Störenfriede, die nicht ruhig gestellt werden können, zeitweise vom Unterricht zu suspendieren, um den Unterrichtsfortgang zu sichern. Einige Lehrer würden sich diesen Schritt nur zugestehen, wenn sie zuvor die Zustimmung von Kollegen einholen könnten. Der ständige Appell an die Schüler sich diszipliniert und leistungsfreudig zu verhalten und die immer wiederkehrende Bitte an die Eltern sich ihrer Mitverantwortung bewußt zu sein und ihre Erziehungsaufgaben ↓ 221 wahrzunehmen, ist die einzige Möglichkeit, die zur Wahl steht, um indirekt Einfluß zu nehmen. Es bleibt aber eine zweifelhafte Methode, die wegen des erfahrungsgemäß geringen Erfolges als im Prinzip wirkungslos bezeichnet wird. Der von offizieller Seite genehmigte Maßnahmenkatalog wird als ausreichend bezeichnet, wenn seine Schrittfolge kurz angelegt ist und bis zur letzten Konsequenz durchgehalten wird. Trotz großen Handlungsbedarfes ist man wegen zu unterschiedlicher Auffassungen, einer ängstlichen Durchführungspraxis, fehlender Kooperationsbereitschaft (Disziplin und Lehrerpersönlichkeit sind zueinander wirkungsspezifisch und daher individuell zu betrachten.) nicht in der Lage, gemeinsam zielorientiert als Team zu agieren. Das Zugeständnis von fast uneingeschränkten Rechten an die Eltern („Elternwille“) wird aus kritischer Distanz äußerst skeptisch betrachtet. Pädagogische Entscheidungen werden durch lange Wege verrechtlicht. „Arnsberg“ konterkariert pädagogische Maßnahmen juristisch. Zeitnahe Bestrafung fehlt völlig. Der Elternwille wird wie eine heilige Monstranz vor sich hergetragen und ungebremst zur Durchsetzung von Individualinteressen eingesetzt. 5. Fallbox 5. SCHULE / 8. Frage Zum Unterricht: Sie haben Ihren Fachunterricht bislang intensiv vorbereitet, engagiert durchgeführt und entsprechend reflektiert (Praktiker wissen: keine Stunde ist perfekt). • Welche äußeren Faktoren müßten sich ändern, um die Stichworte: Qualitätsverbesserung und –sicherung mit Ihrem Unterricht in Beziehung zu setzen? • Welchen Beitrag können bzw. sind Sie bereit zu leisten, um der Forderung nach einer Verbesserung der Unterrichtsqualität und deren Sicherung zu entsprechen? 222 Die äußeren qualitätsverbessernden und –sichernden Faktoren werden nach Vorgabe wie folgt aufgelistet: • Reduktion der Gruppenstärken • adäquate Einrichtung von Fachräumen • Neuanschaffung bzw. Ergänzung des Medienbestandes • Auffüllen des PC-Bestandes und Bücherneuanschaffungen • die Zulassung von Auswahlkriterien, die den Zugang zur Schule regulieren. Eigene qualitätsverbessernde Beiträge sind: • weg von Video, hin zu Tafel und Folie • verstärkte Aktivierung der Schüler durch themenangepaßte Methodenwechsel • individuellere, auf Problemschüler bezogene Vorbereitung • zu viele Spiele, weg von der Spaß-Pädagogik • Erhöhung der Effektivität durch Gruppenarbeit • verstärktes Literaturstudium, der Versuch, auf dem neuesten Stand zu bleiben • Konsequenz im Handeln zeigen • pädagogische Neuerungen (KLIPPERT) beachten und einsetzen • bessere Zeitnutzung als Ziel einer gestrafften Planung gezielter eigene Überlegungen durchzusetzen (lasse mich von Schülern zu stark beeinflussen). 5. Fallbox 5. SCHULE / 9. Frage Auf welche Weise wurde durch das Schulprogramm Ihr Unterricht positiv beeinflußt? Bei der Beantwortung dieser Frage wird auf die drei Säulen des Schulprogramms verwiesen, auf die Einführung von „KLIPPERT“ und eine damit verbundene Zunahme kollegialer Gespräche. Mehrheitlich wird eine positive Beeinflussung des eigenen Unterrichts durch das Schulprogramm verneint. 223 5. Fallbox 5. SCHULE / 10. Frage In Ihrem Schulprogramm ist eine Empfehlung für fächerübergreifenden Unterricht gegeben. Dazu gehören: Projektarbeit, Wochenplanarbeit, freie Arbeit, wahldifferenzierter Unterricht, Werkstattarbeit, Lernen an Stationen. • Wie beurteilen Sie aus Ihrer Sicht diese Unterrichtsformen? • Identifizieren Sie sich damit, oder machen sie nur mit, weil Kollegen Sie auffordern? • Welche Grenzen und Möglichkeiten sehen Sie aus Ihrer Erfahrung heraus? • Wie schätzen Sie Ihre eigene Fähigkeit zu kooperativer Arbeit ein? • Wie beurteilen Sie die Fähigkeit zur Teamarbeit und die Kooperationsfähigkeit Ihrer Kollegen? • Werden Fortbildungen erforderlich? Es wird eine grundsätzliche Akzeptanz der Unterrichtsformen und die Identifikation mit ihnen bei deren Umsetzung bestätigt. Der fächerübergreifende Unterricht wird als kooperations- und koordinationsfördernd begriffen. Hauseigene Lehrpläne werden zur Ergänzung der Lehrpläne entwickelt, dabei wird im eigenen Fach Ausschau gehalten nach Anknüpfungspunkten zu anderen Fächern. Als Vorteile für die Schüler werden deren erweiterte Sicht und Herangehensweise aus unterschiedlichen Blickwinkeln als motivationsfördernde Arbeitsweise gesehen. Von einigen werden Bedenken geäußert, dass ihre Durchführung dann schwierig sei, wenn sie nicht mit dem gültigen Stundenplan in Übereinstimmung zu bringen sind. Bei den möglichen Variationen des Projektunterrichts, von den der sogenannte „Innere“ gemeint ist, den Vorzug erhält, weil seine Durchführung in der unkompliziertesten Form möglich ist. Vor allem, weil alle Schüler über den Zeitraum des gesamten Projektes gleichermaßen beschäftigt werden können. Danach werden Jahrgangsstufenprojekte favorisiert, deren Organisationen alle Nichtbeteiligten störungsfrei weiterarbeiten läßt. Ein großformatiges Projekt, an dem die gesamte ↓ 224 Schülerschaft beteiligt ist, sollte in möglichst großen Zeitabständen und nicht zu oft durchgeführt werden. Vor allem, wenn nach einer intensiven organisatorischen Vorlaufphase bei Bearbeitung einer Thematik die einzelnen Aufgabengebiete für die Schüler verständlicher abgesteckt worden sind und sie dadurch die Zeit zur kontinuierlichen Arbeit nutzen können. Eine unzureichend geplante Projektwoche zeigt kein befriedigendes Ergebnis und entspricht mehr einer „Feiertagspädagogik“. Das freie Lernen und das Lernen an Stationen ist zwar vorbereitungs- und zeitaufwendig, wird aber trotz allem als sehr effektiv beschrieben. Dieser positiven Erfahrung stehen unterschiedliche Bedenken gegenüber und Einwände, die darauf verweisen, dass beide Unterrichtsformen zunächst von der Erarbeitung von einer bedenklichen Fülle von Materialien abhängig sind und darüber hinaus in den meisten Fällen die Räumlichkeiten nicht ausreichen. Hinzu kommt, dass die Schüler über längere Zeiträume, eigentlich beginnend von der Grundschule an, in diesen zwei Unterrichtsformen trainiert sein müssen. Die Schlußbetrachtung sollte eine gelungene Reflexion sein, ansonsten stehen Arbeitsweise und Resultat in keinem zurechtfertigendem Verhältnis zueinander. Der wahldifferenzierte Unterricht wird wegen seiner leistungsfähigen Kleingruppen am besten bewertet. Die Wochenplanarbeit ist nur von disziplinierten, leistungsbereiten Oberstufenschülern zu leisten. Die eigene Kooperationsfähigkeit wird von mittel bis mäßig, weil ich gerne den Weg vorbestimme, was in der Zusammenarbeit mit anderen bedeutet, dass ich nach Abstimmung von meinen Grundgedanken abweichen muß, über befriedigend bis sehr gut bewertet. Die kollegiale Kooperationsfähigkeit umfaßt die prozentuale Bandbreite von 50% - 90%. Fortbildungen werden als notwendig erachtet, aber nur dann, wenn sie streng praxisorientiert sind und für alle ein schulpraktischer Nutzen deutlich wird. Es fehlen vor allem Fortbildungen im angewandten Pädagogikbereich. Eine Art Supervising über Mobbing, Konfliktbewältigung und Ausländerproblematik. In jedem Fall sollten die Teilnehmer der Veranstaltungen von albernen pädagogischen Spielchen, wie beispielsweise „Schmeichelsteine“ etc. verschont bleiben. Ebenso von solchen, bei denen beispielsweise der Umriß eines Schiffes auf den Fußboden gemalt wird mit der anschließenden Aufforderung zur Einschätzung seines eigenen Ranges, den man auf diesem Dampfer einzunehmen glaubt. Solche Pseudofortbildungen sind ein „furchtbares Gesülze“ und dürften nicht stattfinden. ↓ 225 Erfolgreiche Veranstaltungen können vorwiegend nur von Experten von der Universität durchgeführt werden, dabei dürften auch neuere pädagogische Theorien zum Vortrag kommen und zur Diskussion gestellt werden. Verwaltungsgelenkte Moderatoren sind wegen fehlender schulpraktischer Erfahrung unerwünscht. 5. Fallbox 5. SCHULE / 11. Frage Einige Themen z. B. Aids wurden in vielen Fächern mit solcher Intensität behandelt, dass bei den Schülern Interesse, Einsicht und Verständnis in Ablehnung umschlugen. • Wie planen Sie solche komplexen Themen? (z. B. Thema: Umwelterziehung) Aufgefordert Kriterien zu nennen, nach denen Lehrer Lehrer für die Zusammenarbeit auswählen, ergab sich auch hier folgende Rangfolge, zunächst mit weitem Abstand die Sympathie, danach werden Fach- und Methodenkompetenz von den Partnern gewünscht. Er muß dann über ein gutes Durchsetzungsvermögen verfügen, muß fleißig und kein Nörgler sein, ebenso kein „Weichei“. 5. Fallbox 5. SCHULE / 12. Frage Aufgrund gegebener Organisationsstrukturen und häufig ungünstiger Stundenkonstellationen kommt es bei der Bildung von Arbeitsgruppen nicht immer zur Idealbesetzung, sondern es müssen Reibungsflächen geglättet werden, um eine vernünftige Arbeitsatmosphäre zu schaffen. • Was glauben Sie, nach welchen Kriterien Lehrer Lehrer für die Teamarbeit aussuchen, wenn sie sich frei von Sachzwängen eine Arbeitsgruppe zusammenstellen könnten? 226 Es wird bis auf eine Ausnahme, die versuchen würde, alles im Alleingang zu bewältigen, der Weg des fächerübergreifenden Unterrichts in folgender Schrittfolge gewählt: Vorlegen eines eigenen Grobkonzeptes → Besprechung mit den Fachkollegen, die die Feinarbeit für ihre Fächer übernehmen → Zusammenstellung der Gesamtkonzeption durch alle Beteiligten. 5. Fallbox 5. SCHULE / 13. Frage Zu jeder erfolgreichen Schularbeit gehört eine Evaluation. Sie kann auf verschiedene Weise durchgeführt werden. • Für welche Art bzw. Arten entscheiden Sie sich? Mit Ausnahme der schultechnischen Angelegenheiten, die von einer Steuerungsgruppe bearbeitet werden sollten, wird die Schiene Selbstevaluation – Evaluation in der Fachgruppe – Evaluation im Kollegium gewählt. 5. Fallbox 5. SCHULE / 14. Frage Es gibt für die Evaluation keine festen Zeitabstände. • Wann sollte man evaluieren? Als günstige Zeitspannen zwischen zwei Evaluationen werden die Zeiten von einem halben bis zwei Jahren gewählt. 227 5. Fallbox 5. SCHULE / 15. Frage Die zuständige Schulbehörde evaluiert die Schulen. • Welche Hilfen können den Schulen dadurch gegeben werden? Von den zuständigen Schulbehördewerden prinzipiell keine schulpraktischen Hilfen erwartet, da die Referenten nur eine überprüfende und erlaßorientierte Funktion ausüben. 5. Fallbox 5. SCHULE / 16. Frage „Peer Review“ bedeutet in der Praxis eine Fremdevaluation durch eine auswärtigen Evaluationsgruppe, die aber auf der gleichen Ebene wie das Kollegium steht (etwa durch Kollegen einer Partnerschule). Sie kann erfolgen, nachdem nach einer Selbstevaluation die Untersuchungsgegenstände klar umrissen sind (etwa Lernatmosphäre) und davon schulintern erste Ergebnisse vorliegen. • Aus welchen Gründen würden Sie dem „Peer Review“ zustimmen? • Aus welchen Gründen ablehnen? • Welche Impulse und Hilfen könnte Ihnen ein Peer Review geben? Dem „Peer Review“ wird zugestimmt. Man erwartet in einem kollegialen Gespräch konstruktive Kritik, die ohne elitäre Arroganz ist, wie sie „Fachleute“ üblicherweise entwickelt haben, ein Feedback über die Arbeit, eine kollegiale sachliche Kritik. Man betrachtet es als oportun, sich neuen Wegen und Zielen gegenüber aufgeschlossen zu verhalten, weil das Unterrichtsgeschehen keine geschlossene Veranstaltung ist, sondern kritisierbar sein muß. In der „Manöverkritik“ bleiben immer Anregungen übrig, die in den eigenen Erfahrungsschatz übernommen werden können. Selbstverständlich ausgeschlossen sein sollten Verriß und Bevormundung, ebenso, dass keine Prüfungssituation entsteht, wie sie aus Referendarzeiten noch lebhaft in Erinnerung ist und heute noch von Referendaren durchlebt wird. 228 5. Fallbox 5. SCHULE / 17. Frage Es besteht auch die Möglichkeit als „Peer“ aktiv zu werden. • Mit welcher Begründung würden Sie sich dafür zur Verfügung stellen oder der Aufforderung nicht entsprechen? Sich einer Evaluationsgruppe anzuschließen würde innerhalb eines kommunikativen Meinungsaustausches neue Information und selbstgewonnene Eindrücke über Arbeitsweisen an einer anderen Schule bringen, denn die Öffnung von Unterricht kann nur vorteilhaft eingeschätzt werden. Vor allen Dingen eröffnet sich die Chance zur Verknüpfung kooperativer Zusammenarbeit mit anderen Partnern. 5. Fallbox 5. SCHULE / 18. Frage Der Erlaß Schulprogramme zu erstellen, ist für alle obligatorisch. Welcher Grundgedanke liegt ihm Ihrer Meinung nach zugrunde? Die Auflistung der letzten Frage bildet die unterschiedlichen Meinungen von Pro und Contra über die vermeintlichen Intensionen, die hinter dem Erlaß zur Erstellung von Schulprogrammen stehen: • höhere Identifikation mit der eigenen Schule und mehr Verzahnung des pädagogischen Bemühens, wodurch der Zusammenhalt unter den Schülern bestärkt werden soll • Orientierungshilfe, Profilstärkung und Werbung • Leitlinie zum zielorientierten Handelns • Selbstkontrolle für die Kollegen • Bestimmung von Schwerpunkten zur Qualitätsverbesserung • Hinführung zur Selbständigkeit und Teamarbeit ↓ 229 • durch Öffentlichkeitsarbeit Verbesserung der Stellung in der Gesellschaft • Ingangsetzen eines innerschulischen Dialoges. Als ablehnende konträre Meinung gelten: • reine Beschäftigungstherapie, da die eigentliche Problematik in dem Programm nicht erfaßt wird • Überprüfbarkeit der Schulen zur weiteren Profilierung der Behörden, die lediglich Anregungen geben, um dann sagen zu können, es klappt nicht, da die Lehrer nicht wollen und unfähig sind • reiner Aktionismus, da die meisten Inhalte „aufgesetzt“ sind es wird erst dann nützlich sein, wenn es im Laufe der Zeit natürlich gewachsen ist. Zusammenfassung 5. Fallbox Nach einer gründlichen Vorbereitung wurde ein Schulprogramm verfaßt, das auf drei Säulen beruht, die drei wesentliche pädagogische Arbeitsfelder hervorheben. Der Aktionsrahmen des Kollegiums umfaßt eine Vielzahl außerschulischer Arbeitsfelder. Inklusive der von anderen Schulen nicht nachgegangenen Altenbetreuung, in der besonders Schüler in regelmäßigen Zeitabständen die Rolle der Vorleser übernehmen. Die Präsentation der schulischen Arbeit bei Stadtteilfesten ist fester Bestandteil solcher Veranstaltungen. Die Zusammenarbeit des Kollegiums funktioniert, wenngleich immer wieder Defizite festgestellt werden. Verärgerung wird geäußert über das fehlende Zugeständnis einer erweiterten Handlungskompetenz, um bei sehr krassen Disziplinverstößen umgehend eingreifen zu können. Unverständnis empfindet man gegenüber den Behörden, die die Eltern mit einem überdimensionalen Einspruchrecht ausgestattet haben. Hinzu kommt das Eingeständnis des eigenen Versagens, wodurch man letztlich gehindert ist, Disziplinverstößen ohne Umschweife zu entgegnen. Andere Unterrichtsformen als der Frontalunterricht finden zum Teil Aufmerksamkeit und Zustimmung, manche wegen ihrer immer wieder kehrenden gleichen Unzulänglichkeiten weniger Beachtung. Die Möglichkeit sie oft in Kooperation mit anderen Kollegen in der Unterrichtsvorbereitung zu berücksichtigen, scheitert an der vorweg genommenen Einschätzung, dass sich der gewünschte Erfolg wegen zwangsläufiger Organisationsmängel nicht einstellt. Dieser Tatbestand ist nicht immer von der Schulleitung zu verantworten. Insgesamt ist man sich im Klaren darüber, dass sich alle engagiert bei dem Versuch der 230 Verbesserung kooperativen Arbeitens einbringen sollten. Die Äußerungen über den Sinn des Schulprogramms sind gemischt, aber überwiegen in einer positiven Zuordnung. 9.6 6. Fallbox 6. SCHULE / 1. Frage Lehrerkollegien sind erfahrungsgemäß keine „einheitlichen Gebilde“. Häufig kommt es zu Interessenkollisionen. Standpunkte sind verhärtet. Unterschiedliche Auffassungen und Meinungen über Unterrichts- und Erziehungsfragen aus stark subjektiver Sicht prallen aufeinander. • Wie ist es in Ihrem Kollegium bei der Arbeit am Schulprogramm zur Konsensbildung gekommen? • Welcher Leitlinie sind Sie gefolgt? • Benutzte man ein fertiges Konzept – wer waren die Initiatoren? Im Beisein zweier Moderatoren wurde am pädagogischen Tag in Gruppenarbeit eine Bestandsaufnahme über die gegenwärtigen Arbeitsfelder gemacht und ergänzt durch die Fragen: „Woran wollten wir arbeiten?“ „Woran sollten wir arbeiten?“ „Was kann neu gestaltet werden?“ Außerdem konnten persönliche Wünsche thematisiert und geäußert werden. Vehikel für die Programmarbeit war das Schulprofil, ergänzt durch pädagogische Ziele, etwa Ver- stärkung der Streitschlichtung und Projektarbeit, z. B. „Wasserprojekt“, und die Auf- nahme und Erweiterung des Aspektes der Berufsberatung. Die schriftlichen Teiler- gebnisse wurden von einer Steuerungsgruppe zusammengefaßt und zur endgültigen Inkraftsetzung dem zuständigen schulischen Gremium zugeleitet. Initiatorin für die gesamten Aktionen war die Schulleitung, die allerdings kein vorgefertigtes Konzept vorlegte. 231 6. Fallbox 6. SCHULE / 2. Frage Die Akzeptanz des Schulprogramms entsteht dadurch, dass möglichst viele Aspekte berücksichtigt wurden. • Wodurch ist die Ausgewogenheit in Ihrem Schulprogramm gekennzeichnet? • Wo liegen für Sie die Schwerpunkte bzw. Stärken Ihres Programms? • Wo sehen Sie trotz allem noch Defizite? • Wodurch identifizieren Sie sich mit der Arbeit an Ihrer Schule? Die Akzeptanz wurde über eine funktionierende Gruppenarbeit hergestellt. Bekannte pädagogische Teilbereiche mit deutlichem Schwerpunktcharakter sind der bilinguale Zweig und die Führung von Sportklassen mit hohem Leistungsanspruch, neue Konzeptionen der Erziehungsarbeit im Bereich der Erprobungsstufe mit Einführung von Beurteilungsbögen und die Kooperation mit den Grundschulen, sowie die Streitschlichtung. Außerdem wird Wert gelegt auf einen starken musisch-künstlerischen und technischen Bereich. Eventuelle Defizite in der kollegialen Interaktion werden absolut verneint. Vielmehr findet die Identifikation in einem völlig intakten Kollegium statt, über eine funktionierende Kooperation und die gegenseitige Anerkennung der geleisteten Arbeit, eine verbindliche Schulleitung und relativ „pflegeleichte Schüler“. 232 6. Fallbox 6. SCHULE / 3. Frage Haben Gruppen (mit oder ohne Erfolg) versucht, ihre Interessen in bezug auf die besondere Beachtung der von ihnen bevorzugten Arbeitsfelder durchzusetzen? • Erläutern Sie hierzu Ihren Standpunkt! Es wurde lediglich die Forderung der Sportgymnasten auf Unterrichtsumstellung von Vor- auf Nachmittagsunterricht gestellt, um während der Wettkampfphasen variabel zu sein. Sie stieß auf allgemeines Verständnis und galt nicht als gravierender Sonderwunsch. 6. Fallbox 6. SCHULE / 4. Frage Um eine fundierte Schulprogrammarbeit leisten zu können, bedarf es einer gründlichen Vorabinformation. • Welche Quellen haben Sie benutzt? Nur wenige gaben an, sich vorab informiert zu haben. Ihre Quellen waren die Schriftenreihe des MSWWF, das Internet und eine Information der Schulleitung. 6. Fallbox 6. SCHULE / 5. Frage Durch den Erlaß zur Anfertigung des Schulprogramms wurde Ihnen die einmalige Gelegenheit geboten, Vorschläge, Ideen, Hinweise im Programm, das für alle verbindlich ist, festschreiben zu lassen. • In welcher Weise haben Sie davon Gebrauch gemacht? 233 Für folgende Bereiche wurde um Festschreibung ins Schulprogramm nachgesucht: • Projekt: Schulgarten • Verkehrsunterricht, sowie Mofa- und Mopedkurse • Eröffnung eines jährlichen musischen Tages • offenes Musizieren und Theatergruppenarbeit • zusätzliche Klassenfahrten zur Stabilisierung der Klassengemeinschaft (abgelehnt) • Reduktion des Lehrerangebots in der Erprobungsstufe, dadurch Aufbau engerer Teamstrukturen möglich, um Kommunikation zu verbessern • die Betonung der Notwendigkeit eines verstärkten Chemieunterrichts. 6. Fallbox 6. SCHULE / 6. Frage Die rein fachspezifische Unterrichtsarbeit wurde stetig ergänzt durch die Intensivierung anderer schulischer Arbeitsfelder wie Elternarbeit, Schulleben (Chor, Theater, Sport- und Schulfeste), Öffnung der Schule „Außendarstellung“. Hier eröffnet sich ein breites Betätigungsfeld. • In welcher Weise sind Sie bei diesen Arbeitsfeldern engagiert? • Wo sehen Sie Langzeiterfolge? • Wo liegen Defizite, die nur schwer zu beseitigen sind? Als Aktivitäten, die über den fachspezifischen Unterricht hinausgehen, werden genannt: • Organisation von Schul- und Sportfesten • Instrumental-AG (gemischt Anfänger und Künstler) • Elternarbeit, Organisation eines Jahrestreffens im Rahmen des GÖS • Außendarstellung: Thema „Wasser“, Zusammenarbeit mit Wasserwerken, Kläranlage • Schulgartenarbeit, „Klassenzimmer im Grünen“ ↓ 234 • Ziel: Unterricht im Freien • Außendarstellung über geschichtliche Themen in Verbindung mit der Schule • Drogenberatung • Sozialdienst katholischer Frauen „Wegeambulanz“, Thema: Mißbrauch von Kindern und Jugendlichen, Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz im Rahmen der Sozialpädagogik, Integration von Behinderten • Elternarbeit, Stammtisch, Gestaltung des musischen Nachmittags im Rahmen der KMT-AG und Organisation des „Pick-Dienstes“ (Saubermachen) • Betreuung Theater-AG, bilinguale Theaterstücke • Fotographie, Festschriftanfertigung, sowie Internetpräsentation. 6. Fallbox 6. SCHULE / 7. Frage Eine besondere Problematik stellt in vielen Schulen die Erziehungsarbeit dar. • Wo sehen Sie Möglichkeiten Ihrer Einflußnahme? Die geltenden Ordnungsmaßnahmen der ASCHO reichen vollends aus, wenn sie kurzschrittig zur Anwendung gebracht werden könnten. Sie geben allerdings auch, so ein Einwurf, dem auffälligen Schüler wegen der relativ großen Zeitspannen, die zwischen den einzelnen Schrittfolgen liegen, genügend Gelegenheit zur Verhaltensänderung. Ausgestattet mit der entsprechenden Befugnis und einem vorausgesetzten Zusammenhalten der Lehrer, so eine Vermutung, würden schwer einsichtige Renitenten mit schnellem Rauswurf zur Résonne gebracht werden. Allerdings zeigt das Ergebnis der Befragung, dass nur eine geringe Minderheit von Kollegen sich bereit erklärten, willens und in der Lage zu sein, selbständig zu handeln und eventuelle Konsequenzen zu tragen. Die Mehrheit wünscht sich wohl eine schnelle und kurzfristige Entfernung aufsässiger und lernunwilliger Schüler, aber nur dann, ↓ 235 wenn Kollegen nach Befragung diesen Entscheidungsakt mittragen. Als Hauptverursacher für eine Fehleinstellung gegenüber der Schule und damit verbundener Disziplinlosigkeit, werden die Eltern ausgemacht, die die Schule als Ersatzort für Erziehung sehen, die in der Familie nicht mehr stattfindet („Sie sehen meinen Sohn länger am Tag als ich, also erziehen Sie ihn.“). Hin und wieder wird der Eindruck gewonnen, dass die Eltern selbst keine Maßstäbe kennen und setzen können, so dass ihr Verantwortungsbewußtsein in zunehmendem Maße abnimmt. Interne Maßregeln funktionieren im Großen und Ganzen, scheitern aber in letzter Konsequenz an den deutlich unterschiedlichen Toleranzgrenzen der Kollegen, vor allem aber weil Disziplinlosigkeiten nicht von allen gleichermaßen eindeutig eingeordnet werden. 6. Fallbox 6. SCHULE / 8. Frage Zum Unterricht: Sie haben Ihren Fachunterricht bislang intensiv vorbereitet, engagiert durchgeführt und entsprechend reflektiert (Praktiker wissen: keine Stunde ist perfekt). • Welche äußeren Faktoren müßten sich ändern, um die Stichworte: Qualitätsverbesserung und –sicherung mit Ihrem Unterricht in Beziehung zu setzen? • Welchen Beitrag können bzw. sind Sie bereit zu leisten, um der Forderung nach einer Verbesserung der Unterrichtsqualität und deren Sicherung zu entsprechen? Qualitätsverbessernde Faktoren, die Lehrer nicht beeinflussen können, deren Vorhandensein aber eine Qualitätsverbesserung mit sich brächten, sind: • Verringerung der Klassenstärke • Aktualisierung und Ergänzung der Medien • Ergänzung des Buchbestandes • Abschaffung des Drittel-Erlasses • fehlende Kontinuität ↓ 236 • Stichwort: Monedukation (als Motivationsvariante wieder einmal neu entdeckt) • Verbesserung der räumlichen Ausstattung • Renovierung der Räume. Der eigene Beitrag zur Qualitätssicherung sollte ergänzt werden durch: • mehr Schülerexperimente in den Naturwissenschaften und • Exkursionen in die Natur (Biologie) • durch häufigen Methoden- und Sozialformwechsel • mehr pädagogischen Ausgleich schaffen durch Ausschluß von Ungerechtigkeiten • genaue Ursachenfindung betreiben bei Streitigkeiten • gründlichere Vorbereitung, da Kreativität etwas verlorengegangen ist • weniger eigene Sprechanteile • verbesserten, gezielteren Medieneinsatz • durch eine Arbeitseinteilung, die ökonomischer zu gestalten ist • Auffrischung des eigenen Wissenstandes durch den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen • durch Verbesserung der Impulstechnik • sich Neuem gegenüber nicht verschließen. 6. Fallbox 6. SCHULE / 9. Frage Auf welche Weise wurde durch das Schulprogramm Ihr Unterricht positiv beeinflußt? Niemand der Befragten hat bestätigt, dass sein Unterricht bislang durch Punkte des Schulprogramms beeinflußt worden ist. Es wurde allerdings die Hoffnung damit geknüpft, dass die Bindung an das Schulprogramm eine Klammer ist, die das Kollegium zusammenhält und die Teamarbeit stabilisiert. 237 6. Fallbox 6. SCHULE / 10. Frage In Ihrem Schulprogramm ist eine Empfehlung für fächerübergreifenden Unterricht gegeben. Dazu gehören: Projektarbeit, Wochenplanarbeit, freie Arbeit, wahldifferenzierter Unterricht, Werkstattarbeit, Lernen an Stationen. • Wie beurteilen Sie aus Ihrer Sicht diese Unterrichtsformen? • Identifizieren Sie sich damit, oder machen sie nur mit, weil Kollegen Sie auffordern? • Welche Grenzen und Möglichkeiten sehen Sie aus Ihrer Erfahrung heraus? • Wie schätzen Sie Ihre eigene Fähigkeit zu kooperativer Arbeit ein? • Wie beurteilen Sie die Fähigkeit zur Teamarbeit und die Kooperationsfähigkeit Ihrer Kollegen? • Werden Fortbildungen erforderlich? Die Beurteilung der einzelnen Unterrichtsformen auf der Basis eigener Erfahrung zeigt folgende Auflistung: Der fächerübergreifende Unterricht ist gut und motivationsfördernd, weil er eine Herausforderung zur Bildung kooperativer und koordinativer Strukturen ist. Die Zusammensetzung der Teams ist wegen der engen Einbindung in vorgegebene Unterrichtspläne, die variablem Handeln relativ wenig Spielraum geben, schwierig. Ineffektiver Leerlauf in den Vorbereitungen kann dadurch weitgehends minimiert werden, dass man sich der Elemente der Netzplantechnik bedient. Bei unzulänglicher Planung ist der Mißerfolg vorprogrammiert, weil von den Schülern die „Hatten-wir-schon- Bemerkung“ kommt. Über den Projektunterricht gehen die Meinungen auseinander. Er wird positiv bewertet, wenn eine Kooperation über mehrere Klassen und Altersstufen stattfindet und jeder Schüler in seiner Schulzeit einmal verschiedene Themen über einen längeren Zeitraum hinweg bearbeitet. Diese Großprojekte, an denen die ganze Schülerschaft mitarbeitet, ist wegen des Findens gemeinsamer Themen, die über einen längeren Zeitraum von einer Woche ↓ 238 bei bleibendem Interesse konzentriert bearbeitet werden sollten, auch aus sich ergebenden organisatorischen Gründen nur mit Vorbehalt in sehr großen Zeitintervallen durchführbar. Jahrgangsstufenprojekte, die in Einjahresintervallen durchgeführt werden könnten, wären optimal, da nur wenige Lehrer eingebunden sind und eine geringere Schülerzahl den einzelnen zu intensiverer Arbeit verpflichtet. Außerdem sind die Arbeitsabläufe bei kleinen Gruppen für deren Umgebung störungsfreier. Die Wochenplanarbeit wird distanziert betrachtet, weil sie erfahrungsgemäß nur in den oberen Klassen durchgeführt werden kann. Der wahldifferenzierte Unterricht ist wegen der geringen Schülerzahlen und deren Engagement in einer Werteskala erstrangig. Freie Arbeit und Lernen an Stationen ist stark voraussetzungsgebunden und gekoppelt an den „Trainingszustand“ der Schüler, aber vor allem abhängig von den Räumlichkeiten und der zeitraubenden Materialienherstellung. Die Werkstattarbeit betrifft wenige, wird aber von denen, die sie gelegentlich durchführen, positiv beurteilt. Die Frage nach der eigenen Kooperationsfähigkeit wird mit gut bis sehr gut beantwortet und die nach der in Prozenten geschätzten kollegialen weist einen Durchschnittswert von 66% auf. Als Basis für die Identifikation mit der Arbeit an der Schule wird ein insgesamt „gutes Betriebsklima und einem guten gegenseitigen Einvernehmen“ genannt. Fortbildungen werden gewünscht, wenn sie fachspezifisch, praxisnah und handlungsorientiert sind und, wenn Planung, Organisation und Durchführung in den Händen von Experten, möglichst aus der Universität, liegen. Abgelehnt werden unsinnige pädagogische Rollenspiele, weitschweifige theorielastige Konstrukte, die ohne praktische Umsetzung bleiben. 6. Fallbox 6. SCHULE / 11. Frage Einige Themen z. B. Aids wurden in vielen Fächern mit solcher Intensität behandelt, dass bei den Schülern Interesse, Einsicht und Verständnis in Ablehnung umschlugen. • Wie planen Sie solche komplexen Themen? (z. B. Thema: Umwelterziehung) 239 Die Interviewten entschieden sich mit knapper Mehrheit für die Sympathie als erstes Kriterium bei der Auswahl der Kandidaten für ein Team, gefolgt nur in geringem Abstand von Fachkompetenz und Methodenkompetenz, von Durchsetzungsvermögen und Fleiß. Man würde, weil man die Kollegen kennt, von vorn herein darauf verzichten, einen Nörgler oder einen zu verständnisvollen Kollegen im Vorfeld auszuwählen. 6. Fallbox 6. SCHULE / 12. Frage Aufgrund gegebener Organisationsstrukturen und häufig ungünstiger Stundenkonstellationen kommt es bei der Bildung von Arbeitsgruppen nicht immer zur Idealbesetzung, sondern es müssen Reibungsflächen geglättet werden, um eine vernünftige Arbeitsatmosphäre zu schaffen. • Was glauben Sie, nach welchen Kriterien Lehrer Lehrer für die Teamarbeit aussuchen, wenn sie sich frei von Sachzwängen eine Arbeitsgruppe zusammenstellen könnten? Mehrheitlich wird der Weg der Arbeitsteiligkeit beschritten, bei dem zunächst ein Grobkonzept den Kollegen, die für die Thematik infrage kommen, vorgelegt und ihnen bei Zustimmung, die Feinarbeit für ihr Fach überlassen, so dass dann auf einer abschließenden Sitzung ein gültiges Arbeitspapier erstellt werden kann. 6. Fallbox 6. SCHULE / 13. Frage Zu jeder erfolgreichen Schularbeit gehört eine Evaluation. Sie kann auf verschiedene Weise durchgeführt werden. • Für welche Art bzw. Arten entscheiden Sie sich? Dem Kollegium fehlt Erfahrung mit Evaluationsarbeit, deshalb sind ihre Aussagen spekulativ. Die sich dabei abzeichnende Linie ist die Selbstevaluation – Fachgruppe – Kollegium. 240 6. Fallbox 6. SCHULE / 14. Frage Es gibt für die Evaluation keine festen Zeitabstände. • Wann sollte man evaluieren? Die Angaben über die günstigsten Zeitabstände, die zwischen zwei Evaluationen liegen sollten, werden mit einem bis drei Jahren angegeben. 6. Fallbox 6. SCHULE / 15. Frage Die zuständige Schulbehörde evaluiert die Schulen. • Welche Hilfen können den Schulen dadurch gegeben werden? Man erwartet von der zuständigen Schulbehörde keine Hilfen, da sie nicht auf einer fundierten praktischen Erfahrung basieren. 6. Fallbox 6. SCHULE / 16. Frage „Peer Review“ bedeutet in der Praxis eine Fremdevaluation durch eine auswärtigen Evaluationsgruppe, die aber auf der gleichen Ebene wie das Kollegium steht (etwa durch Kollegen einer Partnerschule). Sie kann erfolgen, nachdem nach einer Selbstevaluation die Untersuchungs-gegenstände klar umrissen sind (etwa Lernatmosphäre) und davon schulintern erste Ergebnisse vorliegen. • Aus welchen Gründen würden Sie dem „Peer Review“ zustimmen? • Aus welchen Gründen ablehnen? • Welche Impulse und Hilfen könnte Ihnen ein Peer Review geben? 241 Die Rolle des aktiven „Peer“ würde von allen bereitwillig übernommen werden, denn man ist der Meinung, - dass sie zu einer engeren Vernetzung von Schulen führt - dass sie im kollegialen Miteinander den Erfahrungsaustausch intensivieren und fördern kann - dass man im Austausch Tips erhält und vielleicht auch die Verstärkung seines Handelns erfährt - dass auf der Basis unterrichtspraktischer Erfahrung konstruktive Kritik geübt wird und - dass man dadurch in die Lage versetzt wird, eine eigene kritische Standortbestimmung vornehmen zu können. Bei aller zugestandenen Offenheit und Bereitschaft, sich zu stellen, versteht es sich von selbst, dass keine Prüfungssituationen entstehen dürfen und ebenso Verriß und unsachliche Kritik ausbleiben müsse. 6. Fallbox 6. SCHULE / 17. Frage Es besteht auch die Möglichkeit als „Peer“ aktiv zu werden. • Mit welcher Begründung würden Sie sich dafür zur Verfügung stellen oder der Aufforderung nicht entsprechen? 242 Die Rolle des passiven Beobachters wird bereitwillig mit vorsichtiger Distanz übernommen: - weil sich die Möglichkeit bietet den eigenen pädagogischen Horizont aus der Sicht des Betrachters zu erweitern, - bei Wunsch kritisch Stellung zu beziehen, andere Arbeitsbedingungen kennenzulernen und - die Bereitschaft zu einer kontinuierlichen Kooperation auszuloten. Darüber hinaus böte sich die Gelegenheit, die Kollegen mit ihren Schülern bei der Arbeit zu beobachten und Einblick in andere Schulen zu gewinnen, um deren Arbeitsvoraussetzungen mit den eigenen vergleichen zu können. Mit Kritik würde man sich zurückhalten und sie nur auf Aufforderung äußern. Insgesamt würden gegenseitige Besuche, in denen als „Peer“ passiv oder aktiv agiert wird, begrüßt, weil es zur Kontaktintensivierung zwischen den einzelnen Schulen führen könnte. 6. Fallbox 6. SCHULE / 18. Frage Der Erlaß Schulprogramme zu erstellen, ist für alle obligatorisch. Welcher Grundgedanke liegt ihm Ihrer Meinung nach zugrunde? In der Aufzählung sind die vermuteten Grundgedanken zusammengestellt, durch die der Anlaß für Schulprogramme gegeben sein könnte: • Präsentation der Arbeitsleistung und Ziele einer Schule • Schwerpunktbildung zum Zwecke kollegialer Konsensfindung im erzieherischen und pädagogischen Bereich • Außendarstellung der Schule • Elternorientierung • Schule in der Gesellschaft attraktiver zu gestalten, ihre Qualitäten aufzudecken ↓ 243 und ihre Ausbaufähigkeit voranzutreiben • einen leisen Zwang auszuüben, um innerkollegiale Strukturen zu festigen und die Teambildung langfristig festigen zu helfen • eine Ankerfunktion durch die Kollegen immer wieder aufgefordert werden, den roten Faden im Auge zu behalten • ein Medium zu verstärkter Identifikationsfindung. Ein gegenläufiges Meinungsbild wird durch folgende Aussagen skizziert: • Das Programm versteht sich als Kontrollmechanismus. • Die Schulen sollen zu Aktivitäten anleitet werden, denen sie aus eigenem Antrieb nicht nachgehen würden. • Minimalisten unter den Lehrern sollen an die Arbeit herangeführt werden, um dadurch das Kanzlerwort von den „faulen Säcken“ in der öffentlichen Meinung zu korrigieren. • Das Programm ist eine Beschäftigungstherapie, die der Ineffektivität mit Aktionismus und allen Arten von Scheinaktivitäten Vorschub leistet. Zusammenfassung 6. Fallbox Die Schule verhehlt ihre Sonderstellung im Sport nicht, denn sie arbeitet mit einem nahegelegenen Olympia-Stützpunkt eng zusammen und hat entsprechende Erfolge vorzuweisen. Über den Sport, aber auch im musikalischen Zusammenwirken mit Künstlern, findet die Identifikation mit der Arbeit an der Schule vorwiegend statt. Die Liste aller anderen Aktivitäten ist sehr komplex und beweist ein starkes außerschulisches Engagement. Das Disziplinproblem scheint nicht unbedingt vorrangig zu sein. Man befindet sich auf einem mittleren Level, auf dem die Beherrschbarkeit des Problems angedeutet wird, wenngleich auch in diesem Kollegium die eingeschränkte Handlungskompetenz umgehende Entscheidungen unmöglich macht. Interne Maßregeln werden hin und wieder nur halbherzig eingesetzt, weil sie ihre volle Wirkung wegen zu unterschiedlicher Toleranzgrenzen nicht entfalten können. Die Unterrichtsformen werden auf der Basis längerer Erfahrungen unterschiedlich bewertet und ihr erfolgreicher Einsatz von bestimmten Parametern abhängig gemacht, zu denen auch gelungene organisatorische Abläufe gehören. Einer sinnvollen Fortbildung wird das Wort geredet, wenn sie von Experten moderiert wird, zu denen allerdings nicht die Behördenvertreter gezählt werden. Offen gegenüber wäre man der Bitte, sich in seiner Arbeit der Kritik der Kollegen zu stellen, um ein fachkundiges Feedback zu 244 erhalten. Der Gedanke, der hinter der Aufforderung steht, Schulprogramme zu erlassen, wird wie bei anderen Schulen unterschiedlich in seinem gegenläufigen Meinungsbild allerdings nicht so kraß bewertet. Die positiven Annahmen weisen mehr oder weniger auf den Qualitätsbegriff hin. 9.7 7. Fallbox 7. SCHULE / 1. Frage Lehrerkollegien sind erfahrungsgemäß keine „einheitlichen Gebilde“. Häufig kommt es zu Interessenkollisionen. Standpunkte sind verhärtet. Unterschiedliche Auffassungen und Meinungen über Unterrichts- und Erziehungsfragen aus stark subjektiver Sicht prallen aufeinander. • Wie ist es in Ihrem Kollegium bei der Arbeit am Schulprogramm zur Konsensbildung gekommen? • Welcher Leitlinie sind Sie gefolgt? • Benutzte man ein fertiges Konzept – wer waren die Initiatoren? In die Planungsphase mitaufgenommen wurden die Auswertungsergebnisse einer vorgeschalteten Schüler- und Elternbefragung, die dem Grad der Zufriedenheit mit der geleisteten Arbeit und bestehende Defizite aufzeigen sollten. In Gruppenarbeit wurden allgemeine pädagogische Konzepte überdacht, ergänzende fachspezifische Erweiterungen formuliert und die mögliche Umsetzung neuer Strategien ausgelotet. Die Ergebnisse der Gruppenarbeit wurde der Steuerungsgruppe zur endgültigen Koordination zugeleitet, die an einem pädagogischen Tag am Ende einer ausführlichen Diskussion das Programm zur Abstimmung brachte. Die Schulleitung initiierte die Schulprogrammarbeit ohne ein vorgefertigtes Konzept parat zu haben und blieb ständiger Ansprechpartner über den gesamten Gestaltungszeitraum hinweg. 245 7. Fallbox 7. SCHULE / 2. Frage Die Akzeptanz des Schulprogramms entsteht dadurch, dass möglichst viele Aspekte berücksichtigt wurden. • Wodurch ist die Ausgewogenheit in Ihrem Schulprogramm gekennzeichnet? • Wo liegen für Sie die Schwerpunkte bzw. Stärken Ihres Programms? • Wo sehen Sie trotz allem noch Defizite? • Wodurch identifizieren Sie sich mit der Arbeit an Ihrer Schule? Da die kommunikative Ebene des freien Meinungsaustausches im Kollegium intakt ist, war es selbstverständlich, dass alle zu Wort kamen, die einen konstruktiven Beitrag zu leisten glaubten, jene, die neue Impulse dankbar aufnehmen und solche, die bei allen Planungsaktivitäten Machbarkeitsgrenzen zu bedenken gaben. Die Befragten akzeptieren die Programminhalte, weil sie meinungsvielfältig und ausgewogen sind. Als Schwerpunkte bzw. Stärken des Programms werden genannt: • Berufswahlorientierung • Gewaltprävention • Aktionen gegen „Rechts“ (Fahrt nach Bergen Belsen) • Respekt, Toleranz • Verstärkte Mädchenförderung (Mädchen wurden mit Männerberufen in Berührung gebracht.) • Ausbau von Kommunikation und Informatik • Streitschlichtung. Man war sich weitgehend darüber einig, dass der naturwissenschaftliche Bereich mit seiner unzulänglichen Raumfrage und seiner mangelhaften Medienausstattung der besonderen Aufmerksamkeit bedarf. Des weiteren wurde darauf hingewiesen, dass „methodische Dinge“ noch einer weitaus intensiveren Umsetzung in der Praxis bedürften, der musikalisch- künstlerischen Seite durchaus mehr Beachtung geschenkt werden könnte, eine bessere Abstimmung zwischen der Kombination von Unterricht ↓ 246 und „Nebenprogramm“ stattfinden sollte und der Austausch mit einer französischen Partnerschule nicht mehr zustande gekommen sei, da er nicht von allen getragen wurde und die unmittelbare Nähe zu einer Hauptschule sich ungünstig auswirke (Begegnungen mit Hauptschülern führt zur Niveaunivellierung.). Die Frage nach der Identifikation mit der Arbeit an der Schule wird ausnahmslos positiv beschieden und damit begründet, dass einem in einer gleichbleibend guten kollegialen Arbeitsatmosphäre ein ausreichendes Maß an Eigenaktivitäten zugebilligt werde und dass eine kooperative Schulleitung problemorientiert reagiert. Jungen und Mädchen 8. Klasse werden in der Berufsberatung getrennt informiert. 7. Fallbox 7. SCHULE / 3. Frage Haben Gruppen (mit oder ohne Erfolg) versucht, ihre Interessen in bezug auf die besondere Beachtung der von ihnen bevorzugten Arbeitsfelder durchzusetzen? • Erläutern Sie hierzu Ihren Standpunkt! Bis auf einen Antrag der die Ausweitung des musikalisch-künstlerischen Bereiches zum Inhalt hatte, aber keine Zustimmung erhielt, wurden keine weiteren Sonderwünsche formuliert. 7. Fallbox 7. SCHULE / 4. Frage Um eine fundierte Schulprogrammarbeit leisten zu können, bedarf es einer gründlichen Vorabinformation. • Welche Quellen haben Sie benutzt? Die Vorabinformation über die anstehende Schulprogrammarbeit erfolgte sporadisch über ministerielle Informationen des MSWWF „Bildung der Schule – Schule der Zukunft“, im Seminar, im Internet, in der pädagogischen Konferenz, durch eigene gewerkschaftliche Tätigkeit und durch gelegentliche Diskussion mit Kollegen. 247 7. Fallbox 7. SCHULE / 5. Frage Durch den Erlaß zur Anfertigung des Schulprogramms wurde Ihnen die einmalige Gelegenheit geboten, Vorschläge, Ideen, Hinweise im Programm, das für alle verbindlich ist, festschreiben zu lassen. • In welcher Weise haben Sie davon Gebrauch gemacht? Folgende Optionen wurden ergänzend oder wiederholt herausgestellt, um sie durch Festschreibung im Programm bedeutsam werden zu lassen: • Mädchenförderung im Rahmen des Frauenförderungsprogramms • Anti-Rechts-Veranstaltungen im zeitlich festgelegten Rahmen und adäquater Veranstaltungsform durchzuführen • jährliche Fahrten im Fach Biologie der Erprobungsstufe ins Neandertal- museum • Reisen im Fach Religion, die Unterrichtsgängen gleichkämen, etwa Besuch von Bergen Belsen • Klassenfahrten in 5 und 6 mit pädagogischer Betreuung durch freie Pädagogen aus der Erlebnispädagogik bei entsprechender Schwerpunkt- bestimmung durch den Klassenlehrer • obligatorische Schulgottesdienste, viermal im Jahr • eine alljährliche Parisfahrt • verstärkte Außendarstellung durch Chorveranstaltungen • Ausbau des Neigungsschwerpunktes „Technik“ ab Klasse 8 • eine grundsätzliche Festschreibung der Bedeutung der Naturwissenschaften. 248 7. Fallbox 7. SCHULE / 6. Frage Die rein fachspezifische Unterrichtsarbeit wurde stetig ergänzt durch die Intensivierung anderer schulischer Arbeitsfelder wie Elternarbeit, Schulleben (Chor, Theater, Sport- und Schulfeste), Öffnung der Schule „Außendarstellung“. Hier eröffnet sich ein breites Betätigungsfeld. • In welcher Weise sind Sie bei diesen Arbeitsfeldern engagiert? • Wo sehen Sie Langzeiterfolge? • Wo liegen Defizite, die nur schwer zu beseitigen sind? Die Engagements, die im folgenden aufgelistet sind, beweisen, dass Tätigkeiten wahrgenommen werden, die über die bloße Unterrichtstätigkeit hinausgehen, aber auch teilweise rückläufig auf ihn einwirken: • die Koordination von Veranstaltungen, wie Schulfesten und Projekten • Moderation der Streitschlichtung • Inszenierung von Theateraufführungen • Elternarbeit, teilweise Elternstammtisch im viermonatlichen Turnus • Koordination schulinterner Informatik • Außendarstellung durch Veranstaltungsorganisationen zum Thema „Anti-Rechts“ • Organisation von Klassenfahrten • musikalische Darbietungen, Chorleitung • Kooperation mit der Grundschule • Organisation von Sportfesten • Leitung der Garten-AG • Koordinator des Gesundheitskomplexes - Besuch von Mädchen in gynäkologischer Praxis - Pro Familia • Drogenberatung. 249 7. Fallbox 7. SCHULE / 7. Frage Eine besondere Problematik stellt in vielen Schulen die Erziehungsarbeit dar. • Wo sehen Sie Möglichkeiten Ihrer Einflußnahme? Die Disziplinproblematik wird entsprechend differierender Belastbarkeitsgrenzen unterschiedlich wahrgenommen und infolgedessen werden bestehende Maßnahmen nicht einheitlich kommentiert, obwohl sie bezüglich ihrer Wirksamkeit als betont unzulänglich bewertet werden. Die Ordnungsmaßnahmen der ASCHO greifen zu kurz, weil sie zu langschrittig sind. Sie sind angebracht für liebe Schüler, die einmal erwischt werden, aber wirkungslos für penetrante, den Ordnungsprinzipien ferne Schüler, die wiederholt und dauerhaft auffällig sind. Deshalb müßte die 3. und 4. Stufe des Maßnahmenkatalogs weggestrichen werden. Beklagt wird von allen die Handlungseinschränkung, die verhindert auf krasse Verstöße umgehend reagieren zu können, wobei viele spontane Reaktionen, die zwar gewünscht und angebracht seien, nicht einmal selbst ohne wenn und aber verantwortet werden wollten, sondern nur nach Abstimmung mit einigen Kollegen. Eingeklagt werden vor allem mangelhafte Arbeitsdisziplin auch bei der Anfertigung von Hausaufgaben. Die entstandenen Lücken sollten durch Nachsitzen kompensiert werden. Andererseits gibt es Meinungen, die darauf hinweisen, dass Disziplinprobleme sowohl im Verhalten als auch in der Arbeitseinstellung vor allen Dingen in der Haltung jedes einzelnen Kollegen zu suchen sind. Besonders rüpelhafte Schüler sollten spontan mit Zustimmung des Schulleiters vom Unterricht entfernt werden, um den weiteren Verlauf zu sichern. Die Lehrer sollten in der Lage sein, im vornherein aufkeimende arbeitsabträgige Strömungen zu unterbinden. Kopfnoten, wie von einigen gefordert, werden als Disziplinierungs- maßnahme mehrheitlich abgelehnt, hingegen würde es ausreichen, die Fehltage auch auf dem Abgangszeugnis zu bescheinigen. Den Eltern wird ein erhöhtes Maß an Eigen- verschulden für das Fehlverhalten ihrer Kinder zugeschrieben, weshalb von allen Kollegen eine verstärkte Elternarbeit geleistet wird. Denn es ist sinnvoll, wenn Eltern erkennen, dass die Kinder in der Schule ein zweites Gesicht haben. Auch hier wird ein einmütiges Eingeständnis der eigenen Unfähigkeit deutlich, dem intern aufgestellten Maßnahmenkatalog durch geschlossenes Handeln zur Durchsetzung zu verhelfen. Es hapert immer an den sehr unterschiedlichen Auffassungen und ebenso weit auseinanderklaffenden Toleranzgrenzen. 250 7. Fallbox 7. SCHULE / 8. Frage Zum Unterricht: Sie haben Ihren Fachunterricht bislang intensiv vorbereitet, engagiert durchgeführt und entsprechend reflektiert (Praktiker wissen: keine Stunde ist perfekt). • Welche äußeren Faktoren müßten sich ändern, um die Stichworte: Qualitätsverbesserung und –sicherung mit Ihrem Unterricht in Beziehung zu setzen? • Welchen Beitrag können bzw. sind Sie bereit zu leisten, um der Forderung nach einer Verbesserung der Unterrichtsqualität und deren Sicherung zu entsprechen? Von außen kommende qualitätsverbessernde und –sichernde Aspekte wären: • die Verkleinerung der zu großen Lerngruppen (besser für schüchterne Schüler, um sich ungehemmter zu äußern) • eine bessere Ausstattung der Räumlichkeiten und Medien. • Einem dringenden Literaturbedarf zu entsprechen. Die Bereitschaft, sich durch eigene Handlungsumstellung qualitätsverbessernd einzubringen, sind: • weg vom Frontalunterricht zur Gruppe • Nachhaken bei fehlenden Hausaufgaben, stärkere Kontrolle und Korrektur • Methodenwechsel • Gespräche mit einzelnen Schülern • Meinungsbefragungen von Schülern • Freizeitaktivitäten mit Schülern bis hin zum gemeinsamen Disko-Besuch und • Grillen, sowie Ausschreiben eines Wettbewerbs zum Nicht-Rauchen • mehr Anschaulichkeit und konsequenteres Verhalten (bin häufig unkonzentriert) ↓ 251 • Mitbetreuung des außerschulischen Bereiches Erziehung und Fürsorge • die Förderung der Eigenständigkeit der Schüler durch Methodenwechsel und gezielteren Medieneinsatz • konsequenteres Auftreten • bessere Stoffreduktion • täglich intensivere Unterrichtsvorbereitung • noch häufiger die Schüler selbständig arbeiten lassen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben • ein verstärktes soziales Engagement. 7. Fallbox 7. SCHULE / 9. Frage Auf welche Weise wurde durch das Schulprogramm Ihr Unterricht positiv beeinflußt? Eine weitgreifende Beeinflussung des täglichen Unterrichtsgeschehens durch die Ziel- setzungen im Schulprogramm war bislang nicht spürbar. Es wurde lediglich das Bemühen um die Teamentwicklung und die Anwendung der KLIPPERT-Methode genannt. 7. Fallbox 7. SCHULE / 10. Frage In Ihrem Schulprogramm ist eine Empfehlung für fächerübergreifenden Unterricht gegeben. Dazu gehören: Projektarbeit, Wochenplanarbeit, freie Arbeit, wahldifferenzierter Unterricht, Werkstattarbeit, Lernen an Stationen. • Wie beurteilen Sie aus Ihrer Sicht diese Unterrichtsformen? • Identifizieren Sie sich damit, oder machen sie nur mit, weil Kollegen Sie auffordern? • Welche Grenzen und Möglichkeiten sehen Sie aus Ihrer Erfahrung heraus? • Wie schätzen Sie Ihre eigene Fähigkeit zu kooperativer Arbeit ein? • Wie beurteilen Sie die Fähigkeit zur Teamarbeit und die Kooperationsfähigkeit Ihrer Kollegen? • Werden Fortbildungen erforderlich? 252 Die Einsicht, sich gegebenenfalls weit weniger für den lehrerzentrierten Unterricht zu entscheiden und statt dessen eine themenbedingte Auswahl alternativer Unterrichtsformen im täglichen Unterrichtsgeschehen zu praktizieren, ist mittlerweile kein Novum. Denn alle Alternativen wurden bislang erprobt und so sind die Urteile über sie praxisgestützt. Mit einem unterschiedlichen Subjektivitätsanteil, soweit sie auf Selbsterfahrung beruhen, werden die Unterrichtsverfahren der Regel mehrheitlich positiv beurteilt. Der fächerübergreifende Unterricht erhält meistens Zuspruch, denn: • aus verschiedenen Perspektiven auf ein Thema zu kommen, nimmt ihm die Einseitigkeit • durch die Vernetzung können die Komplexivität eines umfangreichen Themenbereiches kleinschrittig veranschaulicht werden • werden die Schüler vom „Schienendenken“ weggeführt. Allerdings ist zu bedenken, dass solche interdisziplinären Initiativen weniger an fehlender Kooperationsbereitschaft als viel mehr an der häufig nur unter Mühen zustande gekommenen Koordination scheitern oder zu mindestens gebremst werden, weil Kollegen krank sind oder Klassen sich auf einer Fahrt befinden. Die Projektarbeit unterliegt einer sehr unterschiedlichen Bewertung. Es wird ihr bescheinigt, dass: • sie den Grad der Selbstbestimmtheit der Schüler stark akzentuiert • erfahrungsgemäß zu viele Schüler nicht beschäftigt werden können über einen entsprechend langen Zeitraum wie eine Woche • sie gut ist, weil Schüler auswählen können, was sie machen wollen und dass sie längerfristig mit einer Sache beschäftigt sind • Projekttage mal eine schöne Sache sind, aber sonst nichts, also, dass Projekttage praktisch null sind, weil zu viele Spielereinen anfallen • Projekttage negativ sind, weil es nur um die attraktive Gestaltung des Schullebens geht • sie positiv sind für Gesellschaftswissenschaften, Medienzugang und Nutzung vieler Informationsquellen ↓ 253 • die Projektarbeit von vielen Schülern als Auszeit benutzt wird • Projektarbeit über eine Woche absolut fördernd für das selbständige Lernen ist und Auswirkungen auf die Gruppenarbeit hat • Projekte am effektivsten sind, wenn sie in Form von Jahrgangsstufenprojekten durchgeführt werden. Insgesamt wird dem projektorientierten Arbeiten, das in der Regel in Projektwochen stattfindet, wenig Attraktivität bescheinigt, vor allem dann, wenn er in zu kurzen Zeitabständen aufeinanderfolgt, weil ein Themenmangel besteht und Wiederholungen kreativitätshemmend sind. Ein allzu großer Arbeitsaufwand, der viel Koordination und Kooperation und eine außergewöhnliche Bereitstellung von Medien voraussetzt, steht nicht in einem reziproken Verhältnis zum vorzeigbaren Gesamtergebnis. Die Wochenplanarbeit ist ebenfalls sehr zeitaufwendig und nur mühsam zu kontrollieren. Die freie Arbeit ist gut, wenn sie von Schülern durch ein Training von der Grundschule an beherrscht wird. Sie ist von Vorteil, weil Schüler ihre Themen selbst bestimmen können. Sie kann wie das Lernen an Stationen bei entsprechenden Themen eingestreut werden, ist aber stark raumabhängig. Das Stationenlernen wird fach-abhängig als positiv und effektiv gewertet bei sehr großer Arbeitsaufwendigkeit und eingestandenen Kontrolldefiziten. Die Werkstattarbeit wurde nur in einem Fall mit der Produktion eines Tierbuches praktiziert. Ansonsten liegen keine Kommentare vor. Die spontane Bestätigung der Identifikation mit der Arbeit an der Schule wird mit einer störungsfreien, gleichbleibend guten Arbeitatmosphäre und einer sachkompetent argumentierenden und aufgeschlossenen Schulleitung begründet. Die nach Schulnoten bewertete Selbsteinschätzung der eigenen Kooperationsfähigkeit wird ausnahmslos mit gut und sehr gut angegeben. Die in Prozenten geschätzte kollegiale Kooperationsfähigkeit wird mit einem sehr hohen durchschnittlichen Wert von 85%. Fortbildungsveranstaltungen werden als dringend notwendig erachtet und könnten auch über den Modus einer Tagesveranstaltung hinausgehen und über einige Tage hinweg terminiert werden. Sie sollten in jedem Fall praxisnah sein und nicht von Lehrern durchgeführt werden, nicht von Moderatoren, die im Schnelldurchgang ihre Qualifikation erworben haben (Beispiel: Moderator kam mit einem Koffer, dessen Inhalt bekannt war und wollte KLIPPERT vorstellen, war aber themenverfehlt, sondern nur wischi waschi). Andere Beauftragte der Regierung werden wegen ihrer fehlenden ↓ 254 Unterrichtspraxis als inkompetent eingestuft und abgelehnt. Gewünscht werden sachverständige Mitarbeiter auswärtiger Institutionen, aber vor allem Experten von der Universität, die dann über den Praxisbezug hinaus theoretische Konstrukte vorstellen sollten. 7. Fallbox 7. SCHULE / 11. Frage Einige Themen z. B. Aids wurden in vielen Fächern mit solcher Intensität behandelt, dass bei den Schülern Interesse, Einsicht und Verständnis in Ablehnung umschlugen. • Wie planen Sie solche komplexen Themen? (z. B. Thema: Umwelterziehung) Die Rangliste der Kriterien, die jemand erfüllen muß, um als willkommenes Mitglied eines Teams aufgenommen zu werden, wird von der Sympathie, gefolgt von Fachkompetenz und Methodenkompetenz, von Fleiß und Durchsetzungsvermögen bestimmt. 7. Fallbox 7. SCHULE / 12. Frage Aufgrund gegebener Organisationsstrukturen und häufig ungünstiger Stundenkonstellationen kommt es bei der Bildung von Arbeitsgruppen nicht immer zur Idealbesetzung, sondern es müssen Reibungsflächen geglättet werden, um eine vernünftige Arbeitsatmosphäre zu schaffen. • Was glauben Sie, nach welchen Kriterien Lehrer Lehrer für die Teamarbeit aussuchen, wenn sie sich frei von Sachzwängen eine Arbeitsgruppe zusammenstellen könnten? Niemand würde sich zumuten, große Themenkomplexe, die Ansätze fächerübergreifenden Arbeitens andeuten, im Alleingang bewältigen zu wollen. Nach einer groben facheingrenzenden Analyse werden die zuständigen Kollegen um ihre Mitarbeit ersucht, die dann ihre Feinkonzepte auf ein vom Initiator vorgegebenes Grobkonzept abstimmen, um gemeinsam die Durchführungskriterien festzulegen. 255 7. Fallbox 7. SCHULE / 13. Frage Zu jeder erfolgreichen Schularbeit gehört eine Evaluation. Sie kann auf verschiedene Weise durchgeführt werden. • Für welche Art bzw. Arten entscheiden Sie sich? Die Art und Weise wie bei der Evaluation vorgegangen werden sollte, ist einstimmig durch folgenden Weg gekennzeichnet: • Selbstevaluation • Evaluation nach Konsensfindung in der Fachgruppe • abschließende Arbeit im Kollegium. 7. Fallbox 7. SCHULE / 14. Frage Es gibt für die Evaluation keine festen Zeitabstände. • Wann sollte man evaluieren? Die genannten Zeitspannen, in denen evaluiert werden sollte, sind nicht auf der Basis praktischer Erfahrung zustande gekommen, sondern reine Annahmen. Es sollte demnach in Zeitspannen zwischen einem und zwei Jahren evaluiert werden. 7. Fallbox 7. SCHULE / 15. Frage Die zuständige Schulbehörde evaluiert die Schulen. • Welche Hilfen können den Schulen dadurch gegeben werden? Von Vertretern der Schulbehörde werden keine Hilfen erwartet, da ihnen Praxisnähe fehlt und sie sich nur in der Rolle des Überprüfers verstehen. 256 7. Fallbox 7. SCHULE / 16. Frage „Peer Review“ bedeutet in der Praxis eine Fremdevaluation durch eine auswärtigen Evaluationsgruppe, die aber auf der gleichen Ebene wie das Kollegium steht (etwa durch Kollegen einer Partnerschule). Sie kann erfolgen, nachdem nach einer Selbstevaluation die Untersuchungsgegenstände klar umrissen sind (etwa Lernatmosphäre) und davon schulintern erste Ergebnisse vorliegen. • Aus welchen Gründen würden Sie dem „Peer Review“ zustimmen? • Aus welchen Gründen ablehnen? • Welche Impulse und Hilfen könnte Ihnen ein Peer Review geben? Das „Peer Review“, es bestand Klärungsbedarf, könnte eine zukünftige Einrichtung mit Fortbildungscharakter auf der Basis einer losen interschulischen Verknüpfung werden, denn es ermöglicht: • den unmittelbaren Gedankenaustausch über unterrichtsfachliche und pädagogische Istzustände • ein Feedback am Ort • Kritik auf gleicher Ebene • Hinweise und Tips • konstruktive Kritik ohne Verriß und ohne Prüfungssituation • Rat und Vorschläge unmittelbar nach dem Unterricht Letztendlich wäre dieses Verfahren als besonders ergiebig einzustufen, weil es keinen Fertigungscharakter aufweist und es deshalb auch ohne jeglichen Rechtfertigungszwang ist. Es versteht sich von selbst, dass die Zustimmung jedes Einzelnen nur dann zu erreichen ist, wenn diesen Veranstaltungen von vornherein der Nimbus einer Prüfungssituation genommen wird. 7. Fallbox 7. SCHULE / 17. Frage Es besteht auch die Möglichkeit als „Peer“ aktiv zu werden. • Mit welcher Begründung würden Sie sich dafür zur Verfügung stellen oder der Aufforderung nicht entsprechen? 257 Bei den üblichen vereinzelten Einwürfen, die Zeit für den eigenen Unterricht dürfte dabei nicht verloren gehen, würde man sich jeder Zeit als „Peer“ zur Verfügung stellen, um andere Lernumgebungen, andere Schüler während der Arbeit und die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten kennenzulernen. Man ist jeder Zeit bereit, in situationsbezogenen Fachdiskussionen einzugreifen, wobei man Unterrichtsführung, Arbeits- und Verhaltensweisen nur auf die dringende Aufforderung hin kritisch und unterstützend diskutieren würde. Die Kontakte in losen Abständen immer wieder neu zustande zu bringen, könnte ein Beitrag zur Kreativitätsverbesserung werden und im Kontext die Disziplinproblematik abmildern. 7. Fallbox 7. SCHULE / 18. Frage Der Erlaß Schulprogramme zu erstellen, ist für alle obligatorisch. Welcher Grundgedanke liegt ihm Ihrer Meinung nach zugrunde? Die Zusammenstellung der geäußerten Vermutungen über die Anlässe, Schulen zum Aufstellen ihrer persönlichen Programme zu veranlassen, sind: • die Kollegien auf eine gemeinsam beschlossene Grundlage zu verpflichten • zu regeln, was für alle verbindlich sein soll und was dann auch tatsächlich gemacht werden muß • eine Anregung für Andere aktiv zu werden • Vorhaben, die oft nur verbalisiert wurden und infolge dessen in der Versenkung verschwanden, zu fixieren, um die Gedanken wach zu halten • eine Legitimation für die zu leistende Arbeit • Übersicht und Orientierung für Eltern und Schüler • den Konkurrenzgedanken zwischen den Schulen zu wecken und wach zu halten • nähere Bindung von Eltern, Lehrern und Schülern an die Schule, als Ort der Identifikation, wo ich hin gehöre • Qualitätssteigerung und Hinführung zur Selbständigkeit • Stärkung der Eigenverantwortlichkeit ↓ 258 • der automatische Zwang für Lehrer, miteinander zu reden (Dieser Zwang wirkt sich positiv aus, da sich ihm nur ganz wenige entziehen können, vermutlich niemand.) • der leichte Druck zu gemeinsamer Konsensfindung • Profilschärfung durch Werbung, Außendarstellung und Öffnung der Schule • das Angebot an äußere Partner zur Mitgestaltung von Schule. Es wird aber auch lediglich als Beschäftigungstherapie bezeichnet und als Möglichkeit der Überprüfbarkeit von Lehrern und einer allgemeinen Kontrolle. Aufgrund einer permanent unbefriedigenden und zum Teil mangelhaften Betreuung und Versorgung der Schulen mit den notwendigen Mitteln werden die behördlichen Anstöße als Versuch gewertet, eigene Versäumnisse zu rechtfertigen. Zusammenfassung 7. Fallbox Zwischen dem Kollegium und der Schulleitung bestehen kurze Interaktionswege, womit das gute Betriebsklima begründet wird. Die Disziplinproblematik wird nicht unbedingt als schwer oder unlösbar betrachtet, wenngleich den Eltern ein Großteil an Unfähigkeit bescheinigt wird, ihrem Nachwuchs die üblichen Benimmregeln beizubringen. Allerdings werden zu diesem Thema eine Reihe kurioser Vorschläge geäußert, die weder pädagogisch sinnvoll noch durchsetzbar und schon gar nicht gestattet sind. Dennoch wird mehr zugestandene Eigenverantwortung eingefordert. Koordinationsprobleme bremsen den Eifer beim Einsatz anderer Unterrichtsformen als der des Frontalunterrichts. Trotzdem werden sie überdurchschnittlich positiv bewertet, wenn durch eine bessere Organisation und der Erfüllung ihrer Forderungen die Erfolgsaussichten ihrer Arbeit günstig beeinflußt würden. Die Kooperationsfähigkeit wird insgesamt sehr hoch eingestuft. An der stets zu verbessernden Teambildung wird Aufmerksamkeit geschenkt. Von allen wird das Erfordernis einer regelmäßigen Fortbildung bestätigt mit der Einschränkung, dass Referenten als Moderatoren von der „Regierung“ ausscheiden müßten. Mit wohlwollender Zustimmung würden regelmäßigen Veranstaltungen nach Art der „Peers“ zugestimmt, da sie eine interessante Variante seien sich an Ort und Stelle auszutauschen. Dem Schulprogrammgedanken werden fast nur positive Assoziationen zuteil. Negative Äußerungen beziehen sich lediglich auf den Hinweis, dass es sich bei der Aufforderung Schulprogramme zu erstellen um eine 259 Beschäftigungstherapie handele und, dass durch behördliche Weisungen der Versuch gestartet werde, eigene Versäumnisse zu rechtfertigen. 9.8 Die Teilergebnisse der Interviews im Vergleich Bei vergleichender Betrachtung aller Teilergebnisse aus den Interviews bezüglich deren Übereinstimmung oder Gegenläufigkeit zeigt sich ein hoher Grad an inhaltlicher Gemeinsamkeit in der Schulprogrammarbeit, der Problemerkenntnis, den Lösungsstrategien, der Bewertung angewendeter Unterrichtsformen, in der übereinstimmenden Beurteilung der Disziplinproblematik und der allgemeiner Organisationsdefizite. Die Unterschiede sind nuanciert und ohne Bedeutung. Die Erkenntnisse im einzelnen: Die Schulprogrammarbeit wurde in gleicher oder ähnlicher Weise organisiert, durchgeführt und abgeschlossen. Mit einer Ausnahme, in der man die Hilfe auswärtiger Moderatoren beanspruchte, sind die Schulprogramme Eigenproduktionen der jeweiligen Kollegien. Meist von einer Arbeitsgruppe koordiniert, wichen die Startphasen ein wenig voneinander ab, da die Ansätze differierten. Im Mittelpunkt aller Orientierung stand das Schulprofil. Seine Punkte wurden auf Zukunftsbeständigkeit überprüft und bei Eignung in das Schulprogramm aufgenommen. Die entstandene Grobstruktur wurde durch andere die Schule tangierende, für sie interessante und von ihr zu bewältigende Themen aus ihrem In- und Umfeld ergänzt und zum Programm abgerundet. Die weitere Palette der Assoziationen, Möglichkeiten und Bedeutungszumessungen und die Zuordnungen gleicher Zielrichtungen, wie: • generelle Orientierung für die Lehrer • Eigenständigkeit der Schule stärken • Identifikationsfaktor für alle Beteiligten • Möglichkeit der Qualitätssteigerung • Medienwirksame Darstellung der geleisteten Arbeit und Vorstellung zukünftiger Vorhaben sind nur einige Kriterien, die von allen gemeinsam genannt werden. Sie können als Beweis für eine grundsätzliche Akzeptanz der Schulprogramme gelten, wenngleich auch kritische Stimmen in der Tendenz die Befürchtung äußern, dass manche Anordnungen häufig nur von kurzfristiger Dauer seien, da die zuständigen Behörden immer wieder die Konstanz ihrer Erlasse durch Ergänzungen und Veränderungen unwirksam werden lassen. In ihrer gesamten Planung sind die Schulprogramme in der freien Interpretation der Interviewten geprägt durch eine Reihe von Teilaspekten, die überprüft, neustrukturiert und in veränderter Qualität 260 praxiserprobt werden sollten. Der latente Wille zur Variation der Unterrichtsformen ist vorhanden. Die Kooperationsfähigkeit ist bei gegenseitiger Einschätzung zum Teil hoch angesiedelt und wird dort, wo Nachholbedarf besteht, bewußt gesteigert. Gleichermaßen steht die Verbesserung der Teamarbeit im Blickpunkt kollegialer Zusammenarbeit, wobei ein wenig bedenklich die Sympathie statt etwa Fachkompetenz für die Aufnahme in ein Team oberstes Auswahlkriterium ist. Eine qualifizierte Weiterbildung wird als dringendes und notwendiges Erfordernis artikuliert. Dabei kommt widerspruchslos zum Ausdruck, dass vorwiegend Moderatoren von der Universität gewünscht werden und das bei völliger Ablehnung von solchen, die im Namen und Auftrag der Schulbehörden fungieren. Die Disziplinproblematik wird gleichermaßen als ein starker Störfaktor empfunden. Man ist sich einig über die spürbaren Defizite und den dringend einzufordernden Zugeständnissen nach deutlicher Souveränität in der Entscheidungsfreiheit bei eklatanten Regelverstößen. Das insgesamt gleiche Meinungsbild skizziert und fixiert für alle Schulen den gleichen globalen Istzustand. 10 Schlußbetrachtung 10.1 Schulprogramme Die Schulprogramme erwiesen sich für alle Schulen nur als ein vordergründiges Problem. Die anfangs geäußerte Vermutung, dass sie schriftlich überzeugend dokumentierte Scheinaktivitäten seien, ist falsch. In ihrer deskriptiven Version sind sie weder markante Instrumente einer umfassenden Orientierungshilfe, noch Medien für die jeweils schulspezifische Präsentation zukunftsorientierter Zielsetzungen, sondern allenfalls ein partieller Beweis für eine kontinuierliche Arbeitsleistung, denn es fehlt ihnen eine fundierte Struktur, die notwendige Komplexität und eine innere Konsistenz. Die Gründe für den defizitären inhaltlichen Gesamteindruck muß der Spekulation überlassen werden, die nach Konrad Lorenz dort erlaubt ist, wo nichts bewiesen werden kann. In jedem Fall darf davon ausgegangen werden, dass der Auftrag an die Schulen Schulprogramme zu erstellen als eine von vielen aufgefaßt wurde, der wie häufig geschehen durch mehrmalige Modifikation an Bedeutung verliert und wirkungslos bleibt. Die Sinnhaftigkeit von Schulprogrammen als Instrumente eines Entwicklungsprozesses mit offenem Ende ist von den Akteuren nicht verinnerlicht worden, denn es dürfte abwegig sein, anzunehmen, dass Lehrerkollegien nicht in der Lage sind, inhaltlich fundierte Programme mit Qualitätsanspruch zu formulieren. Das 261 auffälligste Versäumnis scheint aber doch der fehlende Rückgriff auf die Fachliteratur zu sein, durch die Informationslücken hinreichend hätten geschlossen werden können. So sind im Fazit zwei Meinungsbilder entstanden, die nicht in Kongruenz zu bringen sind, denn durch die Interviews, die im Prinzip ein relativ einheitliches Meinungsbild abgeben, gilt: Die Fülle positiver Assoziationen und die Tatsache, dass eine Ablehnung auf breiter Front ausblieb, sprechen für eine allgemeine Akzeptanz. Bei wohlwollender Deutung kann durchaus der Anschein entstehen, dass die offizielle Order zur Programmerarbeitung nicht völlig ungelegen kam, da im Prinzip das Erprobte und sich im laufenden Prozeß befindliche, auf dienstliche Anweisung hin, schriftlich fixiert werden mußte, denn die Programme werden mehrheitlich als nützlich, manchmal sogar als notwendig bezeichnet. Die Ablehnungen richten sich im Kern nicht nur gegen die Sache selbst, weil vermutet wird, dass wieder „irgend etwas“ angefertigt werden sollte, dessen Dauerhaftigkeit nicht von Bestand ist, weil diese Erlasse alsbald modifiziert werden würden, sondern sie sind Ausdruck eines jahrelangen latenten Mißverhältnisses auf allen Begegnungsebenen zwischen den Kollegien und der Schulaufsicht, die als komplexes Geflecht von Behörden und sperrigen Hierarchien betrachtet wird und denen man unumwunden schulpraktische Kompetenz abspricht. Übereinstimmend werden den Programmen inhaltlich gleichlautende positive Aspekte abgewonnen, da sie vor allem eine Auflistung der Vorhaben darstellen, die längst in der Erprobung sind und mit solchen ergänzt wurden, die das pädagogische Interesse wachrufen. Ihr zeitlicher Bestand ist abhängig von der Aufmerksamkeit, die ihnen gewidmet wird. 10.2 Unterricht Die Einsicht in die Notwendigkeit verstärkten kooperativen Arbeitens ist längst vorhanden, wird praktiziert und laufend verbessert. Die Praxis hat gelehrt, welche Vorteile Methoden- und Unterrichtsformwechsel bringen, und dass Schüler nicht nur als zu Belehrende erscheinen, sondern als aktive Teilnehmer und Mitgestalter des Lernprozesses. Andererseits ist der Unterricht nicht als geselliges Beisammensein zu definieren, an dem jeder möglich gleich teilhaben soll. Engagierte Lehrer werden deshalb Extreme auszubalancieren wissen und über angemessene Variationen des Lehrens verfügen und zwar ohne in einseitige Schülerzentriertheit oder Lehrerdominanz zu verfallen. Will man diese kooperativen Unterrichtsformen auf eine solide Basis stellen, dann sollte man gezielt vorplanerisch auf Kontinuität bedacht sein. Das bedeutet, dass eine vorausplanende Organisation sich der 262 vorherigen Beseitigung bekannter Mängel annehmen muß. Ansonsten bleibt die Wirkung dieser Unterrichtsformen im Prinzip aus, denn man verfährt in der Praxis häufig nach dem Motto „Wir müßten mal wieder so was machen!“. 10.3 Organisation Ein direktes Schulmanagement müßte sich neben der laufenden täglichen Organisation mit den Vorplanungen des Kollegiums rechtzeitig beschäftigen, denn Zeitpunkt, Zeitdauer, Zahl der beteiligten Schüler, aller bei Großprojekten (oder nur jahrgangsübergreifend) Themen, Überprüfung der Machbarkeitsgrenzen, Bereitstellung notwendiger Mittel und ebenso der Medien wären ein Teil eines zu definierenden umfangreichen Aufgabenbereiches. Grundsätzlich greift der im schulalltäglichen Sprachgebrauch verwendete Begriff Organisation zu kurz und sollte nach Holtappels durch den Begriff „Organisationsklima“ ersetzt werden, weil durch ihn eine größere Palette von Komponenten, die dieses Arbeitsfeld umfassen, abgedeckt werden. Hinzu kämen Fortbildungsveranstaltungen, die für notwendig gehalten werden und möglichst in Kooperation mit der Universität durchgeführt werden sollten. In dem Zusammenhang ist das Problem der Ausbildung ins Bewußtsein gerückt worden. Es gehört im weiteren Sinne dazu, wenn man bedenkt, dass Zustimmungen zum „Peer Review“, also einer produktiven unterrichtspraktischen Aktion nur dann zugestimmt wird, wenn Prüfungssituationen, so wie man sie in der Referendarzeit erlebt hat und aus der Nähe bei Referendaren noch erleben kann, zu Erinnerungen werden, die nach langen Jahren noch getrübt bleiben. 10.4 Teamentwicklung Obgleich in den Interviews die Identifikation mit der Schule und ein „Sichwohlfühlen“ auf eine vorhandene Teamarbeit gründet, die zwischen gut funktionierend und entwicklungsbedürftig eingestuft und als vordergründig gefördert werden sollte, findet sie in den Schulprogrammen keine Erwähnung. 263 10.5 Disziplin Das Disziplinproblem ist zum Dauerthema geworden, dem langsam die Spitze genommen werden sollte. Das in keinem Verhältnis stehende zugestandene Recht der Eltern zu Dauerprotest auch bei geringsten Anlässen bis zum endgültigen Erfolg zu streiten, führt zu Mißmut, Resignation und innerem Ausstieg. Alle Probleme jedweder Art wie auch immer reduzieren sich auf die zwangsläufig erfolglosen Beschwichtigungsversuche der Lehrer, die täglich in zeitaufwendigen Gesprächen vergebens versuchen, erziehungsresistente Schüler zu beruhigen. Ihre Forderung deshalb, sie von diesem nutzlosen Bemühen zu befreien und ihnen eine erweiterte Handlungskompetenz zuzugestehen, die es ihnen gestattet, destruktiv eingestellte Schüler ohne langwierige schriftliche Erklärungen vom Unterricht kurzfristig zu befreien, um allen anderen das Recht auf Unterricht zu sichern, sollte ihnen endlich zugestanden werden, denn eine Fortschreibung des zum Teil als unwürdig empfundenen Zustandes wird von den Lehrkräften als die Bestätigung ihrer Unmündigkeit gedeutet. Die Konsequenz: Wenn man ernsthaft einen innovativen Schulentwicklungsprozeß vorantreiben will, so müssen ein dauerhafter Konsens und kooperative Arbeitsformen zwischen allen beteiligten Akteuren, eventuell auch der Universität hergestellt werden. Vollmundige Forderungen von Bildungspolitiker nach einzuhaltenden Qualitätsstandards werden nur dann erfolgreich umgesetzt werden können, wenn sie ihrerseits einen entsprechenden Beitrag leisten und die geforderten Voraussetzungen schaffen. Aus der Sicht der Lehrer sind es: 1. die Bereitstellung genügender Finanzmittel 2. die Beseitigung der Raumprobleme 3. die Reduzierung der zu hohen Klassenfrequenzen 4. und das Zugeständnis von mehr Handlungs- und Entscheidungskompetenz in der Disziplinproblematik. Es sind grundsätzlich die schon jahrelang bekannten Forderungen, denen offenbar kein Gewicht beigemessen wird. Deshalb wird es mit der Distanz betrachtet keine dauerhaften Veränderungen geben, und man wird sich stets aufs Neue auf einen Zick-Zack-Kurs begeben, der dann immer wieder zu den alten Routinen zurückführt. Das Engagement der Lehrer, sich qualitätsverbessernder und –sichernder Arbeit zu verschreiben, kann jederzeit abgerufen werden, es wird sich dann das gewünschte Resultat einstellen, wenn der voraussetzungsgebundene Maßnahmenkatalog endlich beachtet und 264 einigen essentiellen Instrumenten mit prozeßfördernder, sowie prozeßtragender und richtungsweisender Funktionen uneingeschränkte Aufmerksamkeit geschenkt wird. • Es sind die Steuergruppen als notwendige Taktgeber, die durch flankierende und lenkende Maßnahmen den Prozeß initiieren und inganghalten. • Es ist die Evaluation als ein zeitlich geschaltetes korrigierendes Regulativ für Revision, Rück- und Vorschau. • Und es ist eine obligatorische Orientierung der Akteure an der Fachliteratur mit dem Ziel einer grundlegenden Problemerfassung und zur Gewährleistung ergebniszentrierter, koordinierter und kooperativer Arbeitsabläufe. Bei aller angestrebten Qualitätsverbesserung, einer erforderlichen Umorientierung wie sie ein innovativer Schulentwicklungsprozeß verlangt, ist ein Wort von Sokrates zeitlos gültig: „Einen Schüler zu unterrichten, bedeutet nicht einen Eimer zu füllen, sondern ein Feuer zu entfachen.“ Und das bleibt ein anhaltendes vielschichtiges Problem der praktizierenden Pädagogen. Es ist gleichsam die Herausforderung, einen Entwicklungsprozeß selbstkritisch begleitend dauerhaft ingang zu halten. Das dafür erforderliche Energiepotential ist vorhanden und abrufbar. Es muss nur sinnvoll, zielgerichtet und ergebniszentriert genutzt werden. 265 Literatur Ball, S.J.: The Micro Politics of the School. Towards a Theory of School Organisation. London 1987 Bauer, K.O.: Lernkultur und pädagogische Professionalität. in: Holtappels, H.-G. (Hrsg.): Beiträge zur Schulentwicklung. Entwicklung von Schulkultur. Ansätze und Wege schulischer Erneuerung. 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Die zur Analyse vorliegenden sieben Schulprogramme unterscheiden sich, was schon beim ersten informativen Durchblättern sichtbar wird, nach Inhalt, Umfang und äußerer Präsentationsform voneinander. Infolge zu großer Divergenz ihrer inhaltlichen Gestaltung ist eine Punkt für Punkt Abgleichung der einzelnen Schulprogramme nicht möglich. Um die unterschiedliche Anzahl der Planungsvorhaben und Zielvorstellungen deutlich hervortreten zu lassen, ist der Weg einer wenig reduzierten Wiedergabe der sieben Programme gewählt worden. Dadurch ist die Möglichkeit gegeben, die unterschiedlich stark operationalisierten programmatischen Grobziele vergleichsweise einander gegenüberzustellen und so abweichende Intensionen und die unterschiedliche Planungsintensität zu veranschaulichen. Wenngleich die Programminhalte im fortwährenden Innovationsprozeß nur Vorläufigkeitscharakter haben und von Zeit zu Zeit nach Bedarf und Erkenntnis neu ergänzt werden, so fällt doch auf, daß die Darreichungsform einiger Schulprogramme recht dürftig ist. Das ist um so unverständlicher als die Schulprogramme Dokumente sind, die auf Wunsch nach Verlangen einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten. Diese Anmerkung ist nicht als Vorabbeurteilung zu verstehen, sondern als eine Auffälligkeit, die zu mindest bedenklich ist und bei Interessenten den Eindruck fehlender Sorgfalt aufkommen lassen könnte. Um eine spätere Vergleichsmöglichkeit aller Programme zu schaffen, werden die Felder: • Leitsatzformulierung • Erziehung • spezifische schulprogrammatische Entwicklungsschwerpunkte • Organisation und Elternmitwirkung sowie • Öffnung der Schule und Unterricht vergleichend analysiert. Da die Übernahme der Lehrstoffpläne in die Schulprogramme verpflichtend ist, ist nur die Häufigkeit von geplantem fächerübergreifenden Unterricht bemerkenswert. Die Programme werden wieder von 1-7 durchnumeriert. 274 Auf der aufmachenden Seite des ERSTEN SCHULPROGRAMMS ist die Vorderansicht der Schule zu sehen, darunter das Wort Schulprogramm mit den Untertiteln zukunftsorientiert, erfahrensbezogen, individuell. Das Inhaltsverzeichnis umfaßt zehn Punkte: 1. Leitsätze 2. Standortbestimmung 2.1. Grunddaten 2.2. Räumliche Gegebenheiten 3. Pädagogische Grundorientierung 3.1. Erziehungsziele 4. Entwicklungsschwerpunkte des Schulprogramms 4.1. Lebensplanung und Berufswahlorientierung 4.1.1. Besondere fachspezifische Beiträge 4.2. Gesunde Schule 4.2.1. Besondere fachspezifische Beiträge 4.3. Interkulturelles Lernen 4.3.1. Besondere fachspezifische Beiträge 4.4. Neue Technologien 4.4.1. Besondere fachspezifische Beiträge 4.5. Gemeinsam Spielen und Lernen 4.5.1. Besondere fachspezifische Beiträge 4.6. Erfahrungsorientierte Naturwissenschaften 4.6.1. Besondere fachspezifische Beiträge 5. Besondere pädagogisch-organisatorische Angebote und Einrichtungen 5.1. Jahrgangsübergreifende Angebote 5.2. Die Erprobungsstufe 5.3. Mittel- und Oberstufe 5.3.1. Differenzierungsangebote 5.4. Besondere Förderkonzepte 6. Pädagogische Tradition 7. Die Zusammenarbeit mit den Gremien der Eltern 8. Öffnung von Schule 9. Evaluation 10. Literaturverzeichnis 275 Die Leitsätze werden wörtlich wiedergegeben: Wir, die Lehrerinnen und Lehrer der ersten Schule, möchten unter Mitwirkung der Eltern und Schüler eine Schule gestalten, die allen Beteiligten hohe Arbeitszufriedenheit verschafft und Gemeinschaftsgefühl vermittelt. Deshalb wollen wir • einen freundlichen, kooperativen Umgangston pflegen • ein attraktives Schulleben bieten • Schulräume mit vielfältigen Lernanregungen einrichten, in denen wir uns wohl fühlen können. Unsere Erziehungsziele sind auf Verantwortung und Leistung ausgerichtet. Damit geben wir unseren Schülern Orientierungshilfen. Wir stärken ihr Selbstwertgefühl. Wir leisten auf diese Weise neben konkreten Maßnahmen zur Konfliktbewältigung Beiträge zur Gewaltprävention. Der Unterricht soll sich zugleich an der Wissenschaft und an der Lebenswirklichkeit orientieren. Bewegung, Spiel und musische Aktivitäten sollen angemessen berücksichtigt werden. Der veränderten Lebenswelt tragen wir durch die Vermittlung von zukunftstauglichen Lerntechniken Rechnung, durch Anleitung zu selbstverantwortlicher Lebensführung und durch individuelle Beratung und Förderung. Es folgt die Standortbestimmung, bei der das Einzugsgebiet der Schule näher beschrieben ist. Mit dem Stichwort „Grunddaten“ werden Schülerzahl, Anzahl der Klassen, Lehrerzahl und Fachräume genannt. Unter „Räumliche Gegebenheiten“ werden besondere räumliche Möglichkeiten angeführt, z.B. die Sportmöglichkeiten, die in der Nähe vorhanden sind, wie Sportplatz, Schwimmhalle, 3-fach-Sporthalle mit Gymnastikhalle und Eislaufhalle. Die Nähe zur Universität und Betrieben, zu besonderen kulturellen Angeboten, zu Institutionen, wie dem Arbeitsamt, zu fachspezifischen, schulnahen Lernräumen, wie dem geologischen und botanischen Garten wird aufgeführt. Desweiteren werden distanznahe Parks und die City Nähe erwähnt. 276 Die pädagogische Grundorientierung wird mit folgenden Erziehungszielen umrissen. Für eine künftige, erfolgreiche Lebensgestaltung sind die folgenden Persönlichkeitsmerkmale unverzichtbare Bestandteile unserer Erziehung: • Lern- und Leistungsbereitschaft • Konfliktfähigkeit und Toleranz • Fähigkeit zur konstruktiven Kritik und Mündigkeit • Eigenverantwortlichkeit und Selbständigkeit • Zuverlässigkeit und Sorgfalt • Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit. Erziehungsziele sind Verantwortung und Leistung als übergeordnete Zielsetzungen. Verantwortung (wörtliche Übernahme) wird dabei so definiert: Unsere Schüler sollen Verantwortung übernehmen können, aber auch wissen, daß sie für ihr Handeln einstehen müssen. ... Deshalb soll die Urteilsfähigkeit unserer Schüler gestärkt werden und das eigenverantwortliche selbständige Denken und Handeln gefördert werden. Betont wird im weiteren Verlauf, daß wir in diesem Zusammenhang die Verantwortungskultur auch als präventive Maßnahme zur Verhinderung von Gewalt verstehen. Das Leistungsziel wird so definiert: Wir wollen ... • Zur Leistung ermutigen und motivieren • die Vielfältigkeit des Lernens zeigen • die Freude als Merkmal einer Leistung nach vollbrachter Anstrengung hervorheben • auch Lernprozesse und individuelle Fortschritte als Leistung ansehen • auch die Leistung anerkennen, die Jugendliche aus freiem Antrieb an selbst gestellte Aufgaben erbringen • den Mut zur Leistung durch Eigeninitiative fördern. Unter dem Punkt 4 Entwicklungsschwerpunkte erfolgt folgender Hinweis: Unsere pädagogisch-organisatorischen Möglichkeiten und Angebote richten wir auf folgende Schwerpunkte aus: 277 Lebensplanung und Berufswahlorientierung Wir wollen ... • berufsrelevante Schlüsselqualifikationen entwickeln: selbständiges Denken, verantwortungsorientiertes Handeln, Teamfähigkeit und Lernkompetenz • die Berufswelt durch Erfahrungsangebote erschließen • die Arbeitswelt zum Gegenstand aller Unterrichtsfächer machen • das Netzwerk schulischer und außerschulischer Beratungsebenen für die individuelle Laufbahnberatung nutzen. Als weiterer Unterpunkt zu 4 werden spezifische Unterrichtsbeiträge genannt. Es werden nur Fächer erwähnt, in denen fächerübergreifend gearbeitet werden soll. Jahrgangsstufen Fach Entwicklungsschwerpunkt: < Lebensplanung und Berufswahlorientierung > Themenschwerpunkte Fächerübergreifender Bezug 5 / 6 Geschichte - Darstellung der Arbeit in unterschiedlichen Epochen Politik, Technik, Sozialwissenschaften 7 / 8 Sozialwis- senschaften - Sozialisation und Geschlechterrolle - Familie und Schule Deutsch 9 / 10 Deutsch - Selbstverständnis - Lebenslauf/Bewerbungsschreiben - Sozialverhalten - Praktikumbeschreibung Informatik 9 / 10 Erdkunde - Strukturwandel - Raumplanung (Bürger planen mit) Sozialwissenschaften 9 / 10 Geschichte - Darstellung der Arbeit in unterschiedlichen Epochen Politik, Technik, Sozialwissenschaften Die gesunde Schule Die Zielvorstellung ist: • einen Erziehungsbeitrag (zu) leisten zur verantwortungsbewußten Einstellung gegenüber der eigenen Gesundheit und der Umwelt • durch umfangreiche Spiel- und Sportangebote Bewegungsdefizite ab(zu)bauen • Lernkompetenz zur Verbesserung der Lebensqualität (zu) vermitteln. (LERNEN lernen) Die Erklärung zum Gesundheitsbegriff, wie er an dieser Schule verstanden wird, lautet: • ganzheitlicher, auf Balance ausgerichteter Begriff, der alle Aspekte des Lebens umfaßt • dynamischer Begriff, der Weiterentwicklung durch Selbsttätigkeit und Selbstverantwortung beinhaltet • ein Prozeß zur permanenten Ausrichtung von Gleichgewichten im Leben, dem Zustand umfassenden Wohlbefindens (Charta von Ottawa 1986). 278 Es folgen jetzt besondere fachspezifische Beiträge zu diesem Thema und eine tabellarische Auflistung der Fächer, in denen fächerübergreifend gearbeitet wird mit einer ihnen entsprechenden detaillierten Themenangabe. Jahrgangsstufen Fach Entwicklungsschwerpunkt: < Gesunde Schule > Themenschwerpunkte Fächerübergreifender Bezug 5 / 6 Biologie - Bau und Leistung des menschlichen Körpers - Ernährung, Zahnpflege, Schutzimpfung, Vermeidung von Wirbelsäulenschäden Sport 5 / 6 Englisch - Kritischer Umgang mit angelsächsischen Eßgewohnheiten Biologie 5 / 6 Erdkunde - Ökologie: Erkundung schulnaher Bauernhöfe - naturnahe Produktions- verfahren, Recycling und Wasserversorgung Biologie 5 / 6 Mathematik - Verstärkt Textaufgaben aus diesem Bereich Deutsch 5 / 6 Physik Chemie - Projekt Lärm - Gefahren des elektrischen Stroms Musik 5 / 6 Politik - Aktive Freizeitgestaltung - Müllverbrennung Sport 5 / 6 Religion - Bewahrung der Schöpfung - Gebete und meditative Übungen zur Förderung der psychischen Gesundheit Sozialwissenschaften 5 / 6 Sport - Funktionsgymnastik zur Vermeidung von Sport- verletzungen und Haltungs- schäden - Aerobe Ausdauerschulung (Puls, Atmung), Spiel- und Übungsformen zur Verkehrserziehung Biologie 7 / 8 Biologie - Sexualität / Verhütung / Aids - Urlaub und Gesundheitsrisiko - Umweltgifte und Allergien - Suchtverhalten und Ursachen Religion 7 / 8 Erkunde - Ökologischer Anbau und gesunde Ernährung Biologie 7 / 8 Geschichte - Hygiene in der mittelalterlichen Stadt Biologie 7 / 8 Kunst - Ökologisches und humanes Bauen - Relativierung von Schönheitsidealen (Körperdarstellung) Erdkunde 7 / 8 Physik Chemie - Gefahrstoffe im Haushalt Verbrennung: Oxidation Technik Biologie 9 / 10 Erdkunde - Sanfter Tourismus Biologie 9 / 10 Physik Chemie - Projekt Klima und Wetter: Treibhaus – Ozon Kunst Erdkunde 279 - Projekt Ökologie – Ökonomie 9 / 10 Sport - Ausdauertraining in Verbindung mit sportmedizinischen Grundlagen Biologie Interkulturelles Lernen (4. Unterpunkt): Es sollten vielseitige Sprachkompetenz entwickelt und bestehende Kontakte zu anderen Schulen weiterhin gepflegt werden. Darüber hinaus sollen neue Kontakte zu Schulen im europäischen und außereuropäischen Ausland geknüpft und Begegnungen gefördert werden. Es sollte das Toleranzgebot gegenüber anderen Kulturen in den Unterricht als Prinzip integriert und der Auseinandersetzung mit Leistungen anderer Nationen und Kulturen Raum gegeben werden. Jahrgangsstufen Fach Entwicklungsschwerpunkt: < Interkulturelles Lernen > Themenschwerpunkte Fächerübergreifender Bezug 5 / 6 Biologie - Nutztiere und Pflanzen aus anderen Kulturen - Tropen - Eingriffe in die Atmosphäre Erdkunde 5 / 6 Englisch - Englischsprachiger Lebensraum Erdkunde 5 / 6 Musik - Lieder und Spielstücke aus verschiedenen Ländern - Komponisten unterschiedlicher Nationen Englisch Französisch 5 / 6 Politik - Ausländische Kinder in Deutschland - Kinder in Europa - Kinder in der Dritten Welt Erdkunde Deutsch 7 / 8 Biologie - Tropen - Eingriffe in die Atmosphäre Erdkunde 7 / 8 Französisch - Fontainebleau und Umgebung - Französische Schulsysteme und Leben in französischen Familien Erdkunde 7 / 8 Geschichte - Faszination des Fremden und Entdeckens - Verhältnis zu Andersgläubigen Religion 9 / 10 Biologie - Evolution - Globale Umweltprobleme Erdkunde Religion Politik 9 / 10 Deutsch - Etymologie - Texte ausländischer Autoren Englisch Französisch 9 / 10 Erdkunde - Europa wächst zusammen - Welthandel und Weltverkehr Sozialwissenschaften Geschichte 9 / 10 Französisch - Paris - Verschiedene Regionen in Frankreich - Französische Alltagskultur - Chansons Erdkunde Geschichte 9 / 10 Geschichte - Fehlerhafte Interpretation nationaler Identität Politik 9 / 10 Sozialwissen- schaften - Minderheiten / Chancengleichheit - Begriff der Multikulturellen Gesell- schaft und Fremdenfeindlichkeit Politik 280 Neue Technologien Die Zielvorgabe ist es, umfangreiche hochwertige Hardwarekapazitäten anzustreben und allen Schülern den Zugang zu neuen Technologien und ihren Anwendungsmöglichkeiten zu bieten. Die zu diesem Thema gehörenden fächerübergreifenden Arbeiten: Jahrgangsstufen Fach Entwicklungsschwerpunkt: < Neue Technologien > Themenschwerpunkte Fächerübergreifender Bezug 5 / 6 Erdkunde - Diagramme auswerten und erstellen - Topographische Übungen - Nutzung der Software zu unterschiedlichen Themen Mathematik 5 / 6 Sozialwis- senschaften - Informationsbeschaffung über Internet - Graphische Auswertungen von Umfragen Informatik Technik 9 / 10 Erdkunde - Belastbarkeit der Erde hat Grenzen (Energie) - Bevölkerungswachstum Physik 9 / 10 Geschichte - Informationsbeschaffung über das Internet Informatik Für die Jahrgangsstufen 7 und 8 zum gleichen Entwicklungsschwerpunkt Neue Technologien werden keine fächerübergreifenden Themen angeboten. Gemeinsam Spielen und Darstellen Zielsetzung: • durch Spielen und Darstellen (als methodische Schwerpunkte) sollen Kommunikationsfähigkeit und Persönlichkeitsentwicklung angestrebt • durch Spielen und Darstellen Konfliktbewältigung geübt und Streitkultur vermittelt • Konzentration, Entspannung und Kommunikation gefordert und gefördert werden. Im Unterricht gearbeitet werden soll mit Interaktionsspielen, Rollen- und Planspielen, Simulationsspielen, Erkundungsspielen, Bewegungstheater oder einfache Sprachspielen. Diese Aktionsbreite wird eingesetzt, um • in sozialen Situationen die Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe einzufordern • bedrängende Themen symbolisch darzustellen und dabei Distanz zu ermöglichen • die Umwelt zu erforschen • Konflikte spielerisch zu erfahren und reflektieren zu können 281 • Alternativen zur Gewaltanwendung zu erfahren • Berührungsängste abzubauen • Selbsterfahrung zu ermöglichen • lebensrelevante Aufgabenfelder in einem geschützten Erprobungsfeld zu erleben • die Lernbereitschaft zu steigern. In den besonderen dazugehörigen fachspezifischen Beiträgen wird wieder fächerübergreifend gearbeitet. Jahrgangsstufen Fach Entwicklungsschwerpunkt: < Gemeinsam Spielen und Darstellen > Themenschwerpunkte Fächerübergreifender Bezug 5 / 6 Geschichte - Szenisches Spiel zu historischen Problemfeldern Deutsch In den Jahrgangsstufen 7 / 8 und 9 / 10 werden keine fächerübergreifenden Themen genannt. Erfahrungsorientierte Naturwissenschaften In der Zielsetzung sollen • die institutionellen Voraussetzungen für modernen, naturwissenschaftlichen Unterricht verbessert und • durch experimentelles Arbeiten und den Einsatz neuer Untersuchungstechnologien die unmittelbare Erfahrungsöffnung im naturwissenschaftlichen Unterricht gefördert werden. Es erfolgt folgende Begründung: Lebenslanges Lernen ist ohne Neugier und Identifikation mit Lerninhalten nicht zu erreichen. Als elementare Ziele der Unterrichtsarbeit gelten deshalb: • die unmittelbare Erfahrung durch Exkursionen, Projekte sowie neue Technologien • das Erproben der Erkenntnisse aus der unterrichtlichen Reflexion in Handlungszusammenhängen • die selbständige Erarbeitung neuer Erkenntnisse und Einsichten durch unmittelbare Erfahrungen. Die besonderen fachspezifischen Beiträge sind dann wieder im Bereich fächerübergreifenden Unterrichtens angesiedelt. 282 Jahrgangsstufen Fach Entwicklungsschwerpunkt: < Erfahrungsorientierte Naturwissenschaften > Themenschwerpunkte Fächerübergreifender Bezug 5 / 6 Geschichte - Maschinen der Steinzeit und des Altertums Technik Physik 7 / 8 Geschichte - Erfindungen der Neuzeit Technik Physik 9 / 10 Biologie - Experimentelle Biologie - Mikroskopie - Methoden der wissenschaftlichen Dokumentation Physik Chemie Mathematik Deutsch Kunst Besondere Pädagogisch-organisatorische Angebote und Einrichtungen Jahrgangsübergreifende Angebote: • Streitschlichtung • Schülerredaktion • Schulhof mit gärtnerisch gestalteten Flächen • Spielflächen mit Spielfiguren • Schülerbücherei • Schulchor Bei Streitschlichtung als Konfliktlösung und Gewaltprävention wird ausgeführt, daß allein im Schuljahr 1999 / 2000 25 Schüler und Schülerinnen der achten Klassen zu Streitschlichtern ausgebildet und dadurch in den Stand versetzt wurden, Streitschlichtungsgespräche und Konfliktlösungskonzepte anbieten zu können. Da Meinungsverschiedenheiten nur über die Verständigung mit den Kontrahenten möglich ist, sind diese dann selbst für die Lösung verantwortlich, die Schlichter hingegen für das Verfahren. Entspannungsraum Schulhof Eine ansprechende Architektur und individuelle Klassenraumgestaltung beeinflussen das Lernklima positiv und so ist es wichtig, daß der Schulhof zur Regeneration und körperlichen Aktivierung der Schüler zwischen den Unterrichtsblöcken dient. Es erfolgt jetzt lediglich eine Erklärung, daß die Schule in Zusammenarbeit mit dem Grünflächenamt und freiwilligen Schülern eine große Umgestaltung mit Hilfe von Pflanzaktionen plant. Schülerdienste sollen dabei die Betreuungsarbeiten übernehmen. Die Planung wird weiterhin ergänzt durch die Mitarbeit der Eltern, die den Schulhof entsprechend schülerfreundlich durch das Aufstellen von Sitzbänken und Sitzecken arrangieren sollen. Desgleichen wird ein Steingarten errichtet, den ein Erlebnispfad durchzieht. Die Ausdehnung 283 der Grünruhezone durch Bepflanzung mit anderen Bäumen ist ebenfalls in der Planung. Erwähnung findet desgleichen eine gut sortierte und von Schülern verwaltete Schulbücherei. Pädagogische Schwerpunkte in der Erprobungsstufe In einem geschützten und gestalteten Umfeld soll den Grundschülern ein „sanfter“ Übergang zur Realschule ermöglicht werden, der ihnen für ihre persönliche Entwicklung und zur Eingewöhnung in die neuen Leistungsanforderungen genügend Raum läßt. Dazu werden für die Erprobungsstufe folgende Hauptziele genannt: • Abknüpfen an die Lern- und Leistungserfahrungen aus der Grundschule • Eigenverantwortliches Arbeiten entwickeln • Genügend Spiel- und Bewegungsangebote bieten • Intensive Beratung und Förderung bei Lernschwierigkeiten • Betreuungsmöglichkeiten nach dem Unterricht. Der Aufnahme der neuen Schüler aus dem Grundschulbereich wird sich mit besonderer Intensität und Aufmerksamkeit gewidmet, was die folgende Auflistung beweist: Auf unsere neuen Schüler bereiten wir uns vor durch: • Kontaktteams zu Grundschulen und Hospitationen Einen „sanften“ Übergang gewährleisten wir durch: • Einen besonderen Begrüßungstag • Eine Orientierungswoche (1. Woche) • Einen gezielten Lehrereinsatz • Einen langsam zunehmenden Fachlehrereinsatz • Berücksichtigung grundschulspezifischer Lern- und Leistungserfahrungen Besondere Lernhilfen werden angeboten durch: • Das Projekt „Lernen lernen“ • Das Projekt „Gesundheit und lernen“ • Spezielle Bewegungskonzepte • Spezielle kulturelle Förderungen Theaterbesuche Leseförderung Differenzierungsangebote für die Mittel- und Oberstufe Es erfolgt der Hinweis auf ein breitgefächertes Differenzierungsangebot in der Schule. Die Differenzierungskurse sind eine hervorragende Möglichkeit, so der Hinweis, eigene 284 Neigungen zu vertiefen, auszubauen und gegebenenfalls eine Berufsperspektive zu entwickeln. Differenzierungsangebote ab Klasse 8 Französisch Informatik Kunst Biologie Sozialwissenschaften Technik Besondere Förderkonzepte Sportliche Förderung • Wettbewerbe • WP-Angebote Badminton, Volleyball, Tanz, ... • Zusammenarbeit mit Vereinen Künstlerisch-Musische Förderung • Musikveranstaltungen • Kunstkurse im WP-Bereich • Wechselnde Ausstellungen im Schulgebäude Technische Förderung • WP Technisches Zeichnen • WP Hardware • Informatikausbildung Kulturelle Förderung • Theaterbesuche • Teilnahme am kulturellen Leben der Stadt Technische Förderung - ein besonderer Schwerpunkt Besonders verwiesen wird darauf, daß in unserer Industriegesellschaft technisches Wissen als Gemeinbildung und kritisches Technikverständnis, Voraussetzung für jeden „mündigen Bürger“ ist, der an der Erhaltung von intakter Umwelt und günstigen Lebensbedingungen auf der Erde interessiert ist. 285 Die Unterrichtsinhalte in den Fächern Technik und Informatik sollen zum grundlegenden Technikverständnis ein Allgemeinwissen schaffen, um in der Industrie- und Informationsgesellschaft mitreden und handeln zu können. Darüber hinaus werden unterschiedliche Berufswahlaspekte aufgezeichnet und den Schülern wird das praktische und theoretische Ausprobieren ihrer eventuell später zu ergreifenden Berufe in Aussicht gestellt. Des weiteren werden entsprechende Berufsbilder angeboten. Neben dem Angebot des technischen Zeichnens mit Hilfe von Computern, ebenfalls über technische Informatik, erfolgt noch der Hinweis, daß die geschlechtsspezifische Förderung der Schüler und Schülerinnen ein besonderes Anliegen des gesamten Bereiches ist. Die abschließenden Punkte 6 und 7 behandeln: Unsere Pädagogische Tradition • Chor- und Instrumentalkreis unter Einbezug ehemaliger Schüler/-innen • Engagement für UNICEF • Patenkind • Schulgottesdienste Zusammenarbeit mit den Gremien der Eltern • Intensiver Kontakt zur Elternpflegschaft Einbezug in die Entwicklung des Schulprogramms • Verein der Freunde und Förderer Unterstützung von Aktivitäten zum Schulleben • Elterninitiative Pausenversorgungskiosk • Regelmäßige Herausgabe einer Informationsschrift durch eine Lehrer- und Elterninitiative Das Schulprogramm der ZWEITEN SCHULE ist in Festkarton gebunden und zeigt auf der Titelseite das Konterfei seiner Namensgeberin, darunter das stärker hervorgehobene Wort „Schulprogramm“ mit dem untertitelten Hinweis „Erster Entwurf nach den Ergebnissen des Pädagogischen Tages, ergänzt um die Ergebnisse zweier Evaluationstage“. In der Einführung wird unter dem Wort „Vorweg“ über Schwierigkeiten, Wünschenswertes und Machbarem bei der Konzeption zu einem Schulprogramm resümiert. So zum Beispiel, daß es nicht leicht sei, ein Programm aus dem Boden zu stampfen, seine Gültigkeit zeitlich begrenzt sei und die Reflexion der eigenen Arbeit zu dem Ergebnis führe, weil man in der Regel allein richtliniengemäß arbeite. Wer den Forderungen des Schulprogramms nach Änderung der Arbeitsform nachkommen wolle, müßte nicht seine eigene Arbeit und die seiner Mitarbeiter 286 neu definieren und zusätzlich erst einmal eine Bestandsaufnahme machen. Die damit verbundene Bereitschaft zur Selbstkritik wird als schwieriges Thema gedeutet, zumal dann, wenn es sich um eine Schule ohne gravierende Problemlagen, mit einer „eingespielten Mannschaft, mit einem funktionierenden Terminrahmen, mit jährlich sich wiederholenden Höhepunkten im schulischen Alltag“ handelt. Dieser Hinweis gipfelt in der Frage, ob es noch besser laufen könne, denn das Schlimmste, was einer Schule passieren könne, sei die Beibehaltung erprobter Spielregeln ohne auf die Bedürfnisse sich ändernder Zeiten einzugehen. Der alternative Schluß ist dann der, daß die Entwicklung eines Schulprogramms ein relativ langwieriger Prozeß aus Vorbereitung, Entscheidungsfindung, Festlegung, Gestaltung und Überprüfung ist. Ein unter „Grundannahmen für die Gestaltung eines Schulprogramms“ ist eine Photokopie nach: Schulprogramm und Evaluation in Hessen 2, 1996, S.3. Es folgen vier Fragen zur Befragung der Kolleginnen und Kollegen zum Schulprogramm, dem vorangestellt ist unter dem Stichwort „Schulprofil“ ein pädagogischer Schwerpunktkatalog, aus dem sich die Kollegen „unsere Aktivitäten“ herausnehmen sollen. Des weiteren sollten die Schwerpunkte nach ihrer Vorrangigkeit aufgelistet, und es sollte zum Ausdruck gebracht werden, welche Schwerpunkte wichtig seien und ausgebaut werden müssen. Als Letztes wird die persönliche Entscheidung für einen Schwerpunkt gewünscht, der einem besonderen persönlichen Engagement entspräche. Das Schulprofil ist in vier spezifische Elemente unterteilt, denen die ihnen entsprechenden pädagogischen Felder stichwortartig zugeordnet sind. Schulspezifische Elemente • Differenzierter Unterricht Kl. 7-10 • Differenzierungsschwerpunkte Kl. 9 / 10 • differenzierte Wahlpflichtbereiche • Arbeitsgemeinschaften • Projekttage • Erprobungsstufenarbeit • Schülerbücherei • Schullandheim • Klassenfahrten • Unterrichtsgänge • Hausaufgabenbetreuung • Schulfeste • Musikalische Schwerpunkte 287 • Musical • Adventskonzert • Partnerschaften • Elternmitarbeit • Ausbildung LAA/Praktikanten/Innen • Ausstellungen • Leseförderung • Beratung / Vorbeugung Unterrichtsspezifische Elemente • Differenzierungsangebot 9/10: fs/sw/mk/nw: C, BI • Wahlpflichtbereich 9/10: Informatik / Englisch / Kunst / Tech. Zeichnen / Hauswirtschaft • Arbeitsgemeinschaften: Sport / Musical / Chor / Informatik • Erprobungsstufe: Übergang von der GGS • Weiterführung der Grundschularbeit • Erprobung von Wochenplan + Freiarbeit • Erprobungsstufenkonferenzen • Förderunterricht: Hausaufgabenbetreuung • Leseförderung: Schülerbücherei • Fachbezogene und fächerübergreifende Projekte • Berufswahlvorbereitung • Auswertung der Praktika im Unterricht Schülerorientierte Elemente • SV-Arbeit/Mitwirkungsgremien • SV-Kiosk • Gestaltung von Projekten • Teilnahme an Wettbewerben • Schulfeiern • Tag der offenen Tür • Gestaltung des Klassenraums / Schulgebäude • Sport- und Spielfeste 288 Außerschulische Elemente • Förderverein • Kooperation mit Grund- und weiterführenden Schulen • mögliche Grundschulpraktika • Kooperation mit Verbänden: Krankenkassen / Sozialversicherung / Kirchen • Kooperation mit Vereinen • Partnerschaft Hilda-Heinemann-Schule • Berufsberatung / Arbeitsamt • Beratung / Vorbeugung • Sicherheitstraining / Verkehrspolizei • Schullandheimverein • Stadtbücherei / Theater / Museum • Arbeitgeber: Praktikum • Elterninitiativen • Presse • Kommunalpolitik • Stiftung Lesen Es erfolgt dann die Auswertung der Umfragen zum Schulprofil und der Konsens über pädagogische Grundorientierung • Toleranzvermögen stärken • Mitbestimmung ermöglichen • Bedeutsamkeit von Gefühlen aufzeigen • Selbständigkeit im Denken und Handeln fördern • soziales Verhalten trainieren • Kreativität stärken • zu individuellem Lernfortschritt verhelfen • Lebensbezüge und Lebensperspektiven vermitteln • Wertebewußtsein entwickeln • Kritikvermögen stärken • Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit erhöhen • Teamfähigkeiten entwickeln • Lernen lernen 289 • Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung entwickeln • die Chancen einer demokratischen, pluralistischen, multikulturellen Gesellschaft begreifen und weiterentwickeln lernen • Gewaltfreiheit als wichtigstes Ziel von Konfliktlösungsstrategien akzeptieren lernen In dem darauffolgenden Leitfaden für die Erarbeitung der Schwerpunkte werden die Lehrer aufgefordert, unter anderem eine Bestandsaufnahme darüber zu machen, was sie bislang zu ihrem Thema getan haben und über Fortschritte und Mißlungenes zu reflektieren, ebenso über besondere Schwierigkeiten bezüglich des Personals, der Organisation und über benötigtes Geld zu machen. Es erfolgt die Aufforderung nach Wegen zu suchen, um Schwierigkeiten überwinden zu können und die Aufforderung, einen Maßnahmenkatalog aufzustellen, aus dem hervorgeht, ob der ausgesuchte Schwerpunkt unter den gegebenen Arbeitsbedingungen der Schule überhaupt realisierbar sei. Es sollte eine Differenzierung der Schwerpunkte erfolgen, verbunden mit dem Aufstellen eines Zeitplanes, was wann im Schuljahr geschehen solle, wobei Verantwortlichkeiten nach dem Motto „ Wer macht was wann“ verteilt werden sollen. All diese persönlichen Überlegungen sollten auf einer Folie niedergeschrieben und dem Plenum zur Kenntnisnahme vorgestellt werden. Dieses Schulprogramm weist sechs Schwerpunkte auf, von denen der erste die Erprobungsstufe ist. In der Einführung zum ersten Schwerpunkt wird herausgestellt, welche Bedeutung für den Lernerfolg und die weitere Entwicklung des einzelnen Schülers ein „sanfter“ Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule hat; denn viele Kinder haben es gerade zu Beginn ihrer Laufbahn in der Sekundarstufe schwer, ihre gewohnten Verhaltensweisen aufzugeben: Sie reagieren auf Einschränkungen ihres Bewegungs- und Äußerungsdranges unwillig und beleidigt, ebenso enttäuscht auf die Zurücknahme persönlich bezogener Anerkennung und Hilfestellung. Methodische Arbeitsweisen der Sekundarstufe, im Extremfall zu stark lehrerzentriertes Arbeiten, starker Zeit- und Leistungsdruck erwiesen sich bei Anfängern als starkes Lernhemmnis. Hingegen ist es vorteilhaft, wenn Anbindungen an Grundschulerfahrungen der Schüler stattfindet, vor allem durch verstärkte Partner- und Gruppenarbeit, durch Wochenplanarbeit und Freiarbeit. Selbstentwickelte kleinzielige Teilleistungen, die schnellen Erfolg versprechen, werden dabei bevorzugt. Dagegen kann zu konzentriertem, ausdauernden Arbeiten nur langsam hingeführt werden. Der Schwerpunkt Erprobungsstufe ist akribisch ausgearbeitet worden und wird in besonderem Maße herausgestellt, weil von der festen Überzeugung ausgegangen wird, daß eine allseits 290 umsichtig durchgeführte Erprobungsstufenphase eine hohe Validität für einen erfolgreichen Schulabschluß garantiert. Förderung und Beratung 1. Patenschaftsprojekt 2. Gewaltprävention 3. Suchtprävention 4. Mädchenarbeit / reflektive Koedukation (Informatik) 5. Hausaufgabenbetreuung 6. Förderung lese- bzw. rechtschreibschwacher Schülerinnen und Schüler 7. Förderung leistungsstarker Schüler und Schülerinnen Klasse 10 Englisch / Mathematik 8. Kooperation mit außerschulischen Institutionen zur Begleitung des Überganges in den Beruf oder zu weiterführenden Schulen (s. BWV) 9. Die Schülerbücherei Patenschaftsprojekt Es handelt sich dabei um gegenseitige Patenschaften von Klassen. Sie sind im Rahmen von freiwilligen Arbeitsgemeinschaften eingerichtet worden und sollen sich zu einer festen Einrichtung innerhalb des Schulprogramms entwickeln und weitergeführt werden. Die Schwerpunkte der Arbeit werden gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern entwickelt. Unterstützung finden die einzelnen Paten bei dem Kollegium. Die Zielsetzung dieses Projekts liegt auf unterschiedlichen Ebenen. Stichwortartig sind folgende Ziele gesteckt: • bezogen auf die Paten: Stärkung des Verantwortungsbewußtseins • bezogen auf die Unterstufensschüler: leichtere Integration in die Schulgemeinschaft • bezogen auf das Schulleben: Aufbau und Festigung sozialer Beziehungen, Abbau des Konfliktpotentials. Als mögliche Aktivitäten innerhalb des Patenschaftsprojektes sind aufgeführt: • vorbereitende Planungen in der 8. Klasse (z.B. Landschulheim) • Begrüßung der neuen 5. Klasse bei der Einschulung und Führung durch die Schule • Klassenraumgestaltung • Hilfen bei Lernschwierigkeiten (evt. Auch im Rahmen der Hausaufgabenbetreuung) • Unterstützung nach SV-Sitzungen • Spielgruppen (Gesellschaftsspiele) • Klassenfest 291 • Streitschlichtung • gemeinsame Freizeitaktivitäten (z.B. Kino- oder Schwimmbadbesuch) • u.v.a. Paten sind die Schüler. Die Patenschaften werden für die Schüler des fünften Jahrganges übernommen. Gewaltprävention Die folgende Übersicht zeigt die Beziehungslinien in dem Zusammenwirken der betreffenden Personen und infragekommenden Institute. Projekte / fächerübergreifender Unterricht (der 3. Schwerpunkt) Fächerübergreifender Unterricht soll in Kombination mit Projekten erprobt werden. Eine Eingangsbemerkung weist darauf hin, daß der fächerübergreifende Unterricht bislang an mangelnder Kommunikation innerhalb des Kollegiums gescheitert ist, und zwar deshalb, weil oftmals nicht alle Kollegen über die Inhalte der anderen Fächer informiert waren. Projekte werden als geeignete mehrtägige Veranstaltungen angesehen, innerhalb derer man fächerübergreifend arbeiten kann und bei denen auch andere Arbeitsformen wie Freiarbeit und Gruppenarbeit intensiviert und erprobt werden sollen. Der Hintergrundgedanke, der formuliert wird, ist dabei, daß Schüler entsprechend ihren Neigungen arbeiten können und die Belastung der Lehrer und Lehrerinnen entsprechend geringer wäre, da Projekte fachbezogen und frei wählbar seien, weil die Gruppenstärke gering ist. Die Projektarbeit steht im Vordergrund und fächerübergreifendes Arbeiten soll innerhalb dieser Projektarbeit erprobt und geleistet werden. Während der Projekttage in kleinen Gruppen zu arbeiten, bietet die Möglichkeit Arbeitsformen wie Freiarbeit und Gruppenarbeit, die im normalen Schulalltag nicht durchführbar sind, auszuprobieren. Darin wird unter anderem begründet, welcher Zeitpunkt für Projekttage der günstigste sei. Es heißt: Die Schwierigkeit, Schülerinnen und Schüler am Ende des Schuljahres nach der Zeugniskonferenz für die Schularbeit zu motivieren, und die Überfüllung von Museen, Ausstellungen, Schwimmbädern oder anderer Freizeitbereiche zu diesem Zeitpunkt läßt sich auch für unsere Lehrertätigkeit Erleichterung erhoffen, Projekttage zu diesem Zeitpunkt bieten die Möglichkeit, das Außengelände (Schulhof, Sportplatz) zu nutzen. Zur Orientierung aller sind Grundsätze zur Vorbereitung und Durchführung von Projekttagen ausführlich ausgearbeitet worden. 292 Schwerpunkt Berufswahlvorbereitung Die Berufswahlvorbereitung, die abermals sehr kleinschrittig dargestellt ist, soll hier nur mit übergeordneten Punkten erwähnt werden, wie Berufspraktikum, Darstellung der Berufswelt, Schullaufbahnberatung, Hilfen für die richtige Bewerbung und Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt. Zu diesen einzelnen Punkten sind eine Reihe dazugehörender Unterpunkte detailliert dargestellt. Schwerpunkt: Neue Medien Die dazu eingerichtete Arbeitsgruppe „Neue Medien“ hat folgende Rahmenvorstellungen konzipiert: Wissensvermittlung und Grundausbildung soll projektartig gezielt in allen Gruppen 5 und 6 durchgeführt werden. Die konzeptionelle Vorstellung 1. Inhalte • Textverarbeitung • Lexikon • Tabellenkalkulation (ab Klasse 7) • Internet-Recherche (ab Klasse 7) 2. Problematik • Raum • Klassenaufteilung • Betreuung • Zeit (Randstunden) 3. Medienkompetenz • Bewerbungsschreiben • Aufsätze etc. • Multimediale Referatgestaltung • Fachspezifische Programmbedienung 4. Aktuelle Programme Außerschulische Lernorte: Schullandheim (Schwerpunkt) In der Einführung wird darauf hingewiesen, daß sich bezüglich der Landschulaufenthalte im Laufe der vergangenen Jahrzehnte ein bedeutender Wandel vollzogen hat. Während es früher im hauptsächlichen darum ging, Natur zu erleben und sich in der frischen Luft des Sauerlands zu erholen, lange Aufenthalte im Freien, Wanderungen durchzuführen, sich an Spiel und 293 Sport zu erfreuen und im begrenzten Maße Fachunterricht durchzuführen, so finden heute die Landschulaufenthalte vorwiegend statt, um Projektveranstaltungen mit einem zentralen Thema durchzuführen. Kreatives Arbeiten führt dabei zu guten Lernerfolgen, und gleichzeitig findet soziales Lernen statt, wenn sich alle Teilnehmer in angemessenen Verhaltensweisen üben. Die genannte Zielsetzung der Schullandheimpädagogik ist: • handlungs- und projektorientiertes Lernen • soziales Lernen • Konfliktarbeit • Unterricht in anderer Form / offener Unterricht • Gemeinschaft erfahren, neues Verhalten lernen. Vorteile: • kleine, überschaubare Einheit • Räume und Gebäude ausschließlich für eine Klasse • Nähe zu Bochum • Medienkonsum unterbrochen → reizarm • aktives Freizeitverhalten • Natur erleben, ruhige, waldreiche, verkehrssichere Lage • Sportstätten • Preis Projekte – Schwerpunkte • Unterrichtsbegleitende Projekte (Fachunterricht / Quiz) • Sport, Bewegungsorientierung (Ballspiele, Tischtennis) • Natur (Biologie, Förster) • musisch-künstlerisch (Chor, Musical, Kreatives Gestalten, Werken, Theater, Film) • gruppendynamisches Arbeiten (soziales Lernen, Waldrallye) Schulkultur: musische, künstlerische und sportliche Aktivitäten (letzter Schwerpunkt) Die für diesen Schwerpunkt zuständige Arbeitsgruppe ließ sich von der Überlegung leiten, zunächst eine Bestandsaufnahme aus allen drei Bereichen Sport, Kunst und Musik zu machen und die bestehenden Aktivitäten durch zusätzliche zu ergänzen. So werden Sport und Spielfeste erweitert durch fächerübergreifendes Arbeiten zum Thema Fitness, Sport z.B. Rückenschule, Fitnessgymnastik, Krafttraining mit der Biologie z.B. Drogen, Doping, 294 Ernährung. In der Spate Schulmannschaften Fußball, Volleyball, Judo ist an eine Öffnung der Schule in Form von erweiterten Arbeitsgemeinschaften gedacht. Alternative Sportarten wie Inline Scating, Tauchen, Golfen oder Wasserski sollen Interessenten angeboten werden. Diese Aktivitäten werden auch in Verbindung mit den Schullandaufenthalten gesehen. Die bestehenden Aktivitäten in Musik sind Chor, Adventssingen, Kooperation mit einer Behindertenschule und Arbeitsgemeinschaften. Zusätzliche Aktivitäten bieten sich in diesem Bereich nicht an. Zu den in der Kunst bestehenden Aktivitäten wie die alljährliche Erstellung eines Schülerkalenders aus ausgewählten Arbeiten von Schülern aller Jahrgangsstufen, finden Kunstausstellungen statt und die Gestaltung der Schule steht im Mittelpunkt. Als zusätzliche Aktivitäten werden die Ausstellungen von Schülerarbeiten in außerschulischen Institutionen genannt, eine Textil-Kunst-Arbeitsgemeinschaft und die Schulhofgestaltung. Die musischen, künstlerischen Aktivitäten werden von der Schule als deren Schulkultur definiert. Das Schulprogramm der DRITTEN SCHULE, kompakt, siebenseitig getackert, mit dem vorderseitigen Slogan: Schule als Haus des Lernens und des sich Wohlfühlens. Sein Inhalt ist in einer Inhaltsübersicht in sieben Punkte aufgeteilt: 1. Prinzipien des Lehrens und Lernens 2. Erziehung 3. Unterricht a) Stufe 5 / 6 b) Stufe 7 / 8 c) Stufe 9 / 10 4. Öffnung von Schule 5. Qualitätssicherung und Leistungsbewertung 6. Gestaltung von Klasse, Schule, Umfeld 7. Ausblick Zu Punkt 1. Prinzipien des Lehrens und Lernens: Sie werden als Voraussetzung dafür genannt, unter denen die Jugendlichen ihr Leben bereits in der Schule entsprechend ihren Fähigkeiten, Neigungen und Bedürfnissen leben und gestalten können. Gleichzeitig sollen die Schüler in der Atmosphäre des Sich-Wohlfühlens im Lebensraum Schule sowohl im fachlichen und überfachlichen Bereich, als auch in ihrer personalen und sozialen Entwicklung unterstützt und helfend begleitet werden, vor allem im Hinblick auf die Gestaltung ihres Lebens nach Abschluß ihrer Schulzeit. Dies impliziert, daß 295 die Förderung der Leistungsbereitschaft und der Leistungsfähigkeit Grundlage der unterrichtlichen Tätigkeit sein muß. Dabei ist die Zielsetzung, die besondere Stärkung folgender Aspekte: • das Selbstvertrauen, um gestellte Aufgaben zu lösen und auch Niederlagen zu akzeptieren • die Bereitschaft hinzuzulernen und sich zu verändern • die Bereitschaft für ein gesetztes Ziel intensiv zu arbeiten • die Befähigung individuelle Leistungsanforderungen zu erfüllen • die Befähigung sich auf neue, unbekannte Leistungsanforderungen vorzubereiten • die Bereitschaft sich auch für die Ziele anderer einzusetzen • die Befähigung sich als Teil einer Gruppe, die Leistungsanforderung bewältigen muß, zu verstehen • die Bereitschaft und Befähigung lebenslangem Lernens. 2. Punkt: Erziehung Eine unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Begleitung der Kinder und Jugendlichen ist die Konsensbildung der Lehrerschaft, der Eltern und der Schülerinnen und Schüler im Hinblick auf grundsätzliche Ziele und Methoden der pädagogischen Arbeit durch Intensivierung der Arbeit in Mitwirkungsgremien. Die Schüler erhalten eine feste Bezugsgruppe von Personen, die vor allem für sie zuständig ist und sie möglichst drei Jahre personell stabil begleiten. Vor allem in den ersten drei Jahren soll ein hoher Anteil von Klassenlehrerstunden gewährleistet sein. Der ständige Erfahrungsaustausch des Kollegiums, Teambesprechungen und Jahrgangstufen-konferenz, der Austausch mit den Schülern, den Eltern und die Öffnung der Schule bietet die Möglichkeit Anregungen aufzunehmen, um Neues zu lernen und in die pädagogische Praxis umzusetzen. Im erzieherischen Bereich treffen die unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer Absprachen über die pädagogische Arbeit. Als Schwerpunkte für die pädagogische Arbeit in nächster Zeit sind genannt: • die Intensivierung der Streitschlichtungsstrategien (Konflikttraining) • die Stärkung der Verantwortungsbereitschaft der Schüler • die Förderung der Konzentrationsfähigkeit • die Weiterführung der Migrantenförderung • die Umsetzung der Weiterentwicklung der Schulordnung 296 • die weitere Sensibilisierung für den bewußten Umgang mit den Ressourcen der Natur (Müllvermeidungskonzept) Die Klassenlehrerstunde, auch als Orientierungsstunde definiert, dient: • der Förderung von Toleranz • Respekt vor Andersdenkenden • der Festlegung von Gesprächsregeln. Das geschieht indem: • das Wir-Gefühl der Klasse gestärkt wird • Raum und Zeit bleibt, Konflikte sachlich zu lösen • Konflikte unterhalb der Schwelle von Disziplinarmaßnahmen gelöst werden können • Raum und Zeit gegeben wird, unterschiedliche Wertvorstellungen zu erkennen, zu diskutieren und zu akzeptieren • Möglichkeiten gegeben werden, die Integration auffälliger Schülerinnen und Schüler zu fördern. Die Annahme von Ämtern und Patenschaften soll die Schüler schrittweise, ihrem Alter entsprechend, dazu befähigen: • Verantwortung zu übernehmen und zu tragen • in einem überschaubaren Bereich selbständig zu entscheiden und zu handeln • Selbstbewußtsein zu entwickeln und zu stärken • mit Kritik umzugehen. Auch Kenntnisse und Fähigkeiten von Eltern sollen hier miteinbezogen werden. Die Elternmitarbeit und die Elternunterstützung sind Bausteine. Da Schüler in ihrer Schulzeit Erfahrungen aus dem häuslichen und schulischen Bereich miteinander vermischen, ist es erforderlich, daß im Rahmen des Schulmitwirkungsgesetzes ein vielfältiges Engagement der Eltern spürbar wird. Die Möglichkeiten der Zusammenarbeit von Eltern und Schule über die Mitwirkungsgremien hinaus sind z.B.: • regelmäßige schulöffentliche Veranstaltungen (Schulfest, Projektwoche, Schulgottesdienst, Theateraufführung ...) • Mitarbeit im Förderverein, der die Weiterentwicklung der Schule inhaltlich, praktisch und finanziell unterstützt • Mitarbeit der Eltern bei einzelnen Unterrichtsvorhaben (Unterrichtsgang) • Mitarbeit der Eltern bei Pausenaktivitäten (Café, Sport) Unter dem 3. Punkt Unterricht ist folgendes vermerkt. Bezogen auf den unterrichtsorganisatorischen Bereich berät das Kollegium und die Fachschaften der 297 Jahrgänge, die Lehrerkonferenz sowie die Schulkonferenz im Rahmen der gesetzlichen Vorhaben über schulinterne Curricula wie über Möglichkeiten der Qualitätssicherung und methodische Schwerpunkte. Aus dieser Tätigkeit ergeben sich folgende pädagogische Schwerpunkte und Zielsetzungen, differenziert nach einzelnen Jahrgangsstufen: a) Stufe 5 / 6: Stufe der Angleichung und Binnendifferenzierung • gleitender Übergang von der Grundschule • Hospitation in Grundschule, Einladung der Grundschule zu Erprobungsstufenkonferenzen • Angleichung der Unterschiede im Wissens- und Fertigungsbereich • Fortführung der Arbeit in den bekannten Fächern • Einbindung des Projekts: „Das Lernen lernen“ • Organisation und Verwaltung des eigenen Arbeitsplatzes und Aufenthaltsbereich • Organisation von Arbeit, Material und Informationen • Einhaltung von Gesprächsregeln im großen und kleinen Bereich • Ausbau der Konzentrationsfähigkeit • Weiterführung der Freiarbeit • Bildung arbeitsfähiger Lerngruppen • Förderung der Methodenkompetenz durch eigenverantwortliches Arbeiten (EVA) • Aufarbeitung von Defiziten in den Fächern Mathematik, Deutsch, Englisch durch ein klassenübergreifendes, halbjährlich wechselndes Förderband • Förderung der Medienkompetenz durch eine Pflicht-AG • Türkisch-AG • Verteilung des Unterrichts auf möglichst wenig Lehrer • Zusammenarbeit mit den der Schule angegliederten Betreuungsheimen b) Stufe 7 / 8: Stufe der Begabungsdifferenzierung • Einführung der zweiten Fremdsprache (Französisch, verpflichtend in Klasse 7) • Berücksichtigung der reflexiven Koedukation in Sport und in den Naturwissenschaften • Förderung der Team- und Kommunikationsfähigkeit (EVA) • Fortführung des Projekts „Das Lernen lernen“ (Methodentraining, Sozialformen, Arbeitsformen) • Förderung der Medienkompetenz durch eine Pflicht-AG Medienerziehung 298 • Türkisch-AG / Italienisch-AG • Förderung und Ausbau von Begabungsprofilen WPI (Klasse 8) Französisch, Sozialwissenschaften, Informatik, Technik, Naturwissenschaften • Vorbereitung auf WPII (Pflicht-AG´s) Schüleraustausch (Frankreich, Italien, England) • Durchführung von Klassenarbeiten mit den Schwerpunkten Erlebnis- und Abenteuerpädagogik Klasse 7 England Klasse 8 c) Stufe 9 / 10: Stufe der Abschluß- und Berufsförderung • WPII (Pflicht-AG´s): Ergänzung und Vertiefung von Lernen aller Fächer • Fremdsprachen-AG´s: Spanisch, Italienisch, Türkisch • Förderung der Medienkompetenz (Informatik-AG, Homepage-AG) • Vorbereitung auf die Berufswelt (Praktikum, Arbeitsamt) • Bewerbungstraining (DAG, AOK) • Vorbereitung auf die Abschlüsse der Sekundarstufe I • Vorbereitung auf die gymnasiale Oberstufe durch gezielte Förderung Englisch-Konversation Französisch für Fortgeschrittene Mathematik für die Oberstufe Literaturkurs 4. Punkt: Öffnung der Schule Hier werden die im Rahmen des Schulprofils existierende Gestaltung und Öffnung der Schule unter Einbeziehung außerschulischer Institutionen aufgeführt, die die Gestaltung des Schullebens unterstützen. • schuleigene Homepage, Emailing, Internet (T-Online, TMR) • Mädchen- und Jungenförderung (Polizei) • stark ohne Gewalt (Polizei) • Suchtprophylaxe (Polizei) • Drogenberatung (Caféroute 66) • Sport-AG´s, Wettkämpfe • ökologischer Bereich (KIDS, Schulgarten, Wetterstation) • musisch/künstlerischer Bereich (Theater-AG, Homepage) 299 • Schrift- und Sprachförderung, Medienerziehung (Schülerzeitung, Theater, Homepage) • Überkonfessionelle Gottesdienste unter Einbeziehung der Kirchen • Punktuelle, fachspezifische Förderung • Berufswahlvorbereitung (Bewerbungstraining, Praktika mit Betreuung) • Kultureller Austausch (Sokrates, Schüleraustausch, Email-Projekte) • Elterngesprächskreis, evt. mit Referenten • Aidsprophylaxe (Pro Familia, Gesundheitsamt) Ergänzend wird ausgeführt, daß es diese unterschiedlichen, angebotenen AG´s, Projekte und Angebote den individuellen Bedürfnissen, Neigungen und Begabungen der Schüler Rechnung tragen und ihnen die Möglichkeit erschließen, diese zu entdecken. 5. Punkt: Qualitätssicherung und Leistungsbewertung Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen die Schüler im großen Umfang die gleichen Voraussetzungen mitbringen. Ein schulischer Schwerpunkt ist deshalb der sogenannte parallelisierte Unterricht, der so definiert wird, daß die einzelnen Kollegen in den Fachkonferenzen Absprachen treffen hinsichtlich der: • Lernziele • Übungsaufgaben und Aufgabentypen • anzustrebenden Grundfertigkeiten in Leistungsbewertung (Parallelarbeiten) • projektbezogene Arbeiten • Festsetzung der Lernstandards Es erfolgt in dem Zusammenhang der Hinweis, daß die Leistungsbewertung und Qualitätssicherungen durch Erlasse geregelt, und hinsichtlich der Arbeitshaltung, Hausaufgaben, der mündlichen und schriftlichen Leistungen näher differenziert sind. 6. Punkt: Gestaltung von Klasse, Schule und Umfeld Alle Beteiligten der Schule, Eltern, Schüler, Lehrer sollen die Möglichkeit zur individuellen Klassenraumgestaltung nutzen können. Dies gilt ebenfalls für die Außenanlagen, die Gestaltung von Schulhof und Schülercafé. Die Aufforderung an alle geht weiter auf die Gestaltung der Klassenbücherreihen, der Stellwände und Pinwände, der Verschönerung der Räume mit Pflanzen, des Gesprächraums für Eltern, Arbeitsraum für das Lehrerkollegium, desgleichen für Medienräume und Medienecken in den Klassenräumen, für Sitzbänke in den 300 Nischen der Flure, für das Schülercafé und für die Außenanlagen, das betrifft die Sitzgruppen, die Tischtennisplatten und die Bepflanzung. Unter Punkt 7 „Ausblick“ ist die Schlußbemerkung formuliert: Das vorliegende Schulprogramm beinhaltet die pädagogischen und unterrichtlichen Schwerpunkte für die nächsten zwei Jahre. Das Programm wird evaluiert und damit weiterentwickelt. Dem Schulprogramm ist ein ausführliches EVA- Methodentrainingsprogramm beigefügt, dessen Punkte hier nicht näher erläutert werden müssen. Das Programm der VIERTEN SCHULE liegt im gehefteten DIN A5 – Format mit sehr stark verkleinertem Schriftbild vor, das dem Leser ein hohes Maß an Konzentration abverlangt. Das Programm mit den Wörtern Schulprogramm und Schulprofil betitelt, zeigt darunter eine dampfende Lokomotive mit dem Spruch „Wir machen Dampf“. Das Inhaltverzeichnis, dem ein Vorwort vorgeschaltet ist, nennt drei Säulen des Schulprogramms: 1. Unterricht 2. Erziehung 3. Öffnung von Schule nach außen. Im Vorwort werden die Verdienste des Namenpatrons dieser Schule, eines Pioniers des Kohlebergbaus, skizziert und die Frage aufgeworfen, ob Pioniergeist, Kreativität, Ehrlichkeit, Vertrauen noch heute geltende Attribute und Werte seien, die ihre Gültigkeit über zwei Jahrhunderte hinweg behalten haben. Diese Werteorientierung soll auch in der Erziehung der Schüler einfließen. Sie bezieht sich unter anderem dabei auf Artikel 7 der Landesverfassung in NRW, in der es heißt: Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor der Würde des Menschen, Bereitschaft zum sozialen Handeln zu wecken, ist vornehmliches Ziel der Erziehung. Die Säulen des Schulprogramms beziehen sich auf die veröffentlichten Richtlinien für Realschulen von 1993 und der Schrift „Zukunft der Bildung, Schule der Zukunft“ von 1995 und einer Reihe von Erlassen zum Schulprogramm. Unter diesen Gesichtspunkten soll die Schule von drei Säulen getragen werden: 301 Unterricht Erziehung Öffnung Medienvielfalt Arbeitsgemeinschaften Differenzierung Kernunterricht Hausaufgabenhilfe Projekte Nachmittagsangebote zu kritischen Umgang mit Medien zum Einhalten von Normen nach Artikeln des Grundgesetzes Leistungsbereitschaft Verantwortungsbewußtsein soziale Verantwortung Zusammenarbeit mit Grund- schulen Zusammenarbeit mit Institutionen des öffentlichen Lebens Schülerzeitung Berufwahlorientierung Teilnahme an Wettbewerben Partnerschaften und Sponsoring Diese Säulen werden getragen durch Fachkompetenz, vorbildhafte, geeignete, lernwillige, engagierte, kooperative und verantwortungsbewußte Lehrer, Schüler und Eltern. Zum Unterricht werden folgende Bemerkungen gemacht: 1. Unterricht: Verwirklichung dieser Schwerpunkte ist ein richtlinienkonformer Unterricht im Kern und Differenzierungsbereich unabdingbar. Ebenso wichtig ist ein auf Grundgesetz, Werten und Normen basierender erziehender Unterricht. Die so gewonnenen Kenntnisse befähigen die Schüler: • ein individuelles Selbstverständnis zu entwickeln, das sie befähigt, soziale Verantwortung zu übernehmen • sich mit Werten und Normen auseinanderzusetzen • in der Welt des ständigen Lernens, die für sie wichtigen Schritte bei der Berufswahl zu tun und somit den geeigneten Beruf zu finden • in einer demokratischen Gesellschaft verantwortlich zu handeln und mitzubestimmen • offen zu sein für andere Kulturen • aus der Tradition für Gegenwart und Zukunft zu lernen. Aus diesen Kenntnissen und Befähigungen ergeben sich wiederum unter anderem Teamfähigkeit, Medien- und Methodenkompetenz. Unter dem Punkt Unterricht wird auf schuleigene Schulpläne verwiesen, die nicht ausgeführt sind, aber mit dem Zusatzvermerk, daß sie jeder Zeit bei der Schulleitung einzusehen seien. Erwähnt wird danach ein Kern- und Differenzierungsunterricht, in dem betont wird, daß in jedem Fach die Prinzipien der Gegenwarts- und Zukunftsorientierung, der Wissenschafts-, Handlungs- und Erfahrungsorientierung unterschiedlich stark berücksichtigt werden. Der Kern- und 302 Differenzierungsunterricht, der in jeder Hinsicht leistungsorientiert ist, sollen die erwähnten Befähigungen und Fertigkeiten auch mit anderen Unterrichtsformen erreicht werden. Zunächst die Freiarbeit. Es wird betont, daß die Freiarbeit 1997 für die Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik zur Erprobung erschlossen wurde. Nach der erfolgreichen Erprobungszeit ergeben sich dann Möglichkeiten der Realisierung. Im Fach Deutsch: Freiarbeit wird in einer zeitlich begrenzten Phase einer Unterrichtseinheit, eventuell auch in Verbindung mit Wochenplan- bzw. Projektarbeit, durchgeführt. Die freien Arbeitsangebote an die Schüler sind Übung, Festigung und Vertiefung eines Unterrichtsstoffes. Für das Fach Englisch wurde die Feststellung getroffen, daß die Freiarbeit eine zusätzliche Motivation für die Schüler war, die zu größeren Lernerfolgen führte. In der Erprobungsstufe war sie die Phase der Festigung und Intensivierung. Für die Mittel- und Oberstufe wird der Hoffnung Raum gegeben, daß sie ein Weg sei, um zu mehr Selbständigkeit und eigenständigem Lernen zu gelangen. Die Freiarbeit im Fach Mathematik führte zu der allgemeinen Erkenntnis, daß das kleinschrittige, selbständige Arbeiten eine Motivationssteigerung mit sich brachte. Auf dieser Basis positiv gewonnener Erkenntnisse wird zum Ausdruck gebracht, daß die in der Freiarbeit erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten auf andere Fächer übertragen werden können, so daß die Freiarbeit für die Zukunft qualitativ ein wichtiges Unterrichtsprinzip sein werde. Der fächerübergreifende Unterricht wird nach inhaltlichen und zeitlichen Absprachen in den Fachgruppen konzipiert und in den schuleigenen Lehrplänen festgehalten. Beispielhaft erwähnt werden die Absprachen zwischen zwei Fächern z.B. Deutsch und Geschichte, etwa beim Thema „Mittelalter“ oder zwischen mehreren Fächern wie Deutsch, Biologie und Kunst, als Beispiel „Haustiere“ genannt. Erwähnt wird des weiteren das häufig ein fächerübergreifender Unterricht auch zu kleineren oder größeren Projekten führt. Projektarbeit wird seit Jahren in Form von Projektwochen oder Einzelprojekten durchgeführt. Die Projektwochen stehen dann unter einem einheitlichen Thema, z. B. „Unsere Zukunft“, „Wir und Europa“. Der nächste Hinweis gilt dem Förderunterricht, der in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik erteilt wird und fester Bestandteil der schulischen Arbeit ist. Durch ihn werden gezielt die zeitweise auftretenden Wissenslücken der Schüler infolge von Unterrichtsversäumnissen aus Krankheits- und anderen Gründen geschlossen, und sie werden an das allgemeine Klassenniveau herangeführt. Allerdings kann der Förderunterricht, so die Betonung Fehl- und Minderleistungen, die aufgrund von falscher Schulwahl entstehen nicht 303 auffangen. Des weiteren wird der Einsatz neuer Technologien erwähnt. Seit 1982 ist der Gebrauch von Computern im Unterricht an dieser Schule eine Selbstverständlichkeit. Aus den anfänglichen Arbeitsgemeinschaften, in denen Computer benutzt wurden, wurden Neigungskurse mit Klassenarbeiten in Informatik eingeführt. Die Computer-Arbeitsgruppe intensiviert ihre Arbeit durch die Informationsbeschaffung im Internet. 2. Thema Erziehung Einleitend wird darauf hingewiesen, daß eine Schule nicht nur Vermittlerin von Wissen ist, dagegen auch kein Ort, an dem eine Wissensvermittlung über „Spaßschule“ vergessen wird oder mit dem Programm „Der Weg ist das Ziel“ sich nur noch der Erziehungsaufgabe widmet. Als Basis der Erziehungsarbeit wurde ein Werte-ABC erarbeitet, daß Grundhaltungen und Werteinstellungen für ein erfolgreiches schulisches Zusammenleben auf der Grundlage von Grundgesetz-, Richtlinien- und Elternverantwortung festlegt. Der Themenkatalog wird ungekürzt wiedergegeben. A Achtung / Respekt Wir respektieren einander, sind taktvoll im Umgang miteinander und verletzen auch nicht mit Worten und Gesten. B Beständigkeit In unserem Tun bemühen wir uns um Gewissenhaftigkeit und Treue, so daß wir uns vertrauensvoll aufeinander verlassen können. C Chancengleichheit Wir vermeiden egoistisches Verhalten, das nur den eigenen Vorteil sieht. Wir verhalten uns so, daß jeder die Möglichkeit hat, seine Fähigkeiten einzusetzen und zu entfalten. D Disziplin / Durchhaltevermögen Wir bemühen uns ernsthaft, gegebene Ordnungen einzuhalten und sollten auch bei Mißerfolgen nicht aufgeben, sondern versuchen, durchzuhalten. E Ehrlichkeit / Wahrheit Lügen und Unwahrheiten haben bei uns keine Chance. 304 F Fairness Allen räumen wir die gleichen Rechte und Möglichkeiten ein wie uns selbst und erkennen auch bei Niederlagen Leistungen anderer neidlos an. G Gerechtigkeit Beurteilungen, Bewertungen und Maßnahmen werden so erklärt, daß sie durchschaubar werden und Einsicht bewirken für nachfolgendes Verhalten. H Hilfsbereitschaft Wir helfen überall dort, wo wir können. Wir helfen jedem., der Hilfe braucht so gut wir können. Höflichkeit / Freundlichkeit Aggressives, flegelhaftes und unhöfliches Verhalten stören das Schulklima. K Kommunikationsbereitschaft Wir suchen das Gespräch zum Austausch von Gedanken und Gefühlen, Plänen und Ergebnissen. Konfliktfähigkeit Meinungsverschiedenheiten, Mißerfolg und Niederlagen sollten fair und auch ohne versteckte Aggressivität bewältigt und verkraftet werden durch gemeinsame sachliche Gespräche, um wieder ein offenes, friedliches Miteinander zu schaffen Konsequenz Regeln und Werte, die einmal als verbindlich aufgestellt wurden, werden ohne Ausnahme eingehalten. Nicht-Einhaltung führt zu strengen Maßnahmen. Gesteckte Ziele werden gradlinig verfolgt. Kooperationsfähigkeit Wir erstreben Austausch von Gedanken, Informationen und Erfahrungen, um durch Darstellung und Erwägung verschiedenster Meinungen zu gemeinschaftlichen Ergebnissen zu gelangen, die dem Wohl aller dienen. Kreativität 305 Jeder am Schulleben Beteiligte sollte mit eigenen realisierbaren Ideen an der Ausgestaltung des schulischen Alltags mitwirken, Initiativen ergreifen, sich aufgeschlossen zeigen gegenüber Ideen anderer und bereit sein, neue Aufgabenbereiche mit Engagement anzugehen. Kritikfähigkeit Eine ablehnende oder befürwortende Kritik muß aus der Sache heraus erfolgen. Für den Einzelnen bedeutet dies, daß er sachlich auf Kritik reagiert, mögliche Fehler einsieht und Bereitschaft zur Korrektur, zum Umdenken zeigt. Kultur / Tradition Basiskenntnisse über die kulturellen Grundlagen unserer Nation und Europas sollen vermittelt werden. Die gesellschaftlich geprägten familiären Rahmenbedingungen, in denen wir hier leben und in denen ausländische Mitschüler aufwachsen, müssen wir ebenso wertfrei berücksichtigen wie die Ausprägungen verschiedener religiöser Formen. Dies erfordert eine aktive Wahrnehmung kultureller Angebote, eine Teilnahme an verschiedenen kulturellen Veranstaltungen und die Offenheit gegenüber Internationalität. L Lern- und Leistungsbereitschaft Wir lassen uns durch Motivation anspornen und setzen Lernwille und Interesse bewußt ein. So schaffen wir ein Lernklima, in dem wir mit Freude und Erfolg arbeiten können. M Menschlichkeit In unserem Miteinander zeigen wir Herz! Wir schenken einander Aufmerksamkeit und sind freundlich zueinander, so daß sich jeder wohlfühlen kann. P Pünktlichkeit Pünktlichkeit hilft uns, gemeinsames Lernen mit der notwendigen Konzentration beginnen zu lassen. Sie nimmt Rücksicht auf die Interessen des anderen und zeigt, daß wir einander in unserer Arbeitshaltung respektieren. S Solidarität Wir möchten Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln und unterstützen alle Anstrengungen im Zusammenhalt und Zusammenwirken, um als Klassengemeinschaft und Schule gemeinsam das Bestmögliche zu erreichen. Sorgfalt 306 Der sorgfältige und schützende Umgang mit den uns anvertrauten Unterrichtsmaterialien und Gegenständen ist für uns selbstverständlich. Achtsamkeit und Genauigkeit fördern das Lernen. T Toleranz In unserer Gleichwertigkeit begegnen wir anderen so, wie wir uns wünschen, daß man uns begegnet. Negativen Vorurteilen in Form von oberflächlichen Verallgemeinerungen und abwertenden Äußerungen treten wir mit Entschiedenheit entgegen. Gerade die Vielfalt unserer Anschauungen und Ideen ist gewünscht; denn sie ist belebend und bereichernd. U Umweltbewußtsein Die Umwelt als kostbares Gut dieser Erde zu schützen ist die Aufgabe von uns allen. In der Schule achten wir daher darauf, Energie zu sparen, durch die Auswahl unserer Produkte Müll zu vermeiden und entstandenen Müll konsequent getrennt zu entsorgen. V Verantwortungsbereitschaft Für die Folgen unseres Tuns, aber auch für das Unterlassen notwendiger Handlungen sind wir mitverantwortlich. Angerichtete Schäden fordern Wiedergutmachung, menschlich und sachlich. Vertrauen Vertrauen ist das Fundament unseres gemeinsamen Lernens. Vorbild Wir sollten so handeln, daß unser Verhalten Orientierung und Nachahmung sein kann. Z Zukunftsorientiertheit Unser schulisches Arbeiten sollte vorbereiten auf ein verantwortungsbewußtes Leben in einer multimedialen, globalen Gesellschaft. Zuverlässigkeit Wir halten Vereinbarungen und Absprachen, auch dann, wenn es Mühe kostet. Der nächst Abschnitt befaßt sich mit dem Thema Eltern und Schule. 307 Hier wird darauf hingewiesen, daß die Schüler die Begleitung und Förderung ihrer Eltern im Schulalltag benötigen. Durch sie werden Bedingungen für ein positives Lernverhalten ihres Kindes zu Hause geschaffen. Eltern tun das, indem sie: • einen eigenen Bereich für störungsfreies Lernen schaffen • für die Bereitstellung von Schulmaterialien sorgen • ihre Kinder positiv verstärken bei Erfolg und vor allem auch bei Mißerfolg ermutigen • sich vor allem an der Leistungsfähigkeit ihres Kindes orientieren und dabei Überforderung vermeiden. Für die Basis einer positiven Schulentwicklung der Kinder gilt nur die Zusammenarbeit, das Miteinander der Lehrer und Eltern. Eventuelle Störungen lassen sich vorab im Vorfeld durch Gespräche beheben. Es wird hervorgehoben, daß die Eltern in folgenden Schulgremien: die Klassen- und Schulpflegschaft, Schulkonferenz, Fachkonferenz die Möglichkeit zur Mitgestaltung des Schulalltags und damit auch des Schulklimas haben. Ein weiter Punkt ist die Soziale Verantwortung. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Erziehung zur sozialen Verantwortung eines der schwierigsten Erziehungsziele sei, weshalb sich die Schule in der Pflicht sieht, von einem egoistischen Denken weg zu einem Denken an den Anderen, an ein Miteinander zu gelangen und zwar über verschiedene Ansätze: Gewaltprävention – in der eigenen Klasse, in der Schule, im Schulzentrum, Teilnahme an dem Modell „Ohne Gewalt stark“ mit der Bochumer Polizei. Streitschlichtermodell – Schüler schlichten Streitigkeiten unter Schülern ohne die Hilfe Erwachsener. Zum Entwickeln einer sozialen Schulkultur wird empfohlen, anhand einer Hausordnung Basisregeln für alle am Schulleben Beteiligte aufzustellen. Mit dem Motto Schüler helfen Schülern z.B. bei Hausaufgaben, bei Freiarbeit oder Projektarbeit und die Verwirklichung einheitlicher Konsequenzen bei Verstößen. Als einweiterer Punkt wird das Aufstellen eines sog. „Erste-Hilfe-Programms“ bei offensichtlichen Attacken aufgeführt • In die Auseinandersetzung eingreifen und Gewalt unterbrechen • Sich einen Überblick über sie Lage verschaffen • Opferhilfe leisten • Signale an den Täter geben • Unterstützung holen 308 • Zuschauende wegschicken • Die Konfliktparteien beruhigen Als weitere Maßnahmen werden je nach Lage folgen • Konflikt aufarbeiten • Konsequenzen ziehen (nach J. Walker) Es wird darauf hingewiesen, daß das Verantwortungsbewußtsein der Schüler in jedem Unterricht in kleinen Schritten geübt und gefestigt werden kann. Besonders dafür geeignet ist die Gruppenarbeit, vor allem aber dem naturwissenschaftlichen Unterricht fällt eine besondere Aufgabe zu, weil hier die Verantwortung für die Sache, für fremdes Eigentum zu wecken und zu fördern sind. Darüber hinaus soll auf die Bereitschaft, für eigenes Handeln die Verantwortung zu übernehmen, hingewiesen werden. Daraus ergibt sich auch letztlich die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung für Andere. Der nächste Punkt befaßt sich mit der Leistungsbereitschaft, auf die hinzuarbeiten ein mehrstufiger Weg verfolgt werden soll. Um sie grundsätzlich bei den Schülern bereitzustellen, müssen diese motiviert sein. So werden Motivationen durch Interesse und Erfolg gefördert. Beides wiederum wird durch richtiges Lernen hervorgerufen. Daraus erfolgt, daß das „Lernen lernen“ zum Schulalltag gehört. Dieses Projekt wird freiwillig in 2 Stufen angeboten. Der Kernpunkt besteht deshalb in einem Konzept, das die Vermittlung von: • Methoden der Arbeits-, Zeit-, und Lernplanung • Methoden der Informationsbeschaffung und -erfassung • Methoden der Informationsverarbeitung und -aufbereitung vorsieht. Daraus wird gefolgert, daß die in dem Kurs gewonnene Fähigkeit zum Lernen die Leistungsprofile und Leistungsanforderungen der einzelnen Fächer zu erreichen seien. Der folgende Punkt ist die Erarbeitung von Medienkompetenz. Darunter ist der sach- und fachgerechte Umgang mit den sog. „alten“ und „neuen“ Medien zu vermitteln, was im einzelnen bedeutet, daß z.B.: • über die Wirkung und Funktionsweise des jeweiligen Mediums Bescheid zu wissen (z.B. Fernsehen, Zeitung, Fotographie, Internet u.a. Telekommunikationsmedien) • die Beschleunigung des Lernens mit Hilfe neuer Medien zu erfahren • Probleme und Suchtgefahren beim Umgang mit den „Neuen Medien“ einschätzen zu lernen • solche neuen multimedialen Lern- und Lehrmittel selbst herzustellen oder sie zumindest im Unterricht auszuprobieren. 309 Als besonders empfehlenswert wird dieser Bereich angesehen, der auch die Lehrer zwingt, sich ständig neues Wissen zu erschließen und sie mit den Schülern quasi in einem kollegialen Austausch stehen können. Der nächste Punkt ist Kreativität. Sie zu erkennen und zu fördern ist nicht möglich im Pflichtunterricht. Deshalb werden Arbeitsgemeinschaften angeboten, in denen den Schülern geboten wird, ihre Kreativität zu entdecken und die dann entsprechend gefördert werden soll. Der nächste Punkt ist der bewußte Umgang mit der Umwelt. Diesem Thema wird sehr intensiv seit Jahren nachgegangen und wurde im Kernunterricht in Form verschiedener Projekte entsprochen. Beispielhaft durchgeführt wurden die Gewässeruntersuchung eines Sees in Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden. Ein weiteres Thema war die Trennung von Müll, mit dessen bewußten und verantwortungsvollen Umgang, um dessen Verwendung als Wertstoff zu veranschaulichen. Ein weiteres sehr umfangreiches Projekt war die Teilnahme an Darstellung von Energiemaßnahmen der örtlichen Stadtwerke, in dessen Mittelpunkt der sinnvolle Energieverbrauch stand und in dem vor allem auch zum Nachdenken über Energieeinsparungsmöglichkeiten für Zuhause angeregt wurde. Es erfolgt hier der Hinweis (wörtlich): Dieses Bewußtmachen von Zusammenhängen in der Umwelt in Bezug auf Energie- und Ressourcenschonung ist ein wesentlicher Bestandteil des Schulprogramms. Dessen Ergebnisse können auf der Schulhomepage nachgelesen werden. Der letzte Punkt ist: Kulturverständnis für die eigene und fremde Kulturen. Einzelne Unterrichtseinheiten, Museumsbesuche, Auslandsfahrten und Besuche von kulturellen Veranstaltungen tragen zum Verständnis der eigenen und der fremden Kultur bei. Als letztes erfolgt der Hinweis in dem Zusammenhang, daß (wörtlich) durch das Nebeneinander verschiedener Nationen im Klassenverband vielfältige Möglichkeiten gegeben sind, um Einblicke in andere Lebenskreise zu bekommen. Die Punkte der dritten Säule des Schulprogramms ist die Öffnung von Schule nach außen, werden im Folgenden nur genannt ohne deren jeweiligen kurzen Ergänzungen wiederzugeben. Die unter diesem Punkt subsummierten Arbeitsfelder sind wie folgt: Freiwillige Arbeitsgemeinschaften • Theaterarbeitsgemeinschaft • Schulband • Fußball • Schülerzeitung • Let´s sing and play together 310 • Mofakurs • Multimedia-AG • Homepage-AG Arbeitsgemeinschaften mit Unterstützung anderer Einrichtungen • FutureKids • DRK in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz werden durchgeführt: • Erste-Hilfe-Kurse • Erste Hilfe zum Erwerb des Mofa-Führerscheins • Ausbildung zum Schulsanitäter, „Erste Hilfe am Kind – Babysitten“ • Rechtskunde-AG (in Zusammenarbeit mit dem Landgericht) Diese Kurse sind feste Bestandteile der Zusatzangebote, die weiter ergänzt werden durch ein Projekt zur Hausaufgabenbetreuung, genannt 13-Plus.Es handelt sich dabei um eine seit drei Jahren praktizierte Zusammenarbeit mit der AWO mit dem Ziel der Stärkung und Förderung der sozialen Kompetenz der Schülerinnen und Schüler, sowie sozial benachteiligter Jungendlicher. Die Schwerpunktarbeit ist dabei nicht die Förderung des Einzelnen, also eine gezielte Nachhilfe zur Aufarbeitung von Leistungsdefiziten, sondern ist Lernen von Konzentration und Selbstorganisation von Arbeit und Lernen kommen vor allem Schüler infrage, die aus sozial schwachen Familien stammen oder denen aus anderweitigen Gründen wenig oder gar keine Hilfe bei den Hausaufgaben zuteil wird. Um diesem Hilfsangebot entsprechend folgen zu können, wird hier verwiesen auf die erfolgreiche Teilnahme an den zuvor aufgeführten Arbeitsgemeinschaften wie z.B. Gewaltprävention, Medienkompetenz, Lernstrategie usw.. Die Zusammenarbeit mit der Grundschule soll ebenfalls nur erwähnt aber nicht weiter ausgeführt werden. Interessant, und in anderen Schulprogrammen nicht als Punkt aufgeführt, ist ein Anforderungsprofil an einen Realschüler, das punktuell wiedergegeben wird: • Toleranz und Kooperation mit Gleichaltrigen • Aggressionsfreies Miteinander von Schülern und Lehrern • Disziplin/Erkennen von Grenzen • Schülerinnen und Schüler sollen im Unterricht zuhören und mitarbeiten • Erledigung aller gestellten Aufgaben, insbesondere der Hausaufgaben • Arbeitsmittel für die entsprechenden Fächer mitbringen • Pünktlichkeit • Pfleglicher Umgang mit Eigentum 311 • Lesen und Rechnen als weiterhin wichtige Kulturfähigkeiten begreifen • Zu theoretischem und praktischem Denken in der Lage sein. Die Teilnahme an Wettbewerben ist selbstverständlich, wird aber nicht weiter detailliert ausgeführt. Im Schulprogramm aufgeführt sind Schulpartnerschaften, so ein regelmäßiger Schüleraustausch mit einer Partnerschule in Donezk (Ukraine) und einer Schule in Thüringen (Nordhausen). Diese Projekte sollen jährlich neu aufgelegt werden. Der letzte, sehr ausführlich dargestellte Punkt ist die Berufswahlorientierung und die Vorbereitung von Jugendlichen auf die Berufs- und Arbeitswelt. Dazu gehören u.a. örtliche Arbeitskreise, Schulen und Wirtschaft, Lehrerbetriebspraktikum, Betriebs- besichtigungen, Gespräche mit der IHK und Handwerkskammer, sowie Exkursionen, desgleichen ein Betriebspraktikum für Schüler. Alle anderen hier aufgezählten Aktivitäten werden nicht detailliert wiedergegeben. Erwähnt wird noch die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen wie: • Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewußtsein • Konzentrationsvermögen und Belastbarkeit • Arbeitsplanung – Selbständigkeit – Eigeninitiative • Kreativität • Teamfähigkeit – Kommunikationsfähigkeit – Fähigkeit zum Umgang mit Konflikten - fachliche Kompetenzen - persönliche Kompetenzen. Hinten angestellt ist ein Schlußwort – Ausblick. Dort heißt es: Schulprogramm bedeutet Besinnung auf Erreichtes und Visionen für die Zukunft. So wird zu hinterfragen sein: Ist erreicht worden, was gewollt war? Welche Qualität hat das Erreichte? Wie weit sind wir bei der Verwirklichung der Ideen gekommen? So ist Schulprogramm auch gleichzeitig ein Festhalten an Bewährtem und ein ständiger Aufbruch zu Neuem, eine ständige Herausforderung für alle am Schulleben Beteiligten, an Eltern, Schüler und Lehrer, aber auch an Schulträger und andere außerschulische Einrichtungen und Verantwortliche. Das Schulprogramm der FÜNFTEN SCHULE ist weder gebunden noch geheftet, sondern liegt in loser Form vor und bezeichnet sich mit „Übersicht über unser Schulprogramm“. Auf der ersten Seite sind folgende Stichpunkte aufgeführt: 312 Startseite, Geschichte, aktuelles Schulprogramm, Wahlpflichtfächer, AGs, Kontakt Darunter ist folgendes Ziel formuliert: Wir möchten unsere Schülerinnen und Schüler so bilden und erziehen, daß sie bereit und in der Lage sind, Verantwortung zu übernehmen für: • Mitmenschen, • Sachwerte, • den Schulalltag, • eigene Lernprozesse, • Entscheidungen, die das Berufsleben betreffen Um dies zu erreichen, treffen wir Maßnahmen in drei Bereichen. • Werteerziehung Schülerpartnerschaften Streitschlichtung Trainingsprogramm „Ohne Gewalt stark“ Gestaltung der Schule Regelkatalog • Unterrichtsentwicklung Schulung der: Methodenkompetenz Kommunikationsfähigkeit Teamfähigkeit • Berufweltorientierung Konzept der Berufswahlvorbereitung: Zusammenarbeit mit BIZ Betriebspraktikum Schullaufberatung durch Berufskollegs Besuch der DASA Die „Säulen“ unseres Schulentwicklungsprogramms. Das Ziel ist nochmals definiert (siehe oben): Die oben angegebenen Zielformulierungen sind auf der folgenden Seite wortwörtlich wiederholt und können deshalb weggelassen werden. Ziel: Übernahme von „(Mit-)Verantwortung für: • andere Menschen - Patenschaften: 313 ältere Schülerinnen und Schüler für die Klassen 5 - Streitschlichterkonzept - Projekt „Ohne Gewalt“ • Sachwerte - Schulgestaltung innen außen • den Schulalltag - Regelkatalog Unter der Bezeichnung Prozeßbeschreibung ist das Arbeitsergebnis eines pädagogischen Tages mit dem Thema der Schulprogrammentwicklung zusammengefaßt. Bewährtes sollte dabei auf seine Weiterentwicklungswürdigkeit geprüft, Ansatzpunkte für Verbesserungen formuliert und als Schulprogrammaktivitäten in das Programm eingefaßt werden. Das Ergebnis dieser pädagogischen Tagesarbeit waren fünf Schwerpunkte, die bei der Weiterentwicklung der schulischen Arbeit Berücksichtigung finden sollten: • Werteerziehung • Gestaltung der Schule • Gestaltung des Schullebens und Öffnung der Schule nach außen • Kommunikation mit den Nachbarschulen • Berufsweltorientierung. Im nächsten Abschnitt wird auf eine schulinterne Lehrerfortbildung mit dem Thema „Projektlernen“ eingegangen. Ausgehend von der Erkenntnis, daß ein tragfähiges Schulentwicklungsprogramm unmittelbar Auswirkungen auf den Unterricht der Schule haben muß, wurde als konsequenter Schritt die Entscheidung getroffen, die Weiterbildung des Unterrichts mit einer schulinternen Lehrerfortbildung zum Thema „Projektlernen“ zu beginnen. Diese Maßnahme wurde unter der Regie zweier externer Moderatoren umgesetzt. Drei Ebenen für den Schulentwicklungsprozeß an der Schule standen im Mittelpunkt des Interesses: 1. Die Teilnehmer bekommen das Werkzeug an die Hand, um im Unterricht projektorientiert zu arbeiten. 2. Die Teilnehmer haben die Gelegenheit, gemeinsam ein Projekt für die eigene Schule in Angriff zu nehmen. 314 3. Die Strukturen projektorientierten Arbeitens im Unterricht sind nicht nur Strukturen zur Arbeit mit Schülern, sondern zur Arbeit mit größeren Gruppen allgemein. Wir gehen bei dem Auftrag zur Schulprogrammentwicklung von einem Projektauftrag an die einzelne Schule aus und übertragen die Strukturen dieses Arbeitens auf das Lehrerkollegium. Das Arbeitsergebnis führt zu Konsequenzen. Zunächst ging es dabei um die Neugestaltung der Räumlichkeiten. Aus der Möglichkeit, ein gemeinsames Projekt für die eigene Schule zu planen, entstand der Entschluß an den Räumlichkeiten Veränderungen vorzunehmen. Die gebildete Projektgruppe übernahm mit Ausnahme der Klassenräume die Neugestaltung des Sekretariatbereichs und des Elternsprechzimmers. Die Neugestaltung führte dazu, daß ein zusätzlicher Raum zur Verfügung gestellt werden konnte, der für Teilkonferenzen und Zusammenkünfte von Jahrgangsstufen und Teams genutzt werden konnte. Unter dem Stichwort „Pädagogische Schulentwicklung“ (PSE) werden erkannte Mängel projektorientierten Arbeitens aufgeführt, die vor allen Dingen darin bestehen, daß die Schüler noch nicht gelernt haben, über längere Zeiträume eigenverantwortlich zu arbeiten. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, diese Fähigkeit systematisch zu fördern. Mit Hilfe eines gezielten Methodentrainings, das auch im Schulprogramm aufgenommen wurde. Mittelfristig ist geplant, die „Klipertt´schen Bausteine“, Kommunikationstraining und Teamentwicklung im Klassenraum dazuzunehmen. Der damit intendierte PSE-Prozeß wird von externen Moderatoren begleitet. Der nächste Abschnitt befaßt sich mit den „Säulen“ des Schulprogramms. Es werden nochmals die Säulen des Schulprogramms Werteerziehung, Unterrichtsentwicklung, Berufsweltorientierung aufgeführt und deren übergeordnete Zielsetzung weiderholt und dabei betont, daß die Kollegen, die sich anfangs für die Gestaltung des Schullebens und Öffnung der Schule nach außen, sowie für die Kommunikation mit den Nachbarschulen engagieren wollten, in der vorliegenden Skizze keine detaillierten Programmpunkte bezüglich ihrer Wirkungsabsicht vorfinden. Ein weiterer Punkt hat die Struktur der Arbeit im Kollegium zum Thema. Es geht daraus hervor, daß jeder Kollege entsprechend seiner Bedürfnisse, Fähigkeiten und seiner Haltung sich selbst einer Programmsäule zugeordnet hat, was dazu führte, daß die Gruppe „Werterziehung“ die größte wurde. Die kontroverse Diskussion über Inhalte der „Werterziehung“ machte es notwendig, daß in Bezug auf Verhaltensregeln im Schulalltag ein kollegialer Grundkonsens aufgestellt werden mußte, der in Form eines Regelkatalogs festgehalten wurde. Konzepte für Schülerpatenschaften und Streitschlichtung wurden ebenfalls konzipiert. Diese Konzeptpapiere sollen als Gerüst verstanden und in Form kleiner Berichte ergänzt durch Fotomaterial und weitere Informationen allen zugänglich 315 gemacht werden. Um Transparenz und Verbindlichkeit der Arbeit zu gewährleisten, wurden in den jeweiligen Arbeitsgruppen Teamsprecher gewählt und in die sogenannte Steuergruppe entsandt. Der vorletzte Abschnitt mit „Ausblick“ betitelt, befaßt sich zunächst mit der Unterrichtsentwicklung. Es wird vermerkt, daß die Mehrheit des Kollegiums sich für Qualifizierungsmaßnahmen vor allem nach KLIPERTT entschieden hat, die von Moderatoren geleitet werden. Unter dem Abschnitt „Verzahnung der Säulen unseres Schulprogramms“, das nun folgt, wird auf die Bedeutung der Hinführung zu mehr Eigenverantwortung für den eigenen Lernprozeß durch Schulung der Methoden-, Kommunikations- und Teamfähigkeit der Schüler hingewiesen. Berücksichtigt wird dabei vor allem die Einsicht, die notwendige Flexibilität bei der Berufswahlfindung, da, so der Hinweis, es für viele in Zukunft nicht möglich sein wird, denselben Beruf ein Arbeitsleben lang auszuüben. Es heißt zum Schluß, daß die anvisierte Unterrichtsform, sie bleibt ungenannt, sich nicht allein auf methodische Fragen und viel Qualifizierungskampanien beschränken wird, sondern auch andere Bereiche der Schule, der Schulorganisation und des Schullebens erfaßt. In Anlehnung an KLIPERTT entsteht gleichsam ein Innovationssog, der von den unterrichtszentrierten Reformbemühungen ausgeht und als dessen Folge hauseigene Lehrpläne, Stundenplangestaltung, Konferenzkultur, Raumgestaltung, Eltern- und Öffentlichkeitsarbeit, Kommunikation und Kooperation aller beteiligten Personengruppen Ressourcenbeschaffung und Evaluationsbereitschaft betreffen wird. Der letzte Punkt behandelt die Evaluation. Er befaßt sich vor allem mit der Reflexion der bislang geleisteten Arbeit in Beziehung auf das Methodentraining der Klassen 5 und 6. Es ist angestrebt, die Unterlagen für die thematischen Elternabenden in der Erprobungsstufe zu erweitern. Es sollen Ziele formuliert werden, ebenso Kriterien und Mittel zu deren Überprüfung, um belegen zu können, wo die Methodenschulung bereits einen positiven Niederschlag gefunden hat und an welchen Stellen das Programm modifiziert werden muß. Der Anhang zeigt skizzierte Strukturen einer größeren Gruppe und verweist auf die Notwendigkeit einer richtigen und erforderlichen Sitzgruppierung bei kooperativem Arbeiten. So sollen die entsprechenden kleinen Gruppen zusammengeführt und deren Plazierung übersichtlicher gestaltet werden, denn, so die Erkenntnis, ein Weg mit einer größeren Gruppe (20 –30 Personen) ein Projekt durchzuführen, geht über die kleinen Gruppen. Vor allen Dingen kann der Einzelne einer kleinen Gruppe seinen Interessen, Bedürfnissen, Fähigkeiten und Haltungen entsprechend eine Rolle übernehmen. 316 Das Schulprogramm der SECHSTEN SCHULE ist eine lose Blättersammlung, ungebunden, auch nicht einmal getackert, ohne Umschlag, auf dem das Wort Schulprogramm und der Name der Schule zu sehen ist. Es beginnt mit einem Vorwort, in dem darauf hingewiesen wird, daß angesichts der dramatischen Veränderung der Lebensbedingungen der Kinder von heute gerade die Realschule als Schule der Weiterbildung Wege gehen muß, die auch in Zukunft Kinder anspruchsvoll und professionell für das spätere Leben vorbereitet. Es wird dann fortgeführt, daß diese beiden Komponenten Wissensvermittlung auf der einen Seite und die Förderung der Persönlichkeit auf der anderen Seite in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen seien, deshalb es wichtig sei, daß das Schulprogramm aus einem Veränderungsprozeß aller Beteiligten hervorgeht, mit der Zielsetzung, die kollegiumsbezogene Planungsstruktur gegenüber der des einzelnen Lehrers zu verstärken. Der Text fährt fort, daß das Schulprogramm Ausdruck des pädagogischen Konsenses einer Schule ist. Es enthält somit eine Orientierungsfunktion für die Schule und für die Gestaltung des Schullebens aller an der Schule Beteiligten. Dabei geht es nicht um neue und utopische Forderungen oder unerfüllbare didaktische Kunstgebilde, sondern um eine gemeinsame Richtschnur des pädagogischen Handelns. Das Schulprogramm ist entstanden aus gemeinsamer Analyse und gemeinsamer Erarbeitung. Es wird auf die Denkschrift der Bildungskommission NRW „Zukunft der Bildung – Bildung der Zukunft“ 1995 Bezug genommen und dabei zitiert, daß in ein Schulprogramm die einzelne Schule in einer ganzheitlichen Konzeption ihre spezifische pädagogische Zielsetzung als Ergebnis einer reflektierten Aufnahme der Richtlinien und Lehrplanvorgaben und der konkreten Lernbedingungen ihrer Schülerschaft in ihrem Umfeld darstellen soll. Das Resultat der kontinuierlichen Arbeit am Schulprogramm ist zusammen mit anderen für die Schule spezifischen Merkmalen die Herausbildung des Schulprofils. Bei der Schaffung des Schulprogramms müssen Formen und Inhalte für gemeinsames Arbeiten entwickelt und konkrete Lernbedingungen der Kinder zugrunde gelegt werden. Die Schule hat viele Aufgaben zu erfüllen. Eine ihrer wichtigsten ist es aber, junge Menschen auf das Arbeitsleben vorzubereiten. Die Tatsache, daß 10% der Schulabsolventen keine Lehrstelle finden, weil sie unzureichend lesen, schreiben und rechnen können, zeigt deutlich, wie wichtig grundlegende Bildung ist. So wird es für wichtig gehalten, daß die Schule Freude macht. Freude und Leistung müssen sich nicht ausschließen. Es komme darauf an, jedem Schüler Erfolgserlebnisse - wenigstens manchmal - zu vermitteln. Fördern und fordern sind dabei bei uns zwei wichtige Dinge, die sich ergänzen und nicht ausschließen. 317 Nun erfolgt zum Schluß die Zielsetzung: Wir wollen Kinder stark machen für das spätere Leben. Das bedeutet, jedes Kind muß lernen, mit seinen Stärken, auch mit seinen Schwächen zu leben. Kurz gesagt: Wir wollen Leistungswillen entwickeln, Lernschwächen mindern, Kompetenzen für lebenslanges Lernen entwickeln. Auf der nächsten Seite wird ein sogenanntes „Profilprogramm“ der Schule in sechs Punkten aufgeführt: 1. Besondere Arbeitsschwerpunkte in der Erprobungsstufe 2. Bilingualer Zweig 3. Sportförderung 4. Musisch-künstlerische Förderung (MKT) 5. Erziehung zum gewaltfreien und sozialen Miteinander a) Streitschlichtung b) Milchbar 6. Hinführung zur Berufswelt Die einzelnen Punkte werden wie folgt skizziert: 1. Erprobungsstufe Es erfolgt zunächst der Hinweis, daß eine intensive Zusammenarbeit mit den Grundschulen, den Schülern einen möglichst reibungslosen Übergang zur Realschule ermöglicht werden soll. Dazu dienen folgende Aktivitäten: • „Tag der offenen Tür“ für die Klassen 4 – Ich lerne meine neue Schule kennen (Klassenlehrer, meine neuen Schulkameraden) • Einstiegshilfen für die erste Unterrichtswoche: es wird an dieser Stellen ein Spezial für Einsteiger genannt, das aber nicht weiter erkennbar ist und nicht aufgeführt wird • Patenschaften der Klasse 10 als zusätzliche Betreuung der Klassen 5 • Teamarbeit, pädagogische Gespräche, verstärkter Klassenlehrerunterricht • 4 Erprobungsstufenkonferenzen mit Beteiligung der Grundsschullehrer • Intensive Zusammenarbeit mit Eltern • Ständige Kontakt zum Arbeitskreis Grundschule – weiterführender Schulen auf kommunaler Ebene 318 2. Bilingualer Zweig In diesem Zweig findet verstärkter Englischunterricht in den Klassen 5 und 6 statt, beispielsweise 7 statt 5 Stunden. Ab Klasse 7 erfolgt der Erdkundeunterricht in Englisch, ab Klasse 8 der Erdkunde- und Geschichtsunterricht, ab Klasse 9 der Erdkunde-, Geschichts- und Politikunterricht. Zielformulierung: Die Kommunikationsfähigkeit sprachlich begabter Schüler ist zu fördern, um sie auf die Anforderungen in der Arbeitswelt eines europäischen Binnenmarktes vorzubereiten. In der Klasse 10 findet regelmäßig eine Klassenfahrt nach England statt. Während dieses mehrtägigen Aufenthaltes können die Schüler, die in Familien untergebracht sind, ihre erworbenen Sprachkenntnisse anwenden und erweitern. Auf diesem Wege findet außerdem ein kultureller Austausch statt. 3. Sportförderung Durch die Einrichtung einer Sportklasse sollen sportlich begabte Schüler besonders gefördert werden. Der Anteil des Sportunterrichts wird für diese Schüler erhöht, so daß verstärkt Grundlagentraining während des Unterrichts ermöglicht wird. Je nach individueller Begabung erfolgt eine enge Zusammenarbeit und Unterstützung durch den Olympiastützpunkt und entsprechenden Vereinen. Aktive Teilnahme an vielen sportlichen Veranstaltungen und Wettkämpfen zeigen auch die erfolgreich Arbeit im Fachbereich Sport. 4. Musisch-künstlerische Erziehung (MKT) Dieser Bereich wird folgendermaßen skizziert: In diesem Rahmen haben die Schüler der Klassen 6 und 7 die Möglichkeit, an frei gewählten Arbeitskreisen teilzunehmen: Schulchor, Tanz, Technik, Kunst. Außerdem bieten wir den Schülern aller Jahrgangsstufen die Möglichkeit, an der Instrumental-AG und Blockflöten-AG teilzunehmen. Die Ergebnisse und Erfolge werden in regelmäßigen Vorführungen (musisch- künstlerischer Nachmittag, Tag der offenen Tür, Entlassungsfeiern, Schulfesten) den Eltern, Schülern, Ehemaligen, Freuden und Förderern der Schule präsentiert. 5a) Streitschlichtung Schüler der Klassen 9 und 10 übernehmen nach freiwilliger Ausbildung die Verantwortung für Konfliktlösungen an unserer Schule. 5b) Einrichtung einer Milchbar Schüler übernehmen in Eigenverantwortung die Organisation der Milchbar. Bei Bestellungen und Verkauf gesunde Milch- und Getreideprodukten erwerben sie ökonomische Kompetenz. Alle Schüler haben zudem täglich die Gelegenheit, sich mit einem gesunden Frühstück zu 319 versorgen. Die Bedeutung des gesunden Frühstücks wird bereits in der ersten Woche allen 5er Klassen im Rahmen eines Projekts des Biologie- und Sportunterrichts nahegebracht. 6. Berufberatung, Praktikum Alle Schüler der Klasse 9 nehmen zu Beginn des 2. Halbjahres am Praktikum teil. Sinn dieses Praktikums ist es, einen individuellen Eindruck von der Arbeitswelt zu erlangen. Im Gedankenaustausch mit anderen Schülern erfahren sie ein komplexes Bild von der Arbeitswelt. Seit vielen Jahren bestehen enge Kontakte zu örtlichen Betrieben. Dank dieser positiven Zusammenarbeit haben viele ehemalige Schüler einen Arbeitsplatz gefunden. Diese berufsvorbereitende Maßnahme wird durch das Arbeitsamt unterstützt. Zu den einzelnen Punkten wird auf den folgenden Seiten ergänzend Stellung genommen. So zunächst zu Punkt 2, dem bilingualen Zweig und es heißt einführend: Seit Beginn des Schuljahres 90/91 bietet die Schule sprachbegabten Schülern ein interessantes Zusatzangebot: verstärkte Ausbildung in der englischen Sprache, auch bilingualer Unterricht genannt, für eine der neuen Eingangsklassen. Daran knüpft sich die Frage, was ist das, bilingualer Unterricht? Es heißt, in den Jahrgangsstufen 5 und 6 erhalten die Schüler der bilingualen Klassen je 2 Wochenstunden mehr Englisch, um die Kommunikationsfähigkeit und den Wortschatz zu erweitern. Ziel des Englischunterrichts in der Erprobungsstufe ist es, daß Schüler sich am Ende der Klasse 6 sowohl im Gespräch mit anderen als auch allein umfangreicher und sicherer in der englischen Sprache bewegen können. In der Klasse 7 wird der Unterricht im Fach Erdkunde behutsam, unter Berücksichtigung der erworbenen Sprachkenntnisse, auf die Fremdsprache eingestellt. Damit die Anforderungen der Richtlinien im Fach Erdkunde ohne Probleme erfüllt werden können, erhält diese Klasse in der Jahrgangsstufe 7 eine Stunde Erdkundeunterricht zusätzlich. In der Klasse 8 wird neben Erdkunde auch das Fach Geschichte in der Zielsprache Englisch unterrichtet. Deshalb wird in dieser Jahrgangsstufe der Unterricht in Geschichte um eine Stunde erweitert. Den Klassen 9 und 10 werden dann mindestens zwei der Fächer Erdkunde, Geschichte und Politik bilingual erteilt. Was soll für die Schüler des bilingualen Zweiges erreicht werden? • Umfassendere Englischkenntnisse • Fachsprachliche Kenntnisse im geographischen, historischen und im wirtschaftlichen Bereich • Erhöhte Kommunikationsfähigkeit (d.h. mündliche und schriftliche Anwendung der erworbenen Sprachkenntnisse) 320 • Das heißt u.a.. Diese Schüler werden besonders vorbereitet sein auf die sprachlichen Anforderungen in der Arbeitswelt eines europäischen Binnenmarktes (z.B. Handel, Banken Verwaltung). Für die Aufnahme in Klasse 5 dieses bilingualen Zweiges sind keinerlei Englischvorkenntnisse erforderlich, jedoch sollte eine gewisse sprachliche Begabung bereits erkennbar sein. Kennzeichen dafür ist ein ausgeprägtes Interesse der Schüler am Umgang mit Sprache, daß sich aus den Leistungen im muttersprachlichen Unterricht in der Grundschule ableiten läßt. Ein eventueller Übergang vom bilingualen Zweig in die „normale Klasse“ ist jederzeit möglich, da der Unterricht in den Sachfächern in allen Parallelklassen nach denselben Richtlinien erfolgt. Im Anschluß daran erfolgt für die Eltern ein Hinweis, wie sie die Kinder für den bilingualen Unterricht anmelden können. Zu Punkt 3 Sportförderung erfolgt unter der Überschrift „Die Schule - genannt ist jetzt der Name der Schule – als Partnerschule des Sports“. Darunter: „Die Förderung der rhythmischen Sportgymnastik“. Dazu wird ausgeführt: Hochleistungssport ist neben Sportarten wie Leichtathletik, Fußball und Gänsereiten (Anmerkung: Gänsereiten ist in diesem Bochumer Stadtteil eine Veranstaltung mit Pferden und zwar am jeweiligen Rosenmontag) vor allem die rhythmische Sportgymnastik. Die Sportlerinnen, die meistens in der deutschen und teilweise in der Weltspitze vertreten sind, finden sich oft noch im schulpflichtigen Alter, oder aber in der gymnasialen Oberstufe, und es bedarf einiger Anstrengung, Sport und Schule unter einem Hut zu bringen, so der wörtliche Text. Diese Schule hat sich seit langem zur Aufgabe gemacht, diese sportliche Elite so zu fördern, daß das eine möglich ist (intensives Training), ohne, daß das andere darunter leidet (der schulische Erfolg). Die Mädchen der rhythmischen Sportgymnastik können durch verschiedene unterrichtliche Maßnahmen besser und intensiver trainieren. Die genannten Maßnahmen sind: • Unterrichtsbefreiung für Wettkämpfe und Trainingslager. Versäumter Stoff wird durch Lehrer unserer Schule oder des Teilzeitinternats mit den Sportlerinnen nach deren Abwesenheit aufgearbeitet. • Möglichkeit zum Frühtraining. Ausgefallene Unterrichtsstunden werden in den trainingsfreien Zeiten im Einzelunterricht nachgeholt. • Flexible Anpassung des Stundenplans an die Trainingszeiten z.B. kein Nachmittagsunterricht an den Trainingstagen. 321 Viele erfolgreiche Sportlerinnen haben so die Schule durchlaufen und ausgezeichnete Abschlüsse gemacht. Die zweite der deutschen Einzelmeisterschaften war bis Juni 1998 ebenfalls Schülerin dieser Schule und hat ihren Abschluß erfolgreich beendet. Es erfolgt nun eine Aufzählung von Namen, die in der rhythmischen Sportgymnastik zu der erfolgreichen Mannschaft gehören und Schülerinnen dieser Schule sind. Ein weiterer ergänzender Hinweis gilt der Sportklasse. Für die Sportklasse können sich sportlich begabte Schüler und Kaderathleten aus verschiedenen Sportarten anmelden. Der Anteil des Sportunterrichts wird für diesen Zug erhöht, so daß verstärkt Grundlagentraining während der Unterrichtszeit ermöglicht wird. Es wird jetzt auf einen Bericht aus der lokalen Presse verwiesen, in dem darauf eingegangen wird, daß im kommenden Schuljahr weitere Sportklassen eingerichtet werden sollen und zwar neue Sonderklassen ab Stufe 5, die den sportbegabten Kindern die Vereinbarkeit von Leistungstraining und schulischer Ausbildung erleichtert werden sollen. Der vierstündige Schulsportunterricht wird durch zwei weitere Sportstunden ergänzt. Bei diesem sportartspezifischen Training, das von den jeweiligen Sportverbänden übernommen und geleitet wird, handelt es sich – das ist der ausdrückliche Hinweis – nicht um eine Eliteklasse mit geringer Schülerzahl, so daß es nicht zur Benachteiligung anderer Schüler kommt. In Planung ist die neue Sportklasse mit Talenten aus den Bereichen Leichtathletik, rhythmische Sportgymnastik, Schwimmen und Fußball zu besetzen und die restlichen Plätze mit sehr sportlichen Kindern aus den Grundschulen bis zu normalen Klassenstärke aufzufüllen. Insgesamt wird die Bildung neuer Sportklassen begrüßt. Die Grundlage der Sportklassen, die zunächst als Versuch eingerichtet werden, und von den Schulkonferenzen auch wieder abgeschafft werden können, ist ein fast drei Jahre alter Auftrag des NRW-Ministeriums für Städteentwicklung, Kultur und Sport zur Förderung sportbegabter Jugendlicher. Die Schule und eine weitere Partnerschule (Gymnasium) kooperieren seit Jahren mit einem Olympiastützpunkt in dieser Stadt. Die Musisch-künstlerische Erziehung (MKT) wird durch folgendem Anhang näher definiert: • Hinter dieser Abkürzung verbirgt sich eine Unterrichtsform, die für die 6. und 7. Jahrgänge unserer Schule eingeführt worden ist, um musisch-künstlerische Projekte verwirklichen zu können. • Der Klassenverband wird in den zwei Stunden des MKT-Unterrichts aufgelöst und die Schüler werden nach ihren Begabungen und Neigungen zu Gruppen zusammengefaßt. 322 • Beteiligt an diesem klassenübergreifenden Unterricht sind alle musisch-künstlerischen Felder (Musik, Kunst, Technik, Textilgestaltung, Tanz, Theater). Daher das Kürzel MKT. • Diese Organisationsform ermöglicht z.B. die Bildung eines großen Schulchores in der Stufe 6 und 7, ohne daß die Schüler zusätzliche Freizeit für die Chorarbeit opfern müssen. • Im Zusammenhang mit der Idee, Unterricht zu organisieren, entstand der einmal jährlich stattfindende „Musische Nachmittag“, an dem die Produkte der Arbeit den Schülern und Eltern präsentiert werden. Der folgende Punkt 5a) Streitschlichtung beginnt mit einer plakatähnlichen Aufmachung: Habt Ihr Streit ????? Die neuen Streitschlichter sind da !!!!!!! Zusammen finden wir eine Lösung ! Dann kommt Ort, Zeit und der Hinweis: Eure Streitschlichter aus den Klassen 10 Bis dann !!!!!!! Der obere und untere Rand wird durch neun aneinander gereihte Köpfe begrenzt, die nach Strichmännchenart gezeichnet sind und lächeln. Die nächsten Seiten zum Punkt Streitschlichten sind Fotokopien aus Braun / Hünicke / Regniet: Streitschlichtung durch Schülerinnen und Schüler, S.37 –38. Der erste Abschnitt befaßt sich mit: Streitschlichter – Training Aktives Zuhören / kontrollierter Dialog Fördernde Reaktionsweisen für ein Gespräch: Nonverbale Verstärkung • Blickkontakt • Kopfnicken • mh, ja ... • entspannte und zugewandte Körperhaltung • angemessenes Sprechtempo Eingehen auf Inhalte und Gefühle • kurze Zusammenfassungen • Gedanken und Gefühle des Anderen spiegeln • Nachfragen, ob sich der Andere verstanden fühlt 323 • Keine Beurteilungen abgeben, die eigene Meinung zurückstellen Ermutigen zum Sprechen – Interesse zeigen – „Türöffner“ • Möchtest du mehr darüber erzählen? • Das klingt so, als berührt es dich stark? • Was empfindest du dabei? • Mich interessiert, was in dir vorgegangen ist. • Da bin ich neugierig! • Wollen wir hier weitermachen? • Magst du sagen, was dich jetzt bewegt? Zeit • Ruhe zum Nachdenken lassen • Schweigen aushalten • Nicht unter Zeitdruck stehen Hemmende Reaktionsweisen für ein Gespräch • nicht auf den Gesprächspartner Bezug nehmen • kein Interesse zeigen, z.B. durch Nachfragen oder Kopfnicken • anderen Beschäftigungen nachgehen, z.B. aus dem Fenster schauen, Zeitung lesen, auf die Uhr sehen • den Blickkontakt beenden • den anderen oder seine Ausführungen abwerten • den anderen unterbrechen • das Thema ohne Erklärung wechseln • Ratschläge erteilen oder den anderen überreden • dem Gesprächspartner vermitteln, daß man ihm nicht zutraut, eigene Lösungen zu finden. Die nächste Seite ist betitelt mit „Streitschlichter – Training. Aktives Zuhören / Kontrollierter Dialog“. Zunächst: Aktives Zuhören „Aktives“ und hilfreiches Zuhören ist wichtig für die angemessene Entschlüsselung der gesendeten Botschaften. Beim hilfreichen Zuhören versucht der Empfänger zu verstehen, was der Sender empfindet oder was dessen Botschaft besagt bzw. was die „geheime Botschaft“ ist. Daraufhin formuliert der Empfänger sein Verständnis (was „angekommen“ ist) mit eigenen Worten und teilt es zur Bestätigung dem anderen mit. Der Empfänger sendet also keine eigene Botschaft (etwa ein Urteil, eine Meinung, einen Rat, ein Argument, eine Analyse oder 324 eine Frage). Er meldet nur das zurück, was nach seinem Gefühl die „eigentliche“ Botschaft des Senders gewesen ist und was sie für ihn bedeutete: Nicht mehr und nicht weniger. Der Zuhörer versucht also, „die Welt mit den Augen seines Gesprächspartners zu sehen“; dadurch kann ein Klima des Verständnisses und Vertrauens entstehen und das Gespräch bleibt nicht im Vordergründigen stecken, sondern befaßt sich mit dem Wesentlichen. Aufgabenverteilung im Rollenspiel, in dem aktives Zuhören geübt werden soll: A: Sender, erzählt von einem Ereignis B: Empfänger, hört aktiv zu, gibt in kurzen Zusammenfassungen Gedanken und Gefühle wieder, überprüft sein Verständnis, spiegelt dem anderen die von im wahrgenommenen Gefühle C: Beobachter, beobachtet, ob B sich an die Regeln des aktiven Zuhörens hält, gibt im Anschluß an das Rollenspiel Rückmeldung Jetzt wird die Frage aufgeworfen, worum es bei der Streitschlichtung an der Schule geht. Fast jeder von uns hat Konflikte und erlebt Streitigkeiten. In der Schule kommt es jeden Tag vor: in der Pause, während des Unterrichts, auf dem Schulweg, mit Schülern oder Lehrern. Das ist zunächst einmal auch nicht schlimm, sondern ganz normal. Wichtig ist nur, wie man einen Streit beendet. Häufig gibt es dabei einen Verlierer und einen Sieger, mindestens einer der Streitenden ist hinterher unzufrieden und traurig oder hat sogar Angst. Die Streitschlichter an der Schule sind Schüler und Schülerinnen des 10. Jahrgangsstufe, die Mitschülern helfen, ihre Konflikte friedlich zu lösen, so daß alle Beteiligten zufrieden sind und sich hinterher wieder in die Augen schauen können. Nun wird die Frage aufgeworfen, wie das nun funktioniert. Ziel ist, daß die Streitenden miteinander reden und sich gegenseitig zuhören, um die Sichtweise des anderen kennenzulernen. Das ist eine gute Grundlage, gemeinsam über mögliche Lösungen des Konflikts nachzudenken. Es hat sich gezeigt, daß die Beteiligten selbst viel bessere Lösungen finden können als Außenstehende. Die gefundenen Lösungen werden von den Konfliktpartnern in einer Art „Vertrag“ festgehalten, so daß nichts Wichtiges vergessen wird. Und es wird nur eingetragen, womit alle Beteiligten vollkommen einverstanden sind. Daher gibt es nach einer Streitschlichtung auch keine Verlierer, im Gegenteil: Alle haben etwas gewonnen. 325 Das Thema wird mit dem Hinweis abgeschlossen, daß alle Streitschlichter das Gehörte selbstverständlich für sich behalten. Zum gleichen Thema fortgeführt, wird die Frage nach den Streitschlichtern aufgeworfen. An der Schule gibt es momentan vier Streitschlichterinnen aus den 10. Klassen. Sie sind während einer einjährigen Arbeitsgemeinschaft speziell dafür ausgebildet worden und haben dabei gelernt, Gespräche über Konflikte zu führen, um den Schülern bei der Lösung ihrer Streitigkeiten zu helfen. Sie können gut zuhören, sich in die Rolle anderer Schüler hineinversetzen und sind unparteiisch. Für wen ist dieses Angebot? Dies ist ein Angebot für Schüler, • die in einen Konflikt oder Streit verstrickt sind, den sie nicht alleine lösen können, • die nicht auf eine Ausweitung des Konfliktes oder Streits aus sind, • die möglichst selbst, d.h. ohne Erwachsene eine Lösung finden wollen, • die gerne mit ihrem Konfliktpartner wieder etwas gemeinsam anfangen wollen. Die nächste Frage klärt, wann und wo die Streitschlichtung stattfindet. Die Streitschlichterinnen stehen den Schülern in jeder großen Pause und ansonsten nach Vereinbarung zur Verfügung. Die Schlichtungsgespräche finden im Streitschlichtungs-raum statt. Die folgende Seite ist der Vordruck eines Schlichtungsformulars, wieder nach Braun / Hünicke / Regniet, S. 49. Dabei sind angeführt die Konfliktparteien A und B, der Termin der Schlichtung, Schlichter und der Name des Schlichters. Angekreuzt werden müssen die Anlässe, aus denen der Streit entstanden ist, so z.B. Meinungsverschiedenheit, Beleidigung, Beschädigung einer Sache, körperlicher Angriff, Verletzen einer Regel, Wegnehmen einer Sache oder sonst noch anderes. Darunter ist Platz für eine Vereinbarung eingeräumt, und es werden die Konfliktparteien A und B und der Schlichter aufgeführt. Sollte ein Folgetreffen notwendig sein, so wird ein folgender Termin vereinbart. Auf dem folgenden Blatt ist als Hintergrund eine Mauer skizziert. Am oberen Rand steht die Aufforderung: Packen wir es an! Lehrer – Eltern – Kinder Erziehungsarbeit gemeinsam tragen, dann der Name der Schule Am unteren Rand des Blattes sind Strichmännchen zusehen, die nach der Mauer greifen. Die Mauer selbst ist mit folgenden Stichworten versehen: • Aufbau einer Klassengemeinschaft 326 • Absprachen von Erziehungszielen • Gemeinschaftssinn entwickeln und fördern • Erziehung zur Akzeptanz und Toleranz • Gemeinsam Konsequenzen tragen • Arbeitsmittel bereitstellen • Gesprächsregeln entwickeln und einhalten • Strategien zur Konfliktbewältigung verwirklichen • Stärken hervorheben, Schwächen nicht verschweigen! Durchhaltevermögen fördern! • Verantwortung für eigenes Handeln tragen • Grenzen setzen, erkennen, einhalten • Hilfsbereitschaft und das Miteinander fördern • Klassenraum und Schule als gemeinsamen Lebensraum erfahren • Gemeinsame Erlebnisse schaffen • Unterschiedliche Sozial- und Arbeitsformen erproben • Hausaufgaben selbständig und regelmäßig erledigen. Die Seitennumerierung läßt erkennen, daß diese Seite auch aus einem Buch abfotokopiert wurde, aus welchem ist nicht erkennbar. Desgleichen mit der nächsten Seite, ebenfalls offenbar kopiert. Die letzte Seite mit der Überschrift: Schule und Lernmöglichkeiten außerhalb der Schule An außerschulischen Lernorten begegnen den Kindern Zeugnisse der Kultur, der Geschichte, der Natur und der Arbeitswelt. In der Mitte steht jetzt mit großen Buchstaben untereinander geschrieben das Wort SCHULE. Von ihm gehen jeweils oben rechts, in der Mitte rechts, unten rechts, unten links, in der Mitte links und oben links sechs Striche ab, die wiederum verweisen auf die außerschulischen Lernorte der Kultur, Geschichte usw., die da aufgeführt sind. Sie sind spiralförmig angeordnet. So heißt es: Links oben: Städtische Einrichtungen z.B. Feuerwehr, Polizei Links Mitte: Kulturelle Einrichtungen z.B. Museum Bochum, Schauspielhaus, Puppenspiel Links unten: Biologische und geologische Exkursionen z.B. Waldlehrpfad, Schrebergarten Rechts oben: Historische Gebäude z.B. Helfs Hof, Gertrudiskirche Rechts Mitte: Industriegebäude z.B. Zeche Hannover, Muttental Rechts unten: Zoologische Exkursionen z.B. Tierpark, Zooschule, Meerfelder 327 Bruch Mit der Aufzählung dieser außerschulischen Lernorte ist das Schulprogramm abgeschlossen. Das Schulprogramm der SIEBTEN SCHULE ist ringförmig gebunden und liegt im DIN A4 Format vor. Auf der Umschlagseite wird der Name der Schule genannt, es ist das Bild der Namensgeberin zu sehen, darunter das Wort Schulprogramm und stempelähnlich die Anschrift der Schule mit Telefonnummer und Email. Das Programm umfaßt 70 Seiten, von denen acht Seiten der Namensgeberin gewidmet sind und eine Erklärung einschließt, die begründet, warum diese Schule den Namen trägt. Die Verpflichtung, die sich aus dem Namen der Schule ergab, führte zu einer der wichtigsten pädagogischen Leitlinien, nämlich, die gegen Gewalt und Rassismus. Im Rahmen dieser Leitlinie werden an dieser Schule folgende Unterrichtsreihen, Projekte in den einzelnen Klassenstufen durchgeführt: Durchführung in Klassenstufe Inhalt Kooperation der Fächer / Außerschulischen Organisationen (fächerübergreifendes Arbeiten) Organisation / Durchführung ab Klasse 5-10 Klasse 6 Klasse 6 Klasse 7 Klasse 7 / 8 Texte zu den Themen- bereichen Gewalt, Minder- heiten, Ausgrenzungen Projekt „Abzocken ist kein Kinderspiel“ Klassenfahrt unter dem Aspekt „Soziales Lernen“ (Erlebnispädagogik) Selbstbehauptung für Mädchen Konflikttraining für Jungen „Tagebuch der Anne Frank“ lesen, weitere Kooperation der Fächer Deutsch, Religion, Politik Kooperation mit Polizei Präsidium Bochum Kooperation mit Pro Familia (Bochum) Kooperation der Fächer Deutsch und Religion Fachlehrerinnen / Fachlehrer Deutsch, Religion, Politik Klassenlehrer Vorbereitung und Durchführung durch die Klassenlehrerinnen / Klassenlehrer Fachlehrerinnen / Fachlehrer Deutsch 328 Klasse 8 Ab Klasse 8 Klasse 9 Klasse 9 Klasse 10 alle Klassenstufen Texte (Jugendbücher zu NS-Zeit) Projekt „Ohne Gewalt Stark“ Fortführung des Konflikt- Trainings (Selbstbehauptung) aus Klasse 7 als freiwillige AG Streitschlichterausbildung Jugend unter Hitler Texte aus den Themen- Bereichen Rassismus, Verfolgung, Nationalis- mus, Antisemitismus Fahrt nach Bergen-Belsen Nationalsozialismus Fairness und Rücksichtnahme Kooperation mit Polizei Präsidium Bochum Kooperation mit dem Heinrich-von-Kleist Gymnasium Fach Politik Fächer Religion / Deutsch Vorbereitung durch die Fächer Deutsch, Politik, Religion, Geschichte Fach Geschichte / Deutsch Besonders im Fach Sport und Religion Fachlehrerinnen / Fachlehrer Politik Fachlehrerinnen / Fachlehrer Religion / Deutsch Fachlehrerinnen / Fachlehrer Deutsch / Geschichte Fachlehrerinnen / Fachlehrer Sport Der beachtliche Umfang des Programms macht eine verkürzte Wiedergabe der sehr detaillierten Stellungnahmen zu den einzelnen Programmen notwendig. Die große Anzahl der einzelnen Arbeitsfelder, die insgesamt sieben Programmpunkten zugeordnet sind, werden im Inhaltsverzeichnis, das nur um den ausführlichen Teil, der sich mit dem Leben und der sich 329 daraus ergebenen Verpflichtung dieser Schule befaßt., gekürzt; ansonsten aber vollständig wiedergegeben, um aufzuzeigen, mit welcher Ausführlichkeit dieses Schulprogramm konzipiert wurde. Inhaltsverzeichnis: 1. Allgemeine Hinweise • Bildungsauftrag und Erziehungsgrundsätze • Vermittlung kultureller und ideeller Werte • Soziales Handeln • Lebenslanges Lernen • Regeln 2. Ein Programm im Programm • Streitschlichtung / Mediation - Gewinn für Schülerinnen und Schüler - Gewinn für das soziale Klima der Schule - Gewinn für Lehrerinnen und Lehrer - Gewinn für Eltern und Gesellschaft - Elternbrief • Projekt Fahrzeugbegleiterinnen / Fahrzeugbegleiter 3. Grundzüge und Strukturen der Schule • Weshalb wählen die Erziehungsberechtigten diese Schule? • Konzept für die Jahrgangsstufe 5 und 6 • Konzept für die Jahrgangsstufe 7 und 8 • Konzept für die Jahrgangsstufe 9 und 10 • Entwicklung der Schülerzahlen • Gesamtdifferenzierung ab Klasse 8 Überblick Neigungsdifferenzierung - Neigungsschwerpunkt Technik - Neigungsschwerpunkt Fremdsprachen - Neigungsschwerpunkt Naturwissenschaften - Neigungsschwerpunkt Sozialwissenschaften • Methodentraining • Geschlechterrollen und Mädchen- und Jungenförderung • Praktische Philosophie • Arbeitsgemeinschaften 330 - Freiwillige Arbeitsgemeinschaften - Garten-AG • Musikalische Arbeitsgemeinschaften - Schulchor - Trommel-AG - Schülerband • Theater-AG • Pflichtarbeitsgemeinschaften 4. Traditionen und Aktivitäten der Schule • Weihnachtskonzerte • Schulgottesdienste • Agenda 21 • USB Umwelttag • Repräsentationstag für Kunst und Kultur • Sportturniere • Klassenfahrten • Schulfeste • Tag der offenen Tür / Kennenlernnachmittag • Afrika-Projekt • Abschlußfeier • Sponsoring 5. Beratungskonzept der Schule 6. Projekte • Zeus • Lesewettbewerb • Schulen ans Netz 7. Anhang Einführungsmappe Klasse 5 1. Allgemeine Hinweise Einführend wird betont, daß das vorliegende Schulprogramm die grundlegenden pädagogischen Ziele der Schule beschreibt, und, daß die verschiedenen Möglichkeiten zur Selbständigkeit der einzelnen Schule aufgrund der inhaltlichen Vorgaben wie Richtlinien und 331 Lehrpläne die Nutzung von Gestaltungsfreiräumen und die damit verbundene Selbständigkeit bieten, so daß die Chance gesehen wird, die pädagogischen Möglichkeiten effektiver zu nutzen. Es heißt weiter, daß neben der Vermittlung von Grundkenntnissen und Fertigkeiten von Wissen und Bildung, es im besonderen Maße darauf ankomme, Grundwerte wie Verantwortungsbewußtsein, Gewaltlosigkeit und Hilfsbereitschaft zu wecken, zu fördern und einzuüben. Ziel ist es dabei, die Schüler zu verantwortungsvoller Selbstbestimmung, zur Anerkennung von Werten und zur Achtung vor Überzeugung anderer erzogen werden sollen. Die Schule versteht sich als ein Miteinander von Schülerinnen und Schülern, Eltern, Lehrerinnen und Lehrern. Bei allen Bestrebungen soll auch versucht werden, in dem Schulleben tradierte Grundwerte zu beachten. Als erfolgreicher Lehr- und Lernhintergrund wird eine Umgebung definiert, in der sich Schüler und Lehrer wohlfühlen, deshalb sind Freundlichkeit, Höflichkeit, Achtung vor der Würde des Mitmenschen und gegenseitiger Respekt nicht nur leere Worte, sondern Maßstab im Umgang miteinander. Ziel ist es, zu veranschaulichen, daß mit der Einhaltung dieser Werte das Zusammenleben besser gelingt. Die Schüler sollen zu der Einsicht geführt werden, daß das Bildungsangebot der Schule zu schätzen und sinnvoll für sich und die Gesellschaft zu nutzen ist. Die fachliche Bildung und die soziale Erziehung helfen den Jugendlichen, sich zu verantwortungsvollen Menschen zu entwickeln. Um diesen Anspruch und die Entwicklung des Schulprogramms auf eine möglichst breite Basis zu stellen, wird es als sinnvoll erachtet, daß sich Eltern und Schüler an dem Prozeß der Schulentwicklung beteiligen. Deshalb wurden sie in den Erarbeitungsprozeß zum Schulprogramm miteinbezogen. Bildungsauftrag und Erziehungsgrundsätze Es wird darauf verwiesen, daß die Schule Anregungen und Hilfen auf dem Weg zur Mündigkeit bietet und grundlegende Fähigkeiten, die zu einer selbstbestimmten und verantwortungsbewußten Gestaltung des Lebens in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind. Darin eingeschlossen sind: • die Vermittlung kultureller und ideeller Werte, • die Hinführung zu sozialem Handeln, • die Einsicht in die Notwendigkeit lebenslangen Lernens sowie die dazu erforderlichen Regeln. Vermittlung kultureller und ideeller Werte Die Schüler werden sich ihrer eigenen Identität bewußt, indem sie ihre unterschiedlichen religiösen und kulturellen Werte und Traditionen kennenlernen und sich mit ihnen 332 auseinandersetzen. Dies ist die Voraussetzung für die Entwicklung von Toleranz, die als die Fähigkeit verstanden wird, die Wertentscheidungen anderer zu achten ohne dabei die eigenen aufzugeben. Weitere Lernziele sind, Hilfsbereitschaft zuüben, sich für Gerechtigkeit und Gewaltfreiheit einzusetzen. Soziales Handeln Da die Schüler eingebunden sind in ein Geflecht sozialer Beziehungen, müssen sie lernen sozial verantwortlich zu urteilen, zu entscheiden und zu handeln. Durch das gemeinsame Arbeiten lernen sie dabei, für eigene und gemeinsam erarbeitete Ergebnisse und Entscheidungen Verantwortung zu übernehmen. Darüber hinaus ist es von Bedeutung, die Schüler dahingehend zu erziehen, daß sie aktuelle Probleme der Gesellschaft und Umwelt erkennen und bereit sind, an deren Bewältigung mitzuarbeiten, z.B. an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und beim sorgsamen Umgang mit Ressourcen. Lebenslanges Lernen Die Schüler sollen die in der Schule erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten weiterentwickeln, indem sie sich mit den wandelnden Aufgaben und Bedingungen lebenslang auseinandersetzen. Dazu sind Kreativität, Selbständigkeit und Teamfähigkeit unverzichtbar. Regeln Jede Gemeinschaft, in der Menschen oft mit unterschiedlichen Wünschen, Interessen, Erfahrungen und Verhaltensweisen miteinander auskommen sollen, braucht Regeln. Ohne solche Regeln müßte immer wieder ausgehandelt werden, was erlaubt ist und was nicht. Die Grundsätze sollen allen helfen, unnötige Konflikte zu vermeiden und die unvermeidlichen möglichst sinnvoll zu lösen. Es ist darauf zu achten, daß die aufgestellten Regeln eingehalten werden. Sie finden ihren Niederschlag unter anderem in der gemeinsam von Eltern, Schülern und Lehrern erarbeiteten Schulordnung, die als Ergebnis des Bemühens um Konsens in Erziehungsfragen gelten kann. Am Anfang des 2. Punktes steht ein ausführlicher Exkurs über die Namensgeberin und es wird eingangs die Frage aufgeworfen, wer diese Person war. Es erfolgt eine ausführliche Beschreibung des Lebenslaufes und der tragischen Umstände ihres Todes, der mit der NS- Zeit verknüpft ist. Die Ausführlichkeit dieser Schilderungen kann hier ausgespart werden und es soll darauf hingewiesen werden, daß der Name für die Schule die Verpflichtung ist, eine ihrer wichtigsten pädagogischen Leitlinien zu entwickeln, nämlich gegen Gewalt und Rassismus. Daraus wurden, wie bereits erwähnt, im Rahmen dieser Leitlinien Unterrichtsreihen und Projekte in den einzelnen Klassenstufen durchgeführt. Auf den nächsten Programmseiten werden Schüleraussagen zu den Besuchen einiger Gedenkstätten, 333 wie Bergen-Belsen, wiedergegeben und es wird ausführlich geschildert, daß sie der Höhepunkt einer Unterrichtsreihe Nationalsozialismus, Antisemitismus und Rassismus in den Fächern Religionslehre, Politik und Geschichte waren. Abgeschlossen wird der Themenkreis durch zwei Fotokopien aus der holländischen Presse zum erwähnten Thema. Streitschlichterausbildung / Mediation an der Schule Seit etwa dreißig Jahren wird in den USA Mediation als ein gebräuchliches Konfliktlösungsverfahren angesehen. Mediation bedeutet: Vermittlung in Konflikt- und Streitfällen durch einen unparteiischen Dritten mit dem Ziel, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Nach der Bemerkung, daß die Mediation in Deutschland zunehmend an Bedeutung gewänne, erfolgt eine ausführliche Aufzählung der Felder, bei denen man sich ihrer bedient. Um der Gewalt an Schulen zu begegnen und der Eskalation von Konflikten entgegenzuwirken, wurde in den letzten Jahren versucht, Mediation als Möglichkeit des gewaltfreien Umgangs von Konflikten in Schulen zu etablieren. Das Thema „Gewalt an Schulen“ ist ständig präsent in den Medien. Antisoziales und aggressives Verhalten, verbale und physische Gewalt gehören zum schulischen Alltag. Ausgangspunkt für Prügeleien, die zu ernsten Konflikten eskalieren, sind körperliche Attacken, Erpressungen, Drohungen, Andere ausgrenzendes und abwertendes, beleidigendes und erniedrigendes Verhalten, Verspotten, Auslachen und Beschimpfen. Kinder und Jugendliche sehen keine Möglichkeit, ihre untereinander bestehenden Schwierigkeiten und Probleme konstruktiv anzugehen und zu lösen, weil es an positiven Modellen und an Anleitung fehlt. Um diesem Problem zu begegnen, ist an den unterschiedlichen Schulformen seit einigen Jahren Mediation in der Weise eingeführt worden, daß mit sogenannten Streitschlichterprogrammen gearbeitet wird. Als Ergebnis hat sich gezeigt, daß Schüler durchaus in der Lage sind, sich in konfliktreichen Situationen konstruktiv zu verhalten und ihre Probleme selbst zu lösen. Um diese Problemlösekompetenz anzuregen und weiterzuentwickeln, ist es wichtig, Schüler durch Vermittlung von Fertigkeiten und Fähigkeiten zu fördern. Dazu stehen Trainingsprogramme zur Verfügung, etwa: • Lehrer nehmen an Fortbildungsveranstaltungen teil (Motto: Learning by doing). Sie werden dabei zu Multiplikatoren, die an der jeweiligen Schule das Konzept der Streitschlichtung bekannt machen und dafür sorgen, daß es im Schulprogramm verankert wird. • Die Förderung der sozialen Kompetenz soll in den einzelnen Klassen durch ein entsprechendes vorbildhaftes Umgehen miteinander gefördert werden. Dabei sollen 334 die Schüler für konfliktreiche Situationen sensibilisiert werden und trainieren, Konflikte kooperativ zu lösen. • Schüler der oberen Klassen werden zu Streitschlichtern ausgebildet, um dann entsprechend präpariert den Schülern der unteren Klassen als Ansprechpartner und Vermittler im Falle von Konflikten zur Verfügung zu stehen. In Frage kommen dafür besonders Fünfklässler. Die Ausbildung zu Streitschlichtern ist in fünf Einheiten aufgegliedert: 1. Einheit: Kennenlernen – Motivation der Beteiligten – Erwartungen der Beteiligten – Eigenschaften von Streitschlichtern 2. Einheit: Wahrnehmung / Toleranz und Einfühlung – Gefühle erkennen und ausdrücken 3. Einheit: Neutralität als Schlichteereigenschaft – Kommunikation 4. Einheit: Konflikt und Konfliktausgänge – Einführung in den Schlichtungsablauf 5. Einheit: Ablauf der Schlichtung im Rollenspiel. Die Erfahrung, wird hier erwähnt, hat gezeigt, daß auf dem Felde der Streitschlichtung die Schlichter sehr verantwortungsvoll mit ihrer Aufgabe umgehen. So werden Dienstpläne eingehalten und es wird für Vertretung gesorgt, wenn sich jemand kurzfristig krank meldet. Schüler, die in der Streitschlichtung eine Lösung gefunden haben, gehen sehr beruhigt in den Klassenraum zurück und können sich meist recht schnell auf den Unterricht einstellen. Die Ergebnisse der Streitschlichtung werden im allgemeinen als positiv empfunden, da sie für alle Beteiligten gewinnbringend ist. Beispielhaft hierfür werden eine Reihe von Schlichtungsergebnissen aufgelistet, von denen eine Auswahl vorgestellt wird. Der Gewinn für Schüler, die einen Konflikt untereinander gelöst haben, wird wie folgt zusammenfaßt: • Sie besitzen keine Angst mehr voreinander, wenn sie sich begegnen. • Sie müssen keine Gelegenheit suchen, um Rache zu üben. • Sie haben erlebt, daß ein Konflikt gewaltfrei gelöst werden kann. • Sie haben die Verbindlichkeit von getroffenen Vereinbarungen erfahren. 335 Der Gewinn für das soziale Klima in der Schule wird folgendermaßen definiert, und hier etwas reduziert wiedergegeben: • Streitende lernen, ihre eigenen Probleme zu lösen. • Schüler müssen nicht zu Lehrkräften laufen, wenn sie ein Konflikt bedrückt. • Jüngere erhalten ein größeres Maß an Sicherheit, weil sie durch die Schlichter Schutz und Hilfe erfahren. Schüler schlagen sich seltener, denn sie erkennen, daß Gespräche beiderseitig gewinnbringend sind. • Sie erfahren, daß ein Konflikt auch Ausgangspunkt für neue, positive gemeinsame Erfahrungen mit dem Kontrahenten sein kann. • Sie lernen Fähigkeiten, um mit Konflikten außerhalb der Schule und im späteren Leben umzugehen. Das gilt in besonderem Maße für die Schüler, die sich als Schlichter ausbilden lassen. Die schon bestehende Neigung sich sozial zu engagieren und in Konflikten zu vermitteln, wird professionalisiert. Der Gewinn für Lehrer wird wie folgt dargestellt: • Die Gewinne, die Schüler haben, decken sich mit den Intentionen zur Werteerziehung, zum sozialen Lernen mit dem Lernziel: Friedensfähigkeit. • Lehrkräfte kommen dem Ziel näher zu lehren, wie Konflikte gewaltfrei gelöst werden können. • Lehrer werden entlastet und ihnen wird ein Instrument an die Hand gegeben, schwierige Streitfälle zu lösen, in denen Schüler überfordert sind. Der nächste Punkt ist der Gewinn für Eltern und Gesellschaft: • Eltern erhalten durch Informationen beim Elternabend und durch Berichte ihrer Kinder ein Angebot, wie sie auch zu Hause Konflikte lösen können. Eltern sind meist froh, daß ihr Kind in der Schule neben dem Sachwissen auch ein Instrument kennenlernen, durch das ein besseres Zusammenleben möglich ist. Es wird ein Elternbrief aufgeführt, der betitelt ist mit Auf der Suche nach „Gewalt- Lösungen“ Streitschlichtungen an unserer Schule. In ihm wird darauf hingewiesen, daß Gewaltszenen unterschiedlichster Form innerhalb und außerhalb der Schule zu verzeichnen sind und es wird darauf hingewiesen, daß die Wissenschaft verschiedene Ursachen, wie mangelnde Kommunikationsfähigkeit, geringe soziale Kompetenz und vieles mehr für die verstärkte Gewaltbereitschaft verantwortlich macht. Daraus ergibt sich für die Schule die Frage, wie sie mit dieser Situation umgehen kann und welches Rüstzeug man den Schülern zum gewaltfreien Umgang mit Konflikten an die 336 Hand gibt. Daraus folgert der Hinweis auf die Mediation, die dann im Folgenden erklärt wird. In einzelnen Schritten wird die Streitschlichtung vorgestellt und erklärt, welche Personen dafür zuständig sind und die entsprechende Kompetenz erworben haben. Zu dem gesamten Problemfeld wird ein Projekt „Fahrzeugbegleiter“ bei der BOGESTRA (Bochum Gelsenkirchener Straßenbahn AG). Mit der Steigerung des Anteils an Fahrschülern, die die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, hat sich das Konfliktpotential erhöht. Im vermehrten Maße auffällig geworden sind: • Beschädigungen • Auseinandersetzungen zwischen Schülern • Beleidigungen • Auseinandersetzungen zwischen Schülern und Personal • Gewalteskalationen der verschiedensten Art Das Ziel dieses Projektes, das in Kooperation mit der BOGESTRA und der Polizei an dieser Schule durchgeführt wird, soll dann sein, daß: • die Sicherheit der Schüler während der Fahrt erhöht wird • friedlich miteinander in den Verkehrsmitteln umgangen wird • die Gewalt minimiert wird • Beschädigungen / Zerstörungen in Verkehrsmittel reduziert werden • eine verbesserte Kommunikation zwischen allen Beteiligten stattfindet. Zum Zwecke des Erreichens dieser Ziele wurden Schüler der achten Klassen zu Fahrzeugbegleitern ausgebildet. Die Ausbildung beinhaltet: • Deeskalationstraining • Mediation (Streitschlichtung) • Rollenspiele, bewußte Körpersprache • Aktives Zuhören • Kommunikationstechniken • Freundlichkeit, Höflichkeit und sicheres Auftreten üben. Die Fahrbegleiter sind dann Ansprechpartner für die mitfahrenden Schüler und für den Fahrer. Im Fall von Konflikten sollen sie zwischen den Parteien vermittelnd eingreifen, was allerdings für die Aufgaben eines Kontrolleurs ausschließt. Ein Fahrbegleiter versteht sich als wichtiges Bindeglied zwischen Verkehrsbetrieb und Schule. 337 3. Grundzüge und Strukturen der Schule Dabei wird zunächst hervorgehoben, daß die Schule als Angebotsschule im Jahre 1969 gegründet wurde und heute eine von drei Schulen eines Schulzentrums ist. Ca. 680 Schüler werden 4- bzw. 5-zügig unterrichtet. Weshalb wählen die Erziehungsberechtigten die Schule? Die Begründung liegt darin, daß die Schüler und Erziehungsberechtigten die Schule wählen, weil sie ihnen von den Grundschullehrkräften empfohlen wurde. Die Schule versteht sich zunächst wegen ihres günstigen Standpunktes, also der Anbindung an einer Reihe von Bochumer Stadtteilen, als Angebotschule, in der eine Schülerschaft mit unterschiedlichen Leistungspotentialen unterrichtet wird. Eine früh einsetzende individuelle Förderung soll Übergangsprobleme entschärfen und den Schulerfolg später sichern. Ein individueller mit Erziehungsberechtigten abgesprochener Förderunterricht in Deutsch, Englisch oder Mathematik setzt bereits wenige Wochen nach Schuljahresbeginn für die Schüler der Klassen 5 ein. Angestrebt ist zunächst ein „sanfter“ Übergang von der Grundschule zur Realschule. Geachtet wird auf die Weiterführung der Arbeitstechniken und Lernformen der Grundschule (z.B. Wochenplanarbeit etc.) und die Anpassung an die Arbeits- und Lerntechniken der Realschule. Gute Kontakte zu dem Grundschulen durch gegenseitige Hospitationen und die Teilnahme an Konferenzen fördern die Zusammenarbeit. Den potentiellen Neuankömmlingen soll an einem „Tag der offenen Tür“ und einem „Kennenlerntag“ vor den Sommerferien die Angst vor der neuen Umgebung genommen werden. Durch die weitgehende Beibehaltung des Klassenlehrerprinzips wird dessen Rolle als Ansprechpartner entsprechend gewürdigt. Die Arbeitsweisen sind für die Neuankömmlinge weitgehends vereinheitlicht. In einer „Einführungsmappe“ sind vor allen Dingen Verhaltensregeln festgehalten. Ein intensiver Informationsaustausch zwischen den Lehrern und dem Elternhaus bewirkt in der Einführungsphase eine positive Atmosphäre. Das Konzept für die Jahrgangsstufen 7 und 8 Es wird festgestellt, daß die Schüler in diesem Lebensabschnitt neue Interessen entwickeln und individuelle Begabungen erkennen. Dem trägt die Schule, soweit die eigene Behauptung, Rechnung, indem alle Schüler mit der zweiten Fremdsprache in Klasse 7 beginnen. Es ist auch die Jahrgangsstufe, in der das Konflikt-bewältigungstraining stattfindet. Dazu der weitere Hinweis, daß in einem besonderen Artikel über Jungen- und Mädchenförderung ausführlich geschildert, aber nicht des weiteren präziser dargestellt wird. Am Ende der 7. Klasse entscheiden sich die Schüler für folgende Wahlangebote: • Naturwissenschaften mit den Bereichen 338 (Biologie, Physik oder Chemie) • Fremdsprachen (Französisch) • Technik • Sozialwissenschaften. Ergänzt werden diese Wahlangebote durch eine ausführliche Beschreibung dieser Neigungsdifferenzierungen, die hier nur erwähnt, aber nicht näher betrachtet werden sollen. Das 8. Schuljahr bringt für die Schüler ein viertägiges Berufsorientierungsprojekt. Dazu wieder ausführliche Berufswahlorientierung der Jungen und Mädchen im Zusammenhang mit deren Förderung. Zusatzangebote sind dann Trommel-AG, eine Garten-AG und die neu als klassenübergreifend eingerichtete Theater-AG, wieder gesondert unter Arbeitsgemeinschaften aufgeführt. In dieser Altersstufe besteht auch die Möglichkeit, sich zu Streitschlichtern ausbilden zu lassen, was dann in Kooperation mit einem Gymnasium geschieht. Dazu werden wieder ausführlich die Streitschlichterausbildungskriterien aufgeführt. Vordergründig wird vor allem in diesem Jahrgang die Gesundheitsförderung und die Suchtprävention bearbeitet. Das Konzept für die Jahrgangsstufen 9 und 10 Für diese Jahrgangsstufen gibt es neben den Neigungsschwerpunkten Französisch, Technik, Naturwissenschaften oder Sozialwissenschaften den Wahlpflichtbereich, der die Fächer Hauswirtschaft, Informatik und Sport umfaßt. Nun erfolgt die allgemeine Aufzählung der Qualifikationsmöglichkeiten, die die Schüler des 10. Schuljahres haben. Da für die meisten Schüler die Berufswahl ein zentrales Anliegen ist, werden neben dem Pflichtunterricht zusätzlich spezielle Veranstaltungen in enger Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt durchgeführt. Ergänzt wird diese Information durch eine ausführliche Übersicht über die Berufswahlorientierung und entsprechende Praktika. Eine Statistik über die Entwicklung der Schülerzahlen in der Zeit von 1969 – 1999 schließt sich an, ergänzt durch die Fotokopie eines Presseberichts über ein Schulfest anläßlich des dreißigjährigen Bestehens der Schule. Gesamtdifferenzierung ab Jahrgang 8 Erläutert werden drei Aspekte aus dem Pflichtunterricht, wie sie durch die neue Ausbildungsverordnung festgelegt worden sind. 1. Das Fach Französisch in Klasse 7 als Wahlpflichtbereich ist für alle Schüler verpflichtend. Die schriftliche Leistungsfeststellung pro Schulhalbjahr wird auf drei schriftliche Klassenarbeiten festgeschrieben. 2. Neigungsdifferenzierung tritt ab Klasse 8 in Kraft. Schüler und Erziehungsberechtigte werden umfassend beraten bevor von ihnen eine Wahlentscheidung verlangt wird. 339 Zu unterscheiden sind vier sogenannte Differenzierungsschwerpunkte, denen jeweils die nachfolgend angegebenen Fächer zuzuordnen sind: • Naturwissenschaftlicher Unterricht: Schwerpunktfächer sind Physik, Chemie, Biologie • Sozialwissenschaftlicher Schwerpunkt: Schwerpunktfach ist das Fach Sozialwissenschaften • Technischer Schwerpunkt: Schwerpunktfach ist das Fach Technik. • Fremdsprachlicher Schwerpunkt Schwerpunktfach ist das Fach Französisch. Während noch in den Klassen 7 der gesamte Unterricht im Klassenverband erfolgt, wird ab Klasse 8 ein Teil des Unterrichts im Wahlpflichtbereich durchgeführt, dadurch werden die Klassenverbände vorübergehend aufgelöst. Diese Lernangebote geben dem Schüler die Möglichkeit, seinen individuellen Lernbedürfnissen, Neigungen und Fähigkeiten zu entsprechen. Betont wird vor allem, daß es sich hierbei nicht um eine Leistungs- sondern vielmehr um eine Neigungsdifferenzierung handelt. Es wird darauf verwiesen, daß der Wahlpflichtbereich die soziale Mobilität fördert, während der bestehende Klassenverband den Schülern die gewohnte Sicherheit gibt. Die Schüler bleiben in ihrer gewohnten Umgebung zusammen. Sie behalten ihren Klassenraum, eine Klassenlehrerin bzw. Klassenlehrer ist weiterhin für sie da, sie haben wie bisher eine Reihe von Fächern zusammen. In der Regel bilden sie den Block im Stundenplan. Es handelt sich um die Klassenarbeitsfächer Deutsch und Mathematik, sowie Sport, Religion, Geschichte, Politik, Erdkunde, Musik und Kunst. In jedem Falle ergeben sich am Ende der Klasse 10 gleichwertige Abschlüsse. Die gewonnenen Qualifikationen sind die Basis für den weiteren Entwicklungsweg. Die anschließende tabellarische Übersicht über die Neigungsdifferenzierung in den Jahrgängen 8-10 beschreibt die genannten Schwerpunktfächer, des weiteren Unterrichtsfächer, die im Klassenverband unterrichtet werden, jeweils mit entsprechender Wochenstundenzahl, den genannten Wahlpflichtbereich und die Arbeitsgemeinschaften. Neigungsschwerpunkt Technik Seit dem Schuljahr 1995 / 1996 wird an der Schule das Fach Technik angeboten. Es ist mit großer Begeisterung angenommen worden, was die jährlichen hohen Anmeldezahlen von über 50 Jungen und Mädchen bestätigen, was die Aufnahmekapazität von je 18 Schülern pro Gruppe bei weitem übersteigt. Als Reaktion darauf hat die Schulleitung im Jahre 1999 / 2000 zwei Technikkurse eingerichtet. 340 Aufgaben des Unterrichtsfaches Technik Eine wesentliche Aufgabe versteht die Schule darin, Schüler zur Bewältigung aller Lebenssituationen zu befähigen. Die Aufgaben des Faches Technik entstehen aus den Bedürfnissen und Gegebenheiten einer technisierten und industrialisierten Welt. Technikbestimmte Situationen dürfen schon deshalb nicht fehlen, weil sie heute die Lebensbedingungen prägen und entscheidend verändert haben und dies in Zukunft noch stärker tun werden. Was bedeutet Technik? Technik ist vom Menschen für Menschen zweckorientiert gestaltete Realität. Sie richtet sich primär nicht auf Erkenntnis der Natur, sondern auf deren Nutzbarmachung. Sie unterscheidet sich von den Naturwissenschaften grundsätzlich, indem sie sich auf Veränderungen der realen Welt, nicht auf deren Ursächlichkeit konzentriert. Gleichwohl Technik an Naturgesetze gebunden. Die Technik läßt sich verstehen als menschliche Einflußnahme auf die Faktoren Werkstoff, Energie und Information. Was will Technikunterricht? Es lassen sich theoretisch vier Qualifikationsebenen unterscheiden, die allerdings im konkreten Unterricht kaum getrennt werden können. Technikunterricht beabsichtigt, • Sachwissen zu vermitteln, das sich auf technische Gegenstände und Verfahren bezieht. - Holzkunde, Metallkunde u.a. - Wirkungsprinzipien von Schaltungen, Maschinen, Kraftwerken, Flugzeugen ... - Ordnungsprinzipien • Handlungsfähigkeit zu vermitteln, die sich auf den sach- und sicherheitsgerechten Einsatz von Technik bezieht. - praktische Fähigkeiten: messen, anreißen, sägen, schleifen, biegen, bohren, löten, glühen, feilen, senken, leimen, schrauben, dübeln, zapfen, streichen, zeichnen ... - theoretische Fähigkeiten: die Bereitschaft zu entwickeln, sich für wünschbar akzeptierte Formen von Technik einzusetzen 341 • Urteilsfähigkeit zu vermitteln, die eine rationale Entscheidung über Technik ermöglicht. Technik wird begriffen als menschliches Bestreben, das naturgesetzlich Mögliche mit dem ökonomisch Vernünftigen und gesellschaftlich Wünschbaren und Verantwortbaren zu vereinbaren. • Berufswahlfähigkeit herzustellen, die sich insbesondere auf Beruf im gewerblich-technischen und/oder handwerklichen Bereich bezieht und Beurteilungsgrundlagen hinsichtlich eigener Neigungen einerseits, Eignung, Chancen und Zukunftsaussichten andererseits zur Verfügung stellt und dabei Risiko und Zeitabhängigkeit solcher Entscheidungen bewußt macht. Technik Klasse 8 Für die Klasse 8 wird der Schwerpunktsbereich Holz genannt. Zunächst lernen die Schüler den Aufbau und Wachstums eines Baumes kennen und es werden ihnen die Eigenschaften und Verwendung einiger Baumarten wie Kiefer und Buche, sowie Eiche nähergebracht. Handelsformen werden angesprochen und es erfolgt eine erste Einweisung in die Holzbearbeitung (siehe oben). Erste Produkte des Anfangsunterrichts sind u.a. z.B. eine Holzeisenbahn. Bei der Holzbearbeitung lernen die Schüler den Umgang mit Maschinen kennen, und sie werden in die Unfallverhütung eingewiesen. Am Ende werden sie zu Besitzern des Bohrmaschinenführerscheins. Technik Klasse 9 Der Schwerpunkt der Klasse 9 ist der Metallbereich. Lernziele sind das Kennenlernen von Verwendung und Eigenschaften von Metallen. Darüber hinaus die Eisenverhüttung und Stahlerzeugung. Verwiesen wird dann auf die oben genannten Techniken. Den Schluß dieses Abschnittes bildet eine ausführliche Bauanleitung für eine Dampfmaschine. Technik Klasse 10 Der Bereichsschwerpunkt ist Elektronik, zu deren Verständnis die erworbenen Vorkenntnisse aus der Elektrotechnik der Jahrgänge 8 und 9 erforderlich sind, wie die Kenntnis von Spannungsquellen, elektrischen Widerständen, einfachen Schaltkreisen, Elektromagneten, Elektromotor usw.. Mit Hilfe eines ansprechenden Elektronikbaukastens lernen die Schüler die elektronischen Bauteile, wie Kondensatoren, Dioden, Transistoren, kennen. Ein sogenannter Agentenkoffer ist Anschauungs-material zur Herstellung eines elektronischen Geräts wie beispielsweise eine Alarmanlage. Dafür bedarf es profunder 342 Erkenntnisse über die Funktion von Schaltungen und deren Bauteile. Ebenso ist es notwendig, Schaltpläne zu analysieren. Am Ende werden wieder sehr ausführlich Detailkenntnisse als Voraussetzung für das Verständnis dieses Themenkreises aufgeführt und vor allem darauf hingewiesen, daß die Schüler auf ihre Vorerfahrungen zurückgreifen können. Ziel ist die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen im Technikbereich auf vier Feldern: 1. Wissen - Denkfähigkeit - Lernfähigkeit - Flexibilität - Kreativität - Abstraktion u.a. 2. Praxis - manuelles Geschick - Koordinationsfähigkeit - Reaktionsschnelligkeit u.a. 3. personal - Genauigkeit - Zuverlässigkeit - Pflichtbewußtsein - Gewissenhaftigkeit - Selbständigkeit - Ehrlichkeit - Verantwortungsgefühl - Leistungsbereitschaft u.a. 4. sozial - Kontaktfähigkeit - Teamgeist - Toleranz - Hilfsbereitschaft - Kommunikationsfähigkeit 343 Neigungsschwerpunkt Fremdsprachen Er wird nur stichpunktartig wiedergegeben, weil er weitgehend aus Gemeinplätzen besteht, z.B. solchen, daß Französisch eine internationale Diplomaten- und Handelssprache sei und englische Sprachkenntnisse die Möglichkeit bieten, mit den Nachbarländern Verbindung aufzunehmen und sie entsprechend zu nutzen. Außerdem wird auf die Möglichkeit der freien Arbeitsplatzwahl innerhalb der europäischen Gemeinschaft hingewiesen. Als Lernziele werden angeben, daß Schüler in alltägliche Situationen angemessen in der Fremdsprache zu reagieren lernen, beispielsweise im Umgang mit Brief- oder Gesprächspartnern, als Touristen in Frankreich z.B. im Restaurant, im Hotel, auf dem Campingplatz, in der Bank. Außerdem wird auf die Möglichkeit hingewiesen, daß die zweite Fremdsprache bei einem eventuellen Übergang in die gymnasiale Oberstufe dadurch abgedeckt ist. Es erfolgt dann eine Zusammenfassung einer Parisreise der Klasse 10. Neigungsschwerpunkt Naturwissenschaften Wie bereits erwähnt, können die Fächer Biologie, Physik und Chemie als Klassenarbeitsfach gewählt werden. Wahlpflichtfach ist Physik. Themen Jahrgangsstufe 8 Es werden nur die großen Themenbereiche genannt, während die untergeordneten Sachgebiete nur punktuell wiedergegeben werden. 1. Licht und Bild Sachgebiet: Optik 2. Messen im Stromkreis Elektrizitätslehre Themen der Jahrgangsstufen 9 und 10 1. Elektrische Energieerzeugung und Energietransport 2. Mechanik, kinematische und dynamische Phänomene 3. Heizen und Kühlen (Wärmelehre) 4. 4. Licht und Farbe (Optik) 5. Radioaktivität und Kernenergie 6. Daten in Natur und Technik (Datenverarbeitung und –übertragung analog und digital) Die Themen im Pflichtunterricht der Jahrgangsstufen 9 und 10 mit 1. Licht und Farbe 2. Heizen und Kühlen 3. Radioaktivität und Kernenergie 344 wiedergegeben, sind wie alle anderen den verpflichtenden Lehrstoffplänen entnommen. Für den Wahlpflichtunterricht in Physik werden abstrakte Ziele formuliert, so z.B.: • weitergehende Mathematisierung, • die intensivere Pflege der Fachsprache, • das Sammeln umfangreicher Experimentiererfahrung, • Analyse der technischen naturwissenschaftlichen Anwendungen, • Erklärung der Phänomene vermehrt mit Modellen. Die entsprechenden Fähigkeiten und Fertigkeiten, die im Unterricht entwickelt werden sollen, werden dann mit Hilfe von Impulsverben detailliert aufgeführt. Ergänzend zu den gesamten Bereich werden soziale Fähigkeiten genannt, die Rücksichtnahme, Geduld beim Zuhören und Helfen und Einhalten von Vorschriften. Wahlpflichtunterricht Biologie Den Vordergrund bilden gesundheits- und umwelterzieherische Aspekte. Es erfolgt eine kurze Replik über das besondere Interesse an biologischen Fragestellungen als Voraussetzung für die Entscheidung für den Wahlpflichtunterricht Biologie. Wie gehabt, werden die Themen in Jahrgangsstufe 8 in vier Themenkreise aufgeteilt: 1. Leben in Ökosystemen 2. Willst du mit mir gehen? Die ersten Freundschaften 3. Jeder ist für seine Gesundheit verantwortlich 4. Sucht macht unfrei. Die nun folgende Aufschlüsselung des gesamten Themenkatalogs der Klasse 8 ist wiederum den Lehrstoffplänen entnommen. Für den Pflichtunterricht in den Jahrgangsstufen 9 und 10 im Fach Biologie wird, wie gehabt, der entsprechende Themenkatalog aus den Lehrstoffplänen für diese Jahrgangsstufen aufgezählt. Neigungsschwerpunkt Sozialwissenschaften Die einführenden Bemerkungen gelten dem Hinweis, daß die Schüler nur eine sehr ungenaue Vorstellung von den Unterrichtsinhalten haben. Als Grobziele werden genannt die Vermittlung von Kenntnissen und Erfahrungen im politischen und besonders im sozialen und ökonomischen Bereich genannt. Das Fach unterteilt sich in den Bereich Soziologie und den der Ökonomie. Es wird sich also mit dem Leben der Menschen in der menschlichen Gemeinschaft beschäftigt und darüber hinaus werden wirtschaftliche Grundkenntnisse und ihre Zusammenhänge ermittelt. Der nächste Teil der Einführung beschreibt die Arbeitsweise 345 eines SW-Kurses und nennt auszugsweise aktuelle Themen, wie die Einführung des Euros und die Belastbarkeit unseres Sozialnetzes, Gesundheitsreform, überhaupt mit Chancen und Risiken eines vereinten Europas und den Problemen, die sich aus einem Wandel unserer Gesellschaft ergeben, Technologie, Freizeitgestaltung und Arbeitslosigkeit. Die abschließende Bemerkung der Einführung zu diesem Sachbereich verweist auf die Verwendung unterschiedlicher Unterrichtsmethoden, Sozialformen und Unterrichtsmaterialien. Eine bunte Reihen wird dabei genannt, Gruppenarbeit, Auswertung von Zeitungsartikeln, Tabellen und Diagramme entschlüsseln und auswerten, Fallbeispiele und Planspiele. Der letzte Hinweis gilt den handlungsorientierten Methoden. Genannt werden Erkundung, Debatte, Rollenspiel und projektorientiertes Arbeiten. Besonders ausführlich wird sich dem Methodentraining mit dem Untertitel „Lernen lernen“ gewidmet. Basierend auf den neuen Richtlinien und Lehrplänen wurden schuleigene Lehrpläne für die einzelnen Fächer in der Schule entwickelt. Sie enthalten sowohl obligatorische Inhalte als auch Abstimmungen zum fächerübergreifenden Arbeiten und Lernen. Durch die Umgruppierung von Themen wurde, so der Hinweis, eine zeitliche Koordinierung ermöglicht, die den Schülern ganzheitliches Lernen erlaubt. Die Überarbeitung der schuleigenen Lehrpläne wurde von den jeweiligen Fachschaften übernommen. Es wird im folgenden ausgeführt: In der Welt, in der fundiertes Fachwissen so wichtig ist wie vernetztes Wissen, kommt dem fächerübergreifenden Lernen und Arbeiten eine besondere Bedeutung zu. Das wurde zum didaktischen Prinzip für alle Jahrgangsstufen erhoben. Fächerübergreifendes Arbeiten und sogenannte außerunterrichtliche Veranstaltungen werden als Ergebnis einer langjährigen erfolgreichen Arbeit dieser Schule genannt. Die Eröffnung immer neuer Gestaltungsspielräume ermöglicht individuelle Schwerpunktsetzungen, wodurch die Qualität des Unterrichts und ein erfolgreiches Lernen gesichert werden. Ziel des Methodentrainings ist es, die Schüler zu befähigen, elementare Lern-, Arbeits-, Gesprächs- und Kooperationstechniken zu erlernen und zwar als Voraussetzung für ein selbstbewußtes und routiniertes Lernen. In den Klassen 5 wird zwei Wochen vor Beginn des Schuljahres die besondere Kooperation der Englisch, Deutsch und Mathematik darunter verstanden. In allen anderen Klassen werden in der ersten Woche eines Halbjahres folgende Themen behandelt: Themenplanung für die Klassen 5-10 Klasse 5: Methodentraining • Lesen 346 • Texte bearbeiten • Beiträge im Heft gestalten • Auswendiglernen mit System • Kreatives Schreiben • Arbeitsplatzgestaltung Klasse 6: Teamentwicklungstraining Die Auswahl der Themenbereiche trifft das jeweilige Lehrerteam nach KLIPPERT: Teamentwicklung im Klassenraum. Klasse 7: Methodentraining • Informationsbeschaffung und –erfassung • ABC des Fragens • Diagramme und Tabellen entwerfen • Schreiben mit Methode • Vorbereitung von Klassenarbeiten / Zeitplanung Klasse 8: Kommunikationstraining (nach KLIPPERT) Klasse 9: Methodentraining • Systematisches Lesen • Streifzug durch die Bibliothek • Informationen zusammenfassen • Diagramme und Tabellen entwerfen • Schreiben mit Methode • Referatsgestaltung • Gedächtnislandkarten • Problemlösungsprozesse organisieren Klasse 10: Planspiel (nach KLIPPERT) Zum Abschluß erfolgt der Hinweis, daß diese Methoden nicht nur zu bestimmten Zeitpunkten, sondern während des Unterrichts über das ganze Schuljahr hinweg berücksichtigt werden. Geschlechterrollen und Mädchen- und Jungenförderung Es handelt sich dabei im Prinzip um die Berufswahlvorbereitung, die auch als Untertitel genannt wird. Der sehr allgemein gehaltene Text ist eine Anhäufung von immer wieder 347 auftauchenden „Weisheiten“ über das Problem alt hergebrachter Rollenmuster und sonstiger „Weisheiten“, die einem pädagogischen Kreisprozeß gleichen, also in zeitlichen Abständen zyklisch immer wieder wiederkehren. Um den Inhalt reduziert wiederzugeben, wird er stichwortartig zusammengefaßt. Erwähnt werden die Notwendigkeit konkreter Hilfen zur Identitätsfindung. Empfohlen wird die seit einiger Zeit wieder in der pädagogischen Diskussion stehende reflexive Koedukation als probates Mittel um Hemmungen, die neuerdings wieder vor allem bei Mädchen entdeckt werden, abzubauen. Weiter wird ausgeführt, daß Rollenmuster von Jungen und Mädchen häufig unbewußt übernommen werden, wodurch dann gerade bei Mädchen viele Blockaden vorprogrammiert sein werden. Die spezielle Mädchenförderung versteht sich als Andeutung von neuen Wegen, um sie in Beruf und in Beziehungen als gleichwertige und gleichberechtigte Partner auftreten zu lassen. Ziel ist es, beiden Geschlechtern gleiche Ausgangspositionen am Ende ihrer Schulzeit zu gewähren, was für die Mädchen im Rahmen ihrer Berufvorbereitung eine spezielle Förderung ihres Selbstbewußtseins bedeutet und für die Jungen ist es die Erweiterung ihrer sozialen Kompetenz. Es werden dann folgende Themen abgearbeitet: • durch ein Selbstbehauptungstraining für Mädchen • durch ein Konfliktlösungsstrategietraining für Jungen • durch Berufsorientierungstage für Mädchen und Jungen • bei der Vorbereitung des Betriebspraktikums • durch den Schulberater des Arbeitsamtes mit umfassender Information speziell für Mädchen • durch zahlreiche Texte, die als thematischen Schwerpunkt Frau und Beruf beinhalten. Deutsch, Sozialwissenschaften und Politik sind die Fächer mit besonderer Relevanz für diesen gesamten Themenbereich. Als ein ganz besonderer bedeutsamer Schritt zur Förderung der Gleichberechtigung von Mädchen wird der geschlechtlich differenzierte Sprachgebrauch sowohl von Lehrkräften als auch unter den Jugendlichen selbst genannt. Um die Identitätsfindung zu erleichtern, ist es bedeutsam, daß neben der Auseinandersetzung mit dem eigenen Geschlecht Unterrichtstexte vorgeschlagen werden, in denen Mädchen die Hauptrolle spielen, nicht immer die Jungen. Es wird des weiteren auf den Büchermarkt verwiesen, der eine Fülle interessanter Jugendbücher mit unterschiedlichsten Frauenrollen anbietet. Als Empfehlungen zur Analyse von Geschlechterrollen wird auf Heiratsanzeigen verwiesen. Das Projekt ZEUS (Zeitung und Schule) ermöglicht es z.B. eine aktuelle Sportberichterstattung auf Anteile des Frauensports zu achten. Desgleichen werden Frauenfernsehberichterstattungen als lohnend bezeichnet. Im Politik- und Deutschunterricht der 5. und 6. Klassen werden Texte 348 zum Rollenverständnis Jungen - Mädchen gelesen und analysiert. In Klasse 7 findet ein Selbstbehauptungstraining für Mädchen und ein Konfliktlösungstraining für Jungen in Kooperation mit „Pro Familia“ Bochum statt. In den 8. Klassen führen die Mädchen und Jungen unter dem Thema „Wer bin ich?“ ein viertägiges Berufswahlorientierungsprojekt durch. Während die Mädchen die BOGESTRA (Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn AG), die Adam Opel AG und die auf Frauenförderung ausgelegte Probierwerkstatt in Castrop- Rauxel besuchen und dort u.a. auch praktisch arbeiten, arbeiten die Jungen in sozialen Einrichtungen der näheren Umgebung (Krankenhäuser, Kindergärten, Altenheimen). Im Rahmen der Berufsvorbereitung stellen Eltern ihre Berufe vor. Es soll vor allem darauf geachtet werden, daß tradierte Rollenmuster aufgebrochen werden. Weiterhin wird im Bereich der Naturwissenschaften Chemie / Physik getrennt geschlechtlicher Unterricht durchgeführt, desgleichen im Sportunterricht. Die Facetten der Mädchen- und Jungenförderung werden, so nach Auskunft der Schulleitung, auf vielfältige Weise berücksichtigt. Geschlechtsspezifische Verhaltensmuster in ihren Auswirkungen deutlich zu machen, dafür bietet die Schule viele Ansätze schon aufgrund zahlreicher engagierter Frauen im Kollegium, so die Schlußbemerkung. Die nächsten zwei Seiten bringen den Gesamtüberblick, eine Zusammenfassung der bereits erläuterten Themen. Im Folgenden wird Bezug genommen auf die Berufswahlorientierungstage im achten Jahrgang. Als Zielsetzung wird genannt: 1. die eigene Lebensplanung (Familie und Beruf) ins Auge zu fassen 2. erste berufliche Orientierung 3. tradiertes Rollenverhalten zu überdenken. Insgesamt werden vier Orientierungstage skizziert, deren Ablauf stichwortartig wiedergegeben wird. 1. Tag: Mädchen und Jungen erarbeiten getrennt verschiedene Aspekte von „männlich“ und „weiblich“: • eigene Lebensplanung • Rollenverhalten • Familienarbeit • Berufswahl. Hilfsmittel sind dabei Lebensläufe bekannter Frauen, Filme über verschiedene Berufe, Erziehung zu „typisch männlichem“ und „typisch weiblichem“ Verhalten, „weibliche“ Berufe ebenso „männliche“, die Erstellung fiktiver Lebenswege. 349 2. Tag: Mädchen besuchen die Probierwerkstatt (Metallarbeiten, Computer), die Jungen hingegen in verschiedenen Gruppen Kindergärten bzw. Krankenhäuser und Altenheime. 3. Tag: Besuch der BOGESTRA durch Mädchen. In den drei Stunden ihres Aufenthaltes werden die Mädchen dort selbst aktiv mitarbeiten, Jungen setzen die Besuche vom Vortage fort. 4. Tag: Gespräche der Mädchen mit Frauen, die in Männerberufen arbeiten, über deren beruflichen Werdegang. Währenddessen kochen die Jungen für die Mädchen. Die im folgenden den einzelnen Arbeitsfelder zugrunde liegenden Erläuterungen werden wegen ihrer häufig zu ausschweifenden Darlegungen auf eine den Kern deutlich machende möglichst prägnante Aussage reduziert. Arbeitsgemeinschaften Ihre Gliederung erfolgt in freiwillige und Pflichtarbeitsgemeinschaften. Freiwillige Arbeitsgemeinschaften: 1. Die Garten-AG Der Garten-AG steht für ihre Arbeit der Innenhof der Schule zur Verfügung. Die auslösende Idee für die Gründung der AG war das Bestreben, einen verwilderten Botanikbereich wieder in seinen Ursprungszustand zu versetzen. Das Grünflächenamt der Stadt half mit Gartengeräten und Blumenzwiebeln. Es folgen jetzt ausführliche Einlassungen über die Arbeitsgestaltung, über die Aussaat Möhren- und Zwiebelsamen, die Anpflanzung einer Kräuterspirale. Der Erntezeit im Herbst wird mit Freuden entgegengesehen. Der SV wird für die Finanzierung einer Schubkarre und verschiedener Kleingartengeräte gedankt. Schließlich hofft man auf Paten, die die Beetpflege eigenverantwortlich übernehmen. 2. Musik Im Zentrum des musischen Angebots steht die Förderung interessierter Schüler. Schulchor Der Schulchor ist gestaltendes Element bei Abschlußfeiern, ökumenischen Gottesdiensten und den alljährlichen Weihnachtskonzerten. Trommel-AG 350 Hier soll ein wesentlicher Beitrag zur interkulturellen Erziehung geleistet werden, weil vor allem die Trommelmusik verschiedener Völker behandelt werden, z.B. brasilianische Straßensamba, afrocubanische Musik und traditionelle afrikanische Musik. Schülerband Schon drei Monate nach ihrer Gründung spielte die Band bei einer größeren Anti-Drogen- Veranstaltung mit der Polizei vor ca. 3500 Jungendlichen. Theater-AG Die Teilnahme an ihr ist freiwillig und allen Schülern möglich. Sie kann auch eine mehr als zehnjährige Tradition zurückblicken. Geboten wird ein breitgefächertes Repertoire von der Klassik zur Moderne, vom Lustigen zum Ernsten, vom Märchenhaften zur musikalischen Comedy, vom Selbstgeschriebenen bis Vorgefertigten. Ziel der Theaterarbeit war die Förderung von Sprachgewandtheit, Rücksichtnahme, Teamfähigkeit, Kooperationsbereitschaft, Verantwortungsbewußtsein, Sozialkompetenz, Beständigkeit, Toleranz, Arbeitswille und Sozialkompetenz. Pflichtarbeitsgemeinschaften In den Klassenstufen 9 und 10 werden Pflichtarbeitsgemeinschaften Informatik, Hauswirtschaft und Kunst angeboten. 4. Traditionen der Schule Öffnung der Schule Weihnachtskonzerte Die alljährlichen Weihnachtskonzerte finden in Kooperation mit einem Schulzentrum statt. Um die Teilnehmer für dieses Großereignis entsprechend vorbereiten zu können, wird eine dreitägige Chorfahrt veranstaltet, deren Ziel nicht weiter benannt wird. Schulgottesdienste Sie finden zweimal im Jahr statt. Agenda 21 Sie wird als Arbeitsprozeß und Arbeitsprogramm begriffen und unter das Motto „global denken und lokal denken“ gestellt. Themenschwerpunkte: 351 Nachhaltiger Umgang mit Ressourcen • Klimaschutz • Schutz der Ökosysteme • Tier und Artenschutz • Müllvermeidung / -trennung • Schulgebäude und Schulgelände als Vorbild u.a. für - Nutzung regenerativer Energien - Energiesparen - Flächenentsiegelung - Regenwassersammelung und Nutzung - Fassadenbegrünung Nachhaltiges Wirtschaften – Globalisierung • umwelt- und sozialverträgliche Produktion • gerechter Welthandel • Stoffkreisläufe statt linearer Produktion • ökologisch sinnvolle Kaufentscheidungen treffen • Rolle der neuen Informations- und Kommunikationssysteme im Globalisierungsprozeß Als praktische Auswirkung dieses Agenda-Prozesses wurde in Kooperation von Eltern, Lehrern und Schülern, sowie der Stadt Bochum die Neugestaltung des Schulhofes in samstäglicher Gemeinschaftsarbeit vorangetrieben. Sportturniere Aktive Teilnahme von der Jungen- und der Mädchenmannschaft bei Fußballturnieren. Ebenso finden schulinterne Sportturniere in Basketball und Volleyball statt. Darüberhinaus wird die Teilnahme an Sportveranstaltungen propagiert, die die Stadt Bochum ins Leben ruft. Klassenfahrten Mehrtägige Klassenfahrten finden im Jahrgang 6 und 10 statt. Sie werden parallel durchgeführt um Unterrichtsausfällen vorzubeugen. Das Motto des 6. Jahrganges ist die Erlebnispädagogik. Die 10. Klassen führen eine einwöchige Klassenfahrt durch. Für alle anderen Jahrgänge werden Tagesausflüge durchgeführt. Schulfeste Innerhalb seiner sechsjährigen Schulzeit wird jeder Schüler einmal an einem Schulfest, das in Projekttagen vorbereitet wird, teilnehmen. Die Schulfeste werden unter ein gemeinsames Motto gestellt (z.B. „Europa“). 352 Tag der offenen Tür / Kennenlerntag Dieser Tag im November eines Jahres findet an einem Samstag statt. Eingeladen werden die Erziehungsberechtigten und Schüler der Grundschulen. Ihnen wird die Möglichkeit geboten, am Unterricht ihrer „neuen Schule“ teilzunehmen, aber vor allem sich beraten und informieren zu lassen. Nach erfolgter Anmeldung findet ein Kennenlernnachmittag mit dem Ziel statt, gegebenenfalls Ängste abzubauen. Die Schüler lernen die Lehrer, die neuen Mitschüler und ihre neue Schule kennen. Afrika-Projekt Seit zwei Jahren findet an den letzten drei Schultagen vor den Sommerferien in Kooperation mit einem Gymnasium ein klassenübergreifendes Afrika-Projekt statt. Dazu eingeladen werden ausländische Künstler, z.B. Trommler und Tänzer aus Ghana. Diese Veranstaltungen werden wegen ihres außerordentlich großen und positiven Echos in der Elternschaft, in der Öffentlichkeit und im Kollegium als ein wesentlicher Beitrag dieser Schule zur Öffentlichkeitsarbeit verstanden. Sie dienen vor allem dem Zusammengehörigkeitsgefühl, dem Verantwortungsbewußtsein und der Solidarität der Kinder, ohne die ein gesundes Miteinander im „Haus des Lernens“ nicht möglich ist. Abschlußfeiern Sponsoring Bislang ist es gelungen, zehn gebrauchte Computer als Geschenk entgegenzunehmen können. 5. Beratungskonzepte der Schule Das unterschiedliche Leistungspotential und die große Heterogenität der Schüler schafft bedingt eine differenzierte Beratung bei den unterschiedlichsten Problemen durch Klassenlehrer und Fachlehrer, Beratungslehrer, Drogenberatungslehrer, Schulleitung sowie außenstehende Institutionen wie z.B. dem Schulpsychologischen Dienst, Berufsberatern des Arbeitsamtes. Das Beratungsangebot umfaßt folgenden umfassenden Themenkatalog: • Beratung bei Lernschwierigkeiten • Vermittlung von Förderungsmöglichkeiten bei Lese- und Rechtschreib-schwächen • Vermittlung von Förderungsmöglichkeiten bei Dyskalkulie • Laufbahnberatung • Beratung bei Verhaltensauffälligkeit • Berufswahlorientierung / Berufswahl 353 • bei Erziehungsschwierigkeiten • bei Lernschwierigkeiten • Laufbahnberatungen • Vermittlung von Fördermöglichkeiten • Verhaltenauffälligkeiten • Suchtinformation • Informationsveranstaltungen zum Thema „Gesundheit“ und „Gesundheitserziehung“ • Vermittlung von Kontakten zu entsprechenden Beratungsstellen • Beratung bei persönlichen Problemen • Beratung bei Schulübergängen 6. Projekte Projekt „Zeus" Das Projekt „Zeus“ („Zeitung und Schule“) ist ein Projekt der ortsansässigen Zeitungsverlage für Schulen. In diesem fächerübergreifenden Projekt wird den Schülern die Möglichkeit geboten, unter dem Aspekt der Öffnung von Schule auf der Basis von selbständigen Recherchen Berichte und Artikel zu verfassen, die dann auf einer besonderen Seite der Tageszeitung veröffentlicht werden. Grobziel dieses Projektes ist es, die Zeitung als Informationsquelle transparenter zu machen, den Lesespaß zu wecken und die Medienkompetenz von Jugendlichen zu unterstützen. Es werden die Themenbereiche Bedeutung von Zeitung, Zeitungslandschaft, Informationsquellen, so beispielsweise Nachrichtenagenturen, Korrespondenten und die eigene Recherche, Nachrichtenauswahl und als weitere Bausteine Pressefreiheit, Sorgfaltspflicht und Auskunftsanspruch behandelt. Darüber hinaus solle ein Lesewettbewerb, der seit jüngster Zeit ins Leben gerufen wurde, die Leselust steigern. Das Leseinteresse soll bei allen Schülern geweckt werden. Es wird darauf hingewiesen, daß der Weg zum Aufbau einer „altersgemäßen Lesekultur“ • den Aufbau und die Sicherung der Lesemotivation • die Vermittlung von Lesefreude • die Vertrautheit mit Büchern • die Entwicklung und Stabilisierung von Lesegewohnheiten beinhaltet. Unterstützt wird die Leseförderung durch: • häufigen Besuch der Stadtbibliothek • Gestaltung eines Schaukastens • die literarische Ecke 354 • Kontakte mit Schauspielern • Schreibwerkstätten • Lesenachmittage • Vorlesen bei Schulfesten • ein regelmäßig stattfindender Bücherflohmarkt. Abschließend wird zu diesem Thema bemerkt, daß die Vorschläge auf eine Öffnung von Schule durch Begegnung zielen. Es kann nicht heißen: Lesen kontra „Surfen“, sondern es muß heißen: Lesen und „Surfen“. Schulen ans Netz Die Lernziele sind: 1. Medienkompetenz Die Schüler sollen lernen: - aus dem Internet gezogene Informationen zu strukturieren, zu bewerten und aufzuarbeiten - Suchstrategien zu beherrschen und mit verfügbaren Werkzeugen umzugehen - Die Regeln der Kommunikation einzuhalten. 2. Öffnung der Schule nach außen Die Schüler sollen lernen: - sich und die Schule durch Erstellung einer Homepage nach außen zu präsentieren - mit anderen Schulen und Institutionen zu kooperieren und zu kommunizieren. 3. Interkulturelles Lernen Die Schüler sollen lernen: - mit anderen Schulen auf internationaler Ebene Kontakt aufzunehmen - durch Kommunikation mit ausländischen Schülern Kenntnisse über die spezifischen, kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Bedingungen zu erwerben - durch den Kontakt Verständnis für die Andersartigkeit fremder Kulturen zu erlangen. 4. Teamfähigkeit Die Schüler sollen lernen: 355 - durch Kooperation mit anderen Schulen und die Bildung gemeinsamer Arbeitsgruppen im Interesse der Verwirklichung eines gemeinsamen Zieles ihre Teamfähigkeit zu erweitern. 5. Selbstverantwortliches Lernen Die Schüler sollen lernen: - selbständig Aufgabenstellungen zu entwerfen und mit Hilfe der Informationsmöglichkeiten des Internets zu lösen. Von der Aufzählung der Beispiele von der Anwendung des Internets kann abgesehen werden. Informatik Seit vielen Jahren werden Projekte am Computer durchgeführt. Die ausführliche Wiedergabe der Computerbenutzung und der Lernziele können ausgespart bleiben, ebenso eine fotokopierte Berichterstattung über mögliche Computerpannen. Die vorletzte Seite des sehr umfangreichen Schulprogramms stellt noch einmal eine umfassende Zusammenfassung der Computerarbeit dar und nennt die E-Mail Adresse.