Zuarbeiten zu Forschungsprojekten Anja J. Lorenz, Johannes Weyer (Hrsg.) FAHRERASSISTENZSYSTEME UND INTELLIGENTE VERKEHRSSTEUERUNG SOZIOLOGISCHE ANALYSEN HOCH AUTOMATISIERTER VERKEHRSSYSTEME Soziologisches Arbeitspapier Nr. 21/2008 Herausgeber Prof. Dr. H. Hirsch-Kreinsen Prof. Dr. J. Weyer ISSN 1612-5355 Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung Soziologische Analysen hoch automatisierter Verkehrssysteme Anja J. Lorenz u. Johannes Weyer (Hrsg.) Arbeitspapier Nr. 21 (Juni 2008) Herausgeber: Prof. Dr. Hartmut Hirsch-Kreinsen Prof. Dr. Johannes Weyer Lehrstuhl Wirtschafts- und Industriesoziologie Fachgebiet Techniksoziologie is@wiso.tu-dortmund.de johannes.weyer@tu-dortmund.de www.wiso.tu-dortmund.de/IS www.wiso.tu-dortmund.de/TS Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät Technische Universität Dortmund D-44221 Dortmund Ansprechpartnerin: Dipl.-Päd. Martina Höffmann, e-mail: martina.hoeffmann@tu-dortmund.de Die Soziologischen Arbeitspapiere erscheinen in loser Folge. Mit ihnen werden Aufsätze (oft als Preprint), sowie Projektberichte und Vorträge publiziert. Die Arbeitspapiere sind daher nicht unbedingt endgültig abgeschlossene wissen- schaftliche Beiträge. Sie unterliegen jedoch in jedem Fall einem internen Verfahren der Qualitätskontrolle. Die Reihe hat das Ziel, der Fachöffentlichkeit soziologische Arbeiten aus der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Technischen Universität Dortmund vorzustellen. Anregungen und kritische Kommentare sind nicht nur willkommen, sondern ausdrücklich erwünscht. Inhalt Vorwort ............................................................................................ 3 Die Vision des autonomen Fahrens 1 Die Genese der Vision des autonomen Fahrens Anja J. Lorenz und Ella Mouget ......................................................... 5 Rekonstruktion der Entwicklung ausgewählter Fahrerassistenzsysteme 2 Fahrerassistenzsysteme zur Unterstützung der aktiven Sicherheit in PKW Michael Sonderhüsken ....................................................................19 3 Fahrerassistenzsysteme und „intelligenter“ Straßenverkehr Anna Patricia Moik ..........................................................................27 4 Innovationsmanagement und strategisches Vorgehen der Hersteller bei der Produktentwicklung von Fahrerassistenzsystemen in der Automobilindustrie Wen Qu .........................................................................................41 Rekonstruktion der Entwicklung von Konzepten und Modellen der "intelligenten" Verkehrssteuerung 5 Telematik-Konzepte Tobias Gerwin ................................................................................53 6 Entstehung und Entwicklung erster Verkehrstelematik-Lösungen sowie Einsatz zentraler Verkehrstelematik-Konzepte Jens Kroniger .................................................................................67 7 Car2Car-Kommunikation Fabian Lücke..................................................................................81 Satellitennavigationssystem Galileo 8 Das Satellitennavigationssystem Galileo Markus Schröder ............................................................................97 Literatur ........................................................................................103 Register .........................................................................................115 2 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 3 Vorwort Die vergangenen Jahre sind geprägt durch das Vordringen smarter Technik und die Durchdringung der Gesellschaft mit autonomer Technik. Diese Entwicklung führt zur Veränderung der Gesellschaft und ihrer Infrastruktursysteme wie zum Beispiel dem System des Verkehrs. Bereits seit einigen Jahren befinden sich vollautomatische U-Bahnen und Hochbahnen im Einsatz, was zu einem Wandel des Personennahverkehrs geführt hat. Dieser Transformationsprozess umschließt darüber hinaus auch das System des Straßenverkehrs. So könnte die Zukunft durch autonome Fahrzeuge geprägt sein, die selbsttätig ihre Route finden können und zudem ein hohes Maß an Sicherheit bieten. Erste Prototypen diesen neuen Automobiltypus existieren bereits. Zwar wirken Versuchsfahrzeuge wie das Berliner Modell „Spirit of Berlin“ oder „Annyway“ aus Karlsruhe aufgrund ihres Aussehens und ihrer teilweise noch unbeholfenen Bewegungen befremdlich, doch können sie als Prototypen einer neuen Generation von Fahrzeugen angesehen werden. Kamera, Sensoren und leistungsfähige Rechnereinheiten versetzen diese Fahrzeug in die Lage, alle Elemente der Fahraufgabe – nämlich Führung, Stabilisation und Navigation – eigenständig auszuführen. Die Beteiligung eines menschlichen Fahrers gilt nicht länger als notwendige Voraussetzung der Steuerung eines Automobils. Der sich abzeichnende Wandel ist jedoch noch weitreichender. So werden derzeit Technologien zur Vernetzung der einzelnen, am Geschehen des Straßenverkehrs beteiligten Fahrzeuge, entwickelt. Dadurch könnten relevante Informationen bezüglich Staus oder Hindernissen auf der Fahrbahn zwischen den Fahrzeugen ausgetauscht werden. Diese elektronische Vernetzung aller Komponenten des Straßenverkehrs eröffnet die Option der „intelligenten Verkehrssteuerung“, die zur Verringerung bzw. Vermeidung lästiger Staus und damit verbundener Emissionen führt. Die Implikationen dieser Entwicklung sind keineswegs klar absehbar und es ergibt sich eine Reihe von Fragen, die derzeit noch nicht vollständig zu beantworten sind. So ist zum Beispiel noch unklar, wer die Verantwortung in einem solchen Straßenverkehrssystem tragen kann und soll. Ebenfalls zu untersuchen ist die Akzeptanz autonomer Systeme durch die Nutzer. Vertrauen diese auf die scheinbare Unfehlbarkeit und enorme Zuverlässigkeit der Systeme oder zeigen sie sich skeptisch? Im Rahmen des Seminars "Innovationsmanagement in hochautomatisierten Verkehrssystemen", das im Wintersemester 2007/08 am Fachgebiet Techniksoziologie der TU Dortmund durchgeführt wurde, haben Gruppen von Studierenden eine Reihe von Case Studies zur Vision des autonomen Fahrens (Kap. 1), zu Fahrerassistenzsystemen (Kap. 2-4), zu Konzepten einer "intelligenten" Verkehrssteuerung (Kap. 5-7) sowie zum Satellitennavigationssystem Galileo (Kap. 8) verfasst, die wir hier 4 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung dokumentieren. Diese Arbeiten spiegeln den Stand der Entwicklung des Jahres 2007, aber auch die Genese der technischen Innovationen wieder, und werfen einen Blick in die Zukunft. Die Texte sind nicht überschneidungsfrei, aber wir haben uns entschlossen, sie trotz gewisser Redundanzen in dieser Form zu veröffentlichen. Das angefügte Sachregister hilft im Zweifelsfall bei der Orientierung. Sinn und Zweck der Textsammlung ist es – neben der Dokumentation des Standes der Technik – den Diskussionsprozess über autonome technische Systeme und deren Anwendung in Verkehrssystemen voran zu treiben. Dortmund, Juni 2008 Anja J. Lorenz Johannes Weyer Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 5 1 Die Genese der Vision des autonomen Fahrens (Anja Jenny Lorenz und Ella Mouget) Kapitelübersicht 1.1 Vision oder Realität ....................................................................... 5 1.2 Formen der Autonomie .................................................................. 6 1.3 Einsatzgebiete .............................................................................. 7 1.4 Autonome Fahrzeuge: Positiv- oder Negativszenario ........................ 7 1.5 Shakey, Vita, VaMP & Co. .............................................................. 9 1.6 Autonomie durch Fahrerassistenzsysteme ......................................11 1.7 Förderprogramme ........................................................................13 1.8 Fazit ...........................................................................................16 1.1 Vision oder Realität In Science-Fiction-Produktionen existieren sie schon seit Jahrzehnten – Automobile, welche autonom alle Elemente der Fahraufgabe eigenständig ausführen, ohne auf die Kontrolle und Führung eines menschlichen Akteurs angewiesen zu sein. Lange Zeit waren der Umsetzung derartiger Konzepte in Ermangelung entsprechender Rechnerkapazitäten technologisch bedingte Grenzen gesetzt. Die rasante Entwicklung immer kleinerer und leistungsfähigerer Rechnerkapazitäten sowie Weiterentwicklungen und Innovationen im Bereich der Sensorik, insbesondere in den vergangenen zwei Jahrzehnten, trugen dazu bei, diese Grenzen zu überwinden und den Traum wahr werden zu lassen. Die Vision ist zur Realität geworden. Zweifelsohne handelt es sich bei den Modellen autonomer Fahrzeuge derzeit ausschließlich um Forschungsfahrzeuge, deren Fahrten auf speziellen Kursen wie zum Beispiel Rennstrecken oder Wüstenabschnitten bzw. unter der starken Überwachung durch Menschen stattfanden und - finden. Die Serienreife autonomer Fahrzeuge und der damit einhergehende Einsatz innerhalb des regulären Straßenverkehrs bleiben zunächst noch als Vision bestehen. Ob auch diese Vision in näherer Zukunft zur Realität wird, ist derzeit noch offen. Die Beantwortung dieser Frage setzt die Auseinandersetzung mit zahlreichen Problem- und Fragestellungen wie zum Beispiel der rechtlichen Einordnung voraus. Dieser Artikel versucht sich an einer Rekonstruktion der Genese der Vision des autonomen Fahrens mittels der Herausarbeitung wesentlicher Entwicklungsschritte auf dem Weg zum autonomen Automobil. 6 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung 1.2 Formen der Autonomie Wie bereits angedeutet, basiert die Entwicklung autonomer Automobile auf dem Vorhandensein eines entsprechenden technologischen Unterbaus. Anfangs standen entsprechende Rechnerkapazitäten und –volumina noch nicht, bzw. nicht zu vertretbaren Kosten, zur Verfügung. Rechnereinheiten verfügten über zu wenig Leistung und unverhältnismäßige Größenausmaße, sodass sie für den mobilen Einsatz in Automobilen zunächst nicht geeignet erschienen bzw. der Referenzgröße – der menschlichen Leistungsfähigkeit – nicht entsprachen. Vor diesem Hintergrund kam es zu einer Aufspaltung der Entwicklung in zwei verschiedene Strategiepfade (vgl. Dickmanns 2005). Die erste der beiden Strategien zeichnet sich durch eine kurzfristige Orientierung aus. Zentrales Moment ist die Konstruktion von Systemen, welche eigenständig und unabhängig vom menschlichen Akteur einzelne Elemente der Fahraufgabe selbständig ausführen. Es erfolgt also eine Unterstützung des Fahrers bei der Erfüllung der Fahraufgabe. Die vollständige Selbständigkeit des Fahrzeugs ist in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich, sondern allenfalls Konsequenz dieser Entwicklung. Diese Vorgehensweise fand und findet vornehmlich in den Unternehmen der Automobilindustrie Anwendung. Der hohe Wettbewerbsdruck innerhalb der Branche zwingt die Unternehmen zu kurzen Innovations- und Entwicklungszyklen. Dadurch bestehen auf Seiten der Unternehmen nur sehr geringe Möglichkeiten hinsichtlich der Entwicklung radikaler Innovation, sodass die Innovationen eher inkrementeller Art sind. Außerdem ist es auf diesem Weg möglich, den Nutzer der Technik, die Autofahrer, langsam an die Veränderungen heranzuführen und gegebenenfalls Misstrauen ab- und Vertrauen aufzubauen. Das Ergebnis sind hybride Systeme, in deren Rahmen menschliche Akteure und technische autonome Teilsysteme (Fahrerassistenzsysteme) gemeinsam agieren (vgl. ebd.). Die zweite der beiden Strategien beruht auf der Annahme einer höheren Zuverlässigkeit und Effizienz auf Seiten der technischen Systeme. Diese zugesprochene Überlegenheit bildet den Anlass für die Entwicklung vollkommen autonom agierender Fahrzeuge. Aufgrund der Bindung an die fortschreitende Entwicklung der anfänglich noch nicht ausreichenden technologischen Möglichkeiten ist die Strategie längerfristigen Charakters. Die Hauptakteure stellen Forschungsinstitute, Universitäten und, aufgrund der hohen Investitions- und Entwicklungskosten, Forschungsnetzwerke heterogener Akteure dar. Das Ergebnis sind Prototypen qualifiziert sehfähiger Automobile, die selbständig und autonom agieren (vgl. ebd.). Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 7 1.3 Einsatzgebiete Grundsätzlich sind den Einsatzmöglichkeiten autonomer Fahrzeuge keine Grenzen gesetzt. So können diese einerseits in Umgebungen eingesetzt werden, die sich als für den Menschen ungeeignet oder gefährlich erweisen. Andererseits können automobile Fahrzeuge im zivilen Straßenverkehr eingesetzt werden und dazu dienen, ein höheres Maß an Sicherheit zu realisieren und den Menschen zu entlasten. Einsatzbereiche, die sich durch eine für den Menschen ungeeignete Umgebung auszeichnen, stellen unter anderem Tiefseemissionen, die Erforschung der Atmosphäre sowie die Planetenoberflächenforschung dar. So wurden im Rahmen verschiedener NASA-Projekte autonome, motorisierte Landfahrzeuge (Rover) auf dem Mars platziert, um dadurch Erkenntnisse bezüglich dessen Oberfläche zu gewinnen (vgl. NASA 2008). Der Einsatz unbemannter Konvois in Kriegs- und Krisenregionen stellt ein Einsatzgebiet dar, welches sich durch eine für den Menschen außerordentlich gefährliche Umgebung auszeichnet. Da insbesondere Konvois immer wieder Ziel von Anschlägen werden, können durch den Einsatz autonomer Fahrzeuge zahlreiche Menschenleben geschützt werden. Autonome Personenkraftwagen sind mit verschiedenen Effekten verbunden. Einerseits bewirkt die Kontrolle und Ausführung langweiliger, zeitaufwändiger, sensibler oder besondere Präzision erfordernder Aufgaben durch die technischen Systeme des Fahrzeugs eine Entlastung des Fahrers, wodurch der Fahrkomfort gesteigert werden kann. Andererseits können autonome Fahrzeuge dazu beitragen, die Sicherheit im Straßenverkehr unter der Nebenbedingung einer Steigerung der Effizienz bezüglich der Wegenutzung zu erhöhen. In Kombination mit intelligenten Verkehrstelematiksystemen kann dadurch eine Entspannung der Verkehrssituation sowie eine Verbesserung der Mobilität erlangt werden. 1.4 Autonome Fahrzeuge: Positiv- oder Negativszenario An die Entwicklung autonomer Fahrzeuge sind zahlreiche Hoffnungen aber auch Ängste geknüpft und es lassen sich ebenso viele Argumente dafür wie dagegen entwickeln. Das Schlüsselargument hinsichtlich der Befürwortung autonomer Fahrzeuge stellt der realisierbare Sicherheitszugewinn dar. Unfälle, die auf der mangelnden Aufmerksamkeit oder der Fehleinschätzung der Situation seitens des menschlichen Fahrers beruhen, könnten vermieden werden. Indem sie in Umgebungen eingesetzt werden können, die sich als gefährlich für den Menschen erweisen, tragen autonome Fahrzeuge auch in dieser Hinsicht aktiv zum Schutz von Menschenleben bei. Die Argumente, welche für den Einsatz autonomer Fahrzeuge sprechen, gründen jedoch nicht in der Verbesserung sicherheitsrelevanter Aspekte, sondern sind auch sowohl ökonomischer als auch ökologischer Natur. Der Einsatz autonomer 8 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Automobile bedeutet eine höhere Effizienz und trägt, in Kombination mit einer intelligenten Verkehrssteuerung, zu einer Verkehrsentspannung und Mobilitätsverbesserung bei, indem die bestehende Infrastruktur besser bzw. optimal ausgenutzt wird. Ein autonom agierendes Fahrzeug ist in der Lage, die Geschwindigkeit optimal auf die Umgebung und die Bedingungen der jeweiligen Situation anzupassen, wodurch der Kraftstoffverbrauch optimiert werden kann. Mittels der Verknüpfung der Fahrzeuge untereinander bzw. des Einsatzes einer intelligenten Verkehrssteuerung wäre es möglich, die Fahrzeuge stärker zu verteilen, Staus zu vermeiden und stattdessen das Verkehrsnetz optimal auszunutzen. Insbesondere dieser Aspekt gewinnt in Hinblick auf das steigende Verkehrsaufkommen und die begrenzten Kapazitäten stark an Gewicht. So ergab eine Studie über das Verkehraufkommens in Deutschland, in Auftrag gegeben durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, eine zunehmende Motorisierung der Haushalte und verzeichnete einen Trend zur Mehrfachmotorisierung (vgl. Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen 2002). Das Hauptverkehrsmittel stellt mit einem Anteil 61% das Auto dar, in dem jeder Deutsche durchschnittlich 15 km pro Tag bei einer mittleren Geschwindigkeit von 33 km/h zurücklegt (vgl. ebd.). Die Entwicklung verlangt langfristig nach einer Lösung – zum Beispiel in Form einer Kombination intelligenter Autos und intelligenter Verkehrssysteme. Gegen die Weiterentwicklung und Verbreitung autonomer Fahrzeuge sprechen die hohen Entwicklungs- und Einführungskosten, die es zu decken gilt, sodass der Zusammenschluss heterogener Akteure wie Industrie, Forschungseinrichtungen und staatlichen Institutionen notwendig erscheint. Ein weiteres Hindernis stellt die rechtlich ungeklärte Situation dar. Einer marktweiten Einführung steht außerdem entgegen, dass die Navigation der Fahrzeuge derzeit via GPS erfolgt, das sich jedoch unter U.S.- amerikanischer Kontrolle befindet. Eine notwendige Voraussetzung stellt also die Erlangung der Unabhängigkeit mittels der Fertigstellung des Galileo-Systems dar. Ein Hauptproblem stellt jedoch die mangelnde Akzeptanz der Systeme dar. So betonen Kritiker die Überlegenheit des Menschen, begründet durch dessen Eigenschaft, sich besser in dynamischen Umgebungen zurecht finden zu können. Treten unvorhergesehene Ereignisse ein, die eine schnelle Reaktion erfordern, so ist der Mensch aufgrund seiner Spontanität, Kreativität und seiner Intuition gegebenenfalls im Vorteil, indem er unkonventionelle jedoch funktionierende Lösungen zu generieren vermag. Mittelfristig scheint der Diskurs in einem Ansatz der optimierten Arbeitsteilung zwischen menschlichen Akteuren einerseits und intelligenten technischen Teilsystemen andererseits zu münden. Durch eine gezielte Unterstützung und Entlastung des menschlichen Akteurs wird eine neue Qualität sicheren Fahrens und effizienten Verkehrs erreicht. Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 9 1.5 Shakey, Vita, VaMP & Co. Die Ursprünge der Entwicklung autonomer Fahrzeuge liegen in der Roboterforschung. Roboter sind stationäre oder mobile Maschinen, welche gemäß eines bestimmten Programms festgelegte Aufgaben erfüllen. Eine besondere Kategorie stellen autonome, mobile Roboter dar, die in der Lage sind, sich selbständig in ihrer Umgebung zu bewegen und zu agieren. Bezüglich der Autonomie und Unabhängigkeit (insbesondere von einer Energiequelle) eines Roboters sind verschiedene Abstufungen denkbar. Die Ausprägung der Autonomie und Mobilität gestaltet sich dabei gemäß der Aufgabenspezifikation. Autonome Fahrzeuge sind grundsätzlich eine Kategorie spezieller autonomer, mobiler Roboter (vgl. Technische Universität Dortmund 2008). Den Ursprung der Entwicklung bildet Shakey – ein Roboter welcher die Fähigkeit besitzt, seine Umwelt zu erkennen, zu modellieren und eine Route durch eine bestimmte Anordnung von Objekten zu bestimmten. Dieses mobile Robotersystem wurde in den Jahren 1966 – 1972 unter der Leitung von Charles Rosen am Artificial Laboratory des Stanford Research Institute der Stanford University entwickelt (vgl. SRI International’s Artificial Intelligence Center 2008). Abbildung 1.1: Shakey (SRI International’s Artificial Intelligence Center 2008) Das erste autonome Automobil wurde 1977 durch das Tsukuba Mechanical Engineering Laboratory der University of Tsukuba vorgestellt (vgl. Advanced Cruise-Assist Highway System Research Association 2008). Dieses Fahrzeug legte auf einer abgesperrten und eindeutig markierten Strecke eine Entfernung von 50 Metern zurück und erreichte dabei eine Geschwindigkeit von bis zu 30 km/h. Die folgende Entwicklung wurde sehr stark beeinflusst durch die Arbeit Prof. Dr.-Ing. Dickmanns’, der von 1975 bis 2001 das Institut für 10 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Systemdynamik und Flugmechanik der Universität der Bundeswehr in München leitete und als Pionier auf dem Gebiet des dynamischen Rechnersehens und der Entwicklung fahrerloser Fahrzeuge gilt. Ende der 1980er Jahre stellte Dickmanns das Versuchsfahrzeug VaMoRs (Vehicle for autonomous Mobility and Computer Vision) vor, welches aus einer Zusammenarbeit mit Daimler Benz hervorgegangen war. Gas, Bremse und Steuerung des Vans wurden durch Computer reguliert, sodass das Fahrzeug auf einer abgesperrten Autobahn eine Strecke von 20 km bei einer Höchstgeschwindigkeit von 96 km/h autonom zurücklegte. 1992 folge VaMP, ein Versuchsfahrzeug auf Basis einer Mercedes-Benz S-Klasse Limousine. Im Gegensatz zum Vorgängermodell konnte die Energieversorgung der Rechner durch den Einbau einer zusätzlichen 24V- Lichtmaschine sichergestellt werden und bedurfte nicht länger eines Diesel- Stromaggregats, sodass weniger Platz benötigt wurde. 1994 erfolgte die Abschlusspräsentation des EUREKA-Projektes Prometheus durch die autonome Fahrt der beiden Fahrzeuge VaMP und Vita-2 (Schwesterfahrzeug von VaMP) auf der Route 1 bei Paris. Ausgestattet mit jeweils 48 Transputern1, die im 80ms-Takt die Signale vierer parallel geschalteter Videokameras auswerteten, legten die beiden Fahrzeuge eine Strecke von jeweils mehr als 1000 km zurück. Währenddessen erfolgte sowohl die Längs- und Quersteuerung der Fahrzeuge als auch die Kontrolle der Geschwindigkeit (bis zu 130 km/h), der Position innerhalb eines Konvois und die Durchführung von Überholmanövern durch die Rechnereinheiten der Fahrzeuge (vgl. Universität der Bundeswehr in München 2008). Es folgten verschiedene internationale Projekte wie zum Beispiel das Navlab-Projekt des Robotics Institute der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, in dessen Rahmen ein Fahrzeug entwickelt wurde, dessen Lenkung durch Rechnereinheiten und Gas sowie Bremse durch einen Menschen gesteuert wurden (vgl. Carnegie Mellon University 2008). Die italienische Regierung entwickelte in Zusammenarbeit mit der Universität Parma das Versuchsfahrzeug ARGO, welches innerhalb von 6 Tagen eine über 2000 km lange Strecke auf den Autobahnen des nördlichen Italiens zurücklegte. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h erfolgten dabei 94% der Fahrt autonom, das heißt ohne menschliche Eingriffe (vgl. Universität von Parma 2008). Einen Beleg für die Zunahme der Forschung auf dem Gebiet autonomer Fahrzeuge stellt die Teilnehmerliste der DARPA Urban Grand Challenge dar. Die Defence Advanced Research Project Agency des U.S.-amerikanischen Verteidigungsministeriums rief im Jahr 2004 die Grand Challenge mit dem Ziel ins Leben, die Entwicklung autonomer Fahrzeuge voranzutreiben, 1 Transputer sind parallelisierte Rechner, welche mit zusätzlicher Kommunikations- hardware ausgestattet sind, um den effizienten Datenaustausch mit benach- barten Rechnern zu ermöglichen Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 11 damit diese alsbald militärisch eingesetzt werden können. Die 15 am Finale teilnehmenden Fahrzeuge hatten einen 142 Meilen langen Wüstenkurs zu überwinden, was jedoch keinem der Fahrzeuge gelang (vgl. DARPA 2004). Im darauffolgenden Jahr bestand die Herausforderung in der Bewältigung eines 132-Meilen-Wüstenkurses innerhalb von zehn Stunden. Vier der 23 Finalisten erreichten das Ziel (vgl. DARPA 2005). In 2007 fand die Challenge erstmals in einem urbanen Umfeld statt. Es galt 60 Meilen innerhalb von sechs Stunden zurückzulegen. 11 von insgesamt 35 teilnehmenden Teams erreichten die Finalrunde. Unter den Teilnehmern befanden sich auch vier deutsche Teams – das Team CarOlo aus Braunschweig, das Team Annieway aus Karlsruhe, das Team Spirit of Berlin sowie das Team Lux aus Hamburg (vgl. DARPA 2007). Abbildung 1.2: Spirit of Berlin (Universität der Bundeswehr in München 2008) 1.6 Autonomie durch Fahrerassistenzsysteme Dieser Abschnitt umfasst die Beschreibung der Industrieperspektive – also den Bereich der (Teil-) Autonomie der Fahrzeuge durch den Einsatz von Fahrerassistenzsystemen. Voraussetzung sowohl für die Beschreibung der Funktionsweise einzelner Fahrerassistenzsysteme sowie die Einordnung der Systeme in Kategorien setzt die Unterscheidung zweier Dimensionen voraus. Die eine Dimension bilden die verschiedenen Elemente der Fahraufgabe – primär stellen dies die Navigation, die Führung und Stabilisation des Fahrzeugs dar. In Abhängigkeit von den jeweiligen Fahranforderungen sind weitere, sekundäre Aufgaben zu bewältigen. Dies sind sowohl Aktionen wie die Betätigung des Blinkers oder der Hupe als auch Reaktionen wie das Auf- oder Abblenden. Die zweite Dimension stellt der Umfang des Aufgabenbereiches das, den ein System abdeckt. Grundsätzlich dienen Fahrerassistenzsysteme der Unterstützung und Entlastung des Fahrers (vgl. Brasser 2005). Die Funktion der Systeme der 12 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung ersten Generation beschränkte sich jedoch aus technischen Gründen zunächst auf die Erfassung der bezüglich der Fahrzeugbewegung relevanten Daten und die Information des Fahrers. Die zweite Generation der Systeme verfügte bereits über die Fähigkeit, die zusammengefassten Informationen auszuwerten und den Fahrer gegebenenfalls vor möglichen Gefahren zu warnen. Inzwischen erreichen die Systeme die dritte Stufe der Eskalationsleiter, indem sie aktiv in das Fahrgeschehen eingreifen, ergibt die Auswertung der Daten die Notwendigkeit eines schnellen Eingriffs in die Steuerung des Fahrzeugs. Das Ziel der Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen besteht vorder- gründig in der Steigerung der Verkehrssicherheit sowie einer Verringerung der Unfallfolgen sowie einer Verbesserung des Rettungsmanagement im Falle unvermeidbarer Unfälle. Darüber hinaus werden jedoch auch Systeme entwickelt, die einer effizienteren Ausnutzung der Straßenkapazitäten sowie der Realisation eines höheren Fahrkomforts dienen sollen (vgl. Neunzig 2004). Die Funktionsweise eines Fahrerassistenzsystems ist dergestalt, dass mittels entsprechender Sensoren der jeweilige Fahr(zeug)zustand ermittelt wird. Dazu werden beispielsweise die Raddrehzahl, der Lenkradeinschlag, die Querbeschleunigung sowie die Motordrehzahl erfasst. Mittels einer vorbestimmten (programmierten) Logik werden Notwendigkeit und Form der Reaktion bestimmt. Möglich sind die Warnung des Fahrers oder aber ein elektronischer oder mechanischer Eingriff, wodurch eine Veränderung des Fahrzustands im Sinne einer Stabilisation erlangt wird. Ergibt beispielsweise die Auswertung der Daten, dass das Fahrzeug in Folge einer Vollbremsung auszubrechen droht, gilt es einzugreifen. Mittels ESP werden die Räder gezielt einzeln abgebremst, ABS bremst das Fahrzeug mit idealer Bremskraft ab und verhindert dadurch das Blockieren der Räder während durch ACC bereits vor Entstehen einer derartigen Situation die Geschwindigkeit selbständig verringert wird (vgl. Mandl 2008). Einen gegenwärtigen Trend im Bereich der Entwicklung der Fahrer- assistenzsysteme stellt die Verknüpfung bestehender aktiver und passiver Sicherheitssysteme und die Genese neuer und erweiterter Funktionen aus dieser Kombination der Einzelfunktionen dar. Ein entsprechendes Beispiel stellt das Predictive Safety System von Bosch dar. Die Erkenntnisse, dass die Handlungsoptionen des Fahrers umso größer sind, desto eher der drohende Unfall erkannt wird, und dass die meisten (menschlichen) Fahrer in der Schrecksekunde nicht in der Lage sind, adäquat zu reagieren, und daher beispielsweise das Bremspedal nicht kräftig genug treten, haben Bosch dazu bewegt, eine Reihe vorausschauender Sicherheitssysteme zu entwickeln. Mittels der Verringerung der Reaktionszeit in Gefahrensituationen kann die Zahl der Verkehrsunfälle reduziert und im Falle unvermeidbarer Unfälle das Verletzungsrisiko verringert werden. Die neuen, vorbeugenden Funktionen entstehen aus dem Zusammenwirken Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 13 aktiver Sicherheitssysteme wie ABS (Anti-Blockier-System), ESP (Elektronisches Stabilitäts-Programm) und HBA (hydraulischer Bremsassistent) mit der Radarsensorik des ACC (Adaptive Cruise Control). Der Systemausbau erfolgt in drei Stufen. Mittels der Vorbereitung der Bremsanlage auf eine wahrscheinliche Notbremsung unterstützt der Predictive Brake Assistent (PBA) die Bremswegminimierung. Im Rahmen des Predictive Collision Warning erfolgt die akustische, optische oder anderweitig gestaltete Warnung des Fahrers vor der kritischen Situation. Dadurch ist es möglich, eine kürzere Reaktionszeit und in einigen Fällen die Vermeidung eines Unfalls zu erreichen. Die dritte Ausbaustufe stellt das noch nicht serienreife System des Predictive Emergency Braking dar. Im Falle einer unvermeidbaren und unmittelbar bevorstehenden Kollision löst das System eigenständig eine Notbremsung aus. Durch die maximale Fahrzeugverzögerung können der Aufprall soweit wie möglich abgeschwächt und das Verletzungsrisiko minimiert werden (vgl. Bosch GmbH 2008). In den folgenden Kapiteln erfolgen ausführliche Beschreibungen der Funktionsweisen verschiedener Fahrerassistenzsysteme. Entsprechende Beispiele sind das Automatische Schaltgetriebe (ASG), die Adaptive Cruise Control (ACC), die Cruise Control (CC), das Anti-Blockier-System (ABS), die Anti-Schlupf-Regelung (ASR) und das Electronic Stability Programm (ESP). 1.7 Förderprogramme Um die Entwicklung autonomer Fahrzeuge stärker voranzutreiben wurden verschiedene internationale Förderprogramme begründet, von denen im Folgenden zwei Programme vorgestellt werden sollen. Bei Prometheus – Programm for a European Traffic System with Highest Efficiency and Unprecedentes Safety – handelte es sich um ein EUREKA- Projekt. Die Initiative EUREKA wurde 1985 mit dem Ziel gegründet, die technologische Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken, indem Unter- nehmen, Forschungszentren und Universitäten Kooperationsmöglichkeiten angeboten werden. Dadurch sollen eine bessere Nutzung des in Europa vorhandenen Potentials an Fachleuten, Know-how, Einrichtungen und finanziellen Ressourcen, die länderübergreifende Lösung von Problemen und die Entwicklung europäischer Infrastrukturen gefördert sowie der europäische Binnenmarkt gestärkt werden. Im Rahmen des Bottom-up- Prinzips werden den Projektteilnehmern viele Möglichkeiten bezüglich der Projektgestaltung eingeräumt. Die politische Begleitung bzw. administrative Betreuung wird durch ein dezentrales Netzwerk, bestehend aus den Vertretungen der Regierungen der 38 Mitgliedsländer sowie der Europäischen Kommission, organisiert. Dessen Vorsitz wird gemäß dem Rotationsprinzip durch jeweils ein Mitgliedsland gestellt. Die Finanzierung erfolgt gemäß den jeweiligen Spezifika der Mitgliedsländer. Die Bandbreite 14 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung der Projekte reicht von kleinen bilateralen Projekten bis hin zu großen multilateralen strategischen Initiativen (vgl. Bundesministeriums für Bildung und Forschung 2008). Prometheus wurde für den Zeitraum zwischen dem 1. Januar 1987 und dem 1. Januar 1995 durchgeführt. Diese 96 Monate spalteten sich auf in eine 11 Monate andauernde Phase der Bestimmung der Durchführbarkeit, eine 13-monatige Definitionsphase und eine 72 Monate lange Implemen- tierungsphase. Das Gesamtbudget umfasste eine Summe von 749 Millionen Euro. Von den insgesamt 231 Mitwirkenden, stammten 68 aus Deutschland. Darunter befanden sich 41 Unternehmen, 11 Forschungs- institute und 16 universitäre Einrichtungen. Die Federführung oblag der DaimlerChrysler AG (vgl. EUREKA 2008). Das Hauptziel bestand in der Entwicklung einer gemeinsamen tech- nologischen Basis, welche den Beteiligten als Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Produkte dienen sollte. Die verschiedenen Einzelziel- setzungen können zu vier verschiedenen Kategorien zusammen gefasst werden (vgl. U.S. Department of Transportation 2008): • Entwicklung neuer Technologien zur Weitergabe relevanter Infor- mationen zwecks Gefahrenfrüherkennung an den Fahrer • Aktive Fahrerunterstützung im Falle dessen Scheiterns – sowohl durch Warnung als auch durch Eingriff • Implementierung kooperativen Fahrens durch Begründung einer Netzwerkkooperation zwischen den Fahrzeugen und Übermittlung relevanter Informationen an den Fahrer • Entwicklung von Verkehrssteuerungssystemen zum Zweck der effizienten Nutzung der bestehenden Infrastruktur Im Rahmen der Abschlusspräsentation im Jahr 1994 fuhren zwei Common- European-Demonstrator-Fahrzeuge (Vita-2 und VaMP) im regulären, dreispurigen Verkehr auf der Autoroute 1 bei Paris. Dies umfasste neben dem freien Spurfahren mit einer gültigen Maximalgeschwindigkeit von 130 km/h auch die Fahrt innerhalb eines Konvois sowie des Spurwechselns. Letzteres fand unter der strengen Überwachung durch menschliche Akteure statt (vgl. Dickmanns 2005). Wesentlich für diesen Erfolg des Programms im Sinne der Genese autonomer Fahrzeuge war die Teilhabe Ernst Dieter Dickmanns, was seine Position als die des zentralen Akteurs bestärkt. Anfang des Jahres 2001 fanden sich 24 Unternehmen aus der Automobil-, Zuliefer-, Elektronik-, Telekommunikations- und IT-Industrie sowie Logistikdienstleister, Softwarehäuser und Forschungsinstitute zur Forschungsinitiative „invent“ zusammen. Zahlreiche Universitätsinstitute sowie kleine und mittelständische Unternehmen waren als Unterauftrag- nehmer an der Initiative beteiligt, der 76 Millionen Euro an Forschungs- geldern zur Verfügung standen. Zu 45% wurde die Kooperation durch das Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 15 Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die zentralen Ziele bestanden in der Realisierung eines höheren Sicherheits- und Effizienzniveaus trotz steigenden Verkehrsaufkommens (vgl. INVENT 2008). Die Forschung konzentrierte sich in diesem Zusammenhang auf drei Schwerpunktbereiche, die sich in insgesamt acht Teilprojekte unter- gliederten (vgl. ebd.): „Fahrerassistenz und Aktive Sicherheit“: 1. Fahrumgebungserfassung und Interpretation 2. Vorausschauende, aktive Sicherheit 3. Stauassistent 4. Fahrverhalten und Mensch-Maschine-Interaktion 5. Verkehrliche Wirkung, Rechtsfolgen und Akzeptanz „Verkehrsmanagement 2010“: 6. Verkehrsleistungsassistenz 7. Netzausgleich Individualverkehr „Verkehrsmanagement in Transport und Logistik“: 8. Verkehrsmanagement in Transport und Logistik Kennzeichnend für die Arbeit in den Teilprojekten war ein hohes Maß an Vernetzung und Interaktion zwischen den Themengebieten – unter anderem durch Querschnittprojekte. Die Präsentation der Ergebnisse fand im April des Jahres 2005 in München statt. Die in diesem Rahmen vorgestellten Fahrzeugprototypen sind aufgrund hochwertiger Sensorik, Kommunikations- und Informationstechnik in der Lage, mitzusehen, „mitzudenken“ und mit anderen Fahrzeugen sowie Verkehrszentralen zu kommunizieren. Die invent-Innovationen im Überblick (vgl. ebd.): • Kreuzungsassistent • Querführungsassistent • Stauassistent • Techniken zum aktiven Fußgängerschutz • Lösungen zur Blickerfassung des Fahrers und Verbesserung der Mensch-Maschine-Schnittstellen • Systeme zu Erfassung der aktuellen Verkehrszustände und Weitergabe der Informationen an nachfolgende Fahrzeuge sowie Verkehrszentralen • Fahrsimulator zur Untersuchung der Wirkung und Akzeptanz der Systeme • Verkehrsmanagementzentralen 16 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung • Navigationssysteme, die aktuelle Verkehrsdaten in die Routenberech- nung einbeziehen • Dynamische Logistikprozesse • Optimierte Lieferdienste, die die individuellen Zustellungswünsche und die gesteigerte Mobilität der Kunden berücksichtigen 1.8 Fazit Die Vision des autonomen Fahrens ist zum Greifen nah – in verschiedenen Prototypen konnte die Idee fahrerloser Fahrzeuge bereits erfolgreich realisiert werden. Zweifelsohne handelt sich dabei bisher stets um Forschungsfahrzeuge und noch lange nicht um serienreife Fahrzeuge. Dieser Trend der zunehmenden Autonomie ist jedoch nicht nur auf die Forschung beschränkt, denn die Automobilhersteller statten die Fahrzeuge mit einer zunehmenden Anzahl autonomer Fahrerassistenzsysteme aus. Mittels der Kombination der Funktionen verschiedener Systeme und durch die stete Weiterentwicklung der zugrunde liegenden Technologien werden stetig neue Funktionen generiert und die Aufgabenbereiche und damit die Autonomie der Teilsysteme ausgeweitet, wie das Beispiel des Predictive Safety System von Bosch zeigt. Während die Entwicklung vollständig autonomer Fahrzeuge weitestgehend innerhalb von Forschungsinitiativen und –netzwerken erfolgt, basiert die Weiterentwicklung der Fahrerassistenzsysteme auf der Arbeit der Automobilhersteller und der Zulieferer. Dabei liegen den Bestrebungen in beiden Fällen die Ziele der Erhöhung der Verkehrssicherheit sowie eine effizientere Gestaltung des Straßenverkehrs zugrunde. Es ist jedoch fraglich, ob jemals vollständig autonome Fahrzeuge das Bild des Straßenverkehrs dominieren werden, stehen doch dieser Entwicklung verschiedenartige Hindernisse im Weg. Grundsätzlich stellt sich die Frage nach der Finanzierung, denn die Entwicklung autonomer Fahrzeuge ist mit recht hohen Entwicklungs- und Einführungskosten verbunden, die es bereit zu stellen gilt. Darüber hinaus besteht trotz der großen Fortschritte in den vergangenen Jahren ein großer Bedarf an den Komponenten des technologischen Unterbaus dieser Systeme. Die Ausweitung der Kompetenzen autonomer technischer Systeme beruht darauf, dass dem Menschen die Eigenschaft der größten Fehlerquelle zugeschrieben wird. Diese Sichtweise ist jedoch kritisch. Dadurch dass eine zunehmende Zahl der Aufgaben im Zusammenhang mit der Führung des Fahrzeugs durch autonome Systeme ausgeführt wird, wird der menschliche Fahrer zum Beobachter des Systems degradiert (vgl. Weyer 2006). Indem das Fahrzeug jedoch zunehmend komplizierter und intransparenter wird, fällt es dem menschlichen Fahrer zunehmend schwer, das Gesamtsystem Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 17 Auto zu durchschauen, was wiederum zu einer Steigerung der Unsicherheit des Menschen führt. Zudem lässt die Aufmerksamkeit des zur Untätigkeit verdammten menschlichen Fahrers nach, sodass es ihm in kritischen Situationen unter Umständen an einem entsprechenden Situations- bewusstsein mangelt (vgl. ebd.). Derartige Krisensituationen zeichnen sich außerdem durch eine Konfliktsituation zwischen dem Menschen mit dessen Erfahrungen und Routinen sowie der Technik, welche nach vorprogram- mierten Szenarien operiert, aus (vgl. ebd.). Dies wirft die Frage auf, wie der menschliche Fahrer auf derartige Situationen vorbereitet werden und die notwendigen Fähigkeiten und Qualifikationen erwerben kann, um diese kritischen Situationen zu bewältigen. Der menschliche Fahrer erfährt eine zunehmende Entmündigung, was die Frage nach der Verantwortung aufwirft (vgl. ebd.). Wer kann und soll in einem System, innerhalb dessen ein großer Anteil der Handlungen durch technische Teilsysteme ausgeführt wird, die Verantwortung für das Systemhandeln und die sich daraus ergebenden Konsequenzen tragen? Es ist kaum möglich, dem Menschen diese Verantwortung zuzuordnen, basiert doch die Entwicklung der autonomen Systeme auf dem Gedanken der Verdrängung der Fehlerquelle Mensch, infolge dessen dieser das System kaum noch zu durchschauen vermag (vgl. ebd.). Auch aus rechtlicher Sicht ist die Frage nach der Verantwortung für das System unbeantwortet. Vor dem Hintergrund dieser Fragestellungen eröffnet sich ein weiteres Problem – die möglicherweise geringe Akzeptanz autonomer bzw. weitgehend autonomer Fahrzeuge aus der Sicht der Nutzer. Einige Nutzer werden die Entwicklung dieser Fahrzeuge aus Gründen der Bequemlichkeit oder Sicherheit der Fahrzeuge befürworten, während Andere sich in ihren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt sehen und einen Verlust des Fahrvergnügens befürchten. Möglicherweise führt auch gerade die mangelnde Akzeptanz zu einer deutlichen Verlangsamung der Entwicklung autonomer Fahrzeuge bzw. deren Markteinführung (vgl. ebd.). Es bleibt also abzuwarten inwiefern sich autonome Fahrzeuge auf den Straßen durchsetzen werden, ob das Konzept des führerlosen Fahrzeugs zunächst auf den Bereich der Forschung und Entwicklung beschränkt bleibt. 18 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 19 2 Fahrerassistenzsysteme zur Unterstützung der aktiven Sicherheit in PKW (Michael Sonderhüsken) Kapitelübersicht 2.1 Einleitung ....................................................................................19 2.2 Robert Bosch GmbH.....................................................................19 2.3 Fahrerassistenzsysteme ................................................................20 2.3.1 Antiblockiersystem.............................................................. 20 2.3.2 Antriebsschlupfregelung ...................................................... 22 2.3.3 Elektronisches Stabilitätsprogramm...................................... 23 2.3.4 Adaptive Cruise Control....................................................... 24 2.3.5 Predictive Safety Systems.................................................... 25 2.1 Einleitung Dieses Kapitel soll einen Überblick über die am Markt verfügbaren Fahrerassistenzsysteme bieten. Aufgrund der Vielzahl an verfügbaren Systemen beschränke ich mich auf die Systeme der Robert Bosch GmbH. Das Unternehmen hat den Markt der automobilen, aktiven Sicherheit durch Innovationen und Weiterentwicklungen geprägt und hat die wichtigsten und bekanntesten Fahrerassistenzsysteme in ihrem Produktportfolio. Zusätzlich werden nur die Produkte und Entwicklungen im PKW Bereich behandelt. Der Vollständigkeit halber werden ähnliche Systeme von anderen Herstellern gegen Ende eines jeden Abschnitts namentlich aufgeführt. 2.2 Robert Bosch GmbH Die Robert Bosch GmbH, nachfolgend nur noch „Bosch“ genannt, wurde im Jahre 1886 von ihrem Namensgeber gegründet. Das Unternehmen begann als Werkstätte für Feinmechanik und Elektrotechnik und entwickelte sich bis heute zu einem multinationalen Unternehmen. Die Geschäftsfelder sind mit Kraftfahrzeugtechnik, Industrietechnik, Gebäudetechnik und Ge- brauchsgütern weit gestreut. In Deutschland ist Bosch gerade durch das Letztgenannte bekannt. Die Kraftfahrzeugtechnik bildet allerdings den größten Unternehmensbereich. Hier sind über die Hälfte aller Mitarbeiter von Bosch weltweit angestellt, zudem werden hier die größten Umsätze produziert. Bosch ist der größte Automobilzulieferer weltweit. Bei Bosch arbeiten ca. 261 300 Mitarbeiter an 270 Standorten weltweit. Dabei wird jährlich ein Umsatz von ca. 43,7 Mrd. Euro erwirtschaftet (vgl. Bosch GmbH 2008b). 20 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung 2.3 Fahrerassistenzsysteme 2.3.1 Antiblockiersystem Das Antiblockiersystem (ABS) wurde entwickelt, damit die Räder eines Fahrzeugs bei starkem Bremsen nicht oder nur kurz blockieren. Ziel ist es, die Lenkbarkeit des Fahrzeugs bei abrupten Bremsmanövern zu gewährleisten. Fälschlicherweise wird oft angenommen, dass das System eine Verkürzung des Bremswegs bewirken soll. ABS kann im Gegenteil sogar, unter bestimmten Voraussetzungen, den Bremsweg verlängern. Hintergrund der Entwicklung des Systems war die Erkenntnis, dass es dem Menschen schwer fällt bei blockierenden Rädern und einem sich nähernden Hindernis, die Bremse des Kraftfahrzeugs zu lösen, um ein kontrolliertes Ausweichen zu ermöglichen. Funktionsweise: Das heute verbaute Antiblockiersystem ist ein 4-Kanal-ABS. An jedem Rad überwacht ein Sensor dessen Drehzahl. Neigt ein Rad zum Blockieren, wird als erstes der Bremsdruck konstant gehalten. Falls danach der Schlupf des Rades immer noch zu hoch ist, wird der Bremsdruck vermindert. Anschließend wird bei Bedarf der Bremsdruck wieder erhöht und der Zyklus beginnt von neuem. Dies geschieht im System von Bosch ca. zehnmal pro Sekunde. Vor- und Nachteile: Die Vorteile eines ABS-Systems ergeben sich durch seine Funktion: Das Auto bleibt bei starken Bremsmanövern kontrolliert lenkbar und einem Hindernis kann so, trotz durchgetretenem Bremspedal, ausgewichen werden. Zudem verhindert ABS den so genannten „Bremsplatten“ (starke Abnutzung des Reifens an nur einer Stelle), welcher zu Vibrationen und erhöhten Laufgeräuschen führt. Dadurch, dass aktuelle ABS-Systeme die Bremsen aller 4 Räder einzeln ansprechen können, verringert sich außerdem der Bremsweg auf nassen Bodenbelägen. Auch wenn das ABS mittlerweile in jedem neuen PKW in der Europäischen Union eingebaut wird, müssen auch dessen Nachteile erwähnt werden. Das ABS allein vergleicht nicht die Lenkradposition mit der tatsächlichen Lenkung des Autos (Gierwinkel, senkrechte Rotation). Dadurch kann ein Über- oder Untersteuern nicht verhindert werden. Gerade wenn sich das Fahrzeug auf einer Fahrbahn mit unterschiedlichen Reibwerten (z.B. Asphalt und Grünstreifen) befindet und es stark abgebremst wird, kann das ABS ein Ausbrechen des Fahrzeugs herbeiführen, falls nicht schnell genug mit einem Gegenlenken durch den Fahrer reagiert wird. Es gibt sogar die Behauptung, dass ABS die Überschlagsgefahr PKW deutlich steigert (vgl. Williams 2006). Ein weiterer Kritikpunkt an ABS lautet, dass beim Bremsen auf losem Untergrund (Sand, Schnee) die Vermeidung der Räderblockierung Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 21 kontraproduktiv ist. Mit blockierenden Rädern würde sich vor diesem ein Keil bilden und das Auto sich förmlich eingraben, was den Bremsweg signifikant verkürzt. Die Weiterentwicklung ABS PLUS, welches häufig in Offroad-Fahrzeugen eingesetzt wird, löst dieses Problem. Entwicklung: Das Prinzip auf dem das ABS aufbaut hat mehrere Ursprünge. So wurde bereits 1908 von dem Briten J. E. Francis ein „Gleitschutzregler“ zur Vermeidung des Radschlupfs bei Schienenfahrzeugen vorgestellt. Diese Technologie funktionierte aber noch ebenso wenig wie die des „Bremskraftregler“ von Karl Wessels, die „Sicherheitsvorrichtung für hydraulisches Bremsen“ von Werner Möhls sowie der „Festbremsverhüter“ von Richard Trappes. Ein erstes funktionierendes ABS-ähnliches System fand sich in der Luftfahrt. Gabriel Voisin setzte 1920 einen hydraulischen Blockierverhinderer ein, der Flugzeuge bei der Landung sicher in der Spur hielt. Erste Anzeichen eines Systems in der Automobilbranche sind im Jahre 1936 zu finden. Die damalige Bosch AG sicherte sich ein Patent auf eine „Vorrichtung zum Verhüten des Festbremsens der Räder eines Kraftfahrzeuges“. Es dauerte dann bis zum Jahr 1978 bis das weltweit erste großserientaugliche ABS System von Bosch vorgestellt wurde. Noch im selben Jahr wurde das ABS (2.0) bereits in der S-Klasse von Mercedes Benz und in der 7er-Serie von BMW eingesetzt. Dank Entwicklungen in der Mikroelektronik kam das System in dieser Entwicklungsstufe mit 140 Bauteilen aus, bei einem Gewicht von 5,5 kg. Schon zwei Jahre später hatte Bosch bereits insgesamt über 24.000 dieser ABS Systeme verkauft. 1983 führten Produktverbesserungen zur Ausbaustufe „2S“. Diese wog nur noch 4,3 kg und bestand aus nur noch 70 Teilen. Im nächsten Jahr wurde das System bereits in der 6er und 7er-Serie von BMW serienmäßig verbaut. Zudem wurde für den japanischen Markt das Jointventure „Nippon ABS“ gegründet. 1985 zeichnete sich der Erfolg mit dem Einsatz der Bosch Technologie in der Corvette von Chevrolet auch in Übersee ab. Der weltweite ABS-Ausrüstungsgrad von Neufahrzeugen erreichte ein Prozent. Gegen Ende des Jahres 1988 hatte Bosch bereits über drei Millionen seiner Systeme verkauft. Im folgenden Jahr erreichte die 2. Generation des ABS die Ausbaustufe „2E“. In dieser wurden erstmalig die Schaltkreise durch einen frei programmierbaren Rechner mit einem Speicher von 8 Kilobyte ersetzt. Zudem wurden die Systeme nun in allen Modellen von Porsche zum Standard. 1990 waren bereits über ein Drittel aller Neuzulassungen in Deutschland mit ABS ausgerüstet. Bosch verkaufte in diesem Jahr das sechsmillionste ABS. Mercedes Benz machte im Jahr 1992 in jedem seiner Modelle ABS zum Standard. Im Jahr 1993 erreichte das System die Ausbaustufe „5.0“. Sie bot doppelt so viel Speicher und erreichte mit Magnetventilen kürzere Schaltzeiten. In 22 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung diesem Jahr wurde das 10-millionste ABS verkauft. 1998 wurde dann mit der Version „5.7“ eine modulare Bauweise eingeführt. Damit wurde die Integration von neuen Technologien (ESP, ASR) vereinfacht. Zudem betrug der Speicher nun 48 Kilobyte bei einem Gewicht von nur 2,5 kg. Bis zum Jahr 2003 verbesserte Bosch kontinuierlich sein System und verkaufte inzwischen über 100 Millionen seiner ABS Systeme. Im Jahr 2004 verpflichtete sich der Verband der europäischen Automobilhersteller (ACEA) zum Einbau von ABS bei allen Neufahrzeugen in der gesamten EU. Das aktuelle ABS System von Bosch ist die Ausbaustufe „8.1“. Es wiegt mittlerweile nur noch 1,4kg, wobei das Steuergerät einen Raum von weniger als einem Kubikdezimeter einnimmt. Bis heute wurden von Bosch weltweit über 130 Millionen ABS Systeme verkauft (vgl. Bosch GmbH 2008c). Weitere Produktbezeichnungen: Da sich Bosch 1978 den Begriff „ABS“ rechtlich schützen ließ, nennen andere Hersteller ihr System oft „Automatischer Blockierverhinderer“. So wird es auch in der Straßenverkehrszulassungsordnung genannt. 2.3.2 Antriebsschlupfregelung Die Antriebsschlupfregelung (ASR, häufig auch Antischlupfregelung genannt) dient zur Vermeidung durchdrehender Räder und des damit verbundenen Verlusts der Seitenführungskraft des Fahrzeugs beim Beschleunigen. Funktion: Genau wie beim ABS wird das Schlupfverhalten der Räder durch Drehzahlsensoren überwacht. Allerdings sind hierbei nur die Antriebsräder relevant. Wenn ein oder mehrere Räder beim Beschleunigen einen gewissen Grenzwert an Schlupfverhalten zeigen, greift das ASR ein. Nun werden die betroffenen Räder über das schon vorhandene ABS System einzeln abgebremst, um ein Durchdrehen der Räder zu verhindern. Eine andere Möglichkeit bietet der Eingriff in das Motormanagement. Hierbei wird das Motordrehmoment bei Bedarf reduziert. Das ASR System kann es auch mit beiden Varianten gleichzeitig geben. Vor- und Nachteile: Das ASR System kann den Reifenverschleiß signifikant senken und verhindert ein Wegrutschen des Fahrzeuges bei übermäßigem Beschleunigen oder Beschleunigen auf glatter Fahrbahn. Im Offroad- Bereich allerdings kann ASR schnell zur Überhitzung der Bremsen führen, da die Räder auf losem Untergrund permanent abgebremst werden müssen. Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 23 Entwicklung: ASR ist die konsequente Weiterentwicklung von ABS und die Vorstufe zum ESP. Wenn man die Möglichkeit der Regelung des Motormanagements ausschließt, ist es theoretisch allein durch ein Softwareupgrade im Steuergerät zu realisieren. Bosch begann bereits 1980 mit der Entwicklung des ASR Systems bevor es 1986 in Nutzfahrzeugen und ein Jahr später in PKW (S-Klasse von Mercedes Benz) verbaut wurde. Mittlerweile gehört ASR zur Serienausstattung der meisten Fahrzeuge. Weitere Produktbezeichnungen: Das ASR ist unter eine Reihe von anderen Namen verfügbar. So es nennt Mercedes Benz z.B. „Elektronisches Traktions-System“, wenn nur die Möglichkeit zum Eingriff über die Bremse besteht. Das kombinierte System hingegen heißt wiederum ASR. BMW nennt das (kombinierte) System „Automatische Stabilitäts Control+Traktion“ und die Variante ohne Bremseingriff nur „Automatische Stabilitäts Control“. 2.3.3 Elektronisches Stabilitätsprogramm Das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) hat den Zweck ein Schleudern des Fahrzeuges in Grenzsituationen durch gezieltes Abbremsen einzelner Räder zu verhindern. Funktion: Da ESP zwingend auch ein ABS System voraussetzt, kann es auf die vorhandenen Drehzahlsensoren der einzelnen Räder zugreifen. Zusätzlich beinhaltet es einen Lenkwinkelsensor am Lenkrad und einen Gierraten- sensor, der die Gierrate (Rotationsbeschleunigung um die Vertikalachse) und die Querbeschleunigung (Kraft die zur Seite wirkt) misst. Mit diesen Daten kann das ESP System den Richtungswunsch des Fahrers mit der tatsächlichen Bewegung des Fahrzeugs vergleichen. Gibt es hier eine Diskrepanz wird vom ESP wie folgt interveniert: Bei drohendem Übersteuern des Fahrzeugs wird das kurvenäußere Vorderrad abgebremst und somit das Ausbrechen des Fahrzeuges verhindert. Bei Gefahr des Untersteuerns wird das kurveninnere Hinterrad gebremst und somit das Fahrzeug in der Spur gehalten. Entwicklung: ESP ist die Weiterentwicklung von ABS und ASR. So ist es nicht verwunderlich, dass die Kooperation zwischen Bosch und Mercedes Benz auch hier die Vorreiterrolle einnimmt. 1995 schaffte es das ESP in der S- Klasse zur Serienreife. Es beinhaltete alle Funktionen von ABS und ASR. Ironischerweise ist es gerade die (ohne ESP ausgerüstete) A-Klasse von Mercedes, die 1997 beim sogenannten Elchtest versagt, und dem ESP damit zum Durchbruch verhilft. Schon kurz später rüsten Mercedes (1999), Audi und BMW (beide 2001) alle ihre Fahrzeuge mit ESP aus, so dass bis zum Jahr 2003 bereits 10 Millionen der Systeme verkauft wurden. Zum 24 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Vergleich: Das ABS System brauchte für diesen Absatz (ab der Serienreife) 15 Jahre. Vor- und Nachteile: Auch hier ergeben sich die Vorteile aus der Funktion. ESP kann das Fahrzeug in vielen kritischen Situationen sicher in der Spur halten. Das System kann trotzdem als störend empfunden werden, wenn das Auto beabsichtigt im Grenzbereich fortbewegt werden soll (z.B. Driften in Kurven). Zudem können die Eingriffe in das Motormanagement zu spür- baren „Rucklern“ führen, was als Komfortminderung interpretiert werden kann. Weitere Produktbezeichnungen: Da ESP ein eingetragenes Warenzeichen der Daimler AG ist, nennen die Autohersteller ihre Systeme alle unterschiedlich: Z.B. Control, Stability and Traction (CST, bei Ferrari), Dynamische Stabilitäts Control (DSC, bei Mazda und BMW) und Porsche Stability Management (PSM, bei Porsche), um nur einige anzuführen. 2.3.4 Adaptive Cruise Control Das Adaptive Cruise Control System (ACC) wird auch als Abstandsregeltempomat bezeichnet. Es kann den Fahrer gerade bei Lang- streckenfahrten entlasten, in dem es automatisch den richtigen Abstand zum vor ihm fahrenden Fahrzeug einhält. Funktion: Da das ACC ein Tempomat ist, wird in erster Linie die eingestellte Geschwindigkeit gehalten, ohne dass der Fahrer dauerhaft Druck auf das Gaspedal ausüben muss. Beim ACC wird nun zusätzlich der Verkehr mittels Radarsensoren überwacht. Dabei ermittelt das System die Geschwindigkeit und Position des vorausfahrenden relativ zum eigenen Fahrzeug. Wenn der Abstand zu weit absinkt, greift das System ein. Dies geschieht wie beim ABS entweder über einen Eingriff in das Motormanagement oder über die Bremsanlage. Sobald der geschwindigkeitsabhängige Sicherheitsabstand erreicht ist, fährt das Fahrzeug mit der Geschwindigkeit des vor ihm liegenden weiter. Wenn es die Verkehrslage wieder zulässt, beschleunigt ACC das Fahrzeug wieder auf die vorher eingestellte Geschwindigkeit. Vor- und Nachteile: ACC bietet den Komfort, dass der Fahrer nicht mehr so viel Aufmerksamkeit dem vor ihm liegenden Verkehr schenken muss, was ein entspannteres Fahren zur Folge hat. Hier liegt aber ein Nachteil, der bei vielen Fahrerassistenzsystemen nicht zu vernachlässigen ist. Das Vorhandensein des Systems suggeriert dem Fahrer ein falsches Sicherheitsgefühl, da es ja „auf ihn aufpasst“. Dies kann zu Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 25 Übermut und/oder Leichtsinnigkeit im Straßenverkehr führen, was schwerwiegende Unfälle zur Folge haben kann. Dass die Verantwortung weiterhin beim Fahrer liegt, muss ihm bewusst sein. Ein anderer Nachteil des Systems ist, dass die Radarsensoren zusätzlichen Elektrosmog erzeugen, was gerade in dem gedachten Einsatzbereich des ACC's (z.B. Stau) zu einer zusätzlichen Umweltbelastung führt. Entwicklung: ACC kommt erst seit 1998 in PKW's zum Einsatz. Vorher war die Sensor- datenerfassung durch Patente geschützt. Die ersten ACC Generationen überwachten erst ab einer Geschwindigkeit von 30 km/h und waren somit nicht als Stauassistenten einsetzbar. Aktuelle Modelle des ACC decken diesen Bereich bis zu einer Geschwindigkeit von 200km/h aber ab. Weitere Produktbezeichnungen: Das System wird von vielen Herstellern (z.B. BMW) auch als „Automatische Distanzregelung“ bezeichnet. Mercedes nennt sein ACC System „Distronic“. 2.3.5 Predictive Safety Systems Laut Bosch ließen sich 60% aller Auffahrunfälle und fast ein Drittel der Frontalzusammenstöße vermeiden, wenn der Fahrzeugführer nur eine halbe Sekunde früher reagierten. Aus diesem Grund entwickelt Bosch momentan ein mehrstufiges Fahrerassistenzsystem unter dem Namen Predictive Safety Systems (PSS), welches dem Fahrzeug eine schnellere Reaktion auf Gefahrensituationen ermöglichen soll. Diese Technologie basiert auf dem Zusammenspiel bereits behandelter Systeme: Antiblockiersystem, Elektronisches Stabilitätsprogramm und dem Adaptive Cruise Control System. Predictive Brake Assist: Das Predictive Brake Assist System (PBA) stellt die erste Stufe des PSS dar. Es wertet die Daten des Adaptive Cruise Control aus und reagiert in unfallkritischen Situationen. Diese erkennt das System z.B. anhand einer schnellen Entnahme des Fußes vom Gaspedal. Das PBA erhöht dann vorausschauend den Bremsdruck und veranlasst das Anlegen der Bremsscheiben an die Räder, ohne sie aber zu berühren. So wird bei Betätigung der Bremse die maximale Verzögerungswirkung erreicht. Predictive Collision Warning: Das Predictive Collision Warning System (PCW) ist die zweite Ausbaustufe des PSS. Es beinhaltet den kompletten Funktionsumfang der ersten Stufe und erweitert diesen um einen Mechanismus, um den Fahrer vor der gefährlichen Situation zu warnen. Dies kann zum einen über akustische und/oder optische Signale geschehen oder auch über die Straffung des 26 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Sicherheitsgurtes. Durch diese Signale an den Fahrer soll seine Reaktions- zeit bis zum Bremsen vermindert werden. Predictive Emergency Braking: Das Predictive Emergency Braking System (PEB) ist die dritte und letzte Ausbaustufe des PSS. Sie beinhaltet beide vorigen Ausbaustufen. Das System aktiviert sich in dem Fall, wenn nach der Warnung des Fahrers durch das PCW nicht oder nur unzureichend reagiert wird. In diesem Fall, wenn ein Unfall nicht mehr zu vermeiden ist, leitet das System unabhängig vom Fahrer eine Notbremsung mit maximaler Bremswirkung ein, um den Zusammenstoß so weit wie möglich abzuschwächen. Dieses System ist noch nicht im Einsatz, da aktuell die rechtlichen Rahmenbedingungen noch nicht gegeben sind. Da aktiv in die Fahrzeugführung eingegriffen wird, müssen hier noch Fragen der Verantwortung vom Gesetzgeber geklärt werden. Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 27 3 Fahrerassistenzsysteme und „intelligenter“ Straßenverkehr (Anna Patricia Moik) Kapitelübersicht 3.1 Die Vision des autonomen Fahrens ................................................27 3.2 Formen der Autonomie .................................................................28 3.2.1 Das ESP.............................................................................28 3.2.2 Das SBC.............................................................................31 3.2.3 Zusammenfassung..............................................................33 3.3 Innovationsmanagement in der Automobilindustrie .........................33 3.3.1 Zusammenarbeit zwischen Zulieferer und OEM......................33 3.3.2 Innovationen in der Automobilindustrie ................................35 3.3.3 Die Marktentwicklung..........................................................36 3.4 Probleme bei den Assistenzsystemen .............................................37 3.4.1 SBC ausgebremst ...............................................................38 3.5 Zusammenfassung .......................................................................39 3.A SWT (Sidewall Torsion) ................................................................39 3.1 Die Vision des autonomen Fahrens In der Unfallforschung wurde festgestellt, dass lediglich 3% der Unfälle durch Fahrzeugfehler verursacht wurden. Als logische Konsequenz laut Dr.- Ing. Spielberg (DaimlerChrysler) folgt daraus, dass bei der Unfallver- meidung beim Fahrer angesetzt werden muss. Dies soll durch optimal unterstützende Fahrerassistenzsysteme geschehen. Hier steht die sogenannte aktive Sicherheit im Vordergrund. Im Unterschied zu den passiven Sicherheitssysteme, wie z. B. dem Airbag, werden die Insassen und das Fahrzeug präventiv vor kritischen Situationen geschützt, anstatt die Auswirkungen lediglich zu begrenzen (vgl. Automobil Industrie 2004a). Das Thema Unfallverhütung ist auch auf Seiten der Regierung ein wichtiger Punkt. Auch in der EU wurde das Ziel der Halbierung der Autounfälle gesetzt. Durch die Vielzahl an technischen Entwicklungen ergeben sich neue Möglichkeiten in der Automobilindustrie. Der Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen liegt die Vision vom intelligenten Automobil zugrunde. Durch die Entwicklung in der Sensor- und Mikrotechnik, der Informations- und Datenverarbeitung, der Automatisierungstechnik und der Telekommunikation sind neue Lösungen in der Automobilelektronik möglich. Es entstand der neue Zweig der „intelligenten Fahrzeugsysteme“. Durch sie soll das Autofahren komfortabler und sicherer werden. Es geht darum, innovative Regelungssysteme zu entwickeln, die den Autofahrer unterstützen und zum verlässlichen Assistenten werden (vgl. Automobil Industrie 1996a). Durch diese Entwicklung kann sogar das autonome Fahren möglich sein. Dabei unterscheiden sich die Tendenzen und die 28 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Intensität, mit der die Vision des autonomen Fahrens bei den einzelnen OEM umgesetzt werden soll. Beispielsweise entsteht bei Mercedes eine Vision des elektronischen Copiloten. Bei BMW dagegen ist es sehr wichtig, dass alle technischen Lösungen und Ideen durch ein aktives Eingreifen des Fahrers übergangen werden können. Die individuelle Freude am Fahren steht bei BMW im Vordergrund. Somit verbleibt die Verantwortung und die Entscheidung beim Fahrer (vgl. Automobil Industrie 2005b). Auch Mercedes will den Autofahrer noch in der Rolle des Entscheiders lassen, da es kein Null-Fehler-System gibt und die Verantwortung für das Fahren nur ein Mensch übernehmen kann, niemals ein technisches System (vgl. Automobil Industrie 2001c). Der einzige zulässige Zugriff wird bei einem unvermeidlichen Zusammenstoß erlaubt, um die Schwere des Aufpralls zu verringern (vgl. Automobil Industrie 1996a). Die Fahrerassistenzsysteme entlasten folglich den Fahrer, entlassen ihn aber nicht aus der Verantwortung. Es gibt schon eine Vielzahl an Fahrerassistenzsysteme, und die Ideen und technischen Umsetzungen reißen nicht ab. Entscheidend sind die Entwicklungen in der Sensorik, Software und Datenauswertung, um so viele Daten wie möglich zu erhalten. Für ein autonomes Fahren sind Eingriffe in die Lenkung, Bremse und das Motorenmanagement notwendig. Weiter werden Radar- und Videosensoren und ein Spurhalte- und Spurwechsel- system benötigt (vgl. Automobil Industrie 2001b). Dadurch sind die Richtungen der Innovationen bereits vorgegeben. Im nächsten Abschnitt sollen zunächst zwei Assistenzsysteme heraus gegriffen werden, um die Funktion eines Fahrerassistenzsystems zu verdeutlichen. 3.2 Formen der Autonomie Wie bereits schon gesagt wurde, sind für das Ziel des autonomen Fahrens unter anderem auch Eingriffe in die Bremse notwendig. Aus diesem Grund soll die Entwicklung in diesem Bereich an Hand des ESP und SBC aufgezeigt werden. 3.2.1 Das ESP Das elektronische Stabilitätsprogramm ESP wurde 1995 eingeführt und die Fortsetzung einer langen Entwicklung im Bereich der Bremsregelsysteme. Die wegbereitenden Systeme waren das Anti-Blockier-System (ABS), die Elektronische Bremskraftverteilung (EBV), die Motorschlupfregelung (MSR) und die Antischlupfregelung (ASR). Das ESP wird auch als die „Elch- Wunderwaffe“ bezeichnet, das es der Schleudergefahr in Kurven entgegen wirkt und das Auto auch bei Glatteis und Nässe die Spur hält. Das ESP beinhaltet eine Vielzahl an Sensoren. Dadurch kann das ESP ein exaktes Bild der tatsächlichen Fahrzeugbewegung erzeugen. Dies geschieht durch Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 29 das Berücksichtigen von physikalischen Größen wie Gierrate und Geschwindigkeit. Mit Gieren werden Drehbewegungen um die eigene Achse bezeichnet. Die Ursprünge dieser Technik sind in der Luft- und Raumfahrttechnik zu finden. Ein Mikrocomputer berechnet mit den erfassten Daten einen Soll-Zustand und vergleicht diesen mit den Ist- Werten. Kommt es zu einer Abweichung, greift das ESP ein (siehe Abbildung 3.1). Dies kann bis zu 150 Mal pro Sekunde passieren. Dabei ist es im Gegensatz zum ABS nur geringfügig in seiner Wirkungsweise von Eingriffen des Fahrers abhängig. Dadurch steigert es noch mal die Sicherheit. Das entscheidende an ESP ist, neben den Funktionen von ABS, ASR EBV und MSR, die Berücksichtigung der Seitenführungskräfte. Durch gezieltes Abbremsen einzelner oder mehrerer Reifen oder ein Verringern des Motordrehmoments kann die Querdynamik des Fahrzeugs stabilisiert werden. Dadurch kann eine gefährliche Schleuderbewegung verhindert werden. In dem ESP sind eine Vielzahl an Sensoren enthalten. Ein Lenkwinkelsensor erfasst den Lenkradeinschlag. Ein Querbeschleunigungs- sensor erfasst ein Abdriften des Autos in Querrichtung. Ein Drehgeschwin- digkeitssensor erfasst ein Schleudern des Wagens. Der Bremsdruck wird mit dem Vordrucksensor erfasst. Durch einen CAN-Bus ist das ESP- Steuergerät mit dem Motor und dem Automatikgetriebe verbunden. So kann in die Motor- und Getriebesteuerung eingegriffen werden (siehe Abbildung 3.2). In Serie ging das ESP 1996 zunächst bei Mercedes-Benz in der S-Klasse, dem Roadster SL und im Coupé 600. Seitdem wird es mit jeder Autogeneration weiterentwickelt und verbessert. So wurde die Hydraulik zum Druckaufbau der Bremse integriert. Dadurch konnte später auch komfortabler abgebremst werden. In der A-Klasse wurde noch eine zweistufige Hochdruckpumpe integriert. Durch die Möglichkeit eines schnellen und hohen Druckaufbaus konnte so eine Notbremsung noch effektiver möglich gemacht werden (vgl. Automobil Industrie 1999a, 2005e, 2001a). Neben der Bosch GmbH bieten auch Continental Automotive Systems, TRW Automotive und Continental Teves ein ESP-System an. Ein möglicher Konkurrent kam mit dem SWT (Sidewall Torsion) der Continental AG auf. Laut Prognosen von 1999 könnte ESP durch weitere technische Entwicklungen des SWT komplett ersetzt werden (vgl. Automobil Industrie 1999, siehe Anhang A). Diese Entwicklung ist aber nie zu Stande gekommen und später im Sand verlaufen. Ob es an den fehlenden technischen Innovationen lag oder andere Gründe dafür verantwortlich waren, konnte nicht geklärt werden. 30 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Abbildung 3.1: Funktion des ESP (Continental AG 2008) Abbildung 3.2: Komponenten des ESP (Continental AG 2008) Eine Rückfallebene wurde im BA2 von Mercedes und TRW berücksichtigt. Der Bremsassistent 2 funktioniert im Fall eines Ausfalls wie ein konven- tioneller Bremskraftverteiler. Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 31 3.2.2 Das SBC Die Sensoric Brake Control (SBC) wird als die logische Fortsetzung nach ABS, ASR und ESP bezeichnet. Das SBC wurde in Zusammenarbeit von Bosch und Mercedes-Benz über einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren entwickelt und hat sich in internen Tests gegen konventionelle und elektromechanische Bremssysteme durchgesetzt. Diese Bremsanlage war die erste „By-Wire“-Bremsanlage auf dem Markt. Durch das SBS wird der Bremsbefehl des Fahrers vom Hydraulikkreislauf entkoppelt. Außerdem ist bei einem Ausfall der Elektronik die hydraulische Rückfallebene schon integriert, die es dem Fahrer ermöglicht, die Vorderräder, wie bei einer herkömmlichen Hydraulikbremse, bis zum Stillstand zu bremsen. Weiter hat SBC die Fähigkeit zur Eigendiagnose. Weitere Funktionen die laut Bosch mit diesem System möglich wären, stellen ein vom Fahrer unabhängiges Bremsmanöver oder sogar eine Vollbremsung dar. In Verbindung mit weiteren By-Wire-Systemen und Sensoren wäre sogar völlig autonomes Fahren denkbar (vgl. Automobil Industrie 2001e). Das SBC arbeitet auf elektrohydraulischem Wege. Das bedeutet, dass einige hydraulische und mechanische Komponenten ersetzt wurden. Beispielweise der Unterdruck-Bremskraftverstärker. SBC ermittelt den Bremsdruck nicht mehr alleine durch die Pedalkraft und der die Reaktion des Fahrers, sondern mit Hilfe von Fahrdynamikdaten, welche von Sensoren ermittelt werden. Dadurch dienen das Bremspedal und der Hauptbremszylinder im Normalfall lediglich der Bremsdruckerfassung. Abbildung 3.3: Komponenten des SBC (Kerr 2004) Aus der Perspektive des Fahrers erfolgt keine Veränderung des Bremsvorgangs. Dieser benutzt ganz normal das Bremspedal, wie er es gewohnt ist. Allerdings wird dem Fahrer sozusagen vorgetäuscht, durch seine Beinkraft zu bremsen. In Wirklichkeit handelt es sich um einen Pedalwegsimulator. Der Fahrer komprimiert bei Betätigung des Bremspedals ein nicht-lineares Federpaket, welches ihm ein realitätsnahes 32 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Bremsgefühl vermittelt. Um die Verzögerung zu berücksichtigen, wird ein Verzögerungsalgorithmus benutzt. Sensoren erfassen den geforderten Bremsdruck und senden diese Daten an das SBC-Steuergerät mit integriertem Hydraulikgerät. Das Hydraulikgerät beinhaltet zusätzlich die Raddruckmodulatoren, den Hochdruckspeicher und die elektrisch angetriebene Hydraulikpumpe. Das Steuergerät verarbeitet auch Informationen über die Raddrehzahlen, den Lenkwinkel sowie die Drehraten und Querbeschleunigung. Auch Daten über die Motorbrems- wirkung und die aktuelle Fahrstufe des Getriebes werden durch die Überlieferung des Antriebsstrangs berücksichtigt. Mit Hilfe dieser Informationen berechnet das Steuergerät den optimalen Bremsweg jedes einzelnen Rades. Durch dieses Verfahren kann auch die Fahrstabilität nicht nur in schwierigen Situationen erhalten bleiben. Auch die Seiteführung und das Bremsverhalten verbessern sich. Die berechneten Informationen setzen die Raddruck-Modulatoren in hydraulische Bremskraft um. Dazu erzeugt eine elektrisch angetriebene Pumpe den notwendigen Druck und hält das Hydrauliköl in einem mit Stickstoff gefüllten Hochdruckspeicher bei einem permanenten Druck von 140 bis 160 bar. So kann bei einem Brems- manöver unmittelbar der nötige Druck an die Bremse weitergeleitet werden und lässt nicht wertvolle Zeit durch den Druckaufbau verstreichen. Zusätzlich überwachen Raddruck-Modulatoren diese Vorgänge. Laut Dr. Wilfried Achenbach, Centerleiter für Entwicklung Elektrik/Elektronik für Fahrwerk und Antrieb, entsteht ein „hoch dynamisches Brems- management“. Im Notfall tritt „auch für ungeübte Fahrer sehr schnell und ohne überhöhte Fußkräfte die volle Verzögerung ein. Außerdem ist das System selbst bei ausgeschaltetem Motor voll einsatzfähig.“ Das SBC erkennt außerdem einen schnellen Wechsel vom Gas- auf das Bremspedal und erhöht automatisch den Druck in den Bremsleitungen. Die Bremsbelege liegen dadurch eng an den Scheiben an, sodass beim Tritt auf das Pedal die volle Bremskraft zur Verfügung steht. Weiter ist das SBC mit den Bremsassistenten ESP und ABS verbunden. Das SBC führt nach Werks- angaben zu einer Reduzierung des Bremsweges bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h um bis zu drei Prozent. Durch das SBC kann auch das ESP feinfühliger und präziser arbeiten. Eine weitere Funktion des SBC ist das Verdrängen von Regenwasser auf den Bremsscheiben. Dies geschieht indem regelmäßige, nicht wahrnehmbare Bremseingriffe vorgenommen werden, die das Wasser von den Bremsscheiben verdrängen. Dadurch hat die Bremse bei nasser Fahrbahn einen erhöhten Wirkungsgrad. Diese Funktion ist an den Betrieb der Scheibenwischer gekoppelt. Daimler-Chrysler verspricht sich mehr Komfort und Sicherheit, da zum Beispiel kein Vibrieren bei Einsetzen des ABS zu spüren ist. Denn Tests ergaben, dass der Bremsdruck bei ABS ab der fühlbaren Vibration nicht weiter erhöht wird oder sogar reduziert wird, was den Bremsweg vergrößert (vgl. Automobil Industrie 2001d). Für die Zukunft sah Mercedes- Benz noch viel Potential für das SBC. So hätte es noch mit weiteren Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 33 Funktionen ausgestattet und mit weiteren Sensoren gekoppelt werden können. Es hätte das Potential bestanden, SBC mit moderner Telematik zu kombinieren und so den Traum vom autonomen und gefahrenfreien Fahren näher zu bringen. Für ein autonomes Fahren ist eine elektronisch per Computer steuerbare Bremse notwendig. Aber soweit kam es nie, denn kein weiterer OEM hat das SBC nachgefragt. Für eine ausführliche Darstellung dieser Entwicklung siehe Abschnitt 3.4.1 (vgl. Automobil Industrie 2001d) 3.2.3 Zusammenfassung Bisher wurde die Vision des autonomen Fahrens dargestellt und auf die Funktion der Fahrerassistenzsysteme und speziell auf die Funktionen des ESP und des SBC eingegangen. Im nächsten Abschnitt soll sich den Entwicklungstrends und dem Innovationsprozess in der Automobilindustrie zugewandt werden. Betrachtet man die Entwicklungen von ESP und anderen Fahrerassistenzsystemen, geht die Richtung immer mehr zur Integration mehrerer Assistenten zu einem neuen Produkt. Bei der Entwicklung neuer Assistenzsysteme wird meist auf bereits vorhandene Technik zurückgegriffen und durch Integration ein neues System kreiert. 3.3 Innovationsmanagement in der Automobilindustrie Unter Innovationsmanagement versteht man ein Management, dass die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens ermöglicht, steuert und erhält. Die Schwierigkeit besteht hier darin, Kreativität zu erzeugen, Innovationen zu planen und die Innovationsfähigkeit zu erhalten, was sich zunächst widerspricht. Dennoch gibt es einige Techniken und Strategien, die Innovationen fördern können. Von Spath werden Erfolgsfaktoren für ein Innovationsmanagement aufgeführt. Diese sind eine gezielte, langfristige Konzentration der der Kräfte, eine frühzeitige Kundenintegration und aktive Trendgestaltung, Transparenz und Geschwindigkeit, adaptive Innovations- organisation und Leidenschaft und Mut zu Innovation (vgl. Spath 2003). Der Innovationsprozess in der Automobilindustrie im Bereich der Fahrerassistenzsysteme ist ganz stark durch die Vision des autonomen Fahrens geprägt. Aber auch durch gesetzliche Vorschriften und Zielvorgaben der EU. Soweit es möglich ist, soll ein Einblick in das Innovationsmanagement gegeben werden. Bevor auf den Innovations- prozess eingegangen wird, wird zunächst die Beziehung von Zulieferer und OEM dargestellt. Danach wird auf die Marktentwicklung der Fahrer- assistenzsysteme eingegangen. 3.3.1 Zusammenarbeit zwischen Zulieferer und OEM Die OEM engagieren sich sehr in der Verbesserung der Sicherheitsaspekte ihrer Fahrzeuge, da diese entscheidende Wettbewerbsvorteile sind. Auch drängen Projekte zu einer Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr, 34 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung wie beispielsweise das Forschungsprojekt Prometheus, die OEM zu einer Verbesserung. Hier wird die Zusammenarbeit mit den Elektronik- und Sensoriklieferanten immer wichtiger. Zumeist werden neue Assistenz- systeme in Zusammenarbeit von OEM und Zulieferer entwickelt und ausführlich getestet. Bei der Einführung eines neuen Systems gehen die OEM in der Regel so vor, dass sie die neue Technik zunächst gegen einen Aufpreis als Sonderausstattung an den Kunden bringen. Mit der Zeit und dem Preisverfall geht diese in die Serienfertigung über (vgl. Automobil Industrie 1996a). Die Zulieferer liefern zunehmend komplexe Mechatronikmodule, die für eine Mensche-Maschine-Schnittstelle stehen und nicht mehr lediglich einzelne Bauteile darstellen. Dabei ist die eigentliche Mechatronik nicht sichtbar. Auch für die Vernetzung im Auto brauchen die OEM Unterstützung durch die Zulieferer (vgl. Automobil Industrie 2005f). Es entsteht ein hierarchisch aufgebautes Netzwerk, indem die OEM die Funktionen definieren. Allerdings nimmt der Anteil an Elektronikteilen im Automobil zu, und dadurch wird auch die Bedeutung der Zulieferer gestärkt. Was durch die Zunahme der mechatronischen Systeme im Fahrzeug deutlich wird, ist die starke Zusammenarbeit zwischen Zulieferer und OEM. So sagte Dr. Spiegelberg von DaimlerChrysler: „Gerade bei so komplexen Themen ist es wünschenswert, frühzeitig gemeinsam in ein neues Konzept und dessen Verständnis einzusteigen. Wir brauchen sauber gegliederte Module und Schnittstellen, um eine sichere Aufgabenzuordnung, aber auch ein überzeugendes Businessmodell aller Beteiligten hinterlegen zu können. Andernfalls sind die Anforderungen an die Entwicklungen zu komplex und für den Einzelnen zu teuer“ (vgl. Automobil Industrie 2004a). Insgesamt müssen Innovationen bei den Zulieferern besser vermarktet werden, da diese sonst austauschbar werden. Eine Möglichkeit ist das „Ingredient branding“. Um diese Möglichkeit zu ergreifen, ist allerdings das Einverständnis des OEM nötig. Die OEM werden aber nur zustimmen, wenn sich dadurch einen Nutzenvorteil versprechen, wie Marcus Klippgen von Bosch erzählt: „Der OEM braucht ein einheitliches Markenbild. Da müssen von Fall zu Fall die Interessen von uns Zulieferern zurückstecken.“ Dies unterstreicht die Stellung der Zulieferer. Auch in der Entwicklung sind die Zulieferer stark von den OEM abhängig. Sie benötigen Entwicklungs- fahrzeuge für Testdurchgänge. Zwar kann auf Simulationen zurückgegriffen werden, aber für das Feintuning sind die Fahrzeuge unerlässlich (vgl. Automobil Industrie 2002a). Dr.-Ing. Dieter Hennecke von BMW meint dazu, dass es eine Menge Dinge gibt, „[…] bei denen man sich helfen lassen kann, ohne die Kernkompetenzen aus der Hand zu geben“ (vgl. Automobil Industrie 2005a). Bei BMW ist man zu einer Plattformstrategie übergegangen. Dieses Plattformkonzept wurde in Zusammenarbeit mit mehreren Zuliefern entwickelt und gilt seit 2005 als Benchmark für zukünftige Baureihen. Eine Entwicklung war die Mensch-Maschine- Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 35 Schnittstelle von der restlichen Systemebene zu trennen. Dadurch konnte BMW die Bedienoberfläche nach eigenen Designgrundsätzen gestalten (vgl. Automobil Industrie 2005g). Das Innovationsmanagement bei Audi zieht eine Mitarbeiterorientierung durch Einbeziehung der Mitarbeiter und deren Wünschen vor. Kurze Wege und wenige Barrieren werden weiter umgesetzt. Beispielsweise besteht eine terrassenförmige Anordnung der einzelnen Entwicklungsbereiche (vgl. Automobil Industrie 2004d). 3.3.2 Innovationen in der Automobilindustrie Da die Arbeiten an den Fahrerassistenzsystemen auf ein und derselben Vision und zum Großteil auch auf dem Prometheus-Forschungsprojekt beruhen, sind die technologischen Ansätze der einzelnen Automobilhersteller und der speziellen Elektronikzulieferer durchaus vergleichbar (vgl. Automobil Industrie 1996). Dadurch besteht ein hoher Innovationsdruck. Das Gebiet der Fahrerassistenzsysteme wird von Experten als das nächste große Innovationsumfeld in der Automobilindustrie bezeichnet. Dabei nähert man sich mit den einzelnen Innovationen in kleinen Schritten immer mehr dem sensitiven Auto an. Es kommt nicht mehr zu großen revo- lutionären Innovationen, sondern vielmehr zu Weiterentwicklungen und Kombinationen schon bestehender Systeme, um diese noch präziser, sicherer und komfortabler zu gestalten (vgl. Automobil Industrie 2004e). Dass dies der entscheidende Weg ist, sagt auch Peter Marks der Bosch- Geschäftsführung: „Das sensitive Auto kommt.“ Es wird ein großer Zuwachs auf dem Markt der aktiven Sicherheit prognostiziert. Dabei bringen alle Lieferanten ähnliche Produkte auf den Markt, wie bis 2010 abgeschätzt werden kann. Darüber hinaus sollen vor allem die elektromechanischen Komponenten zunehmen und den Weg zum autonomen Fahren bereiten (vgl. Automobil Industrie 2005d). Die Kundenorientierung darf dabei nicht außer Acht gelassen werden. Der Gedanke eines eingreifenden Systems stößt bei einigen Autofahrern auf Skepsis. Diese Bedenken müssen ernst genommen werden. Nur wenn ein Nutzen für den Endverbraucher erkennbar ist, wird er die Innovation annehmen. Im Moment ist das autonome Fahren zwar noch nicht realisierbar. Aber es ist wichtig, den Kunden in diese Entwicklung einzubinden. Bei den Entwicklern von BMW und Bosch wird auch an eine individuelle Gestaltung der Fahrerassistenzsysteme gedacht. In dem zu diesem Zweck gegründeten Forschungsprojekt S.A.N.T.O.S. wurde festgestellt, dass die Fahrer sich eine integrierte Lösung anstelle mehrerer Einzelsysteme wünschen. Das Stichwort für die Fahrerassistenzsysteme lautet weiter: so viel wie nötig – so wenig wie möglich (vgl. Automobil Industrie 2004c). Auch die Johnson-Controls-Studie 2005 hat ergeben, dass Neuerungen möglichst vertraut sein sollen. „Es gilt Bediensysteme zu entwerfen, die der Fahrer intuitiv und mühelos bedienen kann“ (Silke 36 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Strauch, Leiterin der Konsumentenforschung bei Johnson Controls, vgl. Automobil Industrie 2005a). Bei BMW ist es ein grundsätzliches Anliegen, den Fahrer durch ein Assistenzsystem nicht unbemerkt an physikalische Grenzen heranzuführen und dann alleine zu lassen. „Uns ist eine saubere und rechtzeitige Rückmeldung des Fahrzeugs an den Fahrer enorm wichtig“, wie Dieter Henecke in einem Interview sagte. Bei BMW soll über eine Unterstützung, zum Beispiel zur Unfallvermeidung nicht hinausgegangen werden. Es kann sonst zu moralischen Handlungs- alternativen kommen. Das Problem ist, dass die Systeme das Umfeld in menschlicher Qualität erfassen müssen. „Ich sehe also die automatische Unfallvermeidung derzeit als nicht realistisch an. Der Mensch muss die Verantwortung und Entscheidungshoheit behalten, eine Auswahl zwischen den verschiedenen Möglichkeiten zu treffen“, die Freude am Fahren am Fahren im Sinne von sportlichem Fahren soll nach Belieben erhalten bleiben, solange die Situation dies erlaubt (vgl. Automobil Industrie 2005a). Bei der Entwicklung spielen auch Projekte wie die DARPA Grand Challenge 2005 und die DARPA Urban Challenge 2007 eine große Rolle. Hier können die OEM die Grenzen der Assistenzsysteme testen und analysieren, welche Entwicklungen weiter verfolgt werden sollen (vgl. Automobil Industrie 2007b). 3.3.3 Die Marktentwicklung Fahrerassistenzsysteme stellen einen Wachstumsmotor dar. Als Beispiel für die hohe Wachstumsdynamik des Marktes der Aktiven Sicherheit wird ESP genannt. Von 1998 bis 2004 hat sich die Einbaurate von 0 auf 50 Prozent gesteigert. Das Umsatzvolumen betrug 2004 600 Mio. Euro. Zwar wird mit der Zeit die große Innovationswelle abebben, aber bestehende Systeme werden weiter optimiert. Für 2015 wird ein Umsatz für Sicherheit/ Fahrerassistenzsysteme von 15 Mrd. Euro Umsatz prognostiziert, wobei es sich zu diesem Zeitpunkt allmählich auf sein Sättigungsniveau zu bewegt. Der Sicherheitsaspekt beim Kauf eines Autos nimmt immer weiter zu. Dafür wird auch der Alterungsprozess der Bevölkerung verantwortlich gemacht. Die durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt beträgt nach der aktuellen Sterbetafel 2004/6 für neugeborene Jungen 76,6 Jahre und für neugeborene Mädchen 82,1 Jahre (vgl. Statistischen Bundesamtes 2007). 2015 werden 34 Prozent der Neuwagenkäufer über 60 Jahre alt sein. Diese Käuferschicht hat alterbedingt eine größere Nachfrage nach Produkten, die ihre Einschränkungen und gesundheitlichen Schwierigkeiten kompensieren. Auch die Zulieferer profitieren von dieser Entwicklung. Gerade in Deutsch- land ist der Markt für Assistenzsysteme bedeutend und stellt ein wichtiges Zukunftsfeld dar (vgl. Automobil Industrie 2004b). Dabei ist nach Dr. Kallenbach von Bosch eine stufenweise Einführung unerlässlich. Der Umgang mit Fahrerassistenzsystemen muss in Ruhe gelernt werden. Die Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 37 Innovationen müssen technisch und wirtschaftlich verdaut werden (vgl. Automobil Industrie 2004e). Dies wird durch eine Studie von Johnson Controls zu den Wünschen an ein ideales Bediensystem unterstützt. Längere Lernphasen, um ein System zu verstehen, werden nicht akzeptiert (vgl. Automobil Industrie 2005a). Durch die Zunahme an Elektrik im Auto kommt es zu einer zunehmenden Vernetzung von Mensch und System. Daraus schlussfolgert Dr. Schleuter von Audi, „das Elektronik größtmöglichen Kundennutzen bereitstellen muss“. Es kommt zu einer Schnittstelle von Mensch und Maschine (vgl. AI 2004d). Auch kommt es zu einer Kombination von aktiver und passiver Sicherheit. Beispielsweise bei Bosch durch die Combine Active and Passive Safety (CAPS) (vgl. Automobil Industrie 2004e). Durch das Zusammenführen von aktiver und passiver Sicherheit spricht man nun von adaptiver oder integrierter Sicherheit. In der Automobilindustrie sind Qualitätsprädikate wie die Euro-NCAP entscheidende Wettbewerbsfaktoren. Um volle fünf Sterne zu erhalten, mussten auch bestimmte Bedingungen in der passiven Sicherheit erfüllt werden. Allerdings wurde bisher nicht berücksichtigt, dass durch aktive Sicherheitssysteme Unfälle viel besser verhindert werden könnten und glimpflicher ausgehen. So wurden wertvolle Ressourcen in der passiven Sicherheit gebunden. Dabei spielt auch die Wahrnehmung des Kunden eine wichtige Rolle. Einer Studie zufolge messen 2006 die Verbraucher die Sicherheit eines Autos anhand der verbauten Airbags. Damit die Endverbraucher aktive Sicherheitssysteme akzeptieren, müssen sie den Nutzen des Systems erkennen. Dabei soll kein Gegensatz zwischen aktiv und passiv entstehen. Schon alleine aufgrund der Restunsicherheit, die bei einem Unfall trotz aktiver Sicherheitssysteme nicht zu vermeiden ist, besteht eine Daseinsberechtigung passiver Systeme. Es soll vielmehr zu einer Vernetzung kommen (vgl. Automobil Industrie 2006b). Diese Entwicklung soll auch im Gesetzt zum Fußgängerschutz berücksichtigt werden. Ein Hersteller kann die Maßnahmen zur passiven Sicherheit reduzieren, wenn nachgewiesen werden kann, dass ein ausreichender Schutz durch aktive Sicherheitssysteme besteht. Dr. Alois Maufhofer von Carhs bezeichnet diese Entwicklung als „[…] Meilenstein in der automobilen Gesetzgebung […]“. Das neue Gesetzt animiert die Automobilindustrie neue Ideen zu entwickeln (vgl. Automobil Industrie 2007a). 3.4 Probleme bei den Assistenzsystemen Laut ADAC gehen 1,3 Millionen Pannen auf Elektronikstörungen zurück, die zwar ärgerlich, aber im Moment noch harmlos sind. Anders sieht dies bei einem Ausfall eines sicherheitsrelevanten Systems aus. Nimmt die Autonomie zu, werden Ausfälle umso dramatischer. Der IEC-Standard, der schon jetzt im Maschinenbau und im Bauwesen gilt, soll gefährliche 38 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Ausfälle in der Elektronik künftig auch im Auto verhindern. Um die Bedingungen in der Automobilindustrie berücksichtigen zu können, muss die Regelung allerdings angepasst werden. Die früheste Version wird für 2008 erwartet. Dabei kann der Standard ohne nennenswert steigende Produktionskosten in der Großserie angewandt werden, wie aus einem Pilotprojekt hervor geht. Kann vom Hersteller nachgewiesen werden, das mindestens 99 Prozent der Ausfälle ohne Relevanz sind, bleibt es dem Zulieferer freigestellt, ein System ohne redundantes Element herzustellen (vgl. Automobil Industrie 2006a). Auch müssen juristische Fragen bezüglich der Haftung geklärt werden (vgl. Automobil Industrie 2004a). Wer trägt die Verantwortung, wenn es im Zuge eines elektrischen Versagens zu einem Unfall kommt? Wie kann Bedienfehlern vorgebeugt werden? Auch stellt sich die Frage, ob es bei bestimmten Fahrerassistenzsystemen wirklich zu einer Entlastung der Fahrer kommt. Vielleicht wird es irgendwann soweit sein, dass im Zusammenhang eines Autoneukaufs zuvor ein Fahrertraining zu absolvieren ist. 3.4.1 SBC ausgebremst Eigentlich sollte man meinen, dass das erste Brake-By-Wire-System, auf das die Fachwelt lange gewartet hat, ein Schritt nach vorne ist und eine erstklassige Innovation darstellt. Aber nachdem Bosch das SBC erstmalig in dem Mercedes SL und der E-Klasse auf den Markt gebracht hatte, blieb der Markterfolg aus. Kein weiterer OEM hat sich für das SBC entschieden. Nicht nur Bosch, sondern auch die anderen Zulieferer TRW und Conti-Tewes, die ähnliche Systeme bis zur Serienreife entwickelt haben, fanden keinen Anklang bei den OEM. Die OEM setzen weiter auf eine hydraulische Bremse und das ESP. Diese Variante ist um ca. 200 Euro günstiger als das SBC. Auch was den Funktionsumfang betrifft, holt das ESP auf. So kam das ESP-Plus auf den Markt. Vergleicht man dieses mit der SBC, so sieht man, dass das ESP-Plus ebenfalls bei Regen den Nässefilm durch Anlegen der Belege abstreifen kann und die Belege bereits an die Scheibe angelegt werden, sobald der Fahrer ruckartig vom Gas geht (Brake disc wiping and Brake Prefill). 2006 folgt EHB 3 (Elektrohydraulische Bremse), die zusätzlich noch über eine Soft-Stop-Funktion und den Stauassistenz verfügt. Dies geschieht über die Integration des ACC. Allerdings ist die Namenswahl sehr irreführend. Denn es handelt sich hier um eine einfach hydraulische Bremse. Als nächstes soll noch die Parkbremse als Funktion dazukommen, die 2005 auf den Markt kam. Durch die Weiterentwicklung des ESP-Systems scheint es, als würden alle Funktionen des SBC übernommen werden können und dies zu deutlich geringeren Kosten. Auch Bosch führt die Entwicklungen fort. Es zeigt sich, dass die OEM die Funktionen definieren und die Zulieferer die Anforderungen erfüllen (vgl. Automobil Industrie 2003a). Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 39 Ein weiteres Problem für das Scheitern des SBC kann der erhöhte Strom- verbrauch sein, welcher zu erheblichen Problemen bei der Zuverlässigkeit, Kompatibilität und Logistik führen kann (vgl. Automobil Industrie 2004d). Es kam bei Mercedes zu mehreren Rückrufaktionen und Problemen mit der Elektrik wie der Presse entnommen werden kann. Trotz dieser beiden möglichen Gründe, ist die Entwicklung überraschend. Für die Verfolgung der Vision des autonomen Fahrens ist eine By-Wire- Lösung auf lange Sicht unerlässlich. Es bleibt die weitere Entwicklung in diesem bereich zu beobachten. 3.5 Zusammenfassung Die Vision des autonomen Fahrens wird noch eine geraume Zeit bis zur Umsetzung brauchen. Dabei gibt es einige OEM, die in der Entwicklung gar nicht so weit gehen wollen. Es wurde deutlich, dass eine Einbeziehung des Kunden entscheidend ist und nicht außer Acht gelassen werden darf. Bezug nehmend auf die Innovationsfähigkeit in der Automobilindustrie, lässt sich zeigen, dass viele Erfolgsfaktoren für ein integriertes Innovations- management nach Spath vorliegen. Die aktive Sicherheit ist ein wichtiger Wachstumsmotor in der Automobilindustrie. Trotzdem kam es bei der SBC zu einem Scheitern. Es sind noch viele Fragen bezüglich der Haftung und Verantwortung zu klären. Es bleibt abzuwarten, ob es bei der jetzigen Regelung bleibt oder sich ein Wandel in Richtung zunehmender Autonomie der Fahrzeuge abzeichnet, der neue Regelungen erfordert. Diese und noch einige interessante Fragen bleiben für die weitere Forschung offen. 3.A SWT (Sidewall Torsion) Das SWT-System von Conti wird auch als der intelligente Reifen bezeichnet. Er besitzt einen Seitenwandtorsions-Sensor, der Informationen zur Fahrbahngriffigkeit überträgt. Der Vorteil dieses Systems ist, dass ESP und ABS bisher nur Informationen über Motorleistung, Bremsdruck, Rad- geschwindigkeit und Fahrzeugbeschleunigung zur Verfügung hatte und auf ungenaue Informationen über die Kräfte zwischen Fahrbahn und Fahrzeug zurückgreifen konnte. Diese wirken bei Brems- und Beschleunigungs- manövern oder auch in Kurven auf den Reifen und verformen ihn. SWT kann Längs- und Querkräfte am Pneu konkret ermitteln. Diese wirken bei Brems- und Beschleunigungsmanövern oder auch in Kurven auf den Reifen und verformen ihn. Erfasst werden diese Veränderungen durch zwei Sensoren und einer Magnetgummimischung des Reifens. Könnten noch das Gierratenmoment und der Querbeschleunigungssensor ersetzt werden, könnte das ESP bald der Vergangenheit angehören (vgl. Automobil Industrie 1999 40 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 41 4 Innovationsmanagement und strategisches Vorgehen der Hersteller bei der Produktentwicklung von Fahrerassistenzsystemen in der Automobilindustrie (Wen Qu) Kapitelübersicht 4.1 Einleitung ....................................................................................41 4.2 Technische Entwicklung der Automobilindustrie ..............................43 4.2.1 Technische Entwicklung der Automobilindustrie.....................44 4.2.2 Der Zusammenhang zwischen Entwicklung des Autos und Entwicklung der Gesellschaft ........................................44 4.2.3 Positive und negative Folgen der Entwicklung der Automobilindustrie .............................................................45 4.3 Die Entwicklung und die Verbreitung der Fahrerassistenz- systeme ...............................................................................45 4.3.1 Neue Anforderungen der Automobilindustrie und die Verbreitung der Fahrerassistenzsysteme ........................45 4.3.2 Einflussfaktoren und Akteure des Innovationsprozesses von Fahrerassistenzsystemen ....................................................46 4.4 Strategisches Vorgehen der Automobilhersteller und System- lieferanten in Bezug auf die Entwicklung der Fahrerassistenz- systeme......................................................................................47 4.4.1 Robert Bosch GmbH und Fahrerassistenzsysteme..................49 4.4.2 FuE-Kooperationen zwischen Systemlieferanten und Automobilhersteller ............................................................49 4.4.3 Kundenorientierung im Rahmen des Santos-Projektes............50 4.5 Fazit ...........................................................................................52 4.1 Einleitung Die in den vergangenen Jahrzehnten zunehmende Globalisierung blieb für die Unternehmen nicht folgenlos. Wegen veränderter Rahmenbedingungen, beschleunigter Innovationsspiralen, fragmentierter Märkte, wachsender internationaler Konkurrenz und hohem Kostendruck ist es für alle Unternehmen immer schwieriger, auf den Weltmärkten zu überleben. Die Veränderungen, die wir derzeit erleben, sind ungewöhnlich vielfältig, weil konjunkturelle, strukturelle und technologische Umschichtungen zusam- menkommen. Sie erfordern entsprechend eine ungewöhnlich hohe Fähigkeit und Bereitschaft zur Innovation (vgl. Wolfrum 1994). Zukünftig werden nur diejenigen Unternehmen eine Chance haben, die ihre Organisation stets den sich verändernden Umweltbedingungen anpassen. Deshalb gewinnt Innovationsmanagement als strategisches Instrument zunehmend an Bedeutung, da den Unternehmen dadurch eine schnelle 42 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Anpassung an die dynamischen Marktverhältnisse möglich ist und sie so ihr Überleben langfristig sichern können. Die Automobilindustrie ist eine interessante Untersuchungsbranche, da sie in vielen Nationen eine Schlüsselindustrie darstellt und wie kaum eine andere Branche alle wesentlichen Teile einer Volkswirtschaft beeinflusst. Wegen ihrer großen Bedeutung für Wachstum, Beschäftigung, technische Entwicklung und damit schließlich den Wohlstand eines Landes wird die Automobilindustrie als ein besonders wichtiger Industriezweig angesehen. Eine immer raschere technologische Entwicklung verschärft die neuen Wettbewerbsverhältnisse, sodass die Unternehmen dieser Branche ge- zwungen sind, sich möglichst rechtzeitig auf die Veränderungen einzustellen und diese möglichst genau zu antizipieren. Mit dem Aufkommen neuer komplexer Technologien gehen parallel eine Verkürzung der Marktzyklen und eine Verlängerung der Entwicklungszyklen von innovativen Produkten einher. Die Unternehmen der Automobilindustrie müssen ständig Innovationsbereitschaft und Innovationsfähigkeit zeigen. Dabei beeinflusst der technologische Wandel die bisherigen Strukturen und kann so die Grundlage für neue Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz bilden. Neue Technologien spielen eine zunehmend wichtigere Rolle bei dem Innovationsmanagement und dem Erkennen und Realisieren zukünftiger Erfolgs- und Gewinnpotentiale. Für die produzierenden Unternehmen in der Automobilindustrie wird es heutzutage immer wichtiger, sich mit innovativen Produkten vom Wettbewerb zu differenzieren. Dabei wird eine effektive und effiziente Forschung und Entwicklung als kritischer Erfolgsfaktor im Wettbewerb betrachtet. Neben diesen Entwicklungen stellt auch die zunehmende Bedeutung der Verkehrssicherheit eine große Herausforderung für die Forschung und Entwicklung dar. Die Fahrerassistenzsysteme sind ein betroffenes Innovations- und Themengebiet der Fahrzeugtechnik, da sie eine große Rolle bei den konstruktiven Sicherheitseinrichtungen moderner Automobile spielen und zu den aktiven Sicherheitseinrichtungen gehören. Um die Entwicklung der Fahrerassistenzsysteme als wichtigen und entscheidenden technische Forschungsschritt in der Automobilindustrie zu betrachten und darzustellen, werden im zweiten Kapital dieser Arbeit die Geschichte und Entwicklung des Autos kurz beschreiben. Hierbei ist es wichtig, zu sehen, dass die Entwicklung der Automobilindustrie die Menschheit und die ganze Gesellschaft stark beeinflussen und die Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen eine neue technische Epoche der Automobilindustrie schafft. Der Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Gesellschaft und der Entwicklung des Autos wird ebenfalls in diesem Kapital diskutiert. Dabei werden nicht nur positive Folgen, sondern auch negative Aspekte berücksichtigt. Dadurch ergeben sich neue Anforderungen für die Unternehmen der Automobilindustrie wie zum Beispiel die Erhöhung der Sicherheit der Autos oder die weitgehende Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 43 Vermeidung von Umweltschädigungen. Die Entwicklung der Fahrer- assistenzsysteme bietet dann die Möglichkeit, die bestehenden Autos schrittweise zu verbessern, um diese Anforderungen zu erfüllen. Diese Herausforderungen und die Entwicklungsstrategie verschiedener Hersteller für Fahrerassistenzsysteme werden im dritten Kapital erklärt. Zum Schluss werden die wachsende Bedeutung von Fahrerassistenzsystemen in der Automobilindustrie und die stärkere Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Zulieferer anhand eines Beispiels dargestellt. 4.2 Technische Entwicklung der Automobilindustrie 4.2.1 Technische Entwicklung der Automobilindustrie Seit im 18. Jahrhundert die erste industrielle Revolution in Großbritannien stattfand, begann damit eine grundsätzliche neue Epoche der Kulturgeschichte der Menschheit. Eine drastische Bevölkerungszunahme, die mit massenhafter Landflucht einherging, verursachte eine revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft und ihrer Reproduktionsformen. Eisen- bahnen, Seeschifffahrt und neue Kommunikationssysteme (Telegraphie, Telefon, Funk) ließen die geographischen Räume in der Wahrnehmung der Menschen schrumpfen. In der Automobilindustrie wurde im Jahr 1885 das erste Auto mit Gasmotorenbetrieb von Karl Benz erfunden. Diese Erfindung basiert auf der 200 Jahre dauernden Entwicklung des Gasmotors als Antriebsquelle. Seitdem wurde die Entwicklung und Verbreitung des Autos immer schneller. Bis zum Jahr 1914 gab es in Deutschland schon ca. 55.000 Personen, die Autos besaßen und ca. 9000 Autos fuhren auf der Straße. Eine besonders wichtige Phase der technischen Entwicklung der Automobilindustrie stellte das 20. Jahrhundert mit der allgemeinen Akzeptanz und der Verbreitung von Automobilen sowie vielen technischen Neuerungen wie Wankelmotor, Allradantrieb, Antiblockiersystem (ABS), Airbag, Elektronischem Stabilitätsprogramm (ESP), Hybridantrieb (Elektro- und Verbrennungsmotor) dar (vgl. Wikipedia 2008a). Im 21. Jahrhundert haben die immer leistungsfähigeren Möglichkeiten der Mikroelektronik, der Informations- und Datenverarbeitung der Auto- matisierungstechnik und der Telekommunikation die Automobilhersteller der Realisierung der Vision des „Intelligenten Automobils“ näher gebracht. Mit zunehmender Serienausstattung sind die innovativen Techniken wie das ABS, die Antriebsschlupf- oder die Fahrdynamikregelung zu einer Selbstverständlichkeit geworden. 4.2.2 Der Zusammenhang zwischen Entwicklung des Autos und Entwicklung der Gesellschaft Da die Automobilindustrie in Deutschland sowie vielen anderen Nationen maßgeblich die Entwicklung der gesamten Volkswirtschaft beeinflusst, gilt 44 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung es den Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Autos und der Entwicklung der Gesellschaft zu betrachten. Der Produktionsprozess der Automobilindustrie ist durch eine Vielfältigkeit der Leistungserstellungen gekennzeichnet und fast alle Sektoren einer Volkswirtschaft werden in dessen Verlauf zusammengeführt. Wegen dieser Verknüpfungen von verschiedenen Industriebranchen wachsen die Bedeutung der Automobilindustrie und auch die Komplexität der Produktionsprozesse. Somit versuchen alle Unternehmen in dieser Branche mit Kostenführerschaft und innovativen Technologien eine stabile Marktposition zu besitzen. Bei der Kostensenkungsstrategie muss das Schlüsselwort „Massenproduktion“ in der Automobilindustrie angesprochen werden. Dabei ist Henry Ford durch Einführung des Fließbandes der Begründer und Pionier der Massenproduktion. Durch die Einführung des Fließbandes schaffte er die Möglichkeit, die teuren angelernten Handwerker durch ungelernte Arbeiter zu ersetzen und damit die Personalkosten und Materialkosten stark zu reduzieren. Dadurch konnte die Produktions- geschwindigkeit schnell gesteigert werden. Durch die Massenproduktion entstanden viele Arbeitsplätze. Solche Arbeitsplätze bieten den nicht hoch qualifizierten Arbeitern die Chance, eingestellt zu werden. Die Realisation starker Kostensenkungen in der Automobilherstellung führte dazu, dass die Unternehmen im Vergleich günstigere Autos auf den Markt bringen konnten und sich eine zunehmende Anzahl von Menschen ein Auto leisten konnten. Somit stieg in der ganzen Gesellschaft die Mobilität und Flexibilität in Bezug auf die Transportmöglichkeiten und die Entwicklung des Autos trug auch zur wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft bei. 4.2.3 Positive und negative Folgen der Entwicklung der Automobilindustrie Mit der rasanten Entwicklung und Verbreitung des Autos stiegen die Unabhängigkeit und Individualität der Menschen. Die für die Fließband- produktion notwendige Maßhaltigkeit, forderte neue hochqualitative Werkzeugmaschinen. Die Zulieferer, die solche speziellen Maschinen produzieren, haben entsprechend neue Aufgaben bei der Produktions- forschung und -entwicklung. Aus dieser technischen Entwicklung der ganzen Automobilbranche ergeben sich Synergieeffekte, welche auch die industrieelektronische Branche, die Softwareentwicklungsbranche und alle anderen Branchen, die mittelbar oder unmittelbar Beziehungen zu der Automobilindustrie haben, beeinflussen. Somit spielt die Automobilindustrie bei Fortschritt, Beschäftigung, Wohlstand und Wachstum der Volks- wirtschaft eine große Rolle. Es gibt aber nicht nur positive Folgen. Die Zunahme der Autos auf der Straße führt dazu, dass die Straßen und Autobahnen immer stärker belastet werden. Die Anzahl der Verkehrsunfälle, die durch Autos verursacht wurden und denen zum Teil viele Menschen zum Opfer fielen, sind zunehmend gestiegen. Dies stellt für die Mehrzahl der Nationen ein großes Problem dar. Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 45 Die durch die Abgase der Autos entstandenen Umweltverschmutzungen werden als wichtige aber schwer lösbare Aufgabe der Gesellschaft betrachtet. Die benötigten Energieressourcen wie zum Beispiel Mineralöl (Benzin) sind nicht unendlich vorhanden, sondern stellen knappe Ressourcen dar, sodass die Hersteller gezwungen sind, nach neuen Antriebsmöglichkeiten zu suchen. Solche Problematiken stellen die negativen Folgen der rasanten Entwicklungen der Automobilindustrie dar. Die Innovationsfähigkeit der Automobilhersteller und Zulieferer ist heut- zutage zwangsläufig gefordert, um solche Probleme zu lösen. 4.3 Die Entwicklung und die Verbreitung der Fahrerassistenzsysteme 4.3.1 Neue Anforderungen der Automobilindustrie und die Verbreitung der Fahrerassistenzsysteme Durch die oben genannten Probleme konzentrieren sich die Automobilhersteller zunächst auf die Erhöhung der Sicherheit der Autos. Entsprechend suchen sie nach innovativen Lösungen und nehmen hohe Investitionen im Bereich der technischen Forschungs- und Entwicklungs- arbeit vor. Der fortschreitende Einzug der hoch entwickelten Elektronik in die Fahrzeuge bietet die Möglichkeiten, neue Systeme zur Fahrer- unterstützung zu entwickeln, um die Fahrkompetenz der Fahrzeugführer und die Straßenverkehrssicherheit zu steigern. Bei der Entwicklung von solchen Systemen ist eine Auseinandersetzung mit der Fahraufgabe sinnvoll (Abbildung 4.1). In der Abbildung werden drei Ebenen der Fahraufgabe unterschieden – Navigation, Fahrzeugführung und Stabilisierung. In der Mitte werden die dazu gehörenden Fahrertätigkeiten dargestellt. Die Fahrerassistenzsysteme können diesen drei Ebenen zugeordnet werden. Sie unterstützen den Fahrer in den verschiedenen Fahrsituationen und steigern dadurch die sogenannte „aktive Sicherheit“. Der Sicherheitsaspekt und die Steigerung des Fahrkomforts stehen hier im Vordergrund. Diese Systeme können während kritischer Situationen durch Signalisierungseinrichtungen den Fahrer warnen, oder in Antrieb und Steuerung wie Gas und Bremse teilautonom oder autonom eingreifen (vgl. Wikipedia 2008b). 46 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Abbildung 4.1: Ebenen der Fahraufgabe und Einteilung der Fahrerassistenzsysteme (VDI 2005) Die Fahrerassistenzsysteme stehen im Jahre 1996 erst am Anfang ihrer Karriere. Zu diesem Zeitpunkt steht das Thema noch in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen verschiedener Automobilhersteller, aber einige Fahrerassistenzsysteme werden schon in absehbarer Zeit als Stand der Technik erwartet. Bis zum Jahre 2003 lag der durchschnittliche Wert für Fahrerassistenzsysteme pro verkauftes Fahrzeug in Deutschland bei ca. 900 Euro. Die Techniken wie ABS, ESP, Bremsassistent, Reifendruckkontrolle, ACC und adaptives Licht sind die meist verkauften Produkte der Fahrerassistenzsysteme. Im Jahre 2010 erwartet man einen durch- schnittlichen Wert von 3200 Euro und im Jahre 2015 von 4300 Euro für die Fahrerassistenzsysteme pro Auto (vgl. Wikipedia 2008b). Die rapide Steigerung des Straßenverkehrsaufkommens in den letzten Jahren hat in Verbindung mit begrenztem Verkehrsraum zu einer immer stärkeren Belastung des Fahrers bei der Erfüllung seiner Fahraufgaben geführt. Die Fahrerassistenzsysteme sollen den Fahrer entlasten und in Zukunft auch vermehrt zur Steigerung der Sicherheit auf der Straße beitragen. Diese rasante Verbreitung der Fahrerassistenzsysteme entsteht auch dadurch, dass die Nachfrage der Käufer, wegen starker Beachtung der Fahrzeugsicherheit, steigt. Das Zusammenspiel neuer Technologien und damit verbundener Marktchancen in neuen Produkten und Märkten ist für die Automobilindustrie von besonderer Bedeutung (vgl. Spath 2003). Um die Marktposition und Ertragskraft in dieser Branche langfristig zu sichern, in der die Innovationsbereitschaft spürbar belohnt wird, sind die Automobilhersteller und die spezialisierten Elektronikzulieferer die wesent- lichen Treiber bei der Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen. 4.3.2 Einflussfaktoren und Akteure des Innovationsprozesses von Fahrerassistenzsystemen Innovationen im Bereich der Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen werden durch eine Vielzahl unternehmensinterner und -externer Faktoren beeinflusst. Eine aufmerksame Beobachtung dieser Einflussfaktoren und deren gezielte Einbindung sind die wesentlichen Bestimmungsfaktoren des Erfolgs aller FuE-Aktivitäten der Automobilhersteller und Systemzulieferer. Die Umwelt des Unternehmens, die durch die internen und externen Einflussfaktoren beschrieben wird, stellt gleichzeitig einen Rahmen für mögliche Ideenquellen und Suchfelder für Innovationsideen dar. Unter den Akteuren des Innovationsprozesses versteht man alle Interessengruppen, die das Unternehmen und seine Innovationsaktivitäten beeinflussen (vgl. Weule 2001). Die internen Akteure finden sich dabei innerhalb, und die externen Akteure im engeren und weiteren Umfeld des Unternehmens. Bei der Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen sichert die Arbeit eigener Forschungs- und Entwicklungsabteilungen dem Unternehmen den Erhalt der technologischen Unabhängigkeit. Das Unternehmen hat die Kontrolle Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 47 über den gesamten Innovationsprozess und kann ihn auf seine speziellen Erfordernisse ausrichten. Im Bereich der Produktion ist eine Einbindung ihrer spezifischen Anforderungen in einer frühen Phase von großer Bedeutung. Marketing, Vertrieb und Kundendienst können den Informationsfluss zwischen den Kunden und den FuE-Abteilungen gewährleisten, damit spielen sie wegen dieser externen Ausrichtung eine besondere Rolle. Im Rahmen von Kooperationen kann die Zusammenarbeit mit externen Akteuren wie Lieferanten, Wettbewerbern und branchenfremden Unter- nehmen den Zugang zu neuem technologischen Wissen, Ressourcen und Märkten ermöglichen. Damit können das im Unternehmen vorhandene Know-how und die eigenen Ressourcen im Innovationsprozess gezielter eingesetzt werden. Die Kunden als Beteiligte am Innovationsprozess und als Ideenquelle sind ebenfalls von sehr großer Bedeutung. Die Einbindung von Kunden kann die Qualität, Schnelligkeit und Marktnähe entwickelter Produktlösungen unterstützen. 4.4 Strategisches Vorgehen der Automobilhersteller und Systemlieferanten in Bezug auf die Entwicklung der Fahrerassistenzsysteme Aufgrund der Globalisierung und der Verschärfung des Wettbewerbs sind die Automobilhersteller und Systemlieferanten gezwungen, eine Strategie der Entwicklung hochqualitativer und innovativer Fahrerassistenzsysteme zu verfolgen. In diesem Kapitel werden Beispiele einzelner Automobil- hersteller und deren Entwicklungsstrategien bezüglich der Fahrerassistenz- systeme betrachtet. 4.4.1 Robert Bosch GmbH und Fahrerassistenzsysteme Im Jahr 1978 entwickelte die Firma Robert Bosch GmbH das erste serientaugliche Antiblockiersystem (ABS) für PKW. Die ursprüngliche Aufgabe eines Antiblockiersystem war, den vom Fahrer im Bremssystem aufgebrachten Druck für jedes einzelne Rad so zu modulieren, dass sich an dem zum Blockieren neigenden Rad eine maximale Haftung zwischen Reifen und Fahrbahn einstellt. Das Fahrzeug bleibt dadurch lenkbar und unerwarteten Hindernissen kann ausgewichen werden. Im Oktober 1978 war ABS 2 in der S-Klasse von Mercedes-Benz erstmals auf dem Markt erhältlich. Im Dezember folgte die Serieneinführung im 7er BMW. Die Bosch-Ingenieure versuchen im Jahr1989 ein in Hybridbauweise gefertigtes Steuergerät direkt am Hydraulikaggregat anzubauen. Dadurch verringert sich das Gewicht dieser Generation ABS 2E. Mit neuen Magnetventilen bauten die Bosch-Entwickler im Jahr 1993 die Generation 5.0. In den Jahren darauf folgten die Versionen 5.3 und 5.7. Hinzu kamen zusätzliche Funktionen wie die elektronische Bremskraftverteilung (EBV), die seit 1994 in Serie ist und dabei den mechanischen Bremsdruckminderer der 48 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Hinterachse ersetzt. Sie ist in der Lage, bei der bedarfsgerechten Bremskraftbegrenzung den einzelnen Rädern auch Daten über den Fahrzustand zu berücksichtigen. Informationen werden aus den Signalen der Raddrehzahlsensoren abgeleitet. Ein weiterer Schritt wurde mit der Einführung des automatischen Bremsdruckaufbaus mit der Antriebsschlupfregelung (ASR) vollzogen. Im Unterschied zu ABS ist ASR in der Lage, den Bremsdruck ohne Fahrereinfluss zu erzeugen (vgl. Automobil Industrie 1999a). „Es verhilft zum souveränen Anfahren auch auf glattem Untergrund, weil es das Durchdrehen der Antriebsräder unterbindet. Gleichzeitig bleibt das Fahrzeug beim Anfahren oder Beschleunigen auf glattem Untergrund lenkbar“ (Bosch GmbH 1995). Das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) ist eine weitere Entwicklung der Fahrerassistenzsysteme im Jahr 1995 in der Reihe der Bosch- Erzeugnisse. Es wirkt in kritischen Fahrsituationen ergänzend zu ABS und ASR. Um eine drohende Unkontrollierbarkeit des Autos zu verhindern, regelt ESP die Abbremsung, die durch den Computer gesteuert ist, oder die Beschleunigung einzelner Räder des Fahrzeugs. Die aktuelle ABS- Generation wurde von Bosch im Jahr 2001 mit dem ABS 8 eingeführt. Sie ist modular aufgebaut, sodass sich die Bremsregelsysteme in den verschiedenen Ausbaustufen ABS, ASR und ESP technisch in einer Produktfamilie realisieren lassen. Diese Vernetzung einzelner technischer Funktion schafft die Synergie, die bei Fertigung und Entwicklung so bestmöglich dadurch genutzt werden kann. Seit 2001 werden gleichzeitig die Sensortechniken stark bei der Forschung und Entwicklung von Automobilherstellern und großen Zulieferern für die elektronischen Sicherheitssysteme angewendet. Ein Beispiel ist eine Serienanwendung der elektrohydraulischen Bremse SBC (Sensotronic Brake Control). Sie ist mit Sensoren ausgestattet mittels derer der durch den Fahrer erzeugte Bremsdruck erfasst werden kann. Die Informationen von ABS und ESP können zusätzlich dazu einfließen. SBC berechnet dann abhängig von diesen Informationen und von der Situation der Fahrbahn den Bremsdruck für jedes einzelne Rad (vgl. Bosch GmbH 2001). Mit der Anwendung von diesen Sensortechniken und deren Informations- daten ist insbesondere der automatische Eingriff in die Lenkung, die Bremse und das Motorenmanagement neben einfachen Systemen wie Einparkbremse oder Notbremsung interessant. Bei der Vernetzung verschiedener Funktionen kann das Fahrzeug völlig autonom – also unabhängig vom Fahrer – einer Gefahr ausweichen. Die weiterentwickelte Adaptive Cruise Control (ACC), die den Sicherheitsabstand zum Vorder- mann automatisch reguliert, beobachtet den Verkehr und passt die Geschwindigkeit dem Verkehrfluss an. Sobald sich im Messereich kein Fahrzeug mehr befindet, beschleunigt ACC den Wagen wieder auf die Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 49 voreingestellte Geschwindigkeit. Somit scheint im Prinzip das vollauto- matische Fahren möglich. 4.4.2 FuE-Kooperationen zwischen Systemlieferanten und Automobilhersteller „Eine FuE-Kooperation ist die bewusste, zwischenbetriebliche und freiwillige Zusammenarbeit selbständiger Unternehmen mit der Absicht, ohne Aufgabe der grundsätzlichen unternehmerischen Entscheidungsfreiheit durch Forschung und Entwicklung gemeinsame wirtschaftliche Ziele zu realisieren“ (Duttmann 1989). Dieses Zitat von Duttmann macht deutlich, dass die Unternehmenskooperationen bei der Forschung und Entwicklung innovativer Produkte an Bedeutung gewonnen hat. Wenn man das Kooperationsgeschehen in der Automobilindustrie zwischen den Automobil- herstellern und Zulieferern in Bezug auf Entwicklung und Markteinführung von Fahrerassistenzsystemen betrachtet, stellt man einen großen Bedeutungszuwachs der Kooperation im Zusammenhang des Innovations- managements fest. Bosch ist ein Systemzulieferer, der nicht nur einzelne Komponenten an die Autohersteller liefert, sondern auch Kenntnisse in der Integration der einzelnen Komponenten als Funktionsmodul an die Automobilhersteller weitergibt. Daher hängen das Komponenten- und das Systemgeschäft eng zusammen und können nicht getrennt erfasst werden. Bereits 1983 begannen bei Bosch die Überlegungen, die Fahrzeugstabilität bei einer Vollbremsungen durch eine optimierte ABS-Regelung zu verbessern. Der Ansatz wurde in den Folgejahren weiter verfeinert, und die zugehörige grundlegende Patentanmeldung durch Bosch erfolgte schließlich im Jahr 1987. 1990/91 erweiterten die Ingenieure die Funktion des Systems auf alle anderen Fahrzustände. 1991 begann die Zusammenarbeit mit DaimlerChrysler, wo man bereits ähnliche Überlegungen angestellt hatte. 1992 wurde ein gemeinsames Projekthaus für dieses Kooperationsprojekt eingerichtet. Bereits zweieinhalb Jahre später war die Serienreife erreicht, und das ESP ging im März 1995 in Produktion. Als Systemzulieferer versuchte Bosch die innovativen Systeme anderen Automobilherstellern möglichst schnell anzubieten, um durch höhere Stückzahlen die Produktionskosten zu senken. Dies kommt wiederum dem Entwicklungs- partner zugute, so 1995 geschehen bei der Mercedes-Benz S-Klasse mit dem ESP-System. Den großen Schub brachte das serienmäßige ESP bei der A-Klasse. Im Jahr 2000 folgte das serienmäßige ESP beim Golf. Im Jahr 2001 entwickelte Mercedes-Benz in mehr als fünfjähriger Kooperation gemeinsam mit Bosch die so genannte Sensotronic Brake Control (SBC), die adaptive digitale Regeltechnik mit integrierter Drucksensorik und elektromagnetisch gesteuerten Hydraulikventilen verbindet. „SBC ist ein Radbremssystem, bei dem der Hydraulikdruck für die Radbremsen durch ein elektrisches Signal geregelt wird. Dies ermöglicht gegenüber herkömmlichen rein hydraulischen Bremssystemen 50 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung eine bessere Regelbarkeit der Bremsleistung und damit einen kürzeren Bremsweg“ (vgl. Wikipedia 2008c). Das elektrohydraulische Bremssystem im Mercedes-Benz SL ist eines der ersten “By-wire“-Systeme in Personenwagen und laut Bosch das erste im Bereich der Fahrsicherheit (vgl. Automobil Industrie 2001e). Nach den Innovationen wie ABS, ASR, ESP und Brems-Assistent BAS gilt dieses System als ein weiterer wichtiger Meilenstein zur Verbesserung der aktiven Fahrsicherheit. Bei der Sensotronic Brake Control werden die Bremsbefehle des Autofahrers über elektrische Impulse an einen Mikrocomputer übertragen, der zugleich verschiedene Sensorsignale verarbeitet und je nach Fahrsituation für jedes Rad den optimalen Bremsdruck zusammen mit Informationen von Assistenz- und Sicherheitssystemen (z.B. ABS, ASR, ESP) berechnet. Die dafür erforderlichen komplizierten Regelalgorithmen definiert Bosch als eine „Kernkompetenz des Unternehmens“ (vgl. ebd.). Beim Bremsen in einer Kurve oder auf glatter Fahrbahn bietet SBC noch mehr aktive Sicherheit als bisherige Bremsanlagen. denn dank eines Hochdruckspeichers und elektronisch regelbarer Ventile steht der maximale Bremsdruck schneller zur Verfügung. Überdies bietet das System neuartige Zusatzfunktionen zur Entlastung des Autofahrers. Dazu gehört unter anderem der Stau-Assistent, der den Wagen im Stop-and-go-Verkehr automatisch bremst, wenn der Autofahrer den Fuß vom Gaspedal nimmt. Im Stadtverkehr ermöglicht die ebenfalls neuartige "Soft-Stop"-Funktion ein besonders sanftes und ruckfreies Anhalten. SBC bietet die grundsätzliche Möglichkeit, unabhängig vom Fahrer Bremsmanöver bis hin zur Vollbremsung durchzuführen. In Verbindung mit Sensorensystemen, die das gesamte Umfeld des Fahrzeugs erkennen sowie in Verbindung mit weiteren By-wire-Systemen wären damit völlig autonom arbeitende Fahrerassistenzsysteme denkbar. 4.4.3 Kundenorientierung im Rahmen des Santos-Projektes Die Integration von Kunden während der Neuproduktentwicklung wird in einer Vielzahl empirischer Studien als ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Innovationsprozess betrachtet. Die erfolgreichen Unternehmen binden frühzeitig die Kunden und die Netzwerkpartner in den Innovationsprozess ein, um Innovationspotenziale zu identifizieren (vgl. Spath 2003). Neue Ansätze weisen auf die Bedeutung einer gleichberechtigten Arbeitsteilung zwischen Anwendern und Herstellern im Produktentwicklungsprozess hin und schreiben den Nutzern im Innovationsprozess damit eine wichtige Rolle zu (vgl. Herstatt 1991). Die weiterentwickelten Sensortechniken und die Vernetzung von innovativen elektronischen Komponenten haben die Möglichkeit gegeben, die Fahrerassistenzsysteme im Hinblick auf die Verwirklichung der Vision des „autonomen Fahrens“ weiterzuentwickeln. Anderseits spielen die aktuelle Marktsituation und die individuellen Fahrerwünsche von Fahrerassistenzsystemen bei dem Innovationsmanagement der Automobi- hersteller und Systemlieferanten eine zu berücksichtigende Rolle. Die bis Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 51 zum Jahr 2004 entwickelten Assistenzsysteme können Fahrer zwar entlasten, sind sie jedoch weder an unterschiedliche Situationen noch an individuelle Fahrerwünsche angepasst. Um die „Fahrerassistenz“ den Wünschen des Fahrers anzupassen, haben Bosch und BMW zusammen das Forschungsprojekt „S.A.N.T.O.S“ (Situationsangepasste und Nutzer-typ- zentrierte Optimierung von Systemen zur Fahrunterstützung) initiiert. Dr.- Ing. Winfried König, Gruppenleiter für neue Systeme der Forschung und Vorausentwicklung bei Bosch erläutert: „Santos verändert die Charakteristik von Fahrerassistenzsystemen“ (Automobil Industrie 2004c). Anstatt dem Fahrer mehrere Einzelsysteme anzubieten, integriert Santos diese in einem einzigen Assistenten. Dazu gehören Abstandsregel-Tempomat (ACC), die Spurhaltekontrolle (Heading Control, HC), die Navigation, ein Mobiltelefon sowie ein Radio. Um das Assistenzsystem dem Fahrstil und der gewünschten Unterstützung anzupassen, wurden zufällig ausgewählte Fahrer von Oberklasse-Fahrzeugen durch das Projektteam zu ihren Vorstellungen bezüglich eines ACC-Systems befragt. Ein Ergebnis erläutert der Projektleiter der Santos-Untersuchungen Christoph Mayser: „Sportliche Fahrer wünschen mehr Dynamik, auch beim Fahren mit Assistenzsystemen. Aber es gibt durchaus sportliche Fahrer, die nach einem stressigen Tag eine Zeit lang gemütlich fahren. Das heißt, jeder muss bei jeder Fahrt entscheiden können, ob er mit mehr oder weniger Dynamik fahren möchte“ (ebd.). Ein weiteres überraschendes Ergebnis ist, dass der Normalfahrer seine Geschwindigkeit bei Nässe nicht verringert. Das macht er erst, wenn der Niederschlag seine Sicht einschränkt. Bei der Befragung bezüglich der Erwartungen an ein „situationsadaptives“ ACC-System antworteten mehr als die Hälfte der Befragten, dass sie ein ACC-System bevorzugen, dass diese Zeitlücke bei nasser Straße oder Sichtbehinderung selbständig vergrößert. Diese Adaptivität ist nach Einschätzung von Mayser dahingehend denkbar, dass man die ACC-Abstände dem aktuellen Straßen- zustand wie zum Beispiel Regen oder Schnee anpasst. Dieses situations- adaptive ACC realisiert Santos mittels einer Zeitlücke, die die Bedingungen berücksichtigt. So wird der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug bei nasser Straße um 20% und bei Sichtbehinderung um 25% vergrößert. Diese Anpassung empfanden 78% der Versuchsfahrer als Komfortgewinn und 89% als Sicherheitsgewinn. Wegen der Komplexität und der Wechselwirkung zwischen Systemen und dem Fahrer ist die Vernetzung einzeln verbauter Informations- und Assistenzsysteme eine wichtige und schwierige Aufgabe für die Auto- mobilhersteller. Die enge Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Anwendern wird auch zukünftig im Rahmen der Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen an Bedeutung gewinnen. 52 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung 4.5 Fazit Durch Beobachtung der Entwicklungsstrategie der Fahrerassistenzsysteme einzelner Unternehmen ist deutlich geworden, dass die Bedeutung von Fahrerassistenzsystemen in der Automobilindustrie in den letzten 15 Jahren drastisch zugenommen hat. Technikentwicklung und Marktdynamik werden als Prozesse gesehen, die wechselseitig aufeinander Bezug nehmen. Technik wird in Reaktion auf Marktbedingungen generiert, während Märkte sich in Abhängigkeit von Technik entwickeln. Heute sind Schlagwörter wie ABS und Navigationssystem handfeste Verkaufsargumente von Automobil- herstellern. Die Automobilindustrie wird zukünftig immer größere Summen in die Entwicklung neuer Systemen investieren, um die Wettbewerbs- fähigkeit und langfristige Entwicklungsmöglichkeit der Unternehmen auf dem Markt zu sichern. Mit der zunehmenden Vernetzung einzelner Systeme wird sich die Zusammenarbeit von Automobilherstellern und Zulieferern intensivieren, damit die internen und externen Erfolgsfaktoren bestmöglich im Innovationsprozess genutzt werden können. Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 53 5 Intelligente Verkehrssteuerung: Telematik-Konzepte (Tobias Gerwin) Kapitelübersicht 5.1 Einleitung ....................................................................................53 5.2 Verkehrssteuerung in Deutschland.................................................54 5.2.1 Mobinet .............................................................................54 5.2.2 Ruhrpilot............................................................................56 5.2.3 VMZ und VKRZ Berlin ..........................................................59 5.3 Verkehrssteuerung International ...................................................61 5.3.1 England .............................................................................61 5.3.2 USA...................................................................................62 5.3.3 Japan ................................................................................63 5.4 Fazit ...........................................................................................64 5.1 Einleitung In Zeiten gestiegener Mobilitätserfordernisse wächst der Verkehr auf den Straßen stetig an, während die Infrastruktur dieses Wachstum durch eigene Expansion vielerorts kaum mehr auffangen kann. Immer mehr Arbeitnehmer sind gezwungen, zwischen Städten zu pendeln, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen, und in der Industrie führt der gestiegene Kostendruck zu immer mehr Just-in-Time-Lieferungen, um Lagerhaltungs- kosten möglichst gering zu halten. Doch weder Straßen-, noch Schienennetze können sowohl aus räumlicher, wie auch aus finanzieller Sicht endlos erweitert werden. Daher stellte die Aussage von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) 2006 auf dem dritten Deutschen Telematik-Forum des ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie) „[...] wir müssen die Effizienz der Verkehrsträger steigern“ (Böhret & Bönsch 1996) keine neue Erkenntnis dar. Seit Jahren schon beschäftigt man sich in Deutschland, Europa und der Welt mit unterschiedlichen Lösungen und Projekten, um dem steigenden Verkehrsaufkommen Herr zu werden. Die Ziele und Ansätze sind dabei vielschichtig. Neben wirtschaftlichen und komforttechnischen Aspekten, wie Verkürzung von Liefer- und Reisezeiten, steht auch der Umweltschutz durch Verringerung von Schadstoffbelastungen im Fokus. Der Verkehr muss dazu zum einen auf die Schiene (bzw. den ÖPNV) verlagert, und zum anderen durch aktive Steuerungsmaßnahmen umgelenkt und verteilt werden. Neben bis zu 55 Millionen Autos bewegen sich auf deutschen Straßen täglich auch rund 2,5 Millionen LKW (vgl. ebd.). Die durch den hohen Verkehr entstehenden Staus verursachen jährlich einen volkswirt- 54 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung schaftlichen Gesamtschaden von 100 bis 200 Milliarden Euro, und deutsche Autofahrer stehen pro Jahr laut ADAC durchschnittlich rund 65 Stunden im Stau (Trage 2005). Der Großteil der Verkehrsbelastung entsteht in Ballungsräumen und um sie herum. Im Rahmen dieser Seminararbeit sollen deswegen exemplarisch drei Verkehrsforschungs- und Steuerungsprojekte vorgestellt werden, die für die Ballungsräume München (Mobinet), das Ruhrgebiet (Ruhrpilot) und Berlin (VMZ) entwickelt wurden. Exkursartig schließt sich daran ein Blick auf Telematiklösungen im Ausland (England, USA, Japan) an. Abschließend sollen speziell die deutschen Konzepte noch einmal kritisch gewürdigt, und die Aussichten für Telematik in Deutschland überprüft werden. 5.2 Verkehrssteuerung in Deutschland 5.2.1 Mobinet Mit einem Investitionsvolumen von 40 Mio € startete 1998 in München das Forschungsprojekt „MOBINET – Leitprojekt Mobilität in Ballungsräumen“, betrieben von einem Konsortium, bestehend aus dem Freistaat Bayern, der Stadt sowie der TU München, der BMW Group, und 22 weiteren Unternehmen der bayrischen Wirtschaft. Die Hälfte der Finanzierungs- kosten wurde hierbei vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) getragen. Die Schwerpunkte des auf 5 Jahre angelegten Projektes lagen auf einer Steigerung der Attraktivität des öffentlichen Verkehrs, Vernetzung von Verkehrsmitteln, Optimierung des Verkehrsflusses in Kern- gebieten, sowie der Entwicklung eines Informationssystems für Reisende. Der Abschlussbericht von MOBINET (Mobinet 2005) verweist auf eine Reihe von Arbeitsbereichen, die im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen. Um den innerstädtischen Verkehr, vor allem in der Hauptverkehrszeit, zu entlasten, suchte der Arbeitsbereich A nach Möglichkeiten, den Individual- verkehr (IV) zum Teil auf den Öffentlichen Verkehr (ÖV) zu verlagern. Intermodale, d.h. verschiedene Verkehrsmittel verknüpfende, Konzepte sollten dies möglich machen. Um diese attraktiv zu machen, wurde eine Reihe von Maßnahmen getroffen, um den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu verbessern. So entwickelte man zum Störfallmanagement für S- Bahnen die Software SALTOS, die selbstständig Strategien entwickelt, um die S-Bahn nach einem Störfall wieder in den fahrplanmäßigen Takt zu bringen. Um das Umland besser in das ÖPNV-Netz zu integrieren, wurden in verkehrsärmeren Gebieten sog. Rufbusse (nach Bedarf anforderbar) eingeführt, sowie über eine ringförmige Bahnverbindung, die die Räume zwischen den Linien des sternförmigen Münchener S-Bahn-Systems einbinden soll, nachgedacht. Ferner beschäftigte sich der Arbeitsbereich A mit der Verbesserung der Parksituation, einerseits mit einer Ausweitung und Optimierung des Park&Ride-Angebots, andererseits mit einem gezielten Parkraummanagement über Vergabe von Parklizenzen an Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 55 Anwohner, Erhebung von Gebühren für Besucher, und Einrichtung von ansonsten gesperrten Lieferzonen für Geschäfte (vgl. Mobinet 2005). Während hier also vorwiegend eine Umverteilung des vorhandenen Verkehrs im Vordergrund stand, widmete sich Arbeitsbereich B der systematischen Verbesserung des Verkehrsflusses auf den Hauptstraßen. Hierzu dienten vor allem eigens entwickelten dynamischen Infotafeln und - schilder, die die Verkehrsteilnehmer mittels grafischer Darstellung über Straßenauslastungen und Ausweichempfehlungen informieren können und selbstständig dazu in der Lage sind, den Verkehr im Überlastungsfall auf weniger belastete Strecken umzuleiten. Auch die Ampelsteuerung wurde mittels der Programmlösungen BALANCE und EON verbessert, um eine flexible Anpassung an die gegebene Verkehrsdichte, oder vorrangig zu behandelnden Verkehr (Busse, Straßenbahnen...) möglich zu machen. Zur Koordinierung der einzelnen Steuerungssysteme wird die strategische Steuerung SAM eingesetzt, die alle einlaufenden Informationen grafisch darstellt, und dem jeweiligen Operator in der Verkehrszentrale mittels vorgefertigter Szenarien eine Strategie liefert, um ggf. ein Verkehrsproblem zu lösen (vgl. Mobinet 2005). Verkehrssteuerung durch personalisierte Informationen war die Aufgabe des Arbeitsbereichs C, im Abschlussbericht mit „Multimedia-Informations- dienste“ betitelt. Diese Dienste umfassen freizeitrelevante Informationen wie Verkehrs- und Wetterlage, Routenplaner, Parkinformationen, Sehens- würdigkeiten und Veranstaltungen, die online per PC, PDA oder Handy abgerufen werden können. Ferner wurde die online verfügbare Fahrplan- auskunft des Münchner Vekehrs- und Tarifverbunds (MVV) derart verbessert, dass nun sämtliche verfügbaren Verkehrsmittel bei der Reiseempfehlung berücksichtigt werden (vgl. Mobinet 2005). Um den Berufs- und Schulverkehr zu optimieren, wurden vom vierten Arbeitsbereich D zunächst eine Reihe von Forschungen durchgeführt, um die Mobilitätsmuster von unterschiedlichen Arbeitnehmergruppen und Schülern zu ermitteln. Hieran schlossen sich verschiedene Programme an, die das Verkehrsverhalten und -bewusstsein sowohl von Arbeitnehmern und Schülern, als auch der Unternehmen und Schulen beeinflussen. Auf betrieblicher Ebene wurden bspw. Fahrtrainings für ökonomischeres Fahren angeboten, und weitere Empfehlungen zum „persönlichen und betrieblichen Mobilitätsmanagement (BMM)“ (Mobinet 2005) in Form einer Broschüre herausgegeben. Nach erfolgreicher Erprobung beim Ver- messungsamt der Stadt, nahmen laut Abschlussbericht eine Reihe weiterer Unternehmen das Angebot erfolgreich an. Mit der Initiative „Mobikids“ wurde die bestehende Verkehrserziehung an einer Grundschule zu einem „Mobilitätsunterricht“ (vgl. Mobinet 2005) erweitert, der neben der Einführung von Schulweggruppen und Durchführung von Fahrradtrainings auch Diskussionen über die Folgen der Verkehrsmittelwahl, bspw. für die Umwelt, beinhaltete. Laut Mobinet-Abschlussbericht verringerte sich die 56 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Zahl der Schüler, die mit dem Auto zur Schule gebracht wurden, anschließend um etwa 15% (vgl. Mobinet 2005). Beispielhaft für eine weitere technische Lösung zur aktiven Verkehrs- steuerung sei das im Abschlussbericht von Mobinet nicht erwähnte, von BMW entwickelte , System ACCEZZ (Adaptive and Coordinated Control Of Entrance Ramps With Fuzzy Logic) genannt, das an Autobahnauffahrten eingesetzt wird, um die Kapazitäten der Autobahnen an diesen kritischen Stellen besser auszunnutzen (vgl. VDI 2002). Um den Zufluss zur Autobahn zu steuern, werden Ampelanlagen eingesetzt. Die Steuerung der Ampeln funktioniert nach dem Prinzip der „Fuzzy Logic“. Im Gegensatz zu binären Systemen (ja/nein), kann ACCEZZ auch Informationen wie niedrig/mittel/hoch verarbeiten, die sich auf das Verkehrsaufkommen beziehen, und mittels Sensoren an der Straße ermittelt werden, und nach denen die Länge der Ampelintervalle geregelt werden. Über Autobahn- rampen hinaus ist eine Anwendung auch im normalen Straßennetz denk- bar. Im Jahr 2003 endete das Mobinet-Projekt und fand 2005 seinen Nachfolger im Verkehrsprojekt ARRIVE. Im Vergleich zu Mobinet sank die Zahl der beteiligten Organisationen auf 8, wobei KMUs nun keine Rolle mehr spielen, da aus der freien Wirtschaft lediglich BMW, sowie die neu hinzu gestoßenen Unternehmen Siemens und PTV (Planung, Transport und Verkehr) AG vertreten sind. Weiterhin ist das Investitionsvolumen mit ca. 6,5 Mio € deutlich geringer (vgl. Arrive 2007). In erster Linie baut Arrive auf erfolgreich erprobten Mobinet-Konzepten auf, und weitet diese aus, bspw. die strategische Verkehrsplanung, oder dynamische Ampelsteuerungen. Auch die Verkehrssteuerung via Information wurde weiterentwickelt. So erhalten etwa Neubürger einen „Mobilitätsorganizer“ (vgl. Arrive 2007), um sie von Anfang an mit den Möglichkeiten des örtlichen ÖPNV vertraut zu machen. Außerdem wurde ein Arbeitsbereich Qualitätssicherung unter der Leitung von BMW hinzugefügt, um die Qualität und Effizienz von Informationen, Methoden und Prozessen nachhaltig zu verbessern. 5.2.2 Ruhrpilot Das Ruhrgebiet ist der größte Ballungsraum Europas, mit etwa 5,3 Millionen Einwohnern, von denen mehr als eine Millionen jeden Tag zwischen den Ruhrgebietsstädten zur Arbeit pendeln. Hinzu kommen weitere 5 Millionen Arbeitnehmer aus dem Umland des Ruhrgebiets (Tendenz steigend), welche die 600 km Autobahn und 1470 km Schiene zusätzlich belasten. Die unweigerliche Folge sind Staus, vor allem auf der Hauptverkehrsader A40, und Verspätungen im Öffentlichen Personen- nahverkehr (ÖPNV). Da ein weitgehender Ausbau der Verkehrsinfrastruktur aufgrund der bereits sehr dichten Netzabdeckung und Besiedelung des Ruhrgebiets nicht mehr möglich war, rief die Projekt Ruhr GmbH (eine Tochtergesellschaft des Landes NRW) 2005 die Initiative „Ruhrpilot“ ins Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 57 Leben, mit dem Ziel, den Verkehr mittels intelligenter Systeme effektiver steuern zu können, und teilweise auch auf die Schiene zu verlagern. Zunächst EU-weit ausgeschrieben, ging das Projekt an ein Konsortium bestehend aus Siemens, PTV (Planung, Transport und Verkehr) AG, der Gesellschaft für Verkehrsdaten (DDG), sowie der Essener Verkehrs AG (EVAG). Die Führung fiel dabei der Siemens-Sparte Industrial Solutions and Services zu. Die Projekt Ruhr GmbH konzipierte das Projekt als Public Private Partnership (PPP) unter Einbeziehung der kommunalen Verkehrs- betriebe, Landkreisen, Städten, dem Landesbetrieb Straßenbau NRW, sowie o. g. Privatem Konsortium. Nach der aus öffentlichen Mitteln finanzierten Errichtungsphase sollte das System für den zunächst auf 10 Jahre festgelegten Betrieb in den Besitz dieser öffentlich/privaten Besitzgesell- schaft übergehen. Der Firma Siemens fielen dabei unter anderem die Betriebskosten, sowie die Entwicklung unentgeltlicher, sowie kommerziell vermarktbarer Verkehrsinformationsdienste zu. Als Startzeit wurde die Jahreswende 2005/2006 ausgerufen, und mit der Fußballweltmeisterschaft 2006 sollte der Ruhrpilot seine erste echte Bewährungsprobe erhalten, da neben zahlreichen Public Viewing-Veranstaltungen auch 11 WM-Spiele angesetzt waren. Fünf davon in Gelsenkirchen und sechs in Dortmund, beide an der eingangs erwähnten, meist ohnehin überlasteten A40 gelegen. Die letzte Ausbaustufe des Projekts Ruhrpilot sollte 2007 erreicht werden. Die Ruhrpilotzentrale wurde in Essen eingerichtet und verarbeitet dort die dezentral gesammelten Verkehrs- und Geodaten, um sie für die weitere Verwendung in später noch vorzustellenden Dienstleistungen aufzu- bereiten. Basis für die Daten sind Teile der bestehenden Infrastruktur von Land und Städten, wie Parkleitsysteme, Messstellen an Autobahnen und Bundesstraßen, Fahrzeiten des ÖPNV, Daten über Unfälle, Baustellen, Events und das Wetter, die durch ein stetig ausgebautes Netz von Ruhrpilot-Messstellen an Autobahnen, Bundes-, Land- und Hauptverkehrs- straßen ergänzt werden. Bei besagten Ruhrpilot-Messstellen handelt es sich um von Siemens entwickelte Traffic Eye Units (TEU). Mit Hilfe von bis zu sechs Infrarot- Detektoren misst ein TEU die Stärke/Dichte des Verkehrs, sowie die Geschwindigkeit der vorbeifahrenden Fahrzeuge. Angebracht an z.B. einem Lichtmast, versorgt sich die Einheit über ein Solarpanel selbst mit Energie, und speist gleichzeitig eine Batterie, die den Betrieb im Winter gewährleistet. Die Übermittlung der Daten an die Verkehrszentrale erfolgt automatisch über Mobilfunk (GSM), beispielsweise wenn sich die Verkehrslage signifikant verändert. Auch können über GSM die Einstellungen des TEUs von der Verkehrszentrale aus geändert werden. Einer der zentralen Vorteile gegenüber herkömmlichen Sensoren, wie z.B. in der Fahrbahn eingelassene Induktionsschleifen liegt damit in der wesentlich einfacheren, und damit vor allem günstigeren Wartung der 58 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Messeinheiten (vgl. Siemens AG 2008). Während anfangs hauptsächlich die Kernstädte des Ruhrgebiets (Dortmund, Bochum, Gelsenkirchen, Essen) mit ungefähr 200 Messeinheiten ausgestattet wurden, betrug deren Zahl Ende 2007 im gesamten Ruhrgebiet bereits 600 (ursprünglich geplant: 450 (vgl. Ramachers & Hense 2005; Ruhrpilot 2007a)), und soll weiter ausgedehnt werden. Die von den TEUs und über tausend anderen bereits vorhandenen Messeinheiten (z.B. Induktionsschleifen im Straßenbelag) zusammen- getragenen Daten werden in der Ruhrpilotzentrale mit Hilfe des „olsim“- Verfahrens verarbeitet, das von der Universität Duisburg/Essen entwickelt wurde (vgl. Ramaschers & Hense 2005). Auf Grundlage der Daten ist dieses System dazu in der Lage, die aktuelle Verkehrslage darzustellen, und mit Hilfe von Simulationsprogrammen Prognosen über die Verkehrsentwicklung, sowohl kurzfristig für die nächste Stunde, als auch für 14 Tage im Voraus zu erstellen. Durch diese Prognosen ist das System dann in der Lage, die optimale Verkehrsführung oder das geeignetste Verkehrsmittel anzuzeigen. Weiterhin stellt es Baustellen und Behin- derungen samt voraussichtlicher Störungsdauer grafisch dar, ebenso wie den Zustand des Verkehrsflusses, sowohl innerstädtisch, als auch auf den Autobahnen (vgl. Ruhrpilot 2005). Verkehrsteilnehmer können auf diesen Informationen aufbauend nun eine Reihe von Diensten nutzen. Online kann unter www.ruhrpilot.de die optimale Route ermittelt werden, und das nach Wunsch auch intermodal, sprich: Auto, Bus und Bahn verknüpfend. Neben Reisezeit, möglichen Staus und Route erhält der Nutzer dann auch Fahrplaninformationen und Ticketpreise. Außerdem bietet das Portal auch allgemeine Verkehrs- informationen, Wetterdaten, sowie Angaben über Parkplatzauslastungen an. Sämtliche dieser Dienste sind kostenfrei, und können auch über mobile Endgeräte (Handy, PDA, Navigationsgeräte) abgerufen werden, bei denen auch nur die regulären Verbindungsgebühren anfallen. Neben den kostenfreien Angeboten sind auch kommerzielle Dienste Teil des Infor- mationskonzepts des Ruhrpilots, die sich mit Daten- und Serviceangeboten vorwiegend an Unternehmen richten, die Zugang zu Geoinformationen erhalten können, seien diese nun demographischer oder wirtschaftlicher Art (vgl. Ruhrpilot 2007b). Ebenso sind kostenpflichtige individuelle Dienste für Privatpersonen geplant, die automatisch vom Ruhrpilot an die Kunden via Mobilfunk übermittelt werden sollen. Speziell für die WM wurden in den Austragungsorten Dortmund und Gelsenkirchen von Siemens weitere ergänzende Systeme installiert. So errichtete man in Dortmund ein spezielles Stadionleitsystem, das neben dem Weg auch die zu benutzenden Fahrspuren anzeigt, und von der örtlichen Verkehrszentrale aus gesteuert werden kann. Für Gelsenkirchen waren wiederum intelligente Ampeln vorgesehen, die je nach Verkehrslage ihren Schaltungszyklus anpassen. Beide Konzepte wurden schon während Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 59 der Bundesligasaision 2005/2006 erprobt, um einen reibungslosen Ablauf während der WM zu gewährleisten (vgl. Wohllaib 2006). Das Online-Angebot des Ruhrpilots wird laut eigenen Angaben monatlich von bis zu 13.500 Besuchern bis zu 1.200.000 Mal im Monat genutzt (vgl. Ruhrpilot 2007a), während der WM konnte man gar bis zu 45.000 Besucher verzeichnen. Durch den mittels Verkehrsprognosen und Ausweichempfehlungen, seien es Alternativrouten oder der Umstieg auf den ÖPNV, optimierten Verkehrsfluss wird dem Ruhrpilot prognostiziert, das Stauaufkommen um bis zu 20% zu senken, und den Ausstoß von Kohlendioxid um 10% zu verringern (vgl. Böhret & Bönsch 2006). 5.2.3 VMZ und VKRZ Berlin Die Verkehrsmanagementzentrale Berlin (VMZ) wurde wie auch der Ruhrpilot in Form einer Public-Private-Partnership (PPP) initiiert. Neben dem Land Berlin beteiligte sich ein Konsortium aus Daimler Chrysler AG und Siemens AG, wobei die Führungsposition in diesem Konsortium an Daimler Chrysler ging. Analog zum Ruhrpilot-Projekt trug die öffentliche Hand die Investitionskosten in Höhe von 16 Millionen Euro, und die privat- wirtschaftlichen Unternehmen sollten für die ebenfalls auf 10 Jahre angelegte Betriebsdauer die laufenden Betriebskosten sowie das wirtschaftliche Risiko übernehmen, um den öffentlichen Haushalt nicht weiter zu belasten. Nach Erteilung des Auftrages im Sommer 1999 wurde die Verkehrsmanagementzentrale am 01.07.2003 in Betrieb genommen (vgl. VMZ 2003). Zur Ermittlung der Verkehrsdaten bedient sich die VMZ einem Netz aus 200 eigenen Detektoren (TEUs), 600 bereits vorhandene Sensoren der Polizei, Floating Car-Daten, Webcam-Bildern, Baustellen- und Veranstaltungsinfos etc.. Neben besagten TEUs (siehe auch Kapitel 7.2.2) entwickelt Siemens allerdings auch intelligente Kamerasysteme, die bestimmte Bewegungs- oder Ereignismuster erkennen und verarbeiten können. Abgesehen von klassischen Überwachungskameras an/in Gebäuden oder Plätzen, ist auch ein Einsatz derartiger Systeme in Tunneln oder an Straßen denkbar, um beispielsweise Staus oder Unfälle automatisch zu erkennen, und vor ihnen zu warnen. Die Kameras werden dazu mit Ereignisklassen programmiert, und sind dadurch in der Lage, z.B. ein stehengebliebenes Auto im Tunnel oder einen Geisterfahrer zu erkennen und dann z.B. das zuständige Überwachungspersonal zu informieren. Außerdem entwickelte die F&E- Abteilung von Siemens in Südengland einen Kameraalgorithmus, der selbstständig lernt, normale und anormale Bewegungen oder Ereignisse in einer Szenerie zu erkennen (VMAD – Video Motion Anomaly Detection, vgl. Pearse 2003). 60 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Wie auch im Zuge des Mobinet-Projekts in München wurden zudem im Stadtgebiet von Berlin 22 Infotafeln errichtet, mit denen die Verkehrs- teilnehmer über die aktuelle Verkehrslage, speziell in der Berliner Innen- stadt informiert und ggf. umgelenkt werden sollen. Zur Verarbeitung der durch Detektoren, Sensoren etc. gesammelten Daten setzt die VMZ das von Siemens entwickelte System SITRAFFIC CONCEPT ein. Teil dieses Systems ist auch die Ampelsteuerung MOTION, die in 4 Schritten für möglichst viele „grüne Wellen“ sorgen soll (vgl. Sterbak 2004). Nach der Erfassung und Analyse der Verkehrsdaten stellt das Programm ein Modell des Verkehrs auf und gibt darauf aufbauend neue Schalt- anweisungen an die betreffenden Ampeln weiter. In maximal viertel- stündigen Abständen gleicht das System die neuen Programme mit der Verkehrslage ab, und optimiert die Schaltungen gegebenenfalls erneut. Neben dem Individualverkehr achtet MOTION außerdem auf den ÖPNV, um nötigenfalls Bussen oder Straßenbahnen Vorrang zu gewähren, sollten diese z.B. verspätet sein. Als problematisch für Steuerungsinstrumente wie Infotafeln über Verkehrslage und Ausweichempfehlungen, oder auch das Ampelprogramm MOTION erweist sich laut PoF die Tatsache, dass immer mehr Autofahrer auf die Dienste privater Navigationsdienstleister zurückgreifen, die nicht mit den Daten der öffentlichen Leitstellen verknüpft sind, und somit möglicherweise trotzdem Strecken befahren, die gesperrt oder entlastet werden sollen. Wie auch der Ruhrpilot bietet die VMZ kostenfreie, über das Internetportal www.vmzberlin.de abrufbare, und kommerzielle Dienstleistungen an. Logistikunternehmen können sich Verkehrsdaten z. B. in ihre Dispositions- systeme, oder direkt in die Fahrzeuge übertragen lassen, um Staus, Baustellen etc umgehen, und eine genaue Fahrtzeit einplanen zu können. Im April 2005 wurde in einem Gebäude des Flughafens Berlin-Tempelhof, wo auch die VMZ untergebracht ist, mit der Verkehrsregelungszentrale (VKRZ) Berlin die in Europa modernste Anlage ihrer Art in Betrieb genommen (vgl. BerliNews 2005). Die Kosten beliefen sich auf 8,1 Millionen Euro, und nach der vollständigen Abschaltung der alten Zentrale von 1979, sollen in der neuen VKRZ 40 Mitarbeiter rund um die Uhr im Schichtbetrieb sämtliche Funktionen überwachen. Zur Verfügung stehen ihnen dabei zahlreiche Monitore, die das von ca. 100 Verkehrsüberwachungskameras aufgezeichnete Geschehen wiedergeben, sowie eine 20m² große Medienwand, auf der die Verkehrslage in Berlin grafisch dargestellt wird. Die Steuerung bspw. von Ampeln, wird vom System vollautomatisch für ganze Stadtbereiche durchgeführt und ist in Früh-, Spät-, Tages- und Nachtpläne unterteilt (vgl. Puppe 2005). Einerseits bedient sich die VKRZ den Daten, die bereits von der VMZ gesammelt wurden, andererseits nutzt Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 61 sie aber auch noch 750 eigene Detektoren im Stadtgebiet, und an den Autobahnen. Über den in der VKRZ integrierten Verkehrswarndienst werden im Falle von Verkehrsstörungen alle nötigen Informationen an Presse, Radio, Fernsehen und Telematikdienstleister übermittelt. Der Zuständigkeitsbereich des Verkehrswarndienstes erstreckt sich dabei auf die Länder Berlin und Brandenburg, und auch eine Verknüpfung mit der Verkehrssystem- managementzentrale (VSMZ) Potsdam wird angestrebt. Die Software-Architektur der VKRZ wurde bewusst offen gestaltet, um eine flexible Anpassung an zukünftige Erfordernisse zu gewährleisten. Beispiels- weise entwickelte das Forschungsprojekt iQ Mobility ein Frühwarnsystem, das auf zu hohe Schadstoffwerte reagieren, und die Belastung durch Eingriffe in den Verkehr minimieren soll. Außerdem war speziell für die WM auch noch eine Software geplant, die für Protokollfahrten entwickelt werden sollte, z.B. für die Fahrt eines Teams vom Hotel zum Stadion, um Sportler und Funktionäre schnellstmöglich von A nach B zu bringen, ohne den Verkehr zu beeinträchtigen, respektive durch die während der WM erhöhte Verkehrsdichte behindert zu werden (vgl. Hasselmann 2005). 5.3 Verkehrssteuerung International 5.3.1 England Im Jahr 2003 führte die britische Metropole London eine City-Maut ein, um die schon obligatorischen Staus in der Stadt zu bekämpfen, und die Abgasbelastung zu mindern. Wer mit dem Auto, statt mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Innenstadt fahren möchte, muss pro Tag eine Gebühr von 8 britischen Pfund zahlen. Die über Internet oder Telefon zu entrichtenden Abgaben werden von Videokameras kontrolliert, die die Nummernschilder der einfahrenden Autos mit einer Datenbank abgleichen. Dringt ein Fahrzeug ohne gültige Tageslizenz ins Stadtzentrum vor, ist für den Fahrer eine horrende Strafe vorgesehen. Nachdem sich das System als erfolgreich erwies – die Zahl der PKW und Staus ging um 21 bzw. 26% zurück (vgl. Kleinschmidt 2007) – wurde die Mautzone 2007 ausgedehnt. Siemens entwickelte das bestehende Erfassungssystem weiter, das nun die registrierten Nummernschilder verschlüsselt und digital per Breitband zur Zentrale verschickt. Die bisherigen analogen Daten verursachten wesentlich höhere Betriebskosten, die nun eingespart werden können. Nicht zuletzt auch in Hinblick auf die olympischen Spiele 2012 arbeitet die Stadt London auch an einer Verbesserung des ÖPNVs, um ihn attraktiver sowohl für Londoner, als auch für Touristen zu machen und somit weiteren Verkehr von den Straße auf Bus und Schiene zu verlagern. Das gesamte Investitionsvolumen bis 2012 beträgt für dieses Projekt nicht weniger als 15 Mrd. Euro. Um z.B. die Pünktlichkeit der berühmten Londoner Busse zu 62 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung verbessern, werden diese mit einem satellitengesteuerten Informations- system ausgestattet. Während Positionsangaben bislang lediglich über Funk mitgeteilt wurden, sollen die Busse zukünftig per GPS-Daten und GPRS- Mobilfunk auf wenige Meter genau geortet werden können (vgl. ebd.). Die Koordination durch das Busunternehmen wird somit deutlich erleichtert, und auch die Kunden sollen künftig über ebenfalls satellitengesteuerte Anzeigetafeln an den Bushaltestellen genau darüber informiert werden, wann welcher Bus kommt. Auch das veraltete U-Bahn-Netz soll bis 2012 erneuert werden, um aktuellen Standards gerecht zu werden. Zuletzt büßte das traditionelle Londoner Transportmittel sehr viel an Attraktivität ein, da es von vielen Ausfällen durch Signalstörungen betroffen war, meistens überfüllt ist, und zudem über keine Klimaanlage verfügt. 5.3.2 USA Im Frühjahr 2005 startete in der Nähe von Seattle ein Forschungsprojekt, das klären sollte, ob Autofahrer sich mit flexiblen Tarifen zum Ausweichen auf günstigere, weniger stark belastete Strecken bewegen lassen. Siemens rüstete dazu die Autos von 500 Teilnehmern des Tests mit OnBoard-Units aus, die die Fahrzeugposition in Echtzeit per GPS ermitteln, und mit der Mautzentrale über GSM kommunizieren, wo die Positionsdaten und Benutzerkonten verwaltet und monatliche Statistiken über die Straßen- nutzung erstellt werden. Der kostenpflichtige Bereich wurde in 8000 Segmente unterteilt, um eine möglichst hohe Genauigkeit zu erhalten, und je nach befahrenem Segment wurde ein flexibler Betrag von einem virtuellen Benutzerkonto abgebucht. Das am Ende des Projekts verbliebene Guthaben sollte den Testpersonen ausbezahlt werden, um sie für ihre Kooperation zu belohnen und zusätzlich zu motivieren, stets die günstigste Strecke zu wählen. Wie in London, bedurfte auch die in die Jahre gekommene U-Bahn in New York einer Generalüberholung, um den quantitativen, wie qualitativen Ansprüchen der heutigen Zeit gerecht zu werden, und weiterhin eine sinnvolle und attraktive Alternative zur Fortbewegung mit dem Auto darzustellen. Um vor allem die Zuverlässigkeit der U-Bahn zu steigern, wurde 2005 als Ergebnis einer Zusammenarbeit von Siemens und New York City Transit (NYCT) das Rail Control Center (RCC) in Betrieb genommen. Auf einer Anzeigenfläche von ca. 100m² können die Mitarbeiter des RCC in Echtzeit Informationen über Position, Geschwindigkeit, und Verhältnis zum Fahrplan jedes einzelnen Zuges abrufen. Aufbauend auf diesen Daten können die Züge über eine spezielle Software zum einen direkt beeinflusst werden, und durch die Vernetzung von Kontroll- und Steuerungssoftware lassen sich außerdem genaue Informationen für die Fahrgäste an jeder Haltestelle wiedergeben. Um die Persistenz der Dienste zu gewährleisten, läuft neben dem Hauptsystem ein zweites auf Standby, um im Störungsfall sofort zugeschaltet werden zu können (vgl. Pearse 2004). Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 63 Zur Koordinierung verschiedener Entwicklungsprojekte im Rahmen der Verkehrssteuerung und des intelligenten Verkehrs wurde 1991 vom amerikanischen Verkehrsministerium die Intelligent Traffic Society of America (ITSA) ins Leben gerufen, die über mehr als 400 Mitgliedsorganisationen verfügt. Neben der Koordinationsfunktion fällt dieser Organisation auch Lobbyarbeit zu. Diese ist sowohl gerichtet auf Gesetzgeber und Medien, als auch auf die Konsumenten, um deren Aufmerksamkeit auf Nutzen und Notwendigkeit von intelligenten Verkehrs- systemen zu lenken (vgl. ITSA 2008). 5.3.3 Japan Das auch schon im Kapitel über den Ruhrpilot angesprochene Problem, die Verkehrsinfrastruktur nicht mehr einfach beliebig ausbauen zu können, tritt in kaum einem Land der Welt exemplarischer zu Tage als in Japan, wo die geographische Situation die Grenzen des infrastrukturell Machbaren seit jeher recht eng setzt. Metropolen wie Tokio haben ihr räumliches Potential bereits soweit ausgeschöpft, dass der Bau neuer Straßen absolut unverhältnismäßig hohe Kosten mit sich bringen würde, und deshalb außerhalb jeglicher Überlegungen steht. Deswegen entschloss sich das japanische Verkehrsministerium, im Zeitraum von 2002 bis 2012 Inves- titionen in „Intelligent Transport Systems“ (ITS) in zweistelliger Milliarden- höhe vorzunehmen, und die Aufgaben auf verschiedene Ministerien zu verteilen. Das Verkehrsministerium selbst legte sein Augenmerk vor allem auf die Autobahnen, wo mittels Magnetmarkierungen und magnetischer Sensoren an den Fahrzeugen ein unbeabsichtigtes Verlassen der Spur verhindert werden soll. Diese Alternative (oder Ergänzung) zum vor allem hier in Europa von den Automobilherstellern geplanten Spurhalteassistenten, soll den Fahrer per akustischem Signal oder Vibrieren des Lenkrads warnen, wenn er im Begriff ist, die Fahrspur zu verlassen, ohne vorher den Blinker gesetzt zu haben. Weitere Sender an den Straßen sollen Informationen über Straßenbedingungen und gegebenenfalls auch Warnungen ins Fahrzeug übermitteln. Für den Stadtverkehr zeigt sich in Japan das Polizeiministerium verantwortlich. Die Ansätze zur Bekämpfung von Staus, und zur Erhöhung der Sicherheit für Fußgänger, sind hier ähnlich wie in den bereits benannten Projekten z.B. in Deutschland, und unterscheiden sich lediglich mittels einer deutlich höheren Dimension. In Tokio werden die Verkehrsdaten von 20.000 Detektoren und 300 Kameras (Stand 2002, vgl. Roth & Pearse 2002) erfasst, und alle fünf Minuten aktualisiert. Das japanische Post- und Telekommunikationsministerium entwickelt in Zusammenarbeit mit diversen nationalen Herstellern neben dynamischen, sprachgesteuerten Navigationssystemen auch dynamische Verkehrszeichen, 64 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung die sich je nach Verkehrslage ändern, und beispielsweise um eine kurzzeitig gesperrte Straße herumführen sollen. Weiterhin erwähnenswert ist ein Projekt namens „Universal Traffic Management System“, das ins Leben gerufen wurde, um die Forschung und Entwicklung der beteiligten Unternehmen zu koordinieren, und damit eine höhere Effizienz für Einsatz, Entwicklung und Verbesserung der verwendeten Technologien zu gewährleisten. 5.4 Fazit Die in Kapitel 7.2 vorgestellten Verkehrsprojekte starteten mit zum Teil sehr vielfältigen und ehrgeizigen Zielen. Vieles, jedoch nicht alles, davon wurde erfolgreich umgesetzt. Das Münchener Projekt MOBINET entwickelte zur Verbesserung des ÖPNVs im Umland einen Plan für eine ringförmige Bahnstrecke, welche die Räume zwischen den Linien des sternförmigen S-Bahn-Netzes verbinden sollte, um mehr Pendler aus dem Umland zum Umsteigen auf die S-Bahn zu bewegen. Zum Zeitpunkt des Abschlussberichts 2005 stand eine Realisierung allerdings noch aus, da die weitere Planung und die letztendliche Entscheidung auf kommunalpolitischer Ebene angesiedelt sind (vgl. Mobinet 2005). Positiv erwähnt seien noch einmal die Initiativen zum betrieblichen Mobilitätsmanagement, sowie das Verkehrserziehungsprojekt „Mobikids“, da diese eine verhaltensbezogene Ergänzung zu den sonst vorwiegend technischen und infrastrukturellen Steuerungskonzepten darstellen. 2007 sollte der Ruhrpilot ursprünglich seine letzte Ausbaustufe erreichen. Die letzte Pressemitteilung vom Juli 2007 spricht jedoch erst von einem 30%-igen Aufbau des Gesamtsystems. Da allerdings schon jetzt mehr Detektoren aufgebaut wurden, als ursprünglich veranschlagt waren, spricht vieles dafür, dass der bisherige Erfolg des Projekts die Betreibergesellschaft dazu bewogen hat, das Netz weiter auszudehnen, als 2005 geplant. Darauf deuten auch die positiven Prognosen zur Reduzierung von Staus und Abgasbelastung hin (vgl. Böhret & Bönsch 2006). Die VMZ Berlin steht wie der Ruhrpilot für die erfolgreiche Planung und Durchführung eines Großprojektes als Public-Private-Partnership (PPP), welche den öffentlichen Haushalt über die Errichtung des Systems hinaus nicht weiter belastet und so ein wettbewerbliches Denken und Handeln der Betreibergesellschaft fördert, die ja ihrerseits dazu verpflichtet ist, das System für mindestens 10 Jahre aufrechtzuerhalten. Der internationale Vergleich zeigt jedoch, dass es für Verkehrssteuerungs- konzepte in Deutschland noch weitere Entwicklungspotentiale gibt. Als Paradebeispiel kann hier die City-Maut in London gelten, die den inner- städtischen Verkehr drastisch um 21% reduzieren konnte. Erste derartige Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 65 Ansätze sind mit der Einrichtung von Umweltzonen in deutschen Großstädten zu erkennen. Welchen Nutzen kann Verkehrstelematik, abgesehen von der Verteilung und effizienteren Steuerung des Verkehrs, für Deutschland außerdem haben? Die Antwort erschließt sich, wenn man einen Blick auf den stetig wachsenden Weltmarkt für Telematikanwendungen wirft, der laut ZVEI auf 30 Mrd. Euro zu schätzen ist (vgl. ebd.), während man zum Vergleich 2003 noch von ungefähr 18 Mrd. ausging (vgl. Böhret 2003). Wie bereits in Kapitel 7.3 zu sehen, profitieren deutsche Unternehmen wie Siemens stark von diesem Markt, und auch weitere deutsche Entwicklungen stoßen auf internationales Interesse. Als Beispiel sei hier das Mautsystem genannt. Anfangs noch überaus kritisch betrachtet, ob der Schwierigkeiten, die das vorher nicht hinlänglich getestete System mit sich brachte (vgl. ebd.), befindet es sich mittlerweile in der dritten Entwicklungsstufe, und soll laut Axel Knobe (Geschäftsführer T-Systems Enterprise Systems) auch als Plattform für Verkehrsinformations-, Sicherheits- und Notrufdienste dienen. Laut Verkehrsminister Tiefensee (SPD) habe sich das deutsche Mautsystem mittlerweile zum „weltweiten Technologieführer“ entwickelt (vgl. Böhret & Bönsch 2006). Setzen sich die positive Entwicklung des Weltmarktes sowie die steigende Nachfrage nach Telematiklösungen fort, und ist Deutschland in der Lage, sich, wie von ZVEI-Präsident Kubasik gefordert, als „Leitmarkt“ (vgl. ebd.) zu etablieren, so ist von erheblichen positiven Effekten für den Standort Deutschland auszugehen. Neben den positiven Auswirkungen, neuer in Deutschland entwickelter Technologien im Bereich Telematik, würden auch neue hochqualifizierte Arbeitsplätze entstehen, die durch die bei Telematikdienstleistungen äußerst wichtige Martknähe (vgl. Böhret 2003), nachhaltig gesichert wären. Die Marktaussichten scheinen positiv, da z.B. laut Pictures Of The Future bis 2010 diverse EU-Initiativen geplant sind, die unter anderem auf den Wirtschaftsverkehr, den ÖPNV, sowie die Reduzierung der Verkehrstoten gerichtet sind (vgl. Hassenmüller 2005). Wichtig für den Erfolg von Telematikdiensten sind nicht zuletzt einheitliche Standards, sowie Aufmerksamkeit und Akzeptanz der Öffentlichkeit. Eine der wenigen Gemeinsamkeiten der zur Fußball WM 2006 initiierten Verkehrsprojekte um die 12 Veranstaltungsorte, war zum Beispiel deren Verknüpfung im Internet. Gemeinsame Standards, die eine generelle Nutzung der verschiedentlich gesammelten und bereitgestellten Verkehrs- informationen möglich machen, würden laut T-Systems-Geschäftsführer Knobe auch dazu führen, dass Dienste und Technologien günstiger würden (vgl. Böhret & Bönsch 2006), was nicht zuletzt der Verbreitung von Telematikanwendungen unter den Verkehrsteilnehmern zugute käme. Eine Verbesserung der Vernetzung, sowie eine bessere Information der Öffentlichkeit sind daher zwei vorrangige Ziele von ZVEI und Bitkom (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.). Auch die Betreiber des Ruhrpilots und der VKRZ Berlin sorgen 66 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung sich um die Wahrnehmung ihrer Arbeit, und betonen z.B. beide, dass die Kameras und Detektoren, die das Verkehrsgeschehen erfassen, nur in der Lage sind, Fahrzeuge zu zählen, nicht aber Gesichter und Nummernschilder erkennen, oder als Mautstelle oder Radarfalle dienen können (vgl. Wohllaib 2007, Puppe 2005). So soll vermieden werden, dass die Verkehrserfassung als „Überwachung“ oder „Geldmacherei“ aufgefasst wird. Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 67 6 Entstehung und Entwicklung erster Verkehrstelematik- Lösungen sowie Einsatz zentraler Verkehrstelematik- Konzepte (Jens Kroniger) Kapitelübersicht 6.1 Einleitung ....................................................................................67 6.2 Verkehrstelematik – Was und Warum?...........................................67 6.3 Historie .......................................................................................69 6.4 Der Beginn der „modernen“ Telematik ...........................................70 6.5 Erste Konzepte.............................................................................73 6.5.1 TMC – „Traffic Message Channel“.........................................73 6.5.2 FCD – „Floating Car Data“ ..................................................73 6.6 Jeder für sich...............................................................................74 6.7 Fehlende Standards......................................................................77 6.8 Der aktuelle Stand .......................................................................78 6.9 Trends ........................................................................................79 6.1 Einleitung Die vorliegende Arbeit soll sich mit der Entwicklung von Konzepten und Modellen der intelligenten Verkehrssteuerung befassen und insbesondere die Entstehung und Entwicklung erster verkehrstelematischer Lösungen rekonstruieren. Der Schwerpunkt liegt hier bei der Entstehung der Verkehrstelematik so wie dem Einsatz von Lösungskonzepten, die eine Zentrale als Verwaltungs- und Koordinationsinstrument einsetzen. In Jahren heißt dies, dass Entwicklungen und Konzepte bis etwa zum Jahr 2000 vorgestellt werden. 6.2 Verkehrstelematik – Was und Warum? Ein in den letzten 15 Jahren immer weiter in den Vordergrund rückender Begriff ist der der „Verkehrstelematik“, der Einsatz von Telematik im Verkehrswesen. Dem französischen Wortursprung nach ist Telematik ein aus den Worten „Informatik“ und „Telekommunikation“ zusammen- gesetzter Begriff, der seine Anwendungen in vielen verschiedenen Bereichen, also nicht nur im Verkehrswesen, findet. Verkehrstelematik umfasst also den Gesamtzusammenhang von Koordination und Kommu- nikation in Bezug auf Fahrzeuge nebst Insassen, Datenbearbeitung, -dar- stellung, -versand und -empfang. Betrachtet werden sollen hier ausschließlich das Teilgebiet der Verkehrs- 68 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung telematik und dies auch hauptsächlich in Bezug auf den Straßenverkehr, nicht aber auf Luft-, See- oder Schienenverkehr, wobei letztgenannte Bereiche natürlich in gleichem Maße der Kommunikation und Koordination bedürfen. Verkehrstelematiktechnologien sollen den Fahrer entlasten, indem ihm das Vorankommen erleichternde und vereinfachende Informationen zugespielt werden (vgl. Automobiltechnische Zeitschrift 2004). Nachdem die Begrifflichkeit als solche geklärt ist, sollte nun noch skizziert werden, warum Telematiklösungen im Straßenverkehr sinnvoll und nötig sind, welche Motivation den später vorgestellten Lösungskonzepten also zugrunde liegt. Der Verkehrsfluss bedarf seit jeher, aber insbesondere seit der immens steigenden Anzahl von zugelassenen Fahrzeugen im Straßennetz einer Art von Koordination und Kontrolle, um eben diesen zu gewährleisten. Dazu ist die Entwicklung immer neuer Konzepte und Lösungen notwendig, denn stehender oder gehemmt fließender Straßenverkehr schadet in vielerlei Hinsicht. Betroffen sind z.B. die Wirtschaft, mit Ausnahme der Mineral- ölkonzerne, die durch Verkehrsbeeinträchtigungen verlorene Arbeitszeit und somit höhere Kosten bzw. Gewinneinbußen zu beklagen haben und gerade in heutiger Zeit Umwelt und Natur, die z.B. durch im Stau unnötig verbrauchte Kraftstoffabgase großen Schaden erleiden. Laut ADAC-Statistik bewegten sich 1975 auf deutschen Straßen 26 Millionen Fahrzeuge, im Jahre 2007 55,5 Millionen, also mehr als doppelt so viele (siehe Abbildung 6.1, vgl. ADAC 2008). Hinzu kommt, dass sich die jeweiligen KFZ-Fahrleistungen in der gleichen Zeitspanne um den Faktor 2,2 verändert haben. Die Gesamtlänge der Straßen des überörtlichen Verkehrs hingegen erfuhr in diesen 32 Jahren allerdings nur eine Vergrößerung um den Faktor 1,4 (ebd.), und das auch hauptsächlich nur durch die Miteinbeziehung des Straßennetzes der neuen Bundesländer nach der Wiedervereinigung. Betrachtet man diese Zahlen, wird klar, dass die Straßen voller geworden sind, sich also die Verkehrsdichte enorm erhöht hat. Abbildung 6.1 veranschaulicht die genannte Entwicklung. Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 69 Abbildung 6.1: Entwicklung des Straßennetzes und der Straßenbelastungen Der immer größere Ausbau der Verkehrsinfrastruktur als Antwort auf steigende KFZ-Zahlen auf den Straßen stellt aufgrund begrenzter Baufläche und somit endlichem Raum also keine Alternative dar. Verkehrstelematik und Infrastruktur können also in gewisser Weise als komplementäre Elemente der Verkehrspolitik in Deutschland verstanden werden, das eine stellt nicht die Alternative des anderen dar. Die Herausforderung liegt in der sinnvollen Verknüpfung und Kombination beider Elemente, nämlich z.B. die bereits vorhandene Verkehrsinfrastruktur effizienter zu nutzen und so Engpässe mittels geeigneter telematischer Lösungskonzepte zu vermeiden (vgl. Automobil Industrie 1997a). Eine Motivation für den Einsatz von verkehrstelematischen Konzepten ist folglich klar gegeben. 6.3 Historie Die Idee der Verkehrstelematik ist, wenn auch nicht unter dieser Bezeichnung bekannt, schon über 100 Jahre alt. Denn zu einem festen Regelwerk, also z.B. Vorfahrtsregeln, Verkehrszeichen etc., gehört bis heute auch die Praktizierung und Durchsetzung dieser Regeln im Alltag. Telematik im Kleinen(!) gab es bereits vor Einführung der ersten Lichtzeichenanlage 1924 in Berlin, nämlich durch die Funktion der Verkehrspolizisten. Sie leiteten und leiten in Notfällen auch noch heute den Verkehrsfluss auf stark befahrenen Kreuzungen. Erst nach 1924 hielten Ampelanlagen in Deutschland Einzug und ersetzten so nach und nach die Verkehrsposten der Polizei (vgl. Wikipedia 2008d). Somit war der Verkehr auf größeren Kreuzungen durch Ampelanlagen, auf kleineren durch die Verkehrsregeln wie „Rechts vor Links“ geregelt. Das Verkehrsaufkommen war überschaubar, das Hauptverkehrsmittel stellte bis zum Ende des zweiten Weltkrieges die Eisenbahn, also der Schienenverkehr dar. Wie jede neue Technologie musste sich auch das Automobil erst 70 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung durchsetzen und etablieren, hinzu kamen die anfangs schlechte Wartbarkeit und hohe Fehleranfälligkeit der Fahrzeuge, beispielsweise das Vulkanisieren der Reifen oder das manuelle Ankurbeln des Anlassers, auch die anfallenden Kosten waren so hoch, dass sich das Auto dem Massenmarkt als Produkt vorerst nicht erschließen konnte. Eine erste Form der Straßenverkehrsordnung wurde „erst“ im Mai 1934 erlassen, die verbindliche Regeln für das Teilnehmen am Straßenverkehr umfasste und Fehlverhalten mit Bußgeldern belegte. Darüber hinaus gab es nur spärlich vorhandene Formen der Koordination des Verkehrsflusses, wie beispielsweise Verkehrszeichen und Wegweiser oder auch das Rechtsfahrgebot. Eine verkehrsabhängige, über in die Straße eingelassene Kontaktschwellen ausgelöste Steuerung der Lichtzeichenanlagen wurde erstmals im Jahr 1934 eingesetzt und stellte den Beginn der automatischen Verkehrsregelung dar. Die erste tatsächliche Verkehrsregelzentrale wurde 1961 über ein eigenes Kabelnetz in gemieteten Postkanälen in Berlin eingerichtet, der erste elektronische Verkehrsrechner drei Jahre später ebenfalls in Berlin (vgl. Info-lsa 2008). Dem steigenden Automobil- aufkommen konnte vorerst mit dem Ausbau des Straßennetzes und der Straßenverkehrsinfrastruktur begegnet werden, denn trotz ihres Anstiegs war die Anzahl der in Deutschland zugelassenen Kraftfahrzeuge noch gering, erste Aufzeichnungen darüber existieren erst seit 1975 (siehe Abbildung 6.1), vier Jahre nach der ersten Neufassung der Straßen- verkehrsordnung. Diese Neufassung wurde nötig, da das Verkehrs- geschehen nicht mehr mit dem von 1934 zu vergleichen war. Viel mehr Fahrzeuge, die nun höhere Fahrleistungen erzielten, bewegten sich auf den Straßen, der Verkehr wurde wesentlich komplexer. Dass diesem Trend in geeigneter Form entgegen gesteuert werden musste, war nur eine Frage der Zeit. Denn obwohl es noch ausreichend Möglichkeiten gab, die Verkehrsinfrastruktur zu erweitern, z.B. durch den Bau neuer Straßen, Landstraßen und Autobahnen oder auch den Ausbau vorhandener Verkehrswege, musste klar sein, dass diese Art der Lösung nur eine kostspielige Hinauszögerung des eigentlichen Problems darstellte. 6.4 Der Beginn der „modernen“ Telematik Als Beginn der „modernen“ Verkehrstelematik kann man das von der deutschen Automobilindustrie 1986 ins Leben gerufene PROMETHEUS- Projekt ansehen, an dem sich alle europäischen Automobilhersteller beteiligten. „Ziel war die Lösung wachsender Verkehrsprobleme, eine erhebliche Verbesserung der Verkehrssicherheit und eine Entlastung der Umwelt“ mit Hilfe elektronischer Hochtechnologie (vgl. Automobil- technische Zeitschrift 2004). Das bis zum Jahr 1994 andauernde Projekt wurde zu 50% vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMFT) national gefördert. Man sah den Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 71 Handlungsbedarf, der auf Grund der immer dringlicher werdenden Probleme notwendig war und versuchte, Lösungen herbeizuführen. Willkommen war den deutschen Automobilkonzernen sicherlich die 50%ige Förderung sowie der mit der Teilnahme einhergehende Imagegewinn, aber auch ein gewisser Mitzieh-Effekt. Man konnte nicht als einziger Hersteller gelten, der sich PROMETHEUS nicht anschloss, was wiederum ein beträchtliches Imagedefizit bedeutet hätte. Ein zweites, ähnliches Vorhaben stellte das 1986 initiierte europäische F&E-Programm DRIVE dar, in dem „Bausteine moderner Informations- und Kommunikationstechniken für die Fahrzeuge und die Straßeninfrastruktur zur Anwendungsreife fortentwickelt werden“ sollten. Im Rahmen des DRIVE II-Programms wurden diese Telematikbausteine „zwischen 1992 und 1994 in zahlreichen Feldversuchen und Pilotprojekten in über dreißig europäischen Städten sowie auf Fernstraßen unter realen Verkehrs- bedingungen auf ihre Kosten und Nutzen sowie auf ihre Einsatzreife hin überprüft. Die im Zuge der Pilotprojekte entwickelten Telematikdienste konnten im Rahmen eines kooperativen Verkehrsmanagements auch nach Versuchsablauf weiter genutzt werden“ (vgl. Esser 2001). Drei Jahre nach Gründung des PROMETHEUS-Projektes stellte als erster deutscher Hersteller Bosch 1989 das erste nachrüstbare Navigationsgerät für PKW, das TravelPilot IDS (siehe Abbildung 6.2, Auto Bild 2006) vor, was allerdings erst 8 Jahre nach dem weltweit ersten, aber wenig erfolgreichen Navigationssystem von Honda, dem Electro Gyrocator geschah. Da GPS im Travelpilot noch nicht zum Einsatz kam, navigierte das Gerät mit Hilfe von Sensoren an Rädern und Lenkung, die die Position des Abbildung 6.2: TravelPilot IDS Autos bestimmten. Diese Informationen wurden dann mit einer digitalen Straßenkarte abgeglichen. Zum aus heutiger Sicht mehr als spartanischen Leistungsumfang des Geräts kam der hohe Anschaffungspreis, der mit einer Höhe von 9000 DM zuzüglich Einbaukosten zu Buche schlug und somit die Verbreitung des Systems auf dem Massenmarkt stark hemmte bzw. verhinderte. Das erste Navigationssystem, das GPS nutzte, erschien im Folgejahr als Produkt von Pioneer und arbeitete bereits mit digitalen Karten auf CDs (vgl. Wikipedia 2008e). GPS selbst, das „Global Positioning System“, war 72 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung ursprünglich für militärische Zwecke entwickelt, der erste Satellit wurde 1978 in die Erdumlaufbahn gebracht. wurde. Eine bis Mai 2000 implementierte Ungenauigkeit (> 100m) sollte den Missbrauch des Systems durch den Feind verhindern, nach Abschaltung dieser „Selective Availibilty“, also der selektiven Verfügbarkeit, stand das System allerdings für alle anderen Zwecke wie z.B. der Positionsbestimmung im Straßenverkehr bis auf 10 Meter Genauigkeit zur Verfügung. Neben den erwähnten Nachrüstlösungen verbauten letztendlich die bayrischen Motorenwerke 1994 im BMW 750i erstmals serienmäßig ein satellitengestütztes Navigationssystem. Diese ersten Lösungen waren allerdings statisch und bezogen die aktuelle Verkehrslage nicht in ihre Berechnung mit ein, so war der empfohlene Weg immer der gleiche. Auch führten die sehr hoch angesetzten Anschaffungs- kosten für genannte Navigationssysteme zu einer anfangs sehr geringen Verbreitung, derartige Navigationsgeräte waren also vorerst der besser verdienenden Klientel vorbehalten. Auch an anderer Stelle, nämlich von Seiten des Landes wurden neue Elemente auf deutschen Autobahnen eingesetzt, die so genannten Wechselverkehrszeichen, welche 1992 erstmalig in Betrieb gingen. Der grundlegende Unterschied zu normalen Verkehrszeichen besteht darin, dass sie je nach Bedarf dynamisch unterschiedliche Verkehrszeichen darstellen können, etwa verschiedene Höchstgeschwindigkeiten zu unter- schiedlichen Tageszeiten oder Verkehrsdichten. Die Steuerung dieser Wechselverkehrszeichen obliegt wiederum einer Verkehrszentrale (vgl. Wikipedia 2008f), die an ausgewählten Stellen die Verkehrssituation überwacht und so mit Hilfe dieser Beschilderungen entsprechend reagieren kann, sei es auf Staus, Unfälle oder widrige Witterungsverhältnisse wie etwa Eisglätte. Auch dynamische Ampelschaltungen, die den Verkehrsfluss aufteilen und koordinieren sollten, kamen an stark befahrenen Kreuzungen wesentlich öfter zum Einsatz und konnten z.B. auch durch die Bevorzugung von Fahrzeugen des ÖPNV zur Verbesserung der Verkehrssituation beitragen. Diese Bevorzugung wird durch Schleifen/Leitungs-Systeme oder auch durch Funksysteme erreicht. Die Ampelanlagen bzw. die Verkehrszentrale erkennen, wann ein Linienbus sich einer Ampel nähert und leiten automatisch die richtigen Schritte ein (vgl. Wikipedia 2008g). Diese Attraktivitätserhöhung soll auch dazuführen, dass der öffentliche Nahverkehr häufiger genutzt und die Verkehrsdichte durch das Nichtnutzen des eigenen Autos reduziert wird, was in der Praxis allerdings nur mäßig Anwendung findet, da das eigene Auto mehr als häufig vorgezogen wird. Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 73 6.5 Erste Konzepte 6.5.1 TMC – „Traffic Message Channel“ Das Fehlen von Service-Providern, die als Zentralen fungierend Verkehrs- daten sammelten und die aufbereiteten Informationen zur Verfügung stellten, galt bis etwa 1997 als Hemmschuh für die Entwicklung für Navigationstechnologien (vgl. Automobil Industrie 1997a). Obwohl über das „Radio Data System“, kurz RDS, die Übertragung von Zusatzinformationen im herkömmlichen UKW-Rundfunk theoretisch schon seit 1988 möglich war, übertrug erst ab 1997 ein deutscher Radiosender TMC Zusatz- informationen. Der Westdeutsche Rundfunk übertrug als erster deutscher Sender ab den „Traffic Message Channel“ per RDS-Technik. TMC-Meldungen selbst bestehen aus Codes, die Lage, Ereignis und Verfallszeit der Nachricht spezifizieren, standardisiert durch die so genannte Alert-C Codierung, also ein Protokoll zur Übermittlung von Kurznachrichten. Etwa 1460 Ereignisse können so dargestellt und übertragen werden, die Übertragungsrate liegt bei 60bit/s. Bei übertragbaren 10 Nachrichten pro Minute liegt die Größe einer TMC-Meldung somit bei etwa 21600 Bit, also 2700 Byte. Die Informationsquellen für TMC sind nicht nur die Polizei, sondern auch an den Straßen und Autobahnen installierte Verkehrs- kameras, in die Fahrbahn eingelassene Kontaktschwellen, Infrarot- oder Radarsensoren sowie FCD, „Floating Car Data“. Die Aufbereitung und Übermittlung der TMC-Meldungen findet zentral statt (vgl. Wikipedia 2008h). Allerdings birgt TMC auch nicht von der Hand zu weisende Nachteile. Denn die in der TMC-Verkehrszentrale ankommenden Daten werden manuell, also per Hand ein- und ausgetragen, was zu schwankender Qualität der übermittelten Informationen führt. So können Staus oder Hindernisse, die durch TMC übermittelt wurden, schon längst nicht mehr vorliegen, im Gegenteil könnten daraus resultierende Abfahrtsempfehlungen von der Autobahn zu einem Stau auf der empfohlenen Umleitung führen. Eine Latenz der TMC-Meldungen ist also durchaus vorhanden, was auch gleichzeitig den Nachteil dieses frei empfangbaren, also kostenlosen Systems darstellt. 6.5.2 FCD – „Floating Car Data“ Es bleibt noch zu klären, was genau unter dem Begriff FCD, „Floating Car Data“ zu verstehen ist. Hinter „Floating Car Data“, einem sich seit Anfang der 1990er etablierendem Konzept, verbirgt sich die Idee, dass Kraftfahrzeuge selbst als mobile Sensoren der Verkehrssituation und des Verkehrsflusses fungieren. Im Rahmen des ConnectedDrive-Ansatzes, einer intelligenten Vernetzung von Fahrzeug, Umwelt und Fahrer, benutzte BMW in seinem BMW Assist-Programm seine Fahrzeuge als so genannte „Floating Cars“. Daten zum Verkehrsfluss werden via GSM also nicht nur empfangen, sondern auch an eine Meldezentrale versandt (vgl. Automobil-technische 74 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Zeitschrift 2004). Dazu sind im Fahrzeug GPS- und GSM-fähige Geräte sowie ein Gerät zur Verarbeitung und Aufbereitung der FC-Daten notwendig. Anhand der übertragenen GPS-Informationen wird die Position des Fahrzeugs in der FCD-Zentrale mit einer digitalen Straßenkarte abgeglichen. Wird ein Hindernis erkannt, meldet die FCD-Zentrale via GSM, also Mobilfunk, Signale mit entsprechenden Ausweichmöglichkeiten. Das im Fahrzeug installierte Endgerät kontrolliert, ob das Verkehrshindernis auf der aktuellen Route liegt und gibt gegebenenfalls die Alternativroute der Zentrale per Einblendung an den Fahrer weiter. Durch BMW initiiert geht XFCD, „Extended Floating Car Data“, noch einen Schritt weiter. Durch die interne Vernetzung der Sensoren im Fahrzeug und der immer größeren Zahl eben dieser kann ein komplexes Abbild der Verkehrsumgebung geschaffen werden. Die Miteinbeziehung fast aller Systeme des Autos ist denkbar, z.B. der Schluss auf bestimmte Wetter- und Umweltbedingungen durch Regensensor, Außentemperatur, Nebel- scheinwerfer oder ABS, ASR und ESP ist somit möglich. Warnungen vor etwa Glatteis, Regen oder Nebel können so schnell und gezielt erfolgen (vgl. ebd.). 6.6 Jeder für sich Mit der GPS-Technologie in der Hinterhand stürzten sich die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der verschiedenen Automobilhersteller eigenbrötlerisch auf die Entwicklung eigener Navigationssysteme, jeder große Hersteller wartete mit seinem eigenen System auf. Als Gemeinschaftsunternehmen von Debis (Daimler-Benz InterServices) und T-Mobile entstand 1997 die in Bonn ansässige Tegaron Telematics GmbH, Mannesmann gründete den Passo-Verkehrsdienst. Die Tegaron- Kunden sollten die Möglichkeit haben, sich telefonisch über die Verkehrslage informieren und beraten zu lassen, was die technischen Möglichkeiten natürlich nicht einmal im Ansatz ausschöpfte (vgl. Automobil Industrie 1997a). Das mit Hilfe von GPS und GSM arbeitende Tegaron- System bezog die notwendigen Verkehrsinformationen nicht aus öffentlichen Quellen, sondern aus flächendeckend an deutschen Auto- bahnen installierten Stausensoren, um so die langen Meldeverfahren der öffentlichen Quellen, beispielsweise TMC, zu vermeiden. Die gesammelten Daten wurden in aufbereiteter, präziser Form von der Düsseldorfer Gesellschaft für Verkehrsdaten via SMS-Datenkanal, wodurch die Telefon- funktion des Handys erhalten blieb, an den Kunden weitergegeben. Durch feinere Unterscheidungen der Verkehrssituation in dichtem Verkehr, Stockungen und Staus zeigten Tests gegenüber TMC einen Zeitvorteil von fast einer Stunde, was aufgrund der Schnelligkeit der Meldung die Routenwahl eines Fahrers beeinflussten konnte. Auch bei der Abmeldung von Verkehrshindernissen verzeichnete man signifikante Zeitvorteile Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 75 gegenüber TMC. Im Gegensatz zu TMC war der Tegaron-Dienst allerdings gebührenpflichtig und setzte ein 2500 DM teures Nachrüstgerät nebst D1- Telefon voraus (vgl. Automobil Industrie 1999b). Auch Volkswagen gründete Anfang 1997 ein Spinout-Unternehmen, dass sich der Telematik verschrieb, nämlich die gedas telematics GmbH, welche wiederum eng mit Tegaron zusammenarbeitete. Folglich stand für VW auch das Tegaron-System zur Verfügung. Noch dazu konnte sich der Fahrer per Knopfdruck mit dem VW-Pannendienst verbinden lassen, verkehrsrelevante Informationen wurden über ein Display im Armaturenbrett ausgegeben. An die Airbagsensoren gekoppelt war ein Notrufsystem, dass bei deren Auslösung automatisch nützliche Informationen wie z.B. die Position des Fahrzeuges an die Zentrale übertrug, welche sie wiederum an die zustän- dige Polizei und Feuerwehr weiterleitete (vgl. ebd.). DaimlerChrysler und Tegaron arbeiteten dazu zusätzlich an einem „DynAPS“ getauften automatischen Autopilotsystem für die S- und E- Klasse. DynAPS berechnete dynamisch die ideale Route unter Berück- sichtigung der aktuellen Verkehrslage, als Informationsquellen standen die kostenpflichtigen Daten von Tegaron oder TMC-Informationen zur Verfügung. Auch hier sollte ein automatisches Notrufsystem mit dem Namen „Tele Aid“, dass mit den Crash- und Überschlagsensoren sowie der Airbagsensorik verknüpft war, im Falle eines Unfalls selbständig die Notrufzentrale durch ein Notruftelegramm, welches alle wichtigen Informationen enthielt, verständigen. Erhielt die Tele-Aid-Notrufzentrale allerdings einen Notruf aus dem Ausland, so konnte zwar die Position des Autos bestimmt aber nicht die zuständige Polizeidienststelle ermittelt und verständigt werden, dies funktionierte zu diesem Zeitpunkt nur deutsch- landweit (vgl. ebd.). General Motors, hierzulande vertreten durch Opel, startete das OnStar- System, durch welches die Opel-Fahrer „per vorprogrammierter Telefonnummer eine Verbindung mit einem Dienstleistungscenter auf- nehmen“ konnten. Call-Center-Mitarbeiter bearbeiteten dort die ankom- menden Anfragen, informierten die Kunden über den Straßenzustand, die aktuelle Verkehrssituation oder gaben Routenempfehlungen oder Stauinformationen. Standortinformationen erhielten die OnStar-Lotsen automatisch per GPS, auch Notruf und Pannenhilfe sind möglich. Die nachträgliche Installation inklusive Telefon und Freisprecheinrichtung lag bei Einführung des Systems bei 2500 DM, der Serienaufpreis bei 582 DM. Zur Aufrechterhaltung des Call-Center-Betriebes veranschlagte Opel eine monatliche Gebühr von 34,95 DM (vgl. ebd.). Auch Ford wartete in Kooperation mit der Nokia-Tochter Smart Traffic Products mit einem eigenen auf GPS-Basis arbeitenden automatischen Notrufsystem auf, über welches der Fahrer z.B. mittels zwei gesonderten Knöpfen am Armaturenbrett den Abschleppdienst oder aber die Polizei bzw. 76 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung einen Krankenwagen rufen konnte (vgl. ebd.). Ziel aller Konzerne war es, die Navigationssysteme über die vorhandenen Mobilfunknetze, wie etwa D1, so mit den Service-Providern zu koppeln, dass Verkehrsbehinderungen automatisch berücksichtigt wurden. Es kam trotzdem immer wieder zu heftigen Diskussionen, ob Off-Board Lösungen, also die Routenplanung über Service-Provider oder On-Board Lösungen, also die komplette Navigation vom Fahrzeug aus, sinnvoller seien (vgl. Automobil Industrie 1997a). Durch die hohen Preise von bis zu 7000 DM wollten On-Board-Lieferanten, also die Hardwarehersteller, ihre Entwicklungskosten zurückerhalten. Sie argumentierten, dass die rechtzeitige Einblendung von Symbolen und Sprachausgabe via Off-Board-Lösung aufgrund der höheren Latenzen nicht zu bewerkstelligen sei, außerdem könne ohne die Verbindung der Datenbank und GPS die Fahrzeugposition nicht genau genug erfolgen. Jede Neuplanung erfordere eine neue, Verzögerungen verursachende Telefon- verbindung, was zu einer Vielzahl von aufzubauenden Verbindungen und somit zu immensen Telefonkosten führe. Verfechter der Off-Board-Lösungen priesen immer wieder den niedrigen Einstiegspreis an, der zu einer höheren Akzeptanz durch den Verbraucher und somit zu einer schnellen Verbreitung der Off-Board-Technik führe (vgl. ebd.). Es wird deutlich, dass mit Verfügbarkeit der nötigen Technologien, namentlich GSM, GPS, TMC / RDS und FCD, alle Automobilhersteller unter Hochdruck daran arbeiteten, sich auf dem sich neu erschließenden Markt der Telematik(dienste) zu positionieren. Aus obiger Aufzählung erkennt man, das nahezu alle großen Automobilkonzerne involviert waren, doch bei genauem Hinsehen fehlt ein großer und namhafter Hersteller, nämlich PSA, hinter dem sich Peugeot und Citroën verbergen. In der Literatur findet man nur wenige Informationen zur Beteiligung PSAs, ein erstes „Peugeot Urgence“ getauftes Notfallsystem erschien im Vergleich zu den Konzepten oben genannter Hersteller deutlich später, nämlich erst im Jahr 2003 (Peugeot 2008). Über die Entwicklungen von GPS- und GSM-basierten Navigationssystemen lassen sich in Bezug auf PSA nur aktuellere Informationen und keine Daten über das erstmalige Engagement in diesem Geschäftsfeld finden, mittlerweile bietet Peugeot der Konkurrenz sehr ähnliche Navigationsprodukte an. Vom Konkurrenzdruck getrieben wetteiferten die Konzerne mit sehr ähnlichen Ansätzen um die Gunst des Kunden. Doch der Aufbau und die Kooperation von Telematik-Service-Providern wie Tegaron, Gedas oder Passo und der Automobilindustrie stellte nur die eine Seite des Geschehens dar. Auf der anderen Seite kamen nämlich noch andere Schwierigkeiten hinzu. Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 77 6.7 Fehlende Standards Zwar wurden Autofahrer auf Wunsch und gegen Gebühr über ihre gegenwärtige Position informiert, doch das Endgerät im Fahrzeug selbst musste ebenfalls über eine Art Karte der Umgebung verfügen, die noch dazu in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden musste, sei es durch das Hinzukommen von neuen Straßenverbindungen oder POI (Points of Interest), wie z.B. Park- oder Krankenhäuser, Kinos, Bars, Restaurants oder Tankstellen. Generell bot sich als Speichermedium für digitale Straßenkarten die CD- ROM mit 650 MB, später auch mit 700 MB Speicher an. Doch jeder Gerätehersteller nutzte für die Verwaltung seiner Karten auf der CD ein anderes Format. Je nach Hersteller mussten die Daten und somit die CD- ROM in das „jeweilige proprietäre Datenformat umgewandelt werden, damit das entsprechende Navigationssystem überhaupt auf die Daten zugreifen“ konnte (Automobil Industrie 1999c). Das Fehlen eines einheitlichen Industriestandards für digitale Straßenkarten auf CD-ROM beeinträchtigte stark die Akzeptanz des Produktes durch den Kunden, denn der Einzelhandel, in diesem Fall Tankstellen, Autozubehör-Geschäfte oder auch Autohäuser hätten eine Vielzahl von verschiedenen Versionen ein und derselben Karte auf CD-ROM anbieten müssen. Vergleichbar wäre dies heute mit dem Kauf von Tintenstrahldruckerpatronen, von deren Menge und Variantenreichtum der Kunde im Geschäft nicht selten überfordert ist (vgl. ebd.). Mitte 1999 setzte das Umdenken ein, von dem bereits zwei Jahre zuvor gesprochen wurde. Denn 1997 stellte der Kartenhersteller Navigation Technologies, kurz NavTech, sein sich in Entwicklung befindendes platt- formübergreifendes Softwarekonzept SDAL vor. Angesichts der explosions- artig ansteigenden Verkaufszahlen für Navigationsgeräte war eine solche Standardisierung auch dringend nötig. SDAL, die „Shared Data Access Library“, war als offener Standard für digitale Karten konzipiert und wurde von NavTech, heute Navteq, im November 1999 (vgl. Navteq 1999) der Öffentlichkeit und somit allen Automobilherstellern zur Verfügung gestellt. Alle Formatspezifikationen sowie der gesamte Quellcode wurden offen- gelegt. Allerdings sollte der SDAL-Standard nur eine Übergangslösung auf dem Weg zur Vereinheitlichung der Navigationssystem-Technologien sein und nicht andere entstehende Industriestandards ersetzen. Ein solches Konkurrenzdenken fand laut Martin Rowell, dem NavTech Vize-Präsidenten nicht statt. So sollte SDAL das Ziel haben, dass die Hersteller nicht mehr gezwungen waren, unterschiedliche PSFs („Physical Storage Format“) und Compiler herstellen zu müssen und sich stattdessen auf die Funktionalität der Produkte konzentrieren konnten. Die Verbreitung des SDAL-Standards sollte also auch weitere Bereiche wie die Einführung neuer Produkte, den Vertrieb oder das Marktwachstum ankurbeln (vgl. Automobil Industrie 1999c). 78 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Zudem sollten sich Endverbraucher nach Vorstellung von NavTech keine Sorgen mehr über Kompatibilitätsprobleme der gekauften CD-ROMs machen müssen. 6.8 Der aktuelle Stand Betrachtet man rückblickend den aktuellen Stand der Dinge, so kann man sagen, dass sich einiges verändert hat. Sensoren, Funknetze, Kontaktschwellen, dynamische Ampelschaltungen und Wechselverkehrs- zeichen sind Standard. In infrastruktureller Hinsicht kommt neben dem Um- und Ausbau des Straßennetzes der vermehrte Einsatz von Kreisverkehren hinzu, die die Verkehrssituation an vielen Kreuzungen Deutschlands elegant entschärfen. TMC, der „Traffic Message Channel“ existiert nach wie vor und gehört längst zur Grundausstattung eines jeden Fahrzeugs. Aber insbesondere in Bezug auf die Landschaft der Telematikdienst-Service- Provider hat sich das Bild geändert. Das Unternehmen Passo von Mannesmann existiert nicht mehr, die Gedas GmbH ist mit Augenmerk auf Volkswagen in T-Systems integriert, ebenso das Debis Systemhaus, wobei die Debis AG vorher durch DaimlerChrysler aufgelöst worden war. Die Tegaron Telematics GmbH wurde 2002, also fünf Jahre nach ihrer Gründung schließlich zu 100% von T-Mobile International übernommen und unter dem Namen T-Mobile Traffic weitergeführt. Auch die erwähnte Düsseldorfer Gesellschaft für Verkehrsdaten DDG wurde 2004 T-Mobile International einverleibt (vgl. T-traffic 2008a). Der Tegaron-Dienst läuft bis heute weiter, interessanterweise seit 2005 unter dem Namen seines vermeintlichen kleineren Bruders und Vorgängers und heißt nun TMCpro (siehe Abbildung 6.3) Abbildung 6.3: TMCpro (T-Traffic 2008b) Anders als TMC verwendet TMCpro ausschließlich 4000 an Autobahnbrücken installierte Sensoren, etwa 5500 in die Fahrbahn integrierte Sensorschleifen sowie über 10.000 mit FCD-Technik ausge- stattete Fahrzeuge. Die automatisch erzeugten Verkehrsinformationen werden via GSM an die zu T-Traffic gehörende DDG, übertragen, überprüft und aufbereitet. Anschließend werden die Daten über die Funkanstalten, die das entsprechende TMCpro-Signal ausstrahlen, an den Fahrer über- mittelt. Die Übertragungsrate der Meldungen liegt bei etwa 25 Meldungen pro Minute, was einen 2,5fachen Vorteil gegenüber dem herkömmlichen TMC darstellt (vgl. Wikipedia 2008i). Dennoch ist die deutsche Automobilindustrie skeptisch und setzt vorerst weiterhin auf das etablierte Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 79 TMC, kostet TMCpro den Endkunden doch mindestens einmalig 100€, noch dazu kommen Kosten für den ebenfalls 100€ teuren TMCpro-Dekoder. TMC sei ausreichend, begründen die deutschen Automobilhersteller ihre bedeckte Haltung, einzig BMW bietet TMCpro im Rahmen seines Assist- Programms an, wobei der Kunde nach der sechsmonatigen Testphase 175€ jährlich für Assist inklusive TMCpro bezahlen müsste. In seinem FAZ-Artikel vom 08.08.2006 bedauert Verfasser Michael Spehr (vgl. Spehr 2006), dass TMCpro keinen großen Anklang bei der Autoindustrie finde, obwohl es, wie seine Stichproben ergaben, wesentlich genauer und akkurater arbeite als die TMC-Lösung. Wie schon so oft haben die Nachrüstfirmen bereits den Trend erkannt und integrieren TMCpro-Funktionalität in ihre neuen Navigationssysteme. So unterstützen aktuelle Navigationsgeräte von Nachrüstern wie z.B. TomTom wahlweise TMC oder gegen Gebühr TMCpro (vgl. TomTom 2008), um genauere Verkehrsinformationen zu liefern. Kartenmaterialien werden inzwischen hauptsächlich online bezogen und auf das Navigations- gerät überspielt, kostenlos sind diese Karten allerdings ebenfalls nicht. 6.9 Trends Da im Rahmen dieser Arbeit Ansätze wie Mobinet, Diamant oder Car2Car nicht mit einbezogen werden (s. Kapitel 5 bzw. Kapitel 7 des Papers), beziehen sich die Trendaussagen auf die vorgestellten Technologien. Als Informationsquelle wird „Floating Car Data“ auch weiterhin eine große, wenn nicht noch größere Rolle spielen, TMCpro dürfte über kurz oder lang den alten Standard TMC ablösen, die Preise für TMCpro werden sinken, nach und nach werden die Autohersteller TMCpro in ihren Navigations- systemen verwenden. Die Schlacht der Off-Board-Telematik-Service- Provider ist geschlagen, verleibte sich T-Traffic bzw. T-Systems doch alle aussichtsreichen Anbieter auf diesem Geschäftsfeld ein. Offensichtlich ist, dass auch weiterhin die sinnvolle Zusammenführung von On- und Off- Board Lösungen und auf höherer Ebene auch das Zusammenspiel der technologischen Möglichkeiten der Verkehrstelematik und dem sinnvollen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur angestrebt werden muss. Die Industrie hat hier einiges an verkehrspolitischer Lobbyarbeit zu leisten, da der Ausbau der Infrastruktur immer mit hohen Kosten verbunden ist, die das Land natürlich nicht ohne weiteres eingehen möchte. Doch bei allem Fortschritt der verkehrstelematischen Konzepte ist heute klarer denn je, dass nur eine adäquate Kombination von Infrastruktur und Verkehrs- telematik zu einer nachhaltigen Lösung führen kann. 80 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 81 7 Car2Car-Kommunikation (Fabian Lücke) Kapitelübersicht 7.1 Einleitung ....................................................................................81 7.2 Grundlagen der Verkehrsphysik .....................................................82 7.3 Unfallursachen.............................................................................83 7.4 „Historische” Lösungsansätze ........................................................84 7.5 Car2Car-Grundlagen.....................................................................86 7.6 Car 2 Car Communication Consortium............................................86 7.6.1 Übertragungstechnik...........................................................87 7.6.2 Übertragene Informationen .................................................88 7.7 Manifesto des Car 2 Car Communication Consortium.......................88 7.7.1 Ausgewählte Szenarien .......................................................88 7.7.2 Systementwurf ...................................................................91 7.7.3 Datensicherheit und Datenschutz .........................................93 7.8 Fazit ...........................................................................................94 7.1 Einleitung Die Verkehrsdichte ist in den letzten Jahren beständig angestiegen und das Verkehrsnetz steht nicht nur in Deutschland vor dem Kollaps. Teilweise lässt sich schon von chronischer Überlastung sprechen. Gleichzeitig steigt durch die enorme Anzahl von Fahrzeugen auf nicht dem Bedarf ent- sprechenden Autobahnen und Landstraßen die Unfallgefahr beträchtlich an. Bis ca. 2002 wurden vorwiegend Server-gestützte Systeme verwendet, um die aktuellen Verkehrsdaten zu bewerten und Staumeldungen per Mobilfunk (GSM) oder Radio (UKW, ...) an die Navigationsgeräte des Individualverkehrs zu übermitteln. Auch wurden die Unfallgefahren nicht aktiv angegangen; stattdessen hat man sich zu großen Teilen darauf konzentriert, die Unfallfolgen abzumildern (passive Sicherheit). Seit kurzer Zeit bahnt sich in diesen Bereichen ein entscheidender Umbruch an: Das „Car 2 Car Communication Consortium” (C2C-CC) entwirft die technischen Grundlagen für eine Ad-hoc-Vernetzung der einzelnen Fahrzeuge untereinander, um Informationen über aktuelle Geschehnisse in der näheren Umgebung auszutauschen. So lassen sich u. a. Warnungen vor Stauenden in Kurven oder Informationen über gefährliche Bodenverhältnisse einfach weitergeben und so Gefahren aktiv verringern. Während das C2C-CC sich hauptsächlich mit der Standardisierung der über- tragenen Informationen befasst, hat das deutsche Forschungsprojekt „Net- work On Wheels” (NOW) die Aufgabe, sich um die Erforschung der physikalischen Grundlagen zu kümmern und so zum Beispiel eine adäquate 82 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Antennentechnik zu entwickeln. Die beiden Projekte arbeiten eng verknüpft und so soll es – nach einigen Verzögerungen – noch in diesem Jahr einen so genannten „Demonstrator” geben. Dieses Kapitel soll sich – als dritter Teil der Fallstudie „Rekonstruktion der Entwicklung von Konzepten und Modellen der intelligenten Verkehrs- steuerung” mit dem Verlauf des Entwicklungsprozesses von Zielen und technischer Umsetzung beschäftigen. Gleichzeitig wird ein Ausblick auf mögliche Anwendungen an Hand einiger Fallbeispiele gegeben. Gerade heutzutage darf man allerdings auch Aspekte wie Datenschutz und System- integrität nicht vernachlässigen, so dass ich auch auf diese Problematik ein- gehen werde. Trotz der bei den Entwicklern durchscheinenden Euphorie bzgl. der neuen Technik ob der Vorteile für das Verkehrswesen möchte ich auch einige kri- tische Aspekte beleuchten und mögliche Gefahren aufzeigen, derer sich die Nutzer zumindest bewusst sein sollten. 7.2 Grundlagen der Verkehrsphysik Den Forschungen von Prof. Schreckenberg (Uni Duisburg-Essen) sowie den Ergebnissen des INVENT-Projektes (vgl. INVENT 2008) ist zu entnehmen, dass es verschiedene Ansätze gibt, um Staus – besonders den „Stau aus dem Nichts” – zu verhindern oder zumindest schnellstmöglich abzubauen. Die entscheidende Ursache bei der Entstehung eines Staus ist die Tatsache, dass die (derzeit ausschließlich menschlichen) Autofahrer langsamer anfah- ren als abbremsen, sobald sie einmal ganz angehalten haben. Daraus ergibt sich die unmittelbare Folgerung, dass der Verkehr so lange wie mög- lich, ohne größere Bremsmanöver einzelner Fahrer fließen muss. Dabei dürfen die Fahrzeugabstände nicht zu klein werden, weil sonst durch ein einzelnes, nur leicht bremsendes Auto die nachfolgenden Fahrer gezwungen sind quasi im selben Moment ebenfalls zu bremsen. Die Psyche des Menschen – und seine Furcht vor einem Auffahrunfall – werden den jeweils Nachfolgenden veranlassen, ein wenig stärker zu bremsen als der Vordermann. Auf diese Weise bildet sich der bereits erwähnte, für den Laien oft unerklärliche „Stau aus dem Nichts”. Dazu lässt sich feststellen, dass der „Abfluss” der Autos aus dem Stillstand langsamer vonstatten geht als es theoretisch möglich wäre. Dies liegt darin begründet, dass die Autofahrer aus einer Stausituation heraus langsamer anfahren als zum Beispiel an einer gerade auf grün geschalteten Verkehrsampel im Innenstadtbereich. Der WDR hat für seine Sendung „Q21” ein Experiment auf abgesperrtem Gebiet durchgeführt, das die oben genannten Aspekte sehr anschaulich zeigt. Dabei fuhren über 20 Autos in einem Kreis hintereinander her – nach einigen Minuten ließ die Konzentration nach und der erste Fahrer wählte die falsche Geschwindigkeit, woraufhin er abbremsen musste. Die nachfolgende Brems-Kettenreaktion führte zu Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 83 einem Stau. Dabei ließ sich auch beobachten, dass ein solcher Stau sich – einmal entstanden – mit einer Geschwindigkeit von 15 km/h entgegen der Flussrichtung des Verkehrs fortpflanzt. Neben dem immer langsamer werdenden „zäh fließenden Verkehr” ist eine weitere „Staukeimzelle” ein zum falschen Zeitpunkt eingeleiteter Spurwech- sel, welcher dann ebenfalls zu hektischen und oft übertriebenen Bremsma- növern führt. Zu ähnlichen Reaktionen und damit einem potentiellen (und vermeidbaren) Stau führen das zu langsame Ein- und Ausfädeln an Auto- bahnauf-/ausfahrten sowie allgemein das Fahren mit unangepasster (vor allem zu hoher) Geschwindigkeit, weil es andere Verkehrsteilnehmer zu ge- fährlichen Spurwechseln drängen kann. 7.3 Unfallursachen Wie man an den Unfallstatistiken des Statistischen Bundesamtes sieht, ist die Anzahl der im Straßenverkehr getöteten Personen in der Bundes- republik Deutschland trotz des stark angestiegenen Verkehrsaufkommens seit Jahren konstant rückläufig. Diese Tendenz lässt sich in fast allen Ländern der Europäischen Union feststellen, wenn man beispielsweise die Zahlen von 2000 und 2005 vergleicht. Dies ist sicherlich auf die verbesserte Fahrzeugtechnik, aber auch auf die immer wieder verschärfte Gesetz- gebung im Hinblick auf Fahrsicherheitstechnik (Gurtanlegepflicht, Helmtragepflicht) sowie die gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen an die Fahrer (vor allem Alkoholgrenzen) zurückzuführen. Gleichwohl ist jeder Unfalltote einer zuviel, und so muss weiter alles daran gesetzt werden, die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen. Aus diesem Grunde hat die Europäische Union sich im „Weißbuch Verkehr 2001” das Ziel gesetzt, die Zahl der Unfalltoten in den Jahren 2000 bis 2011 zu halbieren. Um mögliche Ansatzpunkte zur Erreichung dieses Zieles zu finden, ist es meiner Meinung nach interessant, sich die Unfallursachen in der Statistik des Jahres 2005 (vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland 2005) anzu- schauen: Sie liegen zu 86% bei Fehlverhalten des Fahrzeugführers, zu 4% bei Fußgängern, die sich falsch verhalten, zu 5% am Straßenzustand und zu lediglich jeweils 1% bei anderen Faktoren wie technischen Mängeln am Fahrzeug oder Hindernissen auf der Fahrbahn. Diese Zahlen belegen eindeutig, dass der Mensch – besonders, wenn er in einem vermeintlich sicheren und gut schützenden Auto sitzt – ein großes Risiko im Straßen- verkehr ist und häufig Situationen falsch einschätzt. Im besonderen Maße gefährdend sind Fehlverhalten wie nicht angepasste Geschwindigkeit und zu geringer Abstand (16,8% und 11,6%), Vorfahrtsmissachtungen (14,6%) sowie Abbiegevorgänge und ähnliches (15,2%). Diese Faktoren sind verkehrs-psychologisch sicherlich durch hohe Reizüberflutung sowie das allgemeine Vertrauen in das sichere Fahrzeug begründet („Mit ABS und ESP kann mir ja nichts passieren – also kann ich ruhig schneller fahren ...”). 84 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Dabei wird gerne vergessen, dass die passive Sicherheitstechnik nur hilft, wenn das Fahrzeug sich in einem physikalisch beherrschbaren Zustand befindet. Leider lernen heutzutage die wenigsten Fahranfänger noch, ein Auto ohne all die technischen Hilfsmittel zu beherrschen, so dass sie die Erfahrung eines auf regennasser Fahrbahn plötzlich unbeherrschbaren Autos nicht mehr am eigenen Leibe erfahren. Dies schlägt sich auch in der genannten Statistik nieder: 26% der Unfallursachen bei Fahrern bis 24 Jahren lassen sich auf nicht angepasste Geschwindigkeit zurückführen – das ist ein erheblich höherer Wert als in der Gesamtbevölkerung. Die bessere Information des Autofahrers über den Zustand der Straße und den sich vor ihm befindenden Verkehr kann dazu beitragen, sowohl Unfallzahlen als auch die Staugefährdung auf den Straßen weiter zu senken. In den folgenden Abschnitten werde ich kurz auf historische Ansätze und deren Nachteile eingehen und mich dann intensiv mit dem derzeit stark beforschten Bereich der Car2Car-Kommunikation beschäftigen. 7.4 „Historische” Lösungsansätze Die derzeit auf dem Markt erhältlichen Fahrzeuge und deren Navigations- einheiten sind – wenn überhaupt – nur mit zentral organisierten Stauum- fahrungsmechanismen ausgerüstet. Einerseits gibt es herstellerspezifische und damit proprietäre Verfahren wie z.B. das „OnStar”-System von Opel. Diese Systeme arbeiten mit einer GSM- Verbindung, also über das normale Handy-Netz. Es wird auf Knopfdruck eine direkte Wählverbindung in ein Call-Center hergestellt, wo die aktuellsten Verkehrsdaten vorliegen. Gleichzeitig ist teilweise ein direkter Notruf mit Standortübermittlung möglich. Eine ähnliche technische Lösung wird unter dem Namen „E-Call”2 ab 2009 serienmäßig in allen Neuwagen in der EU verbaut werden (vgl. ADAC 2008b). Andererseits wird per UKW im Rahmen von RDS3 der sogenannte „Traffic Message Channel” gesendet. Darin werden die klassischerweise halbstündig im normalen Radioprogramm ausgetrahlten Verkehrsmeldungen digital ko- diert ohne Unterbrechung fortlaufend gesendet. Die Bandbreite des Kanals bietet dabei Platz für ca. 10 Meldungen pro Minute. Jede Meldung enthält u.a. den Ort, die Art der Störung sowie eine Verfallszeit, nach der die Meldung von den Empfangsgeräten gelöscht wird, falls sie nicht bereits vorher durch eine entsprechende Funkmeldung aufgehoben wurde. Die kostenlos zu empfangenen TMC-Meldungen werden in Deutschland über die Frequenzen der ARD-Sender und des Deutschlandfunks ausgestrahlt. Zusätzlich bietet sich die Möglichkeit, kostenpflichtig die Nachrichten von 2 E-Call = emergency call / Notruf; direkte Telefonverbindung zur Notrufzentrale der Feuerwehr incl. Standortübermittlung 3 RDS = Radio Data System; dient der Übertragung von Nicht-Audio-Daten über Radiofrequenzen Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 85 „TMCpro”, einem von einer Telekom-Tochter betriebenen, privaten Staum- eldesystem zu empfangen. Dafür werden zusätzlich zu den Meldungen der Polizei auch die Daten der in letzter Zeit häufig verbauten Sensoren an Autobahnbrücken sowie der in die Fahrbahn eingearbeitete Sensorschleifen ausgewertet. Darüber hinaus fließen auch Erkenntnisse von ca. 10.000 Fahrzeugen mit „Floating-Car-Data-Technik” (FCD) in die Berechnungen ein. Mit FCD ausgestattete Fahrzeuge senden in regelmäßigen Abständen Informationen über das aktuelle Fahrverhalten an eine Zentrale. Durch die zusätzliche Plausibilitätsprüfung und verschiedene Stauprognosealgo- rithmen verspricht TMCpro eine erheblich bessere Datenaktualität und bietet auch einen um den Faktor 2,5 höheren Nachrichtendurchsatz, so dass das System auch zu Ferienbeginn nicht überlastet wird. Die beiden Systeme haben jedoch den Nachteil, auf Grund der zentralen Recheneinheiten und der damit eingehenden Kommunikationswege vom und zum Rechenzentrum eine gewisse Trägheit zu haben und damit nicht auf ganz aktuelle Ereignisse wie beispielsweise ein in einer Kurve liegendes Stauende reagieren zu können. Zusätzlich ist die räumliche Auflösung der Systeme naturgemäß begrenzt. So sind in Deutschland für TMC nur 36000 verschiedene Lokalisationspunkte definiert. Auch die Systeme zur Unfallvermeidung weisen einige Mängel auf. So sinnvoll die technischen Einrichtungen wie ABS und ESP auch sind, die ein Beherrschen des Fahrzeuges auch in brenzligen Situationen zumindest wahrscheinlicher machen – es ist natürlich erheblich besser, wenn das Fahrzeug gefährliche Situationen erkennt, bevor der Fahrer es tut und entsprechende Warnsignale geben kann. Es sei hier beispielhaft auf Glatteissituationen und verdeckte oder unvermutete Stauenden hinge- wiesen. Für Letzteres gibt es in Oberklassefahrzeugen bereits Systeme, die auf Radar-Basis funktionieren und kontinuierlich den Abstand zu den vorher fahrenden (teils auch den nachfolgenden) Fahrzeugen messen, bei abrupten Geschwindigkeitsreduktionen Bremsdruck aufbauen und den Fahrer warnen. Leider hat sich in ersten Tests verschiedener Automobilclubs und -zeitschriften (z.B. ADAC, Auto-Motor-Sport) gezeigt, dass die Systeme der unterschiedlichen Hersteller nicht so zuverlässig funktionieren wie man es von einem derart sicherheitsrelevanten System erwartet, so dass der kritische Fahrer sich darauf (hoffentlich) nicht verlassen wird. Auch die an einigen Autobahnabschnitten fest verbauten Verkehrsbeeinflus- sungsanlagen (dynamische Geschwindigkeitsbeschränkungen durch Wech- selverkehrszeichen und Verkehrsüberwachung durch Induktionsschleifen) haben in den meisten Fällen nicht die erhoffte Wirkung, da der Grund für eine temporäre Geschwindigkeitsbegrenzung nicht ersichtlich ist und die erlaubte Höchstgeschwindigkeit so größtenteils wissentlich übertreten wird. Dazu kommt, dass derlei Anlagen ihre Wirksakeit nur dann voll entfalten können, wenn lediglich einzelne Streckenabschnitte überlastet sind. 86 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung An diesen Beispielen lässt sich sehen, dass es neuer Ansätze bedarf, um den Anforderungen des heutigen Verkehrs gerecht zu werden und sowohl die Qualität als auch die Sicherheit mindestens auf dem derzeitigen Level zu halten oder diesen Level gar noch zu steigern. 7.5 Car2Car-Grundlagen Bereits im Jahre 2003 gab es in der Literatur erste Hinweise auf Ad-hoc- Kommunikationsnetze zwischen Fahrzeugen. Im Rahmen des Teilprojektes „Verkehrsassistenz” befasste sich die Verkehrsforschungsinitiative „INVENT” (Intelligenter Verkehr und nutzergerechte Technik) mit dieser Idee. Zu jenem Zeitpunkt forschten die großen Fahrzeughersteller jedoch noch auto- nom an verschiedenen Techniken. So hat BMW mit seinem Projektmanager Richard Bogenberger innerstädtische Simulationen durchgeführt, um die minimale Ausstattungsrate der Autos im Gesamtverkehr zu ermitteln (vgl. Automobil Industrie 2003b). Hier hat sich herausgestellt, dass bereits 5 Fahrzeuge pro Quadratkilometer Fläche zur Datenweitergabe reichen, eine optimale Situation hat sich allerdings erst bei 30 entsprechend ausgestatteten Fahrzeugen auf der selben Fläche ergeben. Dr. Peter Konhäuser, bei DaimlerChrysler für das Projekt „Verkehrsmanage- ment2010” zuständig, berichtet in dem genannten Artikel (vgl. ebd.) über Versuche, die maximale Reichweite eines entsprechenden Systems zu ermitteln. Dabei kam seine Gruppe auf maximal 2 Kilometer (Bestfall), für den Standardfall ergaben sich etwas geringere Werte von 800 bis 1200 Metern. Bereits in diesem recht frühen und eher experimentellen Stadium gab es erste Überlegungen, Informationen so zu filtern, dass jedes Auto nur die jeweils relevanten Informationen erhält. Als Übertragungsmedium ist hierbei das aus dem IT-Sektor bereits bekannte und standardisierte „Wireless LAN” angedacht, da es, so Bogenberger (ebd.), „ ... ausgereift ist und aus den Funkprotokollen keine Fehler zu erwarten sind”. Einfließen in die Meldungen sollen Daten der bereits in modernen Fahrzeugen integrierten Sensoren (z.B. im Umfeld des ESP, Regensensor) sowie verschiedene Statuswerte, z.B. die der Lichtanlage. Daraus soll ein entsprechender Algorithmus Rückschlüsse auf die aktuelle Wetter- und Straßenlage sowie das Fahrzeugumfeld ziehen und je nach Ergebnis seiner Berechnungen eine Meldung an die umliegenden Fahrzeuge senden. 7.6 Car 2 Car Communication Consortium Nach diesen ersten Versuchen und Überlegungen wurden die Bemühungen dann in geordnete Bahnen gelenkt. Im Jahr 2003 schlossen sich die meisten europäischen Automobilhersteller zum „Car 2 Car Communication Consortium” zusammen und begannen ein Jahr später ihre operative Ar- beit. Zu diesem Zeitpunkt stand der französische Automobilkonzern PSA Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 87 noch auf dem Standpunkt, ein eigenes System4 entwickeln zu müssen und lehnte die hinter dem C2C-CC stehende Idee kategorisch ab (vgl. Automobil Industrie 2006c). Kurze Zeit später jedoch schloss sich auch PSA dem Consortium an, so dass von diesem Zeitpunkt an alle großen in Europa vertretenen Konzerne zusammen arbeiteten: Audi, BMW, DaimlerChrysler, FIAT, Renault, Volkswagen und PSA (Peugeot und Citroën). Diese, für die eigentlich gegeneinander abgeschottet entwickelnden Konzerne, ungewöhnliche Kooperation lässt sich sicherlich durch den Zwang zur Standardisierung eines einheitlichen Kommunikationsprotokolls begründen. Im Gegensatz zu den bereits am Markt befindlichen autonomen Systemen, die unter Umständen mit einem proprietären Server kommu- nizieren, ist es für die Car2Car-Kommunikation essentiell, dass sich möglichst viele Fahrzeuge unabhängig von Marke und Modell verstehen, um die erstrebten Ziele zu erreichen. Zur Verstärkung dieses Effekts be- müht sich das C2C-CC auch darum, die Standards so zu wählen, dass sie – zumindest funktechnisch – mit den Entwicklungen in den USA und Asien kompatibel sind. Das Ziel des C2C-CC ist die Entwicklung des technischen Unterbaus für die schon grob skizzierten Anwendungsfälle (Stauumfahrung, Gefahrenwar- nung etc). Dazu müssen sowohl Übertragungstechnik als auch zu übertra- gende Inhalte genau spezifiziert werden. Die Datenerhebung im einzelnen Auto sowie die Auswertung der empfangenen Meldungen sind nicht Teil des Projektes und können vom Hersteller je nach Modell oder verkaufter Software-Version eines Autos festgelegt und variiert werden. 7.6.1 Übertragungstechnik Anders als in den ersten Feldtests von DaimlerChrysler und vor allem BMW geht Dr.-Ing. Karl-Oskar Proskawetz (Automobil Industrie 2005h) nur noch von einer Reichweite von 300m zwischen einzelnen Fahrzeugen aus. Dabei wird der bereits bestehende Standard IEEE 802.11 verwendet, welcher bereits in verschiedenen Ausprägungen und Frequenzbändern für die drahtlosen Netzwerke im Computer-Bereich Verwendung findet. Der von Proskawetz genannte Frequenzbereich von 5,9 GHz ist derzeit noch nicht reserviert, Frequenzen etwas unterhalb dieses Bereiches sind nur für die Verwendung in geschlossenen Räumen zugelassen5. Um die Funkqualität gewährleisten zu können muss das gewählte Frequenzband europaweit reserviert werden, um die Funksignale mit ausreichender Sendeleistung absetzen zu dürfen und auch Störungen durch evtl. im selben Frequenz- bereich arbeitende Geräte anderer Anwendungsgebiete auszuschließen. 3 Dieses System sollte auf der bereits bestehenden RT3-Plattform aufbauen und u.a. einen GSM-Kommunikationskanal benutzen – vergleichbar mit dem be reits erwähnten „OnStar”-Systen von Opel. 5 Bei einer Sendeleistungsbegrenzung von 1000mW darf in Deutschland ab 5470MHz seit 08/2006 auch außerhalb geschlossener Räume gefunkt werden. 88 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung 7.6.2 Übertragene Informationen Neben der Codierung der eigentlichen Nachricht (z.B. „Achtung, Glatteis”) muss jede Nachricht noch einen Zeitstempel und vor allem eine möglichst genaue Positionsangabe enthalten. Das derzeit in Navigationssystemen zur Ortung verwendete GPS-System6 arbeitet (seit der Freischaltung im Jahre 2000) bestenfalls mit einer Genauigkeit von 15m. Das derzeit noch im Aufbau befindliche europäische Pendant „Galileo” wird im gebührenfrei empfangbaren Bereich eine Genauigkeit von 4m haben – gegen Bezahlung lässt sich die Auflösung in den Zentimeter-Bereich verbessern. Diese Genauigkeit wird einige Anwendungen im Car2Car-Umfeld überhaupt erst ermöglichen. 7.7 Manifesto des Car 2 Car Communication Consortium Das „Car 2 Car Communication Consortium” hat 4 Jahre nach seiner Grün- dung, im August 2007, sein „Manifesto” (C2C-CC 2007) öffentlich zugäng- lich gemacht. Darin werden neben möglichen Szenarien aus den Bereichen Sicherheit, Verkehrseffizienz und Infotainment auch technische Vorbedin- gungen genannt und die vom Konsortium vorgeschlagene Systemarchi- tektur dargestellt. Ebenso werden die Anforderungen an Funkwege und Kommunikationssysteme dargestellt und schließlich befasst sich ein kurzer Abschnitt noch mit Datenschutz und Sicherheit des entworfenen Systems. 7.7.1 Ausgewählte Szenarien Abbildung 7.1 zeigt bereits einen Großteil der Basisszenarien, die zur Extraktion der Systemanforderungen verwendet wurden. Im Besonderen werden hier bereits mögliche Akteure gezeigt, die in einem späteren System aktiv sein werden: Neben den einzelnen Fahrzeugen sind dies Verkehrszeichen, Ampelanlagen und auch stationäre Sender, welche beispielsweise aktiv in die Verkehrssteuerung eingreifen können. Zusätzlich werden auch externe Dienstanbieter, die z.B. einen Internetzugang bereitstellen können, bereits in diesem Planungsstadium brücksichtigt. Der letzte Punkt soll in dieser Arbeit allerdings nicht weiter betrachtet werden, da er für die Verkehrssteuerung unbedeutend ist. 6 Genauer: NAVSTAR-GPS: Navigational Satellite Timing and Ranging - Global Positioning System, betrieben vom amerikanischen Verteidigungsministerium Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 89 Abbildung 7.1: Teilnehmer des Ad-Hoc-Netzwerkes (ebd.) Zuerst gehen die Autoren des Manifesto, allesamt Mitarbeiter der großen europäischen Fahrzeughersteller oder deren Zulieferer, auf einige Anwen- dungsfälle ein, welche die Sicherheit im Verkehr erhöhen sollen. Dies sind vor allem ein Warnsystem gegen Auffahrunfälle und ein System, welches bei einer unabwendbaren Kollision die Fahrzeuge möglichst gut auf den bevorstehenden Zusammenstoß vorbereiten. Auffahrunfälle zählen weltweit zu den größten Unfallgefahren; sie entstehen in den meisten Fällen durch Unaufmerksamkeit – hier bietet es sich also an, den Fahrer technisch zu unterstützen. Dazu ist es erforderlich, dass die Fahrzeuge in einem Umfeld von 20-200 m ständig ihre genaue Position austauschen und den Positionsangaben, die sie empfangen auch vertrauen können. Ebenso ist es erforderlich, dass ein genügend großer Anteil der Fahrzeuge mit dieser Technik ausgestattet ist, sonst bewirkt sie eher einen Verlust an Sicherheit. Zusätzlich können, um „funklose” Autos ebenfalls zu erkennen, bereits bestehende Sensortechniken zur Kollisionsdetektion angewandt werden. Sollte ein Fahrzeugkontakt nicht mehr abgewendet werden können (wenn z.B. ein Fahrer nicht auf die Warnmeldungen des Autos geachtet hat weil er erkrankt ist), sollten die beteiligten Fahrzeuge dies ebenfalls erkennen können. In einem solchen Falle werden nachfolgende Autos ihre Fahrer auffordern, die Geschwindigkeit zu reduzieren und ihre Aufmerksamkeit zu erhöhen. Gleichzeitig werden die sich berührenden PKW sich auf den Unfall vorbereiten: Je nach Fahrzeugausstattung können z.B. die Kopfstützen an den Kopf angelegt, die Sicherheitsgurte gestrafft und die Rückenlehnen aufgestellt werden. Hierbei kann es auch interessant sein, Informationen über Gewicht und ungefähre Größe der „Gegner” auszutauschen. Noch mehr als im Falle der Auffahrwarnung aus dem ersten Anwendungsbeispiel ist es hier erforderlich, sehr schnell kommunizieren zu können; die restlichen Anforderungen bestehen natürlich weiter. Als dritte Beispielanwendung beschreiben die Autoren des Manifesto eine Warn- funktion bezüglich gefährlicher Straßenverhältnisse wie Löcher im Asphalt oder eine rutschige Fahrbahn. Dazu müssen die entsprechenden Erkenntnisse im Fahrzeug z.B. durch die Verknüpfung von Daten aus ESP, 90 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Lenkradposition und tatsächlicher Fahrtrichtung gewonnen werden. Zusätzlich zu diesen im Fahrzeug errechneten Warnungen können auch durch stationäre Sender am Straßenrand Informationen z.B. durch den Betreiber der Straße in das Netz eingespeist werden. Konkrete Beispiele bleibt das Consortium hier schuldig, denkbar sind aber beispielsweise Informationen über gefährliche Windlagen an Brücken oder häufige Wildwechsel an schlecht einsehbaren Stellen. Neben der Verbesserung der Sicherheit hat das „Car 2 Car Communication Consortium” es sich zum Ziel gesetzt, die Verkehrseffizienz zu erhöhen und damit Vorteile sowohl für die Verkehrsteilnehmer als auch für die Betreiber der Straßennetze zu bieten. Die Verkehrsteilnehmer profitieren von höheren Reisegeschwindigkeiten und weniger Nervenbelastung sowie die Umwelt schädigenden Staus. Die Infrastrukturbetreiber profitieren von geringeren Wartungskosten, weil die Straßen besser ausgelastet werden und so ein kostspieliger Neu- oder Ausbau vermieden werden kann. Die verbesserte Routenführung soll durch Verkehrsinformationen erreicht werden. Diese sollen extern aus den Daten, welche die Fahrzeuge senden, erfasst, aufbereitet und über die bereits erwähnten fest installierten Sender am Straßenrand zurück in den Verkehr gespeist werden. Dabei empfängt das jeweilige Fahrzeug nur die Informationen, die für die aktuell geplante Route relevant sind. Das Navigationssystem entscheidet dann autonom, ob es die aktuelle Route verändert oder beibehält und den Fahrer nur über eventuell auftretende Verzögerungen informiert. Durch die (intelligente) Information möglichst vieler Verkehrsteilnehmer soll sich dadurch der Verkehr möglichst gleichmäßig auf die verschiedenen Strecken verlagern und die Ausnutzung des vorhandenen Straßenraumes verbessert werden. Interessant ist auch der Ansatz, den innerstädtischen Verkehr harmonischer zu gestalten, indem beispielsweise Ampeln Informationen darüber aussen- den, wann sie ihren Status das nächste Mal ändern werden. Die Fahrzeug- elektronik kann daraufhin bestimmen, ob es sich lohnt, weiterhin mit der jeweils höchsten erlaubten Geschwindigkeit zu fahren oder ob der Fahrer das Fahrzeug einfach auf die Ampel zu rollen lassen kann. Durch diese Optimierung wird der Verkehrsfluss gleichmäßiger und der Treibstoff- verbrauch lässt sich senken. Um diesen Anwendungsfall realisieren zu können, müssen entsprechende Verkehrsregelanlagen wie Ampeln und Schranken sowohl ihre Position kennen und versenden als auch ent- sprechende Statusinformationen an die Verkehrsteilnehmer weitergeben. Als letztes Szenario wird ein Assistent vorgestellt, welcher das oftmals riskante Auffahren auf Autobahnen u. Ä. erleichtern und gleichzeitig an derartig gefährlichen Straßenabschnitten den Verkehr harmonischer gestalten soll. Dies wird erreicht, indem sowohl die bereits auf der Autobahn fahrenden, als auch im Besonderen das auffahrende Fahrzeug Ihre Geschwindigkeit gegenseitig anpassen. Dieses Verfahren lässt sich an besonders stark frequentierten Auffahrten noch durch eine Zufahrts- regelung bereits auf der Auffahrtsrampe kombinieren. Die Funkreichweite Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 91 muss bei dieser Anwendung höher als bei den bereits vorgestellten Sicherheitswarnungen sein, zusätzlich müssen sich die Fahrzeuge unterein- ander darauf verständigen können evtl. eine Lücke für das auffahrende Fahrzeug zu bilden. Auf die unter dem Punkt „Infotainment und anderes” aufgeführten Beispiele möchte ich nur kurz eingehen: An bestimmten Orten wie z.B. Rasthöfen könnten externe Anbieter einen Zugang zum Internet offerieren, auch sollte es möglich sein, auf interessante Punkte am Wegesrand hinzuweisen. Diese Daten werden dann sicherlich wieder über fest verbaute Sendestationen verschickt. Schließlich gibt es noch die Idee, die Diagnosefunktionen des Autos auch drahtlos verfügbar zu machen. Hierdurch sollen sich Wartezeiten in Werkstätten verringern lassen, weil das Fahrzeug auf Aufforderung seine komplette „Lebensgeschichte” preisgibt und der Techniker erste Tests machen kann, ohne an das jeweilige Fahrzeug herantreten zu müssen. Explizit wird hier auf die Notwendigkeit einer sicheren (verschlüsselten) Verbindung hingewiesen, zusätzlich muss sich das Fahrzeug eindeutig identifizieren können. 7.7.2 Systementwurf Zusammenfassend schreibt das Consortium folgende Sensordaten als zwingend erforderlich vor: Position, Geschwindigkeit, Fahrtrichtung, Warnblinker, Bremsendruck, ABS, ESP, ASR sowie die Aktivität der Scheibenwischer. Je nach Endanwendung könnte diese Liste noch um optionale Parameter ergänzt werden. Die Anbindung der Sensoren an das C2C-System ist nicht Bestandteil des Aufgabenspektrums des C2C-CC. Bezüglich der Gewinnung von Positionsangaben erfolgt explizit keine Festlegung auf einen bestimmten Standard. Die Verwendung von GPS ist genauso möglich wie die des kommenden GALILEO, wobei letzteres durch die höhere Genauigkeit für manche Anwendungen (z.B. für die Kollisionsdetektion) einen großen Qualitätsgewinn bedeuten kann. Für die reine Kommunikation der Fahrzeuge untereinander reicht die derzeitige Genauigkeit von GPS bereits aus. Basierend auf den Anforderungen dieser Fallbeispiele hat das C2C-CC schließlich einen Systementwurf für eine Ad-hoc-Vernetzung von Fahrzeu- gen und anderen verkehrsrelevanten Gegenständen entworfen. Einen groben Überblick über die Idee liefern die Abbildungen 7.2 und 7.3. Im Besonderen ist die Aufteilung in autointerne, autoexterne und Infra- strukturbereiche zu beachten, die unterschiedliche Aufgaben haben und intern auch beliebige unterschiedliche Kommunikationswege benutzen können. 92 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Abbildung 7.2: Kommunikationswege (C2C-CC 2007) Die drahtlose Ad-hoc-Kommunikation mit ihren verschiedenen Schnitt- stellen ist in Abbildung 7.3 zu sehen, hier erkennt man vor allem die ver- schiedenen potentiellen Kommunikationspartner wie Fahrzeuge, fest installierte Stationen am Straßenrand und spezielle Serviceanbieter sowie die zwischen ihnen möglichen Kommunikationspfade. Abbildung 7.3: Kommunikationsschnittstellen Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 93 Die näheren technischen Details sind hier nicht wichtig und würden den Umfang der Arbeit übersteigen. Es sei lediglich darauf hingewiesen, dass je nach Art der Anwendung (Sicherheit, Verkehrssteuerung, Infotainment) unterschiedliche Protokolle zum Einsatz kommen, die natürlich eine abgestufte Priorisierung der Nachrichten bieten und so verschiedene Quality-of-Service-Stufen garantieren. Physikalisch wird das C2C-CC sich höchstwahrscheinlich dem Standard IEEE 802.11p anschließen. Dieser ist, aufbauend auf IEEE 802.11a (der ersten WLAN-Spezifikation im PC- Bereich), speziell für die Anforderungen von kommunizierenden Fahrzeugen optimiert. Auf den höheren Netzwerkschichten werden ebenfalls starke Ver- einfachungen vorgenommen, um die Kommunikation sowohl zu vereinfa- chen als auch im besonderen den Verbindungsaufbau der Fahrzeuge unter- einander zu beschleunigen – schließlich ergeben sich theoretisch relative Geschwindigkeiten von bis zu 500 km/h, wenn der seltene Fall eintrifft, dass sich zwei schnelle Autos in entgegen gesetzter Richtung bewegen und miteinander kommunizieren. Die Adressierung der Autos ist aus Daten- schutzgründen ein gewisses Problem. Deswegen sollten die Autos in der Lage sein, Ihre Netzwerk-Adresse zufällig wechseln zu können und evtl. sogar mehrere Adressen gleichzeitig benutzen zu dürfen. Es kann sich als problematisch erweisen, dass die Einmaligkeit der vergebenen Adressen dadurch nur noch statistisch gegeben, aber nicht mehr garantiert ist. 7.7.3 Datensicherheit und Datenschutz Den Themen Datensicherheit und -schutz kommt eine besondere Bedeu- tung zu, da sie sich unmittelbar auf die Wirksamkeit des Systems und vor allem den Erfolg im Markt auswirken können, sollten hier größere Probleme publik werden. Um das Gesamtsystem sicher zu machen, müssen die Fahrzeuge den emp- fangenen Nachrichten vertrauen können – hier bietet es sich an zeitlich be- grenzte Zertifikate einzusetzen, um Nachrichten entsprechend zu signieren. Sollte ein Fahrzeug auf Grund einer gefälschten Nachricht ein riskantes Ausweichmanöver auf einer viel befahrenen Straße einleiten, können die rechtlichen Folgen ganz schnell das geringste Problem sein. Gleichzeitig darf man die Fahrzeuge aber auch nicht an einem dauerhaften Code erken- nen können – sei dies nun eine eindeutige Adresse oder eben ein dauer- haftes Zertifikat. Dem Überwachungsstaat wären Tür und Tor geöffnet, wenn Bewegungsprofile erstellt werden könnten, ohne dass der Betroffene auch nur den Ansatz einer Chance hat davon etwas zu bemerken7 Ein Lösungsansatz des C2C-CC besteht darin, die Adressen zu wechseln und die Zertifikate über die „road-side-units” ebenfalls in gewissen Zeitabständen zu erneuern. Zusätzlich sollen die Fahrzeuge bei den meisten Nachrichtentypen nur ihre Position als Identifizierungsmerkmal senden und 7 Das automatische und unbegründete Erfassen von KFZ-Kennzeichen ist nach Meinung von Prof. A. Roßnagel in einer Studie für den ADAC verfassungswiedrig. 94 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung nicht ihre eigentliche Adresse. Diesbezüglich arbeitet das C2C-CC mit verschiedenen anderen Projekten (u.a. SeVeCom8 und die Datensicher- heitsgruppe von NOW) zusammen, um eine höchstmögliche Sicherheit zu gewährleisten. Endgültige Entscheidungen in diesem Bereich hat das C2C-CC noch nicht getroffen, die Diskussionen laufen derzeit und werden sicherlich noch weiter geführt. Wichtig ist es auch, mögliche zukünftige Gesetzes- regelungen umsetzen zu können – man denke nur an Zufahrts- beschränkungen für Fahrzeuge mit zu hohem Schadstoffausstoß und entsprechende Authentifizierung der Fahrzeuge oder eine PKW-Maut. 7.8 Fazit Der Car2Car-Ansatz bietet meiner Meinung nach große Vorteile für den Straßenverkehr der Zukunft. Neben dem potentiell immensen Sicherheits- gewinn lassen sich durch verschiedenste Applikationen auch große Vorteile für die Umwelt (verringerter Schadstoffausstoß und Treibstoffverbrauch) sowie Komfortgewinne erzielen. Aus diesem Grund muss es große Bemühungen geben, die geplante Technik so schnell als möglich zur Marktreife zu bringen und einen hohen Ausstattungsgrad vor allem bei Neufahrzeugen zu erreichen. Durch die Freiheiten der Hersteller bei der auf der vom C2C-CC entworfenen Basis aufsetzenden Software sollte es sicherlich möglich sein, auch und gerade die absatzstarken Kleinwagen zumindest mit einer entsprechenden Grundfunktionalität auszustatten, welche im Minimalfall die genannten Sicherheitsvorteile bietet. Interessant dürfte sein, welche weiter reichenden Funktionen die Hersteller sich auf Dauer einfallen lassen, um den Reiz des Systems zu erhöhen und den Fahrer noch weiter zu unterstützen oder gar zu entlasten. Ab einem gewissen Punk wird es erforderlich sein, die gesetzlichen Rahmen- bedingungen anzupassen, wenn es beispielsweise um selbstständige Eingriffe des Fahrzeuges in das Verkehrsgeschehen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen geht. Gleichwohl habe ich etwas Sorge vor den Auswirkungen durch die Einfüh- rung der Car2Car-Kommunikation. Diese basiert einerseits auf datenschutz- rechtlichen Bedenken; hier wird sich zeigen, ob die geplanten Sicherheits- mechanismen, wie sie im Manifesto beschrieben werden, schlussendlich auch umgesetzt werden oder ob der Staat bzw. die europäische Union sich „Hintertüren” einbauen lassen. Wenn Möglichkeiten mehr oder weniger öffentlich bekannt würden, gefälschte Nachrichten abzusetzen, könnten verschiedene Gruppierungen dies ausnutzen und so zum Beispiel beliebig Staus produzieren, in dem Sie Glatteismeldungen an neuralgischen Verkehrspunkten aussenden würden. Die hierdurch entstehende Schädi- 8 SeVeCom (Secure Vehicular Communication): EU-Projekt für Sicherheitsfragen in der Fahrzeugkommunikation, www.sevecom.org Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 95 gung des Einzelnen und auch der Gesamtwirtschaft ist sicherlich als nicht unerheblich zu betrachten. Andererseits wird ein gewisses Gefahren- potential entstehen, wenn ein zu geringer Anteil von Autos miteinander kommuniziert und so eine verlässliche Gefahrenwarnung nicht möglich ist. Unklar dürfte auch sein, wie die rechtliche Situation in einigen Jahren sein wird, wenn eine hohe Marktdurchdringung erreicht ist und ein Unfall entsteht, weil noch einige alte Fahrzeuge unterwegs sind und ein solches nach einer Panne verkehrsgefährdend eine Fahrbahn blockiert – mit einer solchen Situation werden die wenigsten Fahrer rechnen, schließlich funktioniert das Warnsystem bis dahin ja (hoffentlich) sehr zuverlässig. 96 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 97 8 Das Satellitennavigationssystem Galileo (Markus Schröder) Kapitelübersicht 8.1 Einleitung ....................................................................................97 8.2 Chronologie .................................................................................97 8.3 Technik .....................................................................................100 8.4 Anwendung ...............................................................................100 8.4.1 Anwendung im Straßenverkehr ..........................................101 8.4.2 Anwendungen in anderen Verkehrsbereichen......................101 8.5 Fazit .........................................................................................102 8.1 Einleitung In dieser kommentierten Literaturübersicht werde ich einige Artikel und Texte über das Satellitennavigationssystem Galileo besprechen. Sie bieten einen chronologischen Überblick über die Jahre 1999 bis einschließlich 2007 in den Bereichen Entwicklung, Umsetzung, Finanzierung und Kosten dieses Projektes. Des Weiteren werde ich über die verwendete Technik sowie über die angebotenen Dienste und die Anwendungsgebiete sprechen. Das Satellitennavigationssystem Galileo ist eine Alternative zu dem jetzigen Monopol, des US-amerikanischen GPS’ und wurde von der europäischen Weltraumorganisation ESA in Auftrag gegeben. Es dient zur Positions- bestimmung im zivilen Bereich und findet Nutzen z.B. im Straßen-, Schienen- und Luftverkehr sowie in der Schifffahrt. 8.2 Chronologie 1994 entschied man sich in Europa für das Satellitennavigationssystem Galileo. Damals noch mit einer „Doppelstrategie“. Parallel wurden die be- stehenden Systeme GPS und das russische Glonass für zivile Aufgaben besser nutzbar gemacht (vgl. Luft- und Raumfahrt 1999a). 1999 beschloss der Ministerrat der ESA das Galileoprojekt in Zusammenarbeit mit der EU durchzuführen und mit deren Hilfe das Vorhaben zu finanzieren. Weiter wurden außerhalb der EU Partner zur Finanzierung gesucht. Außerdem sollte ein Teil von rund 2,2 Milliarden Euro durch eine Public/Private Partnership finanziert werden (vgl. ebd.). Im Jahr 2000 beschloss die US-Regierung die künstliche Ungenauigkeit ihres GPS-Signals abzuschalten. Die Verfälschung diente dazu, dass militärische Gegner die genaue Positionsbestimmung nicht für ihre Zwecke nutzen konnten. Durch die neu geschaffene Genauigkeit des Signals im 98 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung zivilen Nutzen wuchs die Konkurrenz für das Galileosystem. Die USA versuchte mit diesem Mittel ihr Monopol in der Satellitennavigation zu sichern (vgl. Luft- und Raumfahrt 2000a). Nach neuen Schätzungen im Jahr 2000 würden sich die Gesamtkosten des Projektes auf ca. 2,5 bis 3 Mrd. Euro belaufen. Die zu erwartenden Gewinne liegen bei bis zu 80 Mrd. Euro. Gleichzeitig sollen rund 120.000 Arbeitsplätze geschaffen werden (vgl. Dahm 2000). Die geschätzte Höhe der Kosten wurde im Jahr 2003 auf 3,4 Mrd. Euro nach oben korrigiert. In demselben Jahr einigte sich der Ministerrat der ESA für das Galileoprojekt und beendet damit einen monatelangen Streit der 15 Mitgliedsstaaten. An der Finanzierung wollen sich die EU und die ESA mit jeweils 550 Mio. Euro beteiligen (vgl. FAZ 2003a). Gleichzeitig wurde in diesem Jahr auch Kritik laut, über die Tatsache, dass sich die US-amerikanische Regierung vorbehält, im Kriegsfall das Signal der Galileosatelliten zu stören (vgl. Härpfer 2003). Im Jahr 2004 beenden die EU und die USA einen jahrelangen Streit über das geplante Galileosystem indem man sich darauf einigte, dass GPS- und Galileo-Signale gleichzeitig mit nur einem Gerät zu empfangen sein werden. Dies beendete das jahrelange Konkurrenzdenken seitens der USA (vgl. 2004a). Im Jahr 2005 wird die vertragliche Vereinbarung über eine Beteiligung mit 6 Staaten außerhalb der EU getroffen (China, Indien, Israel, Marokko, Saudi-Arabien und die Ukraine) (vgl. FAZ 2005a). Im Dezember 2005 startet die Aufbauphase mit dem ins All geschossenen Satelliten Giove-A. Dieser, sowie die 4 weiteren Testsatelliten, werden aus staatlicher Hand finanziert und mit Kosten in Höhe von 1,2 Mrd. Euro veranschlagt. In der nächsten Phase wird die Infrastruktur errichtet - bei der man sich u. a. auf ein Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen (Bayern) geeinigt hat – und es werden die 30 geplanten Satelliten ins All geschossen. Dieses Vorhaben wird auf 2,2 Mrd. Euro Kosten geschätzt. Finanziert werden soll diese Phase zu einem Drittel aus Steuergeldern und zu zwei Dritteln von einem Betreiberkonsortium, welches aus acht Unternehmen innerhalb der EU besteht. Dieses Konsortium soll auch die 220 Mio. Euro pro Jahr teure Betriebsphase finanzieren. Der Fertigstellungstermin wird hingegen auf das Jahr 2010 korrigiert. Gleichzeitig geht man davon aus, dass bis ins Jahr 2020 3,6 Mrd. Empfangsgeräte das System nutzen werden (vgl. Winkelhage 2005, FAZ 2005b). Es kommt im Jahr 2005 jedoch auch Kritik über das Vorhaben auf. Bei einer zivilen Kontrolle des Satellitennavigationssystems könne die Sicherheit vor militärischen Missbrauch nicht garantiert werden (vgl. Geiger 2005). Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 99 Anfang des Jahres 2006 geht die EU von einer Arbeitsplatzschöpfung von 140000 bis 150000 Jobs aus. Die meisten dieser Jobs werden in der Dienstleistungsbranche und in der Entwicklung und Produktion von Empfangsgeräten entstehen. Der Fertigstellungstermin hingegen, wird inzwischen sogar auf 2011 geschätzt (vgl. Winkelhage 2006, Luft- und Raumfahrt 2006). Im Juni 2006 endet die Sicherungsfrist für die Frequenzbereiche, die von der Internationalen Fernmeldeunion zugeteilt wurden. Dies war ein wichtiger Grund, dass Ende 2005 der Testsatellit Giove-A ins All geschossen wurde und die ersten Signale in diesen Frequenzbereichen sendete. Giove- B soll im März folgen (vgl. Luft- und Raumfahrt 2006b). In der zweiten Hälfte des Jahres wurden erneut Bedenken im Zusammenhang mit Galileo geäußert. Diesmal wurde der wirtschaftliche nutzen für Europa in Gefahr gesehen. China und Indien sind in der Entwicklung von Empfangsgeräten deutlich weiter gewesen als die europäischen Staaten. Der Grund hierfür ist die Passivität der europäischen Unternehmen und die Tatsache, dass europäische Politiker eher geneigt sind, sich um mögliche Standorte der Infrastruktur im eigenen Land zu kümmern, als die private Wirtschaft zu unterstützen (vgl. FAZ 2006a). Anfang des Jahres 2007 dominierten Negativschlagzeilen die Entwicklung von Galileo. Durch das Unternehmenskonsortium verzögerte sich die Unterschrift der Konzessionsverträge, was letztendlich sogar zum Scheitern des gesamten Projekts führen konnte. Um dieses Szenario abzuwenden, wurde dem Konsortium eine Frist bis zum 10. Mai auferlegt. Wenn bis dahin keine Einigung erzielt werden würde, sollte das Projekt neu ausgeschrieben werden. Mittlerweile wurde wegen den oben genannten Verzögerungen die Fertigstellung erst für das Jahr 2012 prognostiziert. Wirtschaftsverbände rechnen sogar erst im Jahr 2014 mit einer Fertig- stellung (vgl. FAZ 2007a). Am 11. Mai 2007, einen Tag nach Ablauf der Frist, beschloss die EU das Satellitennavigationssystem selber zu bauen. Das Unternehmenskonsortium wollte eine komplette finanzielle Absicherung. Dieses Risiko war der EU zu hoch. Jetzt werden die zwei bis drei Milliarden Euro hohen Kosten vom Steuerzahler getragen. Eine erneute öffentliche Ausschreibung kommt wider erwarten doch nicht in Frage. Man habe das „Hickhack in und mit der Privatwirtschaft satt“ (vgl. FAZ 2007b, FAZ 2007c). Einen der größten Fehler der EU sehen Kritiker darin, dass zwei anfangs konkurrierende Konsortien zur Zusammenarbeit gezwungen wurden um Kosten einzusparen. Dadurch wurden Misstrauen und strukturelle Probleme heraufbeschworen. Des Weiteren ist unklar, ob die kommerziellen Dienste des Systems überhaupt genutzt werden. Ein weiteres Problem entsteht inzwischen durch die Pläne der russischen und chinesischen Regierungen, die eigene Navigationssysteme entwickeln. Dadurch steigt die Konkurrenz 100 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung für Galileo, welche schon durch die geplante Verbesserung des amerikanischen GPS erhöht ist. Letzteres soll ab 2015 eine ähnlich präzise Positionsbestimmung ermöglichen, wie es beim europäischen Projekt der Fall sein wird (vgl. Schwenn 2007, Friedrich 2007). Am 25. November 2007 wird die Entscheidung bekannt gegeben, wie die EU das Galileoprojekt finanziert. Von den 2,4 Mrd. Euro, die man noch benötigt, werden 1,6 Mrd. Euro aus dem Agrarbudget genommen. Diese Mittel wären sonst zurück an die Länder geflossen, da sie dieses Jahr nicht benötigt werden. Die restlichen 0,8 Mrd. Euro werden durch Umschich- tungen kleinerer Beträge aufgebracht (vgl. FAZ 2007d). Im selben Monat wurden auch die Vergaberegeln der Aufträge beschlossen. So wird der Aufbau der Infrastruktur in sechs Auftragspakete aufgeteilt, wovon jeder Anbieter nur maximal zwei erhalten darf. Außerdem müssen 40 % des Auftragswertes an Subunternehmer weitergegeben werden (vgl. FAZ 2007e). 8.3 Technik Jedes Satellitennavigationssystem funktioniert auf die gleiche Weise. Die Satelliten funken ein Signal mit einer genauen, synchronisierten Uhrzeit auf die Erde. Die Empfangsgeräte empfangen diese Signale und bestimmen durch die entstandene Verzögerung die Entfernung zu den jeweiligen Satelliten. Um eine Ortung zu ermöglichen, benötigt man das Zeitsignal von mindestens vier Satelliten. Damit beim Galileonavigationssystem diese Mindestanforderung an jedem Ort der Erdeoberfläche erfüllt ist, werden 30 Satelliten, wovon Drei nur als Ersatzsatelliten gedacht sind, die Erde in einer Höhe von 23.600 Kilometern umkreisen. Die Genauigkeit der Positionsbestimmung hängt von der Genauigkeit der gesendeten Uhrzeit ab. Damit Galileo eine zentimetergenaue Ortsbestimmung ermöglicht, werden in den Satelliten Atomuhren verbaut, die eine Abweichung von nur einer Nanosekunde am Tag zulassen (vgl. Winkelhage 2005, Schuldt 2003). 8.4 Anwendung Grundsätzlich gibt es fünf verschiedene Dienste, die von Galileo angeboten werden. Der offen zugängliche Dienst („Open Access Service“) steht kostenlos zu Verfügung und dient z.B. zur Navigation im Straßenverkehr oder als Zeitstandard. Die meisten privaten Nutzer werden auf dieses Signal zurückgreifen. Der kommerzielle Dienst („Commercial Service“) ist für professionelle Anwender gedacht. Das Signal hat eine höhere Qualität als das kostenfreie. Denkbare Anwendungen wären z.B. in der Vermessungstechnik oder im Bereich des Flottenmanagements. Der sicherheitskritische Dienst („Safety-Of-Life Service“) bietet eine sehr hohe Qualität und Integrität. Letzteres bedeutet, dass der Anwender über die Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 101 Qualität des Signals informiert wird. Dieser Dienst wird z.B. in der Flugsicherung verwendet. Der Such- und Rettungsdienst („Search and Rescue Service“) bietet den Service der Notfallortung, bei dem gleichzeitig Rettungsmaßnahmen eingeleitet werden können. Der fünfte und letzte Dienst ist der öffentlich regulierte Dienst („Public Regulated Service“). Dieser Dienst wird nur staatlichen Anwendungen zu Verfügung stehen und ist codiert (Schuldt 2003, Kommission der Europäischen Gemeinschaften der Satellitennavigation 2006). 8.4.1 Anwendung im Straßenverkehr Im Straßenverkehr wird Galileo voraussichtlich am häufigsten zum Einsatz kommen. Aber auch hier gibt es eine Reihe von Anwendungen, die über die „normale“ Straßennavigation hinausgehen. So wird z.B. eine Verwendung von Satellitenortung bei der Mauterhebung von der EU-Kommission empfohlen, da sie sehr flexibel funktioniert und ohne besondere Infrastruktur auskommt (vgl. ebd.). Eine weitere Anwendung im Straßenbereich ist das Projekt „eSafety“. Diese Initiative will eine Norm für den europaweiten Fahrzeugnotruf schaffen, bei dem eine genaue Fahrzeugortung Voraussetzung ist. Diese Voraussetzung kann durch Galileo erfüllt werden. Das Ziel von „eSafety“ ist eine Senkung der Reaktionszeit bei Notrufen um 40 bis 50 %. Man rechnet mit 2500 Leben, die dadurch jährlich gerettet werden können (vgl. ebd.). Des Weiteren spielt das Galileoprojekt eine wichtige Rolle für die so genannte Car to Car Communication („Car2Car“). Hierbei sollen Autos per Funk miteinander kommunizieren, um sich gegenseitig auf Gefahren aufmerksam machen zu können. Ein Beispiel hierfür ist Glatteis. Ein Fahrzeug fährt über eine vereiste Fahrbahn. Mittels Sensoren wird diese Gefahr erkannt. Um die nachfolgenden Autos zu warnen wird diese Information, zusammen mit der genauen Ortsangabe, die wiederum durch Galileo ermittelt wird, an die Fahrzeuge im Umkreis weitergeleitet (Meyer zu Hörste & Strang 2007). In der Versicherungstechnik für Kraftfahrzeuge könnte Galileo ebenfalls zum Einsatz kommen. So könnte die Grundlage für den Tarif die Fahrleistung des Autos sein, die wiederum mit Hilfe von Galileo berechnet wird (vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2006). 8.4.2 Anwendungen in anderen Verkehrsbereichen Im Schienenverkehr kann Galileo für eine erhöhte Sicherheit sorgen. Per Satellitennavigation wird die Position, Fahrtrichtung und Geschwindigkeit eines Zuges ermittelt. Diese Daten werden dann, ähnlich wie beim Car2Car System, per Funk in einen bestimmten Radius übertragen. Wenn ein zweiter Zug in diesen Radius eintritt, werden die Lokführer der beiden Züge vor einer möglichen Kollision gewarnt (vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2006). 102 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung In der Schifffahrt ermöglicht Galileo die Benutzung von Schiffs- verkehrdiensten, die sich auf eine genaue Positionsangabe stützen. Diese Dienste kommen z.B. bei Hafenzufahrten oder innerhalb Häfen zum Tragen und bieten dort eine Erhöhung der Sicherheit. Außerdem kann Galileo dazu beitragen, die Binnenschifffahrt, auf die nur 6 % des Güterverkehrs entfallen, zu modernisieren, um so die Straßen vom Güterverkehr zu entlasten (vgl. ebd.). In der Luftfahrt wird es durch das, im Vergleich zum GPS deutlich präzisere Galileosignal, eine zusätzliche Absicherung bei Landungen geben. Die Piloten sind nicht mehr auf bodenseitige Informationen angewiesen, um eine präzise Landung durchzuführen. Außerdem kann durch die zusätzliche Absicherung eine stärkere Auslastung der Flughäfen ermöglicht werden, da trotz schlechtem Wetter oder geringer Sichtweite gelandet werden kann (vgl. ebd., Pletschacher 2006). 8.5 Fazit Das Galileosatellitennavigationssystem bietet ein hohes Potenzial für Europa. So werden viele neue Jobs entstehen, mehrere hundert Milliarden Euro Umsatz für die private Wirtschaft ermöglichen und Europa eine Unabhängigkeit gegenüber dem US-amerikanischen GPS-System ver- schaffen. Dennoch scheint die Industrie nicht vollständig von dem Projekt überzeugt zu sein. Sie zögert bei der Entwicklung von Empfangsgeräten und riskiert somit, die Chance als Pionier in den Markt zu treten, an China und Indien zu verlieren. Gründe hierfür scheinen vor allem die finanzielle Unsicherheit zu sein. Seitens der Politik gibt es jedoch kaum Versuche, Diese abzufedern. Trotz möglicher Risiken wird Galileo neue Standards im Bereich der Satellitennavigation setzten und gerade im Bereich Verkehrssicherheit ein großes Stück dazu beitragen, einen völlig neuen Markt zu eröffnen. 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Auflage Wiesbaden: Gabler 114 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 115 Register ABS (Anti-Blockiersystem)12, 13, 20, 21, 22, 23, 24, 28, 31, 32, 39, 43, 46, 47, 48, 49, 50, 52, 74, 83, 85, 91, 103, 105, 112 Abstandsregeltempomat...................................................................... 24 ACC.............................................................................13, 19, 24, 25, 48 ACC (Adaptive Cruise Control)....................... 12, 13, 24, 25, 38, 46, 48, 51 ACCEZZ ............................................................................................. 56 Ad-Hoc .............................................................................................. 89 Ad-Hoc (Kommunikation, Netzwerk) ..................................................... 89 ARGO .........................................................................................10, 111 ARRIVE.......................................................................................56, 103 ARRIVE (Arrive).................................................................................. 56 ASG (Automatisches Schaltgetriebe)..................................................... 13 ASR........................................................................................ 13, 22, 28 ASR (Anti-Schlupf-Regelung, auch Antischlupfregelung) ..13, 22, 23, 28, 31, 48, 50, 74, 91 Automatische Distanzregelung ............................................................. 25 Automatische Stabilitäts Contro............................................................ 23 Automatische Stabilitäts Control+Traktion............................................. 23 Automatischer Blockierverhinderer ....................................................... 22 BA2 ................................................................................................... 30 BA2 (Bremsassistent 2) ....................................................................... 30 Brake disc wiping................................................................................ 38 Brake Prefill........................................................................................ 38 Brake-By-Wire .................................................................................... 38 CAPS (Combine Active an Passive Safety) ............................................. 37 Car2Car ....................................1, 79, 81, 84, 86, 87, 88, 90, 94, 101, 106 C2C-CC ................................................. 81, 87, 88, 91, 92, 93, 94, 106 Car2Car-Kommunikation ..............................................1, 81, 84, 87, 94 Communication Consortium ............................... 81, 86, 87, 88, 90, 106 CC (Cruise Control) ................................................................ 13, 94, 106 Commercial Service........................................................................... 100 Communication Consortium ..................................... 54, 57, 59, 88, 98, 99 CST (Control, Stability and Traction)..................................................... 24 DARPA Grand Challenge...................................................................... 36 DARPA Urban Challenge ...................................................................... 36 Diamant............................................................................................. 79 Distronic ............................................................................................ 25 DRIVE................................................................................................ 71 DSC................................................................................................... 24 DSC (Dynamische Stabilitäts Control ) .................................................. 24 DynAPS ............................................................................................. 75 EBV ................................................................................................... 28 EBV (Elektronische Bremskraftverteilung) ........................................28, 47 E-Call................................................................................................. 84 EHB.................................................................................... 38, 105, 112 EHB (Elektrohydraulische Bremse) ................................................38, 105 Elektronisches Traktions-System .......................................................... 23 eSafety ............................................................................................ 101 ESP ........................................................................................ 19, 23, 25 ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm) 12, 13, 22, 23, 24, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 36, 38, 39, 43, 46, 48, 49, 50, 74, 83, 85, 86, 89, 91, 105, 106 116 Fahrerassistenzsystem und intelligente Verkehrssteuerung Fahraufgabe.................................................................3, 5, 6, 11, 45, 46 Fahrerassistenzsystem .................................................................25, 112 FCD........................................................................................ 67, 73, 79 FCD (Floating Car Data) ................................................67, 73, 76, 78, 85 Galileo .1, 4, 8, 88, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 106, 107, 108, 109, 110, 112 Gierrate ........................................................................................23, 29 Giove-A (und –B)...........................................................................98, 99 Glonass.............................................................................................. 97 GPS ..............................................................................................71, 88 GPS (Global Positioning System) . 8, 62, 71, 74, 75, 76, 88, 91, 97, 98, 100, 102 HBA (Hydraulischer Bremsassistent) ..................................................... 13 HC..................................................................................................... 51 HC (Heading Control).......................................................................... 51 Intelligente Verkehrssteuerung ............................................................ 53 IST.................................................................................................... 63 ITSA.................................................................................................. 63 ITSA (Intelligent Traffic Society of America)...................................63, 108 Mobinet .................................................... 53, 54, 55, 56, 60, 64, 79, 109 MOTION ............................................................................................ 60 MSR .................................................................................................. 28 MSR (Motorschlupfregelung)................................................................ 28 NYCT................................................................................................. 62 NYCT (New York City Transit) .............................................................. 62 OnBoard-Unit ..................................................................................... 62 Open Access Service ......................................................................... 100 PBA ................................................................................................... 13 PBA (Predictive Brake Assistent) .....................................................13, 25 PCW.............................................................................................13, 25 PCW (Predictive Collision Warning)..................................................25, 26 PEB ..............................................................................................13, 26 PEB (Predictive Emergency Braking)..................................................... 26 PoF (Pictures of the Future)....................................60, 108, 109, 111, 113 PPP ..............................................................................................59, 64 PPP (Public-Private-Partnership)................................................ 57, 59, 64 Prometheus.......................................................... 10, 13, 14, 34, 35, 106 PSF ................................................................................................... 77 PSM (Porsche Stability Management).................................................... 24 PSS (Predicitve Safety System) .......................................................25, 26 Public Regulated Service ................................................................... 101 RCC................................................................................................... 62 RCC (Rail Control Center) .................................................................... 62 RDS..............................................................................................73, 84 RDS (Radio Data System)......................................................... 73, 76, 84 Roboter ............................................................................................... 9 Ruhrpilot........................................ 53, 54, 56, 57, 58, 59, 60, 63, 64, 110 S.A.N.T.O.S........................................................................................ 35 Safety-Of-Life Service ....................................................................... 100 SBC ................................................................................................... 31 SBC (Sensoric Brake Control).................. 27, 28, 31, 32, 33, 38, 39, 48, 49 SDAL ................................................................................................. 77 SDAL (Shared Data Access Library) ...............................................77, 109 Search and Rescue Service ................................................................ 101 Sensor .............................................................................. 20, 25, 27, 39 Fahrerassistenzsysteme und intelligente Verkehrssteuerung 117 Shakey .....................................................................................5, 9, 110 SITRAFFIC CONCEPT .......................................................................... 60 SWT ....................................................................................... 27, 29, 39 SWT (Sidewall Torsion) ............................................................ 27, 29, 39 Tele Aid ............................................................................................. 75 Telematik...................... 1, 33, 53, 54, 65, 67, 69, 70, 75, 76, 79, 105, 106 Telematikanwendungen................................................................... 65 Telematikdienste............................................................................. 71 Telematikkonzepte ........................................................................ 106 Verkehrstelematik ..........................................1, 65, 67, 69, 70, 79, 112 TEU................................................................................................... 57 TEU (Traffic Eye Unit) ......................................................................... 57 TEU (Traffic Eye Units)........................................................................ 57 TMC .......................................................................... 67, 73, 78, 84, 112 TMC (Traffic Message Channel, TMCPro) . 67, 73, 74, 75, 76, 78, 79, 84, 85 Universal Traffic Management System .................................................. 64 VaMP.................................................................................... 5, 9, 10, 14 Vita-2 ...........................................................................................10, 14 VKRZ (Verkehrsregelzentrale Berlin) ...............................53, 59, 60, 61, 65 VMZ .................................................................................................. 61 VMZ (auch VSMZ, Verkehrsmanagementzentrale Berlin)........ 53, 54, 59, 60, 64, 111 Wireless LAN...................................................................................... 86 XFCD................................................................................................. 74 XFCD (Extended Floating Car Data)...................................................... 74 Bereits erschienene Soziologische Arbeitspapiere 1/2003 Hartmut Hirsch-Kreinsen, David Jacobsen, Staffan Laestadi- us, Keith Smith Low-Tech Industries and the Knowledge Economy: State of the Art and Research Challenges (August 2003) 2/2004 Hartmut Hirsch-Kreinsen “Low-Technology“: Ein innovationspolitisch vergessener Sek- tor (Februar 2004) 3/2004 Johannes Weyer Innovationen fördern – aber wie? Zur Rolle des Staates in der Innovationspolitik (März 2004) 4/2004 Konstanze Senge Der Fall Wal-Mart: Institutionelle Grenzen ökonomischer Glo- balisierung (Juli 2004) 5/2004 Tabea Bromberg New Forms of Company Co-operation and Effects on Industrial Relations (Juli 2004) 6/2004 Gerd Bender Innovation in Low-tech – Considerations based on a few case studies in eleven European countries (September 2004) 7/2004 Johannes Weyer Creating Order in Hybrid Systems. Reflexions on the Interac- tion of Man and Smart Machines (Oktober 2004) 8/2004 Hartmut Hirsch-Kreinsen Koordination und Rationalität (Oktober 2004) 9/2005 Jörg Abel Vom Kollektiv zum Individuum? Zum Verhältnis von Selbstver- tretung und kollektiver Interessenvertretung in Neue Medien- Unternehmen (Juli 2005) 10/2005 Johannes Weyer Die Raumfahrtpolitik des Bundesforschungsministeriums (Oktober 2005) 11/2005 Horst Steg Transnationalisierung nationaler Innovationssysteme (Dezember 2005) 12/2006 Tobias Haertel UsersAward: Ein Beitrag zur optimalen Gestaltung von Mensch-Maschine-Systemen in der Logistik (Februar 2006) 13/2006 Doris Blutner, Stephan Cramer, Tobias Haertel Der Mensch in der Logistik: Planer, Operateur und Problemlö- ser (März 2006) 14/2006 Johannes Weyer Die Zukunft des Autos – das Auto der Zukunft. Wird der Computer den Menschen ersetzen? (März 2006) 15/2006 Simone Reineke Boundary Spanner als Promotoren des Wissensmanagement- prozesses (Juli 2006) 16/2006 Johannes Weyer Die Kooperation menschlicher Akteure und nicht-menschlicher Agenten. Ansatzpunkte einer Soziologie hybrider Systeme (Juli 2006) 17/2006 Jörg Abel/Sebastian Campagna/Hartmut Hirsch-Kreinsen (Hg.) Skalierbare Organisation - Überlegungen zum Ausgleich von Auftragsschwankungen - (August 2006) 18/2006 Tabea Bromberg Engineering-Dienstleistungen in der Automobilindustrie: Verbreitung, Kooperationsformen und arbeitspolitische Konse- quenzen (Mai 2007) 19/2006 Hartmut Hirsch-Kreinsen Lohnarbeit (September 2007) 20/2008 Katrin Hahn Der Lissabon-Prozess: Das Innovationskonzept und die Auswirkungen auf die Politikgestaltung (März 2008)