Lokale und nicht-lokale Modellierung und Simulation thermomechanischer Lokalisierung mit Schädigung für metallische Werkstoffe unter Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen Dipl.-Ing. Arnd Flatten, M. Sc. BAM-Dissertationsreihe • Band 38 Berlin 2008 Impressum Lokale und nicht-lokale Modellierung und Simulation thermomechanischer Lokalisierung mit Schädigung für metallische Werkstoffe unter Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen 2008 Herausgeber: BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung Unter den Eichen 87 12205 Berlin Telefon: +49 30 8104-0 Telefax: +49 30 8112029 E-Mail: info@bam.de Internet: www.bam.de Copyright © 2008 by BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung Layout: BAM-Arbeitsgruppe Z.64 ISSN 1613-4249 ISBN 978-3-9812072-9-3 Die vorliegende Arbeit entstand an der BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Zusammenarbeit mit der Fakultät Maschinenbau der Universität Dortmund. Prüfungskommission: Prof. Dr.-Ing. K. Thermann, Vorsitzender Prof. Dr. rer. nat. B. Svendsen, Betreuer Dir. u. Prof. Dr.-Ing. D. Klingbeil, Betreuer Prof. Dr.-Ing. A. Menzel, externer Gutachter Lokale und nicht-lokale Modellierung und Simulation thermomechanischer Lokalisierung mit Scha¨digung fu¨r metallische Werkstoffe unter Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen Von der Fakulta¨t Maschinenbau der Universita¨t Dortmund zur Erlangung des akademischen Grades Doktor-Ingenieur (Dr.-Ing.) genehmigte Dissertation vorgelegt von Arnd Flatten Tag der mu¨ndlichen Pru¨fung: 16. November 2007 London 2008 iv BAM-Dissertationsreihe Zusammenfassung Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen metallischer Bauteile sind bei einer Vielzahl in- genieurtechnischer Anwendungsbereiche, beispielsweise bei Crash- oder Falltests, bei Umform- oder Spanprozessen mit hohen Belastungsgeschwindigkeiten oder bei Aufprallpro- blemen von Komponenten schnell rotierender Bauteile auf das umgebende Geha¨use, z. B. bei Flugzeugturbinen, relevant. Dabei treten in dem beanspruchten Bauteil typischerweise Zonen mit großen, lokalisierten Deformationen auf, die auf die Entfestigung des Werkstoffs durch die Entwicklung von Scha¨digung und durch die Temperaturerho¨hung infolge plastischer Dissipation zuru¨ckzufu¨hren sind. Die Ausbildung von Scherba¨ndern stellt dabei eine typische Form der Deformationslokalisierung dar. Die kontinuumsmechanische Modellierung solcher Vorga¨nge erfordert im Allgemeinen die Beru¨cksichtigung einer Vielzahl von Faktoren und Effekten, wie beispielsweise dehnraten- abha¨ngiges Materialverhalten, mit adiabatischer Erhitzung einhergehende thermische Entfe- stigung, Reibung und Kontakt sowie Scha¨digung. Daru¨ber hinaus sind die genannten Effek- te in dem Rahmen der Theorie großer Deformationen zu betrachten. Dehnratenabha¨ngige ” lokale“ Modelle resultieren dabei nicht zwangsla¨ufig in einer physikalisch sinnvollen Scher- bandabbildung, d. h. in einer endlichen Scherbandbreite. Die innere La¨nge, die eine Begren- zung des Lokalisierungsvolumens darstellt, strebt fu¨r verschiedene im Rahmen der Simulati- on von Hochgeschwindigkeitsbelastungen eingesetzte, nichtlinear dehnratenabha¨ngige Mo- delle, wie z. B. Potenzgesetz-Modelle oder dem Modell nach JOHNSON & COOK, mit infolge von Entfestigung abnehmender Spannung sowie zunehmender plastischer Dehnrate sehr stark gegen null. Dadurch tritt ein Verlust der lokalisierungsbegrenzenden Wirkung dieser ra- tenabha¨ngigen Modelle ein, so dass insbesondere jedes, auf diesen Modellen aufbauende Finite-Element Verfahren eine pathologische Netzabha¨ngigkeit der Ergebnisse aufweist. ” Nicht-lokale“ Gradientenmodelle der Plastizita¨t sind dazu geeignet, die beschriebenen Nach- teile zu vermeiden. Die innere La¨nge dieser Modelle weist eine im Vergleich zu lokalen Mo- dellen deutlich reduzierte Abha¨ngigkeit von dem vorherrschenden Spannungszustand sowie der plastischen Dehnrate auf und wird daru¨ber hinaus wesentlich durch den Wert des nicht- lokalen Modellparameters beeinflusst. Die Gro¨ßenordnung der inneren La¨nge bleibt dabei selbst fu¨r kleine Werte dieses Parameters auch mit Einsetzen von Lokalisierungseffekten zuna¨chst erhalten. Infolge der numerischen Umsetzung nicht-lokaler Modelle mittels der Me- thode der Finiten-Elemente zeigt sich, dass im Gegensatz zu den auf lokalen Modellen basie- renden Verfahren das Volumen der Lokalisierungszone bei stetiger Netzverfeinerung gegen einen endlichen Wert konvergiert. Damit gelingt es durch die Verwendung nicht-lokaler Mo- delle, die Ausbildung endlicher Scherbanddicken diskretisierungsunabha¨ngig zu simulieren und im Rahmen der Kontinuumsmechanik eine sinnvolle Lo¨sung des zugrunde liegenden physikalischen Problems zu gewa¨hrleisten. v Abstract High-speed loading of metals is encountered in several engineering applications, for example in crash and drop tests as well as in high-speed cutting or forming processes. Likewise, the impact of rapidly rotating structural components on their surrounding containment, encounte- red for instance in aircraft turbines, reveals significant, high loading velocities. Typically, this type of loading results in zones with highly localized deformation within the stressed com- ponent, as a consequence of softening according to damage evolution and heating due to plastic dissipation. In this context, the formation of shear-bands represents a typical form of thermomechanical localization. In general, the continuum mechanical description and modelling of such events involves a variety of processes and effects such as high strain-rates, hardening behaviour, thermal sof- tening as a result of adiabatic heating, friction and contact as well as damage. Further, these effects need to be considered in the framework of large deformation theory. Rate-dependent ”local” models do not generally result in a physical shear-band development, e.g., involving a finite, non-vanishing shear-band thickness. In general, the intrinsic length incorporated by the rate-dependency of the models acts as a localization limiter. However, for various nonli- nearly rate-dependent models, such as power-law models or the model according to JOHN- SON & COOK, which are frequently used for the simulation of high-speed loading applications, this intrinsic length tends to zero owing to both increasing strain-rates and stress-drop due to softening behaviour. Thus, a loss of the localization limiting property of these rate-dependent models is encountered, incorporating that each finite-element method based upon these mo- dels yields a pathological mesh-dependence of the results. ”Non-local” gradient-plasticity models based on a corresponding extension of the rate-depen- dence of the material behaviour are appropriate to avoid these disadvantages. In contrast to local models, the intrinsic length of these non-local models reveals a significantly reduced dependence on both the prevailing stress state and the plastic strain-rate but is dominantly influenced by the non-local material parameter. According to the numerical simulation of loca- lization phenomena using finite-element techniques, the domain of the localization zone does converge to a finite volume for subsequent mesh-refinement. Thus, using non-local models it is possible to simulate the development of finite shear-band widths and to ensure a physically reasonable solution of the governing problem within the framework of continuum mechanics. vi BAM-Dissertationsreihe Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Notation xi 1 Einleitung und Motivation 1 1.1 Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Stand der Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.3 Zielsetzung und Gliederung der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2 Grundlagen der Kontinuumsmechanik 9 2.1 Kinematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.1.1 Bewegung und Verschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.1.2 Deformations- und Verzerrungsgro¨ßen . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.1.3 Geschwindigkeitsgro¨ßen und Verzerrungsraten . . . . . . . . . . . . . 13 2.1.4 Transformationen zwischen materiellen und ra¨umlichen Gro¨ßen . . . . 15 2.2 Spannungsgro¨ßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.3 Bilanzgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.3.1 Massenbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2.3.2 Mechanische Impulsbilanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2.3.3 Hauptsa¨tze der Thermodynamik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.4 Materialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.4.1 Hyperelastizita¨t . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.4.2 Plastizita¨t und Viskoplastizita¨t . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.4.3 Wa¨rmeleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.4.4 Thermomechanische Kopplungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3 Lokale Modellformulierung 29 3.1 Modellierungsansa¨tze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3.2 Entwicklung der lokalen Materialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3.2.1 Thermodynamischer Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3.2.2 Thermohyperelasto-Thermoviskoplastizita¨t . . . . . . . . . . . . . . . 34 3.3 Duktile Scha¨digung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3.4 Das lokale Anfangs-Randwertproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.5 Entfestigung und Lokalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 vii Inhaltsverzeichnis 4 Nicht-lokale Modellerweiterung mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie 46 4.1 Mo¨glichkeiten einer nicht-lokalen Modellerweiterung . . . . . . . . . . . . . . 46 4.1.1 Integralansa¨tze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 4.1.2 Gradientenmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4.1.3 Anmerkungen zu Lokalisierung, Art der nicht-lokalen Formulierung und numerischen Aspekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4.2 Entwicklung der nicht-lokalen Materialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . 52 4.2.1 Thermodynamischer Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 4.2.2 Thermohyperelasto-Gradiententhermoviskoplastizita¨t . . . . . . . . . . 54 4.3 Das nicht-lokale Anfangs-Randwertproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 4.3.1 Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 4.3.2 Zusammenfassung des nicht-lokalen ARWPs . . . . . . . . . . . . . . 56 5 Zeitdiskretisierung 58 5.1 Numerische Zeitintegrationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 5.2 Zeitdiskretisierung des Verschiebungsfeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 5.3 Zeitdiskretisierung des inelastischen Verzerrungsfeldes . . . . . . . . . . . . 59 5.4 Integration der Stoffgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 5.4.1 Spannungsalgorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 5.4.2 Bestimmung des lokalen plastischen Dehnungsinkrements . . . . . . . 63 6 Finite-Element Approximation 68 6.1 Ortsdiskretisierung und allgemeines Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 6.2 Schwache Formulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 6.3 Approximation der Elementgro¨ßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 6.4 Assemblierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 6.4.1 Assemblierung zum Gesamtsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 6.4.2 Assemblierung der Element-Freiheitsgrade . . . . . . . . . . . . . . . 74 6.5 Lo¨sungsalgorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 6.5.1 Iteratives NEWTON-RAPHSON Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 6.5.2 Bestimmung der Materialtangenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 6.5.3 Lo¨sung des gekoppelten Mehrfeldproblems . . . . . . . . . . . . . . . 79 6.5.4 Explizites Lo¨sungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 6.5.5 Einhaltung der Nebenbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 6.6 Aspekte der Implementierung in FEAP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 viii BAM-Dissertationsreihe Inhaltsverzeichnis 7 Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 87 7.1 ¨Uberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 7.2 Untersuchungen fu¨r 1D-Kontinua . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 7.2.1 Allgemeines Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 7.2.2 Verallgemeinerte Modellformulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 7.2.3 Lokale Elasto-Plastizita¨t . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 7.2.4 Lokale Elasto-Thermoviskoplastizita¨t . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 7.2.5 Anwendung 1: Lokales JOHNSON & COOK-Modell . . . . . . . . . . . . 100 7.2.6 Anwendung 2: Lokales Modell mit linearer Dehnratenabha¨ngigabkeit . 106 7.2.7 Nicht-lokale Elasto-Plastizita¨t . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 7.2.8 Nicht-lokale Elasto-Thermoviskoplastizita¨t . . . . . . . . . . . . . . . . 114 7.2.9 Anwendung 3: Nicht-lokales JOHNSON & COOK-Modell . . . . . . . . . 116 7.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 8 Berechnungsbeispiele 124 8.1 Untersuchter Werkstoff: INCONEL 718 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 8.2 Illustratives Beispiel fu¨r Lokalisierungspha¨nomene . . . . . . . . . . . . . . . 125 8.2.1 Entwicklung der Lokalisierungszone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 8.2.2 Netzabha¨ngigkeit des lokalen Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 8.2.3 Einfluss des nicht-lokalen Parameters . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 8.2.4 Konvergenz der Lokalisierungsbreite . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 8.3 Ausbildung adiabatischer Scherba¨nder unter Zugbelastung . . . . . . . . . . 134 8.3.1 Zugscheibe ohne anfa¨ngliche Imperfektionen . . . . . . . . . . . . . . 134 8.3.2 Zugscheibe mit seitlich versetzten Kerben . . . . . . . . . . . . . . . . 137 8.4 Ausbildung adiabatischer Scherba¨nder unter Druckbelastung . . . . . . . . . 142 8.5 Fazit der Untersuchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 9 Zusammenfassung und Ausblick 146 A Tensorrechnung 149 A.1 Produkte von Tensoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 A.1.1 Skalarprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 A.1.2 Dyadische Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 A.2 Verwendete Tensoroperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 A.2.1 Invarianten eines Tensors 2. Stufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 ix Inhaltsverzeichnis A.2.2 Norm eines Tensors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 A.2.3 Transponierte und Inverse eines Tensors 2. Stufe . . . . . . . . . . . . 152 A.2.4 Spektraldarstellung eines Tensors 2. Stufe . . . . . . . . . . . . . . . 152 A.2.5 Weitere Zerlegungen eines Tensors 2. Stufe . . . . . . . . . . . . . . 153 A.2.6 Zusammenfassung verschiedener Identita¨ten . . . . . . . . . . . . . . 153 A.3 Differentialanalysis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 A.3.1 Ableitungen und Differentiale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 A.3.2 Differentialoperatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 A.3.3 Ha¨ufig verwendete Ableitungen und Ableitungsregeln . . . . . . . . . . 157 A.3.4 Materielle Zeitableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 A.3.5 Materielle Zeitableitung zeitlich vera¨nderlicher Gebietsintegrale . . . . 160 A.4 Objektivita¨t . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 B Relevante Ableitungen zur Bildung der Materialtangenten 164 C FE-Netze 168 Abbildungsverzeichnis 171 Tabellenverzeichnis 175 Literaturverzeichnis 176 Danksagung 186 Lebenslauf 187 x BAM-Dissertationsreihe Notation Notation Tensoren sind in der Regel fett und kursiv gestellt. Bis zu der 2. Stufe von Tensoren werden entweder lateinische Buchstaben mit Serifen bzw. griechische Buchstaben verwendet. Ten- soren 4. Stufe werden durch fette und kursive lateinische Buchstaben mit Serifen, die durch einen zusa¨tzlichen vertikalen Strich erga¨nzt sind, gekennzeichnet. Eine strikte Trennung von Gross- und Kleinbuchstaben fu¨r verschiedene Konfigurationen wird nicht verwendet. Die Zu- ordnung einer bestimmten Gro¨ße zu einer entsprechenden Konfiguration ergibt sich aus dem jeweiligen Zusammenhang. Bei der Darstellung einer Gro¨ße wird zwischen tensorieller und VOIGT’scher Notation unter- schieden. Die Vektoren und Matrizen in VOIGT’scher Notation werden mit aufrechten, fetten und soweit mo¨glich serifenlosen Buchstaben dargestellt. Ferner gilt, sofern nicht anders angegeben, die EINSTEIN’sche Summenkonvention fu¨r zwei- fach auftretende Komponenten-Indizes. xi Notation xii BAM-Dissertationsreihe 1. Einleitung und Motivation 1 Einleitung und Motivation In den letzten Jahrzehnten hat sich die Finite-Elemente Methode (FEM) als numerisches Werkzeug zur Lo¨sung einer Vielzahl ingenieurtechnischer Problemstellungen etabliert. An- wendungsbereiche finden sich unter anderem in der Struktur- und Stro¨mungsmechanik, der Akustik oder Elektrostatik sowie bei der Analyse verschiedener Diffusionsprozesse, wie zum Beispiel thermischer oder chemischer Prozesse. Mit stetig wachsender Rechnerleistung ko¨nnen dabei die numerischen Analysen selbst komplexer Problemstellungen durch detaillier- tere Materialmodelle und umfangreichere Modellierungen realistisch und wirklichkeitsgetreu durchgefu¨hrt werden. Insbesondere bei der Beurteilung der Sicherheit und Zuverla¨ssigkeit von Bauteilen nimmt die Festko¨rpermechanik in Zusammenhang mit numerischen Lo¨sungsverfahren wie der FEM einen großen Stellenwert mit wachsender Bedeutung ein. So werden die Computermodelle zunehmend zur Kosten reduzierten Konstruktion und Optimierung eines Bauteils herange- zogen. Der Kosten reduzierende Aspekt wird unter anderem besonders bei Tests oder Ver- suchen deutlich, bei denen das Pru¨fstu¨ck im Sinne des Nachweises der Belastbarkeit unter außergewo¨hnlichen Belastungen, wie z. B. Hochgeschwindigkeitsbelastungen, zersto¨rt wird. 1.1 Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen Die Hochgeschwindigkeitsbeanspruchung metallischer Komponenten und Bauteile ist in wei- ten Teilen der Technik von großer Relevanz, beispielsweise bei Crash- oder Falltests, bei Umform- oder Spanprozessen mit hohen Belastungsgeschwindigkeiten oder bei Aufprallpro- blemen von Komponenten schnell rotierender Bauteile auf das umgebende Geha¨use. Die Sicherheit und Zuverla¨ssigkeit von Maschinen und Anlagen mit schnell rotierenden Teilen ist dabei entscheidend davon abha¨ngig, dass bei einem Bruch dieser rotierenden Teile die Maschine oder Anlage umgebenden Sicherheitseinrichtungen nicht durchschlagen werden. Beispiele hierfu¨r sind Turbinen von Flugzeugen, die von einem Containment umgeben sind, das im Fall eines Schaufelbruchs gewa¨hrleistet, dass die abgerissene Schaufel innerhalb des Triebwerks verbleibt. ¨Ahnliche Probleme treten auch im Apparatebau auf, wenn durch mo¨glicherweise vorkom- mende Deflagrationen oder Detonationen Komponenten durch hohe a¨ußere Geschwindig- keiten belastet werden. Auch hier ist die Sicherheit der Umschließung gefordert. Weitere Anwendungsgebiete dieser Art sind die Crashsicherheit von Strukturen in der Verkehrstech- nik, z. B. infolge der Einwirkungen von Fahr- oder Flugzeugen unter Unfallbedingungen auf die untersuchte Struktur. Bei den genannten Aufprallproblemen werden diese Lastfa¨lle bei der Konstruktion, d. h. fu¨r die Bemessung der notwendigen Dicke des Geha¨uses bzw. der Umschließung, beru¨cksichtigt. Ein mo¨glicherweise irreparabeler Schaden wird unter solchen Bedingungen in Kauf genommen; der Nachweis richtet sich hier auf die Gewa¨hrleistung, dass entweder die Funktion der Konstruktion noch fu¨r gewisse Zeit erhalten bleibt oder aber so- fortige katastrophale Auswirkungen vermieden werden. Beispielsweise fu¨hrt ein Schaufel- bruch in einer Flugzeugturbine zu Scha¨den, die unter Umsta¨nden zu deren Ausfall fu¨hren. Jedoch ist dadurch, dass die Schaufel das Containment nicht durchschla¨gt, gro¨ßerer Scha- den, wie beispielsweise das Durchschlagen der Treibstoffleitungen und -tanks in den Flu¨geln bzw. Scha¨den im Bereich der tragenden Struktur des Flugzeugs oder der Passagierkabine, 1 1. Einleitung und Motivation v(t) (a) v(t) (b) Scher- winkel LEG ENDE 3.6 2.2 1.3 0.8 0.4 0.2 Bild 1.1: Adiabatische Scherba¨nder in Metallen. (a) Am Rand eines Impact-Kraters in kaltgewalztem Stahl, siehe Wright (2002: Fig. 1.1), und (b) Infolge eines Spanprozesses in einer Nickel-Basis Legie- rung, siehe Clos et al. (2005). verhindert worden. Daru¨ber hinaus ist die Situation in der Fertigungstechnik dadurch ge- kennzeichnet, dass bei Umform-, Stanz- oder Spanprozessen die Belastungs- bzw. Schnitt- geschwindigkeit zunehmend erho¨ht wird, wodurch diese Werkstu¨cke ebenfalls durch hohe Belastungsgeschwindigkeiten beansprucht werden. Hier dient die Analyse dieser Prozesse der Optimierung des Formgebungsprozesses und Reduzierung der erforderlichen Stempel- bzw. Schnittkra¨fte. Infolge von Hochgeschwindigkeitsbelastungen treten in dem beanspruchten Bauteil typi- scherweise Zonen mit großen, lokalisierten Deformationen auf, die auf die o¨rtliche Ent- festigung des Werkstoffs durch die Temperaturerho¨hung infolge plastischer Dissipation sowie durch die Entwicklung von Scha¨digung zuru¨ckzufu¨hren sind. Die Ausbildung von Scherba¨ndern als typische Form der Deformationslokalisierung repra¨sentiert dabei eine In- stabilita¨t des urspru¨nglich homogenen Deformationsfeldes aufgrund von inhomogenen Ma- terialverhalten und/oder geometrischen Effekten, die sich bei polykristallinen Metallen in ex- tremen Kornverzerrungen in der Gefu¨gestruktur darstellt. In Bild 1.1 ist die Ausbildung von Scherba¨ndern anhand von zwei Beispielen dargestellt. Darin wird die Struktur der Lokalisie- rungszone als schmales, nahezu gradliniges Band bzw. ebene Fla¨che mit extremen Scher- verformungen deutlich. Es zeigt sich die große Relativverschiebung der beiden Seiten jen- seits des Scherbandes, jedoch bleibt, wie u. a. die Raster-Elektronen-Mikroskopaufnahme in Bild 1.1(b) zeigt, die physikalische Kontinuita¨t von der einen zur anderen Seite zuna¨chst ge- wahrt. Die Schubverzerrungen ko¨nnen dabei bis in die Gro¨ßenordnung von mehreren 1000% zunehmen (Wright, 2002). Infolge der extremen plastischen Verformungen ist in einigen me- tallischen Werkstoffen ferner ein versta¨rktes Hohlraumwachstum in dem Scherband zu beob- 2 BAM-Dissertationsreihe 1. Einleitung und Motivation achten, was letztendlich zur vollsta¨ndigen Materialtrennung und Bruch des Bauteils fu¨hrt (Bai und Dodd, 1992). Das Scherband stellt insofern eine makroskopische Repra¨sentation von mikromechanischen Defekten und Mikroslip dar (Bigoni und Hueckel, 1991). Aufgrund der hohen Belastungsgeschwindigkeit laufen die zugrunde liegenden Prozesse in dem Werkstoff zudem unter adiabatischen Bedingungen ab, so dass die beschriebenen Zonen lokalisier- ter Deformationen als adiabtische Scherba¨nder (ASB) bezeichnet werden, deren Breite fu¨r metallische Werkstoffe meist in der Gro¨ßenordnung etlicher Mikrometer O(10 w 100µm) liegt. Auch in anderen Materialien, wie z. B. in Polymeren oder Geomaterialien wie Stein, Sand, Ton, oder Fels, ist eine solche Ausbildung von kleinen Zonen lokalisierter Scherver- formung zu beobachten. Hier liegt die in sito beobachtete Breite der Lokalisierungszone in der Gro¨ßenordnung einiger Millimeter oder gar Meter, O(mm w m). Jedoch stellt auch hier die Lokalisierungszone verglichen mit den Gesamtabmessungen der Problemstellung einen Bereich sehr kleinen, allerdings nicht verschwindenden Volumens dar. Um die Eingangs genannten Anwendungsbeispiele metallischer Werkstoffe unter Hochge- schwindigkeitsbelastungen numerisch zu analysieren und beurteilen zu ko¨nnen, ist es not- wendig, die Initiierung und Ausbildung von ASB physikalisch sinnvoll zu modellieren und mit- tels numerischer Verfahren wie der FEM ada¨quat zu berechnen. Die Modellierung solcher Vorga¨nge erfordert daher im Allgemeinen die Beru¨cksichtigung einer Vielzahl von Faktoren und Effekten, wie beispielsweise dehnratenabha¨ngiges Materialverhalten, mit adiabatischer Erhitzung einhergehende thermische Entfestigung, Massentra¨gheit, Reibung und Kontakt so- wie Scha¨digung und letztendlich Versagen. Im Sinne einer physikalisch sinnvollen Berech- nung ist daru¨ber hinaus darauf zu achten, dass insbesondere das Volumen der Lokalisie- rungszone, in der die dissipativen Prozesse bei der Ausbildung von ASB aufteten, ada¨quat abgebildet wird. Die Existenz von Lokalisierungsbegrenzern (engl.: localization limiter ) in der Modellformulierung ist daher absolut notwendig, da andererseits das Volumen der Lokali- sierungszone beliebig klein werden kann. Eine Zone mit mo¨glicherweise verschwindendem Volumen repra¨sentiert den unphysikalischen Zusammenhang, dass die Verformung bis zum Versagen ohne jegliche Dissipation erfolgt, so dass die erhaltenen Ergebnisse nicht la¨nger sinnvoll zu interpretieren sind. Die in diesem Zusammenhang bereits in der Vergangenheit geleisteten Arbeiten und Untersuchungen zur Modellformulierung sowie zur numerischen Si- mulation dieser Prozesse mittels der FEM werden nachfolgend zusammengefasst sowie er- forderliche Erweiterungen und notwendige Verbesserungen aufgezeigt. 1.2 Stand der Wissenschaft Typischerweise werden zur rechnerischen Simulation von Vorga¨ngen mit hohen Belastungs- geschwindigkeiten Stoffgleichungen eingesetzt, die das Verfestigungsverhalten des Werk- stoffs bei hohen Dehnraten, das thermische Entfestigungsverhalten bei steigender Tempera- tur infolge plastischer Dissipation unter adiabatischen Bedingungen sowie Scha¨digung und schließlich Versagen beinhalten. Adiabatische Bedingungen ko¨nnen vorausgesetzt werden, da in der Regel die im Rahmen der Hochgeschwindigkeitsbeanspruchung zu untersuchen- de bzw. zu simulierende Zeitdauer gering im Vergleich zu der charakteristischen Zeit der Wa¨rmeleitungsgleichung ist, siehe Estrin et al. (1997). Die verwendeten Materialmodelle be- schreiben dabei die genannten Effekte entweder pha¨nomenologisch, wie z. B. das Modell nach Johnson und Cook (1983, 1985) bzw. Potenzgesetz-Modelle, die zumeist Molinari zuge- 3 1. Einleitung und Motivation schrieben werden (Molinari und Clifton, 1987, Fressengeas und Molinari, 1987), oder basie- ren auf einer physikalisch interpretierbaren, thermischen Aktivierung der Versetzungsbewe- gung, wie z. B. das Modell nach Zerilli und Armstrong (1987, 1990), das Modell nach Bodner und Partom (1975) oder das MTS-Modell (mechanical threshold stress) von Follansbee und Kocks (1988). Weitere physikalisch-basierte Modelle sind u. a. von Estrin et al. (1998) oder Bonora und Milella (2001) formuliert worden. Bezu¨glich der Modellierung des Versagenszeitpunktes wurden zuna¨chst Kriterien entwickelt, die auf einer Formulierung kritischer Spannungen bzw. kritischer Dehnungen basieren, wobei die relevanten Gro¨ßen dieser Kriterien innerhalb der J2-Theorie zuga¨nglich sind. In Zusam- menhang mit hohen Belastungsgeschwindigkeiten wird z. B. in Johnson und Cook (1985) eine Versagensdehnung in Abha¨ngigkeit der Mehrachsigkeit sowie der plastischen Dehnrate und der Temperatur angegeben. Bei dieser Art von Kriterien wird eine mo¨gliche kontinuierliche Reduzierung der Belastbarkeit einzig durch die Temperaturentfestigung des Deformations- modells beschrieben. Erst mit Erreichen des Wertes der kritischen Versagensgro¨ße tritt ein sofortiger Verlust der gesamten restlichen Belastbarkeit an dem entsprechenden Punkt des Kontinuums ein. Hingegen wird durch die Einfu¨hrung einer Scha¨digungsvariablen in Zusam- menhang mit effektiven Spannungskonzepten, z. B. nach Lemaitre (1992), eine kontinuierli- che Reduzierung der Belastbarkeit modelliert. Im Rahmen der Scha¨digungsmechanik duk- tiler Werkstoffe wird diesbezu¨glich das relative Hohlraumvolumen als Scha¨digungsvariable benutzt, wie in den Modellen von Gurson (1977) und Rousselier (1987). Hierbei ist das im Modell eingefu¨hrte relative Hohlraumvolumen eine durch Untersuchungen der Mikrostruktur anschaulich interpretierbare Gro¨ße, die das Wachstum und Zusammenwachsen von Poren (nucleation and growth of voids, NAG) beschreibt. In der Kontinuumscha¨digungsmechanik (continuum damage mechanics, CDM) wird hingegen die Scha¨digungsvariable ausschließlich pha¨nomenologisch als diejenige Gro¨ße eingefu¨hrt, die den Wert null zu Beginn des Scha¨di- gungsprozesses hat und den Wert eins bei Versagen erreicht. Die beschriebenen Modelle sind in der Vergangenheit vielfach fu¨r die Analyse und nume- rische Simulation von Vorga¨ngen mit hohen Belastungsgeschwindigkeiten eingesetzt wor- den. Hierzu za¨hlt im Wesentlichen die Untersuchung der Durchschlagfestigkeit von bau- teila¨hnlichen Proben, u. a. in Camacho und Ortiz (1997), Meyer und Kleponis (2001), Ya- dav et al. (2001), Singh und Klingbeil (2002) oder Dey et al. (2007), bzw. die Simulation von Hochgeschwindigkeits-Umformprozessen verschiedener metallischer Bauteile, u. a. in Bonnet-Lebouvier et al. (2002), Inal et al. (2002a), Mitrofanov et al. (2004) oder Hortig und Svendsen (2007). In diesen Arbeiten bleibt die Entwicklung von Scha¨digungsvariablen un- beru¨cksichtigt, ggf. werden Versagenskriterien auf Grundlage kritischer Dehnungen verwen- det. Gerade im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Modelle im Rahmen der Finiten- Elemente Methode (FEM) erfolgte in den vergangenen Jahren versta¨rkt die Erweiterung der genannten Modellformulierungen durch die Scha¨digungskonzepte der CDM, z. B. in Børvik et al. (1999, 2001), Bonora und Milella (2001) oder Sievert et al. (2003), bzw. der NAG nach Gurson, wie z. B. in Eberle et al. (2000), Guduru und Freund (2002) oder Campagne et al. (2005). In diesen Arbeiten werden die Modellerweiterungen ebenfalls fu¨r die Simulation der zuvor genannten Vorga¨nge mit hohen Belastungsgeschwindigkeiten angewendet. Vergleichende Untersuchungen in Dey et al. (2007), Campagne et al. (2005), Daridon et al. (2004) oder Liang und Khan (1999) haben gezeigt, dass trotz des pha¨nomenologischen Cha- rakters des JOHNSON & COOK-Modells dieses Modell qualitativ gut brauchbare Ergebnisse 4 BAM-Dissertationsreihe 1. Einleitung und Motivation liefert. Zusammen mit dem Vorteil der relativ einfachen Kalibrierung stellt dies einen wesent- lichen Grund fu¨r die in der Praxis weit verbreitete Verwendung dieses Modells und Bevorzu- gung gegenu¨ber den anderen genannten Modellen dar. ¤ Sa¨mtliche, bislang genannten Arbeiten zur Untersuchung des Ver- und Entfestigungsverhal- tens von Werkstoffen sowie des Versagens bis zum Bruch basieren auf der lokalen For- mulierung von Stoffgleichungen. Bei rechnerischen Analysen lokaler und ratenunabha¨ngi- ger Modelle besteht immer die Mo¨glichkeit, dass bei fortgeschrittener Scha¨digung und/oder Temperaturentfestigung der Typ der Differentialgleichung wechselt. In dem quasi-statischen Fall (ohne Beru¨cksichtigung von Massentermen) kann der Typ der Differentialgleichung lo- kal, d.h. an mindestens einem materiellen Punkt in der untersuchten Struktur, von elliptisch nach hyperbolisch umschlagen, wa¨hrend in dem dynamischen Fall (mit Beru¨cksichtigung von Massentermen) der Typ von hyperbolisch nach elliptisch umschlagen kann. Diese ¨Anderung des Differentialgleichungstyps ist bereits lange bekannt, siehe Arbeiten von Hill (1958, 1962), Rudnicki und Rice (1975), Rice (1976), und ist vornehmlich innerhalb der vergangenen Jah- re versta¨rkt im Zusammenhang mit der rechnerischen Analyse von Strukturen unter quasi- statischen Beanspruchungen untersucht worden, u. a. in de Borst und Mu¨hlhaus (1992), Ge- ers et al. (1998), de Borst et al. (1999), Peerlings et al. (2002), Reusch (2003) oder Reusch et al. (2003a,b). Hintergrund dieser Arbeiten ist die Entwicklung zuverla¨ssiger Methoden zur rechnerischen Analyse von Strukturen unter Beru¨cksichtigung von Versagen. Dieses Lo¨sungsverhalten der Differentialgleichungen hat zur Folge, dass bei FE-Analysen eine starke Netzabha¨ngigkeit auftritt, die auch durch Netzverfeinerung nicht zu beseitigen ist, da das zugrunde liegende Problem nicht la¨nger korrekt-gestellt ist. Vielmehr fu¨hrt die Ver- wendung kleinerer Elemente zu jeweils grundsa¨tzlich anderen, physikalisch nicht sinnvollen Lo¨sungen, wofu¨r auch der Begriff ” pathologische“ Netzabha¨ngigkeit verwendet wird (patho- logical localization bzw. pathological mesh-dependence, u. a. in Needleman, 1988, Peerlings et al., 2002). Diese Netzabha¨ngigkeit ist deshalb grundlegend unterschiedlich zu jener Netz- abha¨ngigkeit, die bei der Erzielung konvergenter Lo¨sungen durch die Verwendung jeweils kleinerer Elemente fu¨hrt. Bei letzterer Art der Netzverfeinerung bleibt der Typ der Differential- gleichung und damit die Eindeutigkeit der Lo¨sung erhalten. Hingegen kann ein Wechsel des Differentialgleichungstyps fu¨r lokale, dehnratenabha¨ngige Modellformulierungen ausgeschlossen werden (Needleman, 1988, Loret und Prevost, 1990), d. h. die Eindeutigkeit der Lo¨sung bleibt selbst fu¨r entfestigendes Materialverhalten gewa¨hrlei- stet. Inwiefern die gefundene Lo¨sung in sowohl zeitlicher als auch ra¨umlicher Hinsicht stabil ist, wurde mittels einer Perturbationsanalyse im Sinne von LYAPUNOV zuna¨chst von Bai (1982) fu¨r eindimensionale Fa¨lle untersucht und spa¨ter von Anand et al. (1987) auf dreidimensio- nale Fa¨lle ausgeweitet. Diese Untersuchungen zeigen, dass eine geringfu¨gige Sto¨rung der gefundenen Lo¨sung einen starken Einfluss auf das Lo¨sungsverhalten im weiteren zeitlichen Verlauf haben kann. Die Mo¨glichkeiten, die zu einer solchen Instabilita¨t fu¨hren, werden u. a. von Be´da (1999), Bigoni und Petryk (2002) als ” divergence bzw. flutter instabilities“ bezeich- net. Der Nachweis der letzteren dieser Instabilita¨ten wird ju¨ngst auch von einigen Autoren zur Bestimmung des Abstandes mehrerer benachbarter Scherba¨nder verwendet (Wright und Ockendon, 1996, Molinari, 1997, Batra und Chen, 2001, Batra und Wei, 2007). Desweiteren ist durch die Ratenabha¨ngigkeit der Formulierung direkt eine innere La¨nge des Modells impliziert, wobei die Existenz einer solchen La¨nge als Begrenzung der Lokalisie- 5 1. Einleitung und Motivation rungszone aufgefasst wird, siehe u. a. Lasry und Belytschko (1988) oder Jira´sek (2004). Hin- sichtlich des Nachweises und Bestimmung dieser inneren La¨nge fu¨hrt Sluys (1992) ebenfalls mittels einer Perturbationsanalyse im Sinne von LYAPUNOV eine Dispersionsanalyse durch. Er zeigt fu¨r den eindimensionalen Fall, dass fu¨r lokale dehnratenabha¨ngige Modelle eine geringfu¨gige Sto¨rung exponentiell im Raum abklingt und bezeichnet den Grenzwert dieser Da¨mpfung als innere La¨nge des Modells. Zum gegenwa¨rtigen Zeitpunkt wurde die Bestim- mung dieser inneren La¨nge weder fu¨r die eingangs genannten ratenabha¨ngigen Modelle zur Beschreibung von Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen, insbesondere nicht fu¨r den all- gemeinen mehrdimensionalen Fall, noch fu¨r an konkrete Werkstoffe angepasste Modellpara- meter durchgefu¨hrt. Auch in Bezug auf die Simulation von Versuchen mit hohen Belastungs- geschwindigkeiten mittels der FEM existieren solche Untersuchungen bislang nicht. Einige Autoren geben lediglich Hinweise, dass eine Netzabha¨ngigkeit der Ergebnisse bei Verwen- dung des Potenzgesetzmodells bzw. des Materialmodells nach JOHNSON & COOK existiert, z. B. Wang und Sluys (2000), Børvik et al. (2001), Dey et al. (2007) oder Allix (2007), was durch Untersuchungen von Singh und Klingbeil (2002), Singh et al. (2003) ebenfalls besta¨tigt wurde. ¤ Um diese Art der Netzabha¨ngigkeit zu vermeiden, bedarf es einer verbesserten Modellierung des Lokalisierungsprozesses, wobei die in der Gro¨ßenordnung der relevanten Substruktur auftretenden, mikromechanischen Effekte im Sinne einer ada¨quaten makroskopischen Re- pra¨sentation beru¨cksichtigt werden. Diesbezu¨glich stellt der Einsatz nicht-lokaler Modelle, die den Einfluss der Umgebung eines materiellen Punktes aufgrund der werkstoffmecha- nischen Eigenschaften beru¨cksichtigen, eine verbesserte makroskopische Kontinuumstheo- rie (enriched macroscopic continuum theory) dar. Generell werden nicht-lokale Modelle je nach Art der Beru¨cksichtigung des Umgebungseinflusses in zwei unterschiedliche Gruppen kategorisiert: Modelle mit Integralansa¨tzen basieren auf der gewichteten Betrachtung einer Gro¨ße in einer bestimmten Einflussumgebung (Rogula, 1965, Eringen, 1966). Als betrachtete Gro¨ße sind zuna¨chst von Eringen (1981) und Bazˇant et al. (1984) die Gesamtverzerrungen angewendet worden. Hinsichtlich einer verbesserten Modellierung von Lokalisierungspha¨no- menen haben spa¨ter Bazˇant und Lin (1988) die akkumulierte plastische Vergleichsdehnung, bzw. Pijaudier-Cabot und Bode (1992) die Scha¨digungsvariable als nicht-lokale Gro¨ße be- trachtet. Im Gegensatz dazu beru¨cksichtigen Gradientenmodelle den Einfluss der Umgebung mittels Differentialoperatoren unterschiedlicher mechanischer Gro¨ßen. Motiviert durch die Betrach- tung von Verzerrungsgradienten in Zusammenhang mit den thermodynamisch konjugierten Spannungen ho¨herer Ordnung, die auch als ” higher-order-stresses“ oder ” coupled bzw. dou- ble stresses“ bezeichnet werden, beschreiben Fleck und Hutchinson (1993, 1997) ein nicht- lokales Modell durch die zusa¨tzliche Beru¨cksichtigung dieser Spannungen ho¨herer Ordnung in der Fließbedingung. Dieses Modell ist zwar physikalisch durch die Beschreibung der sta- tistisch gespeicherten und geometrisch notwendigen Versetzungsdichte (statistically stored dislocations, SSD, und geometrically necessary dislocations, GND) motiviert, jedoch bleibt die Formulierung pha¨nomenologisch. Eine mikromechanisch basierte Erweiterung nach Nix und Gao (1998) dient als Grundlage der MSG-Plastizita¨t (mechanism-based strain-gradient plasticity, siehe Gao et al., 1999, Huang et al., 2000). Ein alternatives Vorgehen formuliert die Fließfla¨che in Abha¨ngigkeit der Spannungen und inneren Gro¨ßen sowie den Gradienten der inneren Gro¨ßen. Diesbezu¨glich beru¨cksichtigen 6 BAM-Dissertationsreihe 1. Einleitung und Motivation Aifantis (1984) bzw. Zbib und Aifantis (1988) Gradienten verschiedener Ordnung der akku- mulierten plastischen Vergleichsdehnung und -dehnrate, bzw. Maugin (1990) den Gradienten der Scha¨digung. Die meisten Formulierungen von Gradientenmodellen im Rahmen der Ther- modynamik (siehe Maugin, 1990, Svedberg und Runesson, 1997, Polizzotto et al., 1998, Liebe et al., 2001) basieren auf notwendigen Bedingungen zur Erfu¨llung des zweiten Haupt- satzes der Thermodynamik. Mit Hilfe des MU¨LLER-LIU Entropieprinzips wurden in Svendsen (1999) auch hinreichenden Bedingungen zur Erfu¨llung des zweiten Hauptsatzes angegeben. Im Rahmen solcher thermodynamisch-konsistent formulierten nicht-lokalen Materialmodelle ist es mo¨glich, das Randwertproblem fu¨r Deformationslokalisierung als Variationsproblem zu formulieren bzw. Deformationslokalisierung als materielle Instabilita¨t zu modellieren (Svend- sen, 2004). Der Zugang zur Analyse metallischer Bauteile mit Gradientenmodellen hat sich bei prakti- schen Anwendungen mit starken Gradienten der Deformation als erfolgreich herausgestellt, wie u. a. Arbeiten von Geers et al. (1998), Peerlings et al. (2001, 2002), Reusch et al. (2003a,b) oder Pamin (2004) zeigen. Besonders die Beru¨cksichtigung des Gradienten 2. Ord- nung hat sich dabei fu¨r die numerische Umsetzung mittels der FEM durchgesetzt. Dieses Vorgehen resultiert in einer Differentialgleichung vom HELMHOLTZ-Typ fu¨r die entsprechende Gro¨ße. Eine solche nicht-lokale Erweiterung tra¨gt somit zu einer entscheidenden Reduzie- rung der Netzabha¨ngigkeit bei FE-Analysen bei. Eine mo¨gliche Formulierung der Gradien- tenplastizita¨t bzw. der Gradientenscha¨digung in Verbindung mit großen Deformationen wird u. a. in Liebe et al. (2003) bzw. Reusch et al. (2003a,b) angegeben. Durch die nicht-lokale Formulierung der Stoffgleichung wird im einfachsten Fall ein weiterer Materialparameter eingefu¨hrt, der in der Literatur vielfach als ” intrinsic oder material length parameter“ bezeichnet wird. Dieser nicht-lokale Parameter kann aus Betrachtungen der geo- metrisch notwendigen Versetzungsdichte (GND) geschlossen werden, wobei dessen Gro¨ße zu dem La¨ngenmaß korrespondiert, bei dem die Effekte des Verzerrungsgradienten mit de- nen der Verzerrungen vergleichbar werden, siehe u. a. Fleck et al. (1994), Tvergaard und Needleman (1995), Gao et al. (1999) bzw. Jira´sek und Bazˇant (2001) oder Abu Al-Rub und Voyiadjis (2006). Die Beru¨cksichtigung von Gradienten der duktilen Scha¨digung oder der plastischen Vergleichsdehnung fu¨hrt bei quasi-statischen und ratenunabha¨ngigen Problem- stellungen dazu, dass der Typ der Differentialgleichung elliptisch bleibt, oder zumindest der Punkt, an dem der Typ der Differentialgleichung von elliptisch zu hyperbolisch umschla¨gt, identifiziert werden kann. Aus diesen Ergebnissen ist dann zu ersehen, unter welchen Be- dingungen die Elliptizita¨t des Differentialgleichungssystems gewahrt bleibt (Reusch, 2003, Reusch et al., 2003a,b) und insofern auf die Zuverla¨ssigkeit der numerischen Ergebnis- se geschlossen werden kann. Die Verwendung von Gradientenmodellen unter gleichzeiti- ger Beru¨cksichtigung der Ratenabha¨ngigkeit und von Massenkra¨ften sowie der erforderli- chen Lo¨sung der Differentialgleichungen mittels eines FE-Verfahrens ist bisher nicht bear- beitet bzw. angewendet worden. Eindimensionale Untersuchungen von Be´da (2000) zeigen jedoch die Tendenz, dass auch fu¨r diesen Fall die gewu¨nschte ” Korrekt-Gestelltheit“ des ARWPs gewa¨hrleistet bleibt. Die Relevanz einer solchen Aufgabe ergibt sich aus dem an- fangs erwa¨hnten Spektrum sicherheitsrelevanter Fragestellungen fu¨r Komponenten, Bauteile und Strukturen. 7 1. Einleitung und Motivation 1.3 Zielsetzung und Gliederung der Arbeit Das Ziel dieser Arbeit besteht in der durch den Einsatz nicht-lokaler Modellformulierungen verbessereten Beschreibung und numerischen Simulation von Lokalisierungspha¨nomenen, die bei Bauteilen metallischer Werkstoffe unter Hochgeschwindigkeitsbelastungen auftreten. In diesem Zusammenhang ist zu kla¨ren, warum bei Verwendung lokaler und ratenabha¨ngi- ger Modellformulierungen eine pathologische Netzabha¨ngigkeit der Ergebnisse auftritt. Dies- bezu¨glich soll ein Kriterium entwickelt werden, das es erlaubt, die infolge einer FE-Analyse erhaltenen Ergebnisse hinsichtlich ihrer Zuverla¨ssigkeit zu beurteilen. Die Grundlage zur Ent- wicklung eines solchen Kriteriums stellt die Untersuchung der ” Korrekt-Gestelltheit“ sowie der Dispersionseigenschaften der zugrunde liegenden Gleichungen mittels einer linearen Pertur- bationsanalyse im Sinne von LYAPUNOV dar. Die Unterschiede der lokalen und nicht-lokalen Formulierungen sind dabei sowohl hinsichtlich ihrer aus den dispersiven Eigenschaften re- sultierenden und lokalisierungsbegrenzenden inneren La¨nge einerseits als auch hinsichtlich der Ergebnisse von FE-Analysen andererseits zu untersuchen und interpretieren. In Kapitel 2 werden die erforderlichen kontinuumsmechanischen Gro¨ßen und Beziehun- gen eingefu¨hrt. Darauf aufbauend werden in Kapitel 3 lokale Formulierungen zur Mo- dellierung von Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen angegeben. Die Formulierung nach JOHNSON & COOK wird als repra¨sentatives Modell dieser Gruppe lokaler Modelle unter zusa¨tzlicher Beru¨cksichtigung von isotroper Scha¨digung in den Rahmen der Thermoelasto- Thermoviskoplastizita¨t finiter Deformationen eingebettet und na¨her beschrieben. Aufgrund der genannten Aspekte von Lokalisierungspha¨nomenen wird in Kapitel 4 dieses lokale Mo- dell hinsichtlich der Beru¨cksichtung der Gradienten-Plastizita¨tstheorie erweitert. Fu¨r die Umsetzung und Implementierung dieser beiden Modelle im Rahmen der FEM erfolgt in Kapitel 5 die zeitliche Diskretisierung der jeweiligen Anfangs-Randwertprobleme. Daran schließt sich in Kapitel 6 die Approximation der zugrunde liegenden Gleichungen im Kontext der Methode der Finiten-Elemente an, wobei gesondert auf verschiedene Aspekte zur Lo¨sung des gekoppelten Mehrfeldproblems eingegangen wird. Eine genaue Untersuchung der ” Korrekt-Gestelltheit“ der Gleichungen verschiedener lokaler als auch nicht-lokaler Modelle erfolgt in Kapitel 7. Die Lo¨sungen unterschiedlicher, eindimen- sionaler Modellformulierungen werden dabei hinsichtlich ihrer Eindeutigkeit und Stabilita¨t un- tersucht. Besonderes Augenmerk fa¨llt auf die Bestimmung der inneren La¨nge ratenabha¨ngi- ger und/oder nicht-lokaler Modelle. Die Auswirkungen einer lokalen und nicht-lokalen Modellformulierung hinsichtlich der numeri- schen Ergebnisse von FE-Analysen werden anschließend in Kapitel 8 anhand verschiedener FEM-Simulationen von Lokaliserungsproblemen herausgestellt und interpretiert. Die Arbeit schließt mit einer Diskussion der Ergebnisse und einem Ausblick auf zuku¨nftig erforderliche Arbeiten. 8 BAM-Dissertationsreihe 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik 2 Grundlagen der Kontinuumsmechanik In diesem Kapitel werden die grundlegenden kontinuumsmechanischen Gro¨ßen und Bezie- hungen eingefu¨hrt, die im weiteren Verlauf dieser Arbeit verwendet werden. Eine ausfu¨hrliche Beschreibung der kontinuumsmechanischen Grundlagen findet sich z. B. in Malvern (1969), Chadwick (1976) bzw. Belytschko et al. (2001) oder Betten (2001). 2.1 Kinematik 2.1.1 Bewegung und Verschiebung Zur Beschreibung der Bewegung eines Kontinuums existieren im Wesentlichen zwei unter- schiedliche kinematische Betrachtungsweisen, die sich darin unterscheiden, ob die Bewe- gung eines Punktes dieses Kontinuums prima¨r • ko¨rperbezogen, d. h. durch die anfa¨ngliche Position X des Punktes zur Zeit t = 0 sowie der Zeit t (LAGRANGE’sche Betrachtungsweise), oder • raumbezogen, d. h. durch die aktuelle Position x des Punktes zur Zeit t sowie der Zeit t (EULER’sche Betrachtungsweise) beschrieben wird. Die erste Darstellungsform eignet sich, um die Position eines einzelnen materiellen Punktes im Laufe der Zeit zu verfolgen und wird daher in der Strukturmechanik verwendet. Hingegen eignet sich die zweite Darstellungsform fu¨r die Bestimmung, welcher Bewegungszustand zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten, festen Ort im Raum vor- liegt, weshalb diese Variante in der Fluidmechanik Verwendung findet. Aus diesen Gru¨nden wird im Folgenden maßgeblich die LAGRANGE’sche Beschreibung betrachtet. Dabei nimmt ein Ko¨rper in seiner Referenzkonfiguration, die der (urspru¨nglichen) Anfangs- konfiguration zum Zeitpunkt t = 0 entspricht, das Gebiet Br ≡ B0, sowie in einer zum Zeit- punkt t eingenommenen, sogenannten Momementankonfiguration, das Gebiet Bc ≡ Bt im Euklidischen Raum ein, siehe Bild 2.1. Die zeitliche ¨Anderung des Gebiets wird als Bewe- gung bezeichnet und wird durch die nichtlineare Abbildung ϕ : B0 7→ Bt (2.1) beschrieben, von der gefordert wird, dass sie stetig und ein-eindeutig sei. Infolgedessen ist die Position eines jeden Punktes dieses Kontinuums durch x = ϕ(X , t) bzw. X = ϕ−1(x, t) (2.2) bestimmt. Um eine Durchdringung des Ko¨rpers auszuschließen, wird neben der Invertierbar- keit der Deformation ϕ gesondert gefordert, dass die Funktionaldeterminate J := det( ∂Xϕ(X , t) ) (2.3) stets positiv sei, i.e. J > 0. Unter Verwendung eines orthogonalen, kartesischen Koordina- tensystems werden die jeweiligen Ortsvektoren durch x = xi ei und X = XiEi , (2.4) 9 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik Referenz- Anfangs- ,bzw. Konfiguration Momentan- Konfiguration Bild 2.1: Bewegung eines Kontinuums von der Referenz- in die Momentankonfiguration mit den ra¨umlichen bzw. materiellen Koordinaten xi bzw. Xi, fu¨r i = 1, 2, 3, sowie den ent- sprechenden Basisvektoren ei und Ei, fu¨r i = 1, 2, 3, angegeben. Im Folgenden wird ferner die Annahme getroffen, dass die jeweiligen Basisvektoren u¨bereinstimmen, i.e. ei ≡ Ei, die unterschiedliche Schreibweise wird jedoch zur deutlicheren Darstellung beibehalten. Ha¨ufig werden Gro¨ßen in der Referenzkonfiguration, die auch als LAGRANGE’sche oder ma- terielle Gro¨ßen bezeichnet werden, mit Großbuchstaben sowie Gro¨ßen, die in der Momentan- konfiguration auftreten und auch als EULER’sche oder ra¨umliche Gro¨ßen bezeichnet werden, mit Kleinbuchstaben gekennzeichnet. Von dieser Schreibweise wird lediglich bei den Orts- vektoren und den Euklidischen Basen Gebrauch gemacht, alle weiteren Gro¨ßen ergeben sich aus dem jeweiligen Kontext. Die Verschiebung eines Punktes wird durch die Differenz seiner momentanten Position zu seiner urspru¨nglichen Position ur(X , t) = ϕ(X , t)−X (2.5) definiert. Darin ist durch die explizite Angabe der Abha¨ngigkeit von den materiellen Koordi- naten X auf die LAGRANGE’sche Betrachtungsweise hingewiesen. Prinzipiell la¨sst sich die Verschiebungsgro¨ße auch mit ra¨umlichen Koordinaten u = ur(X , t) = uc(x, t) (2.6) beschreiben, wobei zur Unterscheidung der Funktionen die Indizes ’r’ und ’c’ eingefu¨hrt wer- den. 10 BAM-Dissertationsreihe 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik 2.1.2 Deformations- und Verzerrungsgro¨ßen Der Deformationsgradient F entspricht der linearen Abbildung der Bewegung und wird dem- nach als materieller Gradient des ra¨umlichen Ortsvektors F := GRAD(x) = ∂xi∂Xj ei⊗Ej (2.7) definiert. Daraus ergibt sich die Zweifeld-Tensoreigenschaft des Deformationsgradienten F = Fij ei ⊗Ej mit Fij = ∂xi/∂Xj , mit der Bedeutung eines linearen Operators zwischen den Linienelementen der Referenz- und Momentankonfiguration. Ein beliebiges Ortsvektor- differential wird demnach durch dx = F · dX (2.8) von der Referenzkonfiguration auf die Momentankonfiguration abgebildet. Weitere, auf dem Deformationsgradienten basierenden Transformationen bzw. Transformations-Operatoren werden in Abschnitt 2.1.4 na¨her beschrieben. Als Verformungsgro¨ßen werden der linke ra¨umliche, bzw. rechte materielle CAUCHY-GREEN- Deformationstensor gema¨ß B := F · F T und C := F T · F (2.9) eingefu¨hrt, die aufgrund der Definition der folgenden Verzerrungsgro¨ßen motiviert sind: Als Verzerrungsmaß wird die differentielle La¨ngenmaßa¨nderung 12(ds2−dS2) betrachtet, mit ds2 = dx · dx und dS2 = dX · dX . Mit der Beziehung (2.8) folgt daraus der entsprechen- de, auf die jeweilige Konfiguration bezogene Verzerrungstensor E(G) := 12 (F T · F − I) = 12 (C − I) (2.10a) E(A) := 12 (I − F−T · F−1) = 12 (I −B−1) (2.10b) wobei E(G) den GREEN-LAGRANGE- und E(A) den ALMANSI-EULER-Verzerrungstensor be- zeichnet. Auf eine Kennzeichnung zur Unterscheidung des ra¨umlichen und materiellen Ein- heitstensors wird hierbei verzichtet, I = δij ei⊗ ej = δij Ei⊗Ej . Weitere Verzerrungs- gro¨ßen ergeben sich aus der polaren Zerlegung des Deformationsgradienten. Polare Zerlegung Die Polare Zerlegung des Deformationsgradienten in einen Rotations- und Streckungsanteil erfolgt gema¨ß F = R ·U = V ·R (2.11) mit dem orthogonalen Zweifeld-Tensor R, sowie dem rechten materiellen Strecktensor U und dem linken ra¨umlichen Strecktensor V . Eine anschauliche Interpretation dieser Zer- legung ist in Bild 2.2 dargestellt. Aufgrund der Orthogonalita¨t des Rotationstensors, i.e. RT = R−1, folgt B = V 2 und C = U2 , (2.12) so dass sich mittels der Spektralzerlegung von B bzw. C in die (identischen) Eigenwerte λ2a sowie die Eigenvektoren la bzw. ra, fu¨r a = I, II, III, die Verzerrungstensoren gema¨ß 11 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik Bild 2.2: Polare Zerlegung des Deformationsgradienten in einen Rotations- und Streckungsanteil mit Angabe der jeweiligen Komponenten und Basen eines Vektordifferntials V = Vij ei⊗ ej = III∑ a=I λa la⊗ la (2.13a) U = Uij Ei⊗Ej = III∑ a=I λa ra⊗ ra (2.13b) ergeben. Der Rotationstensor ist in dieser Form durch R = Rij ei⊗Ej = III∑ a=I la⊗ ra (2.14) und entsprechend der Deformationsgradient durch F = Fij ei⊗Ej = III∑ a=I λa la⊗ ra (2.15) gegeben. Besondere Bedeutung kommt den logarithmischen Streckungsmaßen zu. Eine Ver- allgemeinerung des effektiven Dehnungsmaßes fu¨r einen eindimensionalen Dehnstab nach LUDWIK, i.e. εeff = ∫ l l0 dl? l? = ln(l/l0) ≡ ln(1 + ε) (2.16) mit der anfa¨nglichen La¨nge l0 und der augenblicklichen La¨nge l des Stabes fu¨hrt beispiels- weise auf den linken logarithmischen Verzerrungstensor lnV , der ebenfalls u¨ber die Spek- tralzerlegung von B bestimmt wird, lnV = 12 ln(B) = III∑ a=I 1 2 ln(λ2a) la ⊗ la . (2.17) 12 BAM-Dissertationsreihe 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik Referenz- Konfiguration Momentan- Konfiguration Zwischen- Konfiguration En tla stu ng Bild 2.3: Multiplikative Zerlegung des Deformationsgradienten in einen elastischen und plastischen Anteil Multiplikative Zerlegung Die Multiplikative Zerlegung des Deformationsgradienten in einen elastischen und plastischen (inelastischen) Anteil F = FE · FP (2.18) geht auf Lee (1969) zuru¨ck und kann durch eine plastische (spannungsfreie) Zwischenkonfi- guration verdeutlicht werden, vgl. Bild 2.3. Die elastischen bzw. inelastischen Anteile aller in diesem Abschnitt auf Basis des Gesamt-Deformationsgradienten eingefu¨hrten Gro¨ßen erge- ben sich dann durch Verwendung des jeweiligen Anteils des Deformationsgradienten, z. B. BE = FE · F TE und BP = FP · F TP , bzw. (2.19a) CE = F TE · FE und CP = F TP · FP (2.19b) fu¨r die elastischen und plastischen Anteile des linken bzw. rechten CAUCHY-GREEN-Defor- mationstensors. Insbesondere folgt daraus die Identita¨t BE = F ·C−1P · F T . (2.20) 2.1.3 Geschwindigkeitsgro¨ßen und Verzerrungsraten Die Geschwindigkeit v eines Punktes entspricht der zeitlichen ¨Anderung seines Ortes, i.e. unter Verwendung der materiellen Koordinaten X vr(X , t) = ∂ ∂t ϕ(X , t) , (2.21) bzw. allgemein v = vr(X , t) = vc(x, t) . (2.22) 13 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik Um die materielle Zeitableitung, also die zeitliche ¨Anderung bezu¨glich konstanter materiel- ler Koordinaten, zu kennzeichnen wird die Schreibweise (•)˙ ≡ d(•)/dt fu¨r eine beliebige ra¨umliche oder materielle Gro¨ße (•) eingefu¨hrt1. Mit dieser Schreibweise vereinfacht sich die Angabe der Geschwindigkeit v zu v = x˙ = u˙ (2.23) und die der Beschleunigung a als zeitliche ¨Anderung der Geschwindigkeit zu a = v˙ = x¨ = u¨ . (2.24) Eine besondere Bedeutung besitzt der ra¨umliche Geschwindigkeitsgradient L := grad(v) = F˙ · F−1 , (2.25) mit der Rate des Deformationsgradienten F˙ = GRAD(x˙). Der symmetrische Anteil stellt den Deformationsgeschwindigkeitstensor D und der antimetrische Anteil den Drehgeschwindig- keitstensor W dar, i.e. D := sym(L) = 12(L +LT) und W := skw(L) = 12(L −LT) . (2.26) Damit existiert unter Verwendung der Definition der Verzerrungstensoren (2.10a,b) der Zu- sammenhang D = F−T · E˙(G) · F−1 = E˙(A) +E(A) ·L +LT ·E(A) . (2.27) zwischen dem Deformationsgeschwindigkeitstensor D und den Raten der Verzerrungsten- soren E˙(G) und E˙(A). Es ist zu beachten, dass generell die materielle Zeitableitung einer ra¨umlichen Gro¨ße nicht objektiv2 ist. Gema¨ß der multiplikativen Zerlegung des Deformationsgradienten (2.18) folgen aus (2.25) die elastischen und inelastischen Anteile des ra¨umlichen Geschwindigkeitstensors zu L = LE +LP , mit LE = F˙E · F−1E und LP = FE · L˜P · F−1E (2.28) wobei mit L˜P = F˙P · F−1P der plastische Anteil des Geschwindigkeitsgradienten bezu¨glich der Zwischenkonfiguration angegeben ist. Insbesondere durch Anwendung der Transforma- tionsvorschrift (2.28)3 zwischen Momentan- und Zwischenkonfiguration auf den ra¨umlichen Geschwindigkeitsgradienten, i.e. L˜ = F−1E ·L · FE, folgt entsprechend L˜ = L˜E + L˜P , mit L˜E = F−1E · F˙E und L˜P = F˙P · F−1P . (2.29) Die symmetrischen Anteile dieser Gro¨ßen werden unter Zuhilfenahme des elastischen rech- ten CAUCHY-GREEN-Deformationstensors gema¨ß D˜¤ := sym(CE · L˜¤) = 12(CE · L˜¤ + L˜T¤ ·CE) (2.30) 1Siehe dsbzgl. auch Abschnitt A.3.4 ” Materielle Zeitableitung“ im Anhang auf Seite 160. 2Der Begriff der Objektivita¨t wird in den Abschnitten 2.4 sowie A.4 na¨her erla¨utert. 14 BAM-Dissertationsreihe 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik gebildet, so dass insbesondere auch D˜ = D˜E + D˜P , jeweils mit D˜¤ = F TE ·D¤ · FE (2.31) folgt, wobei hier der Index ’¤’ einen Platzhalter fu¨r sowohl die jeweilige Gesamtgro¨ße als auch deren elastischen und plastischen Anteil darstellt. Mit dem plastischen Anteil des Streckungsratentensors ergibt sich ferner die a¨quivalente pla- stische Vergleichsdehnrate zu ε˙P = √ 2 3 DP : DP . (2.32) und dementsprechend daraus die akkumulierte plastische Vergleichsdehnung zu einem Zeit- punkt t zu εP(t) = εP(0) + ∫ t τ=0 ε˙P dτ . (2.33) 2.1.4 Transformationen zwischen materiellen und ra¨umlichen Gro¨ßen Deformation eines Volumenelementes Die Transformation eines Volumenelementes zwi- schen Anfangs- und Momentankonfiguration erfolgt u¨ber die Funktionaldeterminante (cf. 2.3) J = det(F ) , (2.34) die auch als JACOBI-Determinante bezeichnet wird. Hieraus folgt dann die Beziehung dV = JdV0 (2.35) zwischen einem anfa¨nglichen und momentanen Volumenelement dV0 und dV . Deformation eines Fla¨chenelementes Die Transformation eines Fla¨chenelementes zwi- schen Anfangs- und Momentankonfiguration ist durch die NANSON-Formel dA = JF−T · dA0 (2.36) gegeben. Darin bezeichnet dA = ndA ein gerichtetes Fla¨chenelement in der Momentan- konfiguration mit Normalenrichtung n und Fla¨che dA sowie dA0 = n0dA0 entsprechend ein gerichtetes Fla¨chenelement in der Referenzkonfiguration mit Normalenrichtung n0 und Fla¨che dA0. Push-Forward Φ∗ und Pull-Back Φ∗ Der Push-Forward bzw. Pull-Back Operator Φ∗ bzw. Φ∗ transformiert tensorielle Gro¨ßen zweiter Stufe zwischen Referenz- und Momentankonfi- guration. Dabei existieren jeweils vier unterschiedliche Variationen, die auf Grundlage der allgemeinen Formulierung der Kontinuumsmechanik in krummlinigen Koordinaten eingefu¨hrt sind, cf. Bas¸ar und Weichert (2000). Auch wenn hier lediglich orthogonale, kartesische Koor- dinaten betrachtet werden, werden nachfolgend die jeweils vier Mo¨glichkeiten angegeben. 15 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik Eine materielle Gro¨sse (•)r wird durch Anwendung des Push-Forward Operators in die Mo- mentankonfiguration abgebildet: Push-Forward Φ∗[ ((•)r ) = F−T· (•)r · F−1 (2.37a) Φ∗] ((•)r ) = F · (•)r · F T (2.37b) Φ∗[] ((•)r ) = F−T· (•)r · F T (2.37c) Φ∗][ ((•)r ) = F · (•)r · F−1 (2.37d) Entsprechend wird eine ra¨umliche Gro¨ße (•)c durch Anwendung des Pull-Back Operators in die Referenzkonfiguration abgebildet: Pull-Back Φ∗[ ((•)c ) = F T · (•)c · F (2.38a) Φ∗]((•)c ) = F−1· (•)c · F−T (2.38b) Φ∗[]((•)c ) = F T · (•)c · F−T (2.38c) Φ∗][((•)c ) = F−1· (•)c · F (2.38d) Die Indizes ’[’ und ’]’ weisen dabei auf die unterschiedlichen Varianten hin. Als Beispiel sei an dieser Stelle auf die Zusammenha¨nge E(A) = Φ∗[ (E(G)) und BE = Φ∗] (C−1P ) (2.39) zwischen dem ALMANSI- und GREEN-Verzerrungstensor bzw. dem linken elastischen und rechten plastischen CAUCHY-GREEN-Deformationstensor hingewiesen. LIE-Ableitung Lv Die LIE-Ableitung Lv entspricht einer speziellen Zeitableitung einer ra¨umlichen Gro¨ße: Zuna¨chst wird diese Gro¨ße mittels Pull-Back Operator in die Referenz- konfiguration zuru¨ck transformiert, dort zeitlich differenziert und anschließend wieder in die Momentankonfiguration mittels Push-Forward Operator vorgeschoben Lv ((•)c ) := Φ∗ { ∂ ∂t ( Φ∗((•)c ))} . (2.40) Beispielsweise erha¨lt man infolge der Beziehungen Φ∗[(E(A)) = E(G) , ∂E (G) ∂t = E˙ (G) und Φ∗[ (E˙(G)) = D (2.41) mit der LIE-Ableitung den einfachen Zusammenhang Lv (E(A)) = D (2.42) zwischen ALMANSI-EULER-Verzerrungstensor und dem Deformationsgeschwindigkeitsten- sor. 16 BAM-Dissertationsreihe 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik 2.2 Spannungsgro¨ßen Die Oberfla¨che S stellt entweder die natu¨rliche Berandung des Ko¨rpers Bt in der Momen- tankonfiguration oder eine virtuelle Schnittfla¨che durch diesen Ko¨rper dar, wie in Bild 2.4a veranschaulicht. Der an einem Teil dieser Fla¨che ∆S mit der Normalenrichtung n angreifen- de Kraftvektor ∆f fu¨hrt im Grenzfall t = lim ∆S→0 [∆f ∆S ] = dfdA (2.43) auf den Spannungsvektor t (Kraft pro Einheitsfla¨che). Dieser definiert durch t = n · T mit T = σij ei⊗ ej (2.44) den ra¨umlichen CAUCHYschen Spannungstensor T , vgl. Bild 2.4b. Die CAUCHY-Spannungen T repra¨sentieren den wahren Spannungszustand eines Punktes des verformten Kontinuums. Alle weiteren Spannungsgro¨ßen entsprechen Skalierungen und/oder Transformationen auf andere Konfigurationen: Die KIRCHHOFF-Spannungen K := JT (2.45) sind als mit der JACOBI-Determinante gewichtete CAUCHY-Spannungen definiert. Die Ersten- PIOLA-KIRCHHOFF-Spannungen P := JT · F−T bzw. P? := JF−1 · T (2.46) entsprechen dem ra¨umlichen Spannungsvektor bezogen auf die Referenz-Einheitsfla¨che. In- sofern handelt es sich bei P = Pij ei⊗Ej bzw. P? = P?ij Ei⊗ ej um Zweifeld-Tensoren, die zwischen Momentan- und Referenzkonfiguration agieren. Unter Vorwegnahme der Sym- metrie des CAUCHY’schen Spannungstensors (cf. Gl. 2.57) entspricht die eine Definition in (2.46) genau der Transponierten der anderen Definition, i.e. P? = P T. Die Zweiten-PIOLA- KIRCHHOFF-Spannungen S := JF−1 · T · F−T = Φ∗](K) (2.47) (a) (b) Bild 2.4: (a) Kraftvektor am virtuellen Schnittufer des verformten Kontinuums und (b) CAUCHY’sches Spannungstetraheder 17 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik entsprechen der Transformation der KIRCHHOFF-Spannungen auf die Referenzkonfiguration mittels Pull-Back Operator. Die zugrunde liegenden Transformationen zwischen den genann- ten Spannungstensoren sind in Tabelle 2.1 zusammengefasst. Tabelle 2.1: Beziehungen zwischen den Spannungstensoren CAUCHY KIRCHHOFF 1.-PIOLA- KIRCHHOFF 2.-PIOLA- KIRCHHOFF T = J−1K J−1P · F T J−1F · S · F T K = JT P · F T F · S · F T P = JT · F−T K · F−T F · S S = JF−1 · T · F−T F−1 ·K · F−T F−1 · P 2.3 Bilanzgleichungen 2.3.1 Massenbilanz Die Masse M eines Ko¨rpers bleibt wa¨hrend seiner Bewegung und Deformation erhalten, d. h. sie ist in der Momentan- und Anfangskonfiguration a¨quivalent M = ∫ Bc % dV = ∫ B0 %0 dV0 , (2.48) wobei darin % = %r(X , t) = %c(x, t) die ra¨umlichen Massendichteverteilung zu einem Zeit- punkt t und dementsprechend %0 die anfa¨ngliche Massendichteverteilung zum Zeitpunkt t = 0 bezeichnet. Mit (2.35) fu¨hrt dies auf die lokale Form %0 % = dV dV0 = J . (2.49) Der Satz der Massenerhaltung impliziert direkt, dass die zeitliche ¨Anderung der Gesamtmas- se des Ko¨rpers gleich null ist. Unter Verwendung der materiellen Zeitableitung zeitvera¨nder- licher Gebietsintegrale folgt als lokale Form die Kontinuita¨tsgleichung M˙ != 0 ⇒ %˙ + % div(v) = 0 ,∀x ∈ Bc und ∀ t (2.50) mit der Geschwindigkeit v eines Partikels: Fu¨r ein ra¨umlich begrenztes Gebiet entspricht die zeitliche ¨Anderung der Masse in diesem Gebiet dem Massenstrom u¨ber den Rand dieses Gebietes. Wird diese lokale Formulierung in der Referenzkonfiguration dargestellt, ergibt sich die triviale Aussage M˙ != 0 ⇒ %˙0 = 0 ,∀X ∈ Bc und ∀ t (2.51) dass sich die anfa¨ngliche Massendichteverteilung zeitlich nicht a¨ndert. 18 BAM-Dissertationsreihe 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik 2.3.2 Mechanische Impulsbilanzen Nach dem zweiten NEWTONschen Axiom entspricht die zeitliche ¨Anderung des Gesamtim- pulses bei der Bewegung eines Ko¨rpers der Summe aller an diesem Ko¨rper angreifenden Kra¨fte, i.e. I˙ = ∑F . Mit der zeitlichen ¨Anderung des Gesamtimpulses gema¨ß I˙ = ddt ∫ Bc %v dV = ∫ Bc {(%˙ + % div(v))v + %v˙} dV (2.52) folgt unter Beru¨cksichtigung von (2.50) schließlich ∫ Bc %v˙ dV = ∫ ∂Bc tˆ dA+ ∫ Bc %b dV , (2.53) wobei tˆ den Spannungsvektor am Rand des Ko¨rpers und b den im Ko¨rper angreifenden Volumenlastvektor bezeichnet. Unter Verwendung des GAUSSschen Integralsatzes zur Um- formung eines Oberfla¨chenintegrals in ein Volumenintegral folgt die lokale Impulsbilanz %v˙ = div(T ) + %b , ∀x ∈ Bc und ∀ t , (2.54) die zu jedem Zeitpunkt an jedem Punkt des Kontinuums erfu¨llt sein muss. Diese ra¨umliche Bilanzgleichung la¨sst sich auch fu¨r die Menge aller materieller Punkte in der Referenzkonfi- guration formulieren. Mit (2.49) sowie (2.22) und b = bc(x, t) ≡ br(X , t) folgt %0v˙ = DIV(P?) + %0b , ∀X ∈ Br und ∀ t . (2.55) Das Kra¨ftegleichgewicht wird stets in der verformten Konfiguration gebildet, was in (2.55) lediglich durch materielle Gro¨ßen ausgedru¨ckt wird . Besitzt der Impuls eines Punktes des Kontinuums eine Komponente senkrecht zum Ortsvek- tor x, so fu¨hrt dieser eine Drehbewegung aus. Aus der Drehimpulsbilanz d dt ∫ Bc [x × %v] dV = ∫ ∂Bc [x × tˆ] dA+ ∫ Bc [x × %b] dV , (2.56) folgt unter Verwendung des Permutationssymbols fu¨r das Kreuzprodukt3 und Ausnutzung der lokalen Bilanzgleichung (2.54) die Symmetrie des CAUCHYschen Spannungstensors T = T T . (2.57) Mit den Beziehungen (2.45) bis (2.47) folgen daraus die a¨quivalenten Beziehungen K = KT , P? = P T , S = ST . (2.58) 3Fu¨r zwei Vektoren a = aiei und b = biei gilt a× b = ²ijkajbkei, wobei die Definition des Per- muationssysmbols in Gleichung (A.19) auf Seite 151 angegeben ist. 19 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik 2.3.3 Hauptsa¨tze der Thermodynamik Erster Hauptsatz der Thermodynamik (Energieerhaltung) Der erste Hauptsatz der Ther- modynamik besagt, dass in einem abgeschlossenen System die zeitliche ¨Anderung der Ge- samtenergie der Summe aus Arbeitsleistung und Wa¨rmeleistung entspricht. Die Gesamt- energie des Kontinuums setzt sich aus der kinetischen Energie K und der inneren Energie U zusammen, mit K = 12 ∫ Bc %v · v dV und U = ∫ Bc %u² dV , (2.59) wobei u² die innere Energiedichte, d. h. den spezifischen Wert der inneren Energie, bezeich- net. Infolge von (2.53) ist die Arbeitsleistung A˙ durch A˙ = ∫ ∂Bc tˆ · v dA+ ∫ Bc %b · v dV (2.60) bestimmt. Die Wa¨rmeleistung, d. h. die am geschlossenen System pro Zeiteinheit u¨bertrage- ne innere Energie, ergibt sich entsprechend gema¨ß Q˙ = − ∫ ∂Bc n · qθ dA+ ∫ Bc %ζθ dV . (2.61) Darin bezeichnet qθ den Wa¨rmefluss u¨ber die Berandung des Kontinuums mit der nach au- ßen gerichteten Normalen n sowie ζθ die spezifische Wa¨rmestrahlung. Fu¨r adiabatische Pro- zesse gilt Q˙ = 0, d. h. dem System wird weder Wa¨rme zu- noch abgefu¨hrt. Aus der Bilanz der Gesamtenergieraten d dt (K + U ) = A˙ + Q˙ (2.62) folgt unter Beru¨cksichtigung der Massenbilanz (2.50) sowie der Impulsbilanz (2.54) und der Drehimpulsbilanz (2.57) die innere Leistungsbilanz d dt U = A˙in + Q˙ , (2.63) wobei die innere Arbeitsleistung gema¨ß A˙in := ∫ Bc T : D dV (2.64) definiert ist. Die innere Energiebilanz (2.63) fu¨hrt somit auf die lokale Form %u˙² = T : D − div(qθ) + %ζθ , ∀x ∈ Bc und ∀ t (2.65) fu¨r die Menge aller ra¨umlichen Punkte des Kontinuums. Den CAUCHY-Spannungstensor T und den Deformationsgeschwindigkeitstensor D nennt man daher zueinander thermodyna- misch konjugierte Gro¨ßen. Bezogen auf die Referenzkonfiguration ergeben sich die folgen- den, a¨quivalenten thermodynamisch konjugierten Paare A˙in = ∫ B0 K : D dV0 = ∫ B0 P : F˙ dV0 = ∫ B0 S : E˙(G) dV0 = ∫ B0 Σ : M dV0 , (2.66) 20 BAM-Dissertationsreihe 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik so dass sich entsprechend die lokale Form der inneren Energiebilanz fu¨r die Menge aller materiellen Punkte des Kontinuums gema¨ß %0u˙² = P : F˙ − DIV(JF−1 · qθ) + %0ζθ , ∀X ∈ Br und ∀ t (2.67) formulieren la¨sst. Die Gesamtenergiebilanz (2.62) wird ebenfalls auch lokal, d. h. fu¨r jeden einzelnen Punkt des Kontinuums, formuliert. Es gilt dann d dt (%e)+ %e div(v) = div(h) + %ζe , ∀x ∈ Bc und ∀ t , bzw. (2.68a) d dt (%0e ) = DIV(hr) + %0ζe , ∀X ∈ Br und ∀ t (2.68b) wobei die allgemeinen Gro¨ßen e fu¨r die Gesamtenergiedichte, h fu¨r die Gesamtenergiefluss- dichte (mit hr = JF−1·h) sowie ζe fu¨r die Gesamtenergiequelldichte eingefu¨hrt werden. Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik (Entropieungleichung) Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik liefert eine Aussage u¨ber die Entropieproduktion in dem betrachteten System. Die Entropiebilanz besagt, dass die zeitliche ¨Anderung der Entropie des geschlos- senen Systems der Summe aus der Produktionsrate der Entropie, dem Entropiefluss u¨ber den Rand sowie der Quellrate der Entropie entspricht, i.e. d dt ∫ Bc %η dV = ∫ Bc %pi dV − ∫ ∂Bc n · φη dA+ ∫ Bc %ζη dV (2.69) wobei η die Entropiedichte, pi die Entropieproduktionsratendichte, φη den Entropiefluss und ζη die Entropiequellratendichte bezeichnet. Lokal, d. h. fu¨r jeden einzelnen Punkt des Konti- nuums, erha¨lt man daraus d dt (J%η)J−1 = % pi − div(φη) + % ζη , ∀x ∈ Bc und ∀ t , bzw. (2.70a) d dt (%0η ) = %0pi − DIV(φηr) + %0ζη , ∀X ∈ Br und ∀ t (2.70b) mit φηr = JF−1·φη, wobei fu¨r die Produktionsratendichte der Entropie gewa¨hrleistet sein muss, dass diese nicht abnimmt, i.e. pi ≥ 0 . (2.71) Lediglich fu¨r reversible Prozesse, wie z. B. bei rein elastischen Vorga¨ngen, wird keine Entropie produziert, d. h. es gilt pi = 0. Durch Einfu¨hrung der HELMHOLTZschen freien Energiedichte gema¨ß ψ := u² − θη , (2.72) mit den spezifischen Gro¨ßen u² und η fu¨r die innere Energiedichte bzw. Entropiedichte sowie der absoluten Temperatur θ sind die lokale innere Energiebilanz und lokale Entropiebilanz miteinander verknu¨pft. Durch zeitliche Differentiation von (2.72) folgt %ψ˙ = %u˙² − %θ˙η − %θη˙ , (2.73) 21 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik und mit weiterer Beru¨cksichtigung von (2.65) und (2.70a) unter Ausnutzung der Massenbilanz (2.49, 2.51), i.e. ddt(J%η)J−1 = %η˙ , sowie den CLAUSIUS-DUHEM Beziehungen φη = qθ/θ , ζη = ζθ/θ (2.74) folgt aus (2.73) mit (2.71) die Dissipationsungleichung δ² := %θpi = T : D − %ψ˙ − %θ˙η −∇lnθ · qθ ≥ 0 (2.75a) hier in der lokalen Form bezu¨glich der Momentankonfiguration. Fu¨r die Umformung ist ferner die Identita¨t ∇lnθ = 1/θ∇θ verwendet worden. Entsprechend folgt die Disspiationsunglei- chung bezu¨glich der Referenzkonfiguration durch Transformation zu δ²r := %0θpi = P : F˙ − %0ψ˙ − %0θ˙η −∇rlnθ · qθr ≥ 0 (2.75b) Aus dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik kann keine zusa¨tzliche Feldgleichung eines Randwertproblems abgeleitet werden, jedoch liefert er Einschra¨nkungen fu¨r die konstitutiven Beziehungen, die verhindern, dass als Lo¨sung der Feldgleichungen physikalisch nicht mo¨gli- che Prozesse resultieren. 2.4 Materialgleichungen Die in den vorangegangenen Abschnitten eingefu¨hrten kinematischen Beziehungen und Bi- lanzgleichungen sind von den konkreten Materialeigenschaften unabha¨ngig und sind fu¨r alle Kontinua gleichermaßen anzuwenden. Die Charakteristik eines speziellen Werkstoffs wird durch geeignete Materialgleichungen beschrieben, die das reale Werkstoffverhalten durch eine mathematische Formulierung idealisiert abbilden. Diese mechanischen konstitutiven Gleichungen stellen somit einen funktionalen Zusammenhang zwischen Spannungen und Verzerrungen dar, sowie in thermischer Hinsicht zwischen Wa¨rmefluss und Temperatur und vervollsta¨ndigen somit das zu lo¨sende Gleichungssystem. Bei der Formulierung von Materialgleichungen muss u. a. die Einhaltung der Objektivita¨t der Gleichungen beachtet werden: Die realen Materialeigenschaften sind von der Wahl eines be- stimmten Bezugssystems und den Bewegungen eines Beobachters im Raum unabha¨ngig. Das bedeutet, dass die Materialgleichungen invariant gegenu¨ber Starrko¨rpertranslationen und -rotationen sein mu¨ssen4. Ferner mu¨ssen die Stoffgleichungen im Sinne der physika- lischen Konsistenz den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik erfu¨llen. Diesbezu¨glich ist außerdem zu beachten, dass die bei der Formulierung verwendeten Spannungs- und Verzer- rungsgro¨ßen zueinander thermodynamisch konjugierte Gro¨ßen darstellen. 2.4.1 Hyperelastizita¨t Elastische Materialien, bei denen die geleistete Arbeit unabha¨ngig von dem Belastungspfad ist, werden hyperelastische Materialien genannt. Dies ist der Fall, wenn fu¨r ein bestimmtes 4Eine weiterfu¨hrende mathematische Betrachtung der Objektivita¨t ist fu¨r materielle bzw. ra¨umliche Tensoren verschiedener Stufe im Anhang wiedergegeben, siehe Abschnitt A.4. 22 BAM-Dissertationsreihe 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik Energiepotential W die Spannungen, resultierend aus der Ableitung dieses Energiedichtepo- tentials nach den Verzerrungen, thermodynamisch konsistent zu diesen Verzerrungen sind. Beispielsweise folgen die zweiten PIOLA-KIRCHHOFF-Spannungen dann zu S = ∂W˜ (E (G)) ∂E(G) = 2 ∂Wˇ (C) ∂C , (2.76) hier fu¨r verschiedene Formen der Potentialfunktion, W˜ bzw. Wˇ . Die zwischen zwei Verzer- rungszusta¨nden E(G)1 und E(G)2 geleistete bzw. gespeicherte Arbeit ha¨ngt so lediglich von den beiden Verzerrungszusta¨nden, nicht jedoch von dem Deformations- bzw. Belastungspfad ab, ∫ E(G)2 E(G)1 S : dE(G) = W˜ (E(G)2 )− W˜ (E(G)1 ) . (2.77) Das SAINT VENANT-KIRCHHOFF Modell stellt diesbezu¨glich die einfachste hyperelastische Materialformulierung dar. Darin wird die aus der Theorie kleiner Deformationen bekannte konstitutive Beziehung auf die Beziehung zwischen zweiten PIOLA-KIRCHHOFF-Spannungen und GREEN-LANGRANGE-Verzerrungen u¨bertragen, i.e. S = CI E : E(G). Unter Verwendung der Materialtangente der Elastizita¨tstheorie CI E = λr I ⊗ I + 2µr II s (2.78) mit den beiden LAME´’schen Materialparametern λr und µr, die u¨ber die Beziehungen µr = Er2(1 + νr) und λr = νrEr (1 + νr)(1− 2νr) (2.79) mit dem Elastizita¨ts- bzw. YOUNG’s-Modul Er und der Querkontraktions- bzw. POISSON’s-Zahl νr verknu¨pft sind, setzt sich das freie Energiepotential dann fu¨r dieses Modell gema¨ß W˜StVK(E(G)) = 12E(G) : CI E : E(G) = 12λr ( tr(E(G)))2 + µrE(G) : E(G) (2.80) zusammen. Es ist zu beachten, dass die Formulierung von SAINT VENANT-KIRCHHOFF ledig- lich fu¨r solche Anwendungen eine geeignete Modellierung darstellt, bei denen finite Defor- mationen hauptsa¨chlich infolge großer Rotationen, nicht jedoch infolge großer Verzerrungen, auftreten (Belytschko et al., 2001: S. 225). Unter der Annahme anfa¨nglich isotropen, d. h. richtungsunabha¨ngigen Materialverhaltens kann die Potentialfunktion auch lediglich durch die Invarianten des rechten CAUCHY-GREEN- Deformationstensors ausgedru¨ckt werden, i.e. W = W˜ (E(G)) = Wˇ (C) = W˘ (IC , IIC , IIIC ) . (2.81) In Abha¨ngigkeit dieser Invarianten sind fu¨r die unterschiedlichsten Materialien die verschie- densten Potentialfunktionen angegeben worden. Fu¨r Metalle eignet sich beispielsweise das kompressible Neo-HOOKE Potential, i.e. W˘NH(IC , IIC , IIIC ) = U( √ IIIC ) + µr2 (IC − 3− ln(IIIC ) ) , (2.82) wobei fu¨r den volumetrischen Anteil U(J ), mit J =√IIIC , typischerweise Funktionen in der Form U(J ) = λr2 (lnJ ) 2 , bzw. U(J ) = λr4 (J 2 − 1− lnJ ) (2.83) 23 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik angegeben werden. Hingegen eignen sich fu¨r andere Materialien alternative Beschreibungen des Freien Energiepotentials, wie z. B. fu¨r Gummi das Potential nach MOONEY-RIVLIN oder OGDEN, siehe u. a. Belytschko et al. (2001), Armero (2002), worauf an dieser Stelle nicht na¨her eingegangen wird. 2.4.2 Plastizita¨t und Viskoplastizita¨t Bei duktilem Materialverhalten stellt die Formulierung der inelastischen Prozesse einen we- sentlichen Bestandteil der Materialmodellierung dar. Den Ausgangspunkt bildet die Zerlegung des Deformationsgradienten in einen elastischen und inelastischen Anteil in der Form (2.18), i.e. F = FE·FP. Im Sinne der Beschreibung des elastischen Materialverhaltens durch ein hyperelastisches Potential folgt dann analog zu Abschnitt 2.4.1 mit S˜ = 2∂Wˇ (CE)∂CE und S˜ = Φ∗]E (K) = F−1E ·K · F−TE (2.84) der zweite PIOLA-KIRCHHOFF-Spannungstensor bezogen auf die plastische Zwischenkon- figuration, der die auf diese Konfiguration zuru¨ckgezogene KIRCHHOFF-Spannung darstellt. Unter Verwendung der Potentialfunktion in Abha¨ngigkeit der Invariaten (2.81) folgt hier K = 2FE · ∂Wˇ ∂CE · F TE = 2FE· ( ∂W˘ ∂ICE ∂ICE ∂CE + ∂W˘∂IICE ∂IICE ∂CE + ∂W˘∂IIICE ∂IIICE ∂CE ) ·F TE (2.85) und insbesondere unter Beru¨cksichtigung der Ableitungen der Invarianten (siehe Gln. A.53 bis A.55 im Anhang A.3.3 ab Seite 157) folgt K = 2 ( ∂W˘ ∂ICE + ICE ∂W˘ ∂IICE ) BE − 2 ∂W˘ ∂IICE BE·BE + 2IIICE ∂W˘ ∂IIICE I (2.86) fu¨r die KIRCHHOFF-Spannungen. Der Zuwachs der inelastischen Deformationen wird durch die Fließregel beschrieben. Durch ¨Uberlegungen aus der Kristallplastizita¨t ist fu¨r die Fließregel die Form L˜P = F˙P · F−1P = λ˙M˜P (2.87) motiviert, mit dem plastischen Multiplikator λ˙ und der Richtung des plastischen Zuwachses M˜P bezogen auf die plastische Zwischenkonfiguration, bzw. mit MP = F−1P ·M˜P·FP bezo- gen auf die Referenzkonfiguration. Insbesondere folgt daraus mit F˙P = λ˙M˜P · FP = λ˙FP ·MP (2.88) die Entwicklungsgleichung des plastischen Anteils des Deformationsgradienten. Durch Einfu¨hrung eines plastischen Fließpotentials Ψ resultiert die Richtung des plastischen Zu- wachses aus der Ableitung von Ψ nach den Spannungen. Unter Beru¨cksichtigung des sym- metrischen Anteils von (2.87) gema¨ß (2.30) folgt dann beispielsweise mit D˜P = λ˙ sym(CE · M˜P) = λ˙ ∂ Ψ ∂S˜ (2.89) 24 BAM-Dissertationsreihe 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik die Fließregel bezogen auf die Zwischenkonfiguration, ausgedru¨ckt in Abha¨ngigkeit des pla- stischen Fließpotentials. Unter Beachtung der Beziehung (2.31)2 sowie der aus (2.84)2 re- sultierenden Identita¨t ∂ Ψ ∂K = F −T E · ∂ Ψ ∂S˜ · F−1E (2.90) folgt aus (2.89) entsprechend mit DP = λ˙ sym(FE · M˜P · F−1E ) = λ˙ ∂ Ψ ∂K (2.91) die Fließregel bezu¨glich der Momentankonfiguration. Ist die plastische Fließrichtung zudem proportional zu der Normalen der Fließfla¨che, i.e. ∂S˜ Ψ ∼ ∂S˜φ bzw. ∂KΨ ∼ ∂Kφ , (2.92) so werden Gleichungen (2.89) bzw. (2.91) als assoziierte Fließregel bezeichnet, anderenfalls als nicht-assoziierte Fließregel. Fu¨r die Modellierung von metallischen Werkstoffen wird ty- pischerweise eine assoziative Fließregel angewendet; nicht-assoziative Fließregeln werden beispielsweise in der Bodenmechanik beru¨cksichtigt. Fu¨r den antimetrischen Anteil WP exisitieren je nach Anwendungsbereich zusa¨tzlich Entwick- lungsgleichungen, auf die an dieser Stelle nicht na¨her eingegangen wird. Typischerweise wird im Rahmen von Formulierungen fu¨r metallische Werkstoffe der antimetrische Anteil zu null gesetzt, i.e. WP = 0. In dem Fall ratenunabha¨ngiger Plastizita¨t dient fu¨r die Unterscheidung, ob ein elastischer oder inelastischer Zustand vorliegt, die Untersuchung der Fließfla¨che φ = φ(S˜ , q˜) = φ(K , q) = 0 , (2.93) hier sowohl in Abha¨ngigkeit der Spannung der Zwischen- als auch der Momentankonfigura- tion dargestellt. Desweiteren bezeichnet q˜ bzw. q den entsprechenden Vektor der inneren Gro¨ßen. Beispiele fu¨r skalare innere Gro¨ßen sind die akkumulierte plastische Vergleichsdeh- nung oder der Anteil des Hohlraumvolumens. Der Ru¨ckspannungstensor bei Modellen mit kinematischer Verfestigung ist hingegen ein Beispiel fu¨r eine tensorielle innere Variable. Die ¨Anderung der inneren Gro¨ßen wird durch Entwicklungsgleichungen beschrieben, die allge- mein in der Form ˙˜q = λ˙h˜(S˜ , q˜) bzw. q˙ = λ˙h(K , q) (2.94) angegeben werden. Die jeweiligen Bedingungen fu¨r den Belastungs- und Entlastungsfall wer- den durch die KUHN-TUCKER-Bedingungen φ ≤ 0 , λ˙ ≥ 0 , φλ˙ = 0 (2.95) beschrieben. Durch Einhaltung dieser Bedingungen wird gewa¨hrleistet, dass fu¨r einen ela- stischen Prozess, φ < 0, kein plastischer Zuwachs auftritt, λ˙ = 0, sowie fu¨r plastische Zuwa¨chse, λ˙ > 0, die Fließbedingung φ = 0, nicht verletzt wird. Fu¨r inelastische Prozesse wird der Wert des plastischen Multiplikators dann durch die Konsistenzbedingung φ˙ = ∂φ ∂S˜ : ˙˜S + ∂φ∂q˜ : ˙˜q = 0 (2.96) 25 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik bestimmt, die hier bezu¨glich der Zwischenkonfiguration formuliert ist. Aus (2.84)1, zusammen mit der Identita¨t 12C˙E = E˙(G)E = D˜E sowie (2.31)1 folgt ˙˜S = CI S˜E : ( D˜ − D˜P ) , mit CI S˜E = ∂2W˜ ∂E(G)E ∂E(G)E = 4 ∂ 2Wˇ ∂CE ∂CE . (2.97) Mit (2.89) in (2.97) und (2.94) in die Konsistenzbedingung (2.96) eingesetzt folgt der plasti- sche Multiplikator zu λ˙ = ∂φ ∂S˜ : CI S˜E : D˜ ∂φ ∂S˜ : CI S˜E : ∂ Ψ ∂S˜ − ∂φ∂q˜ · h˜ (2.98) so dass damit in (2.97), die inkrementelle Spannungs-Gesamtdehnungsbeziehung ˙˜S =  CI S˜ E − ( CI S˜E : ∂ Ψ ∂S˜ ) ⊗ ( ∂φ ∂S˜ : CI S˜E ) ∂φ ∂S˜ : CI S˜E : ∂ Ψ ∂S˜ − ∂φ∂q˜ · h˜   : D˜ := CI S˜ EP : D˜ (2.99) bezu¨glich der Zwischenkonfiguration folgt. Insbesondere fu¨r assoziierte Fließregeln gema¨ß (2.92) ergibt sich die Symmetrie dieser elastisch-plastischen Materialtangente CI S˜EP. Anders als die materielle Zeitableitung der KIRCHHOFF-Spannung ist die Rate von S˜ objektiv. Die gesuchten Spannungen ergeben sich dann aus der entsprechenden Transformation von S˜ , z. B. die KIRCHHOFF-Spannungen gema¨ß (2.84)2. Ein typisches Beispiel fu¨r eine Fließfla¨che der ratenunabha¨ngigen Plastizita¨t ist die gema¨ß der J2-Theorie, i.e. φ(K , εP) = σv − σY(εP) , (2.100) mit der von MISES Vergleichsspannung σv := √ 3IIK = √ 3 2 dev(K) : dev(K) = √ 3 2 dev(S˜ ·CE) : dev(S˜ ·CE) (2.101) und einer von der akkumulierten plastischen Vergelichsdehnung abha¨ngigen Fließspannung σY(εP). Die relevante Ableitung folgt dann mit ∂φ ∂K = √ 3 2 sgn(dev(K)) bzw. ∂φ ∂S˜ = √ 3 2 CE · sgn(dev(S˜ ·CE)) . (2.102) Hingegen wird bei Modellen ratenabha¨ngiger Plastizita¨t der plastische Multiplikator, der der plastischen Vergleichsdehnrate entspricht, λ˙ = ε˙P, aus einer direkten Funktionsvorschrift be- stimmt λ˙ = ε˙P = g(S˜ , q˜) = g(K , q) . (2.103) Fu¨r die Formulierung der Bestimmungsfunktion der plastischen Vergleichsdehnrate existie- ren im Wesentlichen zwei unterschiedliche Herangehensweisen: Bei sogenannten ¨Uberspan- nungsmodellen mit g(K , q) = φ(K , q)γ¯0r (2.104) 26 BAM-Dissertationsreihe 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik folgt die plastische Vergleichsdehnrate aus dem Quotienten der ¨Uberspannung φ und der Viskosita¨t γ¯0r. Ein typisches Beispiel fu¨r eine ¨Uberspannungsfunktion ist durch das Modell nach PERZYNA φ(K , εP,α) = σY(εP) 〈σv(K−α) σY(εP) − 1 〉n (2.105) gegeben, hier in Abha¨ngigkeit der Vergleichsspannung σv = √ 3/2 ||dev(K−α)|| als Funkti- on des KIRCHHOFF- und Ru¨ckspannungstensors, sowie der statischen Fließspannung σY(εP) als Funktion der akkumulierten plastischen Vergleichsdehnung. Daru¨ber hinaus ist mit n ein raten-sensitiver Materialparameter eingefu¨hrt. Die MACAULAY-Klammer (Rampenfunktion) 〈 • 〉 := 12 ( • + abs(•)) = { 0 , fu¨r • ≤ 0 • , fu¨r • ≥ 0 (2.106) gewa¨hrleistet, dass fu¨r Spannungszusta¨nde mit einer niedrigeren Vergleichsspannung als der statischen Fließspannung, σv < σY, ein elastischer Prozess modelliert wird, i.e. ε˙P = 0. Alter- nativ kann die Bestimmungsfunktion der plastischen Vergleichsdehnrate auch ohne explizite Angabe einer Fließfla¨che formuliert werden. Wie beispielsweise in dem Modell von Peirce et al. (1984) vorgeschlagen, folgt die plastische Vergleichsdehnrate aus der Vorschrift g(K , εP,α) = ε˙0 (σv(K−α) σY(εP) )1/m . (2.107) Darin stellt σY(εP) eine Art Referenzspannung, und ε˙0 eine Referenzdehnrate dar. Entspricht fu¨r eine bestimmten Spannungszustand die Vergleichsspannung genau dieser Referenz- spannung, σv = σY, so entspricht die plastische Vergleichsdehnrate eben dieser Referenz- dehnrate, ε˙P = ε˙0. Fu¨r Spannungszusta¨nde mit einer niedrigeren Vergleichsspannung als der Referenzspannung, σv < σY, ergeben sich hier weiterhin positive plastische Zuwa¨chse, 0 < ε˙P < ε˙0, jedoch sind diese Zuwa¨chse fu¨r 0 < m ¿ 1 wesentlich kleiner als die Refe- renzdehnrate, so dass dann ein ” nahezu“ elastisches Verhalten folgt, ε˙P ≈ 0. 2.4.3 Wa¨rmeleitung Die Materialgleichung fu¨r den Temperaturzustand wird durch das FOURIER’sche Gesetz der Wa¨rmeleitung beschrieben und verknu¨pft gema¨ß qθ = −κθr∇θ . (2.108) den Wa¨rmefluss qθ mit dem Gradienten der Temperatur ∇θ. Desweiteren bezeichnet κθr den Parameter der Wa¨rmeleitfa¨higkeit. Das Vorzeichen ist derart gewa¨hlt, dass der Wa¨rmefluss positive Werte fu¨r ¨Anderungen von wa¨rmeren zu ka¨lteren Zusta¨nden annimmt. Die spezifische Wa¨rmeleitzeit t¯θ kennzeichnet den Zeitraum, in der die Wa¨rmeleitung Einfluss auf den Temperaturzustand im Kontinuum nimmt, und ist mit t¯θ ≈ %rcθr κθr ` 2 char (2.109) in Abha¨ngigkeit der Parameter der Wa¨rmeleitfa¨higkeit κθr, Dichte %r und Wa¨rmespeicherka- pazita¨t cθr, sowie einer charakteristischen La¨nge `char gegeben, siehe Estrin et al. (1997). 27 2. Grundlagen der Kontinuumsmechanik Die charakteristische La¨nge stellt dabei die Gro¨ße des Bereichs dar, in der der Tempera- turgradient maßgebend ist und liegt fu¨r Lokalisierungsprozesse in der Gro¨ßenordnung der Lokalisierungsbreite. Fu¨r Zeitspannen, die ku¨rzer als die spezifische Wa¨rmeleitzeit sind, i.e. texp < t¯θ , ist der Temperaturfluss infloge der Wa¨rmeleitfa¨higkeit des Materials vernachla¨ssig- bar, so dass die Annahme adiabatischer Bedingungen gerechtfertigt ist. Diese Bedingung ist typischerweise fu¨r Hochgeschwindigkeitsprozesse erfu¨llt; eine genaue Auswertung folgt bei der Berechnung konkreter Anwendungsbeispiele. 2.4.4 Thermomechanische Kopplungen Ein realer Werkstoff zeichnet sich nicht nur durch rein elastisches, oder elasto-plastisches Materialverhalten aus. Die Temperatur hat ein wesentlichen Einfluss auf das mechanische Verformungsverhalten. In der Regel fu¨hrt ein erho¨hter Temperaturzustand auf eine geringere Belastbarkeit des Materials verglichen mit einem Referenz-Temperaturzustand. Dieses Ver- halten wird bei der Werkstoffmodellierung durch geeignete, temperaturabha¨ngige Funktionen und/oder temperaturabha¨ngige Materialparameter beru¨cksichtigt. Aufgrund der hohen Rele- vanz dieser Abha¨ngigkeit wird darauf gesondert in Kapitel 3 eingegangen. Desweiteren bewirken Temperaturerho¨hungen einen volumetrischen Verzerrungszustand εT = αθr(θ − θR)I , (2.110) mit dem thermischen Ausdehnungskoeffizienten αθr und einer Referenztemperatur θR. Bei einer Dehnungsbehinderung treten daher infolge einer Temperaturerho¨hung thermisch in- duzierte Spannungen auf. Dieses Verhalten wird bei der Formulierung großer Deformatio- nen durch einen thermischen Anteil der freien Energiedichte beru¨cksichtigt, der auf einer verallgemeinerten DUHAMEL-NEUMANN-Formulierung des HOOKE’schen Gesetzes (Malvern, 1969: S. 290) basiert ψT(θ, IIICE) = −3κr αθr(θ − θR)ln(IIICE) . (2.111) Hier bezeichnet κr den Kompressionsmodul (nicht zu verwechseln mit dem Wa¨rmeleitkoeffi- zienten κθr), der gema¨ß κr = λr + 23µr = Er 3(1− 2νr) (2.112) mit den elastischen LAME´-Konstanten λr und µr, bzw. u¨ber (2.79) mit dem Elastizita¨tsmodul Er und der Querkontraktionszahl νr verknu¨pft ist. Andererseits beeinflusst das mechanische Verformungsverhalten maßgeblich den Tempe- raturzustand. Nur ein geringer Teil der infolge plastischer Verformung dissipierten Energie beschreibt die in den Versetzungsstrukturen gespeicherte Arbeit. Der u¨berwiegende Anteil wird in Wa¨rme umgewandelt, so dass dieser Beitrag zur Temperatur-Quellrate ζθ durch ζθ = βr WP , mit WP = P : F˙P = σv ε˙P (2.113) angegeben werden kann. In dieser Beziehung stellt βr den TAYLOR-QUINNEY-Koeffizienten (nach Taylor und Quinney, 1937) dar und WP bezeichnet die plastische Leistung. Prinzipi- ell la¨sst sich der durch βr beschriebene Anteil aus thermodynamischen Betrachtungen auch konkret bestimmen, worauf in Kapitel 3 und 4 dieser Arbeit eingegangen wird. ¨Ublicherweise wird allerdings mit βr = 0.85−1.0 der TAYLOR-QUINNEY-Koeffizient als konstant angenom- men. 28 BAM-Dissertationsreihe 3. Lokale Modellformulierung 3 Lokale Modellformulierung Basierend auf den kontinuumsmechanischen Grundlagen werden in diesem Kapitel zuna¨chst die lokalen Gleichungen fu¨r die Modellierung von Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen beschrieben. Ferner wird fu¨r die lokalen Modellformulierung die Bezeichnung GIV (Gene- ralized Internal Varibale) eingefu¨hrt, da die plastische Vergleichsdehnung als innere Gro¨ße betrachtet wird. 3.1 Modellierungsansa¨tze Fu¨r die Modellierung des Werkstoffverhaltens unter Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen sind Effekte wie eine allgemeine Dehnungsverfestigung, eine zusa¨tzliche dehnratenabha¨ngi- ge Verfestigung sowie eine temperaturabha¨ngige Entfestigung maßgeblich zu beru¨cksichti- gen. Die allgemeine Dehnungsverfestigung eines Werkstoffs ist dabei auf die vorhandene Versetzungsdichte in dem Material, d. h. Einlagerungen bzw. Substitutionen von Fremdato- men in der Kristallgitterstruktur sowie das Vorhandensein von Fehlstellen (z. B. Stufen- oder Schraubenversetzungen), zuru¨ckzufu¨hren. Diese Versetzungen behindern die Deformation und fu¨hren so zu einer erho¨hten Festigkeit. Experimentelle Untersuchungen von Zener und Hollomon (1944) an Sta¨hlen unter Zugbela- stung und adiabatischen sowie isothermen Zusta¨nden haben ferner die Dehnratenabha¨ngig- keit des Werkstoffs aufgezeigt. Dabei wurde festgestellt, dass mit zunehmender Dehnrate das Material eine ho¨here Belastbarkeit erreicht. Dieser Effekt ist hauptsa¨chlich darauf zuru¨ck- zufu¨hren, dass infolge einer ho¨heren Belastungsgeschwindigkeit nicht ausreichend Zeit zur ¨Uberwindung der vorhandenen Versetzungsstrukturen, d. h. fu¨r die Versetzungsbewegung vorliegt. Insofern tritt infolge zunehmender Dehnraten eine zusa¨tzliche, dehnratenabha¨ngige Verfestigung auf. Andererseits resultiert eine erho¨hte Temperatur im Werkstoff in einer Reduzierung der Belast- barkeit. Dieses Verhalten ist darauf zuru¨ckzufu¨hren, dass die zur Bewegung von Versetzun- gen erforderliche Reibspannung mit steigender Temperatur abnimmt. Insbesondere fu¨hren die Versetzungen in dem Temperaturbereich oberhalb von etwa 30% der Schmelztemperatur des Metalls thermisch aktivierte Bewegungen durch, so dass sich durch Verformung gebildete Versetzungsstrukturen umordnen oder sogar auflo¨sen ko¨nnen. Durch derartige Versetzungs- umordnungen wird die sich im Zuge der plastischen Verformung einstellenden Verfestigung mit einem unmittelbar bzw. spa¨ter nachfolgenden Entfestigungsprozess u¨berlagert. In der Vergangenheit sind fu¨r die mathematische Beschreibung dieser Effekte eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle formuliert worden. Generell wird dabei zwischen zwei Herange- hensweisen unterschieden: Zum einen ko¨nnen die beschriebenen Pha¨nomene und gemes- sen experimentellen Daten durch mo¨glichst einfache mathematische Funktionen angepasst werden. Diese Modelle werden daher pha¨nomenologische Modelle genannt. Zum anderen wird versucht, durch eine genauere Untersuchung und Beschreibung der zugrunde liegen- den physikalischen Prozesse das Gesamtverhalten des Materials anzuna¨hern, weshalb die- se Modelle physikalisch-basiert sind. Nachfolgend sind einige wesentliche Arbeiten beider Klassen kurz beschrieben; fu¨r eine umfassendere ¨Ubersicht ist auf die Monographien von Bai und Dodd (1992) oder Wright (2002) verwiesen. 29 3. Lokale Modellformulierung Ve rg le ich ss pa nn u n g σ v [M Pa ] plastische Vergleichsdehnung εvP [−] Zunahme der plastischen Dehnrate Temperaturzunahme Bild 3.1: Prinzipielles Spannungs- plastisches Dehnungsverhalten von Metallen fu¨r verschiedene iso- therme Zusta¨nde und unterschiedliche, konstante Dehnraten Pha¨nomenologische Modelle Eine Verallgemeinerung der pha¨nomenologischen Modelle ist durch den multiplikativen Zusammenhang fu¨r die Vergleichsspannung σv = fh(εvP) fr(ε˙vP) ft(θ) (3.1) gegeben. Darin bezeichnet fh(εvP) eine Funktion, die die allgemeine Verfestigung des Mate- rials in Abha¨ngigkeit der akkumulierten plastischen Vergleichsdehnung beschreibt; desweite- ren kennzeichnen fr(ε˙vP) und ft(θ) die entsprechenden dehnraten- und temperaturabha¨ngi- gen Faktoren. Die genannten, prinzipiellen Effekte sind schematisch in Bild 3.1 dargestellt. Potenzgesetz-Modelle in der Form σv = K εnvP ε˙mvP θ−υ (3.2) stellen diesbezu¨glich einen sehr einfachen funktionalen Zusammenhang zwischen Spannun- gen und Dehnungen, Dehnraten und absoluter Temperatur dar. Hier sind die Potenzparame- ter n,m, υ positive Werte; der Parameter K kennzeichnet fu¨r kleine Werte von n eine Art anfa¨ngliche Fließspannung. Ein Nachteil dieses Modells in der Form (3.2) besteht in dem unphysikalischen Zusammenhang, dass fu¨r kleine plastische Dehnraten die Spannung ver- schwindet, weshalb diese Formulierung lediglich fu¨r Prozesse mit hohen Dehnraten einge- setzt wird, wobei der elastische Anteil der Verzerrung ha¨ufig vernachla¨ssigt wird, siehe u. a. Molinari und Clifton (1987), Fressengeas und Molinari (1987) oder Gioia und Ortiz (1996). Liton´ski (1977) konkretisiert den Zusammenhang (3.3) gema¨ß σv = A (ε0 + εvP )n (1 + Bε˙vP )m (1− C (θ − θR) ) . (3.3) Darin stellen die Gro¨ßen A, ε0, n, B,m,C, θR die Materialparameter des Modells dar. Des- weiteren beschreiben Johnson und Cook (1983) das Werkstoffverhalten durch die Beziehung σv = (A+B(εvP)n )(1 + Cln(ε˙vP/ε˙0) )(1− [T (θ)]m) (3.4) 30 BAM-Dissertationsreihe 3. Lokale Modellformulierung mit der homologen Temperatur gema¨ß T = T (θ) :=    0 , fu¨r θ ≤ θR (θ − θR)/(θM − θR) , fu¨r θR ≤ θ ≤ θM 1 , fu¨r θM≤ θ , (3.5) die infolge der linearen Interpolation zwischen Raumtemperatur θR und Schmelztemperatur θM einer dimensionslosen Gro¨ße mit Werten zwischen null und eins entspricht. Die Mate- rialparameter dieses Modells sind durch A,B, n fu¨r das allgemeine Verfestigungsverhalten sowie durch C, ε˙0 fu¨r die Beschreibung der dehnratenabha¨ngigen Verfestigung und durch m, θR, θM fu¨r die temperaturabha¨ngige Entfestigung gegeben. Weitere pha¨nomenologische Modelle ergeben sich ha¨ufig durch geringfu¨gige Modifikationen der beschriebenen Abha¨ngigkeiten. Insbesondere fu¨r den thermischen Anteil existieren ver- schiedene Abha¨ngigkeiten, die entweder direkt auf der absoluten Temperatur θ oder auf der homologen Temperatur T basieren. Ferner lassen sich die Potenzfunktionen einfach per Rei- henentwicklung in eine logarithmische Form u¨berfu¨hren; es gilt (²+Bε˙vP )m = em ln(²+Bε˙vP) = 1 +m ln(²+Bε˙vP) +O ((m ln(²+Bε˙vP))2 ) (3.6) hier fu¨r den dehnratenabha¨ngigen Faktor aus (3.2) mit ² = 0 und B = 1 bzw. fu¨r den Faktor aus (3.3) mit ² = 1. Die Terme ho¨herer Ordnung ko¨nnen insbesondere dann vernachla¨ssigt werden, wenn der Parameter m klein ist, was typischerweise fu¨r Metalle der Fall ist, i. d. R. m < 0.1. Physikalisch-basierte Modelle Diese Gruppe von Modellen beru¨cksichtigt die thermische Aktivierung der Versetzungsbewegung. Daher folgt die plastische Dehnrate der ARRHENIUS- Beziehung ε˙vP = Γ0 e−G/(kBθ) , (3.7) mit der Aktivierungsenergie G, der BOLTZMANN-Konstanten kB sowie der absoluten Tempe- ratur θ. Desweiteren bezeichnet Γ0 einen konstanten Faktor, der als Referenzdehnrate dient. Auch wenn dieses Vorgehen sta¨rker physikalisch basiert ist als bei der Klasse pha¨nome- nologischer Modelle, so existieren auch hier einige Parameter, die ausschließlich empirisch gewonnen werden. Beispielsweise erfolgt fu¨r das Modell nach Zerilli und Armstrong (1987) der Ansatz der Ma- terialgleichung unter der Annahme, dass die Spannung einen sowohl thermischen als auch nicht-thermischen Anteil entha¨lt. Desweiteren wird in dem Ansatz σv = { σ0 + C (εvP)1/2 exp{−βθ} , (krz) σ0 + C (εvP)n + B exp{−βθ} , (kfz) (3.8) zwischen kubisch-raumzentrierten (krz) und kubisch-fla¨chenzentrierten (kfz) Kristallgitter- strukturen unterschieden, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass bei krz Metallen die Verfestigung und thermische Aktivierung unabha¨ngige Prozesse darstellen, wa¨hrend bei kfz Metallen diese beiden Prozesse stark gekoppelt sind. Der Koeffizient in der Exponentialfunk- tion, β, folgt ferner u¨ber den Ansatz der Aktivierungsenergie gema¨ß G ≡ kBθ(β − β0)/β1 zu β = β0 − β1 ln(ε˙vP/Γ0) . (3.9) 31 3. Lokale Modellformulierung Die Materialparameter dieses Modells sind folglich durch σ0, C, β0, β1 und Γ0 sowie n bzw. B gekennzeichnet. Wright (2002) merkt hierzu an, dass obwohl dieser Formulierung einige phy- sikalische Betrachtungen zugrunde liegen, die Gleichungen (3.8) ausschließlich empirisch gewonnen sind, um sie an experimentelle Daten anzupassen. Das MTS-Modell (mechanical threshold stress nach Follansbee und Kocks, 1988) liefert u¨ber eine entsprechende Form fu¨r die thermische Aktivierungsenergie G letztendlich die Bezie- hung σv = B + κ ( 1− (−βθ ln(ε˙vP/Γ0))1/q )1/p , fu¨r 0 < p ≤ 1 und 1 ≤ q ≤ 2 (3.10) mit den Modellparametern B, β, Γ0 sowie den rein empirischen Konstanten p und q, die u¨bli- cherweise zu p = 23 und q = 2 gewa¨hlt werden. Die allgemeine Verfestigung wird hier durch die Gro¨ße κ mit einer Entwicklungsgleichung in der Form κ˙ = f(σv, κ, θ) angegeben. 3.2 Entwicklung der lokalen Materialgleichungen 3.2.1 Thermodynamischer Kontext Die Beru¨cksichtigung der standardma¨ßigen Formulierungen fu¨r die Gro¨ßen in der Gesamt- energiebilanz (2.68b), i.e. e = u² + 12 v · v (3.11a) fu¨r die lokale Gesamtenergiedichte e bestehend aus einen inneren Anteil u² und einem kine- tischen Anteil mit der Geschwindigkeit v sowie hr = −qθr + P T · v (3.11b) fu¨r dem Gesamtenergiefluss hr bestehend aus dem inneren Energie-, d. h. Wa¨rmefluss qθr und einem mechanischen Spannungsrandfluss gema¨ß P T·v und ζe = ζθ + b · v (3.11c) fu¨r die lokale Gesamtenergiequellratendichte ζe bestehend aus einem thermischen Anteil ζθ sowie einem mechanischen Anteil b·v , fu¨hrt unter Beachtung der notwendigen Bedingungen zur Erfu¨llung der Unabha¨ngigkeit von dem gewa¨hlten Bezugssystem, i.e. Massenbilanz (2.51) sowie Impulsbilanz (2.55), auf die lokale innere Energiebilanz (2.67), i.e. %0u˙² = P : F˙ − DIV(qθr) + %0ζθ . (3.12) Desweiteren fu¨hrt die Entropiebilanz (2.75b) durch Einfu¨hrung der HELMHOLTZ’schen frei- en Energiedichte (2.72) und Beachtung der CLAUSIUS-DUHEM Beziehungen (2.74) auf die standardma¨ßige Ungleichungsform der Dissipationsrate (2.75b), i.e. δ²r = 12S : C˙ − %0ψ˙ − %0θ˙η −∇rlnθ · qθr ≥ 0 , (3.13) hier unter Beru¨cksichtigung der Identita¨t P : F˙ = 12S : C˙ . 32 BAM-Dissertationsreihe 3. Lokale Modellformulierung Fu¨r diese Klasse lokaler Modelle wird die Form der freien Energiedichte ψ allgemein durch den funktionalen Zusammenhang ψ = ψ(θ,C ,FP, εvP) (3.14) in Abha¨ngigkeit der Temperatur θ, des Gesamt-Deformationstensors C sowie des plasti- schen Anteils des Deformationsgradienten FP und der akkumulierten plastischen Vergleichs- dehnung εvP beschrieben. Daraus folgt durch zeitliche Differentiation ψ˙ = ∂ψ∂θ θ˙ + ∂ψ ∂C : C˙ + ∂ψ ∂FP : F˙P + ∂ψ ∂εvP ε˙vP (3.15) und in (3.13) eingesetzt dann δ²r = (1 2S − %0 ∂ψ ∂C ) : C˙ − %0 ( η + ∂ψ∂θ ) θ˙ − %0 ∂ψ ∂FP : F˙P − %0 ∂ψ ∂εvP ε˙vP − qθr · ∇rlnθ . (3.16) Ferner ist unter Beachtung der Entwicklungsgleichung des plastischen Deformationsgradient- en (2.88), i.e. F˙P = ε˙vP FP·MP, und durch Einfu¨hrung einer zu MP konjugierten, spannungs- a¨hnlichen Gro¨ße gema¨ß Σ := −%0F TP · ∂ψ ∂FP (3.17) ersichtlich, dass die Ungleichung δ²r ≥ 0 nur dann zu erfu¨llen ist, wenn die Koeffizienten der ’linearen’ Felder θ˙ und C˙ verschwinden. Mit diesem COLEMAN-NOLL Ansatz fu¨r thermody- namisch kompatible Prozesse, i.e. S = 2%0 ∂ψ ∂C , (3.18a) η = −∂ψ∂θ , (3.18b) folgt der reduzierte Ausdruck der Dissipationsungleichung (3.16) zu δ²r = ( Σ : MP − %0 ∂ψ ∂εvP ) ε˙vP − qθr · ∇rlnθ . (3.19) Diese Beziehung motiviert den funktionalen Ansatz eines Dissipationspotentials D in der Form D = D(θ,∇rθ, ε˙vP) , (3.20) so dass die Dissipationsrate (3.19) allein durch diese Form des Dissipationspotentials be- stimmt ist, i.e. δ²r = ∂D ∂ε˙vP ε˙vP + ∂D ∂∇rlnθ · ∇rlnθ . (3.21) Folglich ist dann durch ∂D ∂ε˙vP ≡ − ∂ψ˙∂ε˙vP = Σ : MP − %0 ∂ψ ∂εvP (3.22) 33 3. Lokale Modellformulierung die Entwicklungsgleichung fu¨r die akkumulierte plastische Vergleichsdehnung εvP gegeben, und entsprechend folgt mit ∂D ∂∇rlnθ = −qθr (3.23) die Beziehung fu¨r die Wa¨rmeleitung. Insbesondere fu¨r den Fall, dass das Dissipationspo- tential nicht von dem Temperaturgradienten abha¨ngt, folgen adiabatische Bedingungen, i.e. qθr = 0 . Unter Verwendung von (3.18b) mit (3.14) und (3.19) sowie mit der Definition der spezifischen Wa¨rmekapazita¨t gema¨ß cθr := −θ ∂2ψ ∂θ2 (3.24) folgt in die Entropiebilanz (2.70b) eingesetzt, schließlich die Temperaturbilanz zu %0cθr θ˙ = θ 2 ∂S ∂θ : C˙ + ( Σ : MP − %0 ∂ψ ∂εvP − θ ∂Σ∂θ : MP + %0θ ∂2ψ ∂θ∂εvP ) ε˙vP + DIV(−qθr) + %0ζθ . (3.25) Die ¨Anderung der Temperatur entspricht demnach der ¨Anderung eines sowohl ’ elastischen‘ als auch ’ plastischen‘ Anteils der gespeicherten Energie sowie dem Fluss und der Quellrate der Temperatur. Fu¨r adiabatische Prozesse entspricht diese Gleichung einer Evolutionsglei- chung fu¨r die Temperatur. 3.2.2 Thermohyperelasto-Thermoviskoplastizita¨t Die freie Energiedichte ist fu¨r das GIV-Modell nun mit ψGIV(θ,C ,FP) = ψTE(θ,F−TP ·C ·F−1P ) (3.26) konkretisiert, wobei fu¨r isotropes Materialverhalten die Abha¨ngigkeit von FP ausschließlich u¨ber die Inverse des rechten plastischen CAUCHY-GREEN Deformationstensors GP := C−1P = F−1P · F−TP (3.27) gegeben ist, so dass insbesondere unter Beachtung der Identita¨ten ICE = tr(F−TP ·C ·F−1P ) = GP :C , und (3.28) IIICE = det(F−TP ·C ·F−1P ) = det(GP·C) . (3.29) der Zusammenhang ψTE(θ,F−TP ·C ·F−1P ) = ψ˘TE(θ, ICE , IIICE) = ψ¯TE(θ,C ,GP) (3.30) gilt. Ferner fu¨hrt (3.27) zusammen mit (2.88) auf eine von FP unabha¨ngige Entwicklungsglei- chung fu¨r die Inverse des rechten CAUCHY-GREEN Deformationstensors, i.e. G˙P = ˙C−1P = −2λ˙ sym(MP·GP) . (3.31) 34 BAM-Dissertationsreihe 3. Lokale Modellformulierung Desweiteren gilt aufgrund der Definition der spannungsa¨hnlichen inneren Gro¨ße Σ gema¨ß (3.17) mit (3.27) auch5 Σ = −%0F TP · ∂ψ¯GIV ∂GP : ∂(F −1 P ·F−TP ) ∂FP = 2%0 ∂ψ¯GIV ∂GP ·GP . (3.32) Dieses Vorgehen mit den Beziehungen (3.30 bis 3.32) erlaubt es, bei der Entwicklung der Materialgleichungen die symmetrische Gro¨ße GP anstatt von FP zu betrachten, siehe auch Svendsen et al. (2006). Der thermoelastische Anteil der freien Energiedichte ist demnach fu¨r die Formulierung nach Neo-HOOKE analog zu (2.82) und mit der thermischen DUHAMEL-NEUMANN Erweiterung (2.111) durch %0ψ¯TE(θ,C ,GP) = 18λr ( ln(det(GP·C)) )2 + 12µr (GP :C − 3− ln(det(GP·C)) ) − 3κrαθr (θ − θR)ln(det(GP·C)) + cθr (θ − θR − θ ln(θ/θR) ) (3.33) angegeben. Mit (3.18a) folgen dann die 2. PIOLA-KIRCHHOFF-Spannungen zu S = 2%0 ∂ψ¯GIV ∂C = (1 2λr ln(det(GP·C))−3κrαθr (θ − θR) )C−1 + µr (GP−C−1 ) (3.34) bzw. mit der Beziehung zwischen den Spannungstensoren (2.47) die KIRCHHOFF-Spannung- en zu K = F ·S ·F T = (12λr ln(det(GP·C))−3κrαθr (θ − θR) )I + µr (F ·GP·F T−I ) (3.35) Unter Verwendung der Identita¨t ln(det(GP·C)) = ln(IIICE) = ln(IIIBE) = ln(det(exp{2lnVE})) = ln(exp{2 tr(lnVE)}) = 2 tr(lnVE) (3.36) sowie der auf einer Reihenentwicklung F ·GP·F T = BE = V 2E = exp{2 lnVE} ≈ I + 2 lnVE +O( (2 lnVE)2 ) (3.37) basierenden, fu¨r kleine elastische Verzerrungen ||lnVE|| ¿ 1 gu¨ltigen Na¨herung von BE folgt dann letztendlich die konstitutive Gleichung K = CI E : lnVE − 3κr αθr(θ − θR) I (3.38) fu¨r die KIRCHHOFF-Spannungen in Abha¨ngigkeit von den linken logarithmischen elasti- schen Dehnungen sowie der Temperatur, K = K(lnVE, θ). Daru¨ber hinaus kennzeichnet CI E = λr I ⊗ I + 2µr II s die isotrope, elastische Materialtangente, siehe auch (2.78). Die Form der spannungsa¨hnlichen inneren Gro¨ße Σ ist mit (3.33) in (3.32) dann durch Σ = (12λr ln(det(GP·C))−3κrαθr (θ − θR) )I + µr (C ·GP−I ) (3.39) 5Die Herleitung der Beziehungen (3.31) bzw. (3.32) erfolgt mit Hilfe der im Anhang A ab Seite 149 na¨her erla¨uterten Ableitungsregeln und Tensoroperationen. 35 3. Lokale Modellformulierung bestimmt, so dass ferner dann auch −θ ∂Σ∂θ : MP = 3θκrαθrI : MP (3.40) folgt. Insbesondere fu¨r den Fall inkompressibler Metall-Plastizita¨t, i.e. det(FP) = 1, folgt unter Verwendung von (2.88) mit ˙det(FP) = 0 = ε˙vPdet(FP)F−TP : FP ·MP = ε˙vPdet(FP) tr(MP) , (3.41) dass der Richtungstensor des plastischen Zuwachses deviatorisch ist, MP = dev(MP). Da- mit verschwindet der Ausdruck in (3.40), i.e. −θΣ,θ :MP = 0. ¨Uber die Beziehung zwischen den Spannungstensoren K = F · S · F T = F−T ·Σ · F T (3.42) wird deutlich, dass Σ und K die gleichen Invarianten besitzen, so dass insbesondere fu¨r die Vergleichsspannung σv = √ 3 2 ||dev(K)|| = √ 3 2 ||dev(Σ)|| (3.43) gilt, und sich so fu¨r die Richtung des plastischen Zuwachses infolge assoziierter Plastizita¨t mit Ψ ≡ σv dann MP = F−1 · ∂ Ψ ∂K · F = ∂ Ψ ∂Σ = √ 3 2 sgn(dev(Σ)) (3.44) ergibt. Daher entspricht das Doppelskalarprodukt Σ : MP = dev(Σ) : √ 3 2 sgn(dev(Σ)) = σv (3.45) eben genau der Vergleichsspannung. Desweiteren folgt unter Beachtung von (3.44) und durch entsprechende Push-Forward Transformation der Entwicklungsgleichung (3.31) in die Momentankonfiguration mit Lv(BE) = F ·G˙P·F T = −2ε˙vP sym ( ∂ Ψ ∂K ·BE ) (3.46) die objektive Entwicklungsgleichung fu¨r den linken elastischen CAUCHY-GREEN Deformati- onstensor BE. Durch den konkreten Ansatz des Dissipationspotentials fu¨r eine Formulierung in Anlehnung an das JOHNSON & COOK-Modell, i.e. D(θ, εvP, ε˙vP) = (A+B(εvP)n )(1− C + Cln(1 + ε˙vP/ε˙0) )(ε˙vP + ε˙0) (1− [T (θ)]m) (3.47) und mit der homologen Temperatur T gema¨ß (3.5) folgt zusammen mit (3.26) und (3.45) in (3.22) die Entwicklungsgleichung fu¨r die plastische Vergleichsdehnung zu ∂D ∂ε˙vP != σv − 0 = (A+B(εvP)n )(1− Cln(1 + ε˙vP/ε˙0) )(1− [T (θ)]m) (3.48) 36 BAM-Dissertationsreihe 3. Lokale Modellformulierung bzw. entsprechend umgeformt zu ε˙vP = ε˙0 [ exp { 1 C ( σv(A+B(εvP)n )(1− (T (θ))m) − 1 )} − 1 ] . (3.49) Gleichung (3.49) stellt die Bestimmungsfunktion der plastischen Dehnrate dar. Durch die An- gabe einer ¨Uberspannungsfunktion gema¨ß φ = σv − (A+B(εvP)n )(1− [T (θ)]m) (3.50) wird in Analogie zu (2.105) der viskoplastische Charakter dieser Beziehung deutlich; mit (3.50) in (3.49) gilt unter Beru¨cksichtigung der MACAULAY-Klammer dann ε˙vP = ε˙0 〈 exp { 1 C φ(A+B(εvP)n )(1− (T (θ))m) } − 1 〉 . (3.51) Da die Terme im Nenner der geschweiften Klammer stets positiv sind, folgt fu¨r jede positive ¨Uberspannung φ > 0 ein plastischer Zuwachs ε˙vP > 0, wa¨hrenddessen infolge von φ ≤ 0 eine elastische Entlastung mit ε˙vP = 0 modelliert wird. Desweiteren ist aus der Form des Dissipationspotentials (3.47) direkt zu erkennen, dass auf- grund der fehlenden Abha¨ngigkeit von dem Temperaturgradienten kein Wa¨rmefluss model- liert wird ∂D ∂∇rlnθ != −qθ = 0 . (3.52) Unter Beru¨cksichtigung dieser adiabatischen Bedingungen sowie mit θ 2 ∂S ∂θ : C˙ = − 3 2θ κrαθr C−1 : C˙ (3.53) infolge von (3.34), zusammen mit (3.26) sowie (3.45) und (3.40) fu¨r den Fall inkompressi- bler Metall-Plastizita¨t folgt unter Vernachla¨ssigung von Wa¨rmequellen, ζθ = 0, schließlich die Entwicklungsgleichung der Temperatur (3.25) zu %0cθr θ˙ = σv ε˙vP − 32θ κrαθr C−1 : C˙ (3.54a) ≈ βr σv ε˙vP . (3.54b) Darin bezeichnet βr den TAYLOR-QUINNEY-Koeffizienten, der den in Wa¨rme umgewandelten Anteil der geleisteten Arbeit angibt, siehe Taylor und Quinney (1937). Wie (3.54a) bzw. Arbei- ten von Rosakis et al. (2000) zeigen, ist dieser Koeffizient nicht zwangsla¨ufig konstant. Jedoch genu¨gt es in den meisten Fa¨llen, insbesondere fu¨r Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen (siehe Wright, 2002), diesen Quotienten u¨blicherweise mit βr = 0.85−1.0 als konstant anzu- nehmen. 3.3 Duktile Scha¨digung Ein technischer Werkstoff weist mikroskopische Defekte auf, z. B. Poren, Einschlu¨sse von Fremdatomen, etc., die die makroskopische Festigkeit eines Bauteils beeinflussen. Durch 37 3. Lokale Modellformulierung Belastung 1.Hohlraumwachstum und -entstehung 2. Partikelbruch 3. Zusammenwachsen von Hohlräumen 4. Makroskopischer Riss Ungeschädigtes Matrixmaterial mit anfänglicher Hohlraumverteilung RVE Hohlraumvolumenanteil als innere Schädigungsvariable Bild 3.2: Pha¨nomenologische Beschreibung duktiler Scha¨digung (nach Reusch, 2003). Aufbringen einer a¨ußeren Belastung an dem Bauteil vergro¨ßern sich die existierenden Hohlra¨ume bzw. neue Hohlra¨ume entstehen. Desweiteren ko¨nnen einzelne Hohlra¨ume zu- sammenwachsen, so dass Mikrorisse entstehen, die sich unter geeigneten Voraussetzungen gegebenenfalls zu einem makroskopischen Riss, d. h. eine am Bauteil zu beobachtende Ma- terialtrennung, ausbilden. Bild 3.2 veranschaulicht die beschriebenen Pha¨nomene des Ent- stehens und Zusammenwachsens von Hohlra¨umen. Die Betrachtung eines repra¨sentativen Volumenelementes (RVE), in dem die mikrostruktu- rellen Effekte weitestgehend gleich verteilt sind, fu¨hrt im Sinne der Homogenisierung auf die skalare, isotrope Scha¨digungsvariable d = VRVE,HohlraumVRVE,Gesamt , (3.55) 38 BAM-Dissertationsreihe 3. Lokale Modellformulierung die das Verha¨ltnis der Hohlraumvolumina zu dem gesamten Volumen des RVE beschreibt. Das Kra¨ftegleichgewicht an dem RVE impliziert dann direkt mit Teff = T 1− d (3.56) die Beziehung zwischen den effektiven Spannungen Teff im Matrixmaterial, d. h. an dem un- gescha¨digten Ko¨rper, und den Spannungen T des homogenen Ersatzmediums, d. h. am ge- samten Ko¨rper des RVE. Die Gleichung (3.56) ist als effektives Spannungskonzept bekannt, siehe u. a. Lemaitre und Desmorat (2005). Die mathematische Beschreibung der Scha¨digungsentwicklung richtet sich dabei nach der je- weiligen Ursache oder Auswirkung des Hohlraumwachstums. Dabei wird zum einen zwischen Art der Belastung, z. B. Kriechscha¨digung oder Ermu¨dungsscha¨digung, oder den Eigenschaf- ten der Auswirkungen, z. B. spro¨de oder duktile Scha¨digung, unterschieden. Eine kontinuumsmechanische Beschreibung der duktilen Scha¨digung, die die Scha¨digungs- gro¨ße als innere Variable in der Modellformulierung beru¨cksichtigt, wurden u. a. von Gurson (1977) oder Rousselier (1987) vorgestellt. Die Erweiterung des GURSON-Modells durch Tver- gaard und Needleman (1984) beru¨cksichtigt daru¨ber hinaus das beschleunigte Zusammen- wachsen der Poren ab einer bestimmten vorhandenen Hohlraumdichte. Auch fu¨r metallische Werkstoffe unter Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen ist die duktile Scha¨digungsentwicklung, basierend auf der Entwicklung von Mikrodefekten, relevant, siehe z. B. Thomason (1990), Bai und Dodd (1992). Generell tritt bei Metallen eine zunehmen- de Verspro¨dung, d. h. ein fru¨heres Versagen, sowohl infolge zunehmender Dehnraten als auch infolge einer geringeren Temperatur ein. Dies ist darauf zuru¨ckzufu¨hren, dass sich die durch diese beiden Effekte hervorgerufene erho¨hte ” Verspannung“ im Kristallgitter (i.e. die Behinderung der Versetzungsbewegung, einhergehend mit einer Festigkeitssteigerung, sie- he Abschnitt 3.1) bei entsprechender Belastungssteigerung zunehmend schlagartig lo¨st. Fu¨r Hochtemperaturwerkstoffe, wie die im Turbinenbau eingesetzten Nickel-Basis-Legierungen, ist jedoch der Einfluss des Temperaturzustandes auf die Duktilita¨t vernachla¨ssigbar. Hin- gegen bleibt eine ausgepra¨gte Abha¨ngigkeit von der Dehnrate erhalten. Bei mehrachsigen Spannungszusta¨nden wirkt sich ferner die Spannungsmehrachsigkeit, die als Quotient von hydrostatischer und Vergleichsspannung σ¯trx = σhyd (T )/σv(T ) (3.57) mit σhyd (T ) = 13 tr(T ) und σv(T ) = √ 3 2 dev(T ) : dev(T ) , (3.58) definiert ist, wesentlich auf den Versagenszeitpunkt aus. Die genannten Effekte werden bei- spielsweise in dem Versagensmodell von Johnson und Cook (1985) beru¨cksichtigt. Darin wird eine a¨quivalente Versagensdehnung εf angegeben, die von der Mehrachsigkeit, der pla- stischen Dehnrate sowie der homologen Temperatur u¨ber εf(σ¯trx, ε˙vP, θ) = (D1 +D2 exp(D3 σ¯trx) )(1 +D4ln(1 + ε˙vP/ε˙0) )(1 +D5T (θ) ) (3.59) abha¨ngt. In Bild 3.3 sind die einzelnen Terme dieses Zusammenhangs exemplarisch fu¨r den Werkstoff INCONEL 718 dargestellt. Infolge einer zunehmenden Zugmehrachsigkeit nimmt die 39 3. Lokale Modellformulierung 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 -4.0 -2.0 0.0 2.0 4.0 Mehrachsigkeit σ¯trx [−] (D1 +D2 exp{D3 σ¯trx} ) 10−3 1 10+3 10+6 10+9 plast. Dehnrate ε˙vP [× ε˙0] (1 +D4 ln(1+ε˙vP/ε˙0) ) θR θM Temperatur θ [K] (1 +D5 T (θ) ) Druck Zug Bild 3.3: Einfluss der Mehrachsigkeit, plastischen Dehnrate und Temperatur auf die a¨quivalente Ver- sagensdehnung nach JOHNSON & COOK, dargestellt fu¨r die Nickel-Basis Legierung INCONEL 718. Versagensdehnung deutlich ab, wa¨hrend fu¨r zunehmende Druckmehrachsigkeiten drastisch erho¨hte Werte der Versagensdehnung erzielt werden. Entsprechend wird durch plastische Dehnraten, die u¨ber der Referenzdehnrate ε˙0 liegen, die Versagensdehnung herabgesetzt. In Bild 3.3 ist zudem die fu¨r Superlegierungen wie INCONEL 718 typische Unabha¨ngigkeit der Versagensdehnung von der Temperatur gezeigt. Da sich die Mehrachsigkeit, plastische Dehn- rate und Temperatur in dem Verlauf der Entwicklungsgeschichte selbst a¨ndern, schlagen die Autoren die Betrachtung einer Gro¨ße s gema¨ß s = ∫ t τ=0 ε˙vP εf(σ¯trx, ε˙vP, θ) dτ (3.60) vor, die den Lebensdauerverbrauch eines Punktes im Kontinuum mit Werten zwischen null (Anfangszustand) und eins (Versagen) angibt. Um eine kontinuierliche Scha¨digungsentwick- lung mittels des effektiven Spannungskonzeptes (3.56) zu beschreiben fu¨hren u. a. Sievert et al. (2003) die isotrope Scha¨digungsgro¨ße gema¨ß d = sDw , mit Dw > 1 (3.61) ein. Im Sinne einer zusa¨tzlichen Verbesserung wird in der Entwicklungsgleichung fu¨r den Lebensdauerverbrauch ein weiterer Parameter Dc eingefu¨hrt s˙ = Dcεf(σ¯trx, ε˙vP, θ) ε˙vP , (3.62) so dass die Versagensparameter dieses Modells durch D1, . . . , D5 sowie Dw, Dc charakteri- siert sind. 3.4 Das lokale Anfangs-Randwertproblem Die in den vorangegangenen Abschnitten 3.2 und 3.3 beschriebenen Gleichungen bilden das grundlegende System von Differentialgleichungen, das zur Modellierung von Hochgeschwin- digkeitsbelastungen beno¨tigt wird. Fu¨r die vollsta¨ndige Beschreibung einer physikalischen 40 BAM-Dissertationsreihe 3. Lokale Modellformulierung Problemstellung werden daru¨ber hinaus Rand- und Anfangsbedingungen beno¨tigt. In diesem Fall des lokalen Anfangs-Randwertproblems (ARWP) bilden die Verschiebungen die prima¨ren Feldvariablen, so dass fu¨r dieses Feld mit u(X , t) = uˆ(X , t) , fu¨r X ∈ ∂Bru (DIRICHLET-Rand) und (3.63) P (X , t) · nˆr(X ) = pˆ(X , t) , fu¨r X ∈ ∂Brσ (NEUMANN-Rand) (3.64) die Randbedingungen angegeben sind, die hier durch Gro¨ßen in der Referenzkonfiguration ausgedru¨ckt sind. Darin kennzeichnet nˆ die nach außen gerichtete Normale des Randes. Ferner u¨berschneiden sich die beiden Ra¨nder nicht und bilden zusammen den gesamten Rand des Kontinuums, i.e. ∂Bru ∩ ∂Brσ = ∅ und ∂Bru ∪ ∂Brσ = ∂Br . (3.65) Zusammen mit den Anfangsbedingungen fu¨r das Verschiebungsfeld u(X , t0) = u0(X ) , u˙(X , t0) = u˙0(X ) und u¨(X , t0) = u¨0(X ) (3.66) sowie den Sekunda¨r -Gro¨ßen, bestehend aus der Temperatur θ, der Lebensdauer- bzw. Scha¨digungsvariablen s bzw. d und der akkumulierten plastischen Vergleichsdehnung εvP, i.e. θ(X , t0) = θ0(X ) , s(X , t0) = s0(X ) , εvP(X , t0) = εP0(X ) , (3.67) wird das ARWP komplettiert. In der Tabelle 3.1 auf Seite 45 ist das vollsta¨ndige ARWP des lokalen Modells zusammenfassend dargestellt. Zudem ist fu¨r einachsige, homogene Problemstellungen mit einer als konstant angenomme- nen plastischen Dehnrate das resultierende Spannungs- plastische Dehnungsdiagramm zu- sammen mit der Temperatur- sowie Scha¨digungsentwicklung in Bild 3.4 dargestellt. Es wird deutlich, dass die Spannungen infolge zunehmender Belastung einen Maximalwert erreichen und anschließend aufgrund des ansteigenden Temperaturzustandes und der Zunahme der Scha¨digung wieder abfallen. Desweiteren zeigt sich der Einfluss der plastischen Dehnrate auf den Spannungs-Dehnungsverlauf. Diese hier prinzipiell beschriebenen Effekte werden folgend na¨her untersucht. 3.5 Entfestigung und Lokalisierung Infolge der Beschreibung des Scha¨digungsprozesses sowie der Temperaturentwicklung ist bei fortschreitender Belastung ein zunehmender Verlust der Materialsteifigkeit mo¨glich, d. h. die Spannungen nehmen mit wachsenden Dehnungen nach Erreichen eines Maximalwertes wieder ab (vgl. auch Bild 3.4 ). Dieses Verhalten wird als ” materielle Dehnungsentfestigung“ oder einfach als ” Entfestigung“ bezeichnet. Ein anfa¨nglich homogener Verformungszustand geht, z. B. als Folge einer materiellen Inho- mogenita¨t und/oder geometrischen Imperfektionen, in einen inhomogenen Zustand u¨ber, so dass der ¨Ubergang von verfestigendem zu entfestigendem Materialverhalten dann lediglich in einem ra¨umlich begrenzten Bereich auftritt. Nach Erreichen des Lastmaximums und weite- rer, dehnungsgesteuerter Belastungssteigerung wird so die gesamte Belastung durch diesen Bereich mit entfestigendem Materialverhalten aufgenommen, wa¨hrenddessen der u¨brige Teil 41 3. Lokale Modellformulierung 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 ho m ol og e Te m pe ra tu rT [− ] u n d is ot ro pe Sc ha¨ di gu ng d[ −] akkumulierte plastische Vergleichsdehnung 0 500 1000 1500 2000 2500 Ve rg le ich ss pa nn u n g σ v [M Pa ] εvP [−] T d εvP [−] ε˙vP = 10+6 1/sε˙vP = 10+3 1/sε˙vP = 10+0 1/sε˙vP = 10−3 1/s Bild 3.4: Spannungs- plastisches Dehnungs Verhalten sowie Entwicklung der Temperatur und Scha¨di- gung fu¨r das lokale JOHNSON & COOK-Modell bei unterschiedlichen, konstanten plastischen Dehnra- ten. der Struktur elastisch entlastet. Als Folge dieser Beanspruchung nehmen die Verformungen, die plastischen Verzerrungen sowie Scha¨digung und Temperatur in einem kleinen Bereich der Struktur sehr stark zu. Der Effekt, dass die Zustandsgro¨ßen nicht la¨nger homogen verteilt sind, sondern in bestimmten Bereichen der Struktur sta¨rker ausgepra¨gt sind und sich dort sta¨rker entwickeln als in anderen Bereichen der Struktur, wird als ” Lokalisierung“ bezeich- net. Die Ausbildung von adiabatischen Scherba¨ndern unter Hochgeschwindigkeitsbeanspru- chungen, wie z. B. in der Einleitung dieser Arbeit in Bild 1.1 gezeigt, repra¨sentiert dabei eine typische Form der Lokalisierung. Hinsichtlich der Breite der Lokalisierungszone ist bei der Modellierung zu beachten, dass die Modellformulierung eine ” innere La¨nge“ aufweist, die als Lokalisierungsbegrenzer fungiert. Diese Art der Begrenzung ist wichtig und notwendig, um Lokalisierungszonen mit einem endlichen Volumen zu modellieren. 42 BAM-Dissertationsreihe 3. Lokale Modellformulierung Querschnittsfläche: 0 σY0 σYmax 0 εY0 εmax Sp an nu n g σ = F/ A gemittelte Dehnung ε¯ = uˆ/L Anteil entfestigender Elemente an der Gesamtelementanzahl: el as tis ch e En tla st un g: 1 m → 0 1 m = 1 1 2 1 3 1 5 1 10 1 20 1 50 1 100 Bild 3.5: Verzweigungsproblem infolge unterschiedlicher Strukturdiskretisierung Bei lokalen, ratenunabha¨ngigen Modellen existiert eine solche innere La¨nge nicht. Daru¨ber hinaus stellt der ¨Ubergang von verfestigendem zu entfestigendem Materialverhalten einen Eindeutigkeitsverlust der Lo¨sung dar (Hill, 1958, 1962, Rudnicki und Rice, 1975, Rice, 1976), so dass das Anfangs-Randwertproblem (ARWP) nicht la¨nger korrekt-gestellt ist, d. h. die mathematische Formulierung stellt keine ada¨quate Modellierung des betrachteten physikali- schen Problems dar, weshalb jedes auf diesem Modell aufbauende Finite-Element Verfahren zu einer pathologischen Netzabha¨ngigkeit der Ergebnisse fu¨hrt. Pha¨nomenologisch interpre- tiert entsteht das Problem, dass fu¨r einen auf dem a¨ußeren Rand aufgebrachten Verschie- bungszustand mindestens zwei mo¨gliche Lo¨sungen existieren ko¨nnen. In diesem Zusam- menhang spricht man bei quasi-statischen Belastungen von einem Elliptizita¨tsverlust, sowie bei dynamischen Belastungen vom Hyperbolizita¨tsverlust des zugrunde liegenden partiel- len Differentialgleichungsystems. Die Auswirkungen dieser pathologischen Netzabha¨ngigkeit sind in Bild 3.5 anhand eines einfachen, einachsig belasteten Zugstabes veranschaulicht. Mit Erreichen des Lastmaximums tritt ein Verzweigungspunkt auf, was darauf zuru¨ckzufu¨hren ist, dass infolge der unterschiedlichen Diskretisierung der Problemstellung bei einer zunehmen- den Anzahl von Elementen m der Bereich entfestigender Elemente zunehmend kleiner wird. Dieses Verhalten fu¨hrt in dem Grenzfall 1/m → 0 auf eine elastische Entlastungskurve, da das Volumen des entfestigenden Bereichs dann unendlich klein wird. Auch bei komplexeren Problemstellungen und anderen Belastungsarten ist dieses Verhalten zu beobachten. 43 3. Lokale Modellformulierung Hingegen bleibt bei ratenabha¨ngigen Modellen die Eindeutigkeit der Lo¨sung gewa¨hrleistet, unabha¨ngig davon, ob ver- oder entfestigendes Materialverhalten auftritt (Needleman, 1988, Sluys, 1992). Ferner existiert infolge der Ratenabha¨ngigkeit des Modells eine innere La¨nge. Jedoch ist in diesem Zusammenhang genau zu untersuchen, inwiefern die Modellierung des Materialverhaltens zu konvergenten Lo¨sungen bei der Lokalisierungsberechnung fu¨hrt. Un- tersuchungen u. a. von Børvik et al. (2000, 2001), Singh und Klingbeil (2002), Singh et al. (2003) oder Allix (2007) haben gezeigt, dass selbst bei ratenabha¨ngigen Modellformulierun- gen die Ergebnisse einer Finiten-Elemente Simulation starke Netzabha¨ngigkeiten aufweisen, da die Zone der lokalisierten Deformationen stets durch die kleinste Diskretisierungsbreite charakterisiert ist. Auch bei den ratenabha¨ngigen Formulierungen werden bei stetiger Netz- verfeinerung keine konvergenten Lo¨sungen erzielt, d. h. das Volumen der Lokalisierungszone strebt gegen null. Insofern zeigt sich, dass hier die durch die Ratenabha¨ngigkeit der Formu- lierung enthaltene innere La¨nge des Modells nicht ausreicht, um die Lokalisierungszone zu begrenzen. Im Hinblick auf die Darstellung in Bild 3.5 zeigt sich, dass das Verha¨ltnis der An- zahl entfestigender Elemente zu der Gesamtelementanzahl 1/m bei Netzverfeinerung nicht gegen einen konstanten Wert konvergiert. Eine genaue Untersuchung dieser Eigenschaft ist ein wesentlicher Teil dieser Arbeit und wird daher separat in Kapitel 7 betrachtet. Die nicht-konvergente, pathologische Eigenschaft lo- kaler Modelle motiviert daher die Notwendigkeit, diese Modelle im Sinne einer nicht-lokalen Modellerweiterung zu verbessern. 44 BAM-Dissertationsreihe 3. Lokale Modellformulierung Tabelle 3.1: Zusammenfassung des lokalen ARWPs Materialparameter dieses Modells: %r, λr, µr, αθr, cθr, A,B, n, C, ε˙0, θR, θM,m, βr, D1,...,5, Dc, Dw (T 3.1-1) Mechanische Impulsbilanzen: DIV(F−1·K) = %ru¨ (T 3.1-2) K = KT (T 3.1-3) Konstitutive Beziehung: K = (1− d) [ CI E : lnVE − (3λr+2µr)αθr(θ − θR) I ] (T 3.1-4) mit der isotropen, elastischen Materialtangente CI E = λr I ⊗ I + 2µr II s und den Evolutionsglei- chungen gema¨ß Lv(BE) = F ·G˙P·F T = −2 sym ( ∂ Ψ ∂K ·BE ) ε˙vP (T 3.1-5) %rcθr θ˙ = σv ε˙vP − (32λr+µr)αθr θC−1 :C˙ ≈ βr σv ε˙vP (T 3.1-6) s˙ = Dcεf(σ¯trx, ε˙vP, θ) ε˙vP , und d = sDw (T 3.1-7) mit Ψ,K = √ 3/2 sgn(dev(K)) und σv = √ 3/2 ||dev(K)|| sowie εf(σ¯trx, ε˙vP, θ) = (D1 +D2 exp(D3 σ¯trx) )(1 +D4ln(1 + ε˙vP/ε˙0) )(1 +D5T (θ) ) (T 3.1-8) und der plastischen Dehnrate infolge ε˙vP = ε˙0 〈 exp { 1 C ( σv(1− d)(A+B(εvP)n )(1− (T (θ))m) − 1 )} − 1 〉 . (T 3.1-9) und der homologen Temperatur T (θ) gema¨ß (3.5). Kinematische Beziehungen: F = I +∇ru = FE · FP (T 3.1-10) C = F T · F (T 3.1-11) lnVE = 12 ln(BE) = 12 ln(FE·F TE ) (T 3.1-12) Anfangs- und Randbedingungen: { u(X , t0) = u0(X ) , u˙(X , t0) = u˙0(X ) , u¨(X , t0) = u¨0(X ) θ(X , t0) = θ0(X ) , s(X , t0) = s0(X ) , εvP(X , t0) = εP0(X ) } (T 3.1-13) u(X , t) = uˆ(X , t) , ∀X ∈ ∂Bru und P (X , t) · nˆr(X ) = pˆ(X , t) , ∀X ∈ ∂Brσ(T 3.1-14) 45 4. Nicht-lokale Modellerweiterung mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie 4 Nicht-lokale Modellerweiterung mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie Die beschriebenen Auswirkungen der pathologischen Netzabha¨ngigkeit lokaler Modelle bei Lokalisierungspha¨nomenen motiviert die Erweiterung dieser Modelle durch die Beru¨cksich- tigung der mirkrostrukturellen Effekte in der makroskopischen Modellformulierung. Nicht- lokale Modelle stellen eine derartige erweiterte Kontinuumsformulierung (enriched continuum models, ECM) dar. Nachfolgend werden zuna¨chst unterschiedliche Mo¨glichkeiten der nicht- lokalen Formulierung angesprochen sowie die Erweiterung des lokalen ARWPs aus Kapitel 3 mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie beschrieben. 4.1 Mo¨glichkeiten einer nicht-lokalen Modellerweiterung Modelle, die fu¨r die Beschreibung des Materialverhaltens eines Punktes des Kontinuums ne- ben den u¨blichen Zustandsgro¨ßen an diesem Punkt, wie z. B. Spannungen, Verzerrungen, Temperatur, Scha¨digung und weitere innere Gro¨ßen, auch den Einfluss (zumindest einer) dieser Gro¨ßen aus der Umgebung des betrachteten Punktes beru¨cksichtigen, werden nicht- lokale Modelle genannt. Um die Beru¨cksichtigung des Einflusses von Gro¨ßen aus der Umgebung eines Punktes zu gewa¨hrleisten, existieren zwei grundlegende Ansa¨tze: Zum einen kann der u¨ber ein definier- tes Einflussgebiet gewichtete Mittelwert einer Gro¨ße in den konstitutiven Gleichungen beru¨ck- sichtigt werden. Diese Mittelung einer Gro¨ße erfolgt u¨blicherweise u¨ber die Auswertung eines Gebietsintegrals, weshalb diese Verfahren als Integralansa¨tze bezeichnet werden. Zum an- deren beru¨cksichtigen Gradientenmodelle den Einfluss einer Gro¨ße aus der Umgebung mit- tels Differentialoperatoren. Diese Gruppe von Modellen la¨sst sich wiederum in verschiedene Unterkategorien einteilen, worauf nachfolgend in dem entsprechenden Abschnitt gesondert eingegangen wird. 4.1.1 Integralansa¨tze Basierend auf den wegweisenden Arbeiten von Rogula (1965) und Eringen (1966) wird bei dieser Klasse nicht-lokaler Modelle die u¨ber ein bestimmtes Gebiet des Kontinuums V ⊆ B gewichtet Gro¨ße α¯(x, t) = ∫ V α(y, t)w(x,y) dy , ∀x ∈ V (4.1) in den konstitutiven Gleichungen beru¨cksichtigt. Darin kennzeichnet α(x, t) die lokale Zu- standsgro¨ße (z. B. Verzerrungen oder innere Gro¨ßen), und entsprechend α¯(x, t) die gewich- tete, d. h. nicht-lokale Gro¨ße. Desweiteren bezeichnet w(x,y) eine geeignete Wichtungs- funktion mit der Eigenschaft W (x) = ∫ V w(x,y) dy = 1 , ∀x ∈ V . (4.2) Typischerweise werden die Wichtungsfunktionen in Abha¨ngigkeit des Abstandes r = ||y − x|| von dem betrachteten Punkt des Kontinuums x angegeben. Beispielsweise gilt fu¨r die 46 BAM-Dissertationsreihe 4. Nicht-lokale Modellerweiterung mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie 0.00 0.25 0.50 0.75 1.00 1.25 1.50 1.5 1.0 0.5 0 0.5 1.0 1.5 W ic ht un gs fu nk tio n w( r) [× 1/ R ] Abstand r/R [−] GAUSS-Verteilung, `=R/3 Glocken-Verteilung, p=2, q=2 Glocken-Verteilung, p=4, q=6 Bild 4.1: Wichtungsfunktionen von Integralansa¨tzen fu¨r ndim = 1 GAUSS’sche Verteilungsfunktion wGauss(r) = 1(√2pi `)ndim exp{−r 2/(2`2)} , (4.3) mit dem Parameter ` und der Dimension der Problemstellung ndim. Diese Wichtungsfunktion dehnt sich unbegrenzt im Raum aus, d. h. streng genommen wird der Zustand eines jeden einzelnen Punktes des Kontinuums in die Berechnung einbezogen. Praktisch sind jedoch bei einem Radius von etwa dem dreifachen Wert von ` u¨ber 99% der Umgebungseinflu¨sse beru¨cksichtigt, so dass eine ku¨nstliche Begrenzung R ≈ 3` angemessen ist, um den Re- chenaufwand zu begrenzen. Eine exakte Begrenzung der beru¨cksichtigten Umgebung wird beispielsweise durch die Wichtungsfunktion in der Glockenform erreicht, wbell(r) = 1 Wbell (1− (r/R)p )q , r ≤ R , (4.4) hier in der allgemeinen Form mit den Parametern R und p, q > 0. Je nach Dimension der Problemstellung gilt fu¨r den Skalierungswert6 Wbell =    2R/p Beta[ 1/p, 1+q ] , fu¨r ndim = 1 2piR2/p Beta[ 2/p, 1+q ] , fu¨r ndim = 2 4piR3/p Beta[ 3/p, 1+q ] , fu¨r ndim = 3    . (4.5) In Bild 4.1 sind exemplarisch die Verteilungen (4.3) und (4.4) fu¨r den eindimensionalen Fall dargestellt. In der Literatur sind eine Vielzahl weiterer Wichtungsfunktionen angegeben. Ins- besondere ist bei der Bestimmung der gewichteten Gro¨ßen zu beachten, dass in der Na¨he 6Mit Beta[ a, b ] = ∫ 10 xa−1(1− x)b−1 dx ist die Beta-Funktion gekennzeichnet, die in verschie- denen mathematischen Standardwerken tabelliert ist, siehe z. B. Bronstein et al. (2005). Ha¨ufig wer- den die Parameter zu p = q = 2 gewa¨hlt, so dass Wbell = { 16R/15, piR2/3, 32piR3/105 } fu¨r ndim = {1, 2, 3} folgt. 47 4. Nicht-lokale Modellerweiterung mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie des Randes der Struktur bzw. in der Na¨he von mo¨glicherweise existierenden Rissen die Wichtungsfunktionen entsprechend angepasst werden mu¨ssen. Fu¨r eine zusammenfassen- de ¨Ubersicht u¨ber die unterschiedlichen Ansa¨tze von Integralverfahren ist z. B. auf Bazˇant und Jira´sek (2002) verwiesen. Bei dieser Klasse nicht-lokaler Modelle kann die Ermittlung der nicht-lokalen Gro¨ße fu¨r jeden betrachteten Punkt des Kontinuums einen erheblichen Anteil der Rechenzeit in Anspruch nehmen. Desweiteren ist dieses Vorgehen, obwohl anschaulich interpretierbar, nicht ohne weiteres bzw. nur mit zum Teil erheblichem Aufwand in ein standardma¨ßiges FE-Programm zu integrieren. Sobald die nicht-lokalen Gro¨ßen bestimmt sind, kann die Fließbedingung je- doch analog zu dem Vorgehen bei lokalen Modellen entsprechend einfach ausgewertet wer- den. 4.1.2 Gradientenmodelle Eine weitere Mo¨glichkeit, die zugrunde liegenden Effekte in der Mikrostruktur innerhalb einer Kontinuumstheorie zu beru¨cksichtigen, ist durch die breite Klasse von Gradientenmodellen gegeben. Im Verlauf der Entwicklung dieser Modelle haben sich wiederum unterschiedliche Richtungen bei der Vorgehensweise herausgebildet, wobei nachfolgend die Grundlagen und die prinzipiellen Unterschiede anhand der entsprechenden Gleichungen veranschaulicht und kurz beschrieben werden. Modelle mit Beru¨cksichtigung von Verzerrungs-Gradienten Basierend auf den wegweisenden Arbeiten von Toupin (1962) und Mindlin (1964) hinsicht- lich der Einfu¨hrung von zu Verzerrungsgradienten konjugierten Spannungsgro¨ßen ho¨herer Ordnung, haben in den 90er Jahren zuna¨chst Fleck und Hutchinson (1993, 1997) die Beru¨ck- sichtigung der Verzerrungsgradienten im Sinne einer Plastizita¨tstheorie entwickelt. Diese SG- Modelle (’strain gradient plasticity’, SG) sind durch Betrachtungen der statistisch verteilten Versetzungsdichte (’statistically stored dislocations’, SSD) sowie der geometrisch notwen- digen Versetzungsdichte (’geometrically necessary dislocations’, GND) motiviert. Eine an- schauliche Interpretation der SSD und GND ist in Bild 4.2 fu¨r eine plastische Deformation des Kristallgitters dargestellt. Wa¨hrend sich die einzelnen Beitra¨ge der SSD fu¨r ein homoge- nes Verzerrungsfeld aufheben (Bild 4.2a-c) resultieren die GND in einem inhomogen Verzer- rungszustand (Bild 4.2d, e), der durch den Gradienten der plastischen Verzerrung beru¨cksich- tigt ist. Die Erweiterung von Fleck und Hutchinson (1993) basiert darauf, bei der Formulierung der Fließfla¨che zusa¨tzlich zu den u¨blichen Gro¨ßen auch die Spannungen ho¨herer Ordnung zu beru¨cksichtigen, i.e. fu¨r den eindimensionalen Fall φ(σ, σ¯, εP) ≡ √ σ2 + (σ¯/lP)2 − (σY0 + f(εP) ) = 0 . (4.6) Darin bezeichnet σ die ” normalen“ (CAUCHY-)Spannungen und σ¯ die Spannungen ho¨herer Ordnung. Daru¨ber hinaus stellt der zweite Term in (4.6) die von lokalen Modellen bekannte Fließspannung dar; hier in Abha¨ngigkeit einer anfa¨nglichen Fließspannung σY0 und einer all- gemeinen Ver- oder Entfestigungsfunktion f(εP). Aufgrund der unterschiedlichen Einheiten dieser Spannungen ist ferner ein Skalierungsparameter lP eingefu¨hrt. Die jeweiligen Span- nungen sind dann gema¨ß σ = E (ε− εP) und σ¯ = ElE (∇ε−∇εP) (4.7) 48 BAM-Dissertationsreihe 4. Nicht-lokale Modellerweiterung mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie (a) (b) (c) (d) (e) SSD GND Bild 4.2: Statistisch verteilte und geometrisch notwendige Versetzungsdichten (SSD, GND) infolge plastischer Deformation (nach Jira´sek und Bazˇant, 2001). entsprechend mit den ” u¨blichen“ Verzerrungen bzw. den Verzerrungsgradienten verknu¨pft. Hier bezeichnet lE einen weiteren Skalierungsparameter. Auch wenn diese Formulierung durch die Betrachtung der SSD und GND motiviert ist, bleibt sie pha¨nomenologischer Na- tur. Hingegen werden in der MSG-Theorie (’mechanism-based strain-gradient plasticity’, MSG, nach Nix und Gao, 1998, Gao et al., 1999, Huang et al., 2000) die mikromechanischen Effekte in der Fließspannung beru¨cksichtigt. Im Sinne der Erweiterung von Qiu et al. (2003) auf eine inkrementelle Plastizita¨tstheorie ist die Fließfla¨che dann durch φ(σ, εP,∇εP) ≡ σ − √(σY0 + f(εP) )2 + 18α2Tayµ2r b |∇εP| = 0 (4.8) angegeben. Der mikromechanisch basierte Ansatz wird hier durch die Beru¨cksichtigung des TAYLOR-Modells der Versetzungsmechanik beschrieben; worin αTay = 0.1−0.5 den TAYLOR- Koeffizienten des Modells, b die La¨nge des BURGERS-Vektors sowie |∇εP| eine Norm des plastischen Anteils des Verzerrungsgradienten kennzeichnen. Modelle mit Gradienten von inneren Variablen Die Idee, den Einfluss von Gradienten ho¨herer Ordnung von inneren Variablen in der Fließ- bedingung zu beru¨cksichtigen, geht auf Arbeiten von Aifantis (1984, 1992) bzw. Zbib und Aifantis (1988) zuru¨ck σY = σY0 + f1(α) + f2(∇α) + f3(∇2α) + . . . , (4.9) und ist hier allgemein fu¨r eine beliebige innere lokale Gro¨ße α formuliert. In diesem Zusam- menhang betrachtet Aifantis in seinen Arbeiten die akkumulierte plastische Vergleichsdeh- nung bzw. Maugin (1990) die Scha¨digungsvariable. In der Beziehung (4.9) ist der Beitrag der Gradiententerme bei der Berechnung der Fließspannung durch die prinzipielle Angabe von jeweils unterschiedlichen Funktionen fu¨r jeden einzelnen Gradiententerm beru¨cksichtigt. Eine alternative Form dieser Beziehung ist durch σY = σY0 + f(α + l2∇2α) (4.10) 49 4. Nicht-lokale Modellerweiterung mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie gegeben. Darin wird der unter Verwendung des LAPLACE-Operators gebildete zweite Gradi- ent der inneren Gro¨ße,∇2α = α,ii , direkt u¨ber einen La¨ngenparameter l mit der der inneren Gro¨ße selbst kombinbiert und zusammen in der typischen Form der Fließbedingung φ(σ, α¯) ≡ σ − (σY0 + f(α¯) ) = 0 (4.11) analog zu der Klasse lokaler Modelle beru¨cksichtigt, mit α¯ = α + l2∇2α , (explizit) . (4.12) Diese Darstellung zeigt den expliziten Charakter der Formulierung auf, da die nicht-lokale Gro¨ße α¯ direkt aus der lokalen Zustandsgro¨ße α bestimmt wird. Die Abha¨ngigkeit dieser Formulierung von dem Gradiententerm gewa¨hrleistet, dass die Spannungen an einem mate- riellen Punkt von dem Verhalten der benachbarten Punkte beeinflusst werden, jedoch kann der betrachtete Bereich der Umgebung beliebig klein sein. Hingegen wird durch die Konstruk- tion der nicht-lokalen Gro¨ße, α¯, z. B. als Lo¨sung der HELMHOLTZ Differentialgleichung α¯ − l2∇2α¯ = α , (implizit) , (4.13) direkt impliziert, dass aufgrund des ” Quellterms“ auf der rechten Seite die gesamte Vertei- lung der Zustandsgro¨ße α in die Lo¨sung von α¯ eingeht. Dieses Vorgehen mit der impli- ziten Formulierung der inneren Gro¨ße ist zuna¨chst von Peerlings et al. (1996) hinsichtlich der nicht-lokalen Beschreibung der Scha¨digung, bzw. von Geers et al. (1998) hinsichtlich der akkumulierten plastischen Vergleichsdehnung angewendet worden und daraufhin von einer Vielzahl von Autoren fu¨r eine entsprechende nicht-lokale Erweiterung ihrer Modelle auf- gegriffen worden, u. a. zuna¨chst von de Borst et al. (1999), Kuhl und Ramm (1999), Sluys und Estrin (2000), Reusch et al. (2003a,b) oder Engelen et al. (2003). Bei der Formulierung der impliziten Gradientenmodelle ist zu beachten, dass die nicht-lokale Gro¨ße α¯ im Sinne der kontinuumsmechanischen Beschreibung anders als α keine innere Gro¨ße, sondern eine zusa¨tzliche Feldgro¨ße darstellt, so dass zur vollsta¨ndigen Formulierung der Problemstellung ebenso Randbedingungen fu¨r dieses Feld erforderlich sind. 4.1.3 Anmerkungen zu Lokalisierung, Art der nicht-lokalen Formulierung und numerischen Aspekten Die Unterschiede der genannten nicht-lokalen Erweiterungen sind u. a. in Rolshoven (2003) fu¨r ratenunabha¨ngige Formulierungen hinsichtlich ihrer Lokalisierungseigenschaften unter quasi-statischen Bedingungen untersucht worden. Den Ergebnissen dieser Arbeit folgend, stellen sowohl Integral- als auch die hier vorgestellten Gradientenmodelle gu¨ltige Formulie- rungen fu¨r eine regula¨re Beschreibung des anfa¨nglichen Entfestigungsverhaltens dar. Mit Ausnahme des MSG-Modells, infolge dessen auch bei entfestigendem Verhalten keine loka- lisierten Ergebnisse erhalten werden, ist bei dem ¨Ubergang vom homogenen zu lokalisierten Lo¨sungen die Breite der plastischen Zone begrenzt. Gema¨ß der in der Literatur u¨blichen Charakterisierung der Art der nicht-lokalen Formulierung werden Integralansa¨tze als stark nicht-lokale Modelle bezeichnet, da durch die Auswertung eines Gebietsintegrals die Einflu¨sse der ra¨umlichen Umgebung direkt beru¨cksichtigt werden. Hingegen werden explizite Gradientenverfahren als schwach nicht-lokale Modelle bezeich- net, da der Umgebungseinfluss, der durch die direkte Auswertung der Gradienten der lokalen 50 BAM-Dissertationsreihe 4. Nicht-lokale Modellerweiterung mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie 0.00 0.10 0.20 0.30 0.40 0.50 4.5 3.0 1.5 0 1.5 3.0 4.5 Abstand r/` [−] GREEN-Funktion GAUSS-Verteilung Gimpl.(r), wGauss(r) [× 1/` ] Bild 4.3: Die GREEN-Funktion der HELMHOLTZ-Gleichung fu¨r ndim = 1 und unbegrenzter Intervall- la¨nge im Vergleich zu der GAUSS-Verteilung Gro¨ße beru¨cksichtigt wird, beliebig klein werden kann. In diesem Sinne stellen jedoch impli- zite Gradientenmodelle ebenfalls stark nicht-lokale Formulierungen dar. Beispielsweise folgt, wie u. a. von Peerlings et al. (2001) oder Engelen et al. (2003) gezeigt, die GREEN-Funktion fu¨r die HELMHOLTZ Differentialgleichung (4.13) fu¨r x ∈ R1 zu G(x, y) = 12l exp { − |x−y|l } , (4.14) d. h. die GREEN-Funktion beschreibt gema¨ß α¯(x, t) = ∫ V α(ξ, t)G(x, ξ) dξ , ∀x ∈ V ≡ R1 (4.15) eine Wichtungsfunktion analog zu den nicht-lokalen Integralverfahren. Dia Analogie von In- tegralverfahren und impliziten Gradientenverfahren ist in Bild 4.3 durch die jeweiligen Ein- flussbereiche graphisch dargestellt. Ein weiterer Unterschied zeigt sich bei der numerischen Umsetzung der verschiedenen Mo- delle. Die Lo¨sung von Modellen mit Verzerrungsgradienten erfordert mindestens eine C1- Stetigkeit der Interpolationsfunktionen. Die Kontinuita¨tsbedingung der inneren Variablen fu¨hrt bei expliziten Gradientenmodellen ebenfalls auf eine solche erho¨hte Anforderung an die Ste- tigkeit der Interpolationsfunktionen. Hingegen genu¨gt bei auf Integralverfahren basierenden Modellen sowie bei impliziten Gradientenmodellen eine C0-stetige Diskretisierung. Der Mehr- aufwand dieser Modelle entsteht durch die Auswertung der Gebietsintegrale einerseits, bzw. durch die erforderliche Lo¨sung des zusa¨tzlichen Feldproblems andererseits. Welches dieser Verfahren fu¨r eine numerische Umsetzung besser geeignet ist, ha¨ngt von dem jeweiligen Rah- men des verwendeten Programmsystems ab, i.d.R. folgt die Lo¨sung eines Mehrfeldproblems 51 4. Nicht-lokale Modellerweiterung mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie eher dem gewo¨hnlichen Ablaufschema eines FE-Programms, wobei die Auswertung von Ge- bietsintegralen einen erho¨hten Rechenaufwand zwischen den einzelnen Berechnungsschrit- ten darstellt und nur mit zum Teil erheblichem Aufwand in ein standardma¨ßiges FE-Programm zu integrieren ist. 4.2 Entwicklung der nicht-lokalen Materialgleichungen Die in dem vorangegangen Abschnitt vorgestellten nicht-lokalen Modelle sind vielfach zur Berechnung von Lokalisierungspha¨nomenen quasi-statischer, ratenunabha¨ngiger Problem- stellungen angewendet worden. In diesem Abschnitt wird die nicht-lokale Erweiterung mit- telts impliziter Gradienten-Plastizita¨tstheorie auf das in Kapitel 3 vorgestellte lokale Modell zur Beschreibung von Hochgeschwindigkeitsproblemstellungen u¨bertragen. Im Hinblick auf die Evolutionsgleichungen des lokalen Modells (vgl. Tabelle 3.1) stellt die plastische Vergleichsdehnrate ε˙vP eine zentrale Gro¨ße dieses Modells dar. Vor diesem Hin- tergrund wird in der nachfolgend beschriebenen Modellerweitung die akkumulierte plastische Vergleichsdehnung als zusa¨tzliche Feldgro¨ße γ neben den Verschiebungen u eingefu¨hrt. An dieser Stelle wird gesondert darauf hingewiesen, dass eine etwaige nicht-lokale Beschrei- bung der Scha¨digungsvariablen hier nicht sinnvoll ist, da die pathologischen Eigenschaften des lokalen Modells auch bei ausschließlicher Temperaturentfestigung, d. h. auch ohne die Beru¨cksichtigung einer Scha¨digungsentwicklung, auftreten. In Anlehnung an die Bezeich- nung ” Freiheitsgrad“ (Degree Of Freedom) wird das derart erweiterte, nicht-lokale Modell auch als DOF-Modell bezeichnet. 4.2.1 Thermodynamischer Kontext Die Ansa¨tze fu¨r die Gro¨ßen in der Gesamtenergiebilanz (2.68b) aus Kapitel 3.2.1, i.e. Glei- chungen (3.11a - c), werden nach Svendsen (1999) entsprechend der Beru¨cksichtigung des inelastischen Verzerrungsfeldes γ erweitert, i.e. e = u² + 12 v · v + 12 γ˙ · (ι γ˙) , (4.16a) hr = −qθr + P T · v + φγr γ˙ , (4.16b) ζe = ζθ + b · v + ζγ γ˙ . (4.16c) Darin kennzeichnet ι den Mikro-Tra¨gheitskoeffizienten, φγr die zu dem Fluss des inelasti- schen Feldes geho¨rige Materialgro¨ße und entsprechend ζγ die Quellratendichte des inela- stischen Verzerrungsfeldes. Unter Beru¨cksichtigung dieser Beziehungen in (2.68b) und Be- achtung der notwendigen Bedingung zur Erfu¨llung der Unabha¨ngigkeit der Gleichung infolge eines Beobachterwechsels, i.e. die Massenbilanz (2.51) sowie Impulsbilanz (2.55), folgt nun die innere Energiebilanz zu %0u˙² = P : F˙ + ς γ˙ + φγr · ∇rγ˙ − DIV(qθr) + %0ζθ (4.17) wobei die skalare Gro¨ße ς per Definition gema¨ß ς := DIV(φγr) + %0ζγ − ι%0γ¨ (4.18) 52 BAM-Dissertationsreihe 4. Nicht-lokale Modellerweiterung mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie eingefu¨hrt wird. Desweiteren folgt die Dissipationsrate δ²r analog zu dem Vorgehen fu¨r das lokale Modell in Abschnitt 3.2.1 durch Einsetzen von (4.17) in die Entropiegleichung (2.70b) sowie der Beru¨cksichtigung der HELMHOLTZ’schen freien Energiedichte (2.72) und der CLAUSIUS-DUHEM Beziehungen (2.74) letztendlich zu δ²r = 12S : C˙ − %0ψ˙ − %0θ˙η −∇rlnθ · qθr + ςγ˙ + φγr · ∇rγ˙ ≥ 0 . (4.19) Im Vergleich zu der Dissipationsrate des lokalen Modells, (3.13) sind hier nun zwei weitere Summanden in der Ungleichung enthalten. Unter zusa¨tzlicher Beru¨cksichtigung des Gradi- enten des inelastischen Verzerrungsfeldes in der Form der freien Energiedichte ψ = ψ(θ,C ,FP, γ, ∇rγ) (4.20) folgt durch zeitliche Differentiation von (4.20) ψ˙ = ∂ψ∂θ θ˙ + ∂ψ ∂C : C˙ + ∂ψ ∂FP : F˙P + ∂ψ ∂γ γ˙ + ∂ψ ∂∇rγ ∇rγ˙ (4.21) und eingesetzt in (4.19) schließlich δ²r = (1 2S − %0 ∂ψ ∂C ) : C˙ − %0 ( η + ∂ψ∂θ ) θ˙ + ( φγr − %0 ∂ψ ∂∇rγ ) · ∇rγ˙ − %0 ∂ψ ∂FP : F˙P − %0 ∂ψ ∂γ γ˙ + ς γ˙ − qθr · ∇rlnθ . (4.22) Mit dem COLEMAN-NOLL Ansatz fu¨r die Felder C˙ , θ˙ und ∇rγ˙ , i.e. S = 2%0 ∂ψ ∂C , (4.23a) η = −∂ψ∂θ , (4.23b) φγr = %0 ∂ψ ∂∇rγ , (4.23c) und Beachtung der Entwicklungsgleichung fu¨r den plastischen Anteil des Deformationsgra- dienten (2.88), i.e. F˙P = γ˙ FP·MP, zusammen mit der Definition (3.17), i.e. Σ := −%0F TP · ∂ψ ∂FP , (4.24) sowie Vernachla¨ssigung der Mikro-Tra¨gheitseffekte, ι = 0, und Mikro-Quellratendichte, ζγ = 0, folgt letztendlich die reduzierte Form der Dissipationsrate zu δ²r = ( Σ : MP − %0 ∂ψ ∂γ + DIV ( %0 ∂ψ ∂∇rγ )) γ˙ − qθr · ∇rlnθ . (4.25) Mit der Einfu¨hrung des Ratenpotentials als Summe des Dissipationspotentials und der Rate des freien Energiepotentials, i.e. χ = D + W˙ , mit W˙ = %0ψ˙ (4.26) 53 4. Nicht-lokale Modellerweiterung mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie motiviert (4.25) die verallgemeinerte GINZBURG-LANDAU Formulierung, i.e. ∂χ ∂γ˙ − DIV ( ∂χ ∂∇rγ˙ ) = 0 , (4.27) fu¨r die Bilanzgleichung des inelastischen Verzerrungsfeldes γ . Daru¨ber hinaus ist der Wa¨rme- fluss durch die Ableitung des Dissipationspotentials nach dem Temperaturgradienten gema¨ß ∂D ∂∇rlnθ = −qθr (4.28) bestimmt, und ferner folgt analog zu dem Vorgehen in Abschnitt 3.2.1 die Temperaturbilanz des DOF-Modells letztendlich zu %0cθr θ˙ = θ 2 ∂S ∂θ :C˙ + ( Σ :MP − %0 ∂ψ ∂γ + DIV ( %0 ∂ψ ∂∇rγ ) − θ ∂Σ∂θ :MP + %0θ ∂2ψ ∂θ∂γ ) γ˙ + θ ∂ψ∂θ∂∇rγ ·∇rγ˙ + DIV(−qθr) + %0ζθ . (4.29) Mit den Gleichungen dieses Abschnitts ist der Rahmen fu¨r die nicht-lokale Modellerweite- rung gesteckt. In dem nun folgenden Abschnitt resultieren durch Konkretisierung der freien Energiedichte und des Dissipationspotentials die relevanten Beziehungen fu¨r die nicht-lokale Modellierung von Hochgeschwindigkeitsvorga¨ngen. 4.2.2 Thermohyperelasto-Gradiententhermoviskoplastizita¨t Die freie Energiedichte ist fu¨r das DOF-Modell durch ψDOF(θ,C ,FP, γ,∇rγ) = ψ¯TE(θ,C ,GP) + ψTP(θ, γ,∇rγ) (4.30) mit dem thermoelastischen Anteil gema¨ß (3.33) sowie einem zusa¨tzlichen thermoplastischen Anteil in der Form %0ψTP(θ, γ,∇rγ) = 12 aD(θ, γ) l2D(θ, γ) |∇rγ |2 (4.31) konkretisiert, wobei aD und lD eine charakteristische Energie- bzw. La¨ngenskala in Abha¨ngig- keit der Temperatur und plastischen Dehnung kennzeichnen. Mit diesem Ansatz fu¨r ψ¯DOF in (4.23a) folgen die Spannungen erneut zu S = 2%0 ∂ψ¯DOF ∂C = (1 2λr ln(det(GP·C))−3κrαθr (θ − θR) )C−1 + µr (GP−C−1 ) , (4.32) d. h. die konstitutive Beziehung des nicht-lokalen Modells ist in ihrer Grundform identisch mit der des lokalen Modells. Der Unterschied zwischen beiden Modellen wird in den Entwick- lungsgleichungen der relevanten Gro¨ßen deutlich, i.e. der Inversen des rechten plastischen CAUCHY-GREEN-Deformationstensors GP sowie der Temperatur θ. Mit (2.88) und λ˙ ≡ γ˙ gilt hier G˙P = −2γ˙ sym(MP·GP) (4.33) bzw. fu¨r die objektive Entwicklungsgleichung des ra¨umlichen linken elastischen CAUCHY- GREEN Deformationstensors Lv(BE) = F ·G˙P·F T = −2γ˙ sym ( ∂ Ψ ∂K ·BE ) . (4.34) 54 BAM-Dissertationsreihe 4. Nicht-lokale Modellerweiterung mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie Fu¨r den Fall inkompressibler Metall-Plastizita¨t, det(FP) = 1, und konstanten charakteristi- schen Skalen aD und lD folgt aus (4.29) fu¨r die Temperaturbilanz zuna¨chst %0cθr θ˙ = DIV(−qθr) + %0ζθ + (σv + aD l2D∇2γ )γ˙ − 32θ κrαθrC−1 :C˙ . (4.35) Der konkrete Ansatz fu¨r das Dissipationspotential ist fu¨r das DOF-Modell in der Form D(θ,C ,GP, εvP, γ, γ˙ , ∇rγ˙) = σvγ˙ + 12 bD(θ, γ) (γ˙ − ε˙vP(σv, εvP, θ) )2 + 12 cD(θ, γ) l2D(θ, γ) |∇rγ˙ |2 (4.36) mit der Vergleichsspannung σv(C ,GP) = µr √3II(GP·C ) sowie mit der lokalen plastischen Dehnrate ε˙vP gema¨ß (3.49), den Dissipationsskalaren bD, cD und der La¨ngenskala lD ange- geben. Die Beru¨cksichtigung von (4.36) und (4.30) in (4.27) liefert so schließlich die Bilanzgleichung fu¨r das inelastische Verzerrungsfeld γ˙ − cDl 2 D bD DIV(∇rγ˙)− aDl 2 D bD DIV(∇rγ) = ε˙vP(σv, εvP, θ) . (4.37) Insbesondere fu¨r den Fall aD → 0, siehe Reusch (2003), folgt die Ratenform der impliziten Gradienten-Plastizita¨t γ˙ − c¯r DIV(∇rγ˙) = ε˙vP (4.38) mit dem nicht-lokalen Parameter c¯r = cDl2D/bD. Durch die fehlende Abha¨ngigkeit des Dissi- pationspotentials (4.36) von dem Temperaturgradienten ∇rθ wird zudem ein adiabatischer Prozess angenommen, so dass fu¨r diesen Fall aus (4.35) die Entwicklungsgleichung fu¨r die Temperatur %0cθr θ˙ = σv γ˙ − 32θ κrαθr C−1 : C˙ (4.39a) ≈ βr σv γ˙ . (4.39b) folgt. Die Verwendung des TAYLOR-QUINNEY-Koeffizienten βr gilt hier analog zu dem Vorge- hen in Abschnitt 3.2.1 (vgl. Gl. 3.54a, b). 4.3 Das nicht-lokale Anfangs-Randwertproblem 4.3.1 Randbedingungen Zur vollsta¨ndigen Formulierung der impliziten Gradiententheorie gema¨ß (4.13), i.e. α¯(X , t)− c¯r DIV (∇rα¯(X , t) ) = α(X , t) , ∀X ∈ Br , (4.40) werden, wie in Abschnitt 4.1.2 beschrieben, zusa¨tzlich Randbedingungen beno¨tigt. Die genaue Form dieser Bedingungen ist nicht unbedingt offensichtlich. Allerdings ist es physikalisch sinnvoll zu fordern, dass infolge einer homogenen Verteilung der lokalen Gro¨ße, i.e. α(X , t) = αh(t), das nicht-lokale Feld ebenfalls homogenen verteilt ist, i.e. 55 4. Nicht-lokale Modellerweiterung mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie α¯(X , t) = αh(t), und zudem unabha¨ngig von dem Wert αh(t) die Randbedingungen erfu¨llt. Eine direkte Vorgabe der nicht-lokalen Gro¨ße an dem DIRICHLET-Rand ist daher sicher nicht mo¨glich. Jedoch erfu¨llt jedes homogene Feld die NEUMANN-Randbedingungen ∇rα¯(X , t) · nˆr(X ) = 0 , ∀X ∈ ∂Br . (4.41) Auch fu¨r inhomogene Verteilungen ist diese Art der Randbedingung insbesondere dann sinn- voll, wenn die Prozesszone, d. h. der Bereich in dem sich die lokale Gro¨ße entwickelt, nicht in der unmittelbaren Na¨he des Randes liegt. Bei den impliziten Gradienten-Verfahrens mu¨ssen die Randbedingungen an der physikalischen Berandung ∂Br erfu¨llt werden. Dies stellt einen weiteren Vorteil gegenu¨ber anderen Gradienten-Verfahren dar, bei denen Randbedingungen an einer vera¨nderlichen Grenze zwischen dem elastischem und plastischem Bereich erfu¨llt werden mu¨ssen, siehe z. B. Peerlings (2007) fu¨r eine weiterfu¨hrende Diskussion. Fu¨r den vorliegenden Fall der betrachteten nicht-lokalen Gro¨ße in dieser Arbeit folgt damit die Randbedingung zu ∇rγ˙(X , t) · nˆr(X ) = 0 , ∀X ∈ ∂Br . (4.42) Die Rand- und Anfangsbedingungen des Verschiebungsfeldes sind gegenu¨ber dem lokalen GIV-Modell unvera¨ndert (siehe Gln. 3.63 und 3.64). 4.3.2 Zusammenfassung des nicht-lokalen ARWPs In Tabelle 4.1 ist das in diesem Kapitel beschriebene, vollsta¨ndig formulierte nicht-lokale Anfangs-Randwertproblem zusammengefasst. In Analogie zu der Formulierung des lokalen ARWPs (vgl. Tabelle 3.1) ist darin ebenfalls die isotrope Scha¨digung gema¨ß des effektiven Spannungskonzeptes beru¨cksichtigt. 56 BAM-Dissertationsreihe 4. Nicht-lokale Modellerweiterung mittels der Gradienten-Plastizita¨tstheorie Tabelle 4.1: Zusammenfassung des nicht-lokalen ARWPs der Thermoelasto−GradientenThermo- viskoplastizita¨t Materialparameter dieses Modells: %r, λr, µr, αθr, cθr, A,B, n, C, ε˙0, θR, θM,m, βr, D1,...,5, Dc, Dw, sowie c¯r (T 4.1-1) Bilanzgleichungen fu¨r das Verschiebungsfeld und das inelastische Verzerrungsfeld: DIV(F−1·K) = %ru¨ , K = KT (T 4.1-2) γ˙ − c¯r DIV(∇rγ˙) = ε˙vP (T 4.1-3) Konstitutive Beziehung (identisch mit der des lokalen Modells): K = (1− d) [ CI E : lnVE − (3λr+2µr)αθr(θ − θR) I ] (T 4.1-4) mit der isotropen, elastischen Materialtangente CI E = λr I ⊗ I + 2µr II s und den Evolutionsglei- chungen, hier, gema¨ß Lv(BE) = F ·G˙P·F T = −2 sym ( ∂ Ψ ∂K ·BE ) γ˙ (T 4.1-5) %rcθr θ˙ = σv γ˙ − (32λr+µr)αθr θC−1 :C˙ ≈ βr σv γ˙ (T 4.1-6) s˙ = Dcεf(σ¯trx, γ˙ , θ) γ˙ , und d = sDw (T 4.1-7) mit Ψ,K = √ 3/2 sgn(dev(K)) und σv = √ 3/2 ||dev(K)|| sowie εf(σ¯trx, γ˙ , θ) = (D1 +D2 exp(D3 σ¯trx) )(1 +D4ln(1 + γ˙/ε˙0) )(1 +D5T (θ) ) (T 4.1-8) und der lokalen, plastischen Dehnrate als Eingangsgro¨ße in (T 4.1-3) infolge ε˙vP = ε˙0 〈 exp { 1 C ( σv(1− d)(A+B(εvP)n )(1− (T (θ))m) − 1 )} − 1 〉 . (T 4.1-9) analog zu (T 3.1-9), mit der homologen Temperatur T (θ) gema¨ß (3.5). Kinematische Beziehungen: F = I +∇ru = FE · FP (T 4.1-10) C = F T · F (T 4.1-11) lnVE = 12 ln(BE) = 12 ln(FE·F TE ) (T 4.1-12) Anfangs- und Randbedingungen:    u(X , t0) = u0(X ) , u˙(X , t0) = u˙0(X ) , u¨(X , t0) = u¨0(X ) γ(X , t0) = γ0(X ) , γ˙(X , t0) = γ˙0(X ) θ(X , t0) = θ0(X ) , s(X , t0) = s0(X ) , εvP(X , t0) = εP0(X )    (T 4.1-13) { u(X , t) = uˆ(X , t) , ∀X ∈ ∂Bru — P (X , t) · nˆr(X ) = pˆ(X , t) , ∀X ∈ ∂Brσ ∇rγ˙(X , t) · nˆr(X ) = 0 , ∀X ∈ ∂Br } (T 4.1-14) 57 5. Zeitdiskretisierung 5 Zeitdiskretisierung 5.1 Numerische Zeitintegrationsverfahren Die Verfahren der numerischen Zeitintegration basieren auf der Methode der finite Differen- zenverfahren. Diesbezu¨glich wird die Zeitachse an diskreten Zeitpunkten tn, fu¨r n ∈ N, in finite Zeitinkremente ∆t = tn+1 − tn unterteilt, siehe Bild 5.1. Zeitachse Bild 5.1: Einteilung der Zeitachse in finite Zeitinkremente Die gesuchten Lo¨sungsgro¨ßen sind zum Zeitpunkt t0 = 0 durch die Angabe der Anfangsbe- dingungen an jedem Punkt des Kontinuums bestimmt; es verbleibt daher, die entsprechenden Lo¨sungsgro¨ßen zu einem Zeitpunkt tn+1 aus den Gro¨ßen der vorangegangenen Zeitpunkte tn, tn−1, tn−2, . . . zu bestimmen. Die Wahl eines Zeitintegrationsverfahrens richtet sich dabei in erster Linie nach der Ordnung der auftretenden zeitlichen Ableitungen des Lo¨sungsfeldes. In der Literatur ist diesbezu¨glich eine Vielzahl an mo¨glichen Verfahren beschrieben. Fu¨r eine weit fassende ¨Ubersicht siehe z. B. Hughes (2000) oder Chopra (2001). Generell wird dabei zwischen expliziten und implizi- ten Verfahren unterschieden: Bei expliziten Integrationsverfahren wird das Lo¨sungsfeld sowie dessen zeitliche Ableitungen zu einem Zeitpunkt tn+1 allein aus den entsprechenden Gro¨ßen der vorangegangenen Zeitschritte bestimmt. Hingegen sind bei impliziten Zeitintegrationsver- fahren die zeitlichen ¨Anderungen des Lo¨sungsfeldes zusa¨tzlich von dem Lo¨sungsfeld selbst zu dem Zeitpunkt tn+1 abha¨ngig. Die Wahl eines bestimmten Integrationsverfahren bestimmt ferner die zula¨ssige Zeitschrittgro¨ße ∆t. In der Regel ist die Stabilita¨t der Lo¨sung fu¨r explizi- te Verfahren nur fu¨r einen eingeschra¨nkten Bereich von Zeitschritten gewa¨hrleistet (bedingte Stabilita¨t), wa¨hrenddessen die Stabilita¨t der Lo¨sung fu¨r implizite Verfahren ha¨ufig unabha¨ngig von der Gro¨ße des Zeitschritts ist (unbedingte Stabilita¨t). Jedoch ist auch dann zu beachten, dass fu¨r eine sinnvolle Beschreibung und Auswertung des betrachteten physikalischen Pro- blems die Wahl des Zeitschritts eingeschra¨nkt ist. 5.2 Zeitdiskretisierung des Verschiebungsfeldes Die partielle Differentialgleichung des Anfangs-Randwertproblems fu¨r das Verschiebungsfeld u entha¨lt zeitliche Ableitungen bis zu zweiter Ordnung. Die Familie der NEWMARK-Verfahren repra¨sentiert ein typisches Einschritt-Integrationsverfahren fu¨r Systeme zweiter Ordnung, und ist durch un+1 = un +∆tvn + 12∆t2 ((1− 2βN)an + 2βN an+1 ) (5.1a) vn+1 = vn +∆t ((1− γN)an + γN an+1 ) (5.1b) 58 BAM-Dissertationsreihe 5. Zeitdiskretisierung charakterisiert, wobei die folgenden Bezeichnungen fu¨r die Verschiebungen, Geschwindig- keiten und Beschleunigungen zu einem Zeitpunkt verwendet werden u(tn) ≡ un , u˙(tn) ≡ u˙n ≈ vn , u¨(tn) ≡ u¨n ≈ an . (5.2) Mit (5.1a) in (5.1b) eingesetzt folgt entsprechend auch an+1 = 1 βN∆t2 un+1 − [ 1 βN∆t2 un + 1 βN∆t vn + ( 1 2βN − 1 ) an ] (5.3a) vn+1 = γN βN∆t un+1 − [ γN βN∆t un + (γN βN − 1 ) vn +∆t ( γN 2βN − 1 ) an ] . (5.3b) Die Parameter dieses Integrationsverfahrens sind durch βN und γN gekennzeichnet. Einige Standardformen sind in Tabelle 5.1 auf Seite 66 angegeben. Damit das NEWMARK-Integra- tionsverfahren unabha¨ngig von dem gewa¨hlten Zeitschritt stabil ist, muss die Ungleichung 2βN ≥ γN ≥ 12 (5.4) erfu¨llt sein. Infolge der numerischen Diskretisierung der Gleichungen treten u. a. hochfre- quente Eigenformen auf, die nicht das Verhalten der zugrunde liegenden partiellen Differen- tialgleichung repra¨sentieren. Die Dissipation dieser hochfrequenten Artefakte ist dabei gene- rell wu¨nschenswert und ha¨ufig fu¨r die Berechnung absolut notwendig. Die Maximierung der Hochfrequenz-Dissipation fu¨r das NEWMARK-Verfahren liefert nach Hughes (2000, S. 500) die Beziehung βN = 14(γN + 12)2 , mit γN > 12 (5.5) zwischen den beiden Integrations-Parametern. Generell ist infolge von γN > 12 eine algorith- mische Da¨mpfung in den Gleichungen enthalten, wobei dann allerdings nur eine Genauig- keit erster Ordnung erzielt wird, O(∆t). Die Genauigkeit zweiter Ordnung des NEWMARK- Verfahrens gilt lediglich fu¨r exakt γN = 12 . 5.3 Zeitdiskretisierung des inelastischen Verzerrungsfeldes Die Gleichung des inelastischen Verzerrungsfeldes (4.38) ist in der Ratenform angegeben, d. h. es treten lediglich Ableitung erster Ordnung auf. Fu¨r die Integration von Systemen erster Ordnung dient beispielsweise das EULER-Verfahren γn+1 = γn +∆t ((1− ϑ)γ˙n + ϑ γ˙n+1 ) . (5.6) Mit ϑ = 0 entspricht diese Beziehung dem expliziten Forward-EULER Verfahren; implizite Ver- fahren folgen entsprechend mit ϑ > 0. Insbesondere ist mit ϑ = 1 das Backward-EULER Ver- fahren beschrieben, so dass dann auch γ˙n+1 = γn+1 − γn ∆t (5.7) gilt. In diesen Gleichungen ist aus Gru¨nden der Einfachheit auf die Einfu¨hrung neuer Bezeich- nungen fu¨r die Approximation der Rate des Verzerrungsfeldes (entsprechend der Darstellung in Gl. 5.2 fu¨r die Raten des Verschiebungsfeldes) verzichtet worden. 59 5. Zeitdiskretisierung 5.4 Integration der Stoffgleichungen Um zu einem Zeitpunkt tn+1 die gesuchten Feldgro¨ßen, das ist fu¨r das lokale GIV- Modell allein das Verschiebungsfeld un+1 bzw. fu¨r das nicht-lokale DOF-Modell sowohl das Verschiebungs- als auch das inelastische Verzerrungsfeld {un+1, γn+1}, zu bestimmen, mu¨ssen allgemein zu einem Zeitpunkt t+∆t die zu den Feldgro¨ßen korrespondierenden Spannungen und lokalen inelastischen Verzerrungen bestimmt werden: GIV: t+∆tK = K(t+∆tu) , bzw. DOF: { t+∆tK = K(t+∆tu, t+∆tγ) t+∆tεvP = εvP(t+∆tu, t+∆tγ) } . (5.8) Durch die Verwendung des vorangestellten Index ’t+∆t’ ist gesondert darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um eine allgemeine Berechnungsvorschrift handelt, wobei die Gro¨ßen zu einem Zeitpunkt t ≡ tn bekannt sind. Erfu¨llen die Feldgro¨ßen {t+∆tu, t+∆tγ} die zugrunde liegenden Gleichungen des ARWPs, entsprechen sie der gesuchten Lo¨sung zum Zeitpunkt tn+1. Somit bildet die Integration der Stoffgleichungen die Grundlage fu¨r eine spa¨tere Lo¨sung des jeweiligen Anfangs-Randwertproblems. 5.4.1 Spannungsalgorithmus Fu¨r die Berechnung der Spannungen gilt fu¨r sowohl das lokale GIV- als auch das nicht-lokale DOF-Modell die gleiche Funktionsvorschrift in Abha¨ngigkeit der linken logarithmischen elasti- schen Verzerrungen, der Temperatur sowie der Scha¨digung, i.e. t+∆tK = K(t+∆tlnVE, t+∆tθ, t+∆td) = (1− t+∆td) [ CI E : t+∆tlnVE − (3λr+2µr)αθr (t+∆tθ − θR)I ] . (5.9) Das hier verwendete Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Spannungen entspricht einem Pra¨diktor-Korrektor Verfahren fu¨r die zu ermittelnden elastischen logarithmischen Verzerrun- gen sowie der Temperatur und Scha¨digung: Mit der Definition eines relativen Deformationsgradienten relF als lineare Abbildung der Be- wegung eines Punktes zwischen den Momentankonfigurationen zur Zeit t und t+∆t, i.e. relF := t+∆tF · tF−1 , (5.10) wird der elastische Anteil des Deformationsgradienten zu dem Zeitpunkt t+∆t gema¨ß trlFE := relF · tFE = t+∆tF · tF−1P (5.11) vorgescha¨tzt. Damit folgen die vorgescha¨tzten linken elastischen logarithmischen Dehnungen zu trllnVE = 12 ln (trlFE · trlF TE ) = 12 ln (t+∆tF · tGP · t+∆tF T ) . (5.12) Infolge der ausschließlich elastisch angenommenen Vorscha¨tzung treten weder eine Tempe- raturerho¨hung noch eine Scha¨digungsentwicklung auf, d. h. der vorgescha¨tzte Zustand der Temperatur sowie der Scha¨digung bzw. des Lebensdauerverbrauchs ist durch trlθ = tθ , (5.13) trld = td , bzw. trls = ts (5.14) 60 BAM-Dissertationsreihe 5. Zeitdiskretisierung gegeben. Mit den vorgescha¨tzten Gro¨ßen (5.11 - 5.14), die in (5.9) eingesetzt werden, erha¨lt man die elastisch vorgescha¨tzten Spannungen trlK = K(trllnVE, trlθ, trld) und insbesonde- re daraus auch die vorgescha¨tzte, effektive Vergleichsspannung trlσveff = 2µr √ 3 2 ∣∣∣ ∣∣∣dev(trllnVE) ∣∣∣ ∣∣∣ . (5.15) Bis zu diesem Punkt der elastischen Vorscha¨tzung ist das prinzipielle Vorgehen des Pra¨diktor-Korrektor Verfahrens fu¨r beide Modelle gleich. Der Unterschied ist nun dadurch gekennzeichnet, ob die plastischen Korrekturterme durch Verwendung des lokalen oder des nicht-lokalen plastischen Vergleichsdehnungsinkrementes gebildet werden. Im Sinne einer fu¨r beide Modelle allgemeingu¨ltigen Schreibweise wird das lokale, bzw. nicht-lokale Ver- gleichsdehnungsinkrement durch ∆p angegeben, mit ∆p ≡ { ∆εvP , GIV t+∆tγ − tγ , DOF } und p˙ ≡ { ε˙vP , GIV γ˙ , DOF } . (5.16) Die gesuchten elastischen logarithmischen Verzerrungen werden dann gema¨ß t+∆tlnVE = 12 ln (t+∆tF · t+∆tGP · t+∆tF T ) (5.17) durch Integration der Entwicklungsgleichung fu¨r GP bestimmt. Basierend auf der Ent- wicklungsgleichung fu¨r den plastischen Anteil des Deformationsgradienten (2.88), i.e. F˙P = p˙ FP·MP liefert die Integration u¨ber das Zeitintervall [ t; t+∆t ] dann t+∆tFP = tFP · exp {∆pMP } (5.18) fu¨r eine in diesem Zeitintervall na¨herungsweise konstant angenommene Richtung des pla- stischen Zuwachses MP, so dass schließlich fu¨r die Inverse des plastischen Anteils des CAUCHY-GREEN Deformationstensors t+∆tGP = ( exp {∆pMP })−1 · tGP · ( exp {∆pMP })−T (5.19) folgt. Mit (5.19) in (5.17) und Beru¨cksichtigung von (5.12) sowie der fu¨r kleine plastische Zuwa¨chse ||∆pMP|| ¿ 1 gu¨ltigen Na¨herung F · exp{∆pMP } · F−1 ≈ exp{∆p F ·MP·F−1 } (5.20) folgt mit (3.44) schließlich die einfache Beziehung t+∆tlnVE = trllnVE −∆p ∂ Ψ ∂K (5.21) fu¨r die linken elastischen logarithmischen Verzerrungen. Die Richtung des plastischen Zu- wachses ist fu¨r eine assoziierte Fließregel durch ∂ Ψ ∂K = √ 3 2 N , mit N = sgn(dev(K)) = sgn(dev(lnVE)) (5.22) gegeben, wobei im Sinne eines Radial-Return Verfahrens (Simo und Hughes, 1998, Klingbeil, 2006) fu¨r die plastische Fließrichtung als Normale zu der Fließfla¨che auch t+∆tN ≡ trlN = sgn(dev(trllnVE)) (5.23) 61 5. Zeitdiskretisierung gilt. Durch (5.21 - 5.23) ist die erste Gro¨ße zur Bestimmung der Spannungen, t+∆tlnVE, be- rechnet; es verbleibt die Temperatur t+∆tθ und Scha¨digung t+∆td zu bestimmen. Mit der Kenntnis von t+∆tlnVE in (5.9) folgt die effektive Vergleichsspannung mit t+∆tσveff = trlσveff − 3µr ∆p (5.24) in Abha¨ngigkeit des vorgescha¨tzten Wertes und eines Korrekturterms. Die Berechnung der Temperatur erfolgt durch Integration der entsprechenden Entwicklungsgleichung der Tempe- ratur, (T 3.1-6) bzw. (T 4.1-6), mittels eines Backward-EULER Verfahrens. Es gilt dann unter Verwendung von (5.24) t+∆tθ = trlθ + βr%rcθr (1− trld) (trlσveff − 3µr ∆p)∆p . (5.25) Praktischerweise ist darin die nominelle Vergleichsspannung t+∆tσv unter Verwendung des vorgescha¨tzten Wertes der Scha¨digung gebildet worden. Der effektive hydrostatische Anteil der Spannungen folgt dann mit (5.25) und (5.21) in (5.9) zu t+∆tσhyd eff = 13 tr(t+∆tKeff ) = (3λr+2µr) ( 1 3 tr(trllnVE)− αθr (t+∆tθ − θR) ) , (5.26) so dass die a¨quivalente Versagensdehnung gema¨ß der Funktionsvorschrift (3.59) t+∆tεf = εf ( t+∆tσhyd eff t+∆tσveff , ∆p∆t , t+∆tθ ) (5.27) in Abha¨ngigkeit der Spannungsmehrachsigkeit, der plastischen Dehnrate und der Tempe- ratur bestimmt ist. Durch Integration der Evolutionsgleichung des Lebensdauerverbrauchs, (T 3.1-7) bzw. (T 4.1-7), mittels Backward-EULER Verfahren folgt dann die gesuchte Scha¨di- gungsgro¨ße zu t+∆td = (t+∆ts)Dw , mit t+∆ts = ts + Dct+∆tεf ∆p . (5.28) Damit sind sa¨mtliche Gro¨ßen in Abha¨ngigkeit des plastischen Dehnungsinkrements ∆p be- stimmt, die fu¨r die Berechnung der Spannungen gema¨ß (5.9) beno¨tigt werden. Daru¨ber hin- aus ist mit der Kenntnis der linken elastischen logarithmischen Verzerrungen t+∆tlnVE auch die Inverse des plastischen rechten CAUCHY-GREEN Deformationstensors mit t+∆tGP = t+∆tF−1P · t+∆tF−TP = t+∆tF−1 · t+∆tBE · t+∆tF−T = t+∆tF−1 · exp{2 t+∆tlnVE } · t+∆tF−T (5.29) bekannt. Eine Zusammenfassung des Vorgehens ist in Tabelle 5.2 auf Seite 66 beschrie- ben. Fu¨r eine vollsta¨ndige Berechnung verbleibt es also noch, das plastische Dehnungsin- krement ∆p zu bestimmen. Fu¨r das lokale GIV-Modell entspricht diese gesuchte Gro¨ße dem lokalen Inkrement der plastischen Vergleichsdehnung, ∆p ≡ ∆εvP (siehe auch Gl. 5.16), das u¨ber die Gleichung des JOHNSON & COOK-Modells bestimmt wird. Hingegen ist fu¨r das nicht- lokale DOF-Modell das gesuchte Dehnungsinkrement durch die inelastische Feldgro¨ße γ direkt bekannt, ∆p ≡ t+∆tγ − tγ (siehe auch Gl. 5.16), so dass fu¨r dieses Modell die Span- nungsberechnung abgeschlossen ist. Jedoch wird auch fu¨r das DOF-Modell das lokale Deh- nungsinkrement ∆εvP in der Berechnung beno¨tigt, siehe (5.8). Das entsprechende Vorgehen wird in dem folgenden Abschnitt erla¨utert. 62 BAM-Dissertationsreihe 5. Zeitdiskretisierung 5.4.2 Bestimmung des lokalen plastischen Dehnungsinkrements Die Bestimmung des lokalen plastischen Dehnungsinkrements erfolgt auf Grundlage der In- tegration einer viskoplastischen Stoffgleichung, wie in (2.103) allgemein angegeben. Stellver- tretend fu¨r diese Klasse von Modellen wird das in Kapitel 3 beschriebene JOHNSON & COOK- Deformationsmodell in der Form (T 3.1-9) betrachtet, i.e., der Einfachheit an dieser Stelle wiederholt ε˙vP = g(σv, d, εvP, θ) = ε˙0 〈 exp { 1 C ( σv(1− d)(A+B(εvP)n )(1− (T (θ))m) − 1 )} − 1 〉 . (5.30) Die Integration dieser Gleichung in dem Zeitintervall t → t+∆t liefert mit Hilfe des EULER- Verfahrens zuna¨chst allgemein unter Verwendung des Integrationsparameters ϑ die Bezie- hung ∆εvP = t+∆tεvP − tεvP = ∆t ((1− ϑ) tg + ϑ t+∆tg) , (5.31) mit tg = g( tσv, td, tεvP, tθ) und (5.32a) t+∆tg = g( t+∆tσv, t+∆td, t+∆tεvP, t+∆tθ) . (5.32b) Wird das Verschiebungsfeld durch eine explizites Integrationsverfahren bestimmt, d. h. wird auf globaler Ebene ein explizites Verfahren verwendet, dann bietet es sich an, auch fu¨r die Integration des Dehnungsinkrements, d. h. auch auf lokaler Ebene, ein explizites Verfahren zu verwenden, da aus den genannten Stabilita¨tsgru¨nden der verwendete Zeitschritt bereits sehr klein ist. Prinzipiell kann natu¨rlich auch bei Verwendung eines global expliziten Verfahrens ein lokal implizites Verfahren verwendet werden. Andererseits ist es meist aus Gru¨nden der Zeit- schrittweite nicht sinnvoll, fu¨r ein global implizites Verfahren auf lokaler Ebene ein explizites Verfahren zu verwenden, so dass dann auch auf lokaler Ebene ein implizites Integrationsver- fahren eingesetzt werden muss. Explizite Zeitintegration Unter Verwendung von ϑ = 0 in (5.31) und mit (5.32a) folgt ∆εvP = ∆t ε˙0 〈 exp { 1 C ( tσv(1− td)(A+B(tεvP)n )(1− (T (tθ))m) − 1 )} − 1 〉 , (5.33) wobei sa¨mtliche Gro¨ßen zum Zeitpunkt t, das sind Vergleichsspannung tσv, Scha¨digung td, akkumulierte plastische Dehnung tεvP und Temperatur tθ, bekannt sind. Daher kann das gesuchte Dehungsinkrement ∆εvP direkt, d. h. explizit, aus den bekannten Gro¨ßen berechnet werden. 63 5. Zeitdiskretisierung Implizite Zeitintegration Hingegen folgt unter Verwendung von ϑ > 0 in (5.31) ein implizites Verfahren. Das zu bestim- mende Dehnungsinkrement entspricht daher fu¨r einen inelastischen Prozess der Lo¨sung der Residuumsgleichung 0 != r(∆ε(i)vP ) := σ(i)veff − ( A+B(ε(i)vP )n)(1 + C ln(1 + ε˙(i)vP /ε˙0 ))(1− (T (i))m ) , (5.34) wobei die effektive Vergleichsspannung, die lokale akkumulierte plastische Vergleichsdeh- nung, die lokale plastische Vergleichsdehnrate sowie die Temperatur und homologe Tempe- ratur gema¨ß σ(i)veff = trlσveff − 3µr ∆ε(i)vP (5.35a) ε(i)vP = tεvP +∆ε(i)vP (5.35b) ε˙(i)vP = ∆ε(i)vP /∆t (5.35c) θ(i) = trlθ + βr/(%rcθr) (1− trld) σ(i)veff ∆ε(i)vP (5.35d) T (i) = min( 1.0 ; max( 0.0 ; (θ(i) − θR)/(θM − θR) )) , (5.35e) jeweils von dem lokalen plastischen Dehnungsinkrements ∆ε(i)vP abha¨ngen, was in (5.35) fu¨r das implizite Backward-EULER Verfahren mit ϑ = 1 angegeben ist. Eine Unterschei- dung, ob ein elastischer oder inelastischer Prozess vorliegt, la¨sst sich durch Auswertung der vorgescha¨tzten ¨Uberspannung trlφ angegeben. Aufgrund der Definition der Residuumsglei- chung (5.34) und der ¨Uberspannung gema¨ß (3.50) gilt trlφeff ≡ r(0) , und { trlφeff ≤ 0 , elastisch: ∆ε(i)vP = 0 trlφeff > 0 , inelastisch: als Lo¨sung von r(∆ε(i)vP ) = 0 } . (5.36) Fu¨r einen inelastischen Prozess wird die in ∆ε(i)vP nichtlineare lokale Residuumsgleichung (5.34) daher iterativ mit Hilfe eines NEWTON-Verfahrens gelo¨st. Dazu wird (5.34) im Sinne einer TAYLOR-Reihenentwicklung um den Wert ∆ε(i)vP entwickelt 0 != r(∆ε(i+1)vP ) = r(∆ε(i)vP ) + ∂ r(∆εvP)∂∆εvP ∣∣∣∣ (i) (∆ε(i+1)vP −∆ε(i)vP )+O(2) , (5.37) so dass mit Abbruch nach dem linearen Term das Iterations-Update mit ∆ε(i+1)vP = ∆ε(i)vP − ( ∂ r(∆εvP) ∂∆εvP ∣∣∣∣ (i) )−1 r(i) (5.38) folgt. Die lokale Iteration ist beendet, wenn der Betrag des Residuums einen tolerierbaren Grenzwert unterschreitet, | r(i)| < tol . Es verbleibt, die beno¨tigte Ableitung der Residuums- gleichung zu bestimmen: Mit den einzelnen Faktoren des JOHNSON & COOK-Ansatzes fh(εvP) = A+B (εvP )n , f ′h(εvP) = Bn (εvP )n−1 , (5.39a) fr(ε˙vP) = 1 + C ln (1 + ε˙vP/ε˙0 ) , f ′r(ε˙vP) = C/(ε˙0 + ε˙vP) , (5.39b) ft(T ) = 1− Tm , f ′t(T ) = −mTm−1 (5.39c) 64 BAM-Dissertationsreihe 5. Zeitdiskretisierung sowie den Ableitungen der Beziehungen (5.35a - e) gema¨ß (∂∆ε(i)vP σ (i) veff )∣∣ (i) = −3µr (5.39d)(∂∆ε(i)vP ε (i) vP )∣∣ (i) = 1 (5.39e)(∂∆ε(i)vP ε˙ (i) vP )∣∣ (i) = 1/∆t (5.39f)(∂∆ε(i)vP θ (i))∣∣ (i) = βr/(%rcθr) (1− trld) (σ(i)veff − 3µr ∆ε(i)vP ) (5.39g) (∂θ T )∣∣ (i) = (H0(θM − θ(i))H1(θ(i) − θR) )/(θM − θR) , (5.39h) folgt schließlich die gesuchte Ableitung zu ∂ r(∆εvP) ∂∆εvP ∣∣∣∣ (i) = −3µr− f ′h(ε(i)vP ) fr(ε˙(i)vP ) ft(T (i)) − fh(ε(i)vP ) f ′r(ε˙(i)vP ) ft(T (i)) (1/∆t) − fh(ε(i)vP ) fr(ε˙(i)vP ) f ′t(T (i)) (∂θ T )∣∣ (i) (∂∆ε(i)vP θ (i))∣∣ (i) , (5.40) wobei in (5.39h) die HEAVISIDE-Funktion gema¨ß Hξ(x) :=    0 , fu¨r x < 0 ξ , fu¨r x = 0 1 , fu¨r x > 0    (5.41) verwendet wird, um der Definition der homologen Temperatur gema¨ß (3.5) Rechnung zu tra- gen. In den meisten Fa¨llen liegt die Temperatur zwischen der Umgebungs- und der Schmelz- temperatur, so dass die HEAVISIDE-Funktion in der Ableitung (5.39h) in der Regel nicht aus- gewertet werden muss, (∂θ T ) = 1/(θM−θR), fu¨r θR ≤ θ < θM. Die Gleichungen zur Bestimmung des lokalen plastischen Dehnungsinkrements sind in Ta- belle 5.3 zusammengefasst. Bei der Implementierung empfiehlt es sich, einen Schalter ςd in der Formulierung der Scha¨digungsgro¨ße zu beru¨cksichtigen, (1− d) ≡ (1− ςd d) , mit    ςd = 0 , ohne Scha¨digung, oder inkl. Versagen mit d < Dmax ςd = 1 , inkl. Versagen mit d ≥ Dmax, oder inkl. Scha¨digung    (5.42) so dass auf einfache Weise die unterschiedlichen Entfestigungsmechanismen, das sind ent- weder ausschließliche Temperaturentfestigung ohne Scha¨digung und Versagen, Versagens- modellierung bei Erreichen eines kritischen Scha¨digungswertes Dmax oder unter Beru¨ck- sichtigung der Scha¨digung gema¨ß des effektiven Spannungskonzeptes, modelliert werden ko¨nnen. 65 5. Zeitdiskretisierung Tabelle 5.1: Standardformen des NEWMARK-Integrationsverfahrens Methode Typ βN γN Stabilita¨t Trapezregel implizit 14 1 2 unbedingt Lineare Beschleunigung implizit 16 1 2 bedingt Zentrales Differenzenverfahren explizit 0 12 bedingt max. Hochfrequenz-Dissipation implizit 0.49 0.9 unbedingt (nach Hughes, 2000, S. 501) Tabelle 5.2: Zusammenfassung des Spannungsalgorithmus bekannte Gro¨ßen: Materialparameter, ∆t, tF , tGP, tθ, ts, t+∆tF (A.) elastische Vorscha¨tzung: 1. trllnVE = 12 ln ( t+∆tF · tGP · t+∆tF ) (T 5.2-1) 2. trlθ = tθ (T 5.2-2) 3. trls = ts (T 5.2-3) 4. trld = (trls)Dw (T 5.2-4) 5. trlσveff = 2µr √ 3/2 ∣∣∣∣dev(trllnVE) ∣∣∣∣ (T 5.2-5) 6. trlN = sgn(dev(trllnVE)) (T 5.2-6) (B.) Bestimmung des plastischen Korrektors ∆p ( siehe Tabelle 5.3 ) (C.) Berechnung der Gro¨ßen zum Zeitpunkt t+∆t: 1. t+∆tlnVE = trllnVE −∆p √ 3/2 trlN (T 5.2-7) 2. t+∆tG = t+∆tF−1 · exp{2 t+∆tlnVE } · t+∆tF−T (T 5.2-8) 3. t+∆tσveff = trlσveff − 3µr∆p (T 5.2-9) 4. t+∆tθ = trlθ + βr/(%rcθr) (1− trld) t+∆tσveff ∆p (T 5.2-10) 5. t+∆tσhyd eff = (3λr+2µr) (1 3 tr(trllnVE)− αθr (t+∆tθ − θR) ) (T 5.2-11) 6. t+∆tσ¯trx = t+∆tσhyd eff /t+∆tσveff (T 5.2-12) 7. t+∆tεf = εf ( t+∆tσ¯trx, ∆p/∆t, t+∆tθ ) [gema¨ß Gl. 3.59] (T 5.2-13) 8. t+∆ts = trls +Dc/t+∆tεf ∆p (T 5.2-14) 9. t+∆td = (t+∆ts)Dw (T 5.2-15) 10. t+∆tK = K( t+∆tlnVE, t+∆tθ, t+∆td) [gema¨ß Gl. 5.9] (T 5.2-16) 66 BAM-Dissertationsreihe 5. Zeitdiskretisierung Tabelle 5.3: Bestimmung des lokalen Dehnungsinkrements ∆εvP und des plastischen Korrektors ∆p bekannte Gro¨ßen: Materialparameter, Art der Modellformulierung, ∆t, tF , tγ , tGP, tθ= trlθ, td= trld, tσv, trlσveff , t+∆tF , t+∆tγ (•) lokales Modell, explizites Verfahren: 1. ∆εvP = ∆t ε˙0 〈 exp { 1 C ( tσv/(1− td)(A+B(tεvP)n )(1− (T (tθ))m) − 1 )} − 1 〉 (T 5.3-1) 2. ∆p = ∆εvP (T 5.3-2) (◦) lokales Modell, implizites Verfahren: 0. Startwert der Iteration (i = 0): ∆ε(i)vP = 0 (T 5.3-3) 1. ε(i)vP = tεvP +∆ε(i)vP (T 5.3-4) 2. ε˙(i)vP = ∆ε(i)vP/∆t (T 5.3-5) 3. σ(i)veff = trlσveff − 3µr ∆ε(i)vP (T 5.3-6) 4. θ(i) = trlθ + βr/(%rcθr) (1− trld)σ(i)veff ∆ε(i)vP (T 5.3-7) 5. T (i) = min( 1.0 ; max( 0.0 ; (θ(i) − θR)/(θM − θR) )) (T 5.3-8) 6. r(i) = σ(i)veff − (A+B(ε(i)vP)n )(1 + Cln(1 + ε˙(i)vP/ε˙0) )(1− (T (i))m) (T 5.3-9) 7. |r(i)| ≤ tol oder r(0) < 0 −→ goto 11. (T 5.3-10) 8. bestimme (r,∆εvP )(i) gema¨ß (5.40) mit (5.39a - h) (T 5.3-11) 9. ∆ε(i+1)vP = ∆ε(i)vP − r(i)/ (r,∆εvP )(i) (T 5.3-12) 10. (i+ 1) → (i) goto 1. (T 5.3-13) 11. ∆εvP = ∆ε(i)vP (T 5.3-14) 12. ∆p = ∆εvP (T 5.3-15) (?) nicht-lokales Gradienten-Modell: 1. ∆εvP nach (•) oder (◦), jedoch mit tεvP ≡ tγ (T 5.3-16) 2. ∆p = t+∆tγ − tγ (T 5.3-17) 67 6. Finite-Element Approximation 6 Finite-Element Approximation 6.1 Ortsdiskretisierung und allgemeines Vorgehen Im Rahmen der Finiten-Elemente Methode (FEM) wird das zu bestimmende Lo¨sungsfeld, bzw. bei Mehrfeldproblemen jedes einzelne Lo¨sungsfeld, u¨ber die an diskreten Knotenpunk- ten definierten Kontinuumsfreiheitsgrade (DOFs) approximiert. Dazu wird die gesamte Struk- tur Br in eine endliche Anzahl von Elementen Ωe unterteilt, Br u Ω = nEL⋃ e=1 Ωe , (6.1) wobei Ω das die Approximation des gesamten Gebiets Br kennzeichnet, siehe auch Bild 6.1, und mit nEL die Anzahl der einzelnen Elemente angegeben ist. Die Berandung des appro- ximierten Gebietes wird zudem mit ∂BruΓ bezeichnet. Das grundlegende Prinzip der FEM besteht darin, die Feldgleichungen des Randwertproblems in dem Mittel u¨ber das Elementvo- lumen, d. h. in einer schwachen Form, zu erfu¨llen. Daraus resultiert, dass lediglich die Konti- nuumsfreiheitsgrade an den Elementknoten zu bestimmen sind, durch die die Lo¨sungsfelder approximiert werden. Die schwache, d. h. integrale Form der Feldgleichungen wird u¨ber die Anwendung von Variati- onsprinzipien, in der Regel des Prinzips der virtuellen Verschiebungen (P. d. v. V.), hergeleitet. Im Rahmen des isoparametrischen Konzeptes erfolgt sowohl die Approximation des Ortes als auch die des Lo¨sungsfeldes unter Verwendung der gleichen, elementweisen Interpolations- funktionen. Dieses Vorgehen gewa¨hrleistet die geometrische Kompabilita¨t der Abbildung und der Verschiebungsinkremente. Die Beru¨cksichtigung dieser Approximationen in der schwa- chen Formulierung fu¨hrt so auf ein im Allgemeinen nichtlineares Gleichungssystem fu¨r die Kontinuumsfreiheitsgrade des Gessamtsystems, das sich aus den einzelnen Beitra¨gen der Elementformulierung zusammensetzt. Im Sinne eines standardisierten Vorgehens erfolgt da- bei die Auswertung der relevanten Elementintegrale durch Transformation der Beziehungen auf ein Referenzelement mit gleichbleibenden Abmessungen und anschließend durch nume- rische Integration mit Hilfe geeigneter Integrationspunkte und Wichtungswerte. Nachfolgend sind die genannten Schritte zur Aufstellung des Gleichungssystems fu¨r die nicht- lokale Formulierung aus Kapitel 4 beschrieben. Fu¨r diesen Fall stellen das Verschiebungsfeld u(X , t) und das inelastische Verzerrungsfeld γ(X , t) die zu bestimmenden Lo¨sungsfelder dar, die durch die Kontinuumsfreiheitsgrade (DOFs) du und dγ approximiert werden. Deswei- teren wird daran anschließend auf die Verfahren zur Lo¨sung des Gleichungssystems sowie auf Aspekte der Implementierung in ein bestehendes FE-Programm eingegangen. 6.2 Schwache Formulierung Den Ausgangspunkt der schwachen Formulierung bildet die Einfu¨hrung der Testfunktionen fu¨r das jeweilige Feld, δu und δγ . Im Allgemeinen sind diese Funktionen beliebig, jedoch wird gefordert, dass sie im gesamten Lo¨sungsgebiet geometrisch kompatibel sind sowie an dem jeweiligen DIRICHLET-Rand verschwinden, i.e. δu(X , t) = 0 ,∀X ∈ Γu und δγ(X , t) = 0 ,∀X ∈ Γγ ≡ ∅ . (6.2) 68 BAM-Dissertationsreihe 6. Finite-Element Approximation Bild 6.1: Ortsdiskretisierung der Struktur im Rahmen der FEM Darin stellt aufgrund der Angabe der NEUMANN-Randbedingungen gema¨ß (T 4.1-14)2, i.e. P · nˆr = pˆ ,∀X ∈ Γσ und ∇rγ˙ · nˆr = 0 ,∀X ∈ Γϕ ≡ Γ , (6.3) mit Γϕ ≡ Γ der DIRICHLET-Rand des inelastischen Verzerrungsfeldes eine leere Menge dar, Γγ ≡ ∅. Zusammen mit der Bilanzgleichung des Verschiebungsfeldes (T 4.1-2) und der ent- sprechenden Gleichung des inelastischen Verzerrungsfeldes (T 4.1-3), i.e. DIV(P T) = %ru¨ und γ˙ − c¯r DIV(∇rγ˙) = ε˙vP , (6.4) mit P = K ·F−T, liefert die Integration u¨ber das Gebiet Ω dann unter Verwendung des GAUSS’schen Integralsatzes zur Umwandlung eines Volumenintegrals in ein Oberfla¨chen- integral, i.e. ∫ V DIV(•) dV = ∫ ∂V nˆr · (•) d∂V (6.5) mit der nach aussen gerichteten Normalen nˆr, schließlich die Gleichungen ∫ Ω δu · %ru¨ dΩ+ ∫ Ω ∇rδu : P dΩ = ∫ Γσ δu · pˆ dΓσ und (6.6a) ∫ Ω δγ γ˙ dΩ+ ∫ Ω ∇rδγ · c¯r∇rγ˙ dΩ = ∫ Ω δγ ε˙vP dΩ (6.6b) fu¨r die beiden Lo¨sungsfelder u(X , t) und γ(X , t). Zudem entspricht gema¨ß der Identita¨t ∇rδu = δ∇ru = δF der Gradient der virtuellen Verschiebungen dem virtuellen Deforma- tionsgradienten. Im Rahmen einer numerischen Implementierung ist es vorteilhaft, die tensorielle Darstellung der Gleichungen durch geeignete Matrizenoperationen mit Hilfe der VOIGT’schen Schreibwei- se auszudru¨cken. Zur Unterscheidung beider Schreibweisen wird die VOIGT-Notation durch 69 6. Finite-Element Approximation serifenlose, aufrechte Zeichen gekennzeichnet. Am Beispiel des Deformationsgradienten als Repra¨sentant eines unsymmetrischen Zweifeldtensors zeigt sich die Anordnung der einzel- nen Komponenten zu F = Fij ei⊗Ej = i\j 1 2 3 1 F11 F12 F13 2 F21 F22 F23 3 F31 F32 F33 E (6.7) VOIGT−→ F = (F11 F22 F33 F12 F13 F23 F21 F31 F32 )T . (6.8) Weitere Gro¨ßen in der VOIGT-Notation folgen entsprechend. Unter Verwendung dieser Dar- stellungsform folgt aus (6.6a, b) dann mit ∫ Ω δuT %ru¨ dΩ + ∫ Ω δFT P dΩ = ∫ Γσ δuT pˆ dΓσ (6.9a) ∫ Ω δγ γ˙ dΩ + ∫ Ω δ∇γ T c¯r∇γ˙ dΩ = ∫ Ω δγ ε˙vP dΩ . (6.9b) die schwache Form in Matrizenschreibweise. Aufgrund der Ortsdiskretisierung (6.1) kann das Volumenintegral u¨ber das gesamte Lo¨sungsgebiet Ω aus den einzelnen Integralen u¨ber Ωe zusammengesetzt werden. Die Integration u¨ber den Spannungsrand Γσ setzt sich hingegen nur aus der Integration u¨ber diejenigen Elementra¨nder zusammen, die die entsprechende Berandung des Gesamtgebietes bilden, siehe auch Bild 6.1. 6.3 Approximation der Elementgro¨ßen Die Lo¨sungsfelder u und γ werden elementweise u¨ber die Element-Knotenwerte deu und deγ mit Hilfe von Ansatzfunktionen interpoliert. Entsprechend werden die Raten sowie die virtuellen Gro¨ßen und ra¨umlichen Ableitungen der Lo¨sungsfelder in der Form u u Nu deu , u¨ u Nu d¨eu , δu u Nu δdeu , δF u Bu δdeu , (6.10a) γ u Nγ deγ , γ˙ u Nγ d˙eγ , ∇γ˙ u Bγ d˙eγ , δγ u Nγ δdeγ , δ∇γ u Bγ δdeγ (6.10b) approximiert, wobei N• die entsprechende Matrix der Ansatzfunktionen und B• die entspre- chende Matrix der ra¨umlichen Ableitungen der Ansatzfunktionen darstellt. Fu¨r ein zweidimen- sionales Problem mit einem vierknotigen Element und bilinearen Ansatzfunktionen fu¨r jedes Feld gilt beispielsweise fu¨r die Element-Knotenwerte der Kontinuumsfreiheitsgrade deu = (ue11 ue12 | ue21 ue22 | ue31 ue32 | ue41 ue42 )T und (6.11a) deγ = ( γe1 | γe2 | γe3 | γe4 )T (6.11b) sowie fu¨r die Matrizen der Ansatzfunktionen Nu = [N1 0 N2 0 N3 0 N4 0 0 N1 0 N2 0 N3 0 N4 ] , Nγ = [N1 N2 N3 N4 ] . (6.12) 70 BAM-Dissertationsreihe 6. Finite-Element Approximation Bei der Formulierung der Matrix der Ableitungen der Ansatzfunktionen B muss bei ebenen Problemstellungen zwischen dem ebenen Verzerrungszustand (EVZ), dem ebenen Span- nungszustand (ESZ) und dem axialsymmetrischen Zustand (AXZ) unterschieden werden. Fu¨r den EVZ gilt beispielsweise Bu =   N1,X1 0 N4,X1 0 0 N1,X2 0 N4,X2 0 0 ·· ·· 0 0 N1,X2 0 N4,X2 0 0 N1,X1 0 N4,X1   , Bγ = [ N1,X1 N2,X1 N3,X1 N4,X1 N1,X2 N2,X2 N3,X2 N4,X2 ] . (6.13) Bei der standardma¨ßigen Elementformulierung nimmt jede Interpolationsfunktion N i an dem Elementknoten i den Wert eins an und verschwindet an den u¨brigen Elementknoten. Da- mit wird der berechnete Wert eines Freiheitsgrades direkt mit dem Wert des Lo¨sungsfeldes an dieser Stelle assoziiert. Bei Mehrfeldproblemen muss nicht zwangsla¨ufig jedes Feld u¨ber die selben Interpolationsfunktionen approximiert werden. In Pamin (1994) ist beispielswei- se der Einfluss unterschiedlicher Polynomgrade der Ansatzfunktionen im Zusammenhang mit der Gradienten-Plastizita¨tstheorie bei kleinen Deformationen und unter quasi-statischen Bedingungen untersucht worden. Darin zeigt sich, dass sich eine Berechnung unter Verwen- dung von Elementformulierungen mit ho¨herwertigeren Ansatzfunktionen fu¨r das inelastische Verzerrungsfeld, als fu¨r das Verschiebungsfeld robuster und im Sinne der Konvergenz der Lo¨sung effizienter verha¨lt als eine Berechnung unter Verwendung entsprechend kleinerer Elementabmessungen mit jeweils linearen Ansatzfunktionen fu¨r jedes Feld. ¨Ahnliche Resul- tate wurden auch fu¨r andere Mehrfeldproblemstellungen (siehe z. B. Flatten, 2001) erhalten. In dem Rahmen dieser Arbeit wird jedoch der u¨bliche Ansatz linearer Interpolationsfunktionen fu¨r beide Lo¨sungsfelder verfolgt, um die Ziele dieser Arbeit zu erreichen. Durch Verwendung der Approximationen (6.10a, b) und Beru¨cksichtigung der Beliebigkeit der virtuellen Knotengro¨ßen folgen aus der elementweisen Approximation der schwachen Form (6.9a, b) schließlich die elementweisen Beziehungen feu,int = feu,ext und feγ,int = feγ,ext (6.14) mit den inneren und a¨ußeren Elementknotenkraftvektoren gema¨ß feu,int := (∫ Ωe NTu %rNu dΩe ) d¨eu + ∫ Ωe BTu P dΩe (6.15) feγ,int := (∫ Ωe NTγ Nγ + BTγ c¯rBγ dΩe ) d˙eγ − ∫ Ωe NTγ ε˙vP dΩe (6.16) feu,ext := ∫ Γeσ NTu pˆ dΓeσ (6.17) feγ,ext := 0 . (6.18) Um das FE-Verfahren weiter zu standardisieren, werden die Gebietsintegrale Ωe auf ein Einheitsgebiet Ω¤e transformiert und dort ausgewertet, siehe Bild 6.2. Dieses Verfahren ermo¨glicht die fu¨r jedes Element einheitliche Definition der Ansatzfunktionen N i in den 71 6. Finite-Element Approximation natu¨rlichen Koordinaten {ξ1, ξ2}, so dass fu¨r vierknotige Elemente mit bilinearen Ansatz- funktionen dann N1(ξ1, ξ2) = 14(1− ξ1)(1− ξ2) (6.19a) N2(ξ1, ξ2) = 14(1 + ξ1)(1− ξ2) (6.19b) N3(ξ1, ξ2) = 14(1 + ξ1)(1 + ξ2) (6.19c) N4(ξ1, ξ2) = 14(1− ξ1)(1 + ξ2) (6.19d) gilt. Die Transformation zwischen den natu¨rlichen Koordinaten {ξ1, ξ2} und den physikali- schen Koordinaten {X1, X2} erfolgt unter Verwendung der JACOBI-Matrix, bzw. deren Inver- sen J¤e =   ∂X1 ∂ξ1 ∂X1 ∂ξ2∂X2 ∂ξ1 ∂X2 ∂ξ2   bzw. J−1¤e =   ∂ξ1 ∂X1 ∂ξ1 ∂X2∂ξ2 ∂X1 ∂ξ2 ∂X2   , (6.20) wobei die Komponenten von J¤e gema¨ß ∂Xi ∂ξj = 4∑ k=1 ∂Nk ∂ξj Xeki (6.21) aus den Ableitungen der Ansatzfunktionen nach der entsprechenden natu¨rlichen Koordinate ξj sowie den physikalischen Elementknoten-Koordinaten Xeki berechnet werden. Dabei be- zeichnet Xeki die i-te Komponente des Ortsvektors des k-ten Elementknoten. Die relevanten ra¨umlichen Ableitungen der Ansatzfunktionen in der B-Matrix folgen fu¨r den ebenen Fall dann zu N i,Xj = 2∑ k=1 ∂N i ∂ξk ∂ξk ∂Xj = ∂N i ∂ξ1 ∂ξ1 ∂Xj + ∂N i ∂ξ2 ∂ξ2 ∂Xj , (6.22) wobei die Komponenten der Inversen der JACOBI-Matrix, siehe (6.20)2, verwendet werden. Die Auswertung des Gebietsintegrals einer beliebigen skalaren Funktion f ergibt dann unter Verwendung der Determinanten der JACOBI-Matrix |J¤e | schließlich ∫ Ωe f(ξ1(X1, X2), ξ2(X1, X2)) dΩe = +1∫ −1 +1∫ −1 f(ξ1, ξ2)|J¤e | dΩ¤e . (6.23) Die Integration u¨ber das konstante Gebiet von ξ ∈ [−1,+1] erfolgt daru¨ber hinaus numerisch mit Hilfe der gewichteten Summation der an geeigneten Integrationsstu¨tzstellen ξGP ausge- werteten Funktion. Je nach Ordnung p des zu integrierenden Polynoms richtet sich die Anzahl der beno¨tigten Integrationspunkte nGP, wobei in der Regel die Beziehung p ≤ (2nGP−1) gilt. In Tabelle 6.1 sind die GAUSS’schen Integrationspunkte und zugeho¨rigen Wichtungswerte angegeben. Generell gilt fu¨r ebene Problemstellungen dann +1∫ −1 +1∫ −1 f(ξ1, ξ2)|J¤e | dΩ¤e = nGP∑ i=1 nGP∑ j=1 f(ξGPj , ξGPi)|J¤e (ξGPj , ξGPi)|wj wi , (6.24) 72 BAM-Dissertationsreihe 6. Finite-Element Approximation physikalischeKoordinaten natürliche Koordinaten Bild 6.2: Vierknotiges Element in physikalischen und natu¨rlichen Koordinaten wobei nGP die Anzahl der Integrationspunkte je Richtung angibt. Bei bilinearen Ansatzfunktio- nen gema¨ß (6.19) genu¨gen fu¨r eine vollsta¨ndige Integration zwei Integrationspunkte je Rich- tung. Werden weniger Integrationspunkte als angegeben verwendet, wovon insbesondere bei expliziten Verfahren Gebrauch gemacht wird, um die Rechenzeit zu minimieren, bedarf es einer zusa¨tzlichen Elementstabilisierung, damit sogenannte ” Hourglassing“-Effekte vermie- den werden. Fu¨r eine umfassende Diskussion dieser Effekte ist beispielsweise auf Govindjee (2002) oder Zienkiewicz und Taylor (2005) verwiesen. 6.4 Assemblierung 6.4.1 Assemblierung zum Gesamtsystem Das hinsichtlich der Kontinuumsfreiheitsgrade du und dγ zu lo¨sende Gleichungssystem setzt sich aus den einzelnen Anteilen der Elementknotenkraftvektoren (6.15) bis (6.18) zusammen. Die Assemblierung dieser Elementgro¨ßen zum Gesamtsystem erfolgt analog zu (6.1), so dass dann mit Ru = ( fu,ext − fu,int ) = nEL⋃ e=1 ( feu,ext − feu,int ) = 0 sowie (6.25a) Rγ = ( fγ,ext − fγ,int ) = nEL⋃ e=1 ( feγ,ext − feγ,int ) = 0 (6.25b) die globalen Residuumsgleichungen fu¨r jedes Feld getrennt angegeben sind. Diese Gleichun- gen (6.25a, b) stellen ein gekoppeltes, nichtlineares algebraisches Gleichungssystem fu¨r du und dγ dar. Der gekoppelte und nichtlineare Charakter wird nachfolgend durch die expli- zite Angabe der Abha¨ngigkeiten beider Gleichungssysteme deutlich: Der Residuumsvektor bezu¨glich des Verschiebungsfeldes ha¨ngt gema¨ß Ru(u¨n+1,un+1, γn+1) = fu,ext(pˆ(un+1))− fu,int(u¨n+1,P(F(un+1), γn+1)) (6.26) von dem Beschleunigungsfeld u¨, dem Verschiebungsfeld u und dem inelastischen Verzer- rungsfeld γ ab. Darin ist zuna¨chst allgemeingu¨ltig ein von der Deformation abha¨ngiger Rand- spannungsvektor pˆ beru¨cksichtigt. Ferner folgen die Spannungen P als nichtlineare Funktion 73 6. Finite-Element Approximation Tabelle 6.1: Integrationsstu¨tzstellen und Wichtungswerte nach GAUSS +1∫ −1 f(ξ) dξ = nGP∑ i=1 f(ξGPi)wi nGP ξGPi(nGP) wi(nGP) 1 0.000000000000000 2.000000000000000 2 -0.577350269189626 1.000000000000000 0.577350269189626 1.000000000000000 3 -0.774596669241483 0.555555555555555 0.000000000000000 0.888888888888889 0.774596669241483 0.555555555555555 4 -0.861136311594053 0.347854845137454 -0.339981043584856 0.652145154862546 0.339981043584856 0.652145154862546 0.861136311594053 0.347854845137454 5 -0.906179845938664 0.236926885056189 -0.538469310105683 0.478628670499366 0.000000000000000 0.568888888888889 0.538469310105683 0.478628670499366 0.906179845938664 0.236926885056189 des Deformationsgradienten F indirekt aus dem Verschiebungsfeld u. Der Residuumsvektor bezu¨glich des inelastischen Verzerrungsfeldes wird gema¨ß Rγ(un+1, γ˙n+1) = 0 − fγ,int(γ˙n+1, ε˙vP(F(un+1))) , (6.27) durch die Abha¨ngigkeit von Verschiebungsfeld und der Rate des inelastischen Verzerrungs- feldes beschrieben. Aus Gru¨nden der ¨Ubersichtlichkeit sind in (6.26) und (6.27) lediglich die Abha¨ngigkeiten der Residuen von den gesuchten Gro¨ßen zum Zeitpunkt tn+1 angegeben. Weitere Abha¨ngigkeiten von bekannten Gro¨ßen zum Zeitpunkt tn, wie z. B. F(un), γn oder der inneren Gro¨ßen GP,n, θn, sn, u. s. w., sind darin nicht dargestellt. Daru¨ber hinaus sind die Beschleunigungen u¨ und Verschiebungen u u¨ber die Zeitdiskretisierungen (5.1a) bzw. (5.3a) miteinander verknu¨pft, i.e. u(u¨n+1) bzw. u¨(un+1). 6.4.2 Assemblierung der Element-Freiheitsgrade In dem vorangegangenen Abschnitt 6.4.1 sind die Residuumsgleichungen fu¨r jedes Feld ge- trennt aufgestellt worden. Im Rahmen der Implementierung in ein FE-Programm ist es not- wendig beide Gleichungssysteme, d. h. beide Residuumsvektoren Ru und Rγ , zu einem ein- zigen Residuumsvektor R zusammenzufu¨gen. Diese Anforderung liegt darin begru¨ndet, dass in der Regel die Freiheitsgrade eines finites Elementes unabha¨ngig von dem jeweiligen Feld fortlaufend fu¨r jeden Elementknoten angegeben werden. Der Element-Freiheitsgradvektor de entha¨lt die Element-Freiheitsgradvektoren der jeweiligen Felder deu und deγ in der Form de = DOF⋃ (deu,deγ) = (ue11 ue12 γe1 | ue21 ue22 γe2 | ue31 ue32 γe3 | ue41 ue42 γe4 )T , (6.28) 74 BAM-Dissertationsreihe 6. Finite-Element Approximation was hier fu¨r ein vierknotiges Element (siehe auch Gln. 6.11a, b) ausgeschrieben ist. Insofern folgt der gesuchte Gesamtsystem-Residuumsvektor R unter Beachtung von (6.25b, b) zu R = nEL⋃ e=1 ( DOF⋃ ( (feu,ext − feu,int), (feγ,ext − feγ,int) )) (6.29) wobei nachfolgend auch die vereinfachte Schreibweise R ≡ DOF⋃ (Ru Rγ ) (6.30) verwendet wird. Analog gilt fu¨r die Assemblierung der Lo¨sungsvektoren zum Vektor der System-Freiheitsgrade d die Vorschrift d = nEL⋃ e=1 ( DOF⋃ (deu,deγ) ) ≡ DOF⋃ ( du dγ ) . (6.31) 6.5 Lo¨sungsalgorithmus Fu¨r die Lo¨sung des globalen Gesamtgleichungssystems (6.30) mit den Anteilen fu¨r jedes Feld gema¨ß (6.26) und (6.27), i.e. R(d, d˙, d¨) = 0 , (6.32) nach den Kontinuumsfreiheitsgraden d existieren unterschiedliche Herangehensweisen: Zum einen ist es mo¨glich, entweder implizite (und daher iterative) oder auch explizite Verfahren anzuwenden. Zum anderen existieren prinzipiell zwei unterschiedliche Verfahren zur Lo¨sung eines gekoppelten Mehrfeldproblems. Nachfolgend werden die einzelnen Verfahren na¨her beschrieben und diskutiert. 6.5.1 Iteratives NEWTON-RAPHSON Verfahren Das nichtlineare Gleichungssystem (6.32) wird fu¨r ein implizites Verfahren mittels eines ite- rativen NEWTON-RAPHSON Verfahrens gelo¨st. Dazu wird der Residuumsvektor R im Sinne einer TAYLOR-Reihenentwicklung um eine Stelle d(k) entwickelt 0 != R(k+1) = R(k) + [ Dd(R) ]∣∣∣ (k) ∆d(k) +O(∆d(k))2 (6.33) bzw. in der fu¨r die einzelnen Felder getrennten Formulierung gilt ( 0 0 ) != (Ru Rγ )(k+1) = (Ru Rγ )(k) + [ Ddu(Ru) Ddγ (Ru) Ddu(Rγ) Ddγ (Rγ) ]∣∣∣∣ (k) (∆du ∆dγ )(k) +O2 , (6.34) mit dem Inkrement des Lo¨sungsvektors gema¨ß ∆d(k) = d(k+1)−d(k). Mit dem NEWMARK- Zeitintegrationsverfahren fu¨r das Verschiebungsfeld gema¨ß (5.3a) gilt fu¨r die Linearisierung des Beschleunigungsfeldes u¨n+1 bezogen auf das Verschiebungsfeld un+1 dann, zuna¨chst in Tensor-Notation Du(u¨) ·∆u = 1βN∆t2 I ·∆u = 1βN∆t2 ∆u , (6.35) 75 6. Finite-Element Approximation bzw. in VOIGT-Notation entsprechend fu¨r die Knotenverschiebungen Ddu(d¨u)∆du = 1 βN∆t2 ∆du . (6.36) Mit der Integration des inelastischen Verzerrungsfeldes mittels eines Backward-EULER Ver- fahrens gema¨ß (5.7) folgt fu¨r die relevante Linearisierung der Verzerrungsrate γ˙n+1 nach dem Verzerrungsfeld γn+1 zu Dγ (γ˙)∆γ = 1∆t ∆γ −→ Ddγ (d˙γ)∆dγ = 1 ∆t ∆dγ . (6.37) Durch den Abbruch der TAYLOR-Reihenentwicklung (6.34) nach dem linearen Term und zu- sammen mit (6.36) und (6.37) folgt fu¨r einen Iterationsschritt (k) schließlich die linearisierte Beziehung [ 1 βN∆t2 [Muu 0 0 0 ] + [Kuu Kuγ Kγu Kγγ ] ]∣∣∣∣∣ (k) ( ∆d(k)u ∆d(k)γ ) = ( R(k)u R(k)γ ) , (6.38) wobei die einzelnen Anteile der Massenmatrix M bzw. Steifigkeitsmatrizen K aus den jewei- ligen Elementgro¨ßen Meuu := ∫ Ωe NTu %rNu dΩe , [8×8] (6.39) Keuu := ∫ Ωe BTu [ DF(P) ]Bu dΩe , [8×8] (6.40) Keuγ := ∫ Ωe BTu [ Dγ (P) ]Nγ dΩe , [8×4] (6.41) Keγu := − 1∆t ∫ Ωe NTγ [ DF(∆εvP) ]Bu dΩe , [4×8] (6.42) Keγγ := 1∆t ∫ Ωe (NTγ Nγ + BTγ c¯rBγ) dΩe , [4×4] (6.43) gema¨ß (6.1) assembliert werden. Ferner ist in (6.42) die lokale inelastische Verzerrungsrate gema¨ß (5.35c), i.e. ε˙vP = ∆εvP/∆t, verwendet worden. Die in den eckigen Klammern von (6.39) bis (6.43) angegebenen Matrizengro¨ßen beziehen sich dabei auf das zuvor beschrie- bene vierknotige Element mit bilinearen Ansatzfunktionen. 6.5.2 Bestimmung der Materialtangenten Um fu¨r das implizite NEWTON-RAPHSON Verfahren eine quadratische Konvergenz der Itera- tion, zumindest fu¨r Lo¨sungsvektoren, die in der na¨heren Umgebung des zu bestimmenden Lo¨sungsvektors liegen, zu erreichen, mu¨ssen die in (6.40) bis (6.42) angegebenen Material- tangenten DF(P), Dγ (P) sowie DF(∆εvP) konsistent zu dem jeweiligen Berechnungsverfah- ren der Spannungen P, siehe Tabelle 5.2, bzw. dem Verfahren zur Bestimmung des lokalen plastischen Inkrementes ∆εvP, siehe Tabelle 5.3, ermittelt werden. Diese konsistenten, bzw. inkrementellen Tangenten unterscheiden sich von den Kontinuumstangenten, da den jewei- ligen Berechnungsverfahren zum einen diskrete Zeitschrittweiten ∆t aber auch bestimmte 76 BAM-Dissertationsreihe 6. Finite-Element Approximation Annahmen wie beispielsweise die des Return-Mapping Algorithmus zugrunde liegen, siehe u. a. auch Klingbeil (2006). Fu¨r numerische Bestimmungsverfahren, die mit relativer Einfachheit zu implementieren sind, ist auf die einschla¨gige Literatur, u. a. von Simo (1992), Miehe (1996) oder Arndt (2000), verwiesen. An dieser Stelle werden jedoch die relevanten Schritte fu¨r eine analytische Be- stimmung der konsistenten Tangenten des in Kapitel 4 beschriebenen und in Tabelle 4.1 zu- sammengefassten nicht-lokalen Modells aufgefu¨hrt. Die vollsta¨ndige Angabe der einzelnen Ableitungen erfolgt daru¨ber hinaus im Anhang B ab Seite 164. Linearisierung der Spannungen: DF(P) und Dγ (P) Mit der Beziehung zwischen den PIOLA-KIRCHHOFF-Spannungen P und den KIRCHHOFF- Spannungen K gema¨ß (2.46) folgt unter Beru¨cksichtigung der allgemeinen Umformung (B.1) dann fu¨r die Ableitung der Spannungen P nach dem Deformationsgradienten F sowie dem inelastischen Verzerrungsfeld γ schließlich P = K ·F−T ⇒ DF (P ) = (I ⊕F−T) : DF (K)− (P ¯F−T) , und (6.44) ⇒ Dγ (P ) = (I ⊕F−T) : Dγ (K) . (6.45) Die beiden Summanden in (6.44) sind dabei als einerseits materielle und andererseits geometrische Tangente interpretierbar. Desweiteren gilt zur Bestimmung der KIRCHHOFF- Spannungen K die allgemeine Funktionsvorschrift gema¨ß (T 4.1-4) in Abha¨ngigkeit der ela- stischen linken logarithmischen Verzerrungen lnVE, der Temperatur θ sowie der isotropen Scha¨digung d. Zur Vereinfachung der Schreibweise wird das Potential ψ gema¨ß ψ(lnVE, θ, d) = (1− d) [ µr lnVE : lnVE + 12λr(I : lnVE)2−(3λr+2µr)αθr(θ−θr) I : lnVE +%rcθr (θ−θr−θln(θ/θr)) ] (6.46) eingefu¨hrt, so dass mit K = ∂ψ∂lnVE = (1− d) [ CI E : lnVE − (3λr+2µr)αθr(θ−θR) I ] (6.47) eben genau die Funktionsvorschrift (T 4.1-4) folgt. Damit folgen dann weiter die Ableitungen der KIRCHHOFF-Spannungen zu ⇒ DF (K) = ∂ 2ψ ∂lnV 2E : DF (lnVE)+ ∂2ψ ∂lnVE∂θ ⊗DF (θ)+ ∂ 2ψ ∂lnVE∂d ⊗DF (d) , (6.48) ⇒ Dγ (K) = ∂ 2ψ ∂lnV 2E : Dγ (lnVE) + ∂2ψ ∂lnVE∂θ Dγ (θ) + ∂ 2ψ ∂lnVE∂d Dγ (d) (6.49) mit den partiellen Ableitungen gema¨ß (B.2) bis (B.4). Bis zu diesem Punkt stimmen die al- gorithmischen Ableitungen mit den kontinuierlichen, d. h. infinitesimalen Ableitungen u¨berein. Mit der Integration der Evolutionsgleichungen fu¨r die elastischen logarithmischen Verzerrun- gen t+∆tlnVE, die Temperatur t+∆tθ sowie die Scha¨digung t+∆td gema¨ß des in Tabelle 5.2 an- gegebenen Algorithmus weichen die konsistenten Tangenten von den Kontinuumstangenten ab. Die Linearisierung dieser Gro¨ßen bezu¨glich des Deformationsgradienten F fu¨hrt gema¨ß der in dem Anhang B aufgefu¨hrten Ableitungen (B.5 bis B.18) auf ⇒ DF (t+∆tlnVE) = ( II s − 3µr∆γσveff ( II s− 13 I⊗I−trlN⊗ trlN )) : DF (trllnVE) , (6.50) 77 6. Finite-Element Approximation ⇒ DF (t+∆tθ) = ( βr %rcθr (1− trld)∆γ 2µr √ 3/2 trlN ) : DF (trllnVE) , (6.51) ⇒ DF (t+∆td) = −Dw(t+∆ts)Dw−1 ∆γDc(t+∆tεf)2 ( ∂εf ∂σ¯trx DF (t+∆tσ¯trx) + ∂εf ∂θ DF ( t+∆tθ) ) . (6.52) Die weiteren, in den Gleichungen (6.50 bis 6.52) auftretenden Ableitungen sind durch (B.5) fu¨r DF (trllnVE) sowie durch (B.15) und (B.17) fu¨r die partiellen Ableitungen der Versagens- dehnung εf nach der Mehrachsigkeit bzw. der Temperatur und durch (B.13) fu¨r DF (t+∆tσ¯trx) bestimmt. Daru¨ber hinaus liefert die Linearisierung der linken elastischen logarithmischen Verzerrun- gen t+∆tlnVE, der Temperatur t+∆tθ sowie der Scha¨digung t+∆td bezu¨glich des inelastischen Verzerrungsfeldes γ gema¨ß der Ableitungen (B.22 bis B.29) letztendlich mit ⇒ Dγ (t+∆tlnVE) = trllnVE − √ 3/2 trlN (6.53) ⇒ Dγ (t+∆tθ) = βr%rcθr (1− trld) ( t+∆tσveff − 3µr ) (6.54) ⇒ Dγ (t+∆td) = Dw(t+∆ts)Dw−1 Dct+∆tεf ( 1− ∆γt+∆tεf ( ∂εf ∂σ¯trx Dγ (t+∆tσ¯trx) + 1 ∆t ∂εf ∂γ˙ +∂εf∂θ Dγ ( t+∆tθ) )) (6.55) die fu¨r (6.49) beno¨tigten Gro¨ßen. Die weiteren, in (6.55) angegebenen Ableitungen sind durch (B.27) fu¨r Dγ (t+∆tσ¯trx) sowie durch (B.15 bis B.17) fu¨r ∂σ¯trx(εf), ∂γ˙ (εf) und ∂θ(εf) ebenfalls bestimmt. Linearisierung des lokalen, plastischen Vergleichsdehnungsinkrementes: DF(∆εvP) Fu¨r die Bildung der Steifigkeitsmatrix Kγu gema¨ß (6.42) ist die Linearisierung des lokalen in- elastischen Vergleichsdehnungsinkrementes ∆εvP bezu¨glich des Deformationsgradienten F erforderlich. Fu¨r ein implizites Verfahren wird dieses Inkrement durch die iterative Lo¨sung der skalaren, lokalen Residuumsgleichung r(∆εvP) = 0 bestimmt, siehe Tabelle 5.3. Insofern fu¨hrt die genannte Linearisierung auf DF (∆εvP) = [∂r(∆εvP) ∂∆εvP ]−1 DF (r(i)) (6.56) wobei die Ableitung r,∆εvP aus der lokalen Iteration bereits bekannt ist, siehe (T 5.3-11) bzw. Gleichung (5.40) mit (5.39a - h). Die algorithmische Ableitung der lokalen Residuumsglei- chung nach dem Deformationsgradienten liefert gema¨ß (B.19) mit (B.21) dann DF (r(i)) = ( ∂r(i) ∂t+∆tσ(i)veff + ∂r (i) ∂t+∆tθ(i) ∂t+∆tθ(i) ∂t+∆tσ(i)veff ) 2µr √ 3/2 trlN : DF (trllnVE) , (6.57) erneut mit DF (trllnVE) gema¨ß (B.5). Der Klammerausdruck in (6.57) ist daru¨ber hinaus in (B.20) angegeben und liegt na¨herungsweise in der Gro¨ßenordnung des Wertes eins. 78 BAM-Dissertationsreihe 6. Finite-Element Approximation 6.5.3 Lo¨sung des gekoppelten Mehrfeldproblems Mit den in dem vorangegangenen Abschnitt 6.5.2 bestimmten Materialtangenten sind nun sa¨mtliche Gro¨ßen bekannt, um das linearisierte Gleichungssystem in der Form (6.38) aufzu- stellen und hinsichtlich der Inkremente ∆du und ∆dγ zu lo¨sen. Dazu bieten sich generell zwei unterschiedliche Verfahren an: Zum einen werden, wie in (6.38) angegeben, beide Lo¨sungs- felder wa¨hrend eines Iterationsschrittes gleichzeitig aktualisiert. Diese Vorgehensweise wird als monolithisches Verfahren bezeichnet, wobei an dieser Stelle gesondert auf die entspre- chende Anordnung der Freiheitsgrade in der Form S(k)∆d(k) = R(k) (6.58) mit S = nEL⋃ e=1 Se = nEL⋃ e=1 (DOF⋃ [ 1 βN∆t2 [Meuu 0 0 0 ] + [Keuu Keuγ Keγu Keγγ ] ] ) (6.59) sowie (6.31) fu¨r ∆d(k) und (6.29) fu¨r R(k) eingegangen wird. Fu¨r ein vierknotiges Element mit bilinearen Ansatzfunktionen entspricht daher die assemblierte Elementmatrix Se einer [12× 12]-Matrix. Andererseits werden bei einer als gestaffeltes (staggered) Verfahren bezeichneten Vorge- hensweise abwechselnd jeweils die einzelnen Gleichungen fu¨r jedes Feld separat berechnet und aktualisiert. Bei diesem Verfahren werden zwar die Kopplungsmatrizen Kuγ und Kγu nicht verwendet, [ 1 βN∆t2 Muu +Kuu ]∣∣∣ (k) ∆d(k)u = R(k)u , fu¨r ∆d(k)γ = konst. (6.60)[ Kγγ ]∣∣∣ (l) ∆d(l)γ = R(l)γ , fu¨r ∆d(l)u = konst., (6.61) es entsteht jedoch dennoch ein rechnerischer Mehraufwand, da die jeweiligen Iterationen (k) und (l) solange abwechselnd durchgefu¨hrt werden mu¨ssen, bis beide Ergebnisse konvergiert sind. Ein monolithisches Verfahren ist aus diesem Grund fu¨r einen impliziten Algorithmus wesentlich effizienter und wird gegenu¨ber einem gestaffelten Verfahren bevorzugt. 6.5.4 Explizites Lo¨sungsverfahren Fu¨r ein explizites Verfahren zur Lo¨sung der Kontinuumsfreiheitsgrade du und dγ mu¨ssen aufgrund der fu¨r jedes Feld unterschiedlichen Ordnung der auftretenden zeitlichen Ableitun- gen, d. h. zweiter Ordnung fu¨r das Verschiebungsfeld u sowie erster Ordnung fu¨r das Verzer- rungsfeld γ , beide Lo¨sungsfelder separat bestimmt werden. In diesem Zusammenhang ist an dieser Stelle gesondert darauf hingewiesen, dass nachfolgend ein explizites Integrations- verfahren fu¨r das als implizit bezeichnete Gradientenmodell beschrieben wird. Ein als explizit bezeichnetes Gradientenmodell (siehe zur Unterscheidung Gln. 4.12 und 4.13) wird aus den in Kapitel 4 beschriebenen Gru¨nden generell nicht betrachtet. Um explizite Integrationsverfahren, d. h. ein explizites NEWMARK-Verfahren fu¨r das Verschie- bungsfeld mit βN = 0 sowie ein Forward-EULER Verfahren fu¨r das inelastische Verzerrungs- feld mit ϑ = 0, anwenden zu ko¨nnen, werden die jeweiligen Residuumsgleichungen Ru 79 6. Finite-Element Approximation und Rγ hinsichtlich der Raten ho¨chster Ordnung der Lo¨sungsfelder d¨u und d˙γ linearisiert; damit folgt − [ Dd¨u(Ru) Dd˙γ (Ru) Dd¨u(Rγ) Dd˙γ (Rγ) ]∣∣∣∣∣ (k) (∆d¨u ∆d˙γ )(k) = (Ru Rγ )(k) . (6.62) Mit den Integrationsalgorithmen (5.1a) und (5.6) folgt mit Einsetzen von Dd¨u(du)∆d¨u = βN∆t 2 ∆d¨u und Dd˙γ (dγ)∆d˙γ = ϑ∆t∆d˙γ (6.63) in (6.62) zuna¨chst allgemein [ (Muu+βN∆t2Kuu ) ϑ∆tKuγ βN∆t2Kγu ∆tKγγ ]∣∣∣∣ (k) (∆d¨u ∆d˙γ )(k) = (Ru Rγ )(k) , (6.64) wobei die identischen Massen- bzw. Steifigkeitsmatrizen, wie sie fu¨r das implizite Verfahren in (6.39 bis 6.43) definiert worden sind, verwendet werden. Insbesondere fu¨r ein explizites NEWMARK-Verfahren mit βN = 0 und ein Forward-EULER Verfahren ϑ = 0 sowie der Schreib- weise K¯γγ ≡ ∆tKγγ folgen die getrennt voneinander zu lo¨senden Gleichungssysteme Muu ∆d¨u = R(0)u und (6.65) K¯γγ ∆d˙γ = R(0)γ . (6.66) Eine Iteration ist daher bei einer expliziten Vorgehensweise nicht erforderlich. Es genu¨gt, den Residuumsvektor des Verschiebungsfeldes Ru entsprechend (6.26) durch R(0)u = Ru(u¨(0)n+1,u(0)n+1, γ (0)n+1) (6.67) sowie den des inelastischen Verzerrungsfeldes Rγ entsprechend (6.27) durch R(0)γ = Ru(u(0)n+1, γ˙ (0)n+1) (6.68) aufzustellen, mit den direkt aus den bekannten Gro¨ßen des vorangegangenen Zeitschritts tn zu bestimmenden Anfangswerten    u(0)n+1 = un +∆t u˙n + 12∆t2 u¨n u¨(0)n+1 = 0    und    γ (0)n+1 = γn +∆t γ˙n γ˙ (0)n+1 = γ˙n    . (6.69) Nach Bestimmung der Lo¨sungsinkremente ∆u¨ und ∆γ˙ aus den Gleichungssystemen (6.65) und (6.66) folgen dann die gesuchten Feldgro¨ßen zum Zeitpunkt tn+1 zu    un+1 = u(0)n+1 u˙n+1 = u˙n +∆t ((1−γN)u¨n + γN∆u¨ ) u¨n+1 = ∆u¨    und    γn+1 = γ (0)n+1 γ˙n+1 = γ˙ (0)n+1 +∆γ˙    . (6.70) ¨Ublicherweise wird fu¨r die Bestimmung des Beschleunigungsinkrementes ∆d¨u die Massen- matrix Muu diagonalisiert (lumped mass), damit diese sehr einfach invertiert werden kann. 80 BAM-Dissertationsreihe 6. Finite-Element Approximation Fu¨r die Berechnung des inelastischen Verzerrungsrateninkrementes ∆d˙γ kann eine solche Diagonalisierung der Matrix K¯γγ nicht ohne Weiteres erfolgen. Insbesondere nicht fu¨r von null verschiedene nicht-lokale Parameterwerte c¯r > 0, da ansonsten der Wirkung des Ein- flusses des Gradienten der Plastizita¨t nur unzureichend Rechnung getragen wird. Es verbleibt daher, zumindest die nicht-diagonalisierte Matrix K¯γγ invertieren zu mu¨ssen, wobei dadurch der ansonsten fu¨r grosse Matrizen existierende Rechenzeitvorteil eines expliziten Verfahrens gegenu¨ber einem impliziten Verfahren verloren geht. Unter Ausnutzung der Eigenschaft, dass die Matrix K¯γγ konstant ist, braucht die Invertierung jedoch nur einmal durchgefu¨hrt zu wer- den. Es ha¨ngt jedoch von dem verwendeten FE-Programm ab, ob die Mo¨glichkeit der Spei- cherung der invertierten Matrix unterstu¨tzt wird. Zusammenfassend zeigt sich, dass ein explizites Integrationsverfahren fu¨r die Lo¨sung der nicht-lokalen Problemstellung prinzipiell mo¨glich ist. Jedoch wird der ansonsten fu¨r umfang- reiche Berechnungsstrukturen existierende Vorteil expliziter Verfahren durch die Notwendig- keit der Invertierung der Steifigkeitsmatrix des inelastischen Verzerrungsfeldes deutlich ge- schma¨lert. Zusa¨tzlich bedarf es einiger programminterner Eingriffe, um die fu¨r jedes Feld un- terschiedlichen Zeitintegrationsverfahren korrekt zu beru¨cksichtigen, wobei diese Mo¨glichkeit bei einer Vielzahl von FE-Programmen nicht unterstu¨tzt wird. 6.5.5 Einhaltung der Nebenbedingung Bei der Berechnung des inelastischen Verzerrungsfeldes γ(X , t) ist zu beachten, dass nur solche Ergebnisse physikalisch sinnvoll interpretierbar sind, bei denen die inelastische Ver- gleichsdehnung nicht abnimmt, d. h. zu jedem Zeitpunkt t und jedem Ort X ∈ Br des Kon- tinuums die Bedingung γ˙(X , t) ≥ 0 erfu¨llt ist. In Bild 6.3 ist exemplarisch fu¨r eine ange- nommene Verteilung der lokalen plastischen Vergleichsdehnrate ε˙vP das fu¨r unterschiedliche nicht-lokale Parameterwerte c¯r resultierende inelastische Verzerrungsratenfeld γ˙ dargestellt. Es zeigt sich, dass infolge eines starken Gradienten der lokalen plastischen Vergleichsdehn- rate und sehr kleinen nicht-lokalen Parametern c¯r ≈ 0 auch negative Knotenwerte des in- elastischen Verzerrungsratenfeldes γ˙e auftreten ko¨nnen. In dem in Bild 6.3 dargestellten Fall tritt dieser Zustand z. B. an Elementknoten Xe3 auf. Mit zunehmender Entfernung von dem Ort, an dem die lokale Verzerrungsrate einen Sprung-a¨hnlichen Zustand aufweist, nimmt im weiteren ra¨umlichen Verlauf die nicht-lokale Feldgro¨ße oszillierend ab. In Bild 6.3 ist dieses Verhalten fu¨r eine eindimensionale Struktur bestimmt; generell ist unter den genannten Bedin- gungen das beschriebene, oszillierende Verhalten auch bei mehrdimensionalen Problemstel- lungen zu beobachten. Hingegen tritt das Problem negativer Knotenwerte des nicht-lokalen inelastischen Verzerrungsratenfeldes γ˙ fu¨r Verla¨ufe mit schwa¨cheren Gradienten der lokalen Verzerrungsrate, wie in Bild 6.3 in dem Bereich rechts des Maximalwertes dargestellt, nicht auf. Ebenso wird die Nebenbedingung fu¨r die meisten praxisrelevanten Fa¨lle mit c¯r > 0 auch bei starken Gradienten des lokalen Feldes nicht verletzt, siehe Bild 6.3. Um jedoch auf prinzipiel- le Weise die Einhaltung der Nebenbedingung zu gewa¨hrleisten, sind z. B. Penalty-Verfahren, bei denen die Nebenbedingung im Rahmen einer Straffunktion in den Gleichungen mit- beru¨cksichtigt wird (siehe z. B. Belytschko et al., 2001), geeignet. Alternativ empfiehlt sich fu¨r kleine Werte des nicht-lokalen Parameters c¯r ≈ 0 auch die Verwendung eines ” Active Set Search“ (ASS) Verfahrens. Hierbei wird zuna¨chst ein Teilgebiet des Lo¨sungsgebietes 81 6. Finite-Element Approximation Xe1 Xe2 Xe3 Xe4 Xe5 Xe6 Xe7 Xe8 ε˙vP (vorgegeben) γ˙ mit c¯r = 0.0 γ˙ mit c¯r = (¯`h/2)2 und ¯`h = 1nEL nEL∑ k=1 (Xe k+1−Xe k) Bild 6.3: Das nicht-lokale Lo¨sungsfeld fu¨r eindimensionale Problemstellungen mit starkem Gradienten des lokalen Feldes. ΩASS ⊂ Ω bestimmt, in der aufgrund von positiven Werten der ¨Uberspannungsfunktion pla- stische Zuwa¨chse zu erwarten sind. Anschließend wird das nicht-lokale inelastische Feld lediglich in diesem aktiven Bereich ermittelt und die inelastischen Zuwa¨chse außerhalb zu null gesetzt. Durch dieses Vorgehen werden zum einen die genannten Oszillationen außer- halb des aktiven Bereichs vermieden, zum anderen wird aufgrund der geringeren Anzahl der zu lo¨senden Gleichungen eine Effizienzsteigerung erzielt. Jedoch ist zu beachten, dass das ASS-Verfahren lediglich fu¨r kleine Werte des nicht-lokalen Parameters c¯r ≈ 0 gu¨ltige Lo¨sun- gen erzielt, da ansonsten der Diffusionsprozess des inelastischen Feldes infolge der u¨ber das gesamte Gebiet Ω definierten HELMHOLTZ-Gleichung (T 4.1-3) durch ein zu restriktives Lo¨sungsgebiet ΩASS unterbunden wird. Ein in der Praxis u¨bliches Vorgehen zur ¨Uberpru¨fung der Nebenbedingung ∆γ ≥ 0 stellt der Ansatz dar, die Nebenbedingung lediglich in der schwachen Form, d. h. im Mittel u¨ber das Elementvolumen, zu erfu¨llen (Pamin, 1994, 2004). Insofern genu¨gt es zu u¨berpru¨fen, dass die Nebenbedingung an jedem einzelnen Integrationspunkt erfu¨llt ist. Daru¨ber hinaus ist es bei impliziten Verfahren sinnvoll, diese ¨Uberpru¨fung erst bei Erreichen einer konvergenten Lo¨sung durchzufu¨hren, da sich ggf. eine Verletzung der Nebenbedingung im Verlauf der Ite- ration aufhebt. 6.6 Aspekte der Implementierung in FEAP Das Programm FEAP ist ein maßgeblich von R. L. TAYLOR an der UC Berkeley, USA, ent- wickeltes FE-Programm (F inite E lement Analysis Program), das u¨ber zahlreiche Benutzer- schnittstellen verfu¨gt, beispielsweise zur Einbindung eigener Element- und Materialroutinen sowie von Lo¨sungsalgorithmen oder Steuerungsbefehlen (Taylor, 2005). 82 BAM-Dissertationsreihe 6. Finite-Element Approximation Definierte Schnittstelle in der Eingabe-Datei zur Verwendung der eigenen Elementformulierung Sowohl das in Tabelle 3.1 zusammengefasste lokale als auch das in Tabelle 4.1 zusammen- gefasste nicht-lokale Modell wurde auf Grundlage der in den Kapiteln 5 und 6 beschriebe- nen Verfahren in das Programm FEAP implementiert. Als Elementtyp ist fu¨r den ebenen Verzerrungszustand ein vierknotiges Element mit bilinearen Ansatzfunktionen fu¨r jedes Feld beru¨cksichtigt. Zur Verwendung dieses Elementes in der Berechnung dient die in Tabelle 6.2 beschriebene Schnittstelle. Darin erfolgt neben der Angabe elementspezifischer Gro¨ßen wie Elementdicke und Anzahl der Integrationspunkte je Richtung auch die Angabe der Material- parameter des jeweiligen Modells sowie die Auswahl der konstitutiven Gleichungen. Die bei- den viskoplastischen Modelle ko¨nnen dabei jeweils mit drei unterschiedlichen Entfestigungs- mechanismen (vgl. Gl. 5.42) kombiniert werden. Die Methode zur Bestimmung des lokalen plastischen Vergleichsdehungsinkrementes ∆εvP wird entsprechend durch die Auswahl des lokalen Integrationsparameters ϑlocitr bestimmt, wobei mit ϑlocitr = 0 ein auf lokaler Ebene explizites Verfahren sowie mit 0 < ϑlocitr ≤ 1 ein entsprechend implizites Verfahren ange- Tabelle 6.2: Einbindung der eigenen Elementformulierung in die Berechnung MATErial, ⇐ Definition eines Elementtyps USER 2 ⇐ Aufruf des Benutzer-Elementes elmt02.f PLANe STRAin NUMInt GAUSs nGP LOCAl INTEgrat ϑlocitr, nmaxitr, tol locitr ELAStic ISOTropic Er, νr,, %r JCOOk LOCAl A, B, n, m, θM, θR JCOOk RATE C, ε˙0, 1.0 JCOOk HEAT βr, cθr, αθr JCOOk GRADient c¯r JCOOk FAILure D1, D2, D3, D4, D5, Dc,, Dw, Dmax INITial TEMPerat θ0 INITial DAMAge d0 USELect FTYPe USELect MTYPe USELect ALGDeriv ,<(uγ)>,<(γu)>,<(γγ)> Erla¨uterungen: = 0: ausschließliche Temperaturentfestigung = 1: Versagen = 2: Scha¨digung gem. effektivem Spannungskonzept = 1: hyperelastisch = 2: lokales JOHNSON & COOK-Modell, Tabelle 3.1 = 5: nicht-lokales JOHNSON & COOK-Modell, Tabelle 4.1 = 1: numerisch gebildete Tangente = 2: analytisch bestimmte konsistente Tangente (bzw. die Kombinationen 12 oder 21, wobei die letzte Ziffer die verwendete Art der Tangente definiert) 83 6. Finite-Element Approximation wendet wird (vgl. Tabelle 5.3 ). Generell werden bei dem implementierten Elementtyp drei Freiheitsgrade pro Knoten betrachtet, wobei die ersten beiden dem Verschiebungsfeld zuge- ordnet sind und der letzte Freiheitsgrad mit dem inelastichen Verzerrungsfeld assoziiert wird. Fu¨r eine Berechnung unter Verwendung des lokalen Modells, bei der die akkumulierte plasti- sche Vergleichsdehnung ausschließlich als innere Gro¨ße modelliert wird, werden durch die entsprechende Angabe von Randbedingungen die Freiheitsgrade des inelastischen Feldes gesperrt, damit nicht mehr Gleichungen als no¨tig gelo¨st werden mu¨ssen. Der Lo¨sungsalgorithmus MONO und PART Dem Programmsystem wird durch den Befehl (mesh-macro) PART mitgeteilt, dass ein Mehr- feldelement betrachtet wird. In dem implementierten Fall muss daher nach Eingabe der Kno- tenkoordinaten und Elementkonnektivita¨t der Befehl gema¨ß PART 1,1,2 aufgerufen werden. Diese Angabe assoziiert die ersten beiden Knotenfreiheitsgrade mit dem Feld 1 und den dritten Knotenfreiheitsgrad entsprechend mit dem Feld 2. Daru¨ber hinaus existieren fu¨r die Berechnung programmseitig die Befehle (solution-macros) MONO sowie PART, die der Unterscheidung dienen, welche Feldgleichungen zur Aufstellung und Lo¨sung des globalen Gesamtgleichungssystems beru¨cksichtigt werden. Die Verwendung der beiden Lo¨sungsalgorithmen ist in Tabelle 6.3 angegeben. Dabei ist zu beachten, dass bei einem mo- nolithischen Vorgehen ein unsymmterischer Gleichungslo¨ser verwendet werden muss, da die vollbesetzte, gekoppelte Elementmatrix in der Regel nicht symmetrisch ist, da i. Allg. Kuγ 6= KTγu gilt. Hingegen reicht bei einer gestaffelten Vorgehensweise ein symmetrischer Gleichungslo¨ser aus. Bei letztgenanntem Vorgehen ergibt sich jedoch die Problematik, dass Tabelle 6.3: Verwendung unterschiedlicher Lo¨sungsalgorithmen MONOlithic DT,,∆t LOOP,,nsteps TIME,,tmax LOOP,,nglob.itr. UTANg,,1 ⇐ unsymm. Gl.-Lo¨ser NEXT . . . ⇐ Post-Processing, etc. NEXT ! DT,,∆t LOOP,,nsteps TIME,,tmax LOOP,,nstaggered PARTition,,1 ⇐ Verschiebungsfeld u TRANsient,NEWMark,βN,γN LOOP,,nglob.itr1 TANG,,1 ⇐ symm. Gl.-Lo¨ser NEXT PARTition,,2 ⇐ inelast.Verzerrungsfeld γ TRANsient,OFF LOOP,,nglob.itr2 TANG,,1 ⇐ symm. Gl.-Lo¨ser NEXT NEXT . . . ⇐ Post-Processing, etc. NEXT 84 BAM-Dissertationsreihe 6. Finite-Element Approximation fu¨r die Schlaufe zur abwechselnden Bestimmung der Lo¨sungsinkremente (in Tabelle 6.3 ist diese Schleife grau gekennzeichnet) ein konkrete Anzahl an Wiederholungen nstaggered an- gegeben werden muss. Diese Anzahl an Wiederholungen darf nicht zu klein sein, da anson- sten mo¨glicherweise kein konvergierter Zustand beider Lo¨sungsfelder vorliegt, andererseits resultiert eine hohe Anzahl an Wiederholungen in mo¨glicherweise unno¨tig vielen Berech- nungsschritten und entsprechend hohem und unno¨tigem Rechenaufwand. Hier ist ein pro- gramminternes Abbruchkriterium wu¨nschenswert, wie es beispielsweise fu¨r die Schlaufe zur iterativen Lo¨sung des Gleichungssystems existiert. Bei der iterativen Bestimmung der akti- ven Lo¨sungsinkremente wird die entsprechende Schlaufe von nglob.itr Wiederholungungen automatisch abgebrochen, wenn das globale Konvergenzkriterium erfu¨llt ist. Es zeigt sich, dass das monolithische Verfahren trotz Verwendung eines unsymmetrischen Gleichungslo¨sers sowie erho¨htem Aufwand zur Aufstellung des Gleichungssystems wesent- lich effizienter ist als ein gestaffeltes Verfahren, selbst bei korrektem Abbruch der Schleife abwechselnder Lo¨sungsfeld-Iterationen. Dieses Verhalten ist dadurch begru¨ndet, dass die Gesamtanzahl an beno¨tigten Iterationen bei einem monolithischen Vorgehen deutlich gerin- ger ausfa¨llt als bei einem gestaffelten Vorgehen. Aus den genannten Gru¨nden wird daher be- vorzugt ein monolithisches Verfahren angewendet. In dem Zusammenhang der Formulierung eines globalen Konvergenzkriteriums sind dabei die folgenden Anmerkungen zu beachten. Programmierung eines globalen, fu¨r jedes Feld separaten Konvergenzkriteriums Bei der iterativen Bestimmung der Lo¨sung von Mehrfeldproblemen ist es zwingend erforder- lich, die Konvergenz fu¨r jedes Feld getrennt zu untersuchen und zu beurteilen. Wa¨hrend bei einem gestaffelten Verfahren die Beurteilung der jeweiligen Konvergenz eines Lo¨sungsfeldes automatisch getrennt erfolgt, da jeweils nur ein Feld iterativ ermittelt wird, muss bei monolithi- schen Verfahren, wo beide Felder gleichzeitig aktualisiert werden, explizit angegeben werden, dass die Konvergenz fu¨r jedes Feld getrennt beurteilt werden soll. Eine solche getrennte Kon- vergenzbeurteilung ist programmseitig in FEAP nicht vorgesehen und wurde daher zusa¨tzlich in Form eines Benutzer-Befehls (user-macro) implementiert. Dazu ist es notwendig, die ak- tiven Freiheitsgrade nach der Lo¨sung des Gesamtgleichungssystems zu unterscheiden und entsprechend zu trennen. Dies erfolgt auf Grundlage der FEAP-internen Nummerierung der aktiven Gleichungen zusammen mit der Zuordnung der Knoten-Freiheitsgrade zu dem jewei- ligen Feld. Fu¨r das Verschiebungsfeld gilt dann das standardma¨ßige Konvergenzkriterium, das als erfu¨llt angesehen wird, wenn eine der Bedingungen √ Ru RTu ≤ tol residu,u oder Ru ∆uT ≤ tol energy,u (6.71) erfu¨llt ist. Fu¨r das inelastische Verzerrungsfeld gilt hingegen das Konvergenzkriterium als erfu¨llt, wenn fu¨r jede einzelne Komponente i des Residuumsvektors Rγ die Bedingung abs (Ri,γ ) ≤ tol residu,γ (6.72) erfu¨llt ist. Diese Konvergenzkriterien werden anstatt des programmseitig implementierten Kri- teriums verwendet, wenn eingangs des Lo¨sungsalgorithmus die in Tabelle 6.4 beschriebene Befehlsabfolge angegeben wird. 85 6. Finite-Element Approximation Tabelle 6.4: Verwendung des fu¨r jedes Feld getrennten Konvergenzkriteriums UCHK,SETTSK,1 UCHK,SETRNMAX, , tol residu,• UCHK,SETENZER, , tolenergy,• MONOlithic . . . ⇐ Vorgehen, wie in Tabelle 6.3 beschrieben Implementierungen zur Ausgabe der Ergebnisse mit externem Postprocessor Um die Mo¨glichkeiten der graphischen Ausgabe der Berechnungsergebnisse zu verbessern, werden ebenfalls auf Grundlage eines Benutzer-Befehls (user-macro) die relevanten Daten in einem entsprechend von einem externen Post-Processor zu lesenden Format in eine ex- terne Datei geschrieben. Der implementierte Befehl hat die Bezeichnung WOPP (Write Output for Post-Processor) und wird eingangs der Berechnungsroutinen einmal durch WOPP,INIT initialisiert. Damit ist es mo¨glich, zu einem beliebigen, spa¨teren Zeitpunkt der Berechnung die Ergebnisse in die externe Datei zu schreiben. Das ausgegebene Format sowie der verwen- dete Dateiname orientiert sich dabei an den Anforderungen des GiD-Postprocessors, siehe GiD (2007). In Sinne einer benutzerfreundlichen Ausgabesteuerung dient die Befehlsabfolge WOPP,ALL, tmin, tmax, noutputs wobei in gleichma¨ßigen Zeitintervallen zwischen tmin und tmax sa¨mtliche bei der Initialisierung angegebenen Gro¨ßen ausgegeben werden. Elementverifikation Bei Berechnungen im Rahmen der FEM ist es unerla¨sslich, die verwendeten Elementroutinen zu verifizieren. Eine Mo¨glichkeit der Verifikation bietet der sogenannte Patch-Test, der z. B. ausfu¨hrlich Zienkiewicz und Taylor (2005) beschrieben ist. Wie in Hoffmann (2006) nachge- wiesen wurde, erfu¨llt die hier beschriebene und implementierte Elementroutine die Anforde- rungen des Patch-Testes. 86 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 7 Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 7.1 ¨Uberblick Ein Anfangs-Randwertproblem (ARWP) kann nur dann eine erfolgreiche Beschreibung der physikalischen Problemstellung sein, wenn dieses korrekt-gestellt (engl.: well-posed) ist. In diesem Sinne muss gewa¨hrleistet sein, dass fu¨r das ARWP 1. eine Lo¨sung existiert (Existence), 2. die Lo¨sung eindeutig ist (Uniqueness), 3. die Lo¨sung stabil ist (Stability). Wird eine dieser Forderungen verletzt, ist das ARWP inkorrekt-gestellt (ill-posed) und kann somit das zugrunde liegende physikalische Problem nicht mehr ada¨quat beschreiben, siehe u. a. Benallal und Tvergaard (1995) oder Felder (2002). Insbesondere ist die Anwendung numerischer Verfahren zur Lo¨sung des ARWPs nur dann sinnvoll, wenn das Problem korrekt- gestellt ist. Der Nachweis der Existenz einer Lo¨sung wird im Weiteren nicht gesondert betrachtet, da der Nachweis der Eindeutigkeit einer gefundenen Lo¨sung direkt impliziert, dass eine Lo¨sung exi- stiert. Ob die gefundene Lo¨sung eindeutig ist, kann anhand der Identifizierung des Typs der zugrunde liegenden partiellen Differentialgleichung (PDG) nachgewiesen werden. Ein Ein- deutigkeitsverlust liegt genau dann vor, wenn sich der fu¨r den Anfangszustand klassifizierte Typ zu einem bestimmten Zeitpunkt a¨ndert, siehe u. a. Belytschko et al. (2001). Fu¨r quasi- statische Problemstellungen der Festko¨rpermechanik wird die PDG im Anfangszustand (Ela- stostatik) als elliptisch, bzw. fu¨r dynamische Problemstellungen, d. h. unter Beru¨cksichtigung von Tra¨gheitskra¨ften, als hyperbolisch klassifiziert. In diesem Zusammenhang wird der Ein- deutigkeitsverlust infolge eines auftretenden Typ-Wechsels auch als Elliptizita¨ts- bzw. Hyper- bolizita¨tsverlust bezeichnet. Der ¨Ubergang von einem Typ zu einem anderen Typ beinhaltet somit immer einen Eindeutigkeitsverlust, der dadurch gekennzeichnet ist, dass bei dem ¨Uber- gang eine ganze Schar von Lo¨sungen existiert. Durch den Ausschluss der Existenz zweier unterschiedlicher Lo¨sungen wurde erstmals in Hill (1958, 1962) die Eindeutigkeit der Lo¨sung fu¨r elasto-plastische Modelle unter quasi-statischen bzw. dynamischen Bedingungen unter- sucht, und spa¨ter von Needleman (1988), Loret und Prevost (1990) auf ratenabha¨ngige Mo- delle eindimensionaler Problemstellungen ausgeweitet. Darin wurde gezeigt, dass infolge der Ratenabha¨ngigkeit die Lo¨sung des ARWPs eindeutig ist, unabha¨ngig davon, ob ver- oder ent- festigendes Materialverhalten auftritt. Der Nachweis der Stabilita¨t basiert auf einer Perturbation des Lo¨sungsfeldes aus einer ge- fundenen Gleichgewichtslage. Es wird untersucht, inwiefern eine geringfu¨gige Sto¨rung die Lo¨sung in zeitlichem und ra¨umlichen Verlauf beeinflusst. Damit die Lo¨sung als stabil angese- hen wird, darf die aufgebrachte Sto¨rung nicht anwachsen, anderenfalls ist die hinreichende Bedingung fu¨r eine Instabilita¨t im Sinne von LYAPUNOV erfu¨llt. Als Auslenkung des Lo¨sungs- feldes aus der Gleichgewichtslage wird u¨blicherweise ein harmonischer Wellenansatz be- trachtet. Der Begriff der ” Welle“ ist dabei der Beschreibung nach Hadamard (1903) entlehnt, 87 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen wonach eine geometrische, nicht notwendigerweise ebene Fla¨che sich relativ zu dem Ma- terial bewegt und eine Diskontinuita¨t, d. h. einen Sprung, bestimmter Feldvariablen beinhal- tet. In Bai (1982) wird auf Grundlage einer solchen Perturbationsanalyse das Vorgehen zur Bestimmung des zeitlichen Stabilita¨tsverlustes bei eindimensonalen, ratenabha¨ngigen Pro- blemstellungen beschrieben. Dieser Stabilita¨tsverlust ist dadurch gekennzeichnet, dass eine geringfu¨gige Sto¨rung der Gleichgewichtslo¨sung im weiteren Verlauf der Lo¨sung derart zu- nimmt, dass stark unterschiedliche Ergebnisse im Vergleich zu der ungesto¨rten Ergebnisbe- rechnung auftreten. Ein prinzipiell analoges Vorgehen wird in Sluys (1992) verwendet, um fu¨r ebenfalls eindimensionale Problemstellungen eine Analyse der Dispersionseigenschaften durchzufu¨hren und daraus die innere La¨nge des ratenabha¨ngigen Modells zu bestimmen. Diesbezu¨glich wird zu einem bestimmten Zeitpunkt die ra¨umliche ¨Anderung (Ausdehnung, bzw. Da¨mpfung) der aufgebrachten Sto¨rung fu¨r verschiedene Wellenfrequenzen untersucht, wobei die innere La¨nge durch die maximal mo¨gliche Da¨mpfung einer Sto¨rung beschrieben wird. Die Existenz und der Wert dieser inneren La¨nge ist besonders fu¨r die Beurteilung von Lo¨sungen bei Lokalisierungspha¨nomenen von großer Bedeutung, da diese Modellla¨nge als Lokalisierungsbegrenzung (localization limiter, u. a. in Lasry und Belytschko, 1988, Jira´sek, 2004) aufgefasst wird. 7.2 Untersuchungen fu¨r 1D-Kontinua Die genannten Nachweise zur Beurteilung, ob ein ARWP korrekt-gestellt ist, und inwiefern eine innere Modellla¨nge zur Lokalisierungsbegrenzung exisitiert, werden in diesem Abschnitt fu¨r eindimensionale Kontinua konkretisiert und fu¨r unterschiedliche Modellformulierungen und reale Werkstoffe angewendet. 7.2.1 Allgemeines Vorgehen Der Typ einer PDG la¨sst sich anhand der charakteristischen Richtungen bestimmen. Im all- gemeinen existieren, zumindest fu¨r lineare, quasilineare und semilineare PDG (siehe u. a. Felder, 2002), drei verschiedene Klassifizierungen: • hyperbolisch: die charakteristischen Richtungen sind reell und von null verschieden • parabolisch: die charakteristischen Richtungen sind alle identisch null • elliptisch: die charakteristischen Richtungen sind imagina¨r Bei nichtlinearen PDG oder Systemen von PDG kann ggf. eine solche strikte Einteilung nicht mehr mo¨glich sein, bzw. die Klassifizierung setzt sich aus verschiedenen Typen zusam- men (PDG von gemischtem Typ). Fu¨r das ARWP eines Feldes zi(X, t) wird eine eindeutige Lo¨sung durch eine einzig mo¨gliche Kurve im zi−X−t Raum repra¨sentiert. Die charakteri- stischen Richtungen stellen Projektionen mo¨glicher Lo¨sungskurven der zugrunde liegenden Differentialgleichung des ARWPs in die X−t Ebene dar, und werden nur durch die Terme mit den Ableitungen ho¨chster Ordnung der PDG bestimmt. Eine Lo¨sung des ARWPs bleibt genau dann eindeutig, wenn sich im Verlauf der Lo¨sungsentwicklung der Typ der PDG nicht a¨ndert. Ein Wechsel des Typs stellt daher stets eine Uneindeutigkeit, d. h. Verzweigungsmo¨glichkeit, der Lo¨sung dar. ¤ 88 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen Zur Beurteilung der Stabilita¨t der gefundenen Lo¨sung des ARWPs wird untersucht, inwiefern sich eine an einem beliebigen Punkt des Kontinuums aufgebrachte Sto¨rung in Raum und Zeit ausbreitet. Diesbezu¨glich wird die zu einem bestimmten Zeitpunkt t = t◦ gefundene und zu untersuchende Lo¨sung des ARWPs mit z◦ = z(X, t◦) bezeichnet. An einem Punkt des Kontinuums X◦ ∈ Br wird eine Sto¨rung dieses Lo¨sungsfeldes in Form einer harmonischen Welle z˜(X,X◦, t, t◦) = Re ( z∗ exp{ik|X−X◦| − iω(t−t◦)} ) , t ≥ t◦ (7.1) aufgebracht, wobei z∗ die Sto¨rungsamplitude, k die Wellenzahl und ω die Wellenwinkelge- schwindigkeit bezeichnen. Die imagina¨re Einheit ist wie u¨blich mit i = √−1 angegeben und Re(•) bezeichnet den Realteil einer komplexen Gro¨ße. Zuna¨chst wird allgemein angenom- men, dass sowohl die Wellenamplitude als auch Wellenzahl und Wellenfrequenz komplexe Gro¨ßen darstellen, i.e. z∗ = z∗Re + iz∗Im , z∗Re ∈ Rn , z∗Im ∈ Rn (7.2a) k = kRe + ikIm , kRe ∈ R+, kIm ∈ R (7.2b) ω = ωRe + iωIm , ωRe ∈ R , ωIm ∈ R . (7.2c) Insofern stellt der Wellenansatz in der Form (7.1) zusammen mit (7.2) eine verallgemeinerte Formulierung der urspru¨nglichen Ansa¨tze von Bai (1982) bzw. Sluys (1992) dar. Diese sind entsprechend als Sonderfall fu¨r kIm = 0 bzw. ωIm = 0 enthalten. Um festzustellen, auf wel- che Weise die verschiedenen Gro¨ßen die Ausbreitung der Sto¨rung beeinflussen, wird (7.1) ausformuliert, i.e. z˜(X,X◦, t, t◦) = e−kIm|X−X◦| e+ωIm(t−t◦) ( z∗Re cos (kRe|X−X◦| − ωRe(t−t◦) ) − z∗Im sin (kRe|X−X◦| − ωRe(t−t◦) )) . (7.3) Es ist offensichtlich, dass eine beliebige, nicht-triviale Sto¨rung z∗ 6= 0 nur dann zeitlich und ra¨umlich begrenzt bleibt, solange die Bedingungen kIm ≥ 0 und ωIm ≤ 0 (7.4) erfu¨llt sind. In Bild 7.1 sind diesbezu¨glich mo¨gliche Ausbreitungen einer Sto¨rung fu¨r verschie- dene Parameterwerte dargestellt. Eine zum Zeitpunkt t◦ ≥ 0 an der Stelle X◦ ∈ B1Dr aufge- brachte Sto¨rung breitet sich fu¨r reelle Werte der Wellenzahl k und Wellenwinkelgeschwin- digkeit ω , d. h. fu¨r kIm = ωIm = 0 ungeda¨mpft in Raum- und Zeitrichtung aus. Insofern bleibt in diesem Fall die Sto¨rung stets begrenzt. Fu¨r einen positiven Wert des imagina¨ren Anteils der Wellenzahl, kIm > 0, ist die aufgebrachte Sto¨rung ra¨umlich geda¨mpft und daher ebenfalls begrenzt. Hingegen nimmt die Sto¨rung fu¨r positive Werte des imagina¨ren Anteils der Wellen- winkelgeschwindigkeit, ωIm > 0, im zeitlichen Verlauf fu¨r t > t◦ unbegrenzt zu. Um die Werte der Wellenwinkelgeschwindigkeit ω und der Wellenzahl k fu¨r konkrete Problemstellungen zu bestimmen, wird der beschriebene Wellenansatz (7.1) mit der zu untersuchenden Lo¨sung z◦ superponiert z(X,X◦, t, t◦) = z◦(X, t◦) + ² z˜(X,X◦, t, t◦) , mit ² ¿ 1 . (7.5) Anschließend wird untersucht, unter welchen Bedingungen das aus der Gleichgewichtslage ausgelenkte Lo¨sungsfeld z den zugrunde liegenden Gleichungen des ARWPs genu¨gt. Dazu 89 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen X0 t0 0 X0 t0 0 X0 t0 0 ungeda¨mpfte Sto¨rung (kIm = 0 , ωIm = 0) ra¨umlich geda¨mpfte Sto¨rung (kIm > 0 , ωIm = 0) anwachsende Sto¨rung (kIm = 0 , ωIm > 0) Bild 7.1: Ausbreitung einer zum Zeitpunkt t◦ an der Stelle X◦ eines eindimensionalen Kontinuums eingeleiteten Sto¨rung fu¨r verschiedene Parameterwerte wird z in das entsprechende Differentialgleichungssystem eingesetzt und analysiert, fu¨r wel- che Werte der Wellenzahl k und Wellenwinkelgeschwindigkeit ω die Differentialgleichungen erfu¨llt werden. Dieses Vorgehen der Stabilita¨tsanalyse wird im Folgenden getrennt fu¨r entweder reelle Wel- lenzahlen k ∈ R+ oder reelle Wellenwinkelgeschwindigkeiten ω ∈ R durchgefu¨hrt. Infolge des erst genannten Verfahrens wird der Zeitpunkt einer mo¨glicherweise auftretenden Instabi- lita¨t bestimmt. Dazu bietet es sich an, die Substitution $ := −iω = ωIm − iωRe und k = kRe (7.6) in (7.1) zu verwenden und zu analysieren. Gema¨ß (7.4) ist der Lo¨sungszustand stabil, wenn der Realteil dieser Gro¨ße nicht-positiv ist, also Re($) ≤ 0; andererseits ist fu¨r Re($) > 0 die hinreichende Bedingung fu¨r eine Instabilita¨t erfu¨llt. Hingegen eignet sich das zweite Verfahren dazu, die Dispersionseigenschaften einer sich ausbreitenden Welle zu untersuchen sowie eine mo¨glicherweise existierende innere La¨nge des Modells zu bestimmen. Fu¨r ω ∈ R und k ∈ C gema¨ß (7.2b) lassen sich sowohl der Realteil als auch Imagina¨rteil der Wellenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelgeschwindig- keit bestimmen, i.e. kRe(ω) und kIm(ω), mit ω ≡ ωRe. ¨Uber die Beziehung zwischen dem Realteil der Wellenzahl und der Winkelgeschwindigkeit la¨sst sich die Ausbreitungsgeschwin- digkeit sowohl einer einzelnen Welle, die als Phasengeschwindigkeit cf bezeichnet wird, als auch der Einhu¨llenden mehrerer u¨berlagerter Wellen bestimmen. Es gilt cf := ωRe kRe , und damit dωRedkRe = cf + kRe dcf dkRe , (7.7) wobei der Quotient dcf/dkRe, also die ¨Anderung der Phasengeschwindigkeit im Verha¨ltnis zur ¨Anderung der Wellenzahl, den dispersiven Charakter eines Wellenpakets angibt. Infolge der Dispersion a¨ndert sich die Form des sich ausbreitenden Wellenpakets. Eine Belastungswelle, die als Zusammensetzung verschiedener einzelner Sto¨rungen mit a¨hnlichen Wellenzahlen aufgefasst werden kann, breitet sich dann mit der Gruppengeschwindigkeit cg aus, mit cg := limdkRe→0 ( dωRe dkRe ) = dωRedkRe . (7.8) 90 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen Physikalisch interpretiert bedeutet dies, dass die dispersive Eigenschaft eine Notwendigkeit darstellt, die ¨Anderung der Form einer beliebigen Belastungswelle in eine stationa¨re Welle, die die Lokalisierungszone repra¨sentiert, zu gewa¨hrleisten. Liegt eine disperse Eigenschaft vor, la¨sst sich der Zusammenhang zwischen den Ausbreitungsgeschwindigkeiten und der Wellenzahl untersuchen. Tendiert fu¨r eine bestimmte positive Wellenzahl die Gruppenge- schwindigkeit gegen null, so repra¨sentiert die Inverse dieser Wellenzahl eine innere La¨nge des Modells, i.e. `c := ( arg ( cg(kRe) → 0 ))−1 . (7.9) Die Gro¨ße λc = 2pi`c kennzeichnet dabei die maximale Wellenla¨nge dieser stationa¨ren Welle, die daher einer Begrenzung der Lokalisierungszone entspricht. Ferner beschreibt der Imagina¨rteil der Wellenzahl fu¨r positive Werte, i.e. kIm > 0, die ra¨umli- che Da¨mpfung einer einzelnen Sto¨rung. Existiert fu¨r diesen Wert in Abha¨ngigkeit der Wellen- winkelgeschwindigkeit eine positive obere Schranke, dann entspricht eine innere La¨nge des Modells der Inversen dieses Supremums, i.e. `r := ( sup ω kIm(ω) )−1 , (7.10) da diese La¨nge die maximal mo¨gliche ra¨umliche Da¨mpfung einer einzelnen harmonischen Welle charakterisiert. Das bedeutet, dass eine an einer Stelle X◦ auftretende Sto¨rung nicht sta¨rker im Raum abklingen kann, als durch den Verlauf der Exponential-Funktion exp{−|X−X◦|/`r} angegeben. Insbesondere fu¨r monoton wachsende, jedoch nach oben begrenzte Funktionen kIm(ω) entspricht das Supremum dem Grenzwert dieser Funktion fu¨r zunehmende Wellenfrequenzen, so dass dann im Speziellen `r := ( limω→∞ kIm(ω) )−1 , fu¨r kIm(ω) monoton wachsend, (7.11) folgt, siehe Sluys (1992). Um ein ada¨quates Modell zur Beschreibung von Lokalisierungs- problemen zu formulieren, muss daher gewa¨hrleistet sein, dass eine innere La¨nge des Mo- dells, die die Breite der Lokalisierungszone begrenzt, zu jedem Zeitpunkt der Berechnung existiert. Insbesondere ko¨nnen Modelle, bei denen eine solche innere La¨nge nicht exisitiert, oder bei denen im Verlauf der Berechnung die innere La¨nge gegen den Wert null strebt, keine physikalisch sinnvolle Beschreibung von Lokalisierungspha¨nomenen gewa¨hrleisten, so dass dann auch jedes darauf aufbauende FE-Verfahren keine netzunabha¨ngigen Ergebnisse liefern kann. Die beschriebenen Verfahren zur Beurteilung der Stabilita¨t der Lo¨sung stellen lokale Analy- sen dar, d. h. die Lo¨sung wird hinsichtlich ihrer Stabilita¨t an jedem materiellen Punkt des Kon- tinuums X◦ ∈ Br und zu jedem Zeitpunkt t◦ ∈ R+ untersucht. In den folgenden Abschnitten werden die genannten Verfahren an konkreten Modellen angewendet. 7.2.2 Verallgemeinerte Modellformulierung In diesem Abschnitt wird der Rahmen fu¨r eine mo¨glichst allgemeine Modellformulierung ein- dimensionaler Kontinua gesetzt, aus der die zu untersuchenden, relevanten Modelle als Spe- zialfa¨lle generiert werden. Ferner werden anhand dieser verallgemeinerten Formulierung eini- ge prinzipielle Voru¨berlegungen bezu¨glich der durchzufu¨hrenden Stabilita¨tsuntersuchungen 91 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen beschrieben, die fu¨r sa¨mtliche nachfolgend untersuchten Modelle gleichermaßen beno¨tigt werden. Die mechanische Impulsbilanz ∂σ ∂X = %r ∂v ∂t (7.12a) verknu¨pft die Spannung σ mit der Geschwindigkeit v eines Punktes. Wie in Bild 7.2 darge- stellt, repra¨sentiert σ je nach Belastungsart entweder eine Zug-/Druck- oder Schubspannung; entsprechend ist das eindimensionale Verschiebungs- und Geschwindigkeitsfeld entweder parallel oder senkrecht zur Raumachse X gerichtet. In der konstitutiven Beziehung ∂σ ∂t = E (∂ε ∂t − ∂εP ∂t ) , (7.12b) die den Zusammenhang zwischen Spannung und Verzerrung angibt, wird der fu¨r kleine Ver- formungen u¨bliche Ansatz ε = εE + εP zur Aufteilung der Verzerrungen in einen elastischen und inelastischen Anteil verwendet. Je nach Belastungsart kennzeichnet hier E entweder den Elastizita¨tsmodul Er bzw. den Schubmodul 2µr. Die Kinematik beschreibt die Beziehung zwischen Verzerrung und Verschiebung, i.e. ε = ∂u∂X . Mit v = ∂u ∂t (7.12c) wird ferner die Geschwindigkeit als zeitliche ¨Anderung der Verschiebung beschrieben. Der Zuwachs der inelastischen Verzerrungen ergibt sich aus der Gleichung gema¨ß (T 4.1-3), hier fu¨r den eindimensionalen Fall ∂εP ∂t = c¯r ∂3εP ∂2X∂t + g¯(σ˙, σ, εP, θ, q) , (7.12d) wobei g¯ eine allgemeine Funktionsvorschrift fu¨r einen inelastischen Zuwachs darstellt, die hier in Abha¨ngigkeit der Spannungsrate σ˙, der Spannung σ, der akkumulierten plastischen Verzerrung εP sowie der Temperatur θ und mo¨glichen weiteren inneren Gro¨ßen q angege- ben ist. Verschwindet der nicht-lokale Parameter c¯r, entspricht (7.12d) einer gewo¨hnlichen Entwicklungsgleichung fu¨r die plastische Verzerrung εP. Die Energiebilanz (vgl. Kapitel 2) ist durch ∂θ ∂t = κθr %rcθr ∂2θ ∂X2 + βr %rcθr σ∂εP∂t (7.12e) gegeben. Im Rahmen dieser Arbeit kann die Wa¨rmeleitfa¨higkeit vernachla¨ssigt werden (κθr ≈ 0, siehe Kapitel 3), so dass sich (7.12e) zu einer reinen Entwicklungsgleichung fu¨r die Temperatur reduziert. Die separate Betrachtung der Entwicklung der Temperatur sowie der Entwicklung weiterer innerer Gro¨ßen ∂q ∂t = f (σ, εP, ε˙P, θ) (7.12f) ist dennoch sinnvoll, um eine Abha¨ngigkeit der Entwicklungsfunktion f von dem Vektor der weiteren inneren Gro¨ßen q selbst zu vermeiden. 92 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen (a) Zug-/Druckbelastung (b) Schubbelastung Bild 7.2: Eindimensionale Betrachtung verschiedener Belastungsarten Die Gleichungen (7.12a-f) bilden die Grundlage fu¨r die weiteren Untersuchungen in diesem Kapitel 7.2. Der Nachweis der Eindeutigkeit einer Lo¨sung wird erst in den na¨chsten Ab- schnitten fu¨r die aus dem System der PDGn (7.12) generierten Sonderfa¨lle gefu¨hrt. Fu¨r die Untersuchung der Stabilita¨t werden an dieser Stelle jedoch zuna¨chst einige prinzipielle Schritte erla¨utert: Diesbezu¨glich wird die homogene Lo¨sung z◦ = {v◦, σ◦, ε◦P, θ◦, q◦ } gema¨ß (7.5) ausgelenkt und in das System der partiellen Differentialgleichungen (7.12) eingesetzt. Vernachla¨ssigt man Terme ho¨herer Ordnung als O(²), folgt schließlich mit ∂σ˜ ∂X = % ∂v˜ ∂t , (7.13a) ∂σ˜ ∂t = E ( ∂v˜ ∂X − ∂ε˜P ∂t ) , (7.13b) ∂ε˜P ∂t = c¯r ∂3ε˜P ∂2X∂t + ∂g¯ ∂σ˙ ∣∣∣ ◦∂σ˜ ∂t + ∂g¯ ∂σ ∣∣∣ ◦ σ˜ + ∂g¯∂εP ∣∣∣ ◦ ε˜P + ∂g¯ ∂θ ∣∣∣ ◦ θ˜ + ∂g¯∂q ∣∣∣ ◦ · q˜ , (7.13c) ∂θ˜ ∂t = κθr %rcθr ∂2θ˜ ∂X2 + βr %rcθr ( σ˜ ε˙◦P + σ◦ ∂ε˜P ∂t ) , (7.13d) ∂q˜ ∂t = ∂f ∂σ ∣∣∣ ◦ σ˜ + ∂f∂εP ∣∣∣ ◦ ε˜P + ∂f ∂ε˙P ∣∣∣ ◦ ∂ε˜P ∂t + ∂f ∂θ ∣∣∣ ◦ θ˜ (7.13e) das linearisierte PDG-System fu¨r z˜ . Durch Einsetzen des Ansatzes (7.1) und Kondensierung der Gleichung (7.13e) aus diesem Gleichungssystem, i.e. q∗ = ζ ζ,t ∂f ∂σ ∣∣∣ ◦ σ∗ + ( ζ ζ,t ∂f ∂εP ∣∣∣ ◦ + ∂f∂ε˙P ∣∣∣ ◦ ) εP∗ + ζ ζ,t ∂f ∂θ ∣∣∣ ◦ θ∗ , (7.14) wobei ζ den Exponentialterm in dem Wellensatz (7.1) bezeichnet, ergibt sich fu¨r das konden- sierte Lo¨sungsfeld z = {v, σ, γ, θ} schließlich die Beziehung Re ([ Axxt ζ,XXt +Axx ζ,XX +Ax ζ,X +At ζ,t +A ζ +A1/t ζ2/ζ,t︸ ︷︷ ︸ Atot ] · z∗ ) = 0 . (7.15) Die entsprechenden Ableitungen in (7.15) folgen so mit ζ,XXt = iωk2 ζ , ζ,XX = −k2 ζ , ζ,X = ik ζ , ζ,t = −iω ζ , ζ2 ζ,t = iω ζ , (7.16) 93 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen und die entsprechenden Matrizen der Koeffizienten sind durch Axxt =   0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 c¯r 0 0 0 0 0   , At =   % 0 0 0 0 −1 −E 0 0 ∂g¯∂σ˙ ∣∣◦ −1 0 0 0 βr%rcθrσ ◦ −1   , (7.17) Axx =   0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 κθr%rcθr   , A =   0 0 0 0 0 0 0 0 0 ∂g¯∂σ ∣∣◦ ( ∂g¯∂εP ∣∣◦+(∂g¯∂q · ∂f∂ε˙P )∣∣◦) ∂g¯∂θ ∣∣◦ 0 βr%rcθr ε˙ ◦ P 0 0   , (7.18) Ax =   0 −1 0 0 E 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0   , A1/t =   0 0 0 0 0 0 0 0 0 (∂g¯∂q ·∂f∂σ )∣∣◦ (∂g¯∂q · ∂f∂εP )∣∣◦ (∂g¯∂q ·∂f∂θ )∣∣◦ 0 0 0 0   (7.19) bestimmt. Die Beziehung (7.15) ist insbesondere fu¨r beliebige, nicht-triviale reelle Amplituden z∗ ∈ Rn nur dann erfu¨llt, wenn die Determinante von Atot verschwindet, i.e. det(Atot) = 0 . (7.20) Hieraus folgt unter der Annahme ausschließlich adiabatischer Prozesse, d. h. κθr ≈ 0, aus- formuliert letztendlich − 1c2E ( c¯r k2 + ( 1+E ∂g¯∂σ˙ ∣∣◦ )) ω4 + ( 1 c2E ( ∂g¯ ∂εP ∣∣◦+(∂g¯∂q · ∂f∂ε˙P )∣∣◦+ βr%rcθrσ ◦ ∂g¯ ∂θ ∣∣◦−E ∂g¯∂σ ∣∣◦ )) (iω3) − ( c¯rk4 + k2 + 1c2E ( E(∂g¯∂q ·∂f∂σ )∣∣◦+E βr%rcθr ε˙ ◦ P ∂g¯ ∂θ ∣∣◦−(∂g¯∂q · ∂f∂εP )∣∣◦− βr%rcθrσ ◦(∂g¯ ∂q ·∂f∂θ )∣∣◦ )) (−ω2) + (( ∂g¯ ∂εP ∣∣◦+(∂g¯∂q · ∂f∂ε˙P )∣∣◦+ βr%rcθrσ ◦ ∂g¯ ∂θ ∣∣◦ ) k2 − ( E c2E βr %rcθr ε˙ ◦ P (∂g¯ ∂q ·∂f∂θ )∣∣◦ )) (−iω) + (((∂g¯ ∂q · ∂f∂εP )∣∣◦+ βr%rcθrσ ◦(∂g¯ ∂q ·∂f∂θ )∣∣◦ ) k2 ) = 0 , (7.21) wobei ferner die elastische Wellengeschwindigkeit gema¨ß cE := √ E/%r eingefu¨hrt wurde. Diese skalare Gleichung wird fu¨r die nachfolgend beschriebenen Sonderfa¨lle bezu¨glich der Wellenwinkelgeschwindigkeit ω bzw. $ und der Wellenzahl k analysiert und interpretiert. 7.2.3 Lokale Elasto-Plastizita¨t Fu¨r den Fall der lokalen Elasto-Plastizita¨t wird zwischen einem ausschließlich elastischen Prozess, ε˙P = 0, und einem inelastischen Prozess, ε˙P > 0, unterschieden. Der inelastische Zuwachs folgt dabei aus einer allgemeinen funktionalen Beziehung in der Form σ = f(εP) bzw. ∂σ ∂t = ∂f(εP) ∂εP ∂εP ∂t = f ′ ∂εP ∂t , (7.22) 94 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen so dass die allgemeine Funktionsvorschrift g¯ eines inelastischen Zuwachses unter Beru¨ck- sichtigung von c¯r = 0 in (7.12d) fu¨r diesen Fall der Beziehung g¯(∂σ∂t , σ, εP, θ, q) = 1 f ′ ∂σ ∂t , (7.23) folgt. Das Vorzeichen der Ableitung f ′ = ∂f(εP)/∂εP kennzeichnet darin allgemein entweder verfestigendes (f ′ > 0) bzw. entfestigendes (f ′ < 0) Materialverhalten. Die Ursachen, die zu einer Entfestigung fu¨hren, z. B. infolge einer Zunahme der Temperatur und/oder Scha¨digung, sind fu¨r die nachfolgenden Untersuchungen dieses Modells nicht relevant, so dass es genu¨gt, hier allgemein zwischen Ver- bzw. Entfestigung zu unterscheiden. Eindeutigkeitsnachweis Durch Kombination von (7.12b und 7.12d) und mit (7.23) folgt die bekannte inkrementelle konstitutive Beziehung ∂σ ∂t = CEP ∂ε ∂t , mit CEP = { E , falls elastisch, bzw. Ef ′/(E + f ′) , falls inelastisch (7.24) und weiter mit (7.12a, c) die PDG fu¨r das Verschiebungsfeld zu    1 c2E ∂3u ∂t3 − ∂3u ∂X2∂t = 0 , elastisch E + f ′ c2E ∂3u ∂t3 − f ′ ∂3u ∂X2∂t = f ′′ F (D2u) , inelastisch    . (7.25) Darin kennzeichnet cE = √ E/%r die elastische Wellengeschwindigkeit, ferner ist die rechte Seite von (7.25)2 durch die nichtlineare Gleichung F (D2u) = ( 1 + f ′ E + f ′ )( ∂2u ∂X2 − 1 c2E ∂2u ∂t2 ) ∂2u ∂X∂t (7.26) in Abha¨ngigkeit der Ableitungen 2. Ordnung des Verschiebungsfeldes bestimmt. Insbesonde- re der in der Literatur ha¨ufig untersuchte Fall linearer Ver- bzw. Entfestigung ist als Sonderfall fu¨r f ′′ = 0 in dieser Form enthalten und stellt eine quasi-lineare PDG fu¨r das Verschiebungs- feld u bzw. Geschwindigkeitsfeld v = ∂u/∂t dar. Die Lo¨sungen der PDG stellen Kurven im u−X−t Raum dar. Die Projektionen dieser Kur- ven in die X−t Ebene sind in parametrisierter Form durch r 7→ ( t(r), X(r)) bestimmt, so dass der Tangentialvektor der Kurven in dieser Ebene mit r = ( dt/dr, dX/dr) sowie eine differentielle ¨Anderung dieses Tangentialvektors mit dr = ( dt, dX) folgt. Insbesondere die Differentiale der partiellen Ableitungen 2. Ordnung resultieren daher in d (∂2u ∂t2 ) = ∂ 3u ∂t3 dt + ∂3u ∂X∂t2 dX , (7.27a) d ( ∂2u ∂X∂t ) = ∂ 3u ∂X∂t2 dt + ∂3u ∂X2∂t dX . (7.27b) 95 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen Zusammen mit der PDG (7.25)2 folgt damit das Gleichungssystem   E + f ′ c2E 0 −f ′ dt dX 0 0 dt dX     ∂3u ∂t3 ∂3u ∂X∂t2 ∂3u ∂X2∂t   =   F (D2u) d (∂2u ∂t2 ) d ( ∂2u ∂X∂t )   , (7.28) das genau dann eindeutige Lo¨sungen fu¨r die Ableitungen ho¨chster Ordnung liefert, wenn die Determinante D = E + f ′ c2E (dX)2 − f ′ (dt)2 (7.29) nicht verschwindet; andererseits fu¨hrt D = 0 auf die charakteristischen Richtungen dX dt = ±cE √ f ′ E + f ′ , (7.30) d.h. die Lo¨sung kann sich gewissermaßen unabha¨ngig auf beiden Seiten der charakteristi- schen Richtung verhalten. Im elastischen Ausgangszustand existieren zwei reelle Richtungen dX/dt = ±cE, weshalb die PDG als hyperbolisch klassifiziert wird. Aus dem Ergebnis (7.30) folgt dann, dass die Hyperbolizita¨t der PDG und damit die Eindeutigkeit der Lo¨sung gewa¨hr- leistet bleibt, solange verfestigendes Materialverhalten (f ′ > 0) vorliegt. Tritt lokal, d. h. an mindestens einem Punkt in der Struktur, eine Entfestigung (−E < f ′ < 0) des Materials auf, so existieren an diesem Punkt nur imagina¨re charakteristische Richtungen, und die Differen- tialgleichung wird in diesem Bereich elliptisch. Insofern ist der Zeitpunkt des Hyperbolizita¨ts-, d. h. Eindeutigkeitsverlustes durch das erste Auftreten von Entfestigung in der Struktur cha- rakterisiert. Ein direktes Durchschlagen von verfestigendem Materialverhalten zu entfestigen- dem Verhalten in der Form f ′ < −E wird hier nicht na¨her untersucht. Stabilita¨tsuntersuchung Durch die in (7.23) angegebene Konkretisierung des allgemeinen PDG-Systems (7.12) fu¨r den Fall lokaler Elasto-Plastizita¨t reduziert sich die zu untersuchende Gleichung (7.21) zu E + f ′ c2E ω2 − f ′k2 = 0 . (7.31) Unter Verwendung von (7.6), i.e. $ := −iω , folgt fu¨r die Lo¨sung der Substitution $2 = − k 2c2Ef ′ E + f ′ , (7.32) so dass sich der maximale Wert des Realteils dieser Gro¨ße zu $D := max ( Re($)) = { 0 , fu¨r f ′ ≥ 0 kcE √ −f ′ E+f ′ > 0 , fu¨r −E < f ′ < 0 (7.33) 96 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen ergibt, wobei $D auch als dominante Wachstumsrate der Sto¨rung bezeichnet wird, sie- he u. a. Batra und Chen (2001), Daridon et al. (2004). Der Stabilita¨tsverlust infolge von Re($) = ωIm > 0, vgl. (7.4), geht hier mit dem Verlust der Eindeutigkeit einher, und tritt genau dann auf, wenn eine Entfestigung des Materials eintritt. Der ¨Ubergang von verfesti- gendem zu entfestigendem Materialverhalten (f ′ = 0) stellt hier infolge $ = ω = 0 eine stehende Welle dar, die je nach Ort des Auftretens eine Oberfla¨chen- bzw. Grenzfla¨chenin- stabilita¨t beschreibt. In diesem Zusammenhang werden auch die Begriffe ” RAYLEIGH wave“ (Oberfla¨cheninstabilita¨t) und ” STONELEY wave“ (Grenzfla¨cheninstabilita¨t) verwendet, siehe z. B. Benallal und Tvergaard (1995). Diese Instabilita¨ten werden allgemein als ” wave trapping“ bezeichnet: Der Interpretation von Wu und Freund (1984) folgend, verliert eine beliebige Be- lastungswelle die Fa¨higkeit sich u¨ber die Zeit im Kontinuum auszubreiten, z. B. kann sich eine am Rand aufgebrachte Sto¨rung nicht ins Innere des Kontinuums fortpflanzen. Es ist aus (7.31) außerdem leicht zu erkennen, dass fu¨r dieses Modell keine innere La¨nge existiert: Fu¨r ω ∈ R und k ∈ C gema¨ß (7.2b) folgt aus (7.31) das Gleichungssystem    E + f ′ c2E ω2 − f ′(k2Re − k2Im) = 0 2kRekIm = 0    , (7.34) das lediglich dann eine Lo¨sung in der Form kRe(ω) = |ω| cE √ E + f ′h f ′h , kIm(ω) = 0 (7.35) hat, solange f ′ > 0 gilt, also verfestigendes Materialverhalten vorliegt. Diese Aussage deckt sich mit der des zuvor beschriebenen Verfahrens. Ferner wird deutlich, dass aufgrund der fehlenden dispersiven Eigenschaft, d. h. cf(kRe) = konst., sowie aufgrund von kIm = 0 fu¨r dieses lokale, ratenunabha¨ngige Modell weder eine innere La¨nge infolge der Definition (7.9) noch infolge (7.10) existiert. 7.2.4 Lokale Elasto-Thermoviskoplastizita¨t Fu¨r den lokalen, dehnratenabha¨ngigen Fall entspricht der plastische Zuwachs einer Bezie- hung gema¨ß g¯(σ˙, σ, εP, θ, q) = 〈g(σ, εP, θ, q)〉 , (7.36) d. h. eine Abha¨ngigkeit von der Spannungsrate σ˙, wie zuvor in Abschnitt 7.2.3 fu¨r den dehn- ratenunabha¨ngigen Fall beschrieben, liegt hier nicht vor. Ferner findet hier die MACAULAY- Klammer 〈•〉 = 12(•+ | • |) Verwendung, so dass nicht gesondert zwischen einem elasti- schen bzw. inelastischen Prozess unterschieden werden muss. Fu¨r den Fall ausschließlich- er Temperaturentfestigung entfa¨llt zudem die Abha¨ngigkeit von dem Vektor weiterer innerer Gro¨ßen, i.e. q = 0 . Hingegen ist der Fall zusa¨tzlicher Entfestigung infolge isotroper Scha¨di- gung z. B. durch q ≡ s in der Form (7.36) enthalten. 97 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen Eindeutigkeitsnachweis Durch Kombination von (7.12a bis d) und unter Beru¨cksichtigung von (7.36) sowie c¯r = 0 in (7.12d) folgt zuna¨chst 1 c2E ∂3u ∂t3 − ∂3u ∂X2∂t = − ∂〈g〉 ∂σ ( %r ∂2u ∂t2 ) − ∂〈g〉∂εP ( ∂2u ∂X2− 1 c2E ∂2u ∂t2 ) − ∂〈g〉∂θ ∂θ ∂X − ∂〈g〉 ∂q · ∂q ∂X . (7.37) Durch weitere Differentiation dieser Gleichung bezu¨glich der Zeit und Beru¨cksichtigung der Entwicklungsgleichungen fu¨r die Temperatur (7.12e, mit κθr ≈ 0) und fu¨r den Vektor der inneren Gro¨ßen (7.12f) wird deutlich, dass die rechte Seite von (7.37) keine weiteren Terme zu den Ableitungen ho¨chster Ordnung beitra¨gt, also die PDG fu¨r das Verschiebungsfeld die Form 1 c2E ∂4u ∂t4 − ∂4u ∂X2∂t2 = F (D 3u,D2u, . . .) (7.38) annimmt. Insofern folgen die charakteristischen Richtungen, analog zu dem Vorgehen in Ab- schnitt 7.2.3, zu dX dt = ±cE , (7.39) d. h. die charakteristischen Richtungen entsprechen der elastischen Wellengeschwindigkeit und bleiben unabha¨ngig davon, ob ver- oder entfestigens Materialverhalten vorliegt stets reell. Ein Verlust der Hyperbolizita¨t der PDG, einhergehend mit einem Verlust der Eindeutigkeit, ist insofern fu¨r diese Art der ratenabha¨ngigen Modellformulierung ausgeschlosen. Stabilita¨tsuntersuchung Fu¨r Gleichung (7.21) folgt somit unter Beru¨cksichtigung von c¯r = 0 und der Abha¨ngigkeiten in (7.36) sowie durch Einfu¨hrung einiger geeigneter Substitu- tionen gema¨ß ¶ := E ∂g¯∂σ ∣∣∣ ◦ (7.40a) · := ∂g¯∂εP ∣∣∣ ◦ + βr%rcθr σ◦∂g¯∂θ ∣∣∣ ◦ + (∂g¯ ∂q · ∂f ∂ε˙P )∣∣∣ ◦ (7.40b) ¸ := E βr%rcθr ε˙◦P ∂g¯ ∂θ ∣∣∣ ◦ + E (∂g¯ ∂q · ∂f ∂σ )∣∣∣ ◦ (7.40c) ¹ := (∂g¯ ∂q · ∂f ∂εP )∣∣∣ ◦ + βr%rcθr σ◦ (∂g¯ ∂q · ∂f ∂θ )∣∣∣ ◦ (7.40d) º := E βr%rcθr ε˙◦P (∂g¯ ∂q · ∂f ∂θ )∣∣∣ ◦ (7.40e) schließlich ω4 − (· − ¶)(iω3) + (c2Ek2 + ¸ − ¹ )(−ω2)− (·c2Ek2 − º )(−iω)− (¹c2Ek2 ) = 0 . (7.41) Diese Gleichung stellt fu¨r k ∈ R+ eine algebraische Gleichung vierter Ordnung bezu¨glich der Wellenwinkelgeschwindigkeit ω bzw. $ dar. Insbesondere fu¨r Problemstellungen, die neben 98 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen der plastischen Vergleichsdehnung und Temperatur keine weiteren inneren Gro¨ßen, wie z. B. isotrope Scha¨digung, beru¨cksichtigen, i.e. f = 0 , folgt die kubische Gleichung $3 − (· − ¶)$2 + (c2Ek2 + ¸ )$ − (·c2Ek2 ) = 0 , (7.42) mit drei zum Teil komplexen Lo¨sungen $i, i = 1, 2, 3. Die hinreichende Bedingung fu¨r eine auftretende Instabilita¨t ist immer dann erfu¨llt, wenn der Realteil von mindestens einer dieser Lo¨sungen positiv ist, d. h. die Bedingung $D := maxi (Re($i)) > 0 (7.43) fu¨r die dominate Wachstumsrate $D erfu¨llt ist. Aufgrund der ho¨chsten Ordnung von (7.41) bzw. (7.42) ist eine analytische Untersuchung, unter welchen Bedingungen eine solche In- stabilita¨t auftritt, nur erschwert mo¨glich und wird in Abschnitt 7.2.5 und 7.2.6 entsprechend numerisch untersucht. Hingegen folgt hinsichtlich der Untersuchung der Dispersionseigenschaften dieses Modells aus (7.41) durch Aufspaltung der Wellenzahl k in einen Real- und Imagina¨rteil gema¨ß (7.2b) das Gleichungssystem { c2E(ω2 + ¹) (k2Re−k2Im )+ ·c2Eω (2kRekIm )− (ω2 + ¹ − ¸)ω2 = 0 −·c2Eω (k2Re−k2Im )+ c2E(ω2 + ¹) (2kRekIm )+ ((· − ¶)ω2 + º)ω = 0 } , (7.44) das fu¨r die Anteile der Wellenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenfrequenz, {kRe(ω), kIm(ω) } , gelo¨st wird. Als einzige mo¨gliche Lo¨sung mit (7.2b) folgt kRe(ω) = 1 cE √ +S1(ω) + √ (S1(ω))2 + (S2(ω))2 2S3(ω) , (7.45a) kIm(ω) = 1 cE √ −S1(ω) + √ (S1(ω))2 + (S2(ω))2 2S3(ω) , (7.45b) mit den weiteren Funktionen S1(ω) = ( S3(ω)− (¶· + ¸)ω2 + ·º − ¹¸ ) ω2 , (7.46a) S2(ω) = ( ¶ω4 + (¶¹ − ·¸ − º)ω2 − ¹º ) ω , (7.46b) S3(ω) = (ω2 + ¹)2 + (·ω)2 . (7.46c) Der graphische Verlauf dieser Lo¨sungen wird ebenfalls fu¨r konkrete spezielle Formulie- rungen dieser Gruppe ratenabha¨ngiger Modelle (z. B. fu¨r das lokale Modell nach JOHN- SON & COOK, Abschnitt 7.2.5, bzw. fu¨r ein lokales, ratenabha¨ngiges Modell mit linearer Dehnraten-Verfestigung, Abschnitt 7.2.6) dargestellt. Zuna¨chst werden jedoch einige allge- meine Grenzfa¨lle der Lo¨sungen (7.45a, b) untersucht: Fu¨r hohe Wellenfrequenzen ω →∞ strebt der imagina¨re Anteil der Wellenzahl kIm(ω) gegen einen endlichen, von null verschiedenen Grenzwert, so dass unter der Annahme, dass die 99 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen Funktion kIm(ω) monoton wachsend ist, die innere La¨nge dieser Gruppe ratenabha¨ngiger Modelle gema¨ß der Definition (7.11) zu `1D,lokalr := ( limω→∞ kIm(ω) )−1 = 2cE|¶| = 2cE E abs( ∂g¯∂σ ∣∣◦) (7.47) folgt. Aus (7.45a) ist ferner ersichtlich, dass die Phasengeschwindigkeit von dem Realteil der Wellenzahl abha¨ngt, cf = cf(kRe(ω)), also eine dispersive Eigenschaft vorliegt. Fu¨r hohe Frequenzen strebt hier der Realteil der Wellenzahl kRe derart gegen Unendlich, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit sowohl einer einzelnen Welle cf als auch eines Wellenpakets cg gegen die elastische Wellengeschwindigkeit strebt, i.e. limω→∞ cf(ω) = limω→∞ cg(ω) = cE . (7.48) 7.2.5 Anwendung 1: Lokales JOHNSON & COOK-Modell Fu¨r das lokale JOHNSON & COOK-Modell berechnen sich fu¨r einen inelastischen Prozess die Spannungen unter einachsiger Belastung aus der Beziehung σ = (1− sDw)︸ ︷︷ ︸ fd(s) (A+B(εP)n ) ︸ ︷︷ ︸ fh(εP) (1 + Cln(1 + ε˙P/ε˙0) ) ︸ ︷︷ ︸ fr(ε˙P) (1− ((θ−θR)/(θM−θR))m ) ︸ ︷︷ ︸ ft(θ) , (7.49) so dass die Bestimmungsfunktion der plastischen Dehnrate durch g(σ, εP, θ, s) = ε˙0 [ exp { 1 C ( σ fd(s)fh(εP)ft(θ) − 1 )} − 1 ] (7.50) konkretisiert ist, siehe auch (T 3.1-9). Mit Hilfe der Identita¨t 1 f ′r(ε˙P) = ε˙0 + ε˙PC = ε˙0 C exp { 1 C ( σ fd(s)fh(εP)ft(θ) − 1 )} (7.51) folgen daraus die beno¨tigten Ableitungen zu ∂g¯ ∂σ ∣∣∣ ◦ = 1fd(s◦)fh(ε◦P)f ′r(ε˙◦P)ft(θ◦) = 1σ◦ fr(ε˙◦P) f ′r(ε˙◦P) (7.52a) ∂g¯ ∂εP ∣∣∣ ◦ = −σ ◦ fd(s◦)fh(ε◦P)f ′r(ε˙◦P)ft(θ◦) f ′h(ε◦P) fh(ε◦P) = −fr(ε˙ ◦ P) f ′r(ε˙◦P) f ′h(ε◦P) fh(ε◦P) (7.52b) ∂g¯ ∂θ ∣∣∣ ◦ = −σ ◦ fd(s◦)fh(ε◦P)f ′r(ε˙◦P)ft(θ◦) f ′t(θ◦) ft(θ◦) = − fr(ε˙◦P) f ′r(ε˙◦P) f ′t(θ◦) ft(θ◦) (7.52c) ∂g¯ ∂s ∣∣∣ ◦ = −σ ◦ fd(s◦)fh(ε◦P)f ′r(ε˙◦P)ft(θ◦) f ′d(s◦) fd(s◦) = −fr(ε˙ ◦ P) f ′r(ε˙◦P) f ′d(s◦) fd(s◦) (7.52d) sowie mit der Gleichung fu¨r die Entwicklung des Lebensdauerverbrauchs s gema¨ß (T 3.1-7 und T 3.1-8) entsprechend auch die Ableitungen (∂s/∂ε˙P)|◦ und (∂s/∂θ)|◦. Insbesondere bei ausschließlicher Temperaturentfestigung, d. h. ohne eine Beru¨cksichtigung der Scha¨digung, gilt fd(s) = 1 und f ′d(s) = 0. 100 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen In Bild 7.3 ist das Spannungs- plastische Dehnungs-Verhalten eines eindimensionalen Kon- tinuums unter Zugbelastung fu¨r zwei unterschiedliche und konstant angenommene plasti- sche Dehnraten dargestellt. Die an den Werkstoff INCONEL 718 angepassten Materialpa- rameter dieses Modells sind dabei der Tabelle 8.1 auf Seite 124 entnommen. Die numeri- sche Auswertung von Gleichung (7.42) bezu¨glich der Wachstumsrate der Sto¨rung $ zeigt, dass fu¨r den untersuchten Fall eine unbegrenzte Sto¨rungszunahme, d. h. eine Instabilita¨t der Lo¨sung, genau dann auftritt, wenn das Spannungsmaximum zum Zeitpunkt t = tˆ erreicht wird. In Bild 7.4 ist diesbezu¨glich die resultierende dominante Wachstumsrate der Sto¨rung zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Erreichen des Spannungsmaximums zur Zeit t = tˆ in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl dargestellt. Diese Wachstumsrate erreicht fu¨r zunehmende Wel- lenzahlen schnell einen gesa¨ttigten Bereich und bleibt fu¨r gro¨ßere Wellenzahlen konstant. Ebenso wird deutlich, dass infolge der fortschreitenden, sta¨rkeren Entfestigung die Gro¨ße dieser Wachstumsrate zunimmt. Insofern tritt fu¨r diese lokale, ratenabha¨ngige Formulierung nach JOHNSON & COOK eine Instabilita¨t der Lo¨sung infolge von Entfestigung auf, auch wenn die Hyperbolizita¨t der Gleichungen gewahrt bleibt. Die Auswertung der Dispersionsanalyse mit den Ergebnissen nach (7.45a, b) fu¨r den Real- und Imagina¨rteil der Wellenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenfrequenz ist in Bild 7.5 und Bild 7.6 zu den unterschiedlichen Zeitpunkten graphisch dargestellt. Der Realteil der Wellenzahl steigt im Bereich niedriger Wellenfrequenzen zuna¨chst stark an und tendiert fu¨r ho¨here Frequen- zen gegen eine Steigung, die der Inversen der elastischen Wellengeschwindigkeit entspricht. Durch dieses nichtlineare Verhalten ist direkt ersichtlich, dass eine dispersive Eigenschaft der Sto¨rung vorliegt. Diesbezu¨glich ist der Verlauf der nicht konstanten, von dem Realteil der Wel- lenzahl abha¨ngigen Phasengeschwindigkeit, zusammen mit der Gruppengeschwindigkeit ei- nes Wellenpakets in Bild 7.7 dargestellt. Fu¨r hohe Frequenzen tendieren die Ausbreitungsge- schwindigkeiten gegen die elastische Wellengeschwindigkeit. Fu¨r niedrige Frequenzen, und damit kleinen Wellenzahlen, nehmen die Ausbreitungsgeschwindigkeiten ab und tendieren fu¨r eine verschwindende Wellenzahl gegen null. Insofern wird deutlich, dass fu¨r dieses Mo- dell keine obere Grenze fu¨r die Wellenla¨ngen gema¨ß der Definition (7.9) existiert. Hingegen konvergiert, wie in Bild 7.6 gezeigt, der imagina¨re Anteil der Wellenzahl gegen einen Grenz- wert, der der Inversen der inneren La¨nge des Modells entspricht. Die innere La¨nge dieses JOHNSON & COOK-Modells folgt hier mit (7.52a) in (7.47) zu `1D,lokalJCr = 2cE E ( 1− (s◦)Dw )( A+B(ε◦P)n )( C ε˙0 + ε˙◦P )( 1− ( θ◦ − θR θM − θR )m) (7.53) bzw. mit σ◦ = fd(s◦)fh(ε◦P)fr(ε˙◦P)ft(θ◦) gilt auch `1D,lokalJCr = 2cE σ◦ E f ′r(ε˙◦P) fr(ε˙◦P) = 2cE σ ◦ E C/ε˙0(1 + ε˙◦P/ε˙0 )(1 + Cln(1 + ε˙◦P/ε˙0) ) . (7.54) Der Verlauf dieser inneren La¨nge ist in Bild 7.8 fu¨r die verschiedenen, untersuchten plasti- schen Dehnraten u¨ber der Zeit dargestellt. Infolge der als konstant angenommenen plasti- schen Dehnrate erreicht die innere La¨nge zum Zeitpunkt des Spannungsmaximums ebenfalls einen maximalen Wert und tendiert infolge der durch Entfestigung abnehmenden Spannung gegen null. Es zeigt sich zudem eine signifikante Abha¨ngigkeit der inneren La¨nge von der plastischen Dehnrate. Hier wird ein umgekehrt proportionaler Zusammenhang zwischen der Potenz der inneren La¨nge und der Potenz der plastischen Dehnrate deutlich, so dass fu¨r zunehmende plastische Dehnraten der Wert der inneren La¨nge gegen null strebt. 101 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen In Bild 7.9 ist dieser Zusammenhang ebenfalls veranschaulicht, zudem erlaubt die Anga- be der inneren La¨nge in der Form (7.54) die Untersuchung des Einflusses der dehnraten- abha¨ngigen Materialparameter auf diese Abha¨ngigkeit. Dazu ist die mit Hilfe des Terms (2cE σ◦/E) skalierte innere La¨nge in Abha¨ngigkeit der plastischen Dehnrate ε˙P fu¨r verschie- dene dehnratenabha¨ngige Parameterwerte C und ε˙0 dargestellt. Es zeigt sich der umgekehrt proportionale Zusammenhang zwischen skalierter innerer La¨nge und plastischer Dehnrate fu¨r ε˙P > ε˙0, wobei der Wert des Parameters C lediglich die Gro¨ßenordnung des Wertes fu¨r `r, nicht jedoch den Zusammenhang selbst beeinflusst. Dieses Verhalten tritt auch bei anderen, nichtlinearen dehnratenabha¨ngigen Faktoren in dem multiplikativen Zusammenhang (7.49) auf. Als Beispiel sei die in der Literatur ha¨ufig verwen- dete Potenzfunktion genannt, hier in der Form u. a. nach Camacho und Ortiz (1997) oder Børvik et al. (2001) fr(ε˙P) = (1 + ε˙P/ε˙0 )C , (7.55) die aufgrund der zuvor beschriebenen Untersuchungen ebenfalls auf eine dehnraten- und spannungsabha¨ngige innere La¨nge fu¨hrt `1D,lokalPLr = 2cE σ◦ E C/ε˙0(1 + ε˙◦P/ε˙0 ) (7.56) und insofern ebenfalls keine konstante Gro¨ße darstellt. 102 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 0 500 1000 1500 2000 2500 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 e in ac hs ig e Sp an nu n g einachsige plastische Dehnung ε˙P = 10+3 1/s ε˙P = 10+5 1/s εP [−] σ [MPa] Zeitpunkt des Maximums: t = tˆ t = 2tˆ t = 3tˆ Bild 7.3: Spannungs-Dehnungs Verhalten des lokalen JOHNSON & COOK-Modells bei ausschließlicher Temperaturentfestigung und unterschiedlichen, konstanten plastischen Dehnraten. 0 20 40 60 80 100 0 1 2 3 4 5 6 do m in an te W a ch st um sr a te de rS to¨ ru n g Wellenzahl t◦= tˆ t◦=2tˆ t◦=3tˆ k [1/mm] $D = max(Re($)) [×103 1/s] fu¨r t◦ < tˆ ist die Lo¨sung stabil, d. h. $D ≤ 0. Bild 7.4: Die dominante Wachstumsrate der Sto¨rung in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl fu¨r das lokale JOHNSON & COOK-Modell bei konstanter plastischer Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließlich- er Temperaturentfestigung zu unterschiedlichen Zeitpunkten. 103 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 0 2 4 6 8 10 R ea lte il de rW e lle nz ah l Wellenwinkelgeschwindigkeit t◦= tˆ t◦=2tˆ t◦=3tˆ ω [×106 1/s] kRe(ω) [1/mm] 1 cE Bild 7.5: Der Realteil der Wellen- zahl in Abha¨ngigkeit der Wellenwin- kelgeschwindigkeit fu¨r das lokale JOHNSON & COOK-Modell bei einer konstanten plastischen Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließ- licher Temperaturentfestigung zu unterschiedlichen Zeitpunkten. 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 0 2 4 6 8 10 `−1r (t◦= tˆ) `−1r (t◦=2tˆ) `−1r (t◦=3tˆ) Im ag in a¨ rte il de rW e lle nz ah l Wellenwinkelgeschwindigkeit ω [×106 1/s] kIm(ω) [1/mm] Bild 7.6: Der Imagina¨rteil der Wel- lenzahl in Abha¨ngigkeit der Wel- lenwinkelgeschwindigkeit fu¨r das lokale JOHNSON & COOK-Modell bei einer konstanten plastischen Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließlicher Temperaturent- festigung zu unterschiedlichen Zeitpunkten. 0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0 7.0 8.0 0 1 2 3 4 5 6 cE W e lle na us br ei tu ng sg es ch wi nd ig ke ite n Realteil der Wellenzahl Phasengeschw. cf Gruppengeschw. cg t◦= tˆ t◦=3tˆ kRe [1/mm] cf(kRe), cg(kRe) [×106 mm/s] Bild 7.7: Die Wellenausbreitungs- geschwindigkeiten in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl fu¨r das lokale JOHN- SON & COOK-Modell bei einer kon- stanten plastischen Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließlich- er Temperaturentfestigung zu unter- schiedlichen Zeitpunkten. 104 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 10-3 10-2 10-1 10+0 10+1 10+2 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 4.0 In ne re La¨ n ge de s M od el ls einachsige plastische Dehnung ε˙P = 10+3 1/s ε˙P = 10+5 1/s εP [−] `r [mm] Bild 7.8: Die innere La¨nge des lokalen, ratenabha¨ngigen JOHNSON & COOK-Modells fu¨r unterschiedli- che plastische Dehnraten. 10-8 10-6 10-4 10-2 10+0 10+2 10-3 10+0 10+3 10+6 sk al ie rte In ne re La¨ n ge de s M od el ls plastische Dehnrate { C = CIN718 ε˙0 = ε˙ IN7180 } {C = 103 CIN718 ε˙0 = ε˙ IN7180 } {C = CIN718 ε˙0 = 103 ε˙ IN7180 } ε˙P [1/s] `r/(2cEσ◦/E) = f ′r(ε˙P)/fr(ε˙P) [ s ] Materialparameter mit {CIN718 = 0.017 [−] ε˙ IN7180 = 0.001 [1/s] } Bild 7.9: Einfluss der Dehnraten abha¨ngigen Materialparamter auf die innere La¨nge des lokalen JOHN- SON & COOK-Modells. 105 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 7.2.6 Anwendung 2: Lokales Modell mit linearer Dehnratenabha¨ngigabkeit Um den Effekt eines grundsa¨tzlich unterschiedlichen, lokalen und dehnratenabha¨ngigen Mo- dells im Vergleich zu dem vorangegangenen JOHNSON & COOK- bzw. Potenzgesetz-Modell zu zeigen, wird nachfolgend ein Modell mit allgemeiner Ver- bzw. Entfestigung und linearer Dehnraten-Verfestigung in der Form σ = (σY0 + h εP ) ︸ ︷︷ ︸ fh(εP) + (m ε˙P ) ︸ ︷︷ ︸ fr(ε˙P) , bzw. g¯(σ˙, σ, εP, θ, q) = 1 m (σ − fh(εP) ) (7.57) untersucht. Darin kennzeichnet m einen raten-sensitiven Materialparameter, desweiteren ist mit fh(εP) eine allgemeine Ver- bzw. Entfestigungsfunktion angegeben, die in der Form von (7.57) durch eine anfa¨ngliche Fließspannung σY0 und einen konstanten Ver- bzw. Ent- festigungsmodul h beschrieben wird. Bei dieser Formulierung der konstitutiven Beziehung (7.57) ist zu beachten, dass infolge der additiven Form sowie der linearen Dehnratenverfe- stigung lediglich ein eingeschra¨nkter Bereich mo¨glicher Dehnraten zu physikalisch sinnvollen Spannungs-Dehnung Kurven fu¨hrt. Ein mehrere Dekaden umfassender Dehnratenbereich, der beispielsweise bei der Modellierung von Hochgeschwindigkeitsbelastungen metallischer Werkstoffe zu beru¨cksichtigen ist (vgl. Kapitel 1), kann durch diese Formulierung nicht sinn- voll modelliert werden. Vielmehr dient diese Formulierung dazu, prinzipiell die verschiedenen Effekte bei entfestigendem Materialverhalten zu untersuchen. Der Spannungs-Dehnungs Verlauf sowie der dehnratenabha¨ngige Charakter der konstituti- ven Gleichung ist in Bild 7.10 fu¨r verschiedene, konstante Gesamtverzerrungsraten veran- schaulicht. Desweiteren ist in Bild 7.11 jeweils die diesen Spannungs-Dehnungsverla¨ufen entsprechende Entwicklung der plastischen Dehnrate dargestellt. Die verwendeten Material- parameter sind dabei in Anlehnung an Arbeiten von Sluys (1992) bzw. Wang und Sluys (2000) zu Er = 20000N/mm2, %r = 2·10−8 Mg/mm3, σY0 = 0.002Er sowie h = −0.1Er und m = 0.2N·s/mm2 gewa¨hlt. Die fu¨r die Stabilita¨tsuntersuchungen relevanten Ableitungen folgen aus (7.57) allgemein zu ∂g¯ ∂σ ∣∣∣ ◦ = 1m , ∂g¯ ∂εP ∣∣∣ ◦ = −hm , ∂g¯ ∂θ ∣∣∣ ◦ = 0 , ∂g¯∂s ∣∣∣ ◦ = 0 . (7.58) Hinsichtlich der Untersuchung einer mo¨glichen zeitlichen Instabilita¨t durch Auswertung von Gleichung (7.42) bezu¨glich der Wellenwinkelgeschwindigkeit $ zeigt sich, dass ebenfalls mit dem ¨Ubergang zu entfestigendem Materialverhalten eine positive dominante Wachstumsrate der Sto¨rung $D > 0, d. h. ein Instabilita¨t der Lo¨sung auftritt. In Bild 7.12 ist der Verlauf der Wachstumsrate in Abha¨ngigkeit von der Wellenzahl dargestellt. Verglichen mit den Ergeb- nissen von Modellen mit nichtlinearer Dehnratenverfestigung (z. B. JOHNSON & COOK- oder Potenzgesetz-Modelle) zeigt sich ein prinzipiell a¨hnliches Verhalten, im Unterschied ist hier jedoch weder ein Einfluss der plastischen Dehnung noch der Dehnrate auf das Verhalten der dominanten Wachstumsrate zu beobachten, vgl. mit Bild 7.4. Die Ergebnisse der Dispersionsanalyse fu¨r dieses Modell sind in den Bildern 7.13 bis 7.15 graphisch dargestellt. Der Realteil der Wellenzahl nimmt in Abha¨ngigkeit von der Wellenfre- quenz stetig zu und strebt fu¨r ω →∞ derart gegen Unendlich, dass die Phasengeschwindig- keit der Welle gegen die elastische Wellenausbreitungsgeschwindigkeit cE strebt, siehe auch 106 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen Bild 7.15. Hingegen erreicht der Imagina¨rteil der Wellenzahl fu¨r hohe Wellenfrequenzen ein Maximum, das eben der Inversen der inneren La¨nge des Modells entspricht. Wie in Bild 7.14 dargestellt, wird deutlich, dass der funktionale Zusammenhang des Imagina¨rteils der Wel- lenzahl und der Wellenfrequenz keine Abha¨ngigkeit von der Dehnrate oder dem Spannungs- zustand aufweist. Die innere Modellla¨nge stellt insofern im Gegensatz zu den Modellen mit nichtlinearer Dehnratenabha¨ngigkeit hier eine konstante Gro¨ße dar. In Bild 7.15 ist daru¨ber hinaus der dispersive Charakter des Modells durch die Darstellung der Wellenausbreitungs- geschwindigkeiten in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl veranschaulicht. Wie bereits beschrieben wird darin deutlich, dass fu¨r hohe Wellenfrequenzen (einhergehend mit hohen Wellenzahlen) die Wellenausbreitungsgeschwindigkeiten gegen die elastische Wellengeschwindigkeit stre- ben. Hingegen zeigt dieses Modell fu¨r kleine Wellenzahlen ein unphysikalisches Verhalten, da sich in diesem Fall die Wellen mit einer unendlichen Geschwindigkeit ausbreiten. Die Bestimmung der inneren La¨nge erfolgt gema¨ß (7.47) und resultiert fu¨r dieses Modell zu `Lin,1Dr = 2cE m E = konst. . (7.59) Daher stellt die innere Modellla¨nge eine konstante Gro¨ße dar, die lediglich von den elasti- schen Materialparametern cE und E sowie dem raten-sensitiven Parameter m abha¨ngt. Fu¨r die in diesem Abschnitt abgegebenen Parameterwerte folgt aus (7.59) der Wert der inneren La¨nge zu `Lin,1Dr = 20mm. In diesem Zusammenhang ist darauf hingewiesen, dass bei Anwendung dieser ratenabha¨ngi- gen Modellformulierung im Rahmen der Finiten-Element Methode eine pathologische Netz- abha¨ngigkeit der Ergebnisse nicht auftritt, siehe z. B. Sluys (1992) oder Wang und Sluys (2000). In der zuletzt genannten Arbeit wird zudem gesondert darauf hingewiesen, dass die- se Netzunabha¨ngigkeit der Ergebnisse allerdings nicht bei Verwendung von Potenzgesetz- Modellen erzielt wird. Die Auswirkungen unterschiedlicher Modellformulierungen auf die Er- gebnisse von Finite-Element Berechnungen stellen einen wesentlichen Anteil dieser Arbeit dar und werden daher in Kapitel 8 getrennt von den hier beschriebenen Stabilita¨tsuntersu- chungen eingehend untersucht. 107 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 n o rm ie rte Sp an nu n g Gesamtverzerrung ε˙ = 50 1/s ε˙ = 100 1/s ε˙ = 200 1/s ε [%] σ/σY [−] m → 0 Bild 7.10: Spannungs-Dehnungs Verhalten des lokalen Riss-Modells mit linearer Dehnratenverfestigung bei unterschiedlichen, konstanten Raten der Gesamtverzerrung. 0 50 100 150 200 250 0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 pl as tis ch e D eh nr a te Gesamtverzerrung ε [%] ε˙P [1/s] ε˙ = 200 1/s ε˙ = 100 1/s ε˙ = 50 1/s Bild 7.11: Entwicklung der plasti- schen Dehnrate fu¨r das lokale Riss- Modell mit linearer Dehnratenverfe- stigung bei unterschiedlichen, kon- stanten Raten der Gesamtverzer- rung. 0 2 4 6 8 10 12 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 do m in an te W a ch st um sr a te de rS to¨ ru n g Wellenzahl k [1/mm] $D = max(Re($)) [×103 1/s] fu¨r inelastische Prozesse, d. h. ε˙P > 0, und sa¨mtliche Dehnraten ε˙. Bild 7.12: Die dominante Wachs- tumsrate der Sto¨rung in Abha¨ngig- keit der Wellenzahl fu¨r das lokale Riss-Modell mit linearer Dehnraten- verfestigung. 108 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10 0.12 0 20 40 60 80 100 R ea lte il de rW e lle nz ah l Wellenwinkelgeschwindigkeit ω [×103 1/s] kRe(ω) [1/mm] 1 cE Bild 7.13: Der Realteil der Wellen- zahl in Abha¨ngigkeit der Wellen- winkelgeschwindigkeit fu¨r das loka- le Riss-Modell mit linearer Dehnra- tenverfestigung. 0.00 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05 0.06 0 20 40 60 80 100 `−1r = konst. Im ag in a¨ rte il de rW e lle nz ah l Wellenwinkelgeschwindigkeit ω [×103 1/s] kIm(ω) [1/mm] Bild 7.14: Der Imagina¨rteil der Wel- lenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellen- winkelgeschwindigkeit fu¨r das loka- le Riss-Modell mit linearer Dehnra- tenverfestigung. 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10 cE W e lle na us br ei tu ng sg es ch wi nd ig ke ite n Realteil der Wellenzahl Phasengeschw. cf Gruppengeschw. cg kRe [1/mm] cf(kRe), cg(kRe) [×106 mm/s] Bild 7.15: Die Wellenausbreitungs- geschwindigkeiten in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl fu¨r das lokale Riss- Modell mit linearer Dehnratenverfe- stigung. 109 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 7.2.7 Nicht-lokale Elasto-Plastizita¨t Eindeutigkeitsnachweis Im Gegensatz zu dem Modell der lokalen Elasto-Plastizita¨t aus Abschnitt 7.2.3 wird in den nachfolgenden Untersuchungen der nicht-lokale Parameter mit c¯r > 0 in (7.12d) beru¨cksichtigt. Dieses Vorgehen resultiert fu¨r inelastische Prozesse in einem gekoppelten System von zwei PDGn sowohl fu¨r das Verschiebungsfeld u als auch das nicht- lokale inelastische Verzerrungsfeld εP, i.e.    1 c2E ∂3u ∂t3 − ∂3u ∂X2∂t = − ∂2εP ∂X∂t E c2E ∂3u ∂t3 + c¯rf ′ ∂4εP ∂X3∂t = f ′ ∂2εP ∂X∂t + f ′′ F (D2u)    , (7.60) wobei hier erneut die Beziehung (7.23) zur Bestimmung des lokalen plastischen Zuwachses betrachtet wird, i.e. σ˙ = f ′ε˙P. Mit den entsprechenden Differentialen der partiellen Ableitun- gen beider Lo¨sungsfelder folgt unter Auslassung weiterer Zwischenschritte analog zu dem in Abschnitt 7.2.3 beschriebenen Vorgehen fu¨r die Determinante des resultierenden Glei- chungssystems schließlich D = c¯rf ′ ( 1 c2E (dX)2 − (dt)2 ) dX , (7.61) so dass die charakteristischen Richtungen fu¨r diesen Fall infolge von D = 0 zu dX dt = ±cE, 0 (7.62) folgen. Daher stellt das gekoppelte partielle Differentialgleichungssystem (7.60) ein hyper- bolisch-parabolisches System, d. h. ein PDG-System von gemischtem Typ, dar. Ferner wird deutlich, dass die charakteristischen Richtungen im Verlauf der Entwicklung der Lo¨sung stets reell bleiben, wodurch die Eindeutigkeit der Lo¨sung gewa¨hrleistet bleibt. Der Einfluss des nicht-lokalen Parameters auf die ” Korrekt-Gestelltheit“ der Lo¨sung wird durch die nachfolgen- de Stabilita¨tsanalyse deutlich. Stabilita¨tsuntersuchung Aus der zu untersuchenden Gleichung (7.21) folgt fu¨r den hier betrachteten Fall ratenunabha¨ngiger Gradienten-Plastizita¨t, d. h. fu¨r c¯r > 0 und fu¨r eine Ent- wicklung der lokalen plastischen Dehnrate gema¨ß (7.23), die Gleichung ( c¯rk2 + E + f ′ f ′ ) (−ω2) + c2Ek2(1 + c¯rk2) = 0 . (7.63) Aus dieser quadratischen Gleichung bezu¨glich der Wellenwinkelgeschwindigkeit ω bzw. $, mit $2 = −ω2, ist die dominante Wachstumsrate der Sto¨rung durch $D =    kcE √ −f ′(1 + c¯rk2) E + f ′(1 + c¯rk2) > 0 , fu¨r −E < f ′ < 0 und c¯rk2 ≤ E + f ′ −f ′ 0 , fu¨r alle sonstigen Fa¨lle (7.64) bestimmt. Fu¨r c¯r = 0 wird zudem exakt das Ergebnis des lokalen Falls erhalten, cf. Ergebnis (7.33). Andererseits existiert hier nun fu¨r bestimmte Wertepaare von nicht-lokalem Parameter c¯r > 0 und Wellenzahl k auch infolge von Entfestigung ein Bereich stabiler Lo¨sungen. 110 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen Dieser Wertebereich ist in Bild 7.16 fu¨r verschiedene Grade der Entfestigung ξ := −f ′/E, mit 0 < ξ < 1, dargestellt. Die Grenze zwischen den Bereichen stabiler und instabiler Lo¨sungen ist dann mit (7.64) durch den funktionalen Zusammenhang c¯rk2 = (1− ξ)/ξ bestimmt. Es wird deutlich, dass fu¨r große Wellenzahlen, d. h. fu¨r Sto¨rungen mit kleinen Wellenla¨ngen, bereits ein geringer Wert des nicht-lokalen Parameters ausreicht, um eine stabile Lo¨sung zu erhalten. Mit zunehmend kleineren Wellenzahlen ist die Lo¨sung lediglich durch gro¨ßere Werte des nicht-lokalen Parameters stabilisiert. Dieser Zusammenhang ist zudem stark von dem Grad der Entfestigung abha¨ngig. Es zeigt sich, dass fu¨r einen bestimmten Wert des nicht-lokalen Parameters mit zunehmenden Grad der Entfestigung erst bei sehr viel kleineren Wellenzahlen, also bei Sto¨rungen mit sehr viel gro¨ßeren Wellenla¨ngen, der ¨Ubergang zu instabilen Lo¨sungen auftritt. Insofern liegt fu¨r entfestigendes Materialverhalten die Grenze zwischen stabilen und instabilen Lo¨sungen bei einer kritischen Wellenla¨nge von λc = 2pi √ ξ c¯r 1− ξ , mit 0 < ξ < 1 . (7.65) Dieser Zusammenhang wird ferner auch infolge der Dispersionsanalyse deutlich. Mit ω ∈ R und k ∈ C gema¨ß (7.2b) in (7.63) folgt als gu¨ltige Lo¨sung des Gleichungssystems   c¯rc2E [(k2Re−k2Im )2−(2kRekIm )2]− (c¯rω2−c2E )(k2Re−k2Im )− (E+f ′)/f ′ ω2 = 0 c¯rc2E [ 4kRekIm (k2Re−k2Im )]− (c¯rω2−c2E )2kRekIm = 0    (7.66) letztendlich kRe(ω) = 1 cE √ 1 2c¯r ((c¯rω2 − c2E )± √(c¯rω2 − c2E )2 + 4c¯rc2Eω2 (E+f ′)/f ′ ) (7.67a) kIm(ω) = 0 (7.67b) bzw. fu¨r (7.67a) invers formuliert, siehe auch (7.63) mit kIm = 0, ω(kRe) = cEkRe √ f ′(1 + c¯rk2Re) E + f ′(1 + c¯rk2Re) . (7.68) Insofern existieren gu¨ltige Lo¨sungen, wenn eine der Bedingungen f ′ > 0 , oder f ′ ≤ −E , oder −E < f ′ < 0 ∧ c¯rk2Re > −(E + f ′)/f ′ (7.69) erfu¨llt ist. Diese Aussage stimmt mit dem Ergebnis (7.64) u¨berein. Daru¨ber hinaus werden auf Grundlage der Ergebnisse (7.67a, b) bzw. (7.68) die Dispersi- onseigenschaften dieses Modells fu¨r entfestigendes Materialverhalten (0 > f ′ > −E, bzw. 0 < ξ < 1) untersucht. In Bild 7.17 ist hierzu die Beziehung zwischen Wellenzahl und Wel- lenwinkelgeschwindigkeit fu¨r einen bestimmten Grad der Entfestigung sowie unterschiedliche Werte des nicht-lokalen Parameters dargestellt. Durch den jeweiligen Funktionsverlauf wird ebenfalls die Grenze zwischen stabilem und instabilem Bereich veranschaulicht; insbesonde- re fu¨r zunehmende Werte des nicht-lokalen-Parameters verschiebt sich diese Grenze derart, dass bereits Sto¨rungen mit kleineren Wellenzahlen stabilisiert werden, es gilt kRe,min = √ 1− ξ ξ c¯r = 2pi λc . (7.70) 111 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen Daru¨ber hinaus werden aus den Ergebnissen (7.67a) bzw. (7.68) die Wellenausbreitungsge- schwindigkeiten gema¨ß (7.7) und (7.8) bestimmt, die fu¨r unterschiedliche nicht-lokale Para- meter in Bild 7.18 dargestellt sind. Der dispersive Charakter wird direkt durch den nichtlinea- ren Verlauf der Phasengeschwindigkeit verdeutlicht. Ferner tendiert die Gruppengeschwin- digkeit des Wellenpakets fu¨r einen positiven Wert der Wellenzahl gegen null. Mit der Defi- nition (7.9) sowie (7.8) folgt hier mit (7.68) schließlich die innere La¨nge bei entfestigendem Materialverhalten zu `1D,GPc = √ ξ c¯r (1− ξ) +√1− ξ , mit 0 < ξ < 1 . (7.71) Dieses Ergebnis zeigt, dass es durch Verwendung eines nicht-lokalen Modells mo¨glich ist, die Lokalisierungszone zu begrenzen. Der Einfluss des nicht-lokalen Parameters auf die in- nere La¨nge wird dabei fu¨r einen bestimmten Grad der Entfestigung ξ durch die proportionale Beziehung der inneren La¨nge zu der Quadratwurzel des nicht-lokalen Parameters, i.e. `1D,GPc ∝ √c¯r , fu¨r ξ = konst. , (7.72) deutlich. 0.0 5.0 10.0 15.0 20.0 0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 W e lle nz ah l nicht-lokaler Materialparameter ξ = 0.50 ξ = 0.10 ξ = 0.02 c¯r [mm2] k [1/mm] Fu¨r f ′ > 0 oder f ′ ≤ −E ist die Lo¨sung unabha¨ngig von den Werten {k, c¯r} stabil. Fu¨r −E < f ′ < 0 ist die Lo¨sung abha¨ngig von den Werten {k, c¯r} stabil, genau dann wenn die Bedingung c¯rk2 > (1− ξ)/ξ, 0 < ξ < 1 erfu¨llt ist, mit ξ := −f ′/E. Bereich stabiler Lo¨sungen oberhalb der jeweiligen Kurve Bild 7.16: Bereich stabiler Lo¨sungen bei Entfestigung in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl und des nicht- lokalen Parameters fu¨r ein ratenunabha¨ngiges Modell der Gradienten-Plastizita¨t. 112 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 0.0 2.0 4.0 6.0 8.0 10.0 0 10 20 30 40 50 R ea lte il de rW e lle nz ah l Wellenwinkelgeschwindigkeit ξ = 0.50 , c¯r = 1.0mm2 ξ = 0.50 , c¯r = 0.2mm2 ξ = 0.50 , c¯r = 0.1mm2 ω [×106 1/s] kRe(ω) [1/mm] Bereich stabiler Lo¨sungen oberhalb der Grenze von kRe,min = √ (1−ξ)/(ξ c¯r) cE 1 Bild 7.17: Die Wellenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelgeschwindigkeit fu¨r ein ratenunabha¨ngiges Modell der Gradienten-Plastizita¨t. 0.0 2.0 4.0 6.0 8.0 10.0 0 2 4 6 8 10 cE W e lle na us br ei tu ng sg es ch wi nd ig ke ite n Realteil der Wellenzahl ξ = 0.50 , c¯r = 1.0mm2 ξ = 0.50 , c¯r = 0.2mm2 ξ = 0.50 , c¯r = 0.1mm2 kRe [1/mm] cf(kRe), cg(kRe) [×106 mm/s] `−1c `−1c `−1c Phasenge- schwindigkeit cf Gruppenge- schwindigkeit cg Bild 7.18: Die Wellenausbreitungsgeschwindigkeiten in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl fu¨r ein ratenun- abha¨ngiges Modell der Gradienten-Plastizita¨t. 113 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 7.2.8 Nicht-lokale Elasto-Thermoviskoplastizita¨t Diese Modellformulierung kombiniert die in Abschnitt 7.2.4 beschriebene Dehnraten- abha¨ngigkeit gema¨ß der Bestimmungsfunktion (7.36) fu¨r die (lokale) plastische Dehnrate mit der in dem vorangegangenen Abschnitt 7.2.7 beschriebenen nicht-lokalen Erweiterung, d. h. unter Beru¨cksichtigung von c¯r > 0 in (7.12d). Eindeutigkeitsnachweis Analog zu dem Vorgehen in Abschnitt 7.2.4 fu¨r den Nachweis der Eindeutigkeit folgt hier unter zusa¨tzlicher Beru¨cksichtigung von c¯r > 0 das gekoppelte PDG-System in der Form    1 c2E ∂4u ∂t4 − ∂4u ∂X2∂t2 = F1(D 3εP) c¯r ∂ 5εP ∂X3∂t2 = F2(D 3εP, D3u, D2u, . . .)    (7.73) Entsprechend folgen die charakteristischen Richtungen fu¨r dieses Modell dann zu dX dt = ±cE, 0 (7.74) d. h. (7.73) stellt ebenfalls ein hyperbolisch-parabolisches PDG-System dar, wobei sich die- ser klassifizierte Typ im Verlauf der Lo¨sungsentwicklung, d. h. insbesondere auch bei entfesti- gendem Materialverhalten, nicht a¨ndert. Die Eindeutigkeit der Lo¨sung bleibt somit erhalten. Inwiefern sich der nicht-lokale Parameter fu¨r diese Modellformulierung auf die Stabilita¨t der Lo¨sung auswirkt, insbesondere hinsichtlich der Gro¨ße der inneren Modellla¨nge, wird mittels der folgenden Stabilita¨tsanalyse untersucht. Stabilita¨tsuntersuchung Fu¨r die Untersuchung der Stabilita¨tsbedingungen sowie der Di- spersionseigenschaften dieses Modells werden die identischen Substitutionen ¶ bis º ver- wendet, die bereits in Abschnitt 7.2.4 gema¨ß (7.40a-e) definiert wurden. Damit folgt aus der zu untersuchenden Gleichung (7.21) (1 + c¯rk2 )ω4 + (¶ − ·)(iω3) + (c2Ek2(1 + c¯rk2) + ¸ − ¹ )(−ω2) −(·c2Ek2 − º )(−iω)− (¹c2Ek2 ) = 0 , (7.75) bzw. fu¨r Modelle, die neben der Temperatur keine weiteren inneren Gro¨ßen q beru¨cksichtigen (z. B. Modelle mit ausschließlicher Temperaturentfestigung), gilt es die Gleichung (1 + c¯rk2 )$3 + (¶ − ·)$2 + (c2Ek2(1 + c¯rk2) + ¸ )$ − (·c2Ek2 ) = 0 (7.76) bezu¨glich $ zu lo¨sen. Die numerische Auswertung dieser Gleichung erfolgt in Abha¨ngigkeit des nicht-lokalen Parameters fu¨r die Formulierung nach JOHNSON & COOK in Abschnitt 7.2.9 . Hinsichtlich der Untersuchung der Dispersionseigenschaften und Bestimmung der inneren La¨nge dieses Modells fu¨hrt (7.75) mit ω ∈ R und k ∈ C gema¨ß (7.2b) sowie mit (℘<) := Re (k2) = (k2Re − k2Im ) und (℘=) := Im (k2) = 2kRekIm (7.77) 114 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen auf das bezu¨glich der Anteile der Wellenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelgeschwindig- keit zu lo¨sende Gleichungssystem { SA(ω) ((℘<)2 − (℘=)2 )+ SB(ω) (℘<) + SC(ω) (℘=) + SD(ω) = 0 2SA(ω) (℘<)(℘=)− SC(ω) (℘<) + SB(ω) (℘=) + SE(ω) = 0 } . (7.78) Darin stellen die Gro¨ßen SA(ω), . . . , SE(ω) Funktionen in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelge- schwindigkeit dar, mit SA(ω) := c¯rc2E ω2 > 0 (7.79a) SB(ω) := −c¯r ω4 + c2E (ω2 + ¹) (7.79b) SC(ω) := ·c2E ω (7.79c) SD(ω) := (− ω2 + ¸ − ¹)ω2 (7.79d) SE(ω) := ((· − ¶)ω2 + º)ω . (7.79e) Als Lo¨sung des Gleichungssystems (7.78) folgt schließlich kRe(ω) = √ 1 2 ( + (℘<) + √ (℘<)2 + (℘=)2 ) (7.80a) kIm(ω) = √ 1 2 ( − (℘<) + √ (℘<)2 + (℘=)2 ) (7.80b) mit (℘<) = −SB 2SA ©± 12SA [ 1 2 ( +(S2B−S2C−4SASD ) + √(S2B−S2C−4SASD )2 + 4(SBSC+2SASE )2) ]1/2 (7.81a) (℘=) = SC 2SA ¤ ± 1 2SA [ 1 2 ( −(S2B−S2C−4SASD ) + √(S2B−S2C−4SASD )2 + 4(SBSC+2SASE )2) ]1/2 (7.81b) und den jeweils voneinander unabha¨ngigen Vorzeichen ©± und ¤± . Welche der vier Vor- zeichenkombinationen gu¨ltige Lo¨sungspaare { kRe(ω), kIm(ω) } repra¨sentiert, wird an die- ser Stelle nicht unter Beru¨cksichtigung sa¨mtlicher Fallunterscheidungen analysiert, sondern wird nachfolgend fu¨r das konkrete, durch die Gradienten-Plastizita¨tstheorie erweiterte JOHN- SON & COOK-Modell ausgewertet. Durch Betrachtung des Grenzwertes fu¨r hohe Frequenzen folgt aus (7.80b) `1D,nicht−lokalr = ( limω→∞ kIm(ω) )−1 = √ c¯r , fu¨r ©± ≡ − und ¤± ≡ ± , (7.82) wobei eine vollsta¨ndige Analyse zeigen wird, inwiefern diese berechnete La¨nge die maßge- bende innere La¨nge des Modells darstellt. 115 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 7.2.9 Anwendung 3: Nicht-lokales JOHNSON & COOK-Modell Die numerische Auswertung der Gleichung (7.76) zeigt, dass die Bedingung fu¨r einen mo¨gli- chen Stabilita¨tsverlust mit Erreichen des Spannungsmaximums zum Zeitpunkt t◦ = tˆ zusam- menfa¨llt. Ob die Lo¨sung dann instabil wird, ha¨ngt von der jeweiligen zugrunde liegenden Wellenzahl sowie des Wertes des nicht-lokalen Parameters ab. Bild 7.19 zeigt exemplarisch fu¨r eine Belastung mit einer angenommenen plastischen Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s, dass die dominante Wachstumsrate der Sto¨rung fu¨r kleine Wellenzahlen schnell bis zu einem Ma- ximum zunimmt und fu¨r weiter zunehmende Wellenzahlen, je nach Wert des nicht-lokalen Parameters, auf null zuru¨ckgeht. Je gro¨ßer der nicht-lokale Parameter ist, desto schneller fa¨llt die dominante Wachstumsrate der Sto¨rung auf null zuru¨ck, d. h. es existiert ein Wertebereich {k, c¯r}, in dem auch bei Auftreten von Entfestigung die Lo¨sung stabil bleibt. Es wird ferner deutlich, dass mit zunehmender Entfestigung, d. h. bei einem Zeitpunkt nach Erreichen des Spannungsmaximums, t◦ > tˆ, auch der Wert der dominanten Wachstumsrate zunimmt. Das prinzipielle beschriebene Verhalten in Abha¨ngigkeit des nicht-lokalen Parameters allerdings bleibt erhalten. Die Auswertung zeigt, dass ein Verlust der Stabilita¨t mit Erreichen des Span- nungsmaximums auftreten kann, wobei die Gro¨ßenordnung der dominanten Wachstumsrate von dem Grad der Entfestigung und fu¨r ho¨here Wellenzahlen zusa¨tzlich von dem Wert des nicht-lokalen Parameters abha¨ngt. Hingegen wird der Verlust der Stabilita¨t durch Verwen- dung eines je nach Wellenzahl entsprechend großen Wertes des nicht-lokalen Parameters vermieden. Die Lokalisierungseigenschaften werden erneut mit Hilfe der Dispersionsanalyse untersucht. Die Lo¨sung (7.80a, b) fu¨r die Anteile der Wellenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelge- schwindigkeit ist fu¨r den nicht-lokalen Fall der JOHNSON & COOK-Formulierung in Bild 7.20 und Bild 7.21 dargestellt. Darin werden die Zusammenha¨nge exemplarisch fu¨r den Zeitpunkt des Spannungsmaximums, t◦ = tˆ, sowie einer plastischen Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s ge- zeigt. Der Realteil der Wellenzahl zeigt lediglich fu¨r ©± ≡ + in (7.80a) ein sinnvolles Verhal- ten in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelgeschwindigkeit analog zu dem Fall des lokalen JOHN- SON & COOK-Modells. Fu¨r niedrige Belastungsfrequenzen steigt der Realteil der Wellenzahl zuna¨chst stark an und tendiert fu¨r ho¨here Belastungsfrequenzen gegen eine kontinuierliche Zunahme mit einer Steigung, die der Inversen der elastischen Wellengeschwindigkeit cE ent- spricht. Wie in Bild 7.22 gezeigt, strebt sowohl die Gruppengeschwindigkeit eines Wellen- pakets als auch die Phasengeschwindigkeit einer einzelnen harmonischen Welle fu¨r hohe Wellenfrequenzen gegen die elastische Wellengeschwindigkeit. Die dispersive Eigenschaft wird erneut durch die nichtlineare Abha¨ngigkeit der Phasengeschwindigkeit von der Wellen- zahl deutlich. Fu¨r kleine Wellenzahlen streben die Ausbreitungsgeschwindigkeiten gegen den Wert null. Bezu¨glich des imagina¨ren Anteils der Wellenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelgeschwin- digkeit (Bild 7.21) wird deutlich, dass im Gegensatz zu der lokalen Formulierung hier fu¨r gu¨lti- ge Parameterwerte c¯r > 0 die Funktion kIm(ω) nicht monoton anwa¨chst, sondern fu¨r eine bestimmte Wellenfrequenz ein absolutes Maximum erreicht. Die Inverse dieses Maximalwer- tes beschreibt daher die maximal mo¨gliche ra¨umliche Da¨mpfung einer Sto¨rung und entspricht gema¨ß der Definition (7.10) eben der inneren La¨nge des Modells. Es ist offensichtlich, dass der Wert dieser inneren La¨nge nicht allein durch die Gro¨ße des nicht-lokalen Parameters bestimmt wird: In Bild 7.23 ist die innere La¨nge in Abha¨ngigkeit des zeitlichen Verlaufs (auf- 116 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen getragen ist stellvertretend die akkumulierte plastische Dehnung εP) sowie des nicht-lokalen Parameters c¯r fu¨r unterschiedliche plastische Dehnraten ε˙P dargestellt. Fu¨r c¯r → 0 ergibt sich exakt die Lo¨sung des lokalen Modells mit dem funktionalen Zusammenhang gema¨ß (7.53) bzw. (7.54), vgl. auch Bild 7.8. Fu¨r kleine positive Parameterwerte c¯r > 0 nimmt die innere La¨nge sehr schnell zu und geht bei weiterer Zunahme des nicht-lokalen Parameters in einen gesa¨ttigten Bereich u¨ber. Diese anfa¨ngliche Zunahme ist dabei fu¨r ho¨here Dehnraten sta¨rker ausgepra¨gt, so dass bereits fu¨r kleine Werte des nicht-lokalen Parameters die Abha¨ngig- keit der inneren La¨nge von der plastischen Dehnraten verglichen mit der entsprechenden Abha¨ngigkeit des lokalen Modells deutlich reduziert wird: In diesem Zusammenhang wird festgestellt, dass bei großen plastischen Dehnraten selbst kleine, positive Werte des nicht- lokalen Parameters auf eine innere La¨nge des nicht-lokalen Modells fu¨hren, die um einige Gro¨ßenordnungen u¨ber der entsprechenden inneren La¨nge des lokalen Modells liegt. Es wird außerdem deutlich, dass im Gegensatz zu dem lokalen Modell die innere La¨nge des nicht-lokalen Modells nicht la¨nger linear von dem vorherrschenden Spannungszustand abha¨ngt. Zur Veranschaulichung ist in Bild 7.24 fu¨r verschiedene Werte des nicht-lokalen Parameters das Verha¨ltnis der inneren La¨nge zu deren Maximalwert in Abha¨ngigkeit des Verha¨ltnisses von Spannung zur Maximalspannung aufgetragen. Wa¨hrenddessen fu¨r das lo- kale Modell, c¯r → 0, die innere La¨nge infolge fortschreitender Entfestigung kontinuierlich und linear gegen null strebt, zeigt sich fu¨r positive Parameterwerte c¯r > 0 eine starke, nichtlinea- re Abha¨ngigkeit der inneren La¨nge des nicht-lokalen Modells von dem zugrunde liegenden Grad der Entfestigung. Hierbei fa¨llt fu¨r zunehmende nicht-lokale Parameterwerte der Wert der inneren La¨nge zuna¨chst in dem anfa¨nglichen Bereich der Entfestigung schwa¨cher von dem Maximalwert ab, verglichen mit dem Ergebnis des lokalen Modells. Erst kurz vor dem Zustand des vo¨lligen Verlustes der Beanspruchbarkeit, σ◦ → 0, nimmt der Wert der inneren La¨nge drastisch ab. Dieses Verhalten ist in Bild 7.24 fu¨r eine konstante Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s dargestellt. Fu¨r ho¨here Dehnraten ist das beschriebene Verhalten noch sta¨rker ausgepra¨gt. Die Abha¨ngigkeit der inneren La¨nge von der plastischen Dehnrate ist hingegen in Bild 7.25 dargestellt. Die verwendete Skalierung gema¨ß (7.54) ermo¨glicht dabei einen direkten Ver- gleich mit den Ergebnissen des lokalen Modells, siehe Bild 7.9. Auch fu¨r das nicht-lokale Modell zeigt sich hier ein wesentlicher Einfluss der plastischen Dehnrate auf die Gro¨ßen- ordnung der inneren La¨nge. Allerdings nimmt dieser Einfluss fu¨r hohe Dehnraten, verglichen mit dem lokalen Modell, deutlich ab. Ferner wird die Tendenz deutlich, dass fu¨r zunehmen- de nicht-lokale Parameterwerte c¯r der Dehnrateneinfluss auf die Gro¨ßenordnung der inneren La¨nge bereits bei niedrigeren Dehnraten abnimmt. Fu¨r die Interpretation dieser Ergebnis- se ist zusa¨tzlich zu beachten, dass hier homogene Zusta¨nde mit angenommenen, konstan- ten nicht-lokalen plastischen Dehnraten zugrundegelegt werden. Generell folgt die plastische Dehnrate eines einzelnen Punktes des Kontinuums aus der zugrunde liegenden Problem- stellung mit als Randbedingung vorgegebenen (Gesamt-)Belastungsgeschwindigkeiten. In- wiefern die o¨rtliche plastische Dehnrate infolge eines auftretenden Lokalisierungsprozesses zunimmt, ha¨ngt dabei maßgeblich von der Breite der Lokalisierungszone ab. 117 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 0 20 40 60 80 100 0 1 2 3 4 5 6 do m in an te W a ch st um sr a te de rS to¨ ru n g Wellenzahl c¯r= 0.1mm2 c¯r= 1.0mm2 c¯r=10.0mm2 k [1/mm] $D = max(Re($)) [×103 1/s] fu¨r t◦ < tˆ ist die Lo¨sung stabil, d. h. $D ≤ 0. t◦= tˆ t◦=2tˆ t◦=3tˆ Bild 7.19: Die dominante Wachstumsrate der Sto¨rung in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl fu¨r das nicht- lokale JOHNSON & COOK-Modell bei konstanter plastischer Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s und aus- schließlicher Temperaturentfestigung zu unterschiedlichen Zeitpunkten und unterschiedlichen nicht- lokalen Parametern. 118 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 0 2 4 6 8 10 R ea lte il de rW e lle nz ah l Wellenwinkelgeschwindigkeit c¯r= 0.1mm2 c¯r= 1.0mm2 c¯r=10.0mm2 ω [×106 1/s] kRe(ω) [1/mm] 1 cE Bild 7.20: Der Realteil der Wel- lenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelgeschwindigkeit fu¨r das nicht-lokale JOHNSON & COOK- Modell bei einer konstanten plasti- schen Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließlicher Temperatur- entfestigung zum Zeitpunkt t◦ = tˆ und unterschiedlichen nicht-lokalen Parametern. 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 0 2 4 6 8 10 `−1r `−1r `−1r Im ag in a¨ rte il de rW e lle nz ah l Wellenwinkelgeschwindigkeit c¯r= 0.1mm2 c¯r= 1.0mm2 c¯r=10.0mm2 ω [×106 1/s] kIm(ω) [1/mm] Bild 7.21: Der Imagina¨rteil der Wel- lenzahl in Abha¨ngigkeit der Wel- lenwinkelgeschwindigkeit fu¨r das nicht-lokale JOHNSON & COOK- Mo- dell bei einer konstanten plasti- schen Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließlicher Temperatur- entfestigung zum Zeitpunkt t◦ = tˆ und unterschiedlichen nicht-lokalen Parametern. 0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0 7.0 8.0 0 1 2 3 4 cE W e lle na us br ei tu ng sg es ch wi nd ig ke ite n Realteil der Wellenzahl c¯r= 0.1mm2 c¯r= 1.0mm2 c¯r=10.0mm2 kRe [1/mm] cf(kRe), cg(kRe) [×106 mm/s] Gruppengeschw. cg Phasengeschw. cf Bild 7.22: Die Wellenausbreitungs- geschwindigkeiten in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl fu¨r das nicht-lokale JOHNSON & COOK-Modell bei einer konstanten plastischen Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließ- licher Temperaturentfestigung zum Zeitpunkt t◦ = tˆ und unterschiedli- chen nicht-lokalen Parametern. 119 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 plastische Dehnung 0.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 nich t-lok aler Para me ter 0.001 0.01 0.1 1 10 in ne re La¨ n ge εP [−] c¯r [mm2] `r [mm] ε˙P = 10+3 [1/s] ε˙P = 10+5 [1/s] Bild 7.23: Die innere La¨nge des nicht-lokalen JOHNSON & COOK-Modells im zeitlichen Verlauf und in Abha¨ngigkeit des nicht-lokalen Parameters fu¨r verschiedene, konstant angenommene plastische Dehnraten. 120 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 0.00.20.40.60.81.0 n o rm ie rte in ne re La¨ n ge Abnahme der Spannung nach Spannungsmaximum c¯r = 0.0 (lokales Modell) c¯r = 0.001 c¯r = 0.01 c¯r = 0.1 c¯r = 1.0 c¯r = 10.0 σ◦/σmax [−] und t◦ > tˆ `r/`r max [−] fu¨r ε˙P = 10+3 1/s = konst. Bild 7.24: Das Verha¨ltnis der inneren La¨nge zu dessen Maximum im zeitlichen Verlauf fu¨r verschiedene Werte des nicht-lokalen Parameters. sk al ie rte in ne re La¨ n ge plastische Dehnrate 10-8 10-6 10-4 10-2 10+0 10+2 10-3 10+0 10+3 10+6 c¯r = 10.0 mm2, t◦=3tˆ c¯r = 10.0 mm2, t◦= tˆ c¯r = 0.1 mm2, t◦=3tˆ c¯r = 0.1 mm2, t◦= tˆ c¯r = 0.001 mm2, t◦=3tˆ c¯r = 0.001 mm2, t◦= tˆ c¯r = 0.0 (lokales Modell) ε˙P [1/s] `r/(2cEσ◦/E) [ s ] Bild 7.25: Dehnratenabha¨ngigkeit der (skalierten) inneren La¨nge fu¨r verschiedene Werte des nicht- lokalen Parameters. 121 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen 7.3 Zusammenfassung In diesem Kapitel sind systematisch die Bedingungen der Eindeutigkeit und Stabilita¨t von Lo¨sungen verschiedener Modellformulierungen sowie deren Dispersionseigenschaften un- tersucht worden. In diesem Zusammenhang sind die Unterschiede sowohl einer lokalen ra- tenunabha¨ngigen sowie ratenabha¨ngigen, als auch einer auf der Theorie der Gradienten- plastizita¨t basierenden nicht-lokalen, ebenfalls ratenunabha¨ngigen sowie ratenabha¨ngigen Modellformulierung aufgezeigt. Fu¨r lokale und ratenunabha¨ngige Modelle fa¨llt der Verlust der Eindeutigkeit der Lo¨sung mit dem Verlust der Stabilita¨t der Lo¨sung zusammen und tritt zu dem Zeitpunkt auf, bei dem das Material von einem verfestigendem zu entfestigendem Verhalten u¨bergeht. Daru¨ber hin- aus existiert fu¨r diese Gruppe von Modellen keine innere La¨nge, die als Begrenzung einer Lokalisierungszone aufgefasst werden kann. Hingegen bleibt fu¨r lokale und ratenabha¨ngi- ge Modellformulierungen die Eindeutigkeit der Lo¨sung auch bei entfestigendem Material- verhalten erhalten, auch wenn gleichzeitig ein Verlust der Stabilita¨t auftritt. Lokale, raten- abha¨ngige Modelle weisen daru¨ber hinaus eine innere La¨nge auf, die als Begrenzung der Lokalisierungszone dient. Fu¨r nichtlinear ratenabha¨ngige Modelle, wie beispielsweise dem Modell nach JOHNSON & COOK oder Potenzgesetz-Modellen, strebt diese innere La¨nge fu¨r große plastische Dehnraten einerseits sowie fu¨r eine infolge von Entfestigung abnehmende Spannung andererseits sehr schnell nach Erreichen des Spannungsmaximums gegen den Wert null. De facto ist infolge dieses Verhaltens eine Begrenzung der Lokalisierungsbreite nicht gewa¨hrleistet. Andererseits weisen linear-ratenabha¨ngige Modelle, bei denen die Ra- tenabha¨ngigkeit additiv zu der quasi-statischen Spannungsberechnung eingefu¨hrt wird, eine konstante innere La¨nge auf. Jedoch ist diese Art der Modellformulierung fu¨r Hochgeschwin- digkeitanwendungen metallischer Bauteile nicht praxisrelevant. Die Eindeutigkeit der Lo¨sung bleibt ebenfalls fu¨r nicht-lokale Modelle, die auf der Gradienten- Plastizita¨tstheorie basieren, gewa¨hrleistet. Dieses Verhalten gilt unabha¨ngig davon, ob zusa¨tzlich dehnratenabha¨ngiges Materialverhalten modelliert wird oder nicht. Fu¨r diese Mo- delle ist im Gegensatz zu lokalen Modellen je nach Wert der vorherrschenden Wellenzahl und des nicht-lokalen Parameters die Lo¨sung auch bei entfestigendem Materialverhalten sta- bil. Zusa¨tzlich existiert fu¨r ein ratenunabha¨ngiges Gradienten-Modell eine innere La¨nge, die proportional zu der Quadratwurzel des nicht-lokalen Parameters ist. Fu¨r ein ratenabha¨ngiges Gradienten-Modell existiert ebenfalls eine innere La¨nge, die als Begrenzung der Lokalisie- rungsbreite aufgefasst wird. Im Vergleich des lokalen und nicht-lokalen JOHNSON & COOK- Modells zeigt sich, dass fu¨r große plastische Dehnraten bereits bei Verwendung kleiner nicht-lokaler Parameter die innere La¨nge des nicht-lokalen Modells um einige Gro¨ßenord- nungen u¨ber der des entsprechenden lokalen Modells liegt. Ein weiterer Unterschied bei- der Modelle ist durch die unterschiedliche Abha¨ngigkeit der inneren La¨nge von dem vor- herrschenden Spannungszustand gegeben. Wa¨hrend die innere La¨nge des lokalen JOHN- SON & COOK-Modells linear von dem jeweiligen Spannungszustand abha¨ngt, und damit die Gro¨ßenordnung dieser Modellla¨nge sehr schnell infolge der mit Entfestigung einhergehenden Spannungsabnahme gegen null strebt, fa¨llt die innere La¨nge des nicht-lokalen Modells infolge der Spannungsabnahme zuna¨chst wesentlich schwa¨cher ab. Erst kurz vor dem Zustand des vo¨lligen Verlustes der Beanspruchbarkeit tendiert auch die innere La¨nge des nicht-lokalen Modells gegen null. Damit bleibt zumindest zu Beginn der Lokalisierung die innere La¨nge 122 BAM-Dissertationsreihe 7. Eindeutigkeits- und Stabilita¨tsuntersuchungen des nicht-lokalen Modells na¨herungsweise erhalten, wobei dieses Verhalten fu¨r zunehmende Dehnraten sta¨rker ausgepra¨gt ist. Die hier beschriebenen Ergebnisse sind unabha¨ngig von etwaigen numerischen Verfah- ren, die fu¨r die Berechnung einer Lo¨sung des ARWPs eingesetzt werden. Inwiefern sich die Ergebnisse infolge eines auf der entsprechenden Modellformulierung aufbauende Finite- Element Verfahrens verhalten, wird in dem nachfolgenden Kapitel anhand der beschriebenen FE-Implementierung des lokalen sowie nicht-lokalen Modells aus Tabelle 3.1 bzw. Tabelle 4.1 untersucht. 123 8. Berechnungsbeispiele 8 Berechnungsbeispiele 8.1 Untersuchter Werkstoff: INCONEL 718 Der Werkstoff mit der Bezeichnung INCONEL 718 geho¨rt zu der Gruppe der Nickel-Basis Su- perlegierungen, die sich durch eine im Vergleich zu herko¨mmlichen Sta¨hlen deutlich erho¨hte Festigkeit im Bereich hoher Temperaturen auszeichnen. Aufgrund der hochtemperaturbe- sta¨ndigen Werkstoffeigenschaften werden diese Legierungen ha¨ufig im Turbinenbau, z. B. als Werkstoff der Scheiben, Schaufeln und des Geha¨uses von stationa¨ren Gasturbinen oder Flugzeugturbinen, eingesetzt. Fu¨r diesen Werkstoff sind z. B. durch Arbeiten von Singh et al. (2003) die Materialparameter des JOHNSON & COOK-Modells an die ermittelten experimen- tellen Daten der Versuchsergebnisse angepasst worden. In Tabelle 8.1 sind diesbezu¨glich die elastischen und thermischen Kennwerte sowie Modellparameter angegeben, die fu¨r die in diesem Kapitel durchgefu¨hrten Berechnungen verwendet werden. Tabelle 8.1: Materialkennwerte und Parameter des JOHNSON & COOK-Modells fu¨r INCONEL 718 Elastische und thermische Kennwerte Er νr %r αθr cθr κθr N/mm2 − Mg/mm3 1/K N·mm2/Mg·K N/K·s 206400. 0.29 8.19325·10−9 4.30·10−6 4.35·10+8 11.1 Parameter des JOHNSON & COOK-Deformationsmodells A B n C ε˙0 θR θM m N/mm2 N/mm2 − − 1/s K K − 450. 1700. 0.65 0.017 0.001 300. 1570. 1.3 Parameter des JOHNSON & COOK-Versagensmodells D1 D2 D3 D4 D5 Dc Dw Dmax − − − − − − − − 0. 0.66 −0.4 −0.017 0. 1. 5. 0.999 ¨Uberpru¨fung der Annahme adiabatischer Bedingungen Bei der Formulierung der in Tabelle 3.1 und Tabelle 4.1 zusammengefassten Anfangs-Rand- wertprobleme werden adiabatische Bedingungen angenommen. Diese Annahme ist dann gu¨ltig, wenn die entsprechende Zeitspanne, in der ein relevanter Temperaturgradient vorliegt, unterhalb der spezifischen Wa¨rmeleitzeit t¯θ liegt, da dann aufgrund der vorhandenen Zeit- dauer der thermische Diffusionsprozess nicht wirksam wird. Mit den in die Gleichung fu¨r die spezifische Wa¨rmeleitzeit (2.109) eingesetzten Materialdaten aus Tabelle 8.1 folgt t¯θ/`2char = 0.3211 s/mm2 , (8.1) wobei die charakteristische La¨nge `char als diejenige La¨nge angesehen wird, u¨ber die der Temperaturgradient auftritt und daher typischerweise der halben Breite der Lokalisierungszo- ne entspricht. Exemplarisch folgt aus (8.1) fu¨r eine charakteristische La¨nge von 10µm eine spezifische Wa¨rmeleitzeit von etwa 32µs bzw. fu¨r eine La¨nge von 100µm eine Zeitspanne von ca. 3.2ms. Fu¨r die nachfolgenden Beispiele ist der Zeitraum von Beginn der Lokalisie- rung mit dem ¨Ubergang von einem homogenen Temperaturzustand zu einem Zustand mit 124 BAM-Dissertationsreihe 8. Berechnungsbeispiele starken Temperaturgradienten bis letztendlich zum Versagen stets wesentlich kleiner als die hier angegebene spezifische Wa¨rmeleitzeit t¯θ . In der Regel liegt sogar die gesamte Zeitdau- er des simulierten Versuchs unterhalb der berechneten Wa¨rmeleitzeit, so dass die Annahme adiabatischer Bedingungen gerechtfertigt ist. 8.2 Illustratives Beispiel fu¨r Lokalisierungspha¨nomene Fu¨r die Untersuchung der Lokalisierungseigenschaften sowohl des lokalen als auch des nicht-lokalen JOHNSON & COOK-Modells wird zuna¨chst das in Bild 8.1 dargestellte Beispiel analysiert. Ein Stab der La¨nge L wird an dem rechten Ende durch eine verschiebungs- gesteuerte Belastung gezogen, wa¨hrend das gegenu¨berliegende Ende des Stabes unver- schieblich gelagert ist. Daru¨ber hinaus ist in der Mitte des Stabes eine materielle Imper- fektion eingebracht, um eine Verformungslokalisierung an dieser Stelle zu begu¨nstigen. Da- bei muss die Imperfektion nicht zwangsla¨ufig exakt in der Mitte angeordnet sein, jedoch werden so mo¨gliche Randeinflu¨sse auf das Lokalisierungsverhalten minimiert. Die materiel- Bereichmit materieller Imperfektion Punkt APunkt B Bild 8.1: Skizze der Problemstellung le Imperfektion wird dabei durch eine um 10% reduzierte anfa¨ngliche Fließspannung, d. h. durch einen gegenu¨ber dem u¨brigen Werkstoff reduzierten Wert des JOHNSON & COOK- Parameters Aw = 0.9A = 405.MPa, modelliert. Daru¨ber hinaus werden zwei unterschied- liche Varianten der Imperfektion betrachtet; zum einen erstreckt sich die Breite der Fehl- stelle Lw unabha¨ngig von der jeweiligen Diskretisierung der Struktur u¨ber eine konstante Breite H , zum anderen entspricht die Breite eben genau der Abmessung eines einzelnen Elementes der diskretisierten Struktur, Lw = `h. Die Relevanz dieser beiden Varianten wird durch die nachfolgenden Untersuchungen deutlich. Als Abmessungen werden die Gro¨ßen L = 9mm und H = 1mm betrachtet, ferner werden in Stabla¨ngsachse Diskretisierungen mit 3, 9, 19, 39, 79 und 159 Elementen pro mm untersucht. Die Belastungsgeschwindigkeit wird daru¨ber hinaus mit vˆ(t) = 20m/s als konstant angenommen. 8.2.1 Entwicklung der Lokalisierungszone Infolge der Beru¨cksichtigung von Massentra¨gheitseffekten in der Modellformulierung breitet sich die am rechten Rand aufgebrachte Belastung in Form einer Welle in Richtung des linken Randes aus und wird dort aufgrund der unverschieblichen Lagerung dieses Randes reflek- tiert. Daraufhin u¨berlagern sich die reflektierten und neu entstehenden Wellen derart, dass sich in der Folge ein nahezu homogener Spannungs- und Verzerrungszustand einstellt. In 125 8. Berechnungsbeispiele -4.5 -3.0 -1.5 0.0 1.5 3.0 4.5 0 1 2 3 4 5 60 250 500 750 1000 1250 1500 Sp an nu n g K 1 1 [M Pa ] x-Koordinate [mm] Zeit t [µs] Sp an nu n g K 1 1 [M Pa ] Bild 8.2: Entwicklung des Spannungsprofils fu¨r den Anfangs-Zeitbereich bis t = 6µs Bild 8.2 ist dieses anfa¨ngliche Verhalten anhand der Entwicklung der Spannungsverteilung in dem Stab dargestellt. Infolge der weiteren Belastungssteigerung nehmen die Spannung, die Verzerrungen sowie weitere Gro¨ßen wie Temperatur und Scha¨digung bis zum Erreichen des Lastmaximums nahe- zu homogen verteilt zu. Bei weiterer, verschiebungsgesteuerter Belastungssteigerung gehen diese Gro¨ßen in eine inhomogene Verteilung u¨ber. In Bild 8.3 ist diese Entwicklung anhand der akkumulierten plastischen Vergleichsdehnung dargestellt. Es zeigt sich, dass sich infolge des ¨Ubergangs zu einem inhomogenen Zustand die plastischen Verformungen lediglich in ei- nem a¨ußerst kleinen Bereich der Struktur lokalisieren, der unterhalb der Abmessung des Be- reichs der Imperfektion liegt. Ein analoges Verhalten ist bei der Analyse der Temperatur und Scha¨digung zu beobachten. Die dargestellten Lokalisierungseffekte sind hier fu¨r ein lokales Modell und eine Diskretisierung mit neun Elementen pro mm erzielt worden. Die Auswirkung der Diskretisierung auf dieses Verhalten wird in dem folgenden Abschnitt untersucht. 8.2.2 Netzabha¨ngigkeit des lokalen Modells Das Lokalisierungsverhalten des lokalen JOHNSON & COOK-Modells wird nun anhand unter- schiedlicher Diskretisierungen der beschriebenen Problemstellung mit konstanter Breite der Imperfektionszone untersucht. Es wird infolge der numerischen Analyse deutlich, dass nach ¨Uberschreiten des Lastmaximums die inhomogen verteilten Gro¨ßen stets in dem kleinst- mo¨glichen Bereich, der eben der Breite der Elementabmessung entspricht, lokalisieren. Die- ses Verhalten ist in Bild 8.4 exemplarisch anhand der ra¨umlichen Verteilung der akkumulier- ten plastischen Vergleichsdehnung aufgezeigt. Dabei wurde die Elementabmessung sukzes- sive verringert, wobei die kleinste untersuchte Elementkantenla¨nge mit ca. 6µm bereits in der Gro¨ßenordnung der Gefu¨gestruktur des Werkstoffs liegt und damit bereits die Abmes- sung einer experimentell zu beobachtenden Lokalisierungszone unterschreitet. 126 BAM-Dissertationsreihe 8. Berechnungsbeispiele -4.5 -3.0 -1.5 0.0 1.5 3.0 4.5 0 20 40 60 800.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 pl as tis ch e Ve rg le ich sd eh nu n g ε vP [− ] x-Koordinate [mm] Zeit t [µs] pl as tis ch e Ve rg le ich sd eh nu n g ε vP [− ] Bild 8.3: Entwicklung des ra¨umlichen Verlaufs der lokalen, inelastischen Vergleichsdehnung fu¨r den gesamten Zeitbereich bis zum Versagen, fu¨r `h = 111µm Dieses diskretisierungsabha¨ngige Verhalten steht in Analogie zu dem in Abschnitt 3.5 allge- mein beschriebenen Lokalisierungsverhalten lokaler Modelle. In Bild 8.5 ist diesbezu¨glich das Spannungs-Dehnungs-Verhalten zweier Punkte der Struktur dargestellt, die exemplarisch das Verhalten der Punkte des Elementes in der Lokalisierungszone (Punkt A) und der Punkte au- 0.00 0.25 0.50 0.75 1.00 1.25 1.50 1.75 2.00 -0.200 -0.150 -0.100 -0.050 0.000 0.050 0.100 0.150 0.200 a kk um u lie rte pl as tis ch e Ve rg le ich sd eh nu n g x-Koordinate [mm] εvP [−] `h = 333.3µm `h = 111.1µm `h = 52.6µm `h = 25.6µm `h = 12.7µm `h = 6.3µm Bild 8.4: Abha¨ngigkeit der plastischen Vergleichsdehnung des lokalen Modells von der Diskretisierung zum jeweiligen Versagenszeitpunkt 127 8. Berechnungsbeispiele 0 250 500 750 1000 1250 1500 1750 0.00 0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30 0.35 Sp an nu n g logarithmische Dehnung `h = 111.1µm `h = 25.6µm `h = 6.3µm lnVtot11 [−] K11 [MPa] Punkt B (x=−3.6) Punkt A (x=0.0) Bild 8.5: Spannungs- logarithmische Dehnungs Diagramme zweier unterschiedlicher Punkte des Kon- tinuums sowie fu¨r verschiedene Diskretisierungen ßerhalb (Punkt B, siehe auch Bild 8.1) charakterisieren. Nach Erreichen eines Maximalwer- tes der Spannung entlasten die Punkte außerhalb der Lokalisierungszone elastisch, wa¨hrend die Punkte des Elementes, welches die Abmessung der Lokalisierungszone beschreibt, unter Aufnahme der gesamten, weiteren Verformungszunahme plastisch entfestigen. Daher nimmt, wie in Bild 8.5 zu erkennen ist, die plastische Verformung innerhalb der Lokalisierungszone fu¨r kleinere Elementabmessungen sta¨rker zu. Daraus resultiert, dass in der Lokalisierungs- zone deutlich ho¨here plastische Dehnraten auftreten, je kleiner die Elementabmessung ist. Um die Ursache dieser numerisch festgestellten Netzabha¨ngigkeit zu ergru¨nden, wird die in Kapitel 7 hergeleitete innere La¨nge (vgl. Gl. 7.54) fu¨r den konkreten Belastungsfall ausgewer- tet. In Bild 8.6 ist die innere La¨nge in der zeitlichen Entwicklung bis zum Beginn der Lokalisie- rung entlang des Stabes dargestellt. Als Diskretisierung wird dabei eine Elementabmessung von etwa 111µm betrachtet. Bereits bis zum Beginn der Lokalisierung, d. h. bereits vor Ein- setzen des Lokalisierungsverhaltens, erreicht die innere La¨nge aufgrund der vorherrschen- den plastischen Dehnrate und des Spannungszustandes Werte in der Gro¨ßenordnung von lediglich wenigen µm. Eine Diskretisierung der Struktur, bei der die Elementkantenla¨nge die Gro¨ßenordnung der inneren La¨nge bei Einsetzen der Lokalisierungseffekte erreicht, ist schon bei dieser einfachen Problemstellung kaum mehr berechenbar, da die in diesem Beispiel un- tersuchte kleinste Elementkantenla¨nge ca. 6µm entspricht. Daru¨ber hinaus entspricht eine solche Diskretisierung nicht mehr einer kontinuumsmechanischen Modellierung der Problem- stellung. Zusa¨tzlich ergibt sich im weiteren Verlauf der Rechnung das Problem, dass mit dem Einset- zen der Lokalisierung die innere La¨nge aufgrund der Abha¨ngigkeit des Spannungszustan- des einerseits und der plastischen Dehnrate andererseits weiter drastisch abnimmt. Durch die Verwendung kleiner Elementabmessungen nimmt dabei die plastische Dehnrate jedoch 128 BAM-Dissertationsreihe 8. Berechnungsbeispiele -4.5 -3.0 -1.5 0.0 1.5 3.0 4.5 20 40 60 800.001 0.01 0.1 1 in ne re La¨ n ge `1D ,lo ka lJC r [m m] x-Koordinate [mm] Zeit t [µs] in ne re La¨ n ge `1D ,lo ka lJC r [m m] Bild 8.6: Entwicklung der inneren La¨nge des lokalen Modells fu¨r den Zeitbereich bis zum Beginn der Lokalisierung. deutlich zu, wodurch der Wert der inneren La¨nge zusa¨tzlich sta¨rker abnimmt. Dieses Verhal- ten ist jedoch in Bild 8.6 nicht mehr dargestellt. In dem Rahmen dieser Arbeit soll lediglich die Initiierung, d. h. die anfa¨ngliche Ausbildung der Lokalisierungszone unter Verwendung eines makroskopischen Modells, sinnvoll abgebildet werden. Das Ergebnis der beschriebenen Un- tersuchung zeigt dabei, dass dieses Ziel unter Verwendung des lokalen und ratenabha¨ngigen Modells nicht erreicht wird. 8.2.3 Einfluss des nicht-lokalen Parameters Die bislang fu¨r das lokale JOHNSON & COOK-Modell erzielten Berechnungsergebnisse bezie- hen sich auf die in Bild 8.1(a) dargestellte Problemstellung, d. h. unter Beru¨cksichtigung einer Imperfektion mit gleich bleibender Abmessung fu¨r jede untersuchte Diskretisierung. Wenn fu¨r eine Modellformulierung eine innere La¨nge existiert, dann muss sich auch infolge einer Pro- blemstellung, bei der eine Imperfektion mit einer beliebig kleinen Abmessung beru¨cksichtigt wird, eine Breite der Lokalisierungszone einstellen, die unabha¨ngig von der Abmessung der Imperfektion ist, sondern stattdessen allein in Abha¨ngigkeit des Wertes dieser inneren La¨nge bestimmt ist. Daher wird fu¨r die folgenden Untersuchungen die durch Bild 8.1(b) charakteri- sierte Problemstellung betrachtet, bei der die materielle Imperfektion u¨ber eine kleinst-mo¨gli- che Abmessung, die genau der Elementkantenla¨nge eines Elementes entspricht, beru¨cksich- tigt wird. Bevor auch anhand dieser Problemstellung Untersuchungen zur Netzabha¨ngigkeit beider Mo- delle durchgefu¨hrt werden, wird zuna¨chst der Einfluss des nicht-lokalen Parameters auf die Berechnungsergebnisse eingehend untersucht. Dazu wird ein breites Spektrum an nicht- lokalen Parametern c¯r zwischen 0 und (200µm)2 betrachtet. In Bild 8.7 ist das Ergebnis der resultierenden Verteilung des akkumulierten inelastischen Verzerrungsfeldes γ fu¨r ei- 129 8. Berechnungsbeispiele 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 -1.50 -1.00 -0.50 0.00 0.50 1.00 1.50 a kk um u lie rte pl as tis ch e Ve rg le ich sd eh nu n g x-Koordinate [mm] lokales Modell√c¯r = 0µm√c¯r = 10µm√c¯r = 20µm√c¯r = 50µm√c¯r = 100µm√c¯r = 200µm εvP, bzw. γ [−] fu¨r Lw = `h = 111µm Bild 8.7: Einfluss des nicht-lokalen Parameters auf die Verteilung der akkumulierten plastischen Ver- gleichsdehnung bei einer Diskretisierung von `h = 111µm ne Diskretisierung mit einer Elementkantenla¨nge von 111µm dargestellt. Zum Vergleich ist auch die unter Verwendung des lokalen Modells resultierende Verteilung der lokalen plasti- schen Vergleichsdehnung εvP angegeben. Es wird deutlich, dass sich mit zunehmendem Wert des nicht-lokalen Parameters c¯r auch der Bereich der lokalisierten Verzerrungen vergro¨ßert. Dabei nimmt der Maximalwert der plastischen Verzerrung, der in der Mitte der Lokalisie- rungszone auftritt, mit zunehmendem Wert des nicht-lokalen Parameters ab, wa¨hrend infol- gedessen in dem u¨brigen Bereich der Struktur ho¨here plastische Verzerrungen erreicht wer- den. Diese Umverteilung der inelastischen Verzerrungen aufgrund der Diffusionsgleichung fu¨r das nicht-lokale Feld wird diesbezu¨glich auch als Delokalisierung der entsprechenden Gro¨ße bezeichnet. Daru¨ber hinaus zeigt die Darstellung in Bild 8.7 fu¨r c¯r = 0 ein in unmit- telbarer Umgebung der Imperfektion auftretendes, oszillierendes Verhalten der plastischen Vergleichsdehnung. Die sichtbaren Oszillationen liegen darin begru¨ndet, dass fu¨r c¯r = 0 die nicht-lokale Feldgro¨ße γ˙ lediglich einer verschmierten, u¨ber die Elementknotenwerte appro- ximierte Verteilung der lokalen Gro¨ße ε˙vP entspricht. Infolge eines auftretenden starken Gra- dienten der lokalen Gro¨ße resultieren daher auch negative Knotenwerte, die oszillierend mit der Entfernung von dem Ort des auftretenden Gradienten abnehmen (vgl. auch Bild 6.3 in Abschnitt 6.5.5). Jedoch wird ebenfalls deutlich, dass mit selbst geringfu¨gig von null ver- schiedenen nicht-lokalen Parameter diese unerwu¨nschten Oszillationen vermieden werden, so dass dann keine zusa¨tzlichen Maßnahmen zur Einhaltung der Nebenbedingung γ˙ ≥ 0 er- forderlich sind. Ferner zeigt sich, dass mit zunehmendem Wert des nicht-lokalen Parameters die Lokalisierungszone zunehmend unabha¨ngig von der Breite der modellierten Imperfektion ist. Ein prinzipiell analoges Verhalten wird fu¨r die ebenfalls von der plastischen Dehnrate γ˙ be- einflussten Gro¨ßen wie Temperatur und Scha¨digung erzielt, d. h. auch diese Gro¨ßen werden durch die Beru¨cksichtigung eines entsprechenden nicht-lokalen Parameters delokalisiert. 130 BAM-Dissertationsreihe 8. Berechnungsbeispiele Infolge dieses Delokalisierungsprozesses wird auch das globale Last-Verformungsverhalten beeinflusst. In Bild 8.8 ist gezeigt, dass mit zunehmenden Wert des nicht-lokalen Parameters der Zeitpunkt des Versagens hinausgezo¨gert wird. Das Lastmaximum tritt dabei fu¨r sa¨mtli- che untersuchten Parameterwerte zu dem gleichen Zeitpunkt auf. Nach ¨Uberschreiten dieses Lastmaximums geht der anfa¨nglich homogene Zustand der Lo¨sungsgro¨ßen in eine, sich in Abha¨ngigkeit von dem nicht-lokalen Parameter einstellende, inhomogene Verteilung u¨ber. In- folge der fu¨r gro¨ßere nicht-lokale Parameterwerte auftretenden sta¨rkeren Delokalisierung er- reichen die fu¨r die Entfestigung relevanten Gro¨ßen wie Temperatur und/ oder Scha¨digung erst bei weiterer Belastungssteigerung, und daher zu einem spa¨teren Zeitpunkt, einen kritischen Wert, infolge dessen ein o¨rtliches Versagen, d. h. Verlust der Beanspruchbarkeit, eintritt. 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 0 25 50 75 100 125 150 175 R ea kt io ns kr a ft a m re ch te n R an d Zeit t [µs] lokales Modell√c¯r = 0µm√c¯r = 10µm√c¯r = 20µm√c¯r = 50µm√c¯r = 100µm√c¯r = 200µm Freac [MPa] fu¨r Lw = `h = 111µm Bild 8.8: Einfluss des nicht-lokalen Parameters auf das Last-Verformungs Verhalten bei einer Diskreti- sierung von `h = 111µm Die beschriebenen Auswirkungen des nicht-lokalen Parameters auf die Simulationsergebnis- se sind bislang fu¨r eine einzelne Diskretisierung mit einer Elementkantenla¨nge von 111µm untersucht worden. Inwiefern die Diskretisierung das Lo¨sungsverhalten des nicht-lokalen Mo- dells unter Verwendung eines bestimmten nicht-lokalen Parameters beeinflusst, wird in dem folgenden Abschnitt analysiert. 8.2.4 Konvergenz der Lokalisierungsbreite Da das lokale Modell bereits bei der Problemstellung unter Beru¨cksichtigung einer Imper- fektion mit konstanter Breite Lw = 1mm netzabha¨ngige Ergebnisse liefert, ergeben sich fu¨r dieses Modell auch bei der modifizierten Problemstellung unter Beru¨cksichtigung einer Imper- fektion mit kleinst-mo¨glicher Breite Lw = `h ebenfalls netzabha¨ngige Ergebnisse. Die Breite der Lokalisierungszone nimmt infolge sukzessiver Netzverfeinerung stetig ab und konvergiert nicht gegen einen endlichen, von null verschiedenen Wert. 131 8. Berechnungsbeispiele 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 -1.50 -1.00 -0.50 0.00 0.50 1.00 1.50 a kk um u lie rte pl as tis ch e Ve rg le ich sd eh nu n g x-Koordinate [mm] `h = 111.1µm `h = 52.6µm `h = 25.6µm `h = 12.7µm γ [−] jeweils mit Lw = `h, und fu¨r √c¯r = 50µm Bild 8.9: Verteilung des akkumulierten plastischen Vergleichsdehnungsfeldes γ zum Zeitpunkt des Versagens fu¨r verschiedene Diskretisierungen unter Verwendung des nicht-lokalen Parameters mit√c¯r = 50µm Diese Untersuchung zur Netzabha¨ngigkeit der Ergebnisse wird nun auch fu¨r das nicht-lokale Modell durchgefu¨hrt. In Bild 8.9 sind die ra¨umlichen Verteilungen des inelastischen Verzer- rungsfeldes γ fu¨r die verschiedenen Diskretisierungen und einem nicht-lokalen Parameter von √c¯r = 50µm dargestellt. Dabei ist praktisch keine Abha¨ngigkeit des Ergebnisses von der Diskretisierung zu erkennen (vgl. mit Bild 8.7 fu¨r das lokale Modell). In dem dargestell- ten Fall ist bereits mit der gro¨bsten untersuchten Diskretisierung eine konvergente Lo¨sung erreicht. Bei kleineren Werten des nicht-lokalen Parameters tritt erst bei weiterer Netzverfei- nerung eine konvergente Lo¨sung auf. Dieses Verhalten ist in Bild 8.10 wiedergegeben. Darin ist die sich einstellende Lokalisierungsbreite u¨ber die Anzahl der diskretisierten Elemente aufgetragen. Die Bestimmung der Lokalisierungsbreite orientiert sich dabei an der in Batra und Chen (2001) beschriebenen Vorgehensweise. Dabei wird die Zunahme der betrachteten Gro¨ße, die in diesem Fall der Zunahme der akkumulierten plastischen Vergleichsdehnung entspricht, von Beginn der Lokalisierung bis zu dem betrachteten Zeitpunkt des Versagens fu¨r jeden Punkt entlang des Stabes ermittelt. Die gesuchte Lokalisierungsbreite entspricht dann der Breite eines Bereichs, in dem ca. 90% aller ermittelten Zuwa¨chse der betrachteten Gro¨ße vorliegen. In Bild 8.10 wird das beschriebene Konvergenzverhalten der untersuchten Modelle deutlich. Fu¨r ein lokales Modell nimmt die Lokalisierungsbreite infolge sukzessiver Netzverfeinerung kontinuierlich ab. Auch fu¨r das nicht-lokale Modell mit c¯r = 0 folgt dieses Verhalten. Aufgrund der u¨ber die Elementknotenwerte approximierten Verteilung des inelastischen Verzerrungs- feldes entspricht jedoch die ermittelte Lokalisierungsbreite des nicht-lokalen Modells fu¨r den Fall c¯r = 0 nicht exakt der Breite des lokalen Modells. Dieser Unterschied zwischen der Be- rechnung mit dem lokalen Modell und dem nicht-lokalen Modell mit c¯r = 0 nimmt mit zuneh- mender Netzverfeinerung leicht ab. Hingegen folgt fu¨r positive, nicht-lokale Parameterwerte 132 BAM-Dissertationsreihe 8. Berechnungsbeispiele 0.001 0.010 0.100 1.000 Br ei te de rL ok al is ie ru n gs zo n e Anzahl der Elemente pro mm 3 9 19 39 79 159 lokales Modell√c¯r = 0µm√c¯r = 10µm√c¯r = 50µm `loc [mm] Bild 8.10: Einfluss des nicht-lokalen Parameters auf die Lokalisierungsbreite c¯r > 0 infolge der Netzverfeinerung schnell ein konvergente, endliche und von null verschie- dene Lokalisierungsbreite. Anhand dieser Untersuchungen wird deutlich, dass durch die An- wendung eines nicht-lokalen Modells mit einem positiven nicht-lokalen Parameter diskretisie- rungsunabha¨ngige Ergebnisse erzielt werden, bzw. zumindest infolge einer Netzverfeinerung die Lo¨sung gegen einen physikalisch sinnvoll interpretierbaren Wert konvergiert. Abschließend werden fu¨r den gegebenen Belastungsfall die inneren La¨ngen beider Model- le auf Grundlage der in Kapitel 7 beschriebenen Vorgehensweise ausgewertet. Dazu ist in Bild 8.11 die fu¨r einen im Zentrum der Lokalisierungszone liegenden Punkt der Struktur be- rechnete innere La¨nge fu¨r verschiedene Diskretisierungen der beiden Modelle dargestellt. In dieser Darstellung wird auf der Abszisse das Verha¨ltnis der Spannung zu der Maximalspan- nung, d. h. der Spannung zur Zeit tˆ, betrachtet. Bis zum Erreichen des Spannungsmaximums bleibt die innere La¨nge nahezu konstant, wobei auch in diesem Bereich die fu¨r das lokale Mo- dell beschriebene Abha¨ngigkeit der inneren La¨nge von dem vorherrschenden Spannungszu- stand zu erkennen ist. Nach Erreichen des Spannungsmaximums fa¨llt der Wert der inneren La¨nge des lokalen Modells aufgrund der Zunahme der plastischen Dehnrate drastisch ab. Auch fu¨r das nicht-lokale Modell a¨ndert sich der Wert der inneren La¨nge mit ¨Uberschreiten des Spannungsmaximums, jedoch fa¨llt dieser bei weitem nicht so drastisch ab, wie es bei dem lokalen Modell der Fall ist. Erst mit weiterem Voranschreiten der Entfestigung nimmt dann auch die La¨nge des nicht-lokalen Modells sta¨rker ab und strebt gegen den Wert null. Damit wird gezeigt, dass unter Verwendung eines nicht-lokalen Modells zumindest zu Beginn des Lokalisierungsverhaltens eine in ihrer Gro¨ßenordnung nahezu gleich bleibende Begren- zung der Lokalisierungszone vorliegt. Da die Herleitungen der Gleichungen fu¨r die jeweilige innere La¨nge auf der Theorie kleiner Deformationen beruhen sowie zu dem jeweiligen Zeit- punkt homogene Lo¨sungszusta¨nde voraussetzen, kann infolge dieser Untersuchung nicht zwangsla¨ufig eine direkte Korrelation mit den Ergebnissen der numerischen Simulation her- 133 8. Berechnungsbeispiele 0.0001 0.001 0.01 0.1 1 0.7 0.8 0.9 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 in ne re M od el lla¨ n ge Verha¨ltnis der Spannung zur Maximalspannung σmax = σ(tˆ ) `h = 111.1µm `h = 25.6µm `h = 6.3µm σ/σmax [−] `1Dr [mm] lokales Modell nicht-lokales Modell (√c¯r = 50µm) t < tˆ t > tˆ Bild 8.11: Auswertung des Verlaufs der inneren La¨ngen des lokalen und nicht-lokalen, eindimensiona- len JOHNSON & COOK-Modells gestellt werden. Dennoch zeigt diese Auswertung eine deutliche, prinzipielle Tendenz, die den Unterschied beider Modelle hinsichtlich des Auftretens einer pathologischen Netzabha¨ngig- keit bei der Berechnung des Lokalisierungsverhaltens hervorhebt. 8.3 Ausbildung adiabatischer Scherba¨nder unter Zugbelastung 8.3.1 Zugscheibe ohne anfa¨ngliche Imperfektionen Eine typische Form der Deformationslokalisierung bei Hochgeschwindigkeitsbelastungen stellt die Ausbildung adiabatischer Scherba¨nder dar. Fu¨r die Simulation dieses Lokalisie- rungsprozesses wird zuna¨chst die in Bild 8.12 skizzierte Problemstellung untersucht. Dabei handelt es sich in Anlehnung an Inal et al. (2002b) um eine ebene Problemstellung im EVZ mit dem Seitenverha¨ltnis L/H = 3, die ohne eine anfa¨ngliche materielle oder geometrische diskretisierterBereich der Struktur Bild 8.12: Skizze der Zugscheibe im EVZ ohne anfa¨ngliche Imperfektionen 134 BAM-Dissertationsreihe 8. Berechnungsbeispiele Imperfektion modelliert wird. Infolge der an beiden La¨ngsseiten aufgebrachten, entgegen ge- setzt wirkenden Belastung schnu¨rt sich die Struktur zuna¨chst in der Mitte ein. In der Folge bilden sich dann, wie in Bild 8.13 gezeigt, von der Mitte der Struktur (x=y=0) ausgehend, Scherba¨nder aus. Bild 8.13: Ausbildung von Scherba¨ndern in der Zugscheibe als typische Form der Deformationslokali- sierung Fu¨r die Untersuchung der Sensitivita¨t der Simulationsergebnisse bezu¨glich der verwendeten Diskretisierung werden drei unterschiedlich fein diskretisierte FE-Netze betrachtet. Aus Sym- metriegru¨nden wird dabei lediglich ein Viertel der gesamten Struktur fu¨r die Simulation model- liert. Die verwendeten FE-Netze sind in Bild C.1 im Anhang C abgebildet. Fu¨r den relevanten Bereich der Struktur, durch den das Scherband verla¨uft, werden dabei Diskretisierungen mit 16×16, 32×32 und 64×64 Elementen verwendet. Zusammen mit den gewa¨hlten Abmessungen L = 3H = 2.4mm folgen daraus jeweils Elementkantenla¨ngen von 50., 25. und 12.5µm. Die Belastung erfolgt zudem mit einer konstanten Geschwindigkeit von vˆ = 10.m/s. Die Ergebnisse der Untersuchung der Netzabha¨ngigkeit sind in Bild 8.14 anhand der Scha¨di- gungsvariablen d dargestellt. Fu¨r das lokale Modell ist darin die Netzabha¨ngigkeit der Scha¨di- gungsverteilung deutlich zu erkennen. Die Breite des gescha¨digten Bereichs der Struktur nimmt mit zunehmender Verfeinerung der Diskretisierung deutlich ab. Insbesondere erstreckt sich der letztendlich vollsta¨ndig gescha¨digte Bereich (d ≈ 1) lediglich u¨ber eine einzige Ele- mentreihe. Hingegen konvergiert der Bereich starker Scha¨digung unter Verwendung eines nicht-lokalen Modells mit √c¯r = 5µm gegen eine konstante Breite. Hierbei erstreckt sich bei der Verwendung der feinsten betrachteten Diskretisierung auch der vollsta¨ndig gescha¨dig- te Bereich in dem Scherband u¨ber mehrere Elementreihen. Desweiteren bildet sich der gescha¨digte Bereich in dem Scherband unter Verwendung des nicht-lokalen Modells fu¨r sa¨mtliche untersuchten Diskretisierungen stets von der Mitte der Struktur (i.e., in den Ab- bildungen in Bild 8.14 von der jeweiligen linken unteren Ecke) aus. Numerische Artefakte, wie sie z. B. bei der feinsten Diskretisierung des lokalen Modells zu erkennen sind, treten dabei infolge der nicht-lokalen Modellierung nicht auf. Bei der Simulation dieser Problemstellung wird beobachtet, dass sich die Ausbildung des Scherbandes bei Anwendung des nicht-lokalen Modells sehr sensitiv gegenu¨ber dem Wert des nicht-lokalen Parameters verha¨lt. Fu¨r gro¨ßere Parameterwerte als √c¯r = 5µm 135 8. Berechnungsbeispiele verla¨uft die Lokalisierungszone ausgehend von der Mitte der Struktur senkrecht zu den Sei- tenra¨ndern, so dass sich in diesen Fa¨llen kein Scherband ausbildet. Dieses Verhalten ist dadurch zu erkla¨ren, dass sich mit zunehmendem nicht-lokalen Parameterwert der Effekt der Delokalisierung versta¨rkt und daraufhin die Initiierung des Versagensmechanismus mit Errei- chen eines kritischen Scha¨digungswertes in Probenmitte erst etwas spa¨ter eintritt. Aufgrund der Probengeometrie und Belastungsgeschwindigkeit liegt dann bereits eine sta¨rkere Ein- schnu¨rung der Probe in diesem Bereich vor, so dass sich die Lokalisierungszone von dem Ursprung in der Probenmitte auf dem direkten Weg zu den eingeschnu¨rten Seitenra¨ndern ausbreitet. 1.00.0 Bild 8.14: Scha¨digungsverteilung in der Mitte der Zugscheibe fu¨r das lokale und nicht-lokale Modell infolge unterschiedlicher Diskretisierungen 136 BAM-Dissertationsreihe 8. Berechnungsbeispiele Fu¨r die weiteren, folgenden Untersuchungen werden daher Beispiele betrachtet, bei denen die Ausbildung eines Scherbandes durch zusa¨tzliche Zwangsbedingungen, beispielsweise durch kleine Imperfektionen, initiiert werden. 8.3.2 Zugscheibe mit seitlich versetzten Kerben Um die Ausbildung eines Scherbandes bei ebenen Problemstellungen unter Zugbelastung zu begu¨nstigen, werden an den quer zu der Belastungsrichtung der Scheibe liegenden Ra¨ndern seitlich versetzt Kerben eingebracht. In diesem Zusammenhang sind fu¨r den Werkstoff IN- CONEL 718 u. a. in Sievert et al. (2003) unterschiedliche Probengeometrien und Belastungs- geschwindigkeiten untersucht worden. Darin wurde gezeigt, dass sich beispielsweise bei ei- ner Belastungsgeschwindigkeit von etwa vˆ = 3.4m/s ein Scherband zwischen den beiden Kerben ausbildet, wenn diese im Anfangszustand um etwa 17◦ seitlich versetzt angeord- net sind. Die untersuchte Probengeometrie ist in Bild 8.15 skizziert. Fu¨r die nachfolgenden Bild 8.15: Skizze der Zugscheibe mit seitlich versetzten Kerben Untersuchungen werden die Kerben na¨herungsweise durch eine jeweils 0.4× 0.4mm große Aussparung modelliert. Desweiteren wird fu¨r die Berechnung der Problemstellung ein ebener Verzerrungszustand angenommen. Die Maschinensteifigkeit der Pru¨fvorrichtung bleibt dabei in der Modellierung unberu¨cksichtigt, so dass der linke, maschinenseitig fest eingespannte Rand der Probe als in La¨ngsrichtung unverschieblich gelagert angenommen wird. Einfluss der Entfestigungsmodellierung auf die Scherbandbildung Im Folgenden werden die Auswirkungen der unterschiedlichen Entfestigungsmechanismen, i.e. eine ausschließlich thermische Entfestigung, Versagen bei Erreichen der kritischen Versa- 137 8. Berechnungsbeispiele gensdehnung sowie Entfestigung unter Beru¨cksichtigung der Scha¨digung gema¨ß des effekti- ven Spannungskonzeptes, auf die Ausbildung des Scherbandes zwischen den beiden Kerben untersucht. Diese drei genannten Entfestigungsmechanismen sind bei der Implementierung der Modellformulierungen gema¨ß der durch (5.42) beschriebenen Vorgehensweise beru¨ck- sichtigt. Die resultierenden Unterschiede sind in Bild 8.16 anhand der Last-Verschiebungs- Diagramme sowie in Bild 8.17 anhand der Temperaturverteilungen in der Probe zusammen mit dem jeweiligen Verschiebungszustand fu¨r lokale Formulierungen herausgestellt. Infolge einer Modellierung mit ausschließlicher Temperaturentfestigung wird ein Last- Verformungsverhalten simuliert, bei dem der Lastabfall infolge von entfestigendem Material- verhalten deutlich spa¨ter als bei den anderen beiden Entfestigungsmechanismen erfolgt (sie- he Bild 8.16). Bei der Simulation schnu¨rt sich die Probe in der Mitte stark ein, wobei die Ker- ben das Deformationsverhalten nur unwesentlich beeinflussen. Ein sich zwischen den Kerben ausbildendes Scherband wird durch diese Modellierung nicht abgebildet (siehe Bild 8.17a ). Der Einfluss der geometrischen Imperfektionen auf das Werkstoffverhalten bleibt in dieser Modellformulierung unberu¨cksichtigt. Eine in dieser Hinsicht verbesserte Beschreibung des Materialverhaltens wird durch die Beru¨cksichtigung der Spannungsmehrachsigkeit in der Modellformulierung erzielt. Die Ver- teilung dieser Gro¨ße ist in Bild 8.18 zu einem Zeitpunkt kurz vor Lastabfall dargestellt. Darin ist eine deutlich erho¨hte Zugspannungsmehrachsigkeit in dem Bereich der Kerben zu erken- nen. Durch die Beru¨cksichtigung der Mehrachsigkeit in der Modellformulierung, wie es bei der genannten Versagens- oder Scha¨digungsmodellierung auf Grundlage der a¨quivalenten Ver- sagensdehnung (vgl. Gl. 3.59) der Fall ist, ist es mo¨glich eine Scherbandbildung in der Simu- lation abzubilden, siehe Bild 8.17b und c . Bei der Modellierung gema¨ß des effektiven Span- nungskonzeptes (Bild 8.17c ) tritt infolge der kontinuierlichen Reduzierung der Belastbarkeit 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 0.0 2.0 4.0 6.0 8.0 10.0 12.0 14.0 16.0 18.0 R ea kt io ns kr a ft a m re ch te n R an d aufgebrachte Verschiebung am rechten Rand uˆ(t) = t·vˆ [mm] ausschließliche Temperaturentfestigung Versagen ohne eff. Spannungskonzept Scha¨digung gema¨ß eff. Spannungskonzept Freac [kN] Bild 8.16: Last-Verschiebungs-Diagramm fu¨r unterschiedliche Entfestigungsmodellierungen des loka- len Modells 138 BAM-Dissertationsreihe 8. Berechnungsbeispiele (a)infolge ausschließlich thermischer Entfestigung: (b) infolge Versagen bei Erreichen einer kritischen Versagensdehnung: (c) infolge Schädigung gemäß des effektiven Spannungskonzeptes: t=1.2ms t=4.5ms t=0.8ms 850. 795. 740. 685. 630. 575. 520. 465. 410. 355. 300. Verschiebungs- skalierung: 1.0 Bild 8.17: Die berechnete Temperaturverteilung in der Probe infolge unterschiedlicher Entfestigungs- mechanismen der simulierte Versagenszeitpunkt etwas fru¨her auf als bei Verwendung der Versagensmo- dellierung (Bild 8.17b ), bei der die Belastbarkeit bei Erreichen der kritischen Versagensdeh- nung schlagartig verloren geht (siehe auch Bild 8.16). Beide Entfestigungsmodellierungen resultieren jedoch gleichermaßen in einer qualitativ guten Beschreibung des Lokalisierungs- und Versagensverhaltens, so dass lediglich die geringfu¨gig unterschiedlichen Mo¨glichkeiten zur genauen Anpassung der Simulationsergebnisse an das beobachtete Bauteilverhalten die Auswahl beeinflussen. +10.00 +8.85 +7.70 +6.55 +5.40 +4.25 +3.10 +1.95 +0.80 -0.35 -1.50 Bild 8.18: Verteilung der Spannungsmehrachsigkeit in der Probe kurz vor Lastabfall 139 8. Berechnungsbeispiele Diese Untersuchungen zeigen die Relevanz der Beru¨cksichtigung der Mehrachsigkeit in der Modellformulierung. Fu¨r das betrachtete Beispiel mit vorhandenen geometrischen Imperfek- tionen reicht die Entfestigung ausschließlich infolge der Temperaturerho¨hung nicht aus, um eine Scherbandbildung zu simulieren. Daher wird fu¨r die nachfolgenden, weiteren Untersu- chungen dieses Beispiels die thermische Entfestigung stets in der Kombination mit dem Ver- sagensmodell beru¨cksichtigt. Untersuchung der Netzabha¨ngigkeit Fu¨r die Untersuchung der Netzabha¨ngigkeit des sowohl lokalen als auch nicht-lokalen Mo- dells werden die im Anhang C in Bild C.2 abgebildeten Diskretisierungen betrachtet. Dabei ist der Bereich zwischen den Kerben unterschiedlich fein vernetzt, wobei die Elementkan- tenla¨ngen jeweils etwa 400. (mesh1), 200. (mesh2) bzw. 100. µm (mesh4) betragen. Als ein Ergebnis dieser Untersuchung sind in Bild 8.19 die jeweiligen Verla¨ufe der Reaktionskraft am rechten Rand u¨ber der Zeit wiedergegeben. Bei Verwendung des lokalen Modells tritt dabei der Versagenszeitpunkt umso fru¨her auf, je feiner die Struktur diskretisiert ist. Die Ursache fu¨r dieses Verhaltens stellt die mit zunehmender Netzverfeinerung einhergehende, sta¨rkere Lokalisierung der Ergebnisse dar. In Bild 8.20a - c sind exemplarisch die Verteilungen der akkumulierten plastischen Vergleichsdehnung εvP des lokalen Modells fu¨r die verschiedenen Diskretisierungen zum jeweiligen Versagenszeitpunkt dargestellt. Anhand dieser Darstellung ist zu erkennen, dass die Breite der Deformationslokalisierung stets lediglich durch die Ab- messung eines einzelnen Elements charakterisiert ist. Infolge der Abnahme der Lokalisie- rungsbreite nimmt die plastische Dehnrate entsprechend zu, so dass auch der kritische Wert der Versagensdehnung entsprechend fru¨her erreicht wird. 0 5 10 15 20 25 30 35 40 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2 1.4 1.6 1.8 2.0 R ea kt io ns kr a ft a m re ch te n R an d Zeit t [ms] mes h1 mes h2 mes h4 lokales Modell nicht-lokales Modell (c¯r = 2·103 µm2) Freac [kN] mesh1 mesh2 mesh4 Bild 8.19: Reaktionskraft-Zeit Verla¨ufe fu¨r das lokale und nicht-lokale Modell bei verschiedenen Dis- kretisierungen 140 BAM-Dissertationsreihe 8. Berechnungsbeispiele (b)lokales Modell (mesh2): (a) lokales Modell (mesh1): (c) lokales Modell (mesh4): (e) Modell (mesh2):nicht-lokales (d) nicht-lokales Modell (mesh1): (f) Modell (mesh4):nicht-lokales Verschiebungsskalierung, jeweils: 1.0 Bild 8.20: Vergleich der Netzabha¨ngigkeit anhand der akkumlierten plastischen Vergleichsdehnung fu¨r das lokale und nicht-lokale Modell Hingegen wird unter Verwendung des nicht-lokalen Modells fu¨r die untersuchten unter- schiedlichen Diskretisierungen ein nahezu gleicher Zeitpunkt des Versagens berechnet (vgl. Bild 8.19 ). Dieses Verhalten resultiert aus einer fu¨r die unterschiedlichen Netze nahezu gleich bleibenden Verteilung der lokalisierten Gro¨ßen, d. h. einer einheitlichen Breite des Scherban- des. Diesbezu¨glich sind in Bild 8.20d - f die Verteilungen des inelastischen Verzerrungsfeldes γ des nicht-lokalen Modells fu¨r die unterschiedlichen Diskretisierungen abgebildet. Darin ist die im Vergleich zu den Ergebnissen des lokalen Modells nahezu gleich bleibende Breite der Lokalisierungszone gut zu erkennen. Die an diesem Beispiel durchgefu¨hrten Untersuchungen zeigen, dass die Initiierung und Aus- bildung eines adiabatisches Scherbandes zwischen den geometrischen Imperfektionen an den Seitenra¨ndern der Probe gut simuliert werden kann, wenn der Einfluss der unterschied- lichen Mehrachsigkeitsverteilung in der Modellierung des Werkstoffverhaltens beru¨cksichtigt wird. Unter Verwendung des lokalen, ratenabha¨ngigen Modells wird selbst infolge stetig ver- 141 8. Berechnungsbeispiele feinerter Diskretisierungen keine konvergente Lo¨sung erzielt. Die Breite der Lokalisierungs- zone nimmt dabei stetig ab, so dass infolge dessen auch der Versagenszeitpunkt stetig fru¨her eintritt. Im Gegensatz dazu werden bei Verwendung des nicht-lokalen Modells auch bei aus ingenieurtechnischer Sicht sinnvollen Elementabmessungen konvergente Lo¨sungen erzielt. Gegebenenfalls ist es bei der Verwendung des nicht-lokalen Modells erforderlich, die von dem lokalen Modell u¨bertragenen Versagensparameter neu an den experimentell ermittelten Versagenszeitpunkt anzupassen. 8.4 Ausbildung adiabatischer Scherba¨nder unter Druckbelastung Die Ausbildung adiabatischer Scherba¨nder tritt bei einer Vielzahl praxisrelevanter Anwendun- gen infolge einer Druckbeanspruchung des Bauteils auf. Beispiele hierfu¨r finden sich in dem breiten Spektrum verschiedener Aufprallprobleme oder auch bei Stanzprozessen in der Um- formtechnik. In dieser Hinsicht wird im Folgenden die in Bild 8.21 skizzierte Problemstellung betrachtet. Eine ebene Struktur mit anfa¨nglich etwa doppelt so großer Ho¨he wie Breite wird verschiebungsgesteuert in La¨ngsrichtung belastet. Der untere Rand kann sich dabei auf dem Untergrund ohne Behinderung ausdehnen und ist nur an einer Stelle fest gehalten. Die Brei- te der Scheibe variiert zudem u¨ber die Ho¨he und nimmt vom unteren bis zum oberen Rand linear um ein Zwanzigstel der Breite zu. Fu¨r die durchgefu¨hrte Berechnung wird der Pro- blemstellung ein ebener Verzerrungszustand zugrunde gelegt. Daru¨berhinaus wird wird die Abmessung L = 1mm sowie eine konstante Belastungsgeschwindigkeit von vˆ = 25.m/s vorgegeben. Bild 8.21: Skizze der untersuchten Problemstellung unter Druckbelastung 142 BAM-Dissertationsreihe 8. Berechnungsbeispiele Im Rahmen dieses Beispiels wird untersucht, welchen Einfluss eine lokale und eine nicht- lokale Formulierung jeweils auf die Ergebnisse der Simulation eines unter Druck initiier- ten Scherbandes haben. Diesbezu¨glich werden zwei unterschiedliche Diskretisierungen der Struktur fu¨r die Berechnung beru¨cksichtigt. Wie im Anhang C in Bild C.3 abgebildet, werden zum einen 10×20 und zum anderen 20×40 Elemente fu¨r die Diskretisierung der Struktur verwendet. Generell zeigt sich infolge der durchgefu¨hrten Simulationen, dass sich das Scherband erst bei einem Zustand auszubilden beginnt, wenn die Struktur bereits auf etwa knapp die Ha¨lfte der Anfangsho¨he zusammengepresst worden ist. In diesem Zusammenhang wird die Notwen- digkeit der Beru¨cksichtigung der Theorie großer Deformationen in den Modellformulierungen erneut unterstrichen. Daru¨berhinaus weisen die erzielten Simulationsergebnisse die gleichen Unterschiede zwi- schen den Modellformulierungen auf, die bereits in den vorangegangenen Beispielen her- ausgestellt worden sind. Anhand der in Bild 8.22 dargestellten Reaktionskraft-Zeit-Verla¨ufe wird bereits die Abha¨ngigkeit der durch die Anwendung des lokalen Modells erzielten Ergeb- nisse von der jeweiligen Strukturdiskretisierung deutlich. Dabei tritt der Zeitpunkt des Versa- gens fu¨r das feiner diskretisierte Netz deutlich fru¨her auf. Hingegen ist bei Verwendung des nicht-lokalen Modells eine wesentlich reduzierte Abha¨ngigkeit von der jeweils beru¨cksichtig- ten Elementabmessung zu erkennen. Dieses Verhalten resultiert aus dem unterschiedlichen Lokalisierungsverhalten beider Modelle. Infolge des lokalen Modells erstreckt sich die Breite des Scherbandes stets lediglich u¨ber einen Bereich, der durch die Abmessung eines einzel- nen, diskretisierten Elementes charakterisiert ist. Hingegen wird bei Verwendung des nicht- lokalen Modells eine Scherbandbreite berechnet, die sich auch bei Netzverfeinerung u¨ber einen nahezu konstanten Bereich, und damit auch u¨ber mehrere Elemente der Diskretisie- 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 0 5 10 15 20 25 30 35 R ea kt io ns kr a ft a m o be re n R an d Zeit t [µs] lokales Modell nicht-lokales Modell (√c¯r = 20µm) Freac [N/mm] mesh10×20 mesh20×40 Bild 8.22: Reaktionskraft-Zeit Verla¨ufe fu¨r das lokale und nicht-lokale Modell bei verschiedenen Dis- kretisierungen 143 8. Berechnungsbeispiele akkumulierteplastische Vergleichsdehnung Schädigung Temperatur lo ka le s M od el l (m es h2 0x 40 ) lo ka le s M od el l (m es h1 0x 20 ) ni ch t-l ok al es M od el l (m es h1 0x 20 ) ni ch t-l ok al es M od el l (m es h2 0x 40 ) 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 300. 1570.0.2 0.5 0.8 1.1 1.4 1.7 Bild 8.23: Vergleich der Netzabha¨ngigkeit der Ergebnisse anhand der Verteilung der akkumulierten plastischen Vergleichsdehnung, der Scha¨digung sowie der Temperatur fu¨r das lokale und nicht-lokale Modell rung, erstreckt. Dabei bewirkt die nicht-lokale Formulierung auf Basis der im Rahmen der Gradienten-Plastizita¨t beru¨cksichtigten plastischen Dehnrate γ˙ eine Delokalisierung dieser Gro¨ße. In diesem Zusammenhang sind in Bild 8.23 die jeweiligen Verteilungen der von der plasti- schen Dehnrate abha¨ngigen Gro¨ßen, wie die akkumulierte plastische Vergleichsdehnung, die Scha¨digung und die Temperatur, fu¨r die untersuchten Diskretisierungen und Modellformulie- 144 BAM-Dissertationsreihe 8. Berechnungsbeispiele rungen dargestellt. In dieser Darstellung wird deutlich, dass infolge der Delokalisierung der plastischen Dehnrate ebenfalls sowohl die unmittelbar von dieser Gro¨ße abha¨ngige akkumu- lierte plastische Vergleichsdehnung als auch die hinsichtlich der Entfestigungsmodellierung relevanten Gro¨ßen, i.e. Scha¨digung d und Temperatur θ, delokalisiert werden. Damit wird ne- ben der Bestimmung einer physikalisch sinnvoll interpretierbaren Scherbandbreite auch die Berechnung eines einheitlichen Versagenszeitpunktes gewa¨hrleistet. 8.5 Fazit der Untersuchungen Mit der numerischen Umsetzung des beschriebenen nicht-lokalen Modells der Gradienten- Plastizita¨t im Rahmen der Methode der Finiten-Elemente wird ein Berechnungswerkzeug bereitgestellt, das es ermo¨glicht, eine breite Klasse von Lokalisierungspha¨nomenen metalli- scher Bauteile unter Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen nahezu netzunabha¨ngig zu si- mulieren. Im Gegensatz zu der lokalen Modellierung von Lokalisierungseffekten unter Hoch- geschwindigkeitsbeanspruchungen, bei der die erzielten Simulationsergebnisse jeweils nur in Abha¨ngigkeit der jeweils verwendeten Elementkantenla¨ngen interpretiert werden ko¨nnen, werden infolge der nicht-lokalen Modellierung Ergebnisse erzielt, die im Sinne eines konver- gierenden Lo¨sungsverhaltens sinnvoll interpretiert werden ko¨nnen. Dies stellt einen entschei- denden Beitrag zur Verbesserung der Beurteilung und Interpretation der Simulationsergeb- nisse im Rahmen der genannten Anwendungsbereiche dar. 145 9. Zusammenfassung und Ausblick 9 Zusammenfassung und Ausblick Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit leistet einen Beitrag fu¨r eine verbesserte Beschreibung und Simula- tion von Lokalisierungseffekten metallischer Bauteile unter Hochgeschwindigkeitsbeanspru- chungen, die in weiten Teilen der ingenieurtechnischen Praxis relevant sind. Diesbezu¨glich werden zwei unterschiedliche, makroskopische und im Rahmen der Thermodynamik herge- leitete Modellformulierungen ausfu¨hrlich beschrieben sowie hinsichtlich ihrer lokalisierungs- begrenzenden inneren La¨nge einerseits und den auf Grundlage dieser Modelle erzielten nu- merischen Simulationsergebnissen andererseits verglichen. Basierend auf den in Kapitel 2 beschriebenen kontinuumsmechanischen Grundlagen wird in Kapitel 3 unter Beru¨cksichtigung der Theorie großer Deformationen ein thermoelasto- thermoviskoplastisches Modell beschrieben, das es auf Grundlage der Modellformulierung nach Johnson und Cook (1983) ermo¨glicht, die grundlegenden Werkstoffeigenschaften me- tallischer Bauteile unter Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen abzubilden. Dazu za¨hlt ne- ben der Modellierung von sowohl allgemein isotroper als auch dehnratenabha¨ngiger Verfe- stigung ebenso die Beschreibung der adiabatischen Temperaturerho¨hung infolge plastischer Dissipation und der damit einhergehenden thermischen Entfestigung als auch die Beru¨ck- sichtigung der isotropen Scha¨digungsentwicklung auf das Werkstoffverhalten. Daru¨ber hinaus wird diese lokale Modellformulierung in Kapitel 4 auf eine nicht-lokale Formu- lierung erweitert. Neben einer allgemeinen ¨Ubersicht verschiedener Mo¨glichkeiten der nicht- lokalen Modellformulierung, basiert die betrachtete Erweiterung auf der Beru¨cksichtigung der Rate der inelastischen Vergleichsdehnung im Rahmen einer impliziten Gradiententheorie. Die fu¨r die numerische Umsetzung des Modells mittels der Methode der Finiten-Elemente not- wendigen algorithmischen Verfahrensschritte wurden in Kapitel 5 und 6 angegeben und dis- kutiert. Dabei wird neben der Beschreibung unterschiedlicher Integrationsalgorithmen auch auf unterschiedliche Verfahren zur Lo¨sung des gekoppelten Mehrfeldproblems eingegangen. Das prinzipielle Verhalten unterschiedlicher Modellformulierungen hinsichtlich der Eindeutig- keit und Stabilita¨t der Lo¨sung sowie der Dispersionseigenschaften bei entfestigendem Mate- rialverhalten wird in Kapitel 7 systematisch untersucht. Die diesbezu¨glich untersuchten Mo- delle gliedern sich in sowohl lokale als auch nicht-lokale sowie sowohl ratenunabha¨ngige als auch ratenabha¨ngige Formulierungen. Die dabei erzielten Ergebnisse werden anschließend fu¨r konkrete Modellformulierungen ausgewertet und diskutiert. In Kapitel 8 werden schließlich die implementierten Modelle fu¨r die Simulation von Lokali- sierungspha¨nomenen anhand unterschiedlicher Beispiel eingesetzt, wobei die beobachteten Unterschiede ebenfalls herausgestellt und diskutiert werden. Bewertung der Ergebnisse Hinsichtlich des Lokalisierungsverhaltens der betrachteten lokalen Modellformulierung konn- ten die folgenden Ergebnisse erzielt werden: • Bei einer lokalen und nichtlinear ratenabha¨ngigen Formulierung, wie beispielsweise dem Modell nach JOHNSON & COOK oder Potenzgesetz-Modellen, existiert einerseits 146 BAM-Dissertationsreihe 9. Zusammenfassung und Ausblick ein linearer Zusammenhang zwischen der inneren La¨nge des Modells und dem vor- herrschenden Spannungszustand sowie andererseits ein invers proportionaler Zusam- menhang zwischen der inneren La¨nge und der plastischen Dehnrate. • Bei fu¨r Hochgeschwindigkeitsanwendungen typischen Beanspruchungsbedingungen liegt die innere La¨nge des lokalen Modells bereits zu Beginn des Lokalisierungspro- zesses unterhalb bzw. zumindest in der Gro¨ßenordnung der Abmessung der Gefu¨ge- struktur. • Eine Diskretisierung mit Elementabmessung in dieser Gro¨ßenordnung stellt keine ma- kroskopische Modellierung der Problemstellung mehr dar. Zudem nimmt die innere La¨nge des lokalen Modells mit Einsetzen des Lokalisierungsprozesses weiter ab und strebt aufgrund der zuvor genannten Abha¨ngigkeit von der plastischen Dehnrate und von dem Spannungszustand sehr schnell gegen null. Durch dieses Verhalten geht die lokalisierungsbegrenzende Wirkung der inneren La¨nge des ratenabha¨ngigen Modells vollsta¨ndig verloren. • Die bei der numerischen Simulation beobachtete Netzabha¨ngigkeit des lokalen Mo- dells zeichnet sich einerseits dadurch aus, dass relevante Modellgro¨ßen, wie die ak- kumulierte plastische Vergleichsdehnung, die plastische Dehnrate sowie Temperatur und Scha¨digung, stets u¨ber der kleinst-mo¨glichen Elementabmessung lokalisieren. Le- diglich durch diesen Bereich der Struktur wird die gesamte Belastung aufgenommen, wa¨hrend der u¨brige Teil der Struktur elastisch entlastet. • Infolge stetiger Netzverfeinerung tritt die Deformationslokalisierung in einem verschwin- denden Volumen auf. Diese, fu¨r die lokale Modellformulierung erzielten Ergebnisse erlauben die Schlussfolgerung, dass die bei der numerischen Simulation beobachtete Netzabha¨ngigkeit nicht in der Anwen- dung des numerischen Berechnungsverfahrens begru¨ndet liegt, sondern auf den Eigenschaf- ten der zugrunde liegenden Gleichungen basiert. Daru¨ber hinaus ist es aufgrund der auftre- tenden La¨ngenskalen physikalisch sinnvoll, die in der Mikroskala auftretenden und relevan- ten Effekte durch die Anwendung nicht-lokaler Materialmodelle auf makroskopischer Ebene zu beru¨cksichtigen. Unter Verwendung des beschriebenen nicht-lokalen Modells werden hin- sichtlich des Lokalisierungsverhaltens die folgenden Ergebnisse erzielt: • Fu¨r die nicht-lokale Erweiterung des ratenabha¨ngigen Modells ist die Abha¨ngigkeit der inneren La¨nge von dem vorherrschenden Spannungszustand sowie der plastischen Dehnrate deutlich reduziert, vielmehr wird die Gro¨ßenordnung dieser La¨nge durch den Wert des nicht-lokalen Parameters bestimmt. • Fu¨r große plastische Dehnraten genu¨gt bereits ein geringer, positiver Wert des nicht- lokalen Parameters, damit die innere La¨nge des nicht-lokalen Modells um einige Gro¨ßenordnungen u¨ber der des lokalen Modells liegt. • Erst mit Erreichen eines Zustandes kurz vor dem vollsta¨ndigen Verlust der Belastbar- keit, tendiert auch die innere La¨nge des nicht-lokalen Modells gegen null. 147 9. Zusammenfassung und Ausblick • Bei der numerischen Simulation von Lokalisierungspha¨nomenen beeinflusst der nicht- lokale Parameter die Breite der berechneten Lokalisierungszone. Zudem a¨ndert sich mit zunehmendem Wert des nicht-lokalen Parameters das globale Last- Verformungsverhalten derart, dass der berechnete Versagenszeitpunkt spa¨ter auftritt. Eine Anpassung der Versagensparameter ist dadurch ggf. erforderlich. • Das durch die numerische Simulation berechnete Lokalisierungsvolumen konvergiert fu¨r das nicht-lokale Modell bei stetiger Netzverfeinerung gegen einen endlichen, von null verschiedenen Wert. Durch die Anwendung des nicht-lokalen Modells der Gradienten-Plastizita¨t ist es im Gegen- satz zur Verwendung des lokalen Modells mo¨glich, bei der numerischen Simulation von Lo- kalisierungspha¨nomenen unter Hochgeschwindigkeitsbeanspruchungen konvergente Lo¨sun- gen, d. h. endliche Scherbanddicken, zu erzielen und im Rahmen der Kontinuumsmechanik sinnvolle Lo¨sungen des zugrunde liegenden, physikalischen Problems zu gewa¨hrleisten. Da- durch wird eine wesentliche Verbesserung fu¨r die Beurteilung der Sicherheit und Zuverla¨ssig- keit von Bauteilen unter Hochgeschwindigkeitsbelastungen erzielt. Ausblick Die in dieser Arbeit hinsichtlich der Stabilita¨ts- und Dispersionsanalyse erzielten Ergebnisse erlauben sowohl ein verbessertes Versta¨ndnis als auch eine verbesserte Beurteilung des Lo- kalisierungsverhaltens metallischer Werkstoffe unter Hochgeschwindigkeitsbeanspruchung- en. Um eine direkte Korrelation zwischen der simulierten Lokalisierungsbreite und der inne- ren Modellla¨nge zu bestimmen ist es notwendig, die fu¨r die Bestimmung der inneren La¨nge eines Modells durchgefu¨hrte Dispersionsanalyse auf mehrdimensionale Problemstellungen und unter Beru¨cksichtigung finiter Deformationen zu erweitern. Damit wird zudem ermo¨glicht, den nicht-lokalen Parameter an experimentelle Daten verschiedener Versuchsergebnisse an- zupassen und zu interpretieren. Durch die Ausbildung von Scherba¨ndern treten in dem Bauteil große Verschiebungsgradien- ten auf, die zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt der Simulation in zum Teil extremen Ele- mentverzerrungen resultieren. Daher ist es fu¨r weiterfu¨hrende Berechnungen wu¨nschens- wert, die Vorteile des implementierten nicht-lokalen Modells mit automatischen Netzverfeine- rungsalgorithmen zu kombinieren. Die Auswertung der inneren Modellla¨nge ko¨nnte dabei als mo¨gliches Kriterium zur Netzverfeinerung herangezogen werden. Daru¨ber hinaus wa¨re es interessant zu vergleichen, inwiefern sich die unterschiedlichen be- schriebenen Integrationsalgorithmen zur Lo¨sung des gekoppelten Modells der ratenabha¨ngi- gen Gradienten-Plastizita¨t auf die beno¨tigte Rechenzeit bei der Simulation großer Strukturen, wie z. B. dem Aufprall einer Turbinenschaufel auf das umgebende Geha¨use, auswirken. 148 BAM-Dissertationsreihe A. Tensorrechnung A Tensorrechnung Die nachfolgend beschriebenen Ausfu¨hrungen zur Tensorrechnung basieren auf einem orto- gonal kartesischen Koordinatensystem im dreidimensionalen EUKLIDischen Raum. Die Ba- sen dieses Koordinatensystem sind mit ei fu¨r i = {1, 2, 3} bezeichnet und besitzen die Ei- genschaften, dass sie die La¨nge eins haben, ||ei|| = 1, und paarweise senkrecht aufeinander stehen, ei · ej = δij . Dabei kennzeichnet δij das KRONECKER-Symbol, das gema¨ß δij := { 1 , fu¨r i = j 0 , fu¨r i 6= j (A.1) definiert ist. Sofern nicht anders angegeben, wird die EINSTEIN’sche Summenkonvention ver- wendet. Damit lassen sich die Tensoren unterschiedlicher Stufe in der Form Tensor 0. Stufe (Skalar): α Tensor 1. Stufe (Vektor): a = aiei Tensor 2. Stufe (Matrix): B = Bijei⊗ ej Tensor 4. Stufe: CI = Cijklei⊗ ej ⊗ ek ⊗ el angeben. Tensoren werden stets durch die Komponenten zusammen mit den dazugeho¨ren- den Basen angegeben. Dabei stellen Tensoren 2. Stufe eine lineare Abbildung eines Vektors auf einen Vektor, bzw. Tensoren 4. Stufe eine lineare Abbildung eines Tensors 2. Stufe auf einen Tensor 2. Stufe dar. A.1 Produkte von Tensoren A.1.1 Skalarprodukte In dieser Arbeit wird zwischen Einfach-, Doppel- und ggf. Mehrfach-Skalarprodukten unter- schieden. Dies kennzeichnet die Anzahl der ” u¨berschobenen“ Basen und ist fu¨r alle Tensoren unterschiedlicher Stufe gleich definiert. Auf die kommutativen, distributiven und assoziativen Eigenschaften dieser Produkte wird hier nicht na¨her eingegangen. Einfachskalarprodukt Bei dieser Art des Produktes werden die jeweils ” na¨chsten“ Basen zweier Tensoren skalar multipliziert. Dies ergibt fu¨r zwei Tensoren 1. Stufe a · b = (aiei ↑ ) · (bjej ↑ ) = aibj δij = aibi (A.2) ein skalares Ergebnis, fu¨r zwei Tensoren 2. Stufe A ·B = (Aijei⊗ ej ↑ ) · (Bklek ↑ ⊗ el ) = AijBklδjkei⊗ el = AikBkjei⊗ ej (A.3) einen Tensor 2. Stufe, u. s. w. Gema¨ß dieses Vorgehens lasen sich diese Skalarprodukte zwischen den unterschiedlichen Tensoren berechnen. 149 A. Tensorrechnung Doppelskalarprodukt Bei diesem Produkt werden die ” letzten“ beiden Basen des ersten Tensors mit den ” ersten“ beiden Basen des zweiten Tensors verknu¨pft. Die beiden Kombina- tionsmo¨glichkeiten werden durch die Bezeichnungen a¨ußeres bzw. inneres Doppelskalarpro- dukt unterschieden. Dies ergibt fu¨r zwei Tensoren 2. Stufe A : B = (Aijei ↑ ⊗ ej ↑ ) : (Bklek ↑ ⊗ el ↑ ) = AijBklδikδjl = AijBij (A.4) bzw. A ··B = (Aijei ↑ ⊗ ej ↑ ) ·· (Bklek ↑ ⊗ el ↑ ) = AijBklδjkδil = AijBji (A.5) ein skalares Ergebnis. Entsprechend berechnen sich die Doppelskalarprodukte von ho¨her- stufigeren Tensoren. Mehrfachskalarprodukte Es lassen sich auch Skalarprodukte mit Verknu¨pfungen von mehr als jeweils zwei Basen definieren. In Kapitel 7 wird z. B. eine dreifache ” ¨Uberschiebung“ beno¨tigt. Diese ist gema¨ß CI ···DI = (Cijklei⊗ ej ↑ ⊗ ek ↑ ⊗ el ↑ ) ··· (Dmnpqem ↑ ⊗ en ↑ ⊗ ep ↑ ⊗ eq ) = CijklDmnpqδlmδknδjp ei⊗ eq = CiklmDmlkj ei⊗ ej (A.6) definiert und ist selbstversta¨ndlich nur als Produkt von zwei Tensoren jeweils mindestens 3. Stufe anwendbar. A.1.2 Dyadische Produkte Im Rahmen dieser Arbeit werden drei unterschiedliche dyadische Produkte verwendet. Das gebra¨uchlichste dieser drei wird mit dem Symbol ’⊗’ gekennzeicht und beschreibt die fort- laufende ” Aneinanderreihung“ der Basen zweier Tensoren. Dieses dyadische Produkt zweier Tensoren 1. Stufe a⊗ b = (aiei 1̂ )⊗ (bjej 2̂ ) = aibj ei⊗ ej (A.7) ergibt einen Tensor 2. Stufe, sowie das zweier Tensoren 2. Stufe A⊗B = (Aijei 1̂ ⊗ ej 2̂ )⊗ (Bklek 3̂ ⊗ el 4̂ ) = AijBkl ei⊗ ej ⊗ ek ⊗ el (A.8) einen Tensor 4. Stufe, sowie entsprechend fu¨r Tensoren ho¨herer Stufe. Die genannten ande- ren dyadischen Produkte, die durch die Symbole ’⊕’ und ’¯’ gekennzeichnet sind, reihen die Basen zweier Tensoren 2. Stufe in unterschiedlicher Folge aneinander A⊕B = (Aijei 1̂ ⊗ ej 3̂ )⊕ (Bklek 4̂ ⊗ el 2̂ ) = AijBkl ei⊗ el⊗ ej ⊗ ek (A.9) = AikBlj ei⊗ ej ⊗ ek ⊗ el bzw. A¯B = (Aijei 1̂ ⊗ ej 4̂ )¯ (Bklek 3̂ ⊗ el 2̂ ) = AijBkl ei⊗ el⊗ ek ⊗ ej (A.10) = AilBkj ei⊗ ej ⊗ ek ⊗ el Die Ergebnisse stellen auch hier jeweils einen Tensor 4. Stufe dar. 150 BAM-Dissertationsreihe A. Tensorrechnung Einheitstensoren Der Einheitstensor 2. Stufe ist gema¨ß I := δij ei⊗ ej (A.11) definiert. Die verschiedenen Einheitstensoren 4. Stufe ergeben sich dann aus den unter- schiedlichen dyadischen Produkten von (A.11), i.e. I ⊗ I = δijδkl ei⊗ ej ⊗ ek ⊗ el , (A.12) II := I ⊕ I = δikδlj ei⊗ ej ⊗ ek ⊗ el , (A.13) II t := I ¯ I = δilδkj ei⊗ ej ⊗ ek ⊗ el , (A.14) II s := 12 (I ⊕ I + I ¯ I) = 12 (δikδlj + δilδkj ) ei⊗ ej ⊗ ek ⊗ el . (A.15) Der Tensor II t , bzw. II s wird dabei ha¨ufig auch als Transponierer, bzw. Symmetrisierer be- zeichnet (Bertram, 2005). A.2 Verwendete Tensoroperationen A.2.1 Invarianten eines Tensors 2. Stufe Die drei Invarianten eines Tensors 2. Stufe A werden mit IA, IIA, IIIA bezeichnet und sind gema¨ß IA := tr(A) = I : A = Aii (A.16) IIA := 12 [(A ··A)− (I : A)2] = 12 [AijAji − AiiAjj ] (A.17) IIIA := det(A) = 16²ijk²pqrAipAjqAkr (A.18) definiert7. Darin bezeichnet tr(A) die Spur, engl.: trace, und det(A) die Determinante des Tensors. In der Indexdarstellung von (A.18) wird ferner das gema¨ß ²ijk :=    +1 , wenn {i, j, k} die Folge {1, 2, 3}, {2, 3, 1} oder {3, 1, 2} annimmt −1 , wenn {i, j, k} die Folge {1, 3, 2}, {2, 1, 3} oder {3, 2, 1} annimmt 0 , fu¨r alle sonstigen Folgen (A.19) definierte Permutations-Symbol verwendet. Diese skalaren Gro¨ßen (A.16-A.18) heißen Inva- rianten, weil ihre Werte unabha¨ngig, d. h. invariant, von dem gewa¨hlten Koordinatensystem sind. Ausgeschrieben ergibt sich IA = A11 + A22 + A33 , (A.20) IIA = A12A21 + A13A31 + A23A32 − A11A22 − A11A33 − A22A33 , (A.21) IIIA = +A11A22A33 + A12A23A31 + A13A21A32 −A11A23A32 − A12A21A33 − A13A22A31 , (A.22) weshalb diese auch gelegentlich als lineare, quadratische bzw. kubische Invariante eines Tensors bezeichnet werden (Malvern, 1969: S.90). 7In der Literatur ist (A.17) zum Teil als −IIA definiert. 151 A. Tensorrechnung A.2.2 Norm eines Tensors Die Norm eines Tensors ist als Quadratwurzel des Tensorquadrats gema¨ß ||α|| := √ α2 , ||a|| := √ a · a , ||A|| := √ A ··A (A.23) definiert. Fu¨r eine skalare Gro¨ße entspricht die Norm dem Betrag (Absolutwert) dieser Gro¨ße, entsprechend stellt die Norm eines Vektors die La¨nge dieses Vektors dar. A.2.3 Transponierte und Inverse eines Tensors 2. Stufe Die Transponierte, Inverse und Invers-Transponierte eines Tensors 2. Stufe A wird durch die entsprechenden Indizes ’T’, ’−1’ und ’−T’ gekennzeichnet und wird in der Form A = Aij ei⊗ej , (A.24) AT = Aij ej⊗ei , (A.25) A−1 = A−1ij ej⊗ei , (A.26) A−T = A−1ij ei⊗ej (A.27) angegeben. Infolge einer Transponierung bzw. Invertierung werden die Basen vertauscht. Die Inverse, bzw. Invers-Transponierte eines Tensors A existiert nur dann, wenn die Deter- minante dieses Tensors ungleich null ist, i.e. det(A) 6= 0. Dann berechnet sich die Invers- Transponierte gema¨ß A−T = adj(A)det(A) , (A.28) wobei hier die Adjunkte des Tensors, i.e. adj(A), nach Chadwick (1976) in der folgenden Anordnung der Kofaktoren8 verwendet wird adj(A) := (cofA)ij ei⊗ ej . (A.29) In der Literatur wird zum Teil auch die zu (A.29) transponierte Anordnung der Kofaktoren als Adjunkte definiert. Dann ist durch (A.28) die Inverse und nicht die Invers-Transponierte eines Tensors definiert. Ferner gelten die Beziehungen (AT)T = A und A ·A−1 = A−1 ·A = I , sowie A−T = (A−1)T = (AT)−1. A.2.4 Spektraldarstellung eines Tensors 2. Stufe Die Eigenwerte eines Tensors A werden mit λ bezeichnet und berechnen sich aus der Glei- chung A · n = λn ⇔ (A− λI) · n = 0 . (A.30) Fu¨r nicht-trivale Eigenvektoren n 6= 0 kann diese Gleichung nur dann erfu¨llt sein, wenn die Determinante des Klammer-Ausdrucks verschwindet. Diese Forderung fu¨hrt auf die charak- teristische Gleichung fu¨r die Eigenwerte, i.e. det(A− λI ) = λ3 − IAλ2 − IIAλ− IIIA = 0 , (A.31) 8Der Kofaktor (cofA)ij ergibt sich als Produkt des Faktors (−1)i+j und der Unterdeterminanten von A, die durch Streichen der i-ten ”Zeile” und j-ten ”Spalte” entsteht. 152 BAM-Dissertationsreihe A. Tensorrechnung dargestellt in Abha¨ngigkeit der Invarianten des Tensors A. Fu¨r symmetrische Tensoren A = AT exisiteren stets drei reellwertige Eigenwerte in der Form λI ≥ λII ≥ λIII , mit λI, λII, λIII ∈ R . (A.32) Mit Hilfe dieser Eigenwerte und zusammen mit den entsprechenden Eigenvektoren la¨sst sich ein Tensor in der Spektraldarstellung A = III∑ i=I λi ni⊗ni (A.33) formulieren. Dabei stellt ni, fu¨r i = I, II, III, das in die Hauptachsen des Tensors gedrehte Koordinatensystem ei, fu¨r i = 1, 2, 3, dar. Diese Darstellung wird ha¨ufig auch als Spektral- zerlegung (engl.: spectral decomposition) bezeichnet. A.2.5 Weitere Zerlegungen eines Tensors 2. Stufe Ein Tensor 2. Stufe kann stets in einen symmetrischen und antimetrischen Anteil gema¨ß A = sym(A) + skw(A) (A.34) mit sym(A) := 12 (A+AT) und skw(A) := 12 (A−AT) (A.35) aufgeteilt werden. Desweiteren ist eine Zerlegung in einen deviatorischen und shpa¨rischen Anteil A = dev(A) + sph(A) (A.36) mit sph(A) := 13 tr(A) I und dev(A) := A− 13 tr(A) I (A.37) mo¨glich. A.2.6 Zusammenfassung verschiedener Identita¨ten In Tabelle A.1 sind einige Identita¨tsbeziehungen mit Tensoren 2. Stufe zusammengefasst. Daru¨ber hinaus sind in Tabelle A.2 einige Umformungen unter Verwendung von Einheitsten- soren dargestellt. 153 A. Tensorrechnung Tabelle A.1: Einige Identita¨tsbeziehungen unter Verwendung von Tensoren 2. Stufe. Unter Verwendung des Einfachskalarprodukts zwischen einem Tensor 4. Stufe und 2. Stufe: (A⊗B) ·C = A⊗ (B ·C) (T A.1-1) (A⊕B) ·C = A⊕ (CT ·B) (T A.1-2) (A¯B) ·C = (A ·C)¯B (T A.1-3) C · (A⊗B) = (C ·A)⊗B (T A.1-4) C · (A⊕B) = (C ·A)⊕B (T A.1-5) C · (A¯B) = (C ·A)¯B (T A.1-6) Unter Verwendung des Doppelskalarprodukts zwischen einem Tensor 4. Stufe und 2. Stufe: (A⊗B) : C = (B : C)A (T A.1-7) (A⊕B) : C = A ·C ·B (T A.1-8) (A¯B) : C = A ·CT ·B (T A.1-9) C : (A⊗B) = (C : A)B (T A.1-10) C : (A⊕B) = AT ·C ·BT (T A.1-11) C : (A¯B) = B ·CT ·A (T A.1-12) Unter Verwendung des Doppelskalarprodukts zwischen zwei Tensoren 4. Stufe: (A⊗B) : (C ⊗D) = (B : C)A⊗D (T A.1-13) (A⊗B) : (C ⊕D) = A⊗ (CT ·B ·DT) (T A.1-14) (A⊗B) : (C ¯D) = A⊗ (C ·BT ·D) (T A.1-15) (A⊕B) : (C ⊗D) = (A ·C ·B)⊗D (T A.1-16) (A⊕B) : (C ⊕D) = (A ·C)⊕ (D ·B) (T A.1-17) (A⊕B) : (C ¯D) = (A ·C)¯ (D ·B) (T A.1-18) (A¯B) : (C ⊗D) = (A ·CT ·B)⊗D (T A.1-19) (A¯B) : (C ⊕D) = (A ·DT)¯ (CT ·B) (T A.1-20) (A¯B) : (C ¯D) = (A ·DT)⊕ (CT ·B) (T A.1-21) 154 BAM-Dissertationsreihe A. Tensorrechnung Tabelle A.2: Umformungen unter Verwendung von Einheitstensoren Unter Verwendung des Einheitstensors 2. Stufe, gilt I ·A = A · I = A (T A.2-1) I : A = A : I = tr(A) (T A.2-2) und insbesondere tr(dev(A)) = 0 und tr(I ) = 3. Mit den Definitionen der Einheitstensoren 4. Stufe nach (A.12 bis A.15) ergibt sich infolge der Iden- tita¨ten aus Tabelle A.1 insbesondere auch (I ⊗ I ) : A = A : (I ⊗ I ) = tr(A) I (T A.2-3) II : A = A : II = A (T A.2-4) II t : A = A : II t = AT (T A.2-5) II s : A = A : II s = sym(A) (T A.2-6) A.3 Differentialanalysis A.3.1 Ableitungen und Differentiale Ableitung, Partielle Ableitung Gegeben ist eine Abbildung f : Rm → Rn, sowie eine Stelle x ∈ Rm fu¨r m,n ∈ N. Dann bezeichnet Df(x) die Ableitung von f an der Stelle x und ist gema¨ß f(x+ h)− f(x) = Df(x)[h]+O(h) , fu¨r ( h ∈ Rm, h → 0 ) (A.38) als lineare Abbildung definiert, sofern f an der Stelle x differenzierbar ist. Dies ist der Fall wenn die partiellen Ableitungen Dkfi(x), fu¨r 1 ≤ k ≤ m und 1 ≤ i ≤ n existieren9. In dieser Schreibweise bezeichnet der Index k die k-te Komponente von x. In der Regel wird fu¨r die partielle Ableitung eher die Schreibweise Dkfi(x) ≡ ∂fi(x1, . . . , xk, . . . , xm) ∂xk = ∂xk(fi(x1, . . . , xk, . . . , xm)) (A.39) verwendet, wobei im Sinne der ¨Aquivalenz gewa¨hrleistet sein muss, dass die Komponente xk tatsa¨chlich an der k-ten Stelle von x angeordnet ist. Die Anordnung aller partiellen Ablei- tungen in der Form   D1f1 · · · Dmf1 . . . . . . D1fn · · · Dmfn   (A.40) wird Funktionalmatrix bzw. JACOBI-Matrix genannt. 9Fu¨r die Existenz von Df(x) wird streng genommen neben der Existenz aller partiellen Ableitungen auch die Stetigkeit aller partiellen Ableitungen gefordert, siehe Wu¨st (2002: §17). 155 A. Tensorrechnung Richtungsableitung Die zuvor beschriebene Ableitung stellt eine Ableitung in Richtung aller Koordinatenachsen dar. Nun ist durch ∆x ∈ Rm eine beliebige Richtung angegeben. Dann wird mit D∆xf(x) := limh→0 f(x+ h∆x)− f(x) h (A.41) die Richtungsableitung von f an der Stelle x in Richtung ∆x definiert. Differential Der differentielle Zuwachs einer Gro¨ße F wird durch dF gekennzeichnet. Mit den beispielhaften Abha¨ngigkeiten F = F(x, y, f(x, t)) folgt dann z. B. dF = ∂F∂x dx+ ∂F ∂y dy + ∂F ∂f df ∣∣∣ und df = ∂f∂x dx+ ∂f ∂t dt (A.42a) = ( ∂F ∂x + ∂F ∂f ∂f ∂x︸ ︷︷ ︸ ) dx + ∂F∂y︸︷︷︸ dy + ∂F∂f ∂f ∂t︸ ︷︷ ︸ dt (A.42b) = dFdx dx + dF dy dy + dF dt dt (A.42c) In der letzten Umformung ist ferner die weitere Ableitung dFdx verwendet worden. Diese Ab- leitung beschreibt die ” vollsta¨ndige“ Ableitung von F nach x, d. h. alles was von F nach x abzuleiten geht wird danach abgeleitet. In Abha¨ngigkeit der skalaren Gro¨ße α, der vektorwertigen Gro¨ße a sowie der tensoriellen Gro¨ße 2. Stufe A definieren f(¦), f(¦) bzw. F (¦) entsprechend jeweils (skalar-/ vektor-/ tensor-)wertige (Skalar-/ Vektor-/ Tensor-)Funktionen, so dass die einzelnen Differentiale fer- ner durch die Verknu¨pfungen df(α) = ∂f(α)∂α dα , df(a) = ∂f(a) ∂a · da , df(A) = ∂f(A) ∂A : dA , df(α) = ∂f(α)∂α dα , df(a) = ∂f(a) ∂a · da , df(A) = ∂f(A) ∂A : dA , dF (α) = ∂F (α)∂α dα , dF (a) = ∂F (a) ∂a · da , dF (A) = ∂F (A) ∂A : dA ,    (A.43) bestimmt sind. Algorithmische Ableitung Die algorithmische Ableitung beschreibt nichts anderes als die ” vollsta¨ndige“ Ableitung einer inkrementell, d. h. algorithmisch formulierten Funktionsvor- schrift, und wird mit DF(¦) D• ≡ D•(F(¦)) (A.44) gekennzeichnet. Beispielsweise treten algorithmische Ableitungen bei der Linearisierung von inkrementell formulierten Stoffgleichungen (siehe Kapitel 6) auf. 156 BAM-Dissertationsreihe A. Tensorrechnung A.3.2 Differentialoperatoren Nabla-Operator Der Nabla-Operator wird durch ein fett gestelltes Nabla-Symbol, ∇, ge- kennzeichnet und ist gema¨ß ∇r := ∂∂X = ∂ ∂Xi Ei bzw. ∇c := ∂ ∂x = ∂ ∂xi ei (A.45) definiert. Zur Unterscheidung der jeweiligen Ableitung bezogen entweder auf die Referenz- konfiguration mit dem Ortsvektor X oder auf die Momentankonfiguration mit dem Ortsvektor x sind die entsprechenden Indizes ’r’ bzw. ’c’ eingefu¨hrt. Gradient Der Gradient einer beliebigen Gro¨ße (•) wird durch GRAD(•) ≡ ∇r • := (•)⊗↼∇r bzw. grad(•) ≡ ∇c • := (•)⊗↼∇c (A.46) angegeben und ist als dyadisches Produkt mit dem Nabla-Operator definiert. Der nach links gerichtete Pfeil u¨ber dem Nabla-Operator weist darauf hin, dass die Ableitung auf die links des dyadischen Produktes stehende Gro¨ße angewendet wird. Auch bei der Definition des Gradienten wird durch die entsprechende Schreibweise in (A.46) auf den jeweiligen Bezug entweder auf die Referenz- oder Momentankonfiguration verwiesen. Divergenz Die Divergenz einer Gro¨ße (•) von mindestens 1. Stufe wird durch DIV(•) := ⇀∇r · (•) bzw. div(•) := ⇀∇c · (•) (A.47) angegeben und ist als Einfach-Skalarprodukt Produkt mit dem Nabla-Operator definiert. Der nach rechts gerichtete Pfeil u¨ber dem Nabla-Operator weist darauf hin, dass die Ableitung auf die rechts des Skalarproduktes stehende Gro¨ße angewendet wird. Auch bei der Definition des Divergenz-Operators wird durch die entsprechende Schreibweise in (A.47) auf den jeweiligen Bezug entweder auf die Referenz- oder Momentankonfiguration verwiesen. A.3.3 Ha¨ufig verwendete Ableitungen und Ableitungsregeln Ableitung der Transponierten, Inversen, Invers-Transponierten Die Ableitung eines Tensors 2. Stufe nach einem weiteren Tensor 2. Stufe ergibt stets einen Tensor 4. Stufe. Spe- ziell fu¨r die Ableitung eines Tensors A sowie der Transponierten AT und des symmetrischen Anteils sym(A) nach A gilt ∂A ∂A = II , (A.48) ∂AT ∂A = II t , (A.49) ∂ sym(A) ∂A = II s . (A.50) 157 A. Tensorrechnung Desweiteren folgt fu¨r die Ableitung der Inversen A−1 und Invers-Transponierten A−T nach A unter Verwendung der dyadischen Produkte (A.9) und (A.10) dann ∂A−1 ∂A = −A −1⊕A−1 , (A.51) ∂A−T ∂A = −A −T ¯A−T . (A.52) Ableitung der Invarianten Fu¨r die gema¨ß (A.16) bis (A.18) definierten Invarianten eines Tensors 2. Stufe A gelten fu¨r die Ableitungen nach diesem Tensor dann ∂IA ∂A = I , (A.53) ∂IIA ∂A = A T − tr(A)I , (A.54) ∂IIIA ∂A = det(A)A −T . (A.55) Ableitung der Norm, Deviator, Norm eines Deviators Die Ableitung der Norm eines Ten- sors 2. Stufe gema¨ß der Definition (A.23) liefert ∂||A|| ∂A = ∂√A ··A ∂A = AT ||A|| (A.56) und insbesondere fu¨r symmetrische Tensoren A = AT gilt dann ∂||A|| ∂A = A ||A|| = sgn(A) . (A.57) Desweiteren gilt fu¨r die Ableitung des Deviators sowie der Norm des Deviators eines symme- trischen Tensors A dann auch ∂ dev(A) ∂A = II s − 13I ⊗ I (A.58) sowie ∂||dev(A)|| ∂A = dev(A) ||dev(A)|| : (II s − 13I ⊗ I ) = sgn(dev(A)) (A.59) und ∂sgn(dev(A)) ∂A = 1 ||dev(A)|| ∂ dev(A) ∂A − dev(A) ||dev(A)||2 ⊗ ∂||dev(A)|| ∂A = 1||dev(A)|| ( II s − 13I ⊗ I − sgn(dev(A))⊗ sgn(dev(A)) ) . (A.60) 158 BAM-Dissertationsreihe A. Tensorrechnung Ableitungen des Logarithmus eines Tensors 2. Stufe Nach ˇSilhavy´ (1997: S.16ff) gilt mit Hilfe der Funktionalanalysis fu¨r die Ableitung des Logarithmus eines Tensors A, der gema¨ß der Spektralzerlegung A = III∑ a=I λa la⊗ la (A.61) durch die Eigenwerte λa und Eigenvektoren la angegeben wird, dann ∂lnA ∂A = III∑ a=I III∑ b=I H(λa, λb) la⊗ lb⊗ la⊗ lb (A.62) mit H(λa, λb) =    ln(λa)− ln(λb) λa − λb , fu¨r λa 6= λb 1 λa , fu¨r λa = λb    . (A.63) Einige Ableitungsregeln bei Verwendung von Tensoren 2. Stufe Unter Verwendung des dyadischen Produktes (A.9) gilt beispielsweise ∂(A ·B) ∂A = I ⊕B und ∂(A ·B) ∂B = A⊕ I . (A.64) Viele weitere Ableitungen folgen unter Verwendung der Kettenregel und durch Kombination der zuvor genannten Ableitungen. Beispielsweise folgt die Rate der Inversen Gro¨ße A−1 durch zeitliche Differentiation und Beru¨cksichtigung von (A.51) und den Beziehungen aus Tabelle A.1 dann ˙A−1 ≡ dA −1 dt = ∂A−1 ∂A : dA dt = (−A −1⊕A−1) : A˙ = −A−1 · A˙ ·A−1 (A.65) Ebenso erfolgt beispielsweise die Herleitung der Beziehung (3.32) aus Kapitel 3 infolge der Anwendung der Kettenregel sowie der zuvor beschriebenen Ableitungen zu Σ = −F TP · ∂ψ¯ ∂GP : ∂(F −1 P · F−TP ) ∂FP = −F TP · ∂ψ¯ ∂GP : [(I ⊕F−TP ) : (−F−1P ⊕F−1P ) + (F−1P ⊕ I ) : (−F−TP ¯F−TP ) ] = F TP · ∂ψ¯ ∂GP : [F−1P ⊕GP +GP¯F−TP ] = I · ∂ψ¯∂GP ·GTP + I · ∂ψ¯ ∂GTP ·GP = 2 ∂ψ¯∂GP ·GP . (A.66) Als weitere Anwendung der Ableitungsregeln sind die fu¨r die Bestimmung der 2. PIOLA- KIRCHHOFF-Spannungen S in (3.34) bzw. der Spannung Σ in (3.39) beno¨tigten Ableitungen ∂ln(det(GP·C)) ∂C = 1 det(GP·C) ( det(GP·C)(GP·C)−T ) : (GP⊕ I ) = GTP · (GP·C)−T · IT = C−T = C−1 (A.67) 159 A. Tensorrechnung und ∂ln(det(GP·C)) ∂GP = det(GP·C)(GP·C) −T det(GP·C) : (I ⊕C) = IT · (GP·C)−T ·CT = G−T (A.68) genannt. A.3.4 Materielle Zeitableitung Die materielle Zeitableitung beschreibt die zeitliche ¨Anderung einer Gro¨ße bezu¨glich kon- stanter materieller Koordinaten. Fu¨r eine beliebige Gro¨ße (•) in Abha¨ngigkeit von entweder materiellen oder ra¨umlichen Koordinaten sowie der Zeit gilt dann ˙(•) ≡ d(•)dt := (∂(•) ∂t ) X=konst. =    ∂(•) ∂t , fu¨r (•) = •(X , t) ∂(•) ∂t + grad(•) · v , fu¨r (•) = •(x, t)    , (A.69) wobei v die Geschwindigkeit an diesem Punkt bezeichnet. Fu¨r eine materielle Gro¨ße ent- spricht die materielle Zeitableitung der partiellen Ableitung dieser Gro¨ße nach der Zeit. Fu¨r eine ra¨umliche Gro¨ße muss bei der materiellen Zeitableitung die zeitliche ¨Anderung der ra¨um- lichen Koordinaten mitberu¨cksichtigt werden. Beispielsweise ergibt sich fu¨r die Beschleunigung als Rate der Geschwindigkeit fu¨r die LA- GRANGE’sche Darstellungsform mit materiellen Koordinaten ar(X , t) = v˙r(X , t) = d dt vr(X , t) = ∂vr(X , t) ∂t = ∂ 2ϕ(X , t) ∂t2 , (A.70a) bzw. fu¨r die EULER’sche Darstellungsform mittels ra¨umlicher Koordinaten ac(x, t) = v˙c(x, t) = d dt vc(x, t) = ∂vc(x, t) ∂t + ∂vc(x, t) ∂x · ∂x ∂t = ∂vc(x, t)∂t + grad(vc(x, t)) · vc(x, t) ,(A.70b) wobei natu¨rlich die Beschleunigung als physikalische Gro¨ße in beiden Darstellungsformen a¨quivalent ist, i.e. a = ar(X , t) = ac(x, t) . (A.70c) A.3.5 Materielle Zeitableitung zeitlich vera¨nderlicher Gebietsintegrale Ein zeitlich vera¨nderliches Gebietsintegral F u¨ber eine zeitlich vera¨nderliche Feldfunktion f ist in der Form F(t) = ∫ V(t) fc(x, t) dV (A.71) 160 BAM-Dissertationsreihe A. Tensorrechnung angegeben, wobei alle Punkte des geschlossenen Volumens V = V(t) einer ein-eindeutigen Bewegung gema¨ß (2.1) genu¨gen, i.e. x = ϕ(X ). Insofern kann die Feldfunktion in sowohl materiellen als auch ra¨umlichen Koordinaten f = fr(X , t) = fc(x, t) dargestellt werden. Die materielle Zeitableitung dieses Integrals ergibt sich unter Verwendung der folgenden Um- formungen zu F˙ = ddt [ ∫ V(t) fc(x, t) dV ] = ddt [ ∫ V0 fr(X , t)J dV0 ] (A.72a) = ∫ V0 { dfr(X , t) dt J + fr(X , t) dJ dt } dV0 (A.72b) = ∫ V0 { dfr(X , t) dt + fr(X , t)F −T : F˙ } J dV0 (A.72c) = ∫ V(t) { dfc(x, t) dt + fc(x, t) div(x˙) } dV (A.72d) = ∫ V(t) { f˙ + f div(x˙) } dV . (A.72e) A.4 Objektivita¨t Man betrachtet zwei Beobachter, i.e. zwei kartesische Koordinatensysteme, und die Defor- mation eines Ko¨rpers fu¨r jeden Beobachter: x = ϕ(X , t) und x? = ϕ?(X , t) . (A.73) Beide Koordinatensysteme sind durch eine allgemeine Translation und Rotation gema¨ß x? = c(t) +Q(t) · x (A.74) miteinander verknu¨pft, mit der orthogonalen Eigenschaft des Rotationstensors, Q−1 = QT, sowie Q(0) = I und c(0) = 0 . Gro¨ßen sind dann objektiv, wenn sie die Bedingung    A? = A , fu¨r einen materiellen Tensor 2ter Stufe A A? = Q ·A , fu¨r einen Zweifeld-Tensor A A? = Q ·A ·QT , fu¨r einen ra¨umlichen Tensor 2ter Stufe A a? = a , fu¨r einen materiellen Vektor (Tensor 1ster Stufe) a a? = Q · a , fu¨r einen ra¨umlichen Vektor (Tensor 1ster Stufe) a α? = α , fu¨r einen skalares Feld α (A.75) erfu¨llen. Nachfolgend sind die Eigenschaften einiger verschiedener Gro¨ßen angegeben. Deformations- und Verzerrungsgro¨ßen Der Deformationsgradient ist gema¨ß F ? = GRAD(x?) = Q · GRAD(x) = Q · F (A.76) objektiv. Daraus folgen weitere objektive Beziehungen, z. B. fu¨r den rechten CAUCHY-GREEN- Deformationstensor C? = F ?T · F ? = F T ·QT ·Q · F = F T · F = C (A.77) 161 A. Tensorrechnung oder den linken CAUCHY-GREEN-Deformationstensor B? = F ? · F ?T = Q · F · F T ·QT = Q ·B ·QT (A.78) sowie den GREEN-LAGRANGE-Verzerrungstensor E(G)? = 12(C? − I?) = 12(C − I ) = E(G) (A.79) oder den ALMANSI-EULER-Verzerrungstensor E(A)? = 12(I? − (Q·B ·QT)−1) = 12(Q·QT −Q·B−1·QT) = Q·E(A)·QT . (A.80) Auch die elastischen und inelastischen Anteile dieser Gro¨ßen, resultierend aus der multipli- kativen Zerlegung des Deformationsgradienten (2.18), mit F ? = F ?E · F ?P , mit F ?E = Q · FE und F ?P = FP (A.81) sind objektiv. Deformations- und Verzerrungsraten Fu¨r die Rate des Deformationsgradienten folgt durch zeitliche Differentiation von (A.76) die Beziehung F˙ ? = ddt(Q·F ) = Q·F˙ + Q˙·F . (A.82) Damit folgt weiter aufgrund von C˙? = F˙ ?T·F + F T·F˙ ? = (F˙ T·QT + F T·Q˙T)·Q·F + F T·QT·(Q˙·F +Q·F˙ ) = F˙ T·F + F T·F˙ + F T·(Q˙T·Q+QT·Q˙)·F = C˙ , (A.83) die objektive Eigenschaft des rechten CAUCHY-GREEN-Deformationstensors, wobei die Iden- tita¨t ddt(QT·Q) = Q˙T·Q+QT·Q˙ = 0 bei der Herleitung verwendet wurde. Ebenso sind die elastischen sowie plastischen Anteile, C˙?E = C˙E und C˙?P = C˙P objektiv. Außerdem gilt auch E˙(G)? = 12C˙? = 12C˙ = E˙(G) . (A.84) Der ra¨umliche Geschwindigkeitsgradient erfu¨llt aufgrund von L? = F˙ ?·F−1? = (Q·F˙ + Q˙·F )·(F−1·QT) = Q·L·QT + Q˙·QT (A.85) ebenso wenig die Objektivita¨tsbedingung wie der antimetrische Anteil des Geschwindigkeits- gradienten W ? = 12 (L? −L?T) = Q·W ·QT + Q˙·QT . (A.86) Hingegen ist der symmetrische Anteil des Geschwindigkeitsgradienten, i.e. der Deformati- onsgeschwindigkeitstensor D? = 12 (L? +L?T) = Q·D·QT , (A.87) objektiv. 162 BAM-Dissertationsreihe A. Tensorrechnung Spannungen und Spannungraten Sa¨mtliche Spannungsgro¨ßen sind objektiv, T ? = Q · T ·QT , K? = Q ·K ·QT , P ? = Q · P , S? = S , (A.88) allerdings nicht alle Spannungsraten. Die materielle Zeitableitung der CAUCHY-Spannungen stellt beispielsweise gema¨ß T˙ ? = ddt (Q · T ·QT) = Q · T˙ ·QT + Q˙ · T ·QT +Q · T · Q˙T (A.89) keine objektive Gro¨ße dar. Es la¨sst sich leicht zeigen, dass jedoch die gema¨ß TOJ := T˙ −W · T − T ·W T (JAUMANN-Rate) (A.90a) TOT := J−1K˙ −L · T − T ·LT (TRUESDELL-Rate) (A.90b) TOG := T˙ − (R˙ ·RT) · T − T · (R · R˙T) (GREEN-NAGHDI-Rate) (A.90c) definierten Gro¨ßen objektive Spannungsraten darstellen, mit dem Drehgeschwindigkeitsten- sor W , dem ra¨umlichen Geschwindigkeitsgradienten L und dem Rotationstensor der po- laren Zerlegung R, sowie mit J−1K˙ = T˙ + div(v)T . Auch die Rate der zweiten PIOLA- KIRCHHOFF-Spannung, S˙? = ddt (S?) = ddt (S) = S˙ (A.91) sowie die Rate der auf die Zwischenkonfiguration bezogenen zweiten PIOLA-KIRCHHOFF- Spannung, ˙˜S ? = ddt (F ?P · S? · F ?TP ) = ddt (FP · S · F TP ) = ˙˜S (A.92) sind objektive Spannungsraten. 163 B. Relevante Ableitungen zur Bildung der Materialtangenten B Relevante Ableitungen zur Bildung der Materialtangenten Es gilt P = K ·F−T ⇒ D•(P ) = ∂(K ·F −T) ∂K : D•(K) + ∂(K ·F−T) ∂F−T : ∂F−T ∂F : D•(F ) = (I ⊕F−T) : D•(K) + (K ⊕ I ) : (−F−T ¯F−T) : D•(F ) = (I ⊕F−T) : D•(K)− (P ¯F−T) : D•(F ) . (B.1) Der erste Summand in (B.1) wird nicht weiter umgeformt, da es sich im Rahmen der ¨Uberfu¨hrung in die VOIGT-Schreibweise anbietet, ihn in dieser Form zu belassen. Mit (6.46) und (2.78) folgt ∂2ψ ∂lnV 2E = (1− d)CI E , (B.2) ∂2ψ ∂lnVE∂θ = −(1− d)3κrαθr I , (B.3) ∂2ψ ∂lnVE∂d = −K/(1− d) = −Keff . (B.4) Algorithmische Ableitungen nach F (T 5.2-1) ⇒ DF (trllnVE) = ∂ 12 ln ( t+∆tF · tGP · t+∆tF ) ∂( t+∆tF · tGP · t+∆tF ) : ∂ ( t+∆tF · tGP · t+∆tF ) ∂F = 12 [∂ln(trlBE) ∂trlBE ] : [( (I ⊕F T) + (F ¯ I ) ) · tGP ] (B.5) mit trlBE = t+∆tF · tGP · t+∆tF und mit der Ableitung des Logarithmus gema¨ß (A.62). (T 5.2-5) ⇒ DtrllnVE(trlσveff ) = 2µr √ 3/2 ∂ ∣∣∣∣dev(trllnVE) ∣∣∣∣ ∂trllnVE = 2µr √ 3/2 sgn(dev(trllnVE)) = 2µr √ 3/2 trlN (B.6) (T 5.2-6) ⇒ DtrllnVE(trlN ) = ∂sgn(dev(trllnVE)) ∂trllnVE = 1∣∣∣∣dev(trllnVE) ∣∣∣∣ ( II s − 13I ⊗ I − trlN⊗ trlN ) (B.7) (T 5.2-7) ⇒ DtrllnVE(t+∆tlnVE) = ∂t+∆tlnVE ∂trllnVE −∆γ √ 3 2 ∂t+∆tlnVE ∂trlN : DtrllnVE( trlN ) = II s −∆γ √ 3 2 ( II s − 13I ⊗ I − trlN⊗ trlN ) ∣∣∣∣dev(trllnVE) ∣∣∣∣ = II s − 3µr∆γtrlσveff ( II s − 13I ⊗ I − trlN⊗ trlN ) (B.8) 164 BAM-Dissertationsreihe B. Relevante Ableitungen zur Bildung der Materialtangenten und somit schließlich ⇒ DF (t+∆tlnVE) = ( II s − 3µr∆γtrlσveff ( II s− 13 I⊗I−trlN⊗ trlN )) : DF (trllnVE) . (B.9) (T 5.2-9) ⇒ DF (t+∆tσveff ) = ∂t+∆tσveff ∂trlσveff DtrllnVE(trlσveff ) : DF (trllnVE) = 2µr √ 3/2 trlN : DF (trllnVE) (B.10) (T 5.2-10) ⇒ DF (t+∆tθ) = ∂ t+∆tθ ∂t+∆tσveff DF (t+∆tσveff ) = ( βr %rcθr (1− trld)∆γ 2µr √ 3/2 trlN ) : DF (trllnVE) (B.11) wobei der Klammerausdruck eben genau die Ableitung DtrllnVE(t+∆tθ) bezeichnet. (T 5.2-11) ⇒ DF (t+∆tσhyd eff ) = ∂t+∆tσhyd eff ∂trllnVE : DF (trllnVE) + ∂t+∆tσhyd eff ∂t+∆tθ DF ( t+∆tθ) = (3λr+2µr) ( 1 3I − αθrDtrllnVE(t+∆tθ) ) : DF (trllnVE) (B.12) (T 5.2-12) ⇒ DF (t+∆tσ¯trx) = ∂t+∆tσ¯trx ∂t+∆tσhyd eff DF (t+∆tσhyd eff ) + ∂t+∆tσ¯trx ∂t+∆tσveff DF (t+∆tσveff ) = 1t+∆tσveff ( DF (t+∆tσhyd eff )− t+∆tσ¯trxDF (t+∆tσveff ) ) (B.13) (T 5.2-14) ⇒ DF (t+∆ts) = ∂ t+∆ts ∂t+∆tεf ( ∂εf ∂σ¯trx DF (t+∆tσ¯trx) + ∂εf ∂θ DF ( t+∆tθ) ) = − ∆γDc(t+∆tεf)2 ( ∂εf ∂σ¯trx DF (t+∆tσ¯trx) + ∂εf ∂θ DF ( t+∆tθ) ) (B.14) mit ∂εf ∂σ¯trx = ( D2D3 exp {D3 σ¯trx })(1 +D4ln (1 + γ˙ε˙0 ))(1 +D5T (θ) ) (B.15) ∂εf ∂γ˙ = ( D1 +D2 exp {D3 σ¯trx }) D4 ε˙0 + γ˙ ( 1 +D5T (θ) ) (B.16) ∂εf ∂θ = ( D1 +D2 exp {D3 σ¯trx })(1 +D4ln (1 + γ˙ε˙0 )) D5 θM − θR (B.17) 165 B. Relevante Ableitungen zur Bildung der Materialtangenten so dass aus (T 5.2-15) schließlich ⇒ DF (t+∆td) = −Dw(t+∆ts)Dw−1 ∆γDc(t+∆tεf)2 ( ∂εf ∂σ¯trx DF (t+∆tσ¯trx) + ∂εf ∂θ DF ( t+∆tθ) ) (B.18) folgt. Mit der lokalen Residuumsgleichung fu¨r r(i) gema¨ß (T 5.3-9) folgt dann letztendlich auch ⇒ DF (r(i)) = ( ∂r(i) ∂t+∆tσ(i)veff + ∂r (i) ∂t+∆tθ(i) ∂t+∆tθ(i) ∂t+∆tσ(i)veff ) DF (t+∆tσ(i)veff ) (B.19) mit ( ∂r(i) ∂t+∆tσ(i)veff + ∂r (i) ∂t+∆tθ(i) ∂t+∆tθ(i) ∂t+∆tσ(i)veff ) = 1 + (A+B(ε(i)vP )n )(1 + Cln(1 + ε˙(i)vP /ε˙0) )m(T (i))m−1 θM − θR βr %rcθr (1− trld)∆γ (B.20) und DF (t+∆tσ(i)veff ) = DF (trlσveff ) = 2µr √ 3/2 trlN : DF (trllnVE) . (B.21) Algorithmische Ableitungen nach γ Wie aus Gleichungen (T 5.2-1) bis (T 5.2-6) direkt zu erkennen ist, sind die vorgescha¨tzten Zustandsgro¨ßen nicht von t+∆tγ abha¨ngig. Mit ∆γ = t+∆tγ − tγ ⇒ Dγ (∆γ) = 1 (B.22) gilt dann fu¨r die relevanten Gro¨ßen zum Zeitpunkt t+∆t: (T 5.2-7) ⇒ Dγ (t+∆tlnVE) = trllnVE − √ 3/2 trlN (B.23) (T 5.2-9) ⇒ Dγ (t+∆tσveff ) = −3µr (B.24) (T 5.2-10) ⇒ Dγ (t+∆tθ) = βr%rcθr (1− trld) ( t+∆tσveff − 3µr ) (B.25) (T 5.2-11) ⇒ Dγ (t+∆tσhyd eff ) = −(3λr+2µr)αθr Dγ (t+∆tθ) (B.26) (T 5.2-12) ⇒ Dγ (t+∆tσ¯trx) = 1 t+∆tσveff ( Dγ (t+∆tσhyd eff )− t+∆tσ¯trxDγ (t+∆tσveff ) ) = 1t+∆tσveff ( 3µr t+∆tσ¯trx − (3λr+2µr)αθr Dγ (t+∆tθ) ) (B.27) 166 BAM-Dissertationsreihe B. Relevante Ableitungen zur Bildung der Materialtangenten (T 5.2-14) ⇒ Dγ (t+∆ts) = Dct+∆tεf − ∆γDc(t+∆tεf)2 ( ∂εf ∂σ¯trx Dγ (t+∆tσ¯trx) + ∂εf ∂γ˙ Dγ ( t+∆tγ˙) + ∂εf∂θ Dγ ( t+∆tθ) ) (B.28) mit Dγ (t+∆tγ˙) = 1/∆t und den partiellen Ableitungen darin gema¨ß (B.15 bis B.17), so dass aus (T 5.2-15) letztendlich ⇒ Dγ (t+∆td) = Dw(t+∆ts)Dw−1 Dct+∆tεf ( 1− ∆γt+∆tεf ( ∂εf ∂σ¯trx Dγ (t+∆tσ¯trx) + 1 ∆t ∂εf ∂γ˙ +∂εf∂θ Dγ ( t+∆tθ) )) (B.29) folgt. 167 C. FE-Netze C FE-Netze Bild C.1: Verwendete Diskretisierungen der Zugscheibe ohne anfa¨ngliche Imperfektionen aus Ab- schnitt 8.3.1 168 BAM-Dissertationsreihe C. FE-Netze Bild C.2: Verwendete Diskretisierungen der Zugscheibe mit seitlich versetzten Kerben aus Ab- schnitt 8.3.2 169 C. FE-Netze Bild C.3: Verwendete Diskretisierungen der ebenen Problemstellung unter Druckbelastung aus Ab- schnitt 8.4 170 BAM-Dissertationsreihe Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis 1.1 Adiabatische Scherba¨nder in Metallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2.1 Bewegung eines Kontinuums von der Referenz- in die Momentankonfiguration 10 2.2 Polare Zerlegung des Deformationsgradienten in einen Rotations- und Streckungsanteil mit Angabe der jeweiligen Komponenten und Basen eines Vektordifferntials . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.3 Multiplikative Zerlegung des Deformationsgradienten in einen elastischen und plastischen Anteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.4 Kraftvektor am virtuellen Schnittufer des verformten Kontinuums und CAUCHY’- sches Spannungstetraheder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.1 Prinzipielles Spannungs- plastisches Dehnungsverhalten von Metallen fu¨r ver- schiedene isotherme Zusta¨nde und unterschiedliche, konstante Dehnraten . . 30 3.2 Pha¨nomenologische Beschreibung duktiler Scha¨digung . . . . . . . . . . . . 38 3.3 Einfluss der Mehrachsigkeit, plastischen Dehnrate und Temperatur auf die a¨quivalente Versagensdehnung nach JOHNSON & COOK . . . . . . . . . . . . 40 3.4 Spannungs- plastisches Dehnungs Verhalten sowie Entwicklung der Tempera- tur und Scha¨digung fu¨r das lokale JOHNSON & COOK-Modell bei unterschiedli- chen, konstanten plastischen Dehnraten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3.5 Verzweigungsproblem infolge unterschiedlicher Strukturdiskretisierung . . . . 43 4.1 Wichtungsfunktionen von Integralansa¨tzen fu¨r ndim = 1 . . . . . . . . . . . . 47 4.2 Statistisch verteilte und geometrisch notwendige Versetzungsdichten infolge plastischer Deformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 4.3 Die GREEN-Funktion der HELMHOLTZ-Gleichung fu¨r ndim = 1 und unbegrenz- ter Intervallla¨nge im Vergleich zu der GAUSS-Verteilung . . . . . . . . . . . . 51 5.1 Einteilung der Zeitachse in finite Zeitinkremente . . . . . . . . . . . . . . . . 58 6.1 Ortsdiskretisierung der Struktur im Rahmen der FEM . . . . . . . . . . . . . . 69 6.2 Vierknotiges Element in physikalischen und natu¨rlichen Koordinaten . . . . . . 73 6.3 Das nicht-lokale Lo¨sungsfeld fu¨r eindimensionale Problemstellungen mit star- kem Gradienten des lokalen Feldes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 7.1 Ausbreitung einer zum Zeitpunkt t◦ an der Stelle X◦ eines eindimensionalen Kontinuums eingeleiteten Sto¨rung fu¨r verschiedene Parameterwerte . . . . . . 90 7.2 Eindimensionale Betrachtung verschiedener Belastungsarten . . . . . . . . . 93 7.3 Spannungs-Dehnungs Verhalten des lokalen JOHNSON & COOK-Modells bei ausschließlicher Temperaturentfestigung und unterschiedlichen, konstanten plastischen Dehnraten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 171 Abbildungsverzeichnis 7.4 Die dominante Wachstumsrate der Sto¨rung in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl fu¨r das lokale JOHNSON & COOK-Modell bei konstanter plastischer Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließlicher Temperaturentfestigung zu unterschiedli- chen Zeitpunkten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 7.5 Der Realteil der Wellenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelgeschwindig- keit fu¨r das lokale JOHNSON & COOK-Modell bei einer konstanten plastischen Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließlicher Temperaturentfestigung zu unterschiedlichen Zeitpunkten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 7.6 Der Imagina¨rteil der Wellenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelgeschwindig- keit fu¨r das lokale JOHNSON & COOK-Modell bei einer konstanten plastischen Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließlicher Temperaturentfestigung zu unterschiedlichen Zeitpunkten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 7.7 Die Wellenausbreitungsgeschwindigkeiten in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl fu¨r das lokale JOHNSON & COOK-Modell bei einer konstanten plastischen Dehn- rate von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließlicher Temperaturentfestigung zu unter- schiedlichen Zeitpunkten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 7.8 Die innere La¨nge des lokalen, ratenabha¨ngigen JOHNSON & COOK-Modells fu¨r unterschiedliche plastische Dehnraten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 7.9 Einfluss der Dehnraten abha¨ngigen Materialparamter auf die innere La¨nge des lokalen JOHNSON & COOK-Modells. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 7.10 Spannungs-Dehnungs Verhalten des lokalen Riss-Modells mit linearer Dehnra- tenverfestigung bei unterschiedlichen, konstanten Raten der Gesamtverzerrung.108 7.11 Entwicklung der plastischen Dehnrate fu¨r das lokale Riss-Modell mit linearer Dehnratenverfestigung bei unterschiedlichen, konstanten Raten der Gesamt- verzerrung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 7.12 Die dominante Wachstumsrate der Sto¨rung in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl fu¨r das lokale Riss-Modell mit linearer Dehnratenverfestigung. . . . . . . . . . . . 108 7.13 Der Realteil der Wellenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelgeschwindigkeit fu¨r das lokale Riss-Modell mit linearer Dehnratenverfestigung. . . . . . . . . . 109 7.14 Der Imagina¨rteil der Wellenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelgeschwindig- keit fu¨r das lokale Riss-Modell mit linearer Dehnratenverfestigung. . . . . . . . 109 7.15 Die Wellenausbreitungsgeschwindigkeiten in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl fu¨r das lokale Riss-Modell mit linearer Dehnratenverfestigung. . . . . . . . . . . . 109 7.16 Bereich stabiler Lo¨sungen bei Entfestigung in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl und des nicht-lokalen Parameters fu¨r ein ratenunabha¨ngiges Modell der Gradienten-Plastizita¨t. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 7.17 Die Wellenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelgeschwindigkeit fu¨r ein rate- nunabha¨ngiges Modell der Gradienten-Plastizita¨t. . . . . . . . . . . . . . . . 113 7.18 Die Wellenausbreitungsgeschwindigkeiten in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl fu¨r ein ratenunabha¨ngiges Modell der Gradienten-Plastizita¨t. . . . . . . . . . . . 113 172 BAM-Dissertationsreihe Abbildungsverzeichnis 7.19 Die dominante Wachstumsrate der Sto¨rung in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl fu¨r das nicht-lokale JOHNSON & COOK-Modell bei konstanter plastischer Dehnra- te von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließlicher Temperaturentfestigung zu unter- schiedlichen Zeitpunkten und unterschiedlichen nicht-lokalen Parametern. . . 118 7.20 Der Realteil der Wellenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelgeschwindig- keit fu¨r das nicht-lokale JOHNSON & COOK-Modell bei einer konstanten plasti- schen Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließlicher Temperaturentfesti- gung zum Zeitpunkt t◦ = tˆ und unterschiedlichen nicht-lokalen Parametern. . 119 7.21 Der Imagina¨rteil der Wellenzahl in Abha¨ngigkeit der Wellenwinkelgeschwindig- keit fu¨r das nicht-lokale JOHNSON & COOK- Modell bei einer konstanten plasti- schen Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließlicher Temperaturentfesti- gung zum Zeitpunkt t◦ = tˆ und unterschiedlichen nicht-lokalen Parametern. . 119 7.22 Die Wellenausbreitungsgeschwindigkeiten in Abha¨ngigkeit der Wellenzahl fu¨r das nicht-lokale JOHNSON & COOK-Modell bei einer konstanten plastischen Dehnrate von ε˙P = 10+3 1/s und ausschließlicher Temperaturentfestigung zum Zeitpunkt t◦ = tˆ und unterschiedlichen nicht-lokalen Parametern. . . . . 119 7.23 Die innere La¨nge des nicht-lokalen JOHNSON & COOK-Modells im zeitlichen Verlauf und in Abha¨ngigkeit des nicht-lokalen Parameters fu¨r verschiedene, konstant angenommene plastische Dehnraten. . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 7.24 Das Verha¨ltnis der inneren La¨nge zu dessen Maximum im zeitlichen Verlauf fu¨r verschiedene Werte des nicht-lokalen Parameters. . . . . . . . . . . . . . . . 121 7.25 Dehnratenabha¨ngigkeit der (skalierten) inneren La¨nge fu¨r verschiedene Werte des nicht-lokalen Parameters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 8.1 Skizze der Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 8.2 Entwicklung des Spannungsprofils fu¨r den Anfangs-Zeitbereich bis t = 6µs . . 126 8.3 Entwicklung des ra¨umlichen Verlaufs der lokalen, inelastischen Vergleichsdeh- nung fu¨r den gesamten Zeitbereich bis zum Versagen, fu¨r `h = 111µm . . . . 127 8.4 Abha¨ngigkeit der plastischen Vergleichsdehnung des lokalen Modells von der Diskretisierung zum jeweiligen Versagenszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . 127 8.5 Spannungs- logarithmische Dehnungs Diagramme zweier unterschiedlicher Punkte des Kontinuums sowie fu¨r verschiedene Diskretisierungen . . . . . . . 128 8.6 Entwicklung der inneren La¨nge des lokalen Modells fu¨r den Zeitbereich bis zum Beginn der Lokalisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 8.7 Einfluss des nicht-lokalen Parameters auf die Verteilung der akkumulierten pla- stischen Vergleichsdehnung bei einer Diskretisierung von `h = 111µm . . . . 130 8.8 Einfluss des nicht-lokalen Parameters auf das Last-Verformungs Verhalten bei einer Diskretisierung von `h = 111µm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 8.9 Verteilung des akkumulierten plastischen Vergleichsdehnungsfeldes γ zum Zeitpunkt des Versagens fu¨r verschiedene Diskretisierungen unter Verwen- dung des nicht-lokalen Parameters mit √c¯r = 50µm . . . . . . . . . . . . . . 132 173 Abbildungsverzeichnis 8.10 Einfluss des nicht-lokalen Parameters auf die Lokalisierungsbreite . . . . . . . 133 8.11 Auswertung des Verlaufs der inneren La¨ngen des lokalen und nicht-lokalen, eindimensionalen JOHNSON & COOK-Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 8.12 Skizze der Zugscheibe im EVZ ohne anfa¨ngliche Imperfektionen . . . . . . . 134 8.13 Ausbildung von Scherba¨ndern in der Zugscheibe als typische Form der Defor- mationslokalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 8.14 Scha¨digungsverteilung in der Mitte der Zugscheibe fu¨r das lokale und nicht- lokale Modell infolge unterschiedlicher Diskretisierungen . . . . . . . . . . . . 136 8.15 Skizze der Zugscheibe mit seitlich versetzten Kerben . . . . . . . . . . . . . . 137 8.16 Last-Verschiebungs-Diagramm fu¨r unterschiedliche Entfestigungsmodellierun- gen des lokalen Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 8.17 Die berechnete Temperaturverteilung in der Probe infolge unterschiedlicher Entfestigungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 8.18 Verteilung der Spannungsmehrachsigkeit in der Probe kurz vor Lastabfall . . . 139 8.19 Reaktionskraft-Zeit Verla¨ufe fu¨r das lokale und nicht-lokale Modell bei verschie- denen Diskretisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 8.20 Vergleich der Netzabha¨ngigkeit anhand der akkumlierten plastischen Ver- gleichsdehnung fu¨r das lokale und nicht-lokale Modell . . . . . . . . . . . . . 141 8.21 Skizze der untersuchten Problemstellung unter Druckbelastung . . . . . . . . 142 8.22 Reaktionskraft-Zeit Verla¨ufe fu¨r das lokale und nicht-lokale Modell bei verschie- denen Diskretisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 8.23 Vergleich der Netzabha¨ngigkeit der Ergebnisse anhand der Verteilung der ak- kumulierten plastischen Vergleichsdehnung, der Scha¨digung sowie der Tem- peratur fu¨r das lokale und nicht-lokale Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 C.1 Verwendete Diskretisierungen der Zugscheibe ohne anfa¨ngliche Imperfektio- nen aus Abschnitt 8.3.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 C.2 Verwendete Diskretisierungen der Zugscheibe mit seitlich versetzten Kerben aus Abschnitt 8.3.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 C.3 Verwendete Diskretisierungen der ebenen Problemstellung unter Druckbela- stung aus Abschnitt 8.4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 174 BAM-Dissertationsreihe Tabellenverzeichnis Tabellenverzeichnis 2.1 Beziehungen zwischen den Spannungstensoren . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3.1 Zusammenfassung des lokalen ARWPs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 4.1 Zusammenfassung des nicht-lokalen ARWPs der Thermoelasto−Gradienten- Thermoviskoplastizita¨t . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 5.1 Standardformen des NEWMARK-Integrationsverfahrens . . . . . . . . . . . . . 66 5.2 Zusammenfassung des Spannungsalgorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 5.3 Bestimmung des lokalen Dehnungsinkrements ∆εvP und des plastischen Kor- rektors ∆p . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 6.1 Integrationsstu¨tzstellen und Wichtungswerte nach GAUSS . . . . . . . . . . . 74 6.2 Einbindung der eigenen Elementformulierung in die Berechnung . . . . . . . . 83 6.3 Verwendung unterschiedlicher Lo¨sungsalgorithmen . . . . . . . . . . . . . . 84 6.4 Verwendung des fu¨r jedes Feld getrennten Konvergenzkriteriums . . . . . . . 86 8.1 Materialkennwerte und Parameter des JOHNSON & COOK-Modells fu¨r INCO- NEL 718 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 A.1 Einige Identita¨tsbeziehungen unter Verwendung von Tensoren 2. Stufe. . . . . 154 A.2 Umformungen unter Verwendung von Einheitstensoren . . . . . . . . . . . . . 155 175 Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis ABU AL-RUB, R. K. UND G. Z. VOYIADJIS (2006). A physically based gradient plasticity theory. International Journal of Plasticity 22(4), 654–684. AIFANTIS, E. C. (1984). On the Microstructural Origin of Certain Inelastic Models. Journal of Engineering Materials and Technology 106, 326–330. AIFANTIS, E. C. (1992). On the role of gradients in the localization of deformation and fracture. International Journal of Engineering Science 30(10), 1279–1299. ALLIX, O. (2007). Personal communication, Nantes, Frankreich. ANAND, L., K. H. KIM UND T. G. SHAWKI (1987). Onset of shear localization in viscoplastic solids. Journal of the Mechanics and Physics of Solids 35(4), 407–429. ARMERO, F. (2002). Structural Mechanics. Vorlesungsskript zu CE232, University of Califor- nia at Berkeley, Dept. of Civil Engineering, SEMM. ARNDT, S. (2000). 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Daru¨ber hinaus danke ich besonders Prof. Bob Svendsen fu¨r seine fachliche Unterstu¨tzung und Betreuung und fu¨r unsere zahlreichen Diskussionen u¨ber die verschiedenen Aspekte und Details dieser Arbeit. Bei Prof. Klaus Thermann bedanke ich mich fu¨r die ¨Ubernahme des Vor- sitzes der Pru¨fungskommission und bei Prof. Andreas Menzel fu¨r sein entgegengebrachtes Interesse und anregenden Bemerkungen zu dieser Arbeit. Meinen Kollegen an der BAM, insbesondere Georgia Ku¨necke, Dr. Rainer Sievert, Mirjana Zelewski, Dr. Bernard Fedelich, Cetin Haftaoglou, Dieter Noack, Yusuf Kiyak und Arno Eberle sowie Ricarda Brandt, danke ich fu¨r die freundliche Arbeitsatmospha¨re und gute Zusammen- arbeit. Daru¨ber hinaus danke ich Dr. Rainer Sievert fu¨r seine Hinweise und Euphorie zu dem Thema dieser Arbeit. Ebenso danke ich Dr. Frederik Reusch, Kai Singh und Dr. Vladislav Levkovitsch sowie Thorsten Hoffmann fu¨r den sta¨ndigen Gedankenaustausch, die Hilfestel- lungen und sa¨mtlichen Diskussionen. Meinen weiteren Kollegen an der Universita¨t Dortmund, insbesondere Christian Hortig, Jaan Unger, Tobias Kayser und Wang Xian danke ich fu¨r die nette Zeit auf Dienstreisen und Tagungen sowie Kerstin Walter und Christine Vu fu¨r ihre or- ganisatorische Hilfe zum Ende meiner Dissertation. Nicht zuletzt danke ich den vielen Leh- rern wa¨hrend meiner Studien in Berkeley und Bochum fu¨r die gute fachliche Ausbildung und Fo¨rderung; speziell Dr. Holger Karutz fu¨r seine vielen motivierenden Anregungen und Ideen sowie Dr. Stefan Grasberger fu¨r seine fachliche Fo¨rderung und Freundschaft. In ganz besonderer Weise danke ich Stella Schmid, die mich nicht nur wa¨hrend der Zeit dieser Arbeit begleitet sowie hilfreich unterstu¨tzt und motiviert hat, sondern fortwa¨hrend mein Leben mit Ihrer Anteilnahme, Ihrem Versta¨ndnis und Vertrauen, Ihrem Zuho¨ren und kritischen Hinterfragungen, mit Ihrer Impulsivita¨t und Emotionalita¨t sowie dank der vielen Momente ge- teilter Freude und durch das gemeinsame Schmieden neuer Ziele und Pla¨ne stets wunderbar bereichert. Weiter danke ich meinen Eltern Marion und Franz-Josef Flatten fu¨r Ihre Unterstu¨tzung und die zusammen mit meinem Großonkel August Flatten gestaltete Ermo¨glichung meines Studi- ums, meinem Bruder Christoph Flatten fu¨r seine Unterstu¨tzung sowie meiner Tante Roswitha Flatten fu¨r Ihre stets herzlichen Briefe und Wu¨nsche. Daru¨ber hinaus danke ich Familie Reni und Stefan Schmid und Familie Susanne und Franz Mittelviefhaus sowie Dr. Heribert Schmid fu¨r die offene und herzliche Einbeziehung in ihr Familienleben. Johannes Reichert und Hen- drik Wobben mo¨chte ich fu¨r ihre langja¨hrige Freundschaft danken, sowie Johannes Ru¨hl, Thorsten Falk und Kerstin Bu¨ttner mit Lotta sowie Verena Bu¨ttner, Stephan Velten und Lisa Neumann, Volker Hecht, Markus Gebhardt, Uwe Popall und Lydia Reich, Maja Schupfner und Christian Hanke fu¨r eine herrliche Zeit in Berlin und die vielen gemeinsamen Unternehmun- gen. Ebenso bedanke ich mich bei Daniel Hurtardo fu¨r seine Unterstu¨tzung und Freundschaft. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Dokotorandenprogramm der BAM danke ich fu¨r die Finanzierung dieser Arbeit. 186 BAM-Dissertationsreihe Lebenslauf Personalien Familienname: Flatten Vornamen: Arnd Dietmar Geburtsdatum und -ort: 8. Juni 1976 in Bochum Nationalita¨t: Deutsch Akademische Ausbildung 1986 – 1995 Hellweg-Schule, Sta¨dtisches Gymnasium in Bochum, Abitur (06/1995) 1996 – 2001 Studium Bauingenieurwesen an der Ruhr-Universita¨t Bochum, Diplom-Ingenieur (03/2001) 2001 – 2002 Studium Bauingenieurwesen an der University of California at Berkeley, USA, Master of Science (05/2002) 2002 – 2007 Wissenschaftlicher Angestellter an der Bundesanstalt fu¨r Materialforschung und -pru¨fung (BAM) Berlin, in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl fu¨r Mechanik, Fakulta¨t fu¨r Maschinenbau der Universita¨t Dortmund 187 ∗ F~