Mitteilungen aus dem Bereich der Mechanik und Statik Simone Berger-Bickendorf Numerische Modellierung des druck- und ratenabhängigen elastisch-plastischen Verhaltens von metallischen Werkstoffen Mitteilungen Nr. 1/04 Numerische Modellierung des druck- und ratenabhängigen elastisch-plastischen Verhaltens von metallischen Werkstoffen Von der Fakultät Bauwesen der Universität Dortmund zur Erlangung des Grades Doktor-Ingenieur genehmigte DISSERTATION von Dipl.-Ing. Simone Berger-Bickendorf Dortmund 2003 Vorsitzender der Prüfungskommission Prof. Dr.-Ing. J. Neisecke Erster Gutachter Prof. Dr. H. Obrecht (Ph. D.) Zweiter Gutachter Prof. Dr.-Ing. D. Ungermann Tag der Einreichung: 11. Dezember 2002 Tag der mündlichen Prüfung: 10. April 2003 Herausgeber Prof. Dr. Hans Obrecht (Ph. D.) Lehrstuhl für Baumechanik-Statik Universität Dortmund 44221 Dortmund Tel.: 0231/755-2536 Fax: 0231/755-2532 Organisation und Verwaltung Priv.-Doz. Dr.-Ing. Michael Brünig Lehrstuhl für Baumechanik-Statik Universität Dortmund 44221 Dortmund Tel.: 0231/755-4682 Fax: 0231/755-2532 © 2004 Simone Berger-Bickendorf Lachterweg 21 44149 Dortmund Alle Rechte, insbesondere das Übersetzen in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne Genehmi- gung der Autorin ist es nicht gestattet, dieses Heft ganz oder teilweise auf fotomechanischem Wege (Fotokopie, Mikrokopie oder DV-Verarbeitung) zu vervielfältigen. Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Baumechanik-Statik der Universität Dortmund. Herrn Professor H. Obrecht danke ich für die Anregungen zu dieser Arbeit und für den Freiraum, den er mir bei der Bearbeitung gewährt hat. Herrn Professor D. Ungermann möchte ich für die Übernahme des Zweitgutachtens danken. Ein besonderer Dank gilt Herrn Privatdozent M. Brünig, der mit seinen wertvollen Ratschlä- gen und seiner steten Diskussionsbereitschaft wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen hat. Meiner Zimmerkollegin und Freundin Sabine Ricci danke ich für die vielen anregenden Diskussionen. Weiterhin danke ich meinen studentischen Hilfskräften Martin Czerwinski und Katrin Jäckel für ihre Unterstützung bei der Erstellung dieser Arbeit. Bei meinen Eltern möchte ich mich dafür bedanken, dass sie mein Studium und damit diese Arbeit erst ermöglicht haben. Mein persönlichster Dank gilt meinem Mann Jobst für seine Liebe und Unterstützung sowie für sein Verständnis während der Endphase dieser Arbeit. Dortmund, im Juni 2004 Simone Berger-Bickendorf Kurzfassung In der vorliegenden Arbeit wird ein nichtlineares Finite-Element-Modell zur Analyse des ratenunabhängigen und ratenabhängigen inelastischen Deformations- und Lokalisierungsver- haltens von Metallen entwickelt, die vom hydrostatischen Spannungszustand abhängig sind, ein unterschiedliches Verhalten im Zug- und Druckbereich sowie eine inelastische Volumen- dilatation aufweisen. Die kontinuumsmechanische Beschreibung der großen elastisch-plastischen und großen elastisch-viskoplastischen Deformationen basiert auf der multiplikativen Aufspaltung des Metrik-Transformationstensors. Einen Schwerpunkt dieser Arbeit bildet die Formulierung ratenunabhängiger und ratenabhän- giger inelastischer Materialmodelle, mit denen das durch die genannten Phänomene gekenn- zeichnete bei Experimenten beobachtete inelastische Materialverhalten metallischer Werk- stoffe numerisch simuliert werden kann. Dafür wird abweichend von der klassischen Metallplastizität eine von 1I , 2J und 3J abhängige Fließbedingung bzw. Fließfunktion sowie ein nicht-assoziiertes Fließgesetz verwendet. Die numerische Integration der konstitutiven Gleichungen erfolgt mittels eines expliziten Algorithmus, der aus einem inelastischen Prädiktor und elastischen Korrektor besteht. Anhand ausführlicher numerischer Studien wird die Auswirkung des Materialmodells auf das elastisch-plastische und elastisch-viskoplastische Deformations- und Lokalisierungsverhalten untersucht. Dafür wird der Einfluss unterschiedlicher Materialparameter analysiert. Die Ergebnisse der numerischen Untersuchungen verdeutlichen, dass die Berücksichtigung der Abhängigkeit vom hydrostatischen Spannungszustand und der Ratenabhängigkeit des inelastischen Materialverhaltens einen signifikanten Einfluss auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten haben kann. Das entwickelte Materialmodell für Metalle trägt somit zu einer deutlichen Verbesserung der Simulationsergebnisse bei, da das reale makroskopische Verhalten genauer als bisher beschrieben werden kann. Abstract In this dissertation a nonlinear finite element model is developed for the analysis of the rate- independent and rate-dependent inelastic deformation and localization behavior of metals, which are hydrostatic stress-sensitive and show a different behavior in tension and compres- sion regions as well as an inelastic volume expansion. The continuum formulation of the large elastic-plastic and large elastic-viscoplastic deforma- tions is based on the multiplicative decomposition of the metric transformation tensor. Attention is focused particularly on the formulation of rate-independent and rate-dependent inelastic material models being able to simulate numerically the inelastic behavior of metals which is characterized by the above-mentioned experimental observed phenomena. In contrast to classical theories of metal plasticity a yield criterion and yield function respectively depending on 1I , 2J and 3J are employed as well as a non-associated flow rule. The integration of the constitutive equations relies on an explicit algorithm consisting of an inelastic predictor and an elastic corrector. Extensive numerical investigations are carried out to study the effect of the material model on the elastic-plastic and elastic-viscoplastic deformation and localization behavior. Therefor the influence of different material parameters is analysed. The results of the numerical calculations demonstrate that taking into account hydrostatic stress-sensitivity and rate-dependence of the inelastic material behavior can have a significant influence on the deformation and localization behavior. Since the real macroscopic behavior is described more accurately than before, the developed material model contributes to a noticeable improvement of the simulation quality. Inhaltsverzeichnis i Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung........................................................................................................................... 1 1.1 Problemstellung und Motivation.................................................................................. 1 1.2 Gliederung.................................................................................................................... 4 2 Kontinuumsmechanische Grundlagen ............................................................................ 7 2.1 Kinematische Grundlagen............................................................................................ 7 2.2.1 Metrik-Transformationstensoren ........................................................................ 7 2.2.2 Definition der Verzerrungen und der Verzerrungsrate....................................... 8 2.2 Bilanz- und Erhaltungssätze....................................................................................... 10 3 Konstitutive Gleichungen ............................................................................................... 14 3.1 Elastisches Materialverhalten..................................................................................... 14 3.2 Ratenunabhängiges inelastisches Materialverhalten.................................................. 16 3.2.1 Experimentelle Untersuchungen bei Metallen.................................................. 16 3.2.2 Plastisches Materialverhalten ........................................................................... 20 3.2.2.1 Fließbedingung .................................................................................... 21 3.2.2.2 Nicht-assoziiertes Fließgesetz.............................................................. 24 3.2.3 Elastisch-plastisches Materialverhalten............................................................ 25 3.3 Ratenabhängiges inelastisches Materialverhalten...................................................... 27 3.3.1 Motivation ........................................................................................................ 27 3.3.2 Viskoplastisches Materialverhalten .................................................................. 33 3.3.2.1 Allgemeines ......................................................................................... 33 3.3.2.2 Nicht-assoziiertes Fließgesetz und statische Fließfunktion ................. 34 3.3.3 Elastisch–viskoplastisches Materialverhalten .................................................. 36 4 Integration der konstitutiven Gleichungen................................................................... 42 4.1 Allgemeines................................................................................................................ 42 4.2 Integration der skalaren Grundgleichung................................................................... 43 Inhaltsverzeichnis ii 4.3 Rückrechnung auf tensorielle Größen........................................................................ 48 4.4 Formulierung des elastisch-(visko)plastischen Stoffmoduls ..................................... 51 5 Numerische Implementierung........................................................................................ 56 5.1 Berechnung der logarithmischen Verzerrungskomponenten ..................................... 56 5.2 Variationsformulierung.............................................................................................. 57 5.3 Finite-Element-Berechnung ....................................................................................... 59 6 Numerische Untersuchungen ......................................................................................... 62 6.1 Allgemeines................................................................................................................ 62 6.2 Elastisch-plastisches Materialverhalten ..................................................................... 63 6.2.1 Ermittlung der Materialparameter .................................................................... 64 6.2.2 Einfluss der Parameter a c und b c auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten.................................................................................... 69 6.3 Parameterstudie zum elastisch-viskoplastischen Materialverhalten .......................... 81 6.3.1 Einfluss des Viskositätsparameters m auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten.................................................................................... 82 6.3.2 Einfluss der Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten .................................................. 107 6.4 Elastisch-viskoplastisches Materialverhalten von X6 CrNi 1811-Stahl .................. 114 6.4.1 Ermittlung der Materialparameter .................................................................. 115 6.4.1.1 Einaxialer Zugversuch mit konstanter Verzerrungsgeschwindigkeit 115 6.4.1.2 Weiterführende Auswertung.............................................................. 120 6.4.2 Einfluss verschiedener viskoser Gesetze auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten.................................................................................. 122 7 Zusammenfassung und Ausblick ................................................................................. 142 Literaturverzeichnis............................................................................................................. 146 1 Einleitung 1 1 Einleitung 1.1 Problemstellung und Motivation Die werkstoffkundliche Grundlagenforschung liefert unverzichtbare Erkenntnisse über das Verhalten von Werkstoffen in einer Vielzahl von teilweise neuen Anwendungen. Die sich ständig ändernden ökonomischen, technologischen und ökologischen Randbedingungen stellen dabei immer neue und höhere Anforderungen, welche die Richtung der Materialfor- schung beeinflussen. Dies betrifft u. a. den Bedarf nach Bauelementen oder Werkstoffen für Bereiche mit hoher Belastungsdichte sowie nach wirtschaftlichen, umweltfreundlichen und sicheren Transportsystemen. Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, sind Kenntnisse über die Werkstoff- eigenschaften, die aus umfangreichen experimentellen sowie mikro- und makromechanischen numerischen Untersuchungen resultieren, unerlässlich, da der verwendete Werkstoff unter komplexer mehrdimensionaler Beanspruchung das makro- und mikromechanische Deforma- tions- und Versagensverhalten von Bauelementen bestimmt und damit das Verhalten der gesamten Struktur. Viele duktile Ingenieurwerkstoffe zeigen bei inelastischen Deformationen ab einem bestimm- ten Punkt eine Konzentration von hohen inelastischen Verzerrungen in lokal begrenzten Bereichen. Die Lokalisierung inelastischer Deformationen in Form von Einschnürungen oder der Ausbildung eines oder mehrerer schmaler Scherbänder ist oft mit einer deutlichen Abnahme der Lastaufnahmekapazität von Bauteilen und Strukturen verbunden. Hat die Lokalisierung einmal eingesetzt, bleiben die Einschnürungen bzw. Scherbänder bestehen und die inelastischen Verzerrungen können dort so groß werden, dass schon kleine Deformations- zuwächse zum Versagen führen. Daher kann der Lokalisierungsbeginn als Punkt des begin- nenden Versagens angesehen werden. Genaue Kenntnisse über den Lokalisierungsbeginn und die fortschreitende Entwicklung der Deformationen innerhalb des lokalisierten Bereichs sind damit von zentraler Bedeutung für Fertigungsprozesse. Um das makromechanische inelastische Deformations- und Lokalisierungsverhalten unter realen, häufig komplexen Belastungsbedingungen numerisch simulieren und vorhersagen zu können, sind teilweise sehr aufwändige konstitutive Modelle erforderlich. Die zentralen Anforderungen an diese konstitutiven Modelle sind dabei Allgemeingültigkeit und eine 1 Einleitung 2 möglichst realitätsnahe Abbildung des Materialverhaltens bei gleichzeitig einfacher Imple- mentierbarkeit. Für die Beschreibung des globalen Verhaltens vieler Ingenieurwerkstoffe stellt ein makroskopisches phänomenologisches Modell, bei dem die mikromechanischen Mechanismen der internen Struktur durch geeignete Parameter im Mittel erfasst werden, eine geeignete Idealisierung dar. Eine umfassende phänomenologische Materialmodellierung, die für ein breites Spektrum von Werkstoffen geeignet ist, sollte verschiedene das makroskopische Deformationsverhalten beeinflussende Faktoren beinhalten. Dazu gehören u. a. die Abhängigkeit des Fließens vom hydrostatischen Spannungszustand, das unterschiedliche Verhalten im Zug- und Druckbe- reich, die Ratenabhängigkeit des Materialverhaltens sowie die inelastische Volumendilatation. Einen Schwerpunkt dieser Arbeit bildet die Formulierung eines Materialmodells, das in der Lage ist, diese charakteristischen Eigenschaften möglichst realitätsgetreu abzubilden, wobei metallische Werkstoffe betrachtet werden. Anschließende Parameterstudien zeigen den Einfluss einzelner Materialparameter auf das vorhergesagte Deformations- und Lokalisie- rungsverhalten. Dass auch Metalle die zuvor beschriebenen Eigenschaften besitzen können, belegen umfassende experimentelle Untersuchungen von Spitzig et al. ([104], [105], [106]). Deren Untersuchungen zum Einfluss des hydrostatischen Spannungszustands bei Eisenwerk- stoffen (Spitzig et al. [105], [106]) und Aluminium (Spitzig und Richmond [104]) haben gezeigt, dass die Fließspannung nahezu linear von dem hydrostatischen Spannungszustand abhängt, und dass bei hochfesten Eisenwerkstoffen die Spannung im Druckversuch größer ist als im Zugversuch. Aus weiteren Experimenten (Spitzig et al. [105], [106]) ist bekannt, dass inelastische Deformationen von einer irreversiblen Volumenzunahme begleitet werden können, deren Größe im Zug- und Druckversuch annähernd gleich ist. Auch das Phänomen der Ratenabhängigkeit wird als wesentliche Einflussgröße explizit in der hier vorgestellten Materialmodellierung berücksichtigt. Das plastische Fließen bei poly- kristallinen Festkörpern ist ein kinetischer Prozess, wie aus mikromechanischen Untersu- chungen bekannt ist. Die makroskopischen inelastischen Deformationen werden durch das Wandern von Versetzungen und weiteren miteinander in Wechselwirkung stehenden mikro- mechanischen Mechanismen hervorgerufen (siehe z. B. Johnston und Gilman [50], Dahl [26], Asaro [5], Frost und Ashby [33], Ashby und Jones [6]). Diese unterschiedlichen inelastischen Deformationsmechanismen hängen von den aufgebrachten Spannungen, der Verzerrungsrate und Temperatur ab, wobei Bereiche vorhanden sind, in denen jeweils einzelne Größen dominieren können. 1 Einleitung 3 Zahlreiche weitere Experimente (z. B. Taylor [109], Whiffin [117], Duwez und Clark [30], Johnson et al. [49]) und Untersuchungen bei Metallen (u. a. Taylor [108], Hauser et al. [39], Boyer [15]) zeigen, dass das Materialverhalten unter statischer und dynamischer Belastung erheblich differieren kann, sodass die Annahme der Ratenunabhängigkeit selbst bei niedrigen homologen Temperaturen eine nicht immer zulässige Idealisierung des realen Materialver- haltens darstellt. Aber auch in vielen praktischen Anwendungen, wie z. B. der Entwicklung von Schutzkonstruktionen oder der Herstellung von metallischen Strukturen, ist die Verzer- rungsgeschwindigkeit von wesentlicher Bedeutung. Im Rahmen dieser Arbeit wird ausschließlich das Phänomen der Ratenabhängigkeit betrachtet, welches durch das Aufbringen einer dynamischen Belastung ausgelöst wird (also durch externe ratenabhängige Prozesse), wobei niedrige homologe Temperaturen vorausge- setzt werden. Für Metalle bedeutet das: homologe Temperaturen < 0,3. Für die Beschreibung des ratenabhängigen inelastischen Materialverhaltens sind zahlreiche viskoplastische Theorien entwickelt worden (u. a. Perzyna [88], [91], [92], Bodner und Partom [13], [14], Weber und Anand [115], Nishiguchi et al. [79], [80], da Silva und Ramesh [99], Brünig [18]). Diese unterscheiden sich z. B. in ihrer jeweiligen Definition des Beginns des inelastischen Fließens. Einige Theorien beinhalten analog zur Plastizitätstheorie eine Fließfunktion, d. h. die inelastischen Deformationen entstehen ab einem bestimmten Punkt. In anderen Theorien wird davon ausgegangen, dass diese Deformationen in jeder Phase der Be- und Entlastung entstehen, sobald die Spannungen von null abweichen. Damit benötigen sie keine Fließfunktion oder Be- und Entlastungskriterien. Weiterhin wird die ratenabhängige Vergleichsspannung in viskoplastischen Theorien im Allgemeinen als unabhängig vom hydrostatischen Spannungszustand betrachtet. Das in dieser Arbeit formulierte Materialmodell unterscheidet sich damit von der klassischen phänomenologischen von-Mises-Metallplastizitätstheorie, bei der Metalle als rein isochore, inelastisch nicht-volumendilatante Materialen und das inelastische Materialverhalten im Bereich niedriger homologer Temperaturen als ratenunabhängig angesehen wird. Die zuvor geschilderten Phänomene können mit der klassischen Formulierung nicht beschrieben werden. Verglichen mit der klassischen von-Mises-Plastizität ist eine umfassendere Materialmodel- lierung, in der die entsprechenden Phänomene Berücksichtigung finden, wesentlich aufwän- diger. Der damit verbundene größere Implementierungsaufwand lässt sich aber aufgrund der 1 Einleitung 4 heute vorhandenen Rechnerkapazitäten und Rechenleistungen sowie effizienter numerischer Methoden und Algorithmen bewältigen. Die numerische und programmtechnische Umsetzung dieses Modells ermöglicht eine computerorientierte Analyse von hochbeanspruchten Bauteilen und komplexen Strukturen. Hierdurch werden die Grundlagen zu realistischeren Vorhersagen von Deformations- und Versagensmechanismen solcher Strukturen verbessert. Mit diesen Erkenntnissen können einerseits Vorhersagen über die Zuverlässigkeit und Dauerhaftigkeit von Strukturen getroffen werden sowie andererseits Experimente ergänzt und teure, aufwändige Versuchsreihen ersetzt werden. 1.2 Gliederung In der vorliegenden Arbeit wird für die numerische Simulation großer elastisch-plastischer und großer elastisch-viskoplastischer Deformationen druckabhängiger Metalle ein Finite- Element-Modell entwickelt, welches Ergebnisse aus mikro- und makromechanischen experimentellen Untersuchungen in einer makroskopischen Materialformulierung berück- sichtigt. Damit lässt sich das Deformations- und Lokalisierungsverhalten von Metallen analysieren, die vom hydrostatischen Spannungszustand abhängig sind, ein unterschiedliches Verhalten im Zug- und Druckbereich sowie eine inelastische Volumendilatation aufweisen. Um diese inelastischen Deformationen simulieren zu können, ist als erstes eine phänomeno- logische Beschreibung des mechanischen Festkörperverhaltens mit Hilfe der Kontinuums- mechanik nötig. Die Beschreibung der großen Deformationen beruht dabei auf der multipli- kativen Aufspaltung des von Lehmann [59], [60] eingeführten gemischtvarianten Metrik- Transformationstensors in seinen elastischen und inelastischen Anteil (siehe auch Brünig [16]). Kapitel 2 zeigt, wie sich auf diese Weise sowohl gemischtvariante logarithmische Verzerrungstensoren als auch Verzerrungsraten definieren lassen, die additiv in einen elastischen und inelastischen Anteil zerlegt werden können. Die Formulierung der konstitutiven Gleichungen für ein ratenunabhängiges elastisch-plasti- sches und ratenabhängiges elastisch-viskoplastisches Materialmodell erfolgt in Kapitel 3, wobei nachgewiesen wird, dass das ratenunabhängige Materialverhalten als Grenzfall des ratenabhängigen Modells betrachtet werden kann. 1 Einleitung 5 Das als ratenunabhängig betrachtete isotrope elastische Materialverhalten wird mit einem hyperelastischen Stoffgesetz beschrieben, das in Abhängigkeit von dem logarithmischen elas- tischen Verzerrungstensor formuliert ist und ein verallgemeinertes Hookesches Gesetz darstellt. Der Schwerpunkt wird auf die Formulierung ratenunabhängiger und ratenabhängiger inelastischer Materialmodelle im Rahmen der Fließtheorie gelegt. Für die Beschreibung des vom hydrostatischen Spannungszustand abhängigen isotropen plastischen Materialverhaltens wird analog zu Brünig et al. [20] und Berger et al. [11] eine von der klassischen Metallplastizität abweichende makroskopische 1I - 2J - 3J -Fließbedingung benutzt, die von Spitzig et al. ([104], [105], [106]) vorgeschlagen wurde. Ebenfalls abwei- chend von der klassischen Metallplastizität wird ein nicht-assoziiertes Fließgesetz zur Bestimmung des Tensors der plastischen Verzerrungsrate verwendet. Dabei wird eine plastische Potentialfunktion benutzt, die zusätzlich von den Invarianten 1I und 3J abhängt, um die inelastische Volumendilatation beschreiben zu können. Die Formulierung des isotropen viskoplastischen Materialverhaltens geht auf einen Ansatz von Perzyna [88], [91], [92] sowie Perzyna und Wojno [94] zurück. Analog zur klassischen Plastizitätstheorie wird eine statische Fließfunktion eingeführt, die den Widerstand gegen das makroskopische inelastische Fließen repräsentiert und dessen Beginn steuert. Diese wird, wie auch die ratenabhängige Vergleichsspannung, in Abhängigkeit von 1I , 2J und 3J formuliert, um das vom hydrostatischen Spannungszustand abhängige Materialverhalten beschreiben zu können. Der Tensor der plastischen Verzerrungsrate wird über ein nicht-assoziiertes Fließge- setz ermittelt, welches ebenfalls in einer 1I - 2J - 3J -Abhängigkeit formuliert ist, um die inelastische Volumendilatation simulieren zu können. Die numerische Integration der konstitutiven Gleichungen in Kapitel 4 erfolgt analog zu Brünig et al. [20] und Berger et al. [11] mittels eines von Nemat-Nasser et al. ([32], [76], [78]) entwickelten expliziten Algorithmus, der aus einem inelastischen Prädiktor mit anschlie- ßendem elastischen Korrektor besteht und sich als effizient, akkurat und stabil erwiesen hat. Dabei ist die Herleitung dieses auf skalaren Größen basierenden Integrationsverfahrens für ratenunabhängiges elastisch-plastisches Materialverhalten als Grenzfall in der des elastisch- viskoplastischen enthalten. Nach der Rückführung auf die korrespondierenden tensoriellen Größen, wird im Anschluss der bezüglich des Integrationsverfahrens konsistente elastisch- viskoplastische Tangentenmodul hergeleitet. Durch entsprechende Grenzfallbetrachtung erhält man daraus ebenfalls den elastisch-plastischen Stoffmodul. 1 Einleitung 6 In Kapitel 5 werden einige Aspekte zur numerischen Implementierung aufgezeigt. Für die Berechnung der Komponenten des gemischtvarianten logarithmischen Verzerrungstensors werden dabei Padé-Approximationen erster und höherer Ordnung verwendet. Für die numerische Simulation der Lokalisierung werden imperfekte Proben betrachtet, sodass sich die Konzentration großer inelastischer Deformationen in lokal begrenzten Bereichen allein aus der globalen numerischen Berechnung ergibt. Unter dem Lokalisierungsbeginn wird hierbei ausschließlich der Beginn eines makroskopisch als Scherband in Erscheinung tretenden Phänomens verstanden. Die Finite-Element-Formulierung basiert auf einer Variati- onsformulierung und deren konsistenter Linearisierung, wobei hier das Prinzip der virtuellen Arbeit verwendet wird. Als finite Elemente werden Crossed-triangle-Elemente eingesetzt. Mit diesem neu entwickelten numerischen Modell lässt sich das Verhalten von Metallen, die vom hydrostatischen Spannungszustand abhängig und inelastisch volumendilatant sind, unter großen inelastischen Deformationen numerisch simulieren. Anhand systematischer numeri- scher Studien wird in Kapitel 6 der Einfluss der Materialmodellierung auf das vorhergesagte elastisch-plastische und elastisch-viskoplastische Deformations- und Lokalisierungsverhalten untersucht. Diese Untersuchungen zeigen, dass die einzelnen Materialparameter, die die Abhängigkeit des hydrostatischen Spannungszustands und der Ratenabhängigkeit des inelastischen Materialverhaltens beschreiben, einen signifikanten Einfluss auf die Simula- tionsergebnisse haben. Ihre Berücksichtigung führt zu einer deutlich verbesserten Modellqua- lität und damit zu einer zuverlässigeren Vorhersage des Deformations- und Versagensverhal- tens von Bauteilen und Strukturen unter komplexen Belastungsbedingungen. 2 Kontinuumsmechanische Grundlagen 7 2 Kontinuumsmechanische Grundlagen Das mechanische Verhalten von Körpern lässt sich mit der Kontinuumsmechanik, die eine phänomenologische Theorie darstellt, beschreiben. Im Folgenden werden die zur Beschrei- bung des elastisch-plastischen bzw. elastisch-viskoplastischen Deformationsverhaltens eines Körpers benötigten Grundlagen kurz vorgestellt, ausführliche Darstellungen finden sich z. B. bei Malvern [64], Becker und Bürger [9], Betten [12] sowie Marsden und Hughes [66]. 2.1 Kinematische Grundlagen 2.2.1 Metrik-Transformationstensoren Um große Deformationen bei elastisch-plastischem bzw. elastisch-viskoplastischem Material- verhalten beschreiben zu können, werden der von Lehmann [59], [60] eingeführte gemischt- variante Metrik-Transformationstensor und die in Abb. 2.1 dargestellten Konfigurationen benutzt. Dabei entspricht zum Zeitpunkt ot t= der unbelastete, unverformte Körper oB der Ausgangs- konfiguration mit den Metrik-Koeffizienten i j o o o i jG = ×g g , die aus den Basisvektoren i o g der unverformten Konfiguration gebildet werden. Als Momentankonfiguration wird der belastete und deformierte Körper B zum Zeitpunkt t bezeichnet, dem die aktuellen Metrik-Koeffi- zienten i ji jG = ×g g zugeordnet sind, die sich analog aus den zugehörigen Basisvektoren ig berechnen lassen. Bezüglich dieser Konfiguration werden die Erhaltungssätze formuliert. Der Metrik-Transformationstensor als kinematische Basisgröße . i i o i j ik j j k jQ G G= Ä = Ä =Q g g g g BG (2.1) besteht aus der kovarianten und kontravarianten Basis ig und jg sowie den Metrik- Koeffizienten o ikG und k jG der Ausgangs- bzw. Momentankonfiguration (siehe auch Brünig [16]). Damit entspricht Q als gemischtvariante Form dem Links-Cauchy-Green-Tensor 2 Kontinuumsmechanische Grundlagen 8 2T= =B FF V , der oft zur Beschreibung finiter Deformationen verwendet wird; V ist dabei der Links-Streck-Tensor und F der Deformationsgradient. Abbildung 2.1: Darstellung der Konfigurationen und zugehörigen Metrik-Transformationen 2.2.2 Definition der Verzerrungen und der Verzerrungsrate Mit (2.1) lässt sich der gemischtvariante logarithmische Hencky’sche Verzerrungstensor ( ) i . i.1 12 2ln ln i j i j jj Q A= = Ä = ÄA Q g g g g (2.2) als isotrope Tensorfunktion des gemischtvarianten Metrik-Transformationstensors definieren. Er ist additiv aufspaltbar in einen Deviator- und Kugelanteil 1 3dev tr ,= +A A A1 (2.3) wobei der Kugelanteil tr ln ln o dv dv J= × = =A A 1 (2.4) inQ elQ Q oB B * B ijG ° * ijG ijG 2 Kontinuumsmechanische Grundlagen 9 die wahre Volumenänderung beschreibt, da er dem Logarithmus der Jakobi-Determinante detJ = Q entspricht, während der Deviatoranteil devA die wahre Gestaltänderung wieder- gibt (siehe auch Hencky [41]). Die objektive Zeitableitung des Metrik-Transformationstensors Q, in Form der Oldroyd- Ableitung, führt zu dem unsymmetrischen Tensor i , o ik j k jG G= ÄQ g g& & (2.5) der unabhängig von der Formulierung des Verzerrungstensors A zu der symmetrischen Verzerrungsrate 1 i 1 1 2 2 ik j k jG G -= = ÄH Q Q g g& && (2.6) führt. Diese entspricht damit der objektiven Zeitableitung des Almansi-Verzerrungstensors in der gemischtvarianten Darstellung. Durch Einführen einer fiktiven spannungsfreien Konfiguration * B (siehe Abb. 2.1) – dafür werden die elastischen Deformationen unter Festhalten der internen inelastischen Variablen zurückgeführt – lassen sich die Gesamtdeformationen in einen elastischen und inelastischen Anteil zerlegen, sodass dann getrennte Materialgesetze formuliert werden können. Die Zwischenkonfiguration enthält die Metrik-Koeffizienten * * * i ji jG = ×g g , die sich aus den Basisvektoren * ig des spannungsfreien Körpers * B berechnen. Für die Aufspaltung der großen elastisch-plastischen bzw. elastisch-viskoplastischen Defor- mationen wird zunächst der Metrik-Transformationstensor – analog zur Aufteilung für große elastisch-plastische Deformationen bei Brünig [16] – multiplikativ in seinen inelastischen und elastischen Anteil zerlegt (siehe auch Lehmann [59], [60]) .in elQ = Q Q (2.7) In der Literatur wird zur Beschreibung großer Deformationen häufig der Ansatz von Lee [56] verwendet, der auf der Aufspaltung des Deformationsgradienten F in Form von el inF = F F beruht. Dabei muss allerdings die in F enthaltene Starrkörperrotation zusätzlich betrachtet werden, was bei der Aufspaltung des Metrik-Transformationstensors Q unnötig ist, da sie dort bereits von Anfang an eliminiert ist. In (2.7) beschreibt 2 Kontinuumsmechanische Grundlagen 10 * i o in ik j k jG G= ÄQ g g (2.8) die inelastische Deformation als Übergang von der Ausgangs- zur Zwischenkonfiguration und * i el ik j k jG G= ÄQ g g (2.9) die elastische Deformation als Übergang von der Zwischen- zur Momentankonfiguration, wobei in der fiktiven Konfiguration die inelastischen internen Variablen fix sind. Der logarithmische elastische Verzerrungstensor, der später für die Beschreibung des rever- siblen Materialverhaltens benötigt wird, lässt sich aus dem elastischen Metrik-Transforma- tionstensor, analog zum logarithmischen Gesamtverzerrungstensors in (2.6), mit 1 2 ln el el=A Q (2.10) berechnen. Die Rate des Metrik-Transformationstensors ergibt sich mit der multiplikativen Zerlegung aus (2.7) zu .in el in el+Q = Q Q Q Q& & & (2.11) Werden (2.7) und (2.11) in (2.6) eingesetzt, zeigt sich, dass die Gesamtverzerrungsrate additiv in einen elastischen und inelastischen Anteil aufgeteilt werden kann: 1 1 11 1 2 2 el in in el el el in el- - -= + = +H Q Q Q Q Q Q H H& && & & (2.12) mit 11 2 el el el-=H Q Q&& (2.13) und 11 2 . in in el-=H Q Q Q&& (2.14) 2.2 Bilanz- und Erhaltungssätze Im Folgenden wird nur die Bilanzgleichung der Energie als Rahmen für die Formulierung der konstitutiven Gleichungen betrachtet. Auf die Formulierung der mechanischen Erhaltungs- sätze, d. h. die Bilanzgleichungen für die Masse, den Impuls sowie den Drehimpuls, wird an 2 Kontinuumsmechanische Grundlagen 11 dieser Stelle verzichtet und ihre Gültigkeit vorausgesetzt, für weitere Details wird z. B. auf Becker und Bürger [9] verwiesen. Die zeitliche Änderung der Energie setzt sich aus der Leistung der Oberflächen- und Volu- menkräfte sowie dem durch die Oberfläche fließenden Wärmefluss q zusammen. Über die Aufspaltung der Energie in die innere Energie und Bewegungsenergie, Anwendung des Integ- ralsatzes und des Impulssatzes, erhält man, mit der Rate der spezifischen mechanischen Arbeit w& und der aktuellen Dichte r , die Rate der spezifischen inneren Energie 1 div .u w r= - q& & (2.15) Diese Gleichung wird auch als erster Hauptsatz der Thermodynamik bezeichnet. Über die in (2.15) enthaltene Rate der spezifischen mechanischen Arbeit w& werden der gemischtvariante Kirchhoff-Spannungstensor . i i j jT= ÄT g g (2.16) und die in (2.6) angegebene Verzerrungsrate H& als arbeitskonjugiertes Paar definiert owr = ×T H&& , (2.17) wobei or die Dichte des unverformten Körpers darstellt. Unter Verwendung von (2.12) erhält man die additive Aufspaltung der Rate der spezifischen mechanischen Arbeit in einen elastischen und einen inelastischen Anteil .el in el ino o ow w wr r r= + = × + ×T H T H& && & & (2.18) Dabei beschreibt elw& die Arbeit aus reversiblen Prozessen, für inw& werden nur rein dissipa- tive viskoplastische Prozesse betrachtet. Für die spezifische freie (Helmholtz-)Energie f wird ebenfalls eine additive Zerlegung in Form von el inf f f= + (2.19) angenommen. Der elastische Anteil ist dabei eine Funktion des elastischen Verzerrungsten- sors, ( )el el elf f= A , wobei vorausgesetzt wird, dass diese Verzerrungen unabhängig von den ebenfalls auftretenden inelastischen Deformationen sind. Da nur die elastischen Verzerrun- gen, nicht aber die inelastischen, eine thermodynamische Zustandsgröße darstellen, genügt 2 Kontinuumsmechanische Grundlagen 12 hier deren Definition. Für den inelastischen Anteil der spezifischen freien Energie wird vorausgesetzt, dass dieser nur von skalaren internen Zustandsvariablen abhängt, ( ),in inf f g g= & . Unter der Voraussetzung isothermer Prozesse ergibt sich der zweite Hauptsatz der Thermo- dynamik, in der Form der Clausius-Duhem Ungleichung, 0w f- ³&& (2.20) mit (2.18) und Ableitung von (2.19) zu 0 . el el in el in o oel fr r f¶× + × - × - ³ ¶ T H T H A A &&& & (2.21) Für reversible, nicht-dissipative Prozesse, gilt 0w f- =&& . Damit reduziert sich (2.21) zu 0 . el el el o el fr ¶× - × = ¶ T H A A && (2.22) Mit der Formulierung der Rate des elastischen Verzerrungstensors (2.13) folgt aus (2.22) 11 2 , el el el el el o el el fr- ¶ ¶× = × ¶ ¶ AT Q Q Q A Q & & (2.23) die wiederum die thermische Zustandsgleichung el el el el el el o el el el el f fr æ ö¶ ¶ ¶ ¶= +ç ÷¶ ¶ ¶ ¶è ø A AT Q Q A Q A Q (2.24) liefert. Nach Lehmann [59] führt die Zustandsgleichung für isotropes elastisches Materialver- halten bei Verwendung des logarithmischen elastischen Verzerrungstensor elA aus (2.10) zu , el o el fr ¶= ¶ T A (2.25) und damit folgt aus (2.22) .el el× = ×T H T A&& (2.26) Auch für den inelastischen Bereich kann die Gültigkeit von (2.22), aufgrund der enthaltenen reversiblen Prozesse, vorausgesetzt werden, womit sich die Ungleichung in (2.21) zu der Dissipationsfunktion 0r f= × - ³&& in inoD T H (2.27) 2 Kontinuumsmechanische Grundlagen 13 reduziert. Da die in (2.14) definierte inelastische Verzerrungsrate inH& in der Dissipationsfunktion (2.27) enthaltenen ist, wird die Evolutionsgleichung der inelastischen Verzerrungen mit dieser Verzerrungsrate inH& formuliert. 3 Konstitutive Gleichungen 14 3 Konstitutive Gleichungen Neben den in Kapitel 2 aufgeführten materialunabhängigen Grundgleichungen, den Feldglei- chungen, sind materialabhängige Gleichungen zur Lösung eines mechanischen Randwert- problems nötig, die eine Beziehung zwischen den kinematischen Größen und den Spannungen herstellen. Die konstitutiven Gleichungen lassen sich aufgrund der kinematischen Aufspaltung (2.12) getrennt für das elastische und inelastische Materialverhalten formulieren, wobei zwischen ratenunabhängigem und ratenabhängigem inelastischen Verhalten unterschieden wird. Die getrennten Formulierungen werden im Anschluss verknüpft, um das elastisch-plastische (ratenunabhängige) bzw. elastisch-viskoplastische (ratenabhängige) Materialverhalten beschreiben zu können. 3.1 Elastisches Materialverhalten Das durch seine vollständige Reversibilität gekennzeichnete isotrope elastische Materialver- halten wird als ratenunabhängig betrachtet und mit einem hyperelastischen Stoffgesetz beschrieben, wie z. B. bei Brünig et al. ([18], [19], [20]), Weber und Anand [115], Eterovic und Bathe [31], Peric et al. [87] oder Simo [101]. Simo [101] verwendet dabei zur Beschrei- bung großer Deformationen, ausgehend von dem Ansatz von Lee [56], den Cauchy-Green- Tensor. Weber und Anand [115], Eterovic und Bathe [31] sowie Peric et al. [87] benutzen dagegen ebenfalls den logarithmischen Hencky-Verzerrungstensor, allerdings unter Verwen- dung der multiplikativen Aufspaltung von Lee [56]. Für die makroskopische Betrachtung des elastischen Materialverhaltens wird die Existenz einer elastischen Potentialfunktion als Funktion der großen elastischen Verzerrungen voraus- gesetzt. Als elastische Potentialfunktion wird die in (2.19) enthaltene Helmholtz-Energiefunk- tion elf in Form von ( )212dev dev trel el el elo Kr f m= × +A A A (3.1) 3 Konstitutive Gleichungen 15 eingeführt, die auf eine Erweiterung des Hookeschen Gesetzes führt. Sie enthält die elasti- schen Konstanten m und K, die den Schub- bzw. Kompressionsmodul darstellen. Diese Formulierung beinhaltet die additive Aufspaltung des elastischen Hencky-Verzerrungstensors 1 3dev tr el el el= +A A A 1 (3.2) in den Deviator dev elA , der den isochoren Anteil der elastischen Verzerrung beschreibt, und in den Kugeltensor 13 tr elA 1 , wobei tr elA die elastische Volumenänderung beschreibt. Die elastischen Verzerrungen werden als unabhängig von den ebenfalls auftretenden inelastischen Verzerrungen angesehen. Mit der elastischen Potentialfunktion (3.1) folgt, dass die Beziehung (2.25) das hyperelasti- sche Stoffgesetz darstellt. Der gemischtvariante Spannungstensor ergibt sich dann aus dem hyperelastischen Stoffgesetz (2.25) zu 2 dev tr ,el elKm= +T A A 1 (3.3) wobei die Nichtlinearitäten in dem logarithmischen Verzerrungsmaß enthalten sind. Bei der Formulierung des hyperelastischen Stoffgesetzes wird vorausgesetzt, dass die Zwischenkon- figuration fix gehalten wird (d. h. const.in =Q ), da eine Änderung ansonsten zu inelastischen Deformationen führen würde, womit das elastische Materialverhalten nicht mehr unabhängig von den inelastischen Verzerrungen wäre. Der elastische Stofftensor ergibt sich dann über die Ableitung der elastischen Potentialfunk- tion (3.1) nach den elastischen Verzerrungen zu 2 2 , el o el el K fr m¶= = + Ä/ ¶ Ä ¶ 1 1 A A elC I (3.4) worin der Einheitstensor 4. Stufe ( ). . . . i13i l i l j kk j j k ld d d d= - Ä Ä Äg g g gI (3.5) und der Einheitstensor 2. Stufe 1 enthalten sind. Wie Anand [2] gezeigt hat, weisen die Ergebnisse, die sich mit dem verallgemeinerten Hookeschen Gesetz (3.3) ergeben, eine sehr gute Übereinstimmung mit Experimenten an metallischen Werkstoffen auf. 3 Konstitutive Gleichungen 16 3.2 Ratenunabhängiges inelastisches Materialverhalten 3.2.1 Experimentelle Untersuchungen bei Metallen Um eine umfassende phänomenologische Beschreibung des inelastischen Materialverhaltens zu erhalten, welches zunächst als ratenunabhängig vorausgesetzt wird, werden verschiedene dieses Verhalten beeinflussende Effekte in der Materialmodellierung berücksichtigt. Zu diesen Phänomenen gehören die Abhängigkeit des inelastischen Fließens vom hydrostati- schen Spannungszustand, das unterschiedliche Verhalten im Zug- und Druckbereich sowie die inelastische Volumendilatation. Im Rahmen dieser Arbeit werden speziell metallische Werkstoffe betrachtet. Dass auch Metalle diese Phänomene aufweisen können, zeigen sehr genaue Experimente von Spitzig et al. [105], [106] sowie Spitzig und Richmond [104] bei Eisenwerkstoffen und Aluminium, auf deren Ergebnisse in diesem Kapitel näher eingegangen wird. Die zuvor beschriebenen Phänomene finden in der klassischen von-Mises-Plastizität keine Berücksichtigung. Zudem ist die klassische Metallplastizität bei großen Verzerrungen, insbesondere der Lokalisierungs- berechnung, häufig nicht ausreichend, da sie hierfür keine zuverlässigen Ergebnisse liefert, wie z. B. auch Untersuchungen von Brünig [19] zeigen. Werden die Spannungs-Dehnungs-Kurven aus einem einaxialen Zug- und Druckversuch bei einem hochfesten Eisenwerkstoff in einem Diagramm dargestellt, ergibt sich, dass die Spannungs-Dehnungs-Kurve des Druckversuchs – bei betragsmäßig gleichen inelastischen Verzerrungen – größere Spannungswerte liefert als die des Zugversuchs, wie in Abb. 3.1 (Spitzig et al. [106]) zu sehen ist. Dies bedeutet, dass die Spannungen im Druckversuch wesentlich größer sind als die im Zugversuch. Der messbare Unterschied in beiden Kurven wird als SD-Effekt (strength differential effect) bezeichnet und lässt sich mit ( ) ( ) 2 SD c t c t s s s s - = + (3.6) beschreiben, wobei cs den Spannungswerten auf der oberen Kurve (Druck ) und ts denen auf der unteren (Zug) entsprechen. Wie man aus Abb. 3.1 erkennen kann, ist der SD-Effekt bereits beim erstmaligen Fließen vorhanden und ändert anschließend mit zunehmender inelastischer Verzerrung kaum seine Größe, was auch bei anderen untersuchten hochfesten Eisenwerkstoffen zu beobachten ist. 3 Konstitutive Gleichungen 17 Abbildung 3.1: Spannungs-Dehnungs-Kurven aus einaxialem Zug- und Druckversuch bei hochfesten Eisenwerkstoffen (Spitzig et al. [106]) In den 60er Jahren ist der SD-Effekt umfangreich untersucht worden (siehe z. B. Leslie und Sober [62], Kalish und Cohen [51], Rauch und Leslie [96] oder Chait [23]). Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass die Größe des SD-Effektes u. a. mit dem Kohlenstoffgehalt des Metalls zu- und mit zunehmender Anlasstemperatur abnimmt. Eine Zusammenstellung weiterer Stähle, die ebenfalls einen SD-Effekt aufweisen, sind bei Boyer [15] zu finden. Abb. 3.2 zeigt ebenfalls die in Abb. 3.1 dargestellten Spannungs-Dehnungs-Kurven und zusätzlich die sich aus Druckversuchen unter verschiedenen hydrostatischen Spannungszu- ständen ergebenden Spannungs-Dehnungs-Kurven von Spitzig et al. [106]. Mit zunehmendem hydrostatischen Druck steigen die Spannungs-Dehnungs-Kurven an (d. h. die Spannungs- werte steigen bei gleicher Verzerrung an), wobei das Verfestigungsverhalten selbst nicht signifikant beeinflusst wird. In Abb. 3.2 ist repräsentativ nur die zum einaxialen Zugversuch gehörende Spannungs-Dehnungs-Kurve angegeben, da sich auch in Zugversuchen mit überlagerten hydrostatischen Spannungszuständen Entsprechendes beobachten lässt. 3 Konstitutive Gleichungen 18 Abbildung 3.2: Einfluss des hydrostatischen Spannungszustands auf die Spannungs- Dehnungs-Kurven bei hochfesten Eisenwerkstoffen (Spitzig et al. [106]) In Abb. 3.3 ist der Einfluss des hydrostatischen Spannungszustands auf die anfängliche Fließspannung (bei 0,2 %iger Verzerrung) und die spätere Fließspannung (bei 1 %iger Verzerrung) im Zug- und Druckversuch (Spitzig et al. [106]) dargestellt. Es wird deutlich, dass in beiden Fällen sowohl die anfängliche als auch die spätere Fließspannung nahezu linear vom hydrostatischen Spannungszustand abhängt. Diese Abhängigkeit der Fließspannung ist also unabhängig vom Verzerrungszustand. Abb. 3.3 zeigt auch, dass die Größe des SD- Druck Zug 3 Konstitutive Gleichungen 19 Effektes kaum durch die Größe des hydrostatischen Spannungszustands beeinflusst wird, da die approximierten Linien für den Zug- und Druckversuch jeweils annähernd parallel sind. Abbildung 3.3: Einfluss des hydrostatischen Spannungszustands auf die anfängliche und spätere Fließspannung bei hochfesten Eisenwerkstoffen (Spitzig et al. [106]) Über Dichtemessungen wurde die inelastische Volumenzunahme während des inelastischen Fließens im einaxialen Zug- und Druckversuch ermittelt. Die grafische Auswertung der Versuchsdaten ist in Abb. 3.4 zu sehen. Die inelastischen Verzerrungen werden begleitet von einer irreversiblen Volumenzunahme, die zwar klein, aber dennoch teilweise messtechnisch nachweisbar ist. Die Größe der Dilatation ist im Zug- und Druckversuch annähernd gleich groß, also unabhängig vom Vorzeichen der Hauptspannungen, und im Bereich kleiner inelastischer Verzerrungen nahezu linear von den inelastischen Verzerrungen abhängig. Auch Versuche mit Aluminium weisen ähnliche Effekte auf (siehe Spitzig und Richmond [104]). 3 Konstitutive Gleichungen 20 Abbildung 3.4: Inelastische Volumenzunahme in einaxialen Zug- und Druckversuchen bei hochfesten Eisenwerkstoffen (Spitzig et al. [105]) Die experimentellen Beobachtungen bei Eisenwerkstoffen und Aluminium führen zur Annahme, dass die Zunahme der Fließspannung mit dem hydrostatischen Spannungszustand ein Resultat der Auswirkung des hydrostatischen Drucks auf den grundlegenden Fließvorgang ist, wie z. B. Versetzungsbewegungen innerhalb der Metallkristall-Mikrostruktur. Da die inelastischen Volumenzunahmen im Zug- und Druckversuch fast gleich groß sind, scheinen sie auf Versetzungen in der Kristallstruktur zu beruhen, die zu einer Änderung der Versetzungsdichte führen. Makroskopisch werden ähnliche Phänomene bei granularen Materialien beobachtet, bei denen sich die Volumenzunahme aus der Änderung des Kornge- füges von einer dichteren in eine lockerere Lagerung der Körner ergibt. 3.2.2 Plastisches Materialverhalten Das ratenunabhängige inelastische Materialverhalten, im weiteren Verlauf auch plastisch genannt ( in pl=H H& & in (2.27)), wird im Rahmen der Fließtheorie formuliert. Es ist dadurch gekennzeichnet, dass die plastischen Verzerrungen irreversibel sind und nur während des plastischen Fließens entstehen. 3 Konstitutive Gleichungen 21 3.2.2.1 Fließbedingung Um das vom hydrostatischen Spannungszustand und SD-Effekt abhängige isotrope Material- verhalten beschreiben zu können, wird folgende makroskopische 1I - 2J - 3J -Fließbedingung benutzt: 3 1 2 3 ( ) 0 .a I J b J c g+ + - = (3.7) Wie Spitzig et al. [105], [106] sowie Spitzig und Richmond [104] anhand experimenteller Untersuchungen für Eisenwerkstoffe und Aluminium gezeigt haben, werden mit dieser Fließbedingung die in Kapitel 3.2.1 dargestellten Phänomene bei metallischen Werkstoffen berücksichtigt. Dabei ist in der – gegenüber der klassischen Metallplastizität erweiterten – Fließbedingung (3.7) 1 trI = T die Spur des Spannungstensors, 2 12 dev dev= ×J T T die 2. Invariante des Spannungsdeviators und 3 det (dev )J = T die Determinante des Spannungs- deviators. Die konstitutiven Parameter a und b werden aus den zuvor gezeigten experimen- tellen Kurven abgeleitet, wobei a den Einfluss des hydrostatischen Spannungszustands beschreibt, b das unterschiedliche Zug- und Druckverhalten und c die momentane Fließspannung. Da hier ratenunabhängiges plastisches Verhalten betrachtet wird, hängt diese Fließspannung nur von einem plastischen Vergleichsdehnungsmaß g ab. Generell besteht bei Zug- und Druckversuchen mit überlagertem hydrostatischen Spannungs- zustand das Problem, eine Aussage darüber zu treffen, wie groß der jeweilige Einfluss der Invarianten 1I bzw. 3J bei der hydrostatischen Spannungszustands-Abhängigkeit ist. Bei getrennter Durchführung dieser Zug- bzw. Druckversuche kann die Abhängigkeit des inelastischen Fließens von der Invarianten 1I gezeigt werden. Nur beide Versuche zusammen können jedoch eine Abhängigkeit der Fließspannung von der Invarianten 3J aufzeigen, da – bei gleichen Werten von 1I und 2J – nur 3J im Zug- und Druckversuch unterschiedlich ist. Zur Verdeutlichung ist dazu in Abb. 3.5 (Spitzig et al. [105]) die Abhängigkeit der anfängli- chen Fließspannung vom hydrostatischen Spannungszustand bei Eisenwerkstoffen gezeigt, indem die von diesen Autoren modifizierten Invarianten 1J (mit 1 1J IA ) und 2I (mit 2 23I JA ) im Zug- und Druckversuch dargestellt sind. Die grafische Auswertung der Versuchsdaten ergibt zwei Linien mit gleicher Neigung. Hierin wird die vorhandene 1I - Abhängigkeit deutlich. Dass die Versuchsdaten nicht auf eine durchgehende Linie fallen, 3 Konstitutive Gleichungen 22 zeigt die zusätzliche Abhängigkeit des Fließens von der Invarianten 3J . Aufgrund der experimentell bestätigten 3J -Abhängigkeit und der bereits in Kapitel 3.2.1 erläuterten Versuchsergebnisse wurde die in (3.7) angegebene Fließbedingung von Spitzig et al. ([104], [105], [106]) vorgeschlagen. Abbildung 3.5: Abhängigkeit der anfänglichen Fließspannung vom hydrostatischen Spannungszustand (mit 1 1J IA und 2 23I JA (Spitzig et al. [105])) Die drei Koeffizienten a, b und c in (3.7) sind abhängig von der Größe der Verzerrung, wobei sich in experimentellen Untersuchungen [104] gezeigt hat, dass das Verhältnis a c konstant ist. Dies wird hier auch für b c angenommen, sodass sich die 1I - 2J - 3J -Fließbedingung (3.7) in modifizierter Form schreiben lässt ( )31 2 3 2 1 3( , , ) ( ) 1 0pl a bf I J J J c I Jc cg= - - - = (3.8) (siehe Brünig et al. [20] und Berger et al. [11]). Eine schematische Darstellung der zu (3.8) gehörenden Fließfläche im 3D-Spannungsraum ist in Abb. 3.6 zu sehen. Durch den 1I -Einfluss ändert sich die Größe der Querschnittsfläche 3 Konstitutive Gleichungen 23 entlang der hydrostatischen Achse. Der 3J -Einfluss führt zu einer Abweichung vom von- Mises-Kreis in der Deviatorebene in der Art, dass die konvexe Fließfläche dort im Grenzfall die Form eines Dreiecks mit abgerundeten Ecken annimmt, wie in Abb. 3.6 dargestellt. Die abgerundeten Ecken liegen aufgrund der größeren Fließspannung im Druckversuch auf den negativen Deviator-Achsen. Abbildung 3.6: Schematische Darstellung der konvexen Grenzfließfläche im 3D-Span- nungsraum Die Verwendung der Invarianten 3J zur Analyse des Verhaltens von Ingenieurwerkstoffen, die keine Geomaterialien darstellen, ist z. B. bei Gillet et al. [34] zu finden, die 3J -Modelle Deviatorebene 1 .1(dev )T 2 .2(dev )T 3 .3(dev )T Hauptspannungsraum 1 .1T 2 .2T 3 .3T 3 Konstitutive Gleichungen 24 bei Formgedächtnislegierungen vorschlagen, bei Lee und Ghosh [57], die die Notwendigkeit der Invarianten 3J im Bereich großer lokaler Verzerrungen untersucht haben, oder bei Palazzo et al. [82], die die Invariante 3J bei Plastizität und Viskoplastizität berücksichtigen. 3.2.2.2 Nicht-assoziiertes Fließgesetz Um die inelastische Volumendilatation beschreiben zu können, wird eine plastische Potential- funktion verwendet, die ebenfalls neben 2J noch die Invarianten 1I und 3J sowie die kinematischen Parameter a und b enthält 3 1 2 3 . plg I J Ja b= + + (3.9) Über das Fließgesetz ( )2 3 32 1 1dev dev dev dev 3( )2 pl pl g JJ l l b a é ù¶= = + +ê ú¶ ê úë û H T T T 1 T & && (3.10) wird die konstitutive Beziehung zwischen dem Tensor der plastischen Verzerrungsrate und dem Spannungstensor hergestellt, wobei der Proportionalitätsfaktor l& während des plasti- schen Fließens positiv ist. Da hier nur geschwindigkeitsunabhängige irreversible Deformatio- nen betrachtet werden, reduziert sich die in (2.27) angegebene inelastische Verzerrungsrate inH& zu plH& , mit der das ratenunabhängige inelastische Materialverhalten beschrieben wird. Der mittlere Klammerterm in (3.10) resultiert aus der zusätzlichen 3J -Abhängigkeit der plastischen Potentialfunktion und bildet zusammen mit dem ersten den deviatorischen Anteil der plastischen Verzerrungsrate. Der gesamte Deviator besitzt dabei nicht mehr die gleiche Richtung wie der Spannungsdeviator devT . Der letzte Klammerterm resultiert aus der 1I - Abhängigkeit in (3.9) und bildet den volumetrischen Anteil der plastischen Verzerrungsrate. Die kinematischen Parameter a und b stimmen i. d. R. nicht mit den konstitutiven Parametern a und b überein, sodass (3.10) ein nicht-assoziiertes Fließgesetz darstellt und damit von der in der klassischen Metallplastizität verwendeten Normalenregel abweicht. Die Annahme eines assoziierten Fließgesetzes würde hingegen zur Prognose inelastischer Volumenänderungen führen, die bis zu 15mal größer sein können als die in Experimenten gemessenen, wie Untersuchungen von Spitzig et al. [105] zeigen. 3 Konstitutive Gleichungen 25 3.2.3 Elastisch-plastisches Materialverhalten Mit der kinematischen Aufspaltung der Gesamtverzerrungsrate (2.12) und der Konsistenzbe- dingung (3.11), durch die sicher gestellt wird, dass die Fließbedingung auch während des weiteren plastischen Fließens für die Spannungszuwächse erfüllt ist, erfolgt eine Koppelung des zuvor getrennt beschriebenen elastischen und plastischen Materialverhaltens. Die Konsistenzbedingung kann als totales Differential der Fließbedingung (3.8) dargestellt werden 0 pl pl pl f ff c c ¶ ¶= + = ¶ ¶ T T & & & , (3.11) wobei mit den konstanten Quotienten a c und b c daraus ( ) ( )31 32 3 32 1 1dev dev dev dev 1 0 3( )2 pl a bf b a c I Jc cJJ é ù = + + × - - - =ê ú ê úë û T T T 1 T& & & (3.12) folgt. Durch Einführung eines normierten deviatorischen Spannungsrichtungs-Tensors 2 1 dev , 2J =N T (3.13) für den 1× =N N und 0× =N N& gilt, lassen sich skalare plastische Verzerrungsmaße definieren. Das isochore plastische Verzerrungsmaß ergibt sich als Projektion der plastischen Verzerrungsrate plH& (3.10) auf die Richtung des Spannungsdeviators N 3 3 2 1 . 2 2 pl iso J J g l b é ù = × = +ê ú ê úë û N H &&& (3.14) Als Abkürzung wird das skalare Verzerrungsmaß 1 Dg& eingeführt, das dem Skalarprodukt 1 2 1 1dev 22 D J g l l é ù = × =ê ú ê úë û N T& && (3.15) entspricht. Mit (3.15) lässt sich der Proportionalitätsfaktor l& durch das skalare Verzerrungs- maß 1 Dg& ausdrücken und ebenso (3.14) 3 Konstitutive Gleichungen 26 3 3 1 2 1 .Diso J J g g b æ ö = +ç ÷ç ÷è ø & & (3.16) Die Rate des plastischen Verzerrungstensors (3.10) lässt sich so mit dem Tensor der deviatori- schen Spannungsrichtung (3.13) und dem skalaren plastischen Verzerrungsmaß (3.15) darstellen 2 1 2 3 3 1 3 212 dev( ) dev tr . 2 3( ) pl D pl plJ J g b aé ù= + + = +ê úë û H N NN 1 H H 1& & && (3.17) Die isochore plastische Verzerrungsrate entspricht dabei 2 1 2 3 3 21dev 2 dev( ) 2 3( ) pl D J J g bé ù= +ê úë û H N NN& & (3.18) und die plastische Volumenänderungsrate 1tr 3 2 . pl Da g=H& & (3.19) Für die Konsistenzbedingung (3.12) wird die Ratenformulierung des Spannungstensors in Form der objektiven Zeitableitung des elastischen Stoffgesetzes (3.3) benötigt 2 dev trel elKm= +T A A 1& && . (3.20) Zusammen mit der Definition der deviatorischen Spannungsrichtung (3.13) ergibt sich die Konsistenzbedingung zu ( ) ( ) 2 2 3 3 3 1 3 21 dev( ) 2 dev tr 2 3( ) ( ) 1 0 . pl el elJf b a K J a bc I Jc c m g é ù= + + × +ê ú ë û - - - = N NN 1 A A 1& & & & (3.21) Aufgrund der Gültigkeit von (2.26) kann analog in dem obigen Skalarprodukt elA& durch elH& ersetzt werden. Weiteres Zusammenfassen liefert ( )2 31 32 3 3 42 dev( ) 3 ( ) 1 0 .3 ( ) pl elJ a bf b aK c I Jc cJ m m gé ù= + + × - - - =ê ú ë û N NN 1 H& & & (3.22) Mit der additiven Aufspaltung der Gesamtverzerrungsrate (2.12) erhält man aus (3.22) die skalare Grundgleichung 3 Konstitutive Gleichungen 27 ( ) ( )31 31 ( ) 2 ,a bI J cc c g m e g- - = -&& & (3.23) die das elastisch-plastische Materialverhalten beschreibt. Dabei setzt sich die skalare Gesamt- verzerrungsrate e& aus einem isochoren Anteil 2 2 3 3 2 2 3 dev( ) dev( )iso Jb J e é ù= + ×ê ú ë û N NN H&& (3.24) und einem volumetrischen Anteil trvole = H&& (3.25) zusammen: 3 . 2iso vol aKe e e m = +& & & (3.26) Die skalare plastische Verzerrungsrate g& wird mit dem in (3.15) eingeführten skalaren Verzerrungsmaß 1 Dg& ausgedrückt 3 3 4 1 4 3 32 4 9 91 ( ) , ( ) D J J a Kb b JJ ag g b b m é ù = + + + +ê ú ê úë û %& & (3.27) wobei die Abkürzung ( ) ( )4 12 dev dev dev dev dev devJ = ×T T T T% (3.28) verwendet wird. 3.3 Ratenabhängiges inelastisches Materialverhalten 3.3.1 Motivation In der klassischen Materialmodellierung wird angenommen, dass sich das Materialverhalten als ratenunabhängig beschreiben lässt, wobei niedrige homologe Temperaturen sowie eine statische Lastaufbringung vorausgesetzt werden. Allerdings handelt sich dabei um eine Idealisierung, die nicht in allen technischen Anwendungen zulässig ist. Generell befinden sich die Einsatzgebiete für Metalle in Temperaturbereichen, die von Raumtemperaturen (niedrige homologe Temperatur) bis über Rekristallisationstemperaturen (hohe homologe Temperatur) 3 Konstitutive Gleichungen 28 hinaus reichen können, und in Lastaufbringungs-Geschwindigkeitsbereichen, die Verfor- mungsgeschwindigkeiten von bis zu 5 -110 s erreichen können. Die Verzerrungsrate spielt dabei bereits während der Fabrikationsprozesse im Bereich niedriger homologer Temperaturen eine wesentliche Rolle, da Materialien in der Regel nicht rein statisch deformiert werden können, wie z. B. beim Walzen von Stahlprofilen, die während der Formgebung prozessbedingt mit größerer Geschwindigkeit deformiert werden. Andererseits bedingen ökonomische Aspekte bei Fabrikationsprozessen, dass die Deformati- onen so schnell wie möglich aufgebracht werden. Weiterhin gibt es bei diesen Temperaturen, die den regulären Betriebsbereich von Strukturen darstellen, auch Einsatzgebiete, in denen Materialien hohen Verzerrungsraten unterworfen sind, wie z. B. Schutzstrukturen, wo das Material Kollisionen widerstehen soll. Das Phänomen der Ratenabhängigkeit kann daher bei einer allgemeinen Materialformulie- rung, die das reale Materialverhalten möglichst genau beschreiben soll, nicht vernachlässigt werden. Vielmehr stellt die Berücksichtigung der Ratenabhängigkeit und damit die Berück- sichtigung der Zeit als wesentliche physikalische Variable eine der wichtigsten Einflussgrö- ßen überhaupt dar. Viele ratenabhängige Phänomene, die bei genügend hohen homologen Temperaturen oder bei nicht mehr statischer, sondern dynamischer Lastaufbringung auftreten, sind mit der klassischen ratenunabhängigen Metallplastizität nicht abbildbar. Die mechanischen Reaktionen eines Materials können unter statischer und dynamischer Belastung erheblich differieren. Um dies zu verdeutlichen, sind in Abb. 3.7 schematische Spannungs-Dehnungs-Kurven eines mit unterschiedlichen konstanten Verzerrungsgeschwin- digkeiten e& durchgeführten einaxialen Zugversuchs dargestellt. Wird der Zugversuch nicht statisch (mit 0e ®& ), sondern mit einer bestimmten Verzerrungsgeschwindigkeit durchge- führt, bewirkt ein zunehmendes e& einen Anstieg der Spannungs-Dehnungs-Kurve. 3 Konstitutive Gleichungen 29 Abbildung 3.7: Schematische Darstellung von Spannungs-Dehnungs-Kurven aus einaxialen Zugversuchen bei verschiedenen Verzerrungsgeschwindigkeiten ( .konste =& ) Dass fast jedes Material mehr oder weniger stark ausgeprägte geschwindigkeitsabhängige Eigenschaften besitzt, lässt sich anhand zahlreicher Versuchsergebnisse bestätigen. Bereits in der Vergangenheit sind eine Vielzahl von Experimenten u. a. von Taylor [109], Whiffin [117], Duwez und Clark [30] sowie Johnson et al. [49] bei Metallen durchgeführt worden, die zeigen, dass für das Erreichen eines bestimmten plastischen Zustands bei einer plötzlich aufgebrachten Belastung höhere Spannungen erforderlich sind als bei einer langsam aufge- brachten. Der Einfluss der Verzerrungsrate auf das Fließen bei Metallen ist ebenfalls ausführlich von Taylor [108], Clark und Duwez [25], Hauser et al. [39], Marsh und Campbell [67] u. a. untersucht worden. Sie beobachteten einen stärkeren Spannungszuwachs mit zunehmender Verzerrungsgeschwindigkeit. Dies zeigt sich am Beispiel eines kohlenstoffarmen Stahls bei Raumtemperatur, für den in Abb. 3.8 bei verschiedenen Verzerrungsgrößen die zugehörige auf den verformten Proben- querschnitt bezogene wahre Spannung für einen breiten Bereich von Verzerrungsraten e& dargestellt ist. Abb. 3.8 erhält man, indem die für verschiedene e& vorhandenen Spannungs- Dehnungs-Kurven (vgl. schematische Kurven in Abb. 3.7) bei Fließbeginn (yield point) und bei bestimmten Verzerrungswerten (z. B. 2 %iger, 4 %iger oder 8 %iger Verzerrung) zunehmendes e& s e statisch: 0e ®& 3 Konstitutive Gleichungen 30 ausgewertet werden. Die erhaltenen Spannungs-Verzerrungsraten-Wertepaare lassen sich dann in Abhängigkeit von der Verzerrungsgröße abtragen. Bei diesem Metall ist eine sehr ausgeprägte Abhängigkeit von der Deformationsgeschwindig- keit (Lastaufbringungsgeschwindigkeit) vorhanden. Die Spannung nimmt bei jeder Verzer- rungsgröße mit steigender Verzerrungsrate zu. Dabei beträgt der Anstieg zwischen einer Verzerrungsrate von 6 -110 s- und 3 -110 s- (Bereich kleiner Verzerrungsraten) ungefähr 10 %, im Bereich größerer Verzerrungsraten kann eine analoge Zunahme der Verzerrungsrate zur Verdoppelung der Spannung führen, wobei der Verfestigungszuwachs in diesem Bereich abnimmt. Das ist daran zu erkennen, dass die Zugfestigkeit (ultimate tensile strength-Kurve) nicht so stark mit der Verzerrungsrate zunimmt, wie beispielsweise die Spannung bei Fließbeginn (yield point-Kurve). Abbildung 3.8: Abhängigkeit der wahren Spannung von der Verzerrungsrate bei verschie- denen Verzerrungswerten für kohlenstoffarmen Stahl unter Raumtemperatur (Boyer [15]) Wie aus mikromechanischen Untersuchungen bekannt ist, beruht das inelastische Fließen bei polykristallinen Festkörpern auf kinetischen Prozessen. Die dabei zugrunde liegenden auf atomarer Ebene ablaufenden Vorgänge und die damit verbundene Änderung der internen Struktur führen zu makroskopischen inelastischen Deformationen. Die auftretenden 3 Konstitutive Gleichungen 31 unterschiedlichen Deformationsmechanismen hängen von der aufgebrachten Spannung, Verzerrungsrate und Temperatur ab, wobei je nach deren Größe ein dominierender Mecha- nismus vorhanden ist (siehe z. B. Frost und Ashby [33], Ashby und Jones [6], Hornbogen und Warlimont [45] oder Krempl [52]). Im Bereich niedriger homologer Temperaturen – für Metalle ist das bei homologen Tempe- raturen < 0,3 der Fall – und genügend hoher Spannungen ist beispielsweise das Versetzungs- gleiten der dominierende Verformungsvorgang. D. h. die plastischen Verformungen kristalliner Werkstoffe werden physikalisch betrachtet durch das Wandern von Versetzungen entlang ihrer Gleitebenen hervorgerufen. Versetzungen sind als mikroskopische Defekte in der Kristallstruktur vorhanden und werden von Schubspannungen, die größer sind als der Bewegungswiderstand der Versetzung, durch den Kristall bewegt. Mit zunehmender plastischer Verformung steigt die Versetzungsdichte im Kristall an und das Material verfestigt sich. Die Fortbewegung der Versetzungen erfolgt mit einer bestimmten Geschwindigkeit, sodass das plastische Fließen schon an sich ratenab- hängig ist und damit einen kinetischen Prozess darstellt. Das erste relevante Modell, welches das Phänomen des plastischen Fließens bei polykristal- linen Metallen auf der Grundlage der Versetzungstheorie beschreibt, wurde von Taylor [107] vorgeschlagen. Auf weitere Details der Versetzungstheorie, wie z. B. die verschiedenen Versetzungstypen und die Wechselwirkung zwischen den Versetzungen oder vorhandener Hindernisse (wie z. B. Ausscheidungsteilchen), wird hier nicht näher eingegangen, sondern auf die vorhandene Literatur verwiesen (z. B. Johnston und Gilman [50], Gilman [36], Asaro [5], Ashby und Jones [6], Frost und Ashby [33], Hornbogen und Warlimont [45] oder Dahl [26]). Mit steigenden Temperaturen beginnen polykristalline Werkstoffe zu kriechen, d. h. sie verformen sich stetig und dauerhaft, und zwar unter konstanten mechanischen Belastungen, die im Bereich niedriger homologer Temperaturen nicht ausreichen, um eine bleibende Verformung hervorzurufen. Bei Metallen setzt dieser kontinuierliche zeitabhängige Prozess bei homologen Temperaturen > 0,3 ein. Der Kriechvorgang lässt sich in drei Bereiche (Primär-, Sekundär- bzw. Stationär- und Tertiärbereich) mit unterschiedlichen Kriechgeschwindigkeiten einteilen. Der Stationärbe- reich, in dem die Kriechrate stationär und minimal wird, kann viele Jahre betragen und ist somit von wesentlicher Bedeutung für die Dimensionierung von Tragstrukturen. Da an dieser 3 Konstitutive Gleichungen 32 Stelle das Phänomen der Ratenabhängigkeit nur kurz vorgestellt werden soll, wird nicht näher auf die verschiedenen Kriechbereiche sowie die Beschreibung der Spannungs- und Tempera- turabhängigkeit der stationären Kriechrate eingegangen. Ausführliche Darstellungen lassen sich z. B. bei Nabarro und de Villers [71], Ilschner [48], Ashby und Jones [6] oder Hornbogen und Warlimont [45] finden. Bei dem thermisch aktivierten Versetzungskriechen, das den dominierenden Kriechmecha- nismus bei höheren Spannungen darstellt, können sich Versetzungen, die von Hindernissen in ihrer Gleitbewegung blockiert werden, auch senkrecht dazu bewegen, indem Atome unterhalb der Halbebene wegdiffundieren. Dies setzt Diffusion – die bei homologen Temperaturen > 0,3 nennenswert wird – voraus. Der Prozess, der hier hauptsächlich die Geschwindigkeit bestimmt, ist die auf atomarer Ebene stattfindende Diffusion, während die makroskopische inelastische Kriechdehnung im Wesentlichen durch das Versetzungsgleiten hervorgerufen wird. Je nach Größe der homologen Temperatur dominieren unterschiedliche Diffusionsme- chanismen (Gitterdiffusion bei höheren und Kerndiffusion bei geringeren). Auch bei sehr kleinen Spannungen, die nicht für das Versetzungskriechen ausreichen, kommt der Kriechvorgang nicht zum Stehen. Beim Diffusionskriechen werden die inelastischen Verformungen durch Kornformänderungen hervorgerufen. Der zugrunde liegende atomare Prozess ist die spannungsinduzierte Diffusion von Materie von einer Kornseite zur anderen, der gekoppelt ist mit Korngrenzengleiten. Dabei bestimmt bei hohen homologen Temperatu- ren Gitterdiffusion die Kriechrate (Nabarro-Herring-Kriechen), bei niedrigen dominiert Korngrenzendiffusion (Coble-Kriechen). Für weitere Details der Kriechmechanismen sei auf die vorhandene Literatur verwiesen (z. B. Ashby und Jones [6], Frost und Ashby [33] oder Hornbogen und Warlimont [45]). Eine Darstellung der Temperatur- und Spannungsbereiche, in denen die einzelnen Verfor- mungsmechanismen dominieren, und mit denen sich auch die interne Verzerrungsgeschwin- digkeit angeben lässt, die eine bestimmte gegebene Kombination von Temperatur und Spannung hervorrufen wird, ist bei Frost und Ashby [33] für verschiedene Materialien zu finden. Im Rahmen dieser Arbeit wird ausschließlich das Phänomen der Ratenabhängigkeit bei Metallen betrachtet, welches durch das Aufbringen einer dynamischen Belastung ausgelöst wird. Es werden nur schnell ablaufende externe ratenabhängige Prozesse berücksichtigt, 3 Konstitutive Gleichungen 33 wobei niedrige homologe Temperaturen (< 0,3) sowie genügend hohe Spannungen vorausge- setzt werden. 3.3.2 Viskoplastisches Materialverhalten 3.3.2.1 Allgemeines Im Folgenden wird für das ratenabhängige inelastische Materialverhalten auch der Begriff viskoplastisches Materialverhalten verwendet ( in vp=H H& & in (2.27)). Die zugehörigen viskoplastischen Verzerrungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie irreversibel sind. Im Gegensatz zur ratenunabhängigen Formulierung in Kapitel 3.2.2, bei der die Fließspan- nung nur von einer internen plastischen Zustandsvariablen abhängt ( )( )c c g= , wird die Fließspannung hier, um das unterschiedliche Verhalten bei statischer und dynamischer Belastung berücksichtigen zu können, in Abhängigkeit von einer internen inelastischen Zustandsvariablen und ihrer Rate definiert: ( , )c c g g= & . Für die folgende Formulierung wird angenommen, dass die Deformationen so stattfinden, dass sie als quasi-statisch behandelt werden und Beschleunigungs-Effekte vernachlässigt werden können. Weiterhin wird nur das inelastische Materialverhalten als ratenabhängig angesehen, das elastische Verhalten wie zuvor als ratenunabhängig. Eine Formulierung für ein Materialmodell, welches sowohl das elastische als auch das inelastische Materialverhalten als ratenabhängig betrachtet, ist z. B. bei Deseri und Mares [27] zu finden, wobei die separate Betrachtung des elastischen und des inelastischen Bereiches hinsichtlich der Ratenabhängigkeit von Naghdi und Murch [72] eingeführt wurde. Generelle Grundlagen für die Studie von viskoplastischen Problemen wurden schon früh von Hohenemser und Prager [44] vorgestellt. Später haben Sokolovsky [102] und Malvern [65] für den eindimensionalen Fall gezeigt, dass deren Annahmen, [44], für die Beschreibung von bestimmten dynamischen Eigenschaften bei ratenempfindlichen Materialen geeignet sein können. Eine Weiterentwicklung der Thesen von Hohenemser und Prager [44] lässt sich bei Perzyna [89], [90], [91], [92], [93] finden. 3 Konstitutive Gleichungen 34 3.3.2.2 Nicht-assoziiertes Fließgesetz und statische Fließfunktion Es wird angenommen, dass die inelastische Verzerrungsrate eine Funktion von sogenannten Überspannungen ist, die oberhalb eines statischen Grenzwertes liegen. Modelle, deren Ansätze auf solchen Überspannungen beruhen, wurden beispielsweise von Perzyna [88], [91], [92], Perzyna und Wojno [94] und auch von Krempl [53], [54] verfolgt. Der Ansatz von Perzyna [88], [91], [92] geht auf ein physikalisch begründetes nichtlineares Gesetz im Rahmen der Theorie plastischer Wellenausbreitung von Malvern [65] für den eindimensiona- len Fall zurück. Es besagt, dass die inelastische Verzerrungsrate aus der Differenz der aktuellen Spannung und der zum statischen (ratenunabhängigen) Verhalten korrespondierenden Spannung entsteht, wobei diese Differenz linear oder exponentiell eingehen kann. Anhand verschiedener Experimente wurde gezeigt, dass die sich aus diesem Ansatz ergebenden Vorhersagen in guter Übereinstimmung mit den experimentell beobach- teten sind. Untersuchungen von z. B. Simmons et al. [99] und Campbell et al. [22], zur Interpretation der von Malvern [65] aufgestellten physikalischen Gesetze im Sinne der Versetzungstheorie bei kristallinen Metallen, zeigen, dass die Theorie von Malvern [65] als Basis für die Beschrei- bung des dynamischen Verhaltens von kristallinen Metallen angewandt werden kann. Infolge der Annahme, dass das elastische Materialverhalten ratenunabhängig ist und sich das ratenabhängige Verhalten erst nach Eintreten des inelastischen Zustands manifestiert, lässt sich analog zur klassischen Plastizitätstheorie eine anfängliche statische Fließfunktion einführen. Diese entspricht damit zunächst der makroskopischen Fließbedingung des ratenun- abhängigen inelastischen Materialverhaltens. Um das in Kapitel 3.2.1 beschriebene, vom hydrostatischen Spannungszustand abhängige isotrope Materialverhalten beschreiben zu können, wird analog zu (3.7) in Kapitel 3.2.2.1 eine makroskopische 1I - 2J - 3J -Abhängigkeit für die Bestimmung der skalaren internen Zustands- variablen ( )g g verwendet 3 1 2 3 ( ) 0 .a I J b J g g+ + - = (3.29) Die Invarianten 1I , 2J und 3J sowie die konstitutiven Parameter a und b werden gemäß Kapitel 3.2.2 definiert. Dabei stellt ( )g g eine Referenzfunktion für kleine Geschwindigkeiten dar, die den gemittelten isotropen Widerstand gegen das makroskopische inelastische Fließen repräsentiert, welches sich bei polykristallinen Materialien aus dem Zusammenwirken 3 Konstitutive Gleichungen 35 verschiedener Verfestigungsmechanismen, wie z. B. Versetzungsdichte, Mischkristallverfes- tigung und Korngrößen-Einflüssen, erklären lässt. Da die zugrunde liegenden mikromechani- schen Mechanismen der Verfestigung sehr vielschichtig sind, müssten zu deren genauer Erfassung eigentlich mehrere Parameter benutzt werden, was eine mikromechanische Beschreibung zur Folge hätte. Da hier das makromechanische inelastische Verhalten beschrieben werden soll, wird zur Vereinfachung nur eine skalare interne Variable für die Charakterisierung der internen Materialstruktur benutzt. Die entsprechende Funktion ( )g g wird durch Versuchskurven, die mit einer als statisch zu betrachtenden geringen Geschwin- digkeit durchgeführt sind, numerisch approximiert. Die für die weitere Formulierung des ratenabhängigen inelastischen Materialmodells verwen- dete statische Fließfunktion F, die analog zur Fließbedingung des plastischen Modells (vgl. Kapitel 3.2.2.1) den Beginn des inelastischen Fließens steuert, erhält man über Normierung von (3.29) zu 3 1 2 3 1 2 3F( , , ) 1.( ) aI J b J I J J g g + += - (3.30) Da die inelastische Verzerrungsrate entsteht, wenn die aktuelle Spannung größer ist als die zum statischen (ratenunabhängigen) Verhalten korrespondierende Spannung, tritt viskoplasti- sches Fließen erst für 0F > ein. Das viskoplastische Fließgesetz wird mit der in der Dissipationsfunktion (2.27) enthaltenen inelastischen Verzerrungsrate inH& beschrieben, die gemäß Kapitel 3.3.2.1 vp?& entspricht. Das Fließgesetz ergibt sich damit nach dem Ansatz von Perzyna [88], [91], [92] zu ( ) . vp vp gm FF ¶= ¶ H T & (3.31) Dabei ist m ein Viskositätsparameter und ( )FF eine Funktion, die das in Versuchen beobachtete Verhalten von Metallen unter dynamischer Belastung repräsentiert und später in Kapitel 6.4.1.1 noch spezifiziert wird. In (3.31) ist mit ( )FF implizit die Annahme enthalten, dass die viskoplastische Verzerrungs- rate eine Funktion der Überspannungen oberhalb des statischen Fließkriteriums ist, wobei diese Funktion die Zunahme von vpH& gemäß eines Viskositätsgesetzes vom Maxwell-Typ erzeugt. 3 Konstitutive Gleichungen 36 Die Gültigkeit der in experimentellen Untersuchungen beobachteten inelastischen Volumen- dilatation von Metallen bei ratenunabhängigem Materialverhalten (siehe Kapitel 3.2.1) wird auch für das ratenabhängige inelastische Materialverhalten vorausgesetzt. Um die inelastische Volumendilatation beschreiben zu können, wird als viskoplastische Potentialfunktion 3 1 2 3 vpg I J Ja b= + + (3.32) gewählt, die der mathematischen Form der plastischen Potentialfunktion (3.9) entspricht. Andere viskoplastische Theorien, wie z. B. Bodner und Partom [13], [14], Weber und Anand [115] und Brünig [18], gehen davon aus, dass viskoplastisches Fließen eintritt, sobald die Spannungswerte ungleich null sind. Die elastischen und inelastischen Deformationen entstehen dabei also in jeder Phase der Be- und Entlastung, weswegen diese Modelle keine Fließfunktion besitzen. Mit (3.31) und (3.32) ergibt sich die viskoplastische Verzerrungsrate zu ( )2 3 32 1 1( ) dev dev dev dev . 3( )2 vp m F JJ F b a é ù = + +ê ú ê úë û H T T T 1& (3.33) Analog zum plastischen Fließgesetz (3.10) gilt auch hier, dass die kinematischen Parameter a und b i. d. R. nicht mit den konstitutiven Parametern a und b übereinstimmen. Das viskoplastische Fließgesetz (3.33) stellt damit ein nicht-assoziiertes Fließgesetz dar und weicht, wie bereits (3.10), von der Normalenregel ab. 3.3.3 Elastisch–viskoplastisches Materialverhalten Für die Koppelung des ratenunabhängigen elastischen und des ratenabhängigen inelastischen Materialverhaltens wird zunächst, wie bei der Formulierung des ratenunabhängigen elastisch- plastischen Materialverhaltens, eine normierte deviatorische Spannungsrichtung N nach (3.13), mit 1× =N N und 0× =N N& , eingeführt, mit der sich viskoplastische Verzerrungsmaße definieren lassen. Entsprechend erhält man das isochore viskoplastische Verzerrungsmaß als Projektion der viskoplastischen Verzerrungsrate vpH& (3.33) auf die Richtung des Spannungsdeviators 3 Konstitutive Gleichungen 37 3 3 2 1( ) . 2 2 vp iso J m F J g F b é ù = × = +ê ú ê úë û N H&& (3.34) Wird hier ebenfalls die Abkürzung 1 2 1 1( ) dev ( ) 22 D m F m F J g F F é ù = × =ê ú ê úë û N T& (3.35) eingeführt, lässt sich das Produkt aus dem Viskositätsparameter m und der Funktion ( )FF durch das skalare Verzerrungsmaß 1 Dg& ausdrücken: 1( ) 2 Dm FF g= & . Die isochore viskoplastische Vergleichsdehnungsrate (3.34) ergibt sich damit zu 3 3 1 2 1Diso J J g g b æ ö = +ç ÷ç ÷è ø & & (3.36) und der Tensor der viskoplastischen Verzerrungsrate (3.33), zusammen mit dem deviatori- schen Spannungsrichtungstensor (3.13), zu 2 1 2 3 3 1 3 212 dev( ) dev tr . 2 3( ) vp D vp vpJ J g b aé ù= + + = +ê ú ë û H N NN 1 H H 1& & && (3.37) Dabei entspricht 2 1 2 3 3 21dev 2 dev( ) 2 3( ) vp D J J g bé ù= +ê ú ë û H N NN& & (3.38) der isochoren viskoplastischen Verzerrungsrate und 1tr 3 2 vp Da g=H& & (3.39) der viskoplastischen Volumenänderungsrate. Die in den Experimenten von Spitzig et al. ([104], [105], [106]), siehe Kapitel 3.2.1, bei Metallen beobachtete Abhängigkeit vom hydrostatischen Spannungszustand führt bei ratenunabhängigem inelastischen Materialverhalten zu der makroskopischen 1I - 2J - 3J - Fließbedingung (3.7), die entsprechend für das ratenabhängige inelastische Materialverhalten als statische Fließfunktion (3.29) bzw. (3.30) verwendet wird. Es kann vorausgesetzt werden, dass Metalle auch nach dem erstmaligen viskoplastischen Fließen, wenn sich also das ratenabhängige Verhalten manifestiert, eine Abhängigkeit vom hydrostatischen Spannungszustand aufweisen. Da viskoplastisches Fließen eintritt, wenn 3 Konstitutive Gleichungen 38 0F > gilt – also die aktuelle Spannung größer ist als die zum statischen (ratenunabhängigen) Verhalten korrespondierende (vgl. Kapitel 3.3.2.2) – kann (3.30) folgendermaßen umgeformt werden: 1 2 3 ( , )F( , , ) 1 ( ) cI J J g g g g = -& , wobei 3 1 2 3( , ) .c a I J b Jg g = + +& (3.40) Damit kann die ratenabhängige Vergleichsspannung ebenfalls durch die Invarianten 1I , 2J und 3J beschrieben werden. Die konstitutiven Parameter a und b repräsentieren wie zuvor den Einfluss des hydrostatischen Spannungszustands bzw. das unterschiedliche Zug- und Druckverhalten. Für den ratenunabhängigen Fall sind a, b und c abhängig von der Verzer- rung, wobei Experimente gezeigt haben, dass das Verhältnis a c konstant ist, was in Kapitel 3.2.2.1 ebenfalls für b c angenommen wurde. Für den ratenabhängigen Fall wird vorausgesetzt, dass die Verhältnisse a c und b c weiterhin konstant bleiben. Eine alternative Darstellung der Vergleichsspannung (3.40) ist somit 2 3 1 3 1( , ) . 1 c Ja bI Jc c g g = - - & (3.41) Mit (3.30) und (3.40) erhält man die Vergleichsspannung in Abhängigkeit von der statischen Fließfunktion F und der skalaren internen Zustandsvariablen ( )g g [ ]1 2 3( , ) ( ) 1 ( , , ) ,c g F I J Jg g g= +& (3.42) wobei die statische Fließfunktion durch die Umkehrfunktion von ( )FF , die sich aus (3.35) berechnen lässt, ersetzt werden kann: 1 12( , ) ( ) 1 . D c g m gg g g F - é ùæ ö = +ê úç ÷ç ÷ê úè øë û && (3.43) Diese Darstellung der Vergleichsspannung für elastisch-viskoplastische Materialien beschreibt die explizite Abhängigkeit der Fließspannung von der Verzerrungsrate. Aus (3.43) kann man deutlich erkennen, dass die Größe der Vergleichsspannung während des inelastischen Deformationsprozesses durch Verfestigungseffekte ( ( )g g ) und Geschwindig- keitseffekte ( 1 Dg& ) bestimmt wird. 3 Konstitutive Gleichungen 39 Wie die Verzerrungsrate die Vergleichsspannung beeinflusst, hängt von der Funktion ( )FF ab. Um mit (3.43) das reale elastisch-viskoplastische Verhalten möglichst gut abbilden zu können, hat Perzyna, z. B. [93], verschiedene Funktionstypen für ( )FF anhand experimen- teller Ergebnisse entwickelt, wie in Kapitel 6.4.1.1 näher beschrieben wird. Bei anderen viskoplastischen Theorien, die keine Fließfunktion für einsetzende inelastische Deformationen zugrunde legen, findet man an dieser Stelle anstatt der Beziehung ( , )c c g g= & oft ( , )c gg g=& & , wobei c eine Vergleichsspannung und g eine skalare interne Variable darstellen. Entsprechende Funktionen für g& werden aufgrund von Arbeiten auf dem Gebiet der mikromechanischen Versetzungstheorie abgeleitet, die gezeigt haben, dass die Verset- zungsgeschwindigkeit, und damit auch die inelastische Vergleichsdehnungsrate, als Funktion der aufgebrachten Spannungen betrachtet werden kann. Im Allgemeinen wird dafür ein Potenz- oder Exponentialgesetz verwendet (siehe z. B. Bodner und Partom [13], [14], Nishiguchi et al. [79], [80], Weber und Anand [115]). Die Evolutionsgleichung der Vergleichsspannung lässt sich mit (3.41) bestimmen ( )2 33 321 3 1 1 1( , ) dev dev dev dev . 3( )21 c b aa b JJI Jc c g g é ù = + + ×ê ú - - ê úë û T T T 1 T&& & (3.44) Analog zur Formulierung des elastisch-plastischen Materialverhaltens (siehe Kapitel 3.2.3) ergibt sich mit der Ratenformulierung des elastischen Stoffgesetzes (3.20), dem deviatori- schen Spannungsrichtungs-Tensor (3.13) und der Gültigkeit von (2.26) die Evolutionsglei- chung (3.44) zu 2 2 33 31 3 4 3 1( , ) 2 dev( ) 3 . ( )1 elJc b aKa b JI Jc c g g m mé ù= + + ×ê ú- - ë û N NN 1 H&& & (3.45) Mit der additiven Aufspaltung des Tensors der Gesamtverzerrungsrate (2.12) erhält man die das elastisch-viskoplastische Materialverhalten beschreibende skalare Grundgleichung ( ) ( )31 31 ( , ) 2a bI J cc c g g m e g- - = -&& & & (3.46) mit der skalaren Gesamtverzerrungsrate 3 , 2iso vol aKe e e m = +& & & (3.47) wobei 3 Konstitutive Gleichungen 40 2 2 3 3 2 2 3 dev( ) dev( )iso Jb J e é ù= + ×ê ú ë û N NN H&& (3.48) und trvole = H&& (3.49) den isochoren bzw. volumetrischen Anteil darstellen. Die skalare viskoplastische Verzerrungsrate 3 3 4 1 4 3 32 4 9 91 ( ) ( ) D J J a Kb b JJ ag g b b m é ù = + + + +ê ú ê úë û %& & (3.50) enthält die Abkürzung 1 Dg& , (3.35), und ( ) ( )4 12 dev dev dev dev dev dev .J = ×T T T T% (3.51) Vergleicht man die Formulierung des elastisch-viskoplastischen und elastisch-plastischen Materialverhaltens, fällt auf, dass beide zur gleichen mathematischen Form der skalaren Grundgleichung führen (siehe (3.46) und (3.23)). Allerdings unterscheiden sie sich grund- sätzlich dadurch, dass sie unterschiedliche physikalische Bedeutungen besitzen, da im elastisch-viskoplastischen Fall eine explizite Zeitabhängigkeit beschrieben wird und im elastisch-plastischen nicht. Das bedeutet, dass im zeitabhängigen Fall die Vergleichsspannung c explizit von der Verzer- rungsgeschwindigkeit abhängt. Ratenunabhängigen Vorgängen genügt eine Vergleichsspan- nung, die nur von der Belastungsgeschichte abhängt, ( )c c g= in (3.23). Für die Beschreibung von ratenabhängigen Vorgängen muss die Vergleichsspannung hingegen zusätzlich noch die Zeit als unabhängige physikalische Variable enthalten, ( , )c c g g= & in (3.46). Mit (3.23) wird ein ratenunabhängiges Verhalten beschrieben, das nur von der Belastungsge- schichte abhängt, mit (3.46) dagegen ein ratenabhängiges Verhalten (elastisch ratenunabhän- gig und inelastisch ratenabhängig), das von der Belastungsgeschichte und explizit von der Zeit abhängt. Damit ändert sich die Größe der ratenunabhängigen Vergleichsspannung ( )c c g= während des Deformationsprozesses nur infolge der Verfestigung des Materials, während sich die ratenabhängige Vergleichsspannung ( , )c c g g= & infolge der Verfestigung des Materials und unter dem Einfluss des Verzerrungsraten-Effektes ändert. 3 Konstitutive Gleichungen 41 Allerdings lässt sich zeigen, dass das ratenunabhängige elastisch-plastische Materialverhalten als Grenzfall in der vorliegenden Formulierung des elastisch-viskoplastischen Materialver- haltens enthalten ist. Betrachtet man den Grenzfall m ® ¥ , was aus physikalischer Sicht äquivalent mit der Eliminierung des Geschwindigkeitseffektes ist, reduziert sich die Vergleichsspannung (3.43) zu ( , ) ( )c gg g g=& bzw. für die statische Fließfunktion (3.30) gilt 0F = . Bezogen auf die in Kapitel 3.2.2 für das ratenunabhängige inelastische Materialverhalten verwendeten Bezeichnungen bedeutet dies, dass für ( , ) ( ) ( )m c g cg g g g® ¥ =& A in (3.7) und 0 0plF f= =A in (3.8) gilt, wodurch sich schließlich auch die skalare Grundgleichung des elastisch-viskoplastischen Materialverhaltens (3.46) auf die des elastisch-plastischen Verhaltens (3.23) reduziert. Eine ausführliche Herleitung des in dieser Theorie für m ® ¥ enthaltenen Grenzfalls der plastischen Fließtheorie für isotrope und anisotrope Verfestigung ist bei Perzyna und Wojno [94] zu finden. 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 42 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 4.1 Allgemeines Da die bislang hergeleiteten Gleichungen nicht mehr analytisch, sondern nur noch numerisch gelöst werden können, sind zur Lösung für die in Ratenformulierung vorhandenen konstitutiven Gleichungen effiziente numerische Integrationsalgorithmen erforderlich. Die Forderung nach effizienten und stabilen Integrationsalgorithmen hat zur Entwicklung von zahlreichen expliziten und impliziten Algorithmen geführt. Unter den einfach zu handhabenden expliziten Integrationsalgorithmen kann die Einschritt- Euler-Integration (Zienkiewicz und Cormeau [120]) als das einfachste Verfahren angesehen werden, welches allerdings aufgrund der numerischen Stabilitätsanforderungen sehr kleine Schrittweiten erfordert. Weitere modifizierte Verfahren, die auf der Vorwärts-Gradienten-Methode basieren, sind z. B. bei Argyris et al. [4] oder Peirce et al. [85] zu finden. Um eine verbesserte numerische Stabilität bei großen Inkrementen zu erhalten, wird dort für die Annäherung eine linearisierte Taylorreihenentwicklung benutzt. Aber auch diese Verfahren führen zu Ungenauigkeiten und Instabilitäten, wenn bei großen Intervallen starke Änderungen in den Zustandsgrößen auftreten. Eine andere Möglichkeit stellen die impliziten Integrationsalgorithmen dar. Um eine genaue Lösung bei großen Inkrementen zu erhalten, wird dabei die nichtlineare Spannungs- Dehnungs-Beziehung iterativ am Ende des Intervalls gelöst. Die Iterationen werden im Gegensatz zu expliziten Verfahren, die keine iterative Lösung verlangen und direkt ausführ- bar sind, bei impliziten Integrationsverfahren aufgrund der Abhängigkeit von den gesuchten Größen erforderlich. Einen häufig verwendeten impliziten Integrationsalgorithmus stellt das von Wilkins [118] vorgeschlagene und von Krieg und Krieg [55] erweiterte Radial-return-Verfahren dar, welches ein Spezialfall der Euler-Rückwärts-Verfahren für klassische ratenunabhängige Plastizität ist. Es basiert auf einem elastischen Prädiktorschritt und einem anschließenden plastischen Korrektorschritt (siehe z. B. Lush et al. [63], Taylor und Becker [110], Müller- Hoeppe und Wriggers [70], Peric [86] sowie Auricchio und Taylor [7]). 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 43 In dieser Arbeit wird ein für elastisch-plastisches und elastisch-viskoplastisches Materialver- halten hergeleitetes explizites Verfahren verwendet, das von Nemat-Nasser und Chung [76] entwickelt und von Nemat-Nasser und Li [78] sowie Fotiu und Nemat-Nasser [32] erweitert wurde. Dieses Verfahren basiert auf der experimentellen Beobachtung, dass für duktile Metalle bei großen elastisch-plastischen bzw. großen elastisch-viskoplastischen Deformatio- nen der inelastische Deformationszuwachs groß gegenüber dem elastischen Zuwachs ist. Aus diesem Grund wird in diesem Algorithmus zuerst ein inelastischer Prädiktorschritt und anschließend ein elastischer Korrektorschritt durchgeführt. Dieser stabile und effiziente Integrationsalgorithmus wurde bereits von Brünig [19], Brünig et al. [20] und Berger et al. [11] für druckabhängige Metalle unter großen elastisch-plastischen Deformationen bei Verwendung einer 1I - 2J - bzw. 1I - 2J - 3J -Fließbedingung, von Speier [103] für Metalle bei Verwendung einer Gurson-Fließbedingung sowie von Brünig [18] bei elastisch-viskoplastischem Materialverhalten angewandt. Wie bereits in Kapitel 3.3.3 erwähnt, beinhaltet die skalare Grundgleichung (3.46), die das elastisch-viskoplastische Materialverhalten beschreibt, als Grenzfall auch die skalare Grund- gleichung (3.23), durch die das ratenunabhängige elastisch-plastische Verhalten beschrieben wird. Aus diesem Grund wird im Folgenden nur die Integration der skalaren Grundgleichung (3.46) für das ratenabhängige Materialverhalten detailliert beschrieben, da sich die Integration der skalaren Grundgleichung für das ratenunabhängige Verhalten durch eine entsprechende Grenzfall-Betrachtung ableiten lässt. Die Bezeichnungen der Formelgrößen werden deshalb so wie im Kapitel 3.3 eingeführt verwendet. Um zu verdeutlichen, dass die Herleitung für Ratenabhängigkeit und -unabhängigkeit gilt, wird im Folgenden der Begriff elastisch- (visko)plastisch verwendet, der für elastisch-plastisch und elastisch-viskoplastisch steht. 4.2 Integration der skalaren Grundgleichung Bei der numerischen Simulation von großen elastisch-(visko)plastischen Deformationen mittels einer auf Verschiebungsformulierung basierenden Finite-Element-Methode werden die diskreten Gleichgewichtsgleichungen in jedem Iterationsschritt gelöst. Über die sich daraus ergebenden inkrementellen Verschiebungen können die aktuellen Metriken und 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 44 Metrik-Transformationen zum Zeitpunkt 1nt t t+ = + D berechnet werden. Damit lassen sich die aktuellen Spannungen und elastischen Metrik-Transformationstensoren bzw. elastischen Verzerrungen für jeden Integrationspunkt zum Zeitpunkt 1nt + abschätzen. Zum Zeitpunkt nt t= sind die Spannungen, elastischen Verzerrungen und internen inelasti- schen Zustandsvariablen bekannt, sodass über die Integration der konstitutiven Gleichungen im Inkrement 1n nt tq +£ £ aus den bekannten Grundzustandsgrößen zum Zeitpunkt nt und dem bekannten Metrik-Transformationstensor ( )t t+ DQ zum Zeitpunkt 1nt + die restlichen Zustandsgrößen ermittelt werden können. Für die Integration der Vergleichsspannung c wird die skalare Grundgleichung (3.46) mit dem Verfahren des (visko)plastischen Prädiktors und elastischen Korrektors nach Nemat-Nasser et al. ([32], [76], [78]) verwendet. Zunächst führt die Mittelpunktsintegration von (3.46) über das Zeitintervall [ ]t;t tq Î + D , unter Berücksichtigung der konstanten Verhältnisse von a c und b c , zu 3 1 3 1 ˆ ˆ1 ( ) ( ) , 2 a bI t J t cc c e gm é ù- - D = D - Dë û (4.1) wobei die Werte zum Zeitpunkt tˆ die Mittelwerte in dem Zeitintervall von t bis t t+ D darstellen. Das enthaltene Inkrement der Vergleichsspannung errechnet sich aus ( ) ( )c c t t c tD = + D - . Das skalare Gesamtverzerrungsinkrement ergibt sich aus Integration von (3.47) ˆ3 ( ) ˆ( ) 2iso vol a t K t te e e e m D = D + D = D& (4.2) mit der Integration des isochoren Anteils (3.48) 2 2/3 3 2 2 3 ˆdev( ) ( ) ( ) t t iso iso t Jb d t t J e q e +D é ùD = + × = Dê ú ë ûò N NN H& & (4.3) und des volumetrischen Anteils (3.49) ˆ( ) t t vol vol t d t te q e +D D = × = Dò 1 H& & . (4.4) 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 45 Das skalare (visko)plastische Verzerrungsinkrement folgt entsprechend aus der Integration von (3.50) 3 3 4 1 4/3 32 ˆ ˆ ˆ ˆ( ) ( ) 9 ( ) ( )ˆ ˆ ˆ ˆ1 ( ( ) ( )) ( ) ( ) .ˆ( ( ))ˆ( ) 4 9 D J t J t a t tb t t b t t K J tJ t ag g b b m é ù D = D + + + +ê ú ê úë û % (4.5) Die tˆ -Größen stellen auch hier die Mittelwerte im Intervall [ ]t;t t+ D dar. Der hier angewandte Integrationsalgorithmus des (visko)plastischen Prädiktors und elasti- schen Korrektors nutzt die Tatsache aus, dass duktile Metalle im Bereich großer elastisch- (visko)plastischer Deformationen einen (visko)plastischen Deformationszuwachs besitzen, der groß ist gegenüber dem Zuwachs an elastischen Deformationen. Deswegen wird im anfänglichen (visko)plastischen Prädiktorschritt, der den Ausgangsschritt dieses Verfahrens darstellt, angenommen, dass der gesamte Verzerrungszuwachs im Inkrementschritt t bis t t+ D rein (visko)plastisch ist. D. h. es wird angenommen, dass die Gesamtverzerrungsrate prg e= && (4.6) und das Gesamtverzerrungsinkrement ˆ( )pr pr t tg g eD = D = D& (4.7) in diesem Inkrementschritt rein (visko)plastisch sind. Damit lautet die Prädiktorgröße der (visko)plastischen Vergleichsdehnung am Inkrementende ˆ( ) ( ) ( )pr prt t t t tg g g+ D = + D& mit der zugehörigen Prädiktorgröße der Vergleichsspannung am Inkrementende ( )ˆ( ) ( ) ( ) .pr pr prc t t c t , tg g g+ D = + D & (4.8) Bei Ratenunabhängigkeit, also elastisch-plastischen Deformationen, reduziert sich die Prädiktorgröße der Vergleichsspannung (4.8) entsprechend: ( )( ) ( )pr prc t t c tg g+ D = + D . Für den ratenunabhängigen Fall folgt die Prädiktor-Vergleichsspannung aus der Auswertung des Verfestigungsgesetzes, für den ratenabhängigen Fall aus der Auswertung des Verfesti- gungsgesetzes der internen Zustandsvariable ( )g g und des Gesetzes 1( )F g- & (siehe (3.43)), welches das Verhalten unter dynamischer Belastung repräsentiert. 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 46 Die Prädiktor-Vergleichsspannung am Inkrementende (4.8) lässt sich aus einer Taylorreihen- entwicklung berechnen, wobei hier eine linearisierte Taylorreihenentwicklung benutzt wird, bei der Terme höherer Ordnung vernachlässigt werden ( , ) ( , ) ˆ( ) ( ) ( ) .pr pr prc cc t t c t tg g g gg g g g ¶ ¶+ D = + D + ¶ ¶ & & && (4.9) Bei Ratenunabhängigkeit entfällt aufgrund von ( )c c g= der letzte Term. Die oben getroffenen Annahmen (4.6) bzw. (4.7) führen sowohl zu einer zu großen (visko)plastischen Vergleichsdehnung g als auch zu einer zu großen Vergleichsspannung c am Inkrementende. Dieser Fehler wird durch den elastischen Korrektorschritt, der den zweiten Schritt dieses Verfahrens darstellt, korrigiert, und zwar die Vergleichsspannung um das Inkrement er cD und die (visko)plastische Vergleichsdehnung um das Inkrement er gD . Der jeweilige Fehler in den Endwerten im Intervall [ ]t;t tq Î + D beträgt 3 1 3 1( ) ( ) ( ) 1 ( ) 2 pr er a bI J cc cg q g q g q qm é ù= - = - -ë û& & & & (4.10) bzw. ˆ( ) , t t er er er t d t tg g q g +D D = = Dò & & (4.11) wobei ˆ( )er tg& dem Mittelwert im Intervall t bis t t+ D entspricht, und ( ) ( ) .prer c c t t c t tD = + D - + D (4.12) Dieser Fehler wird näherungsweise durch den Fehler in der (visko)plastischen Vergleichsdeh- nung über die Beziehung ( , ) ( , ) ˆ( )er er er c cc tg g g gg g g g ¶ ¶D @ D + ¶ ¶ & & && (4.13) ermittelt. Die partiellen Ableitungen cg ¶ ¶ und c g ¶ ¶ & werden jeweils am Inkrementende t t+ D durch die Prädiktorgrößen ausgewertet. Der letzte Term in (4.13) ergibt sich aus der Ratenab- hängigkeit von ( , )c c g g= & und ist im ratenunabhängigen Fall für ( )c c g= nicht vorhanden. Die Integration von (4.10) mit (4.11) liefert 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 47 3 1 3 2 . ˆ ˆ1 ( ) ( ) erc a bI t J tc c m gD = D - - (4.14) Gleichzeitig lässt sich das Inkrement der Vergleichsdehnung auch mit (4.12) ( ) ( )pr erc c t t c c tD = + D - D - (4.15) ausdrücken. Wird für den Fehler der Vergleichsspannung er cD seine Abschätzung (4.13) benutzt und anschließend (4.14) und (4.15) gleichgesetzt, ergibt sich die Bestimmungsglei- chung für den Fehler des (visko)plastischen Vergleichsdehnungsinkrements 3 1 3 2 ( , ) 1 ( , ) ( ) ( ) . ˆ ˆ1 ( ) ( ) pr er c c c t t c ta b tI t J tc c m g g g gg g g é ù¶ ¶D + + = + D -ê ú¶ D ¶- -ê úë û & & & (4.16) Die Gleichung (4.16) stellt für er gD keine Differentialgleichung, sondern eine algebraische Gleichung dar, die direkt nach er gD aufgelöst werden kann. Mit der Verwendung des (visko)plastischen Prädiktors und elastischen Korrektors nach Nemat-Nasser et al. ([32], [76], [78]) erhält man nicht nur einen stabilen, genauen und effizienten Integrationsalgorithmus, der im Gegensatz zu vielen anderen Verfahren auf skalaren und nicht auf tensoriellen Größen basiert, sondern auch eine leicht zu lösende algebraische Gleichung. Häufig verwendete alternative Verfahren, wie z. B. das für die Behandlung auf viskoplasti- sche Probleme modifizierte Radial-return-Verfahren (vgl. Lush et al. [63], Taylor und Becker [110] oder Auricchio und Taylor [7]), haben diesen Vorteil nicht, da sie u. a. die Lösung von partiellen Differentialgleichungen voraussetzen, die ihrerseits wieder zu numerischen Schwierigkeiten führen können. Bei ratenunabhängigem Materialverhalten fehlt aufgrund von 0cg ¶ =¶ & der letzte Klammerterm in (4.16) und man erhält die Bestimmungsgleichung für er gD aus Brünig et al. [20] und Berger et al. [11]. Mit Auflösung von (4.16) nach er gD und Berücksichtigung von (4.11), folgt der Fehler des (visko)plastischen Vergleichsdehnungsinkrements ( ) 1 3 1 3 2 ( , ) 1 ( , )ˆ( ) ( ) ( ) . ˆ ˆ1 ( ) ( ) pr er c ct t c t t c ta b tI t J tc c m g g g gg g g -é ù¶ ¶D = + + + D -ê ú ¶ D ¶- -ê úë û & && & (4.17) 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 48 Die aktuellen Größen der Vergleichsspannung und der Vergleichsdehnung am Inkrementende ergeben sich mit (4.17) aus (4.14) 3 1 3 2 ˆ( ) ( ) ( ) ˆ ˆ1 ( ) ( ) erc t t c t t ta bI t J tc c m g+ D = + D - - & (4.18) bzw. aus (4.10) ( )ˆ ˆ( ) ( )pr ert t tg g gD = - D& & (4.19) und damit zu ( ) ( ) .t t tg g g+ D = + D (4.20) Wie bei Nemat-Nasser und Chung [76] begründet und ausgeführt, müssen für das gewählte Zeitinkrement tD gewisse Grenzen eingehalten werden. Diese werden aus dem Argument hergeleitet, dass für anhaltendes (visko)plastisches Fließen das Inkrement der (visko)plastischen Vergleichsdehnung gD positiv sein muss. Damit ergibt sich aus [76] mit (4.19) unter Verwendung von (4.17) für das Zeitinkrement tD folgende Bedingung 3 1 3 ( , ) ˆ( ) ( ) ( ) , 2 ( , )ˆ( ) ˆ ˆ1 ( ) ( ) pr pr pr cc t t c t t t ct a bI t J tc c g g g g m g gg g ¶+ D - - ¶D > é ù¶+ê ú¶- -ê úë û & && && (4.21) was bei den numerischen Berechnungen (Kapitel 6) berücksichtigt ist. Das Inkrement 1 DgD lässt sich anschließend mit dem (visko)plastischen Vergleichsdeh- nungsinkrement aus (4.5) berechnen 1 3 3 4 1 4 /3 32 ˆ ˆ ˆ ˆ( ) ( ) 9 ( ) ( )4ˆ ˆ ˆ ˆ1 ( ( ) ( )) ( ) ( ) .9 ˆ( ( ))ˆ( ) D J t J t a t tb t t b t t K J tJ t ag g b b m -é ù D = D + + + +ê ú ê úë û % (4.22) 4.3 Rückrechnung auf tensorielle Größen Nachdem die Integration der skalaren Parameter in Kapitel 4.2 abgeschlossen ist, folgt nun mit deren Hilfe unter Verwendung der zuvor aufgestellten Grundgleichungen die Rückfüh- rung auf die aktuellen tensoriellen Größen am Inkrementende. 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 49 An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass im Folgenden die bereits in Kapitel 3.3 eingeführten Bezeichnungen für Formelgrößen und der in Kapitel 4.1 definierte Begriff elastisch-(visko)plastisch verwendet werden. Den Ausgangsschritt für die Rückrechnung auf tensorielle Größen stellt die Integration des Fließgesetzes (3.37) bzw. (3.17) dar. Der Tensor des (visko)plastischen Verzerrungsinkre- ments 1 3dev( ) tr( ) vp vp vpD = D + DH H H 1 (4.23) setzt sich aus dem deviatorischen (visko)plastischen Verzerrungsinkrement 2 1 2 3 3 ˆ2 ( )1 ˆ ˆ ˆ ˆdev( ) 2 ( ) ( ) dev( ( ) ( ))ˆ2 3( ( )) vp D J tt t t t J t g bé ùD = D +ê ú ë û H N N N (4.24) und dem Inkrement der (visko)plastischen Volumendilatation 1 ˆtr( ) 3 2 ( )vp Dta gD = DH (4.25) zusammen, die beide das (visko)plastische Vergleichsdehnungsinkrement 1 DgD aus (4.22) enthalten. Da auch hier die Mittelpunktsintegration verwendet wird, stehen tˆ -Größen für die jeweiligen Mittelwerte im Inkrement [ ]t;t tq Î + D . Für den normierten deviatorischen Spannungsrichtungstensor wird der Mittelwert gemäß ( )12ˆ( ) ( ) ( )t t t t= + D +N N N (4.26) berechnet. Konnte man bei der Integration der skalaren Grundgleichung in den aufgestellten Gleichun- gen noch direkt den Einfluss der zusätzlichen Berücksichtigung der Ratenabhängigkeit sehen, ist das hier nicht mehr der Fall, da die Fließgesetze nach Einführung der deviatorischen Spannungsrichtung und der skalaren Verzerrungsmaße die gleiche mathematische Form besitzen (siehe (3.17) und (3.37)). Zur Bestimmung der aktuellen deviatorischen Spannungsrichtung ( )t t+ DN wird die inkrementelle Formulierung des elastischen Stoffgesetzes (3.3) benötigt, wobei hier nur der deviatorische Anteil interessiert dev( ) dev ( ) dev ( ) 2 dev( ) .elt t t mD = + D - = DT T T A (4.27) 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 50 Da aus experimentellen Beobachtungen bei Metallen bekannt ist, dass im Bereich großer elastisch-(visko)plastischer Deformationen der elastische Inkrementanteil vergleichsweise klein ist gegenüber dem inelastischen, wird für die Berechnung der aktuellen Spannungsrich- tung angenommen, dass dev( ) dev( )el elD DA H; . Damit wird aus (4.27) dev( ) dev ( ) dev ( ) 2 dev( ) ,elt t t mD = + D - DT T T H; (4.28) wobei analog zu (2.12) dev( ) dev( ) dev( )el vpD = D - DH H H (4.29) gilt. Mit (4.29), (4.24) und (3.13) folgt dann aus (4.28) als Bestimmungsgleichung für die aktuelle Spannungsrichtung ( )2 1 1 2 1 ˆ ˆ ˆ ˆ2 dev( ) 2 ( ) ( ) 2 2 ( ) ( )dev( ( ) ( )) ( ) , 2 ( ) D D D J t t t J t t t t t J t t m m g m g b m g D + - D - D + D = + D + D H N N N N (4.30) wobei 2 2 /3 3 ˆ2 ( )ˆ( ) ˆ3( ( )) J tJ t J t = (4.31) ist. Wegen (4.26) handelt es sich bei (4.30) um eine nichtlineare Gleichung, die numerisch, z. B. mit dem Newton-Verfahren, gelöst werden kann. Das elastische Verzerrungsinkrement el vpD = D - DH H H (4.32) führt zusammen mit der Integration von elQ& über das Zeitinkrement [ ]t;t tq Î + D ( ) ( ) t t el el el t d t t tq +D = + D -ò Q Q Q& (4.33) und der Mittelpunktsintegration von (2.13) über das gleiche Zeitinkrement zu ( )( ) ( ) ( ) ( ) .el el el el elt t t t t t+ D - = + D + DQ Q Q Q H (4.34) Aus (4.34) folgt dann der elastische Anteil des Metrik-Transformationstensors am Inkrement- ende ( )( ) 1( ) ( )el el el elt t t -+ D = + D - DQ Q 1 H 1 H (4.35) 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 51 und mit (2.7) der aktuelle (visko)plastische Anteil des Metrik-Transformationstensors 1( ) ( ) ( ) .vp elt t t t t t-+ D = + D + DQ Q Q (4.36) Mit (4.35) kann der aktuelle logarithmische elastische Verzerrungstensor ( )el t t+ DA über (2.10) berechnet werden und mit dem hyperelastischen Stoffgesetz (3.3) der aktuelle Span- nungstensor ( )t t+ DT . 4.4 Formulierung des elastisch-(visko)plastischen Stoffmoduls Für die spätere numerische Simulation des elastisch-(visko)plastischen Materialverhaltens mittels Finite-Element-Methode wird der elastisch-(visko)plastische Stoffmodul vp/C für die Formulierung der tangentialen Steifigkeitsmatrix, wie in Kapitel 5.2 zu sehen ist, benötigt. Der Tangentenmodul berechnet sich gemäß . . dd( ) d d i jvp j k i lk lt t t t T t t H+D +D + D = = Ä Ä Ä/ T g g g g H C , (4.37) wobei er am Ende des betrachteten Inkrements ausgewertet wird, um einen Ausgangswert für das folgende Inkrement zu erhalten. Das Differential der Spannungen lässt sich mit dem elastischen Stoffmodul (3.4) über die differentielle Formulierung des elastischen Stoffgesetzes (3.3) ausdrücken. Für die Berech- nung des darin enthaltenen Differentials der elastischen Verzerrungen d elA wird eine Darstellung in Abhängigkeit vom Differential der inelastischen Verzerrungen benötigt. Da nur die additive Aufspaltung des Tensors der Gesamtverzerrungsrate H& in seinen elastischen und inelastischen Anteil mit (2.12) bekannt ist, wird als Näherung das Differential der Spannungen mit dem elastischen Verzerrungsdifferential d elH berechnet. Da der Stoffmodul vp/C nur als Anfangswert für die Lösung des nichtlinearen Randwertproblems mittels Newton- Verfahren benötigt wird, kann diese Näherung als hinreichend genau angesehen werden. Für das Differential der Spannungen gilt dann d ( ) d ( ) d ( ) ,el el el elt t t t t t+ D = + D @ + D/ /T A HC C (4.38) wobei aus der differentiellen Form von (2.12) mit d ( ) d ( ) d dvp vp vp vpt t t+ D = + D = DH H H H das elastische Verzerrungsdifferential 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 52 d ( ) d ( ) del vpt t t t+ D = + D - DH H H (4.39) lautet. Das (visko)plastische Verzerrungsinkrement vpDH ergibt sich aus der Integration des Fließgesetzes, wie in (4.23) bis (4.25) angegeben. Das zugehörige Differential entspricht damit 2 1 2/3 3 2 1 2 /3 3 ˆ1 2 ( )ˆ ˆ ˆ ˆ ˆd 2 d ( ) ( ) dev( ( ) ( )) ( )ˆ3( ( ))2 ˆ1 2 ( )ˆ ˆ ˆ ˆ2 d ( ) ( ) d dev( ( ) ( ) .ˆ3( ( ))2 vp D D J tt t t t t J t J tt t t t J t g b a g b é ùD = D + +ê ú ë û é ùé ù+ D +ê úë ûë û H N N N 1 N N N (4.40) Die tˆ -Größen folgen aus der Mittelpunktsintegration des Fließgesetzes. Mit (4.26) gilt 1 2 ˆd ( ) d ( )t t t= + DN N und 1 1 2 2 ˆ ˆ ˆ ˆd dev( ( ) ( )) d ( ) ( ) ( )d ( ) ,t t t t t t t té ù = + D + + Dë ûN N N N N N (4.41) wobei im Folgenden auf die explizite Angabe von t t+ D verzichtet und stattdessen vereinbart wird, dass alle Terme, die nicht besonders gekennzeichnet sind, an der Stelle t t+ D ausge- wertet werden. Aus der Definition des deviatorischen Spannungsrichtungstensors (3.13) wird 23 /2 2 2 1 1d dev d d(dev ) , (2 ) 2 J J J = - +N T T (4.42) woraus sich mit 2d dev dJ = ×T T (4.43) das Differential (4.42) zusammen mit dem Einheitstensor 4. Stufe I (3.5) auch als 2 2 1 1d d d 2 2J J æ ö = - Ä +ç ÷ç ÷è ø N N N T TI (4.44) darstellen lässt. Das Differential 1d DgD in (4.40) erhält man aus der differentiellen Evolutionsgleichung der Vergleichsspannung 2 /33 321 3 1 1 1d ( , ) dev dev(dev dev ) d . 3( )21 c b aa b JJI Jc c g g é ù = + + ×ê ú - - ê úë û T T T 1 T& (4.45) 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 53 Zusammen mit dem differentiellen elastischen Stoffgesetz (3.3) d 2 d(dev ) tr(d ) ,el elKm= +T A A 1 (4.46) dem deviatorischen Spannungsrichtungstensor (3.13), der differentiellen Form von (2.26) und der additiven Aufspaltung des Gesamtverzerrungsdifferentials lässt sich die differentielle Vergleichsspannung (4.45) in folgender Form angeben 3 1 3 2d ( , ) (d d ) . 1 c a bI Jc c mg g e g= - - - & (4.47) Dabei ist das Differential 3d d d 2iso vol aKe e e m = + (4.48) mit 2 2 /3 3 2 2 3d dev( ) d( )iso Jb J e é ù= + ×ê ú ë û N NN H& (4.49) und d tr(d )vole = H& . (4.50) Das Differential dg entspricht wegen d dg g= D (vgl. (4.20)) 3 3 4 1 4/3 32 4 9 9d d 1 ( ) , ( ) D J J a Kb b JJ ag g b b m é ù D = D + + + +ê ú ê úë û % (4.51) mit 4J% nach (3.51). Gemäß (4.10) lässt sich das Differential des skalaren (visko)plastischen Verzerrungsinkre- ments aus der Differenz der differentiellen Prädiktorgröße d prgD und der differentiellen Korrektorgröße d er gD berechnen. Aus (4.11) bis (4.16) ergibt sich das differentielle Korrektorinkrement 1 3 1 3 2 ( , ) 1 ( , )d d , 1 pr er c cc a b tI Jc c m g g g gg g g -é ù¶ ¶D = + +ê ú¶ D ¶- -ê úë û & & & (4.52) wobei das Differential der Prädiktorspannung 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 54 ( , ) 1 ( , )d dpr prc cc t g g g g g g g é ù¶ ¶= + Dê ú¶ D ¶ë û & & & (4.53) enthalten ist. Mit (4.48), (4.49), (4.50), (4.52) und (4.53) erhält man das Differential des skalaren (visko)plastischen Verzerrungsinkrements ( ) 1 3 1 3 2 2 3 3 ( , ) 1 ( , )d 2 1 42 d dev( ) d 3 d ,3 ( ) c c a bI Jc ct Jb aK J g g g gg m g g m m -é ùæ ö¶ ¶D = + + - -ê úç ÷¶ D ¶è øë û æ ö× + × + ×ç ÷ è ø N H NN H 1 H & & & (4.54) wodurch sich das Differential 1d DgD aus (4.51) bestimmen lässt 1 3 3 4 1 4 /3 32 4 9 9d d 1 ( ) . ( ) D J J a Kb b JJ ag g b b m -é ù D = D + + + +ê ú ê úë û % (4.55) Einsetzen von (4.41), (4.44), (4.54) und (4.55) in (4.40) liefert den Tensor des (visko)plastischen Verzerrungsdifferentials in Form von ( ) 2 2 3 3 2 2/3 3 2 2 3 3 2 2 3 3 4 3 2 1 ˆ ˆ ˆd 2 ( ) ( ) dev( ) 3 ( ) ( )2 ˆ2 ( )ˆ ˆ ˆ( ) 2 dev( ( ) ( ))ˆ3( ( )) 4 ˆ ˆdev( ( ) ( )) dev( )3 ( ) ˆ ˆ3 dev( ( ) ( )) 4ˆ( ) 2 dev(3 ( ) vp Jt b t aK t a M J J tt t t J t Jb t t J aK t t Jt b J g g m m b m m a m m é æ öD = Ä + Ä + Äê ç ÷ è øë + Ä + Ä + Ä + Ä + Ä H N N N NN N 1 N N N N N NN N N 1 1 N 1 N ( ) ( ) 1 2 2 2/3 3 ) 3 d 1 1 d 2 2 ˆ2 ( )ˆ ˆ ˆ( ) ( )d ( ) ( )( )dˆ3( ( )) D aK J J tt t t J t g b ùæ ö+ Ä úç ÷ è øû é+ D - Äêë ù+ - Ä + - Ä ú û N 1 1 H N N T N N T N N N N T I I I (4.56) mit den verwendeten Abkürzungen 3 3 4 4/3 32 941 ( ) 9 ( ) J J a Ka b b JJg ab b m = + + + + % (4.57) und 4 Integration der konstitutiven Gleichungen 55 ( )31 3( , ) 1 ( , )2 1 .c c a bM I Jc ctg g g g gm g gæ ö¶ ¶= + + - -ç ÷¶ D ¶è ø & & & (4.58) Werden (4.56) und (4.39) in das Differential der Spannungen (4.38) eingesetzt und entspre- chend zusammengefasst, ergibt sich der elastisch-(visko)plastische Stofftensor (4.37) zu ( ){ } 1 2 2 2 /3 3 1 2 2/3 3 2 3 1 2 2 ˆ4 ( )ˆ ˆ ˆ ˆ( ) ( ( ) ) ( ( ) ( ) )ˆ3( ( )) ˆ ˆ( )( ( ) ( ) ( )) ˆ( ) ˆ2 1 2 ( ) 3ˆ ˆ ˆ ˆ ˆ( ) ( ) dev( ( ) ( )) ( )ˆ3( ( )) 22 D J J tt t t t J t K t t t J t Kt t t t t a M J tg g g m b m m m m b a m - é= + D - Ä/ ë é+ - + Äë + - Ä - × Ä ùù+ û û é æ ö- + +/ê ç ê è øë N N N NN N N N 1 N N N 1 N N N N 1 %vp el C I I I N C 2 2 2 2 3 3 . . 22 2 4 dev( ) 6 3( ) ( )vp i l j kj k i l Jb a K J m m m Ä÷ ùæ ö+ + úç ÷ è øû = Ä Ä Ä/ N NN 1 g g g gC (4.59) mit . . i l j k k j i ld d= Ä Ä Äg g g g%I (4.60) und . . . . i l r j k r k j i lN= Ä Ä Äg g g gN I (4.61) Dabei sind die Komponenten . . i l r kI die des Einheitstensors 4. Stufe I (3.5). An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass alle Terme, die nicht besonders gekennzeichnet sind, wie z. B. die tˆ –Größen, am Inkrementende zum Zeitpunkt t t+ D ausgewertet werden müssen. Die Formulierung für die Ratenunabhängigkeit, die wie bereits in Kapitel 3.3.3 erläutert, als Grenzfall enthalten ist, erhält man mit 0cg ¶ =¶ & . 5 Numerische Implementierung 56 5 Numerische Implementierung 5.1 Berechnung der logarithmischen Verzerrungskomponenten Die Komponenten des logarithmischen Verzerrungstensors (2.2) lassen sich z. B. bei der Hauptachsenform des Metrik-Transformationstensors über den Logarithmus der Eigenwerte berechnen. Besitzt der Metrik-Transformationstensor keine Hauptachsenform, müssen für die Berechnung des logarithmischen Verzerrungstensors zuerst die Eigenwerte des Metrik- Transformationstensors und deren Logarithmus ermittelt werden, bevor eine Rücktransfor- mation die Komponenten des logarithmischen Verzerrungstensors liefert. Eine solche Vorgehensweise ist u. a. bei Miehe [69] zu finden. Weniger aufwändig lassen sich die Komponenten des gemischtvarianten logarithmischen Verzerrungstensors A (2.2) und des entsprechenden elastischen Verzerrungstensors elA (2.10) mit Padé-Approximationen berechnen (vgl. Ricci [97], Dieci und Papini [28], Cheng et al. [24] oder Higham [42]). In dieser Arbeit werden dafür Padé-Approximationen erster und höherer Ordnung verwendet, wobei nach Weber [114] bereits mit der ersten Padé-Approxi- mation gute Annäherungen erreicht werden können, wenn die Eigenwerte des zu logarithmie- renden Tensors in bestimmten Grenzen liegen. Mit der Abkürzung ( ) ( ) 1-= - +P Q 1 Q 1 , (5.1) wobei Q den Metrik-Transformationstensor darstellt, ergibt sich die erste Padé-Approxima- tion des logarithmischen Gesamtverzerrungstensors zu (1) =A P , (5.2) die zweite Padé-Approximation zu ( ) 12(2) 13 -= -A P 1 P , (5.3) die dritte Padé-Approximation zu ( )( ) 13 2(3) 34 515 -= - -A P P 1 P (5.4) und die vierte Padé-Approximation zu 5 Numerische Implementierung 57 ( )( ) 13 2 4(4) 6 311 721 35 -= - - +A P P 1 P P . (5.5) Zur Berechnung des logarithmischen elastischen Verzerrungstensors elA muss in (5.1) der Metrik-Transformationstensor Q nur durch den elastischen Metrik-Transformationstensor elQ ersetzt werden. Wie numerische Untersuchungen von Ricci [97] gezeigt haben, weist bereits die Verwendung der ersten Padé-Approximation für Verzerrungen in der Größenordnung bis 5 % sehr gute Übereinstimmungen mit den exakten logarithmischen Werten auf. Je nach der gewählten Fehlertoleranz lassen sich Anwendungsbereiche für die jeweilige Padé- Approximation (5.2) bis (5.5) angeben, die sich bei Ricci [97] über die Abweichung des größten Eigenwertes von eins ergeben. 5.2 Variationsformulierung Die in den vorangegangenen Kapiteln hergeleiteten elastisch-(visko)plastischen Grundglei- chungen liefern zusammen mit den Randbedingungen ein nichtlineares Randwertproblem, dessen Lösung numerische Berechnungsverfahren erfordert. Dafür wird hier als numerisches Näherungsverfahren die Finite-Element-Methode verwendet, die auf dem Ritz-Verfahren mit bereichsweisen Ansätzen basiert und detailliert z. B. bei Zienkiewicz [119] und Bathe [8] beschrieben wird. Den Ausgangspunkt für die Finite-Element-Formulierung stellt die Variationsformulierung dar, wobei hier das Prinzip der virtuellen Arbeit betrachtet wird, das nur das Gleichgewicht und die Kräfterandbedingungen enthält. Das Stoffgesetz und die Kinematik sowie die Verschiebungsrandbedingungen müssen zusätzlich eingearbeitet werden. Ausgehend von der lokalen Formulierung des Gleichgewichts bezüglich der Ausgangskonfiguration und der Kräfterandbedingungen sowie anschließender skalarer Multiplikation mit der Variation einer beliebigen Testfunktion, die beim Prinzip der virtuellen Arbeit der virtuellen Verschiebung entspricht, ergibt sich als Variationsformulierung ( ), 0 o o odv dad d d d ° ° ¶ P = × - × =ò òu u H T u t B B . (5.6) 5 Numerische Implementierung 58 Diese Gleichung stellt die schwache Formulierung des Gleichgewichts dar. Dabei kennzeichnen oB bzw. o¶B das Volumen bzw. die Oberfläche des Körpers in der Ausgang- konfiguration und ot den Spannungsvektor der äußeren Kräfte. Das erste Integral enthält den in Kapitel 2.2 eingeführten gemischtvarianten Kirchhoff-Spannungstensor (2.16) sowie die Variation des zugehörigen konjugierten Verzerrungsmaßes d H und repräsentiert die Variation der aktuellen gespeicherten Energiedichte. Mit der kinematischen Beziehung (2.1) und der Variation d H , die sich analog zu (2.6) als 11 2d d -=H Q Q schreiben lässt, erhält man (5.6) als Funktion der Verschiebungen u und deren Variation d u in alternativer Darstellung ( ) o 1, Grad 0 o T odv dad d d d ° ° - ¶ P = × - × =ò òu u u F GTQ u t B B , (5.7) wobei Grad= +F 1 u dem Deformationsgradienten und i jijG= ÄG g g dem Metriktensor entspricht. Aufgrund der geometrischen Nichtlinearität erfolgt die Lösung des Randwertproblems iterativ mit Hilfe eines Newton-Verfahrens, wofür das nichtlinear von den Verschiebungen abhän- gende Variationsprinzip linearisiert wird. Bei der Taylorreihenentwicklung des Prinzips der virtuellen Arbeit werden Terme höherer Ordnung vernachlässigt. Durch Abbrechen der Taylorreihe nach dem linearen Glied, erhält man die linearisierte Form des Prinzips der virtuellen Arbeit. Die konsistente Linearisierung erfolgt an der Stelle u , wie z. B. von Hughes und Pister [46] beschrieben. Mit der Produktregel ergibt sich 1 1 1 1 1 ( ) (D ) (D ) (D ) , T T T T T - - - - - = + × D + × D + × D u F G T Q F G T Q F u G T Q F G T u Q F G T Q u Ë (5.8) wobei ( )=F F u , ( )=G G u , ( )=T T u und ( )=Q Q u bedeuten. Die Terme D T ×DF u , D ×DT u und 1D - ×DQ u stellen die jeweiligen Richtungsableitungen an der Stelle u in Rich- tung von Du dar. Die Richtungsableitung des Deformationsgradienten berechnet sich dabei wie folgt 0 dD ( ) Grad d T T T e e e = é ù×D = + D = Dë ûF u F u u u (5.9) 5 Numerische Implementierung 59 und die des Metrik-Transformationstensors analog zu (5.9) mit (2.1) ( )1 1 1 1D Grad GradT T- - - -× D = - D + DQ u G B u F F u B . (5.10) Über die Linearisierung des Spannungstensors erhält man mit ( )1 112dD D Grad Gradd vp T T- -×D = × D = D + D/TT u H u G B u F F u G H C (5.11) zusätzlich das Stoffgesetz, wobei vp/C der in Kapitel 4.4 hergeleitete elastisch- (visko)plastische Stoffmodul ist. Die enthaltene Richtungsableitung des Verzerrungstensors ergibt sich ebenfalls analog zu (5.9). Mit (5.8) bis (5.10) folgt aus (5.7) die linearisierte Form des Prinzips der virtuellen Arbeit ( ) ( ) 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 2 Grad Grad Grad Grad Grad Grad Grad . o o o T o T T vp T T T T T da dv dv d d d ° ° - - ¶ - - - - - ° - - - × - × é= × D + D + D/ë ù- D + D û ò ò ò u t u F G T G B u u G TG B F G G B u F F u B F G T G B u F F u B B B B C (5.12) 5.3 Finite-Element-Berechnung Die in Kapitel 5.2 hergeleitete Variationsformulierung des Prinzips der virtuellen Arbeit stellt den Ausgangspunkt für die Finite-Element-Formulierung (FE-Formulierung) dar. Bei der numerischen Simulation mittels einer auf Verschiebungsformulierung basierenden Finite- Element-Methode werden diskrete Systeme vorausgesetzt, d. h. das gesamte Berechnungsge- biet wird in eine endliche Zahl von Elementen aufgeteilt, die über Knoten miteinander verbunden sind. Im Rahmen dieser Arbeit wird ein Fünfknoten-Element verwendet, das sich aus vier Drei- eckselementen mit linearen Ansatzfunktionen zusammensetzt und auch Crossed-triangle- Element genannt wird. Bei diesem von Nagtegaal et al. [73] formulierten Element bilden vier Knoten die Eckpunkte eines Vierecks, der fünfte Knoten liegt im Schnittpunkt der beiden Diagonalen. Diese Dreieckselemente werden wie isoparametrische Dreieckselemente hergeleitet. Die Freiheitsgrade des fünften Knoten lassen sich mittels statischer Kondensation eliminieren, 5 Numerische Implementierung 60 sodass eine einfache Implementierung dieses Elementes in FE-Programme gewährleistet ist. Das Crossed-triangle-Element wird vor allem bei Lokalisierungsberechnungen eingesetzt, wie z. B. von Taylor und Becker [110], Tvergaard et al. [111], Ortiz et al. [81] sowie Needleman und Tvergaard [75]. Über die Ansatzfunktionen werden die Verschiebungen bzw. deren Variationen für jedes Element im linearisierten Prinzip der virtuellen Arbeit (5.12) approximiert. Aus (5.12) folgt dann die Grundgleichung für die Finite-Element-Berechnung in Matrizenform. Die element- weise numerische Integration in den Gaußpunkten von (5.12) entspricht dem elementweisen Lösen der Gleichgewichtsbedingungen. Aus dem ersten Integral von (5.12) ergibt sich nach der numerischen Integration der Vektor der äußeren Lasten, aus dem zweiten Integral der Vektor der Knotenkräfte des Grundzustands und aus dem letzten die tangentiale Elementstei- figkeitsmatrix, die die aktuellen Werte des elastisch-(visko)plastischen Stoffmoduls, der Spannungen sowie Verzerrungen enthält. Durch Assemblierung erhält man die tangentiale Gesamtsteifigkeitsmatrix TK und den Gesamtlastvektor R und damit das iterativ lösbare Gleichungssystem T DK V = R (5.13) des diskreten Systems, welches die Lösung des linearisierten Prinzips der virtuellen Arbeit liefert. Die in Kapitel 4 hergeleiteten Algorithmen zur Berechnung der Spannungen und des konsistenten elastisch-(visko)plastischen Stoffmoduls, die auf den in Kapitel 2 und 3 herge- leiteten theoretischen Grundlagen basieren, wurden zusammen mit den in diesem Kapitel aufgeführten Grundgleichungen in ein nichtlineares, am Lehrstuhl für Baumechanik-Statik der Universität Dortmund entwickeltes FE-Programm implementiert. Bei den nachfolgenden numerischen Untersuchungen wird als äußere Belastung eine vorge- gebene Knotenverschiebung aufgebracht, die in eine korrespondierende Belastung umgerechnet wird, sodass das in (5.13) angegebene Gleichungssystem für den Vektor der inkrementellen Verschiebungen DV gelöst werden kann. Das Gleichungssystem wird iterativ mit einem Newton-Raphson-Verfahren gelöst, wobei in jedem Iterationsschritt die Steifig- keitsmatrix und der Lastvektor aktualisiert werden. Mit dem inkrementellen Verschiebungs- zuwachs, der sich aus der Summe der iterativen Zuwächse zusammensetzt, wird eine Konvergenzabfrage in Form einer Verschiebungsnorm durchgeführt. 5 Numerische Implementierung 61 Aus den inkrementellen Verschiebungen lassen sich dann, wie in Kapitel 4.2 und 4.3 beschrieben, elementweise die aktuellen Spannungen und elastischen Verzerrungen in den Gaußpunkten berechnen. Bei elastisch-(visko)plastischen Deformationen können ab einem bestimmten Punkt lokal konzentrierte sehr große inelastische Verzerrungen auftreten. Dieses Phänomen wird Lokali- sierung genannt. Einen Spezialfall der Lokalisierung stellt das Scherband dar, bei dem sich die konzentrierten großen inelastischen Deformationen in einem oder mehreren schmalen Bändern formieren, ohne sich dabei wesentlich auf die Verzerrungen außerhalb des Bandes auszuwirken. Hat die Scherbandentwicklung einmal eingesetzt, bleiben die Bänder bestehen und die Verzerrungen innerhalb der Bänder können so groß werden, dass sie letztendlich zum Bruch führen. Dabei kann schon ein geringer Zuwachs an globalen Deformationen ausschlaggebend sein. Um die Lokalisierung numerisch simulieren zu können, werden die Proben – wie in Kapitel 6.1 näher ausgeführt – mit einer Imperfektion in Probenmitte versehen. Die ab einem bestimmten Punkt in lokal begrenzten Bereichen auftretenden großen inelastischen Deforma- tionen ergeben sich damit allein aus der globalen numerischen Berechnung. Im Rahmen dieser Arbeit wird unter dem Begriff Lokalisierung ausschließlich das makroskopisch als Scherband in Erscheinung tretende Phänomen verstanden, welches sich aus einer x-förmigen Konzentration der plastischen Zonen entwickelt. Der Beginn dieser Konzentration wird im Weiteren als Lokalisierungsbeginn definiert. 6 Numerische Untersuchungen 62 6 Numerische Untersuchungen 6.1 Allgemeines In den vorangegangenen Kapiteln wurden die Grundlagen für das elastisch-(visko)plastische Materialverhalten formuliert und in ein geeignetes numerisches Modell überführt. In diesem Kapitel erfolgt nun eine beispielhafte Anwendung dieses Modells auf einen ebenen metalli- schen Probekörper. Durch systematische Studien wird untersucht, wie groß die Auswirkung der einzelnen Modellbestandteile auf die Vorhersage des Deformations- und Lokalisierungs- verhaltens ist. Zunächst wird in Kapitel 6.2 der Einfluss der in der Fließbedingung (3.8) enthaltenen konstitutiven Parameter a c und b c auf das elastisch-plastische Materialverhalten unter- sucht, wobei a c den Einfluss des hydrostatischen Spannungszustands und b c das unterschiedliche Verhalten im Zug- und Druckbereich beschreibt. Daran schließt sich eine Betrachtung der das elastisch-viskoplastische Materialverhalten beeinflussenden Faktoren an. Dazu wird in Kapitel 6.3 anhand einer Parameterstudie der Einfluss des Viskositätsparameters m und der aufgebrachten globalen Verzerrungsgeschwin- digkeit analysiert. Das folgende Kapitel 6.4 beinhaltet die Untersuchung des Einflusses verschiedener viskoser Gesetze. Diese Gesetze bestimmen die Abhängigkeit der Vergleichs- spannung von der inelastischen Verzerrungsrate. Für die numerischen Berechungen wird eine Rechteckprobe mit den Abmessungen 4L H = unter ebenem Verzerrungszustand betrachtet, auf deren Querseiten eine Verschiebung u einwirkt, wie in Abb. 6.1 dargestellt. Aufgrund der vorhandenen Symmetrieeigenschaften erfolgt die numerische Analyse anhand eines mit 400 (10 x 40) Crossed-triangle-Elementen diskretisierten Probenviertels mit dem Seitenverhältnis 4o ol h = . Um das bei Zugversuchen beobachtete Lokalisierungsverhalten numerisch simulieren zu können, wird eine geometrische Imperfektion in Form einer trigonometrischen Funktion zur Beschreibung der Probenlängsseiten berücksichtigt. Die Amplitude der Funktion wird mit 1 % der Probenhöhe oh gewählt. Ohne diese numerische Imperfektion würde die frei gelagerte Probe eine gleichmäßige Längenänderung bei gleichmäßiger Verkleinerung des Querschnitts erfahren. 6 Numerische Untersuchungen 63 Da im Rahmen dieser Arbeit Aussagen über den Einfluss des Materialmodells auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten gewonnen werden sollen, wird bewusst ein relativ einfaches System für die numerischen Untersuchungen gewählt, um zusätzliche geometrische Effekte auszuschließen. Abbildung 6.1: Abmessung, Belastung und Diskretisierung der für die numerischen Untersuchungen verwendeten Rechteckprobe 6.2 Elastisch-plastisches Materialverhalten Das ratenunabhängige elastisch-plastische Materialverhalten wird in diesem Kapitel für die von Spitzig et al. [105], [106] sowie Spitzig und Richmond [104] experimentell untersuchten metallischen Werkstoffe numerisch analysiert. Hierfür sind zunächst die zugehörigen Materialparameter zu bestimmen. 6 Numerische Untersuchungen 64 6.2.1 Ermittlung der Materialparameter Bei den umfangreichen Experimenten von Spitzig et al. ([104], [105], [106]) wurden ver- schiedene hochfeste Eisenwerkstoffe und Aluminium untersucht. Für die numerische Simulation wird ein Stahl ausgewählt, der ein Verfestigungsverhalten aufweist (4330-Stahl), und ein Stahl, der ein ausgeprägtes Sättigungsverhalten besitzt (gealterter martensitaushärten- der Stahl, im Weitern als „Martensitstahl“ bezeichnet). Die elastischen Materialparameter beider Stähle entsprechen dem Elastizitätsmodul 200000 MPaE = und der Querkontrakti- onszahl 0,3n = . Diese Materialien kommen in Bereichen zur Anwendung, die eine gute Kombination aus Festigkeit und Schlagzähigkeit erfordern, wie das z. B. bei Getrieben, Flugzeug- Fahrwerkachsen und Wellen zur Leistungsübertragung der Fall ist. Weiterhin wird „Martensitstahl“ u. a. in der Luft- und Raumfahrttechnik (z. B. Düsentrieb- werke und Landeklappen-Scharniere an Tragflächen), als Werkzeugstahl (z. B. Walzen und Kunststoffformenstahl) oder im Sportbereich (z. B. Golfschläger) und 4330-Stahl u. a. bei Lastösen für Krane oder Seilzüge sowie bei Gehäusen für Hydraulikelemente oder Raketen- motoren verwendet. In Abb. 6.2 und Abb. 6.3 sind die aus einaxialen Zug- und Druckversuchen resultierenden experimentellen Daten von Spitzig et al. [105], [106], die auf wahren Spannungs- und wahren plastischen Dehnungswerten basieren, in einem Diagramm der Vergleichsspannungen über der inelastischen Vergleichsdehnung dargestellt. Die in den Versuchen beobachtete nichtlineare Abhängigkeit der Spannungen von den plastischen Verzerrungen wird durch die Vergleichsspannung ( )c c g= , die in der 1I - 2J - 3J -Fließbedingungen (3.7) bzw. (3.8) enthalten ist, numerisch approximiert. Das Verfestigungsverhalten des in Abb. 6.2 abgebildeten Stahls (4330-Stahl) wird durch eine Potenzfunktion ( ) 1 n o o o Hc c nc gg æ ö= +ç ÷ è ø (6.1) beschrieben, wobei sich mit der anfänglichen Fließspannung oc = 850 MPa, dem anfänglichen plastischen Verfestigungsparameter oH = 36000 MPa und dem Verfestigungs- 6 Numerische Untersuchungen 65 exponenten 0,066n = eine gute Übereinstimmung mit den experimentellen Daten von Spitzig et al. [105] ergibt (vgl. Abb. 6.2). Abbildung 6.2: Vergleichsspannung in Abhängigkeit von der inelastischen Vergleichsdeh- nung für 4330-Stahl, Experimentdaten: Spitzig et al. [105] Ein ausgeprägtes Sättigungsverhalten von Metallen wird mit einer Potenzfunktion (6.1) nur unzureichend beschrieben. Für den in Abb. 6.3 dargestellten Stahl („Martensitstahl“) wird daher eine Sättigungsfunktion in der Form ( )( ) tanh os o o s o Hc c c c c c gg æ ö= - +ç ÷-è ø (6.2) verwendet. Mit der Grenzfließspannung sc = 1165 MPa, der anfänglichen Fließspannung oc = 899 MPa und dem anfänglichen plastischen Verfestigungsparameter oH = 90000 MPa lässt sich wiederum eine gute Übereinstimmung zwischen der numerischen Approximation und den experimentellen Daten von Spitzig et al. [106] erzielen, wie in Abb. 6.3 zu sehen ist. 0 200 400 600 800 1000 1200 0 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06 0,07 0,08 Experiment Numerische Approximation [ ]g - [ ] MPac 6 Numerische Untersuchungen 66 Abbildung 6.3: Vergleichsspannung in Abhängigkeit von der inelastischen Vergleichsdeh- nung für „Martensitstahl“, Experimentdaten: Spitzig et al. [106] Wie in Kapitel 3.2.1 beschrieben, haben die Versuche von Spitzig et al. ([104], [105], [106]) weiterhin gezeigt, dass die Fließspannung nahezu linear von dem hydrostatischen Spannungs- zustand abhängt. Der Einfluss des hydrostatischen Spannungszustands wird durch den konstitutiven Parameter a in der 1I - 2J - 3J -Fließbedingung (3.7) bzw. durch das konstante Verhältnis von a c in der modifizierten Form der 1I - 2J - 3J -Fließbedingung (3.8) beschrieben. Für eine 1I - 2J -Fließbedingung, die man aus (3.8) mit 0b c = erhält, haben Spitzig und Richmond [104] aus ihren Versuchen an hochfesten Stählen und anderen Eisenwerkstoffen sowie Aluminium ein Diagramm erhalten, welches die lineare Abhängigkeit der Fließspan- nung c von dem hydrostatischen Spannungszustands-Koeffizienten a zeigt. Dieses Diagramm ist in Abb. 6.4 dargestellt. Als Durchschnittswert ergibt sich für die untersuchten metallischen Werkstoffe der Wert 120 TPaa c -» . Mit diesem aus den Versuchen abgeleiteten a c -Wert lässt sich das konstante Verhältnis von b c in der modifizierten 1I - 2J - 3J -Fließbedingung (3.8) bestimmen, wobei durch b c das unterschiedliche Zug- und Druckverhalten beschrieben wird. 0 200 400 600 800 1000 1200 0 0,005 0,01 0,015 0,02 0,025 0,03 0,035 0,04 Experiment Numerische Approximation [ ]g - [ ] MPac 6 Numerische Untersuchungen 67 Das Verhältnis b c wird aus den in Abb. 3.1 dargestellten Spannungs-Dehnungs-Kurven aus einem einaxialen Zug- und Druckversuch ermittelt. Zunächst werden die Invarianten für die beiden einaxialen Versuche berechnet. Mit der Annahme, dass nur die Invariante 1I für das unterschiedliche Zug- und Druckverhalten verantwortlich ist, wird die Fließbedingung (3.8) mit 0b c = und den zugehörigen Invarianten ausgewertet. Analog wird mit der Annahme, dass nur die Invariante 3J dafür verantwortlich ist, (3.8) mit 0a c = ausgewertet. Über einen Vergleich der beiden Fließbedingungen erhält man mit dem für hochfeste Stähle aus Versu- chen bekanntem Wert von 120 TPaa c -= den Wert für das Verhältnis b c mit -1 3 3 47,62 TPa 2 b a c c = = . Abbildung 6.4: Abhängigkeit der Fließspannung von dem hydrostatischen Spannungs- zustands-Koeffizienten bei Eisenwerkstoffen (Spitzig und Richmond [104]) Wie in Kapitel 3.2.2.1 anhand Abb. 3.5 beschrieben, hängt die Fließspannung bei den hier betrachteten Metallen sowohl von der Invarianten 1I als auch von der Invarianten 3J ab. Werden analog die Invarianten für den einaxialen Zug- und Druckversuch ausgewertet, in 6 Numerische Untersuchungen 68 (3.8) mit 0a c ¹ und 0b c ¹ eingesetzt und mit den entsprechenden Ergebnissen aus der 1I - 2J -Fließbedingung verglichen, ergibt sich eine lineare Beziehung 3 3 20 2 b a c c æ ö= -ç ÷è ø , (6.3) die als Grenzfälle die maximalen Werte für a c und b c enthält. Die einaxialen Zug- und Druckversuche von Spitzig et al. [105], [106] haben weiterhin eine vergleichsweise geringe inelastische Volumenzunahme während des inelastischen Fließens gezeigt, die im Bereich kleiner inelastischer Verzerrungen nahezu linear von den inelastischen Verzerrungen abhängt (siehe Kapitel 3.2.1). Da die inelastische Volumenzunahme physikalisch betrachtet aus einer Zunahme der Verset- zungsdichte zu resultieren scheint, und diese nur begrenzt anwachsen kann, wird sich die inelastische Volumenzunahme im Bereich großer inelastischer Verzerrungen einem Grenz- wert annähern. Dieses Verhalten ist granularen Materialien ähnlich, deren inelastische Volumenzunahme durch die lockerste Lagerung des Korngefüges begrenzt wird. Gemäß Brünig [19] wird die inelastische Volumenzunahme als Funktion der inelastischen Vergleichsdehnung durch ein Sättigungsgesetz ( ), tanh 10vol vol sg g g= (6.4) beschrieben. Hierbei wird als Grenzwert der Volumenzunahme des verfestigenden Stahls (4330-Stahl) 4, 6,5 10vol sg -= × verwendet und für den Stahl mit dem ausgeprägten Sättigungs- verhalten („Martensitstahl“) 4, 4,8 10vol sg -= × . Die experimentellen Daten und die numerische Approximation der inelastischen Volumenzunahme mit (6.4) ist in Abb. 6.5 dargestellt. Der kinematische Parameter a der plastischen Potentialfunktion (3.9) lässt sich mit der Ratenformulierung von (6.4) sowie der Definition der plastischen Volumenänderungsrate (3.19) mit (3.27) berechnen. 6 Numerische Untersuchungen 69 Abbildung 6.5: Inelastische Volumenzunahme in Abhängigkeit von der inelastischen Vergleichsdehnung (Brünig [19]) 6.2.2 Einfluss der Parameter a c und b c auf das Deformations- und Lokalisierungs- verhalten Das Deformations- und Lokalisierungsverhalten der in Abb. 6.1 dargestellten Zugrobe wird in Abhängigkeit von verschiedenen Fließbedingungen untersucht, die sich durch entsprechende Variation der Parameter a c und b c aus der Fließbedingung (3.8) ergeben. Für das Material mit dem ausgeprägten Sättigungsverhalten sind in Abb. 6.6 die Last- Verschiebungs-Kurven für eine isochore 2J -Fließbedingung ( 0a c b c= = ) und verschie- dene druckabhängige Fließbedingungen abgebildet. Die Last-Verschiebungs-Kurve der 2J -Fließbedingung weist über den gesamten Verschiebungsbereich die größten Belastungswerte auf, die 1I - 2J -Fließbedingung ( -120 TPaa c = , 0b c = ) die kleinsten. Die beiden 1I - 2J - 3J -Fließbedingungen 0 0,0002 0,0004 0,0006 0,0008 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 Experiment: 4330 steel Numerische Approximation: 4330 steel Experiment: agm steel Numerische Approximation: agm steel [ ]g - [ ]volg - 6 Numerische Untersuchungen 70 ( -114,085 TPaa c b c= = ) bzw. ( -1 -111,39 TPa , 20,5 TPaa c b c= = ) liefern Werte, die dazwischen liegen. Abbildung 6.6: Last-Verschiebungs-Kurven bei Verwendung verschiedener Fließbedingun- gen für „Martensitstahl“ Dieses Verhalten lässt sich anhand der Definition der jeweiligen Vergleichsspannung erklären. Bei der von-Mises-Fließbedingung ergibt sich aus (3.8) mit 0a c b c= = die Vergleichsspannung zu 2c J= , bei den anderen Fließbedingungen hängt die Vergleichs- spannung noch zusätzlich von weiteren Invarianten ab, wie aus (3.7) ersichtlich wird. Bei Verwendung einer 1I - 2J -Fließbedingung ergibt sich 1 2c aI J= + , während bei einer 1I - 2J - 3J -Fließbedingung 31 2 3c aI J b J= + + folgt. Bei gleichem Spannungszustand führt die Verwendung einer von-Mises-Fließbedingung zu der geringsten Vergleichsspannung. Dies hat zur Folge, dass das erstmalige plastische Fließen später eintritt und der elastische Bereich damit am größten ist. Anschaulich lässt sich das auch über die zugehörigen Fließflächen im 3D-Spannungsraum begründen. Die graphische Darstellung der 2J -Fließbedingung ergibt den von-Mises-Zylinder 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 Beginn der Lokalisierung [ ]-x o u l [ ] max -P P -1 -1 -1 -1 0 20 TPa , 0 14,085 TPa 11,39 TPa , 20,5 TPa a b c c a b c c a b c c a b c c = = = = = = = = 6 Numerische Untersuchungen 71 mit Kreisgrundriss, der zusätzliche 1I -Einfluss führt zu einem Kegel mit Kreisgrundriss und die zu einer 1I - 2J - 3J -Fließbedingung gehörende Fließfläche entspricht einem Kegel mit einem vom Kreis abweichenden Grundriss (vgl. Abb. 3.6). Das erstmalige plastische Fließen entspricht dem Berühren von Spannungspfad und Fließfläche, was bei den Fließflächen, deren Grundriss-Größe sich entlang der hydrostatischen Achse verändert, früher eintritt als bei einem Zylinder, dessen Kreisradius entlang der hydrostatischen Achse konstant bleibt. Dadurch ist der elastische Bereich innerhalb der zu den druckabhängigen Fließbedingungen gehörenden Fließflächen kleiner. Um zu erklären, warum die 1I - 2J -Fließbedingung zu den kleinsten Belastungswerten in Abb. 6.6 führt, muss zunächst darauf hingewiesen werden, dass der konstitutive Parameter a bei der Vergleichsspannung 1 2c aI J= + seinen Maximalwert bei -120 TPaa c= × besitzt. Bei der Vergleichsspannung 31 2 3c aI J b J= + + der 1I - 2J - 3J -Fließbedingung ist das aufgrund der linearen Beziehung zwischen a c und b c (6.3) nicht mehr der Fall. Weiterhin ist die Invariante 31 3I J> , sodass diese Aspekte in der Summe bei der 1I - 2J - Fließbedingung zu einer geringeren aufnehmbaren Last führen. Die maximale Last beträgt dann 97 % der Maximallast der reinen 2J -Fließbedingung. Wie an den zur 1I - 2J - 3J -Fließbedingung gehörenden Kurven erkennbar ist, bricht die numerische Berechnung wesentlich früher ab als bei der reinen 2J - und der 1I - 2J -Fließbe- dingung. Dass die Berücksichtigung der Invarianten 3J zu numerischen Schwierigkeiten führt, wird auch von Pivonka und Willam [95] beschrieben. In Abb. 6.6 werden durch Kreissymbole die Stellen gekennzeichnet, bei denen der jeweilige Lokalisierungsbeginn eintritt. Dabei wird unter diesem Begriff ausschließlich der Beginn der x-förmigen Konzentration der plastischen Zonen und damit der Beginn des makroskopisch als Scherband in Erscheinung tretenden Phänomens verstanden (vgl. Kapitel 5.3). Bei der von-Mises-Fließbedingung ( 0a c b c= = ) tritt der Lokalisierungsbeginn nach Erreichen der maximal aufnehmbaren Last bei 0,0184x ou l = ein. Mit zusätzlichem 1I - Einfluss ( 120 TPa , 0a c b c-= = ) beginnt die Lokalisierung etwas früher bei 0,0168x ou l = . Kommt zusätzlich noch der 3J -Einfluss dazu, wobei der 1I -Einfluss dann wegen (6.3) geringer wird ( -114,085 bzw. 11,39 TPaa c = ), führt das wieder zu einem 6 Numerische Untersuchungen 72 späteren Lokalisierungsbeginn, sodass bei dem in Abb. 6.6 vorhandenen maximalen 3J - Einfluss ( -1 -111,39 TPa , 20,5 TPaa c b c= = ) die Lokalisierung erst bei einer Verschiebung von 0,02x ou l = eintritt. Die maximal aufnehmbare Last wird bei der von-Mises-Fließbedingung bei einer aufge- brachten bezogenen Verschiebung von 0,0152x ou l = erreicht, bei der 1I - 2J -Fließbedingung bei 0,0168x ou l = und bei zusätzlicher 3J -Abhängigkeit der Fließbedingung noch später. Abbildung 6.7: Last-Verschiebungs-Kurven bei Verwendung verschiedener Fließbedingun- gen für „Martensitstahl“ Mit Abb. 6.6 wurde ausgehend von der von-Mises-Fließbedingung der Einfluss der Invarianten 1I auf die Last-Verschiebungs-Kurven untersucht, indem zuerst der den 1I - Einfluss steuernde Parameter a c maximal gewählt ( 1I - 2J -Fließbedingung) und anschlie- ßend verringert wurde. Analog wird mit Abb. 6.7 der Einfluss der Invarianten 3J untersucht. Der maximale b c -Wert führt zu einer 2J - 3J -Fließbedingung ( -10, 47,62 TPaa c b c= = ), wird der Wert auf -125 TPab c = reduziert, ergibt sich aufgrund von (6.3) eine 1I - 2J - 3J - Fließbedingung mit -19,5 TPaa c = . 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,005 0,01 0,015 0,02 0,025 0,03 -1 -1 -1 0 0 , 47,62 TPa 9,5 TPa , 25 TPa a b c c a b c c a b c c = = = = = = Beginn der Lokalisierung [ ]-x o u l [ ] max -P P 6 Numerische Untersuchungen 73 Aufgrund der komplexen Materialformulierung, die sich durch die Berücksichtigung der Invarianten 3J ergibt, welche wiederum zu numerischen Schwierigkeiten hinsichtlich der Konvergenz führt (vgl. Pivonka und Willam [95]), ist die Stabilität der numerischen Berech- nung nach Erreichen des Lokalisierungsbeginns wesentlich abhängig von der gewählten Inkrementschrittweite. Diese wird für die Analyse des maximalen 3J -Einflusses (max. b c - Wert) reduziert. Verglichen mit der Last-Verschiebungs-Kurve der 2J -Fließbedingung ( 0a c b c= = ), bei der die Lokalisierung bei einer Verschiebung von 0,0216x ou l = beginnt, führt die Verwen- dung einer 2J - 3J -Fließbedingung ( 10 , 47,62 TPaa c b c -= = ) zu einem früheren Beginn der Lokalisierung bei 0,0204x ou l = , bei zusätzlichem 1I -Einfluss ( 19, 5 TPaa c -= , 125 TPab c -= ) beginnt sie geringfügig früher bei 0,0201x ou l = . Auch hier weist die zur von-Mises-Fließbedingung gehörende Last-Verschiebungs-Kurve die größten Belastungswerte auf. Dass die 2J - 3J -Fließbedingung zu einer größeren aufnehmba- ren Last führt als die 1I - 2J - 3J -Fließbedingung, lässt sich wiederum mit der Form der zugehörigen Fließflächen erklären. Bei der 2J - 3J -Fließbedingung besitzt die Fließfläche im 3D-Spannungsraum die Form eines Zylinders mit einer Grundfläche, die vom von-Mises- Kreis abweicht (vgl. Abb. 3.6), womit das plastische Fließen später eintritt als bei einer entlang der hydrostatischen Achse in der Größe veränderlichen Grundfläche. In Abb. 6.8 sind die zum Belastungspfad der Abb. 6.6 zugehörigen plastischen Zonen bei Lokalisierungsbeginn für die von-Mises-Fließbedingung ( 0a c b c= = ), 1I - 2J -Fließbedin- gung ( 120TPa , 0a c b c-= = ) und die beiden 1I - 2J - 3J -Fließbedingungen ( 114,085 TPaa c b c -= = und 111,39 TPaa c -= , 120, 5 TPab c -= ) dargestellt. Wie bereits in Kapitel 4.2 bzw. 4.3 beschrieben, werden bei der Finite-Element-Methode die Spannungen elementweise in den Gaußpunkten berechnet, sodass auch nur in diesen Integra- tionspunkten eine Aussage darüber getroffen werden kann, ob das Materialverhalten elastisch oder plastisch ist. Die Gaußpunkte, in denen ein elastisch-plastisches Materialverhalten vorliegt, sind in Abb. 6.8 schwarz dargestellt. 6 Numerische Untersuchungen 74 Bei allen Proben in Abb. 6.8 ist deutlich zu erkennen, dass sich bei den zuvor völlig plasti- zierten Proben die inelastischen Deformationen zum Lokalisierungsbeginn in Form von Bändern konzentrieren, während außerhalb dieser Bänder das Materialverhalten elastisch ist. Abbildung 6.8: Darstellung der plastischen Zonen bei Lokalisierungsbeginn für „Marten- sitstahl“ Bei der 2J -Fließbedingung ergibt sich ein relativ breites plastiziertes Band in Probenmitte, das die für die von-Mises-Fließbedingung typische Neigung von 45° besitzt. Infolge des 1I - Einflusses ( 120TPa , 0a c b c-= = ) entwickelt sich bei Lokalisierungsbeginn ein wesentlich schmaleres plastiziertes Band, das unter 43° zur Belastungsrichtung geneigt ist. Die 0a b c c = = 120 TPa , 0a b c c -= = 114,085 TPaa b c c -= = 1 1 11,39 TPa , 20,5 TPa a c b c - - = = 6 Numerische Untersuchungen 75 zusätzliche Berücksichtigung der Invarianten 3J führt bei diesem Material zum Auftreten von doppelten plastizierten Bändern, die sich in Probenmitte schneiden. Da der Wert des Parame- ters a c bei den 1I - 2J - 3J -Fließbedingungen geringer ist als bei der 1I - 2J -Fließbedingung (max. 120TPaa c -= mit 0b c = ), sind die plastizierten Bänder hier etwas breiter als bei der 1I - 2J -Fließbedingung. Die unterste Probe in Abb. 6.8 besitzt einen geringeren 1I -Einfluss als die Probe darüber ( 111,39TPaa c -= < 114,085TPaa c -= ), und gleichzeitig etwas breitere plastizierte Bänder. Dadurch wird die Vermutung bestätigt, dass der 1I -Einfluss für die Breite des plastizierten Bandes verantwortlich ist. In Abb. 6.9 sind die zum maximalen globalen Verschiebungszustand korrespondierenden Verformungsfiguren für die verschiedenen Fließbedingungen dargestellt, wobei die jeweils maximal aufgebrachte Verschiebung nach Abb. 6.6 je nach verwendeter Fließbedingung stark differiert. Mit einer Steigerung der globalen Verschiebung über den Lokalisierungsbeginn hinaus hat sich bei der von-Mises-Fließbedingung ( 0a c b c= = ) aus dem plastizierten Band in Probenmitte (vgl. Abb. 6.8) ein relativ breites Scherband ausgebildet. Zusätzlich zu dem Scherband tritt eine leichte Einschnürung des Querschnitts auf. Bei der vom hydrostatischen Spannungszustand abhängigen Fließbedingung ( 120 TPa , 0a c b c-= = ) hat sich dagegen aus dem wesentlich schmaleren plastizierten Band ein stärker ausgeprägtes schmales Scher- band entwickelt, das sich ebenfalls mit einer leichten Einschnürung überlagert. Obwohl in Abb. 6.8 bei der 1I - 2J - 3J -Fließbedingung plastizierte Bänder erkennbar sind, konnten sich hier keine Scherbänder ausbilden. 6 Numerische Untersuchungen 76 Abbildung 6.9: Darstellung der Verformungsfiguren bei jeweils maximal aufgebrachter Verschiebung ( max 1,0x xu u = ) für „Martensitstahl“ Zusammenfassend lässt sich für den mit der Sättigungsfunktion beschriebenen Stahl („Martensitstahl“) feststellen, dass die Invarianten 1I und 3J einen früheren Lokalisierungs- beginn bewirken, wobei die Breite des plastizierten Bandes bzw. Scherbandes von der Größe des 1I -Einflusses, beschrieben durch den Parameter a c , abhängt. Der maximale a c -Wert führt zu dem schmalsten plastizierten Band bzw. Scherband. Mit abnehmendem a c -Wert, der wegen (6.3) einem zunehmenden b c -Wert entspricht, nimmt die Breite zu. Die Invari- ante 3J , deren Einfluss durch den Parameter b c bestimmt wird, bewirkt das Auftreten von zwei sich schneidenden plastizierten Bändern. 0a b c c = = -120 TPa , 0a b c c = = -114,085 TPaa b c c = = -1 -1 11,39 TPa , 20,5 TPa a c b c = = 6 Numerische Untersuchungen 77 Weiterhin hat sich gezeigt, dass die Berücksichtigung des hydrostatischen Spannungszustands zu etwas geringeren maximal aufnehmbaren Lasten führt. Die Verwendung der klassischen von-Mises-Fließbedingung bewirkt damit eine geringe Überschätzung der Lastaufnahme- kapazität. Die Parameter a c und b c , und damit die Invarianten 1I und 3J , haben also einen beträchtlichen Einfluss auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten. Dies betrifft insbesondere die Formierung der Plastizierungszonen bzw. Scherbandentwicklung, während der Einfluss auf die Last-Verschiebungs-Kurven nicht so stark ausgeprägt ist. Analog zum ersten Teil dieses Kapitels wird der Einfluss von 1I und 3J auf das Deforma- tions- und Lokalisierungsverhalten der Zugprobe aus Abb. 6.1 bei Verwendung eines verfestigenden Metalls untersucht. Der Einfluss der Invarianten wird wie zuvor durch die Parameter a c und b c in (3.8) beschrieben. Die Ermittlung der Materialparameter ist in Kapitel 6.2.1 aufgeführt. Die Last-Verschiebungs-Kurven in Abb. 6.10 weichen bei diesem Stahl für die von 1I bzw. 3J abhängigen Fließbedingungen wesentlich stärker von der isochoren Fließbedingung ab. Die maximal aufnehmbare Last wird bei der 2J -Fließbedingung ( 0a c b c= = ) bei einer Verschiebung von x ou l = 0,055 erreicht. Für ein Material, dessen inelastisches Verhalten vom hydrostatischen Spannungszustand abhängt ( 120 TPa , 0a c b c-= = ), wird die Maximallast bereits bei einer Verschiebung von x ou l = 0,043 erreicht. Diese liegt ca. 7 % unter der Maximallast der von-Mises-Fließbedingung. Ein ähnlicher Abfall ist bei Verwen- dung einer 1I - 2J - 3J -Fließbedingung ( 118,32 TPaa c -= , 14 TPab c -= ) zu beobachten. Der starke Lastabfall der Last-Verschiebungs-Kurven nach Erreichen der Maximallast resultiert aus der Einschnürung der Proben, die an der Stelle der maximalen Last beginnt. Bei der von-Mises-Fließbedingung beginnt sich ein um 45° geneigtes Scherband erst lange nach Erreichen der Maximallast bei einer Verschiebung von x ou l = 0,1211 zu entwickeln. Der zusätzliche 1I -Einfluss in der Fließbedingung ( 120 TPa , 0a c b c-= = ) führt zu einem wesentlich früheren Lokalisierungsbeginn bei x ou l = 0,055, wobei das Scherband um 43° zur Horizontalen geneigt ist. Wird zusätzlich ein geringer 3J -Einfluss ( 118,32 TPaa c -= , 6 Numerische Untersuchungen 78 14 TPab c -= ) berücksichtigt, tritt die Lokalisierung noch etwas früher bei einer Verschie- bung von x ou l = 0,045 ein, die Scherbandneigung bleibt dabei unverändert. Abbildung 6.10: Last-Verschiebungs-Kurven bei Verwendung verschiedener Fließbedingun- gen für 4330-Stahl Auch für das verfestigende Material wurde eine Studie durchgeführt, bei der der maximale 3J -Einfluss, d. h. max. 147,62 TPab c -= , gewählt wurde. Dabei stellte sich allerdings keine Lokalisierung ein, ebenso wie bei Verwendung von 1I - 2J - 3J -Fließbedingungen mit b c - Werten, die kleiner als der hier betrachtete Maximalwert sind. Das Verformungsverhalten des verfestigenden Stahls ist in Abb. 6.11 und Abb. 6.12 für die von-Mises- bzw. 1I - 2J -Fließbedingung anhand der Entwicklung der Verformungsfiguren bei unterschiedlichen Verschiebungszuständen dargestellt, wobei die jeweils maximal aufge- brachte Verschiebung nach Abb. 6.10 je nach verwendeter Fließbedingung stark differiert. Auf die Darstellung der Verformungsfiguren, die sich mit einer 1I - 2J - 3J -Fließbedingung ergeben, wird verzichtet, da sie sich gegenüber der Ausgangsprobe nur geringfügig verformt haben. Unabhängig von der verwendeten Fließbedingung ist eine starke Einschnürung der 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1 0,12 0,14 -1 -1 -1 0 20 TPa , 0 18,32 TPa , 4 TPa a b c c a b c c a b c c = = = = = = [ ]-x o u l [ ] max -P P Beginn der Lokalisierung 6 Numerische Untersuchungen 79 Proben zu erkennen. Dies korrespondiert zu dem in Abb. 6.10 erkennbaren starken Lastabfall in den Last-Verschiebungs-Kurven. Abbildung 6.11: Entwicklung der Verformungsfiguren bei einer von-Mises-Fließbedingung ( 0a c b c= = ) für 4330-Stahl 0,45 max x x u u = 0,60 max x x u u = 0,77 max x x u u = 0,92 max x x u u = 1,0 max x x u u = 6 Numerische Untersuchungen 80 Bei der vom hydrostatischen Spannungszustand unabhängigen Fließbedingung, Abb. 6.11, ist das Scherband nicht sehr stark ausgeprägt, weil die Entwicklung einerseits lange nach der Maximallast beginnt, bei der die Probe schon eine starke Einschnürung aufweist, und andererseits kurz vor der maximal aufgebrachten Verschiebung einsetzt, sodass die Einschnü- rung weiterhin das Deformationsverhalten dominiert. Bei der vom hydrostatischen Spannungszustand abhängigen Fließbedingung, Abb. 6.12, ist das Scherband deutlich zu erkennen. Durch die zusätzlich vorhandene starke Einschnürung ist es aber nicht so scharf abgegrenzt wie bei dem Material mit dem ausgeprägten Sättigungsver- halten (vgl. Abb. 6.9). Abbildung 6.12: Entwicklung der Verformungsfiguren bei einer 1I - 2J -Fließbedingung ( -120 TPa , 0a c b c= = ) für 4330-Stahl 0,52 max x x u u = 0,70 max x x u u = 0,87 max x x u u = 1,0 max x x u u = 6 Numerische Untersuchungen 81 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass bei dem verfestigenden Material (4330-Stahl) die in Versuchen beobachtete Abhängigkeit der Vergleichsspannung vom hydrostatischen Spannungszustand zu einem wesentlich früheren Lokalisierungsbeginn und einer geringeren Lastaufnahmekapazität führt als bei Verwendung einer vom hydrostatischen Spannungszu- stand unabhängigen Vergleichsspannung. Aufgrund der bei diesem duktilen Metall vorhandenen starken Einschnürung, die das Verformungsverhalten dominiert, zeichnen sich die auftretenden Scherbänder nicht so scharf ab wie bei dem zuvor untersuchten Metall mit ausgeprägtem Sättigungsverhalten. Die Einflüsse der Invarianten 1I und 3J auf die plasti- zierten Bänder bzw. Scherbänder lassen sich hier deswegen in dieser ausgeprägten Form nicht beobachten. 6.3 Parameterstudie zum elastisch-viskoplastischen Materialverhalten In diesem Kapitel wird anhand einer Parameterstudie der Einfluss des Materialmodells auf das ratenabhängige Deformations- und Lokalisierungsverhalten der in Abb. 6.1 dargestellten frei gelagerten Zugprobe mit aufgebrachter geometrischer Imperfektion untersucht. Die Ergebnisse werden mit denen des ratenunabhängigen Verhaltens aus Kapitel 6.2 verglichen, weshalb das System und die aufgebrachte Belastung Kapitel 6.2 entsprechen. Als Material wird hierfür das Metall mit dem ausgeprägten Sättigungsverhalten und der deutlichen Konzentration der inelastischen Deformationen in Scherbändern („Martensitstahl“) gewählt. Die Materialparameter sind in Kapitel 6.2.1 aufgeführt. In der Parameterstudie wird zunächst der Einfluss des Viskositätsparameters auf das Defor- mations- und Lokalisierungsverhalten untersucht. Anschließend erfolgt eine Analyse des Einflusses der aufgebrachten globalen Verzerrungsgeschwindigkeit auf dieses Materialver- halten. An dieser Stelle sei noch darauf hingewiesen, dass hier kein reales Materialverhalten abgebil- det, sondern die Auswirkung des Materialmodells untersucht wird, indem bestimmte das ratenabhängige Materialverhalten beeinflussende Faktoren variiert werden. 6 Numerische Untersuchungen 82 6.3.1 Einfluss des Viskositätsparameters m auf das Deformations- und Lokalisierungs- verhalten Da für den hier untersuchten Stahl nur experimentelle Daten aus statischen Versuchen vorliegen (siehe Kapitel 6.2.1), wird im Rahmen dieser Parameterstudie für die Beschreibung des ratenabhängigen Verhaltens ein häufig vorgeschlagenes und für numerische Zwecke geeignetes Exponentialgesetz verwendet (vgl. Perzyna [88], [91], [92] oder Bodner und Partom [13], [14]). Das hier gewählte Exponentialgesetz nach Perzyna [88], [91], [92] enthält den Viskositätsparameter m und wird in Kapitel 6.4.1 näher erläutert. Für kleine m ergibt sich dabei ein großer Viskositätseinfluss, während für m ® ¥ als Grenzfall die Ratenunab- hängigkeit, also kein Viskositätseinfluss, resultiert. In einer Parameterstudie wird der Einfluss des Viskositätsparameters m auf das Deformations- und Versagensverhalten bei Verwendung einer 2J -, 1I - 2J - sowie 1I - 2J - 3J -Fließfunktion untersucht, die sich durch entsprechendes Setzen der Parameter a c und b c aus (3.41) ergibt. Die globale bezogene Verschiebung x ou l wird auch als Ingenieurdehnung bezeichnet, sodass die Zeitableitung x ou l& als Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit angesehen werden kann. Die Untersuchung des Einflusses von m erfolgt bei einer vergleichsweise geringen Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit von 5 14 10 sx ou l - -= ×& . Bei diesen numerischen Berechnungen wird ein signifikanter Einfluss des Viskositätspara- meters m auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten nachgewiesen, wobei sich Bereiche für m angeben lassen, in denen ein gleichartiges Verhalten vorhanden ist. Diese Bereiche können fließend ineinander übergehen oder durch Abschnitte, in denen keine Lokalisierung stattfindet, unterbrochen werden. Unter dem Begriff Lokalisierung wird auch hier gemäß Kapitel 5.3 die Entwicklung des makroskopisch als Scherband in Erscheinung tretenden Phänomens verstanden. In Abb. 6.13 sind die plastischen Zonen bei Lokalisierungsbeginn in Abhängigkeit von dem Viskositätsparameter m bei einer nur von 2J abhängigen Vergleichsspannung ( 0a c b c= = ) dargestellt. Die Grafik, für deren Erstellung eine Vielzahl von numerischen Berechnungen durchgeführt wurde, zeigt einen Ausschnitt aus dem für m möglichen Definitionsbereich. Die 6 Numerische Untersuchungen 83 abgebildeten plastischen Zonen sind dabei repräsentativ für die Bereiche mit gleichartigem Verhalten angegeben. Abhängig von der Größenordnung des Viskositätsparameters lassen sich vier ineinander übergehende Bereiche mit unterschiedlichem Deformations- und Lokalisierungsverhalten einteilen. In der Grafik durch verschiedene Graustufungen gekennzeichnete Felder stellen Bereiche dar, in denen eine Lokalisierung stattfindet, weiß unterlegte markieren Bereiche, in denen keine Lokalisierung einsetzt. Der erste Bereich (ganz rechts in Abb. 6.13) umfasst ratenunabhängiges Materialverhalten und ratenabhängiges Verhalten mit einem geringen Viskositätseinfluss, also mit m im Potenzbereich von 10n mit 1n ³ . Hier herrscht das für Ratenunabhängigkeit und die von- Mises-Fließbedingung typische Materialverhalten vor, d. h. bei Lokalisierungsbeginn formiert sich in Probenmitte ein breites plastiziertes Band, das unter einem Winkel von 45° gegenüber der Belastungsrichtung geneigt ist, wie in Abb. 6.8 für das elastisch-plastische Materialver- halten zu sehen ist. Abbildung 6.13: Darstellung der plastischen Zonen bei Lokalisierungsbeginn und variieren- dem Viskositätsparameter m unter Verwendung einer von-Mises-Fließfunk- tion ( 0a c b c= = ) -n1 10 nÎ 31 10-× 21 10-× raten- unabhängig 11 10-× 1 10 100 1Viskositätsparameter sm -é ùë û 6 Numerische Untersuchungen 84 Im anschließenden zweiten Bereich, mit dem Viskositätsparameter m aus dem Potenzbereich 10n mit 1 1n- £ £ , weisen die Proben ein wesentlich schmaleres plastiziertes Band auf, ebenfalls mit einer Neigung von 45°. Mit wachsendem Viskositätseinfluss, also kleiner werdendem m, tritt zusätzlich zu dem plastizierten Band eine Einschnürung in Probenmitte auf. Für m im Potenzbereich von 10n mit 2 0n- £ £ erfährt die Probe zunächst nur eine Einschnürung und das plastizierte Band entwickelt sich wesentlich später als in den vorangegangenen Bereichen. Die Breite des plastizierten Bandes hat u. a. aufgrund der fortgeschrittenen Einschnürung zum Zeitpunkt des Lokalisierungsbeginns zugenommen. Verglichen mit der Breite des plastizierten Bandes bei ratenunabhängigem Verhalten ist die Breite in diesem Bereich deutlich geringer, die Bandnei- gung bleibt weiterhin unverändert. Für Viskositätsparameter m im Potenzbereich 10 n- mit 2n > , was im Rahmen dieser numerischen Untersuchungen dem maximalen Viskositätseinfluss entspricht, tritt keine Lokalisierung, sondern nur eine starke Einschnürung in Probenmitte auf. Die für diesen Bereich dargestellten plastischen Zonen, welche zur aufgebrachten maximalen globalen Verschiebung von 0,156x ou l = gehören, resultieren aus den im Einschnürbereich lokal auftretenden großen inelastischen Verzerrungen. Analog zur Untersuchung einer von 2J abhängigen Vergleichsspannung wird der Einfluss des Viskositätsparameters für eine 1I - 2J -Fließfunktion ( -120 TPa , 0a c b c= = ) analysiert, wobei 100 numerische Berechnungen durchgeführt wurden. In Abb. 6.14 ist die Auswertung dieser Parameterstudie dargestellt. Auch hier lassen sich in Abhängigkeit von dem Viskositätsparameter m vier signifikante Bereiche mit unterschiedlichem Deformations- und Lokalisierungsverhalten feststellen. Im Gegensatz zur 2J -Fließfunktion gehen die Bereiche hierbei nicht mehr ineinander über. Zwischen den Bereichen, die ein gleichartiges Deformations- und Lokalisierungsverhalten aufweisen, befinden sich Bereiche, in denen keine Lokalisierung auftritt. Der erste Bereich (ganz rechts in Abb. 6.14) umfasst auch hier das ratenunabhängige Materi- alverhalten bis hin zum ratenabhängigen Verhalten mit geringerem Viskositätseinfluss, d. h. m im Potenzbereich 10n mit 1n ³ . Dieser Bereich ist charakterisiert durch das für eine 1I - 2J - Fließbedingung typische ratenunabhängige Verhalten. Bei Lokalisierungsbeginn entsteht in Probenmitte, wie in Abb. 6.8, ein unter 43° geneigtes schmales plastiziertes Band. 6 Numerische Untersuchungen 85 Der zweite Bereich, in dem eine Lokalisierung eintritt (für m aus dem Potenzbereich 10n mit 0n = ), geht einher mit dem Entstehen von doppelten plastizierten Bändern. Bei diesem Material ließen sich doppelte plastizierte Bänder nur bei Ratenunabhängigkeit infolge eines zusätztlichen 3J -Einflusses in der Fließbedingung beobachten (vgl. hierzu Abb. 6.8). Die Lage der beiden plastizierten Bänder zueinander kann sich innerhalb dieses Viskositätspara- meter-Bereiches verändern, so liegen z. B. in den Grenzbereichen – also hin zum ersten und dritten Bereich – die Bänder jeweils am Rand der Probe. An die Grenzbereiche schließen sich nach innen gehend Abschnitte an, in denen die doppelten plastizierten Bänder im mittleren Probenbereich nebeneinander liegen und sich dabei gerade noch schneiden, bzw. in denen sich beide Bänder schneiden und dabei die Tendenz haben, mit verändertem Wert des Viskositätsparameters m aufeinander zuzuwandern. Verglichen mit dem Bereich, der durch das ratenunabhängige Materialverhalten dominiert wird, ist hier die Breite der plastizierten Bänder etwas geringer, wobei die Neigung unverändert bleibt. Abbildung 6.14: Darstellung der plastischen Zonen bei Lokalisierungsbeginn und variieren- dem Viskositätsparameter m unter Verwendung einer 1I - 2J -Fließfunktion ( -120 TPa , 0a c b c= = ) -n1 10 nÎ 31 10-× 21 10-× raten- unabhängig 11 10-× 1 10 100 1Viskositätsparameter sm -é ùë û 6 Numerische Untersuchungen 86 Wie bei der 2J -Fließfunktion tritt auch hier mit wachsendem Viskositätseinfluss (also kleiner werdendem Viskositätsparameter m) zusätzlich zu dem plastizierten Band in Probenmitte eine Einschnürung auf. Für m im Potenzbereich 10 n- mit 1 2n£ £ ist die Probe bei dem später eintretenden Lokali- sierungsbeginn (vgl. Abb. 6.18) bereits eingeschnürt. Die Breite des plastizierten Bandes ist mit einer Neigung von 44° größer als in den beiden anderen Bereichen, was auf die zu diesem Zeitpunkt fortgeschrittene Einschnürung zurückzuführen ist. Wird der Viskositätseinfluss noch größer bzw. der Viskositätsparameter m noch kleiner, tritt keine Lokalisierung mehr auf. Bei der stark eingeschnürten Probe mit ihren plastischen Zonen bei der maximal aufgebrachten globalen Verschiebung 0,188x ou l = ist deutlich zu erkennen, dass die plastischen Zonen nur lokal in dem stark deformierten Einschnürbereich angeordnet sind. In Abb. 6.15 sind die zum maximalen globalen Verschiebungszustand korrespondierenden Verformungsfiguren für die 1I - 2J -Fließfunktion dargestellt. Bei den lokalisierten Proben haben sich aus den plastizierten Bändern (vgl. Abb. 6.14) deutlich ausgeprägte Scherbänder entwickelt. Die Probe aus dem ersten Bereich (ganz rechts in Abb. 6.15) weist das für Ratenunabhän- gigkeit und die 1I - 2J -Fließbedingung typische schmale Scherband mit einer überlagerten leichten Einschnürung auf (vgl. auch Abb. 6.9). Bei der Probe aus dem zweiten Bereich (m aus dem Potenzbereich 10n mit 0n = ) haben sich aus den doppelten plastizierten Bändern doppelte Scherbänder ausgebildet. Das Auftreten von mehrfachen Scherbändern bei Metallen haben auch Belytschko et al. [10], Mathur et al. [68] sowie Heinstein und Yang [40] in ihren numerischen Simulationen festgestellt. Auch bei nicht-metallischen duktilen Werkstoffen ist dieses Phänomen bei experimentellen oder numerischen Untersuchungen zu beobachten (siehe z. B. van der Giessen [34] oder Anand et al. [3]). Für den letzten Bereich in dem eine Scherbandentwicklung stattfindet (m im Potenzbereich 10 n- mit 1 2n£ £ ), weist die Probe zusätzlich eine starke Einschnürung des Querschnitts auf. Das Scherband zeichnet sich hier aufgrund dieser starken Einschnürung nicht so scharf ab. 6 Numerische Untersuchungen 87 Wie bei Abb. 6.14 beschrieben, tritt im letzten Bereich (ganz links in Abb. 6.15), mit maximalem Viskositätseinfluss, keine Scherbandentwicklung auf. Die zugehörige Probe schnürt nur noch stark ein. Abbildung 6.15: Darstellung der Verformungsfiguren bei jeweils maximal aufgebrachter Verschiebung ( max 1,0x xu u = ) unter Verwendung einer 1I - 2J -Fließfunk- tion ( -120 TPa , 0a c b c= = ) Der Einfluß des Viskositätsparameters m auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten wird auch bei zusätzlicher 3J -Abhängigkeit der Fließfunktion analysiert. Dazu wurde eine Parameterstudie mit 122 numerischen Berechnungen mit variierendem m für eine von 1I , 2J -n1 10 nÎ 31 10-× 21 10-× raten- unabhängig 11 10-× 1 10 100 1Viskositätsparameter sm -é ùë û 6 Numerische Untersuchungen 88 und 3J abhängenden Vergleichsspannung ( -114,085 TPaa c b c= = ) durchgeführt, deren Ergebnisse in Abb. 6.16 zu sehen sind. Auch bei der 1I - 2J - 3J -Fließfunktion sind Bereiche mit gleichartigem Deformations- und Lokalisierungsverhalten vorhanden. Diese Bereiche gehen nicht fließend ineinander über, sondern werden wie bei der 1I - 2J -Fließfunktion (Abb. 6.14) durch Abschnitte unterbrochen, in denen keine Lokalisierung eintritt. Für große Viskositätsparameter mit m im Potenzbereich 10n mit 1n ³ (ganz rechts in Abb. 6.16) entspricht das Verhalten dem in Kapitel 6.2.2 für eine 1I - 2J - 3J -Fließbedingung ( -114,085 TPaa c b c= = ) beobachteten ratenunabhängigen Verhalten. Infolge des 3J - Einflusses formieren sich bei diesem Material die bei Lokalisierungsbeginn typischen doppelten plastizierten Bänder im mittleren Probenbereich, die jeweils um 44° zur Belas- tungsrichtung geneigt sind. Die beiden relativ breiten Bänder liegen dabei so dicht nebeneinander, dass sie sich gerade noch schneiden. Im zweiten Bereich (Viskositätsparameter m im Potenzbereich 10n mit 0n = ) beginnt die Lokalisierung fast zur gleichen Zeit wie im ratenunabhängigen Fall. Die entstehenden doppelten plastizierten Bänder besitzen dabei die gleiche Neigung, sind aber wesentlich schmaler und haben zudem die Tendenz, ihre Lage zueinander zu verändern. Diese Tendenz ist allerdings nicht so stark ausgeprägt wie bei der 1I - 2J -Fließfunktion, bei der sich die Bänder zum Teil gar nicht mehr schneiden. Bei den größeren m-Werten innerhalb des betrachteten Bereiches liegen die plastizierten Bänder fast schon nebeneinander. Wird der Viskositätsparameter m innerhalb dieses Abschnitts kleiner und somit der Viskositätseinfluss größer, liegen die beiden Bänder wesentlich enger zusammen. Der letzte Bereich, in dem eine Lokalisierung vorhanden ist (m im Potenzbereich 10 n- mit 1n = ), zeigt ebenfalls die für die 1I - 2J - 3J -Fließbedingung bzw. -Fließfunktion typischen doppelten, sich schneidenden plastizierten Bänder. Die Breite der Bänder hat in diesem Abschnitt wieder etwas zugenommen, die Bandneigung bleibt unverändert. Innerhalb dieses Bereiches beginnt die Lokalisierung mit wachsendem Viskositätseinfluss, d. h. kleiner werdendem m, etwas später. Im letzten dargestellten Bereich mit großem Viskositätseinfluss (m im Potenzbereich 10 n- mit 2n ³ ) tritt keine Lokalisierung ein. Bei der maximal aufgebrachten globalen Verschiebung 6 Numerische Untersuchungen 89 0,0736x ou l = schnürt die Probe nur leicht ein. Die plastischen Zonen verteilen sich entsprechend großflächig über den leicht eingeschnürten mittleren Bereich der Probe. Abbildung 6.16: Darstellung der plastischen Zonen bei Lokalisierungsbeginn und variieren- dem Viskositätsparameter m unter Verwendung einer 1I - 2J - 3J -Fließfunk- tion ( -114,085 TPaa c b c= = ) In Abb. 6.17 sind charakteristische Last-Verschiebungs-Kurven bei Verwendung der 2J - Fließfunktion in Abhängigkeit von dem Viskositätsparameter m dargestellt. Die zugrunde liegenden numerischen Berechnungen wurden für eine Vielzahl von verschiedenen Viskosi- tätsparametern durchgeführt. Dabei zeigten alle Last-Verschiebungs-Kurven ein gleichartiges Verhalten, sodass repräsentativ in Abb. 6.17 nur die zu -10,05 sm = , -10,01 sm = und -10,005 sm = gehörenden Kurven angegeben sind. Zusätzlich ist noch die zur ratenunabhän- gigen Berechnung gehörende Last-Verschiebungs-Kurve aus Kapitel 6.2.2 dargestellt, um das ratenunabhängige und ratenabhängige Verhalten vergleichen zu können. Der Beginn des erstmaligen inelastischen Fließens tritt hier bei allen Berechnungen mit variierendem Viskositätsparameter zum gleichen Zeitpunkt ein. Der Grund dafür liegt in der Prämisse des in dieser Arbeit verwendeten elastisch-viskoplastischen Modells, dass nur das -n1 10 nÎ 31 10-× 21 10-× raten- unabhängig 11 10-× 1 10 100 1Viskositätsparameter sm -é ùë û 6 Numerische Untersuchungen 90 inelastische Verhalten als ratenabhängig betrachtet wird und damit die anfängliche ratenunab- hängige Referenzspannung og sowohl für das ratenunabhängige als auch für das ratenabhängige Materialverhalten den erstmaligen inelastischen Fließbeginn steuert. Das viskoplastische Fließen tritt erst ein, wenn die statische Fließfunktion F (3.30) größer null ist, während das plastische Fließen eintritt, sobald die Fließbedingung (3.8) erfüllt ist. Es hat sich aber gezeigt, dass dieser Unterschied bei den hier betrachteten numerischen Berechnungen den erstmaligen Fließbeginn nicht beeinflusst. Die Größe des elastischen Bereiches hängt hier also nicht von dem Viskositätsparameter ab. Bei Modellen, die sowohl das elastische als auch das inelastische Verhalten als ratenabhängig betrachten, wie z. B. Deseri und Mares [27], tritt das erstmalige Fließen zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein, d. h. der elastische Bereich ist um so größer, je größer der vorhandene Viskositätseinfluss ist. Abbildung 6.17: Last-Verschiebungs-Kurven in Abhängigkeit von dem Viskositätsparameter m bei Verwendung einer 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) Prinzipiell zeigen die zu den ratenabhängigen Berechnungen gehörenden Kurven ein ähnli- ches Verfestigungsverhalten wie die aus der ratenunabhängigen Berechnung. Für größere Viskositätsparameter bis m aus dem Potenzbereich 110- , also geringerem Viskositätseinfluss, 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1 0,12 0,14 0,16 [ ]-x o u l [ ] max -P P o 1 1 1 ratenunabhängig 0,05 s 0,01 s 0,005 s Lokalisierungsbeginn m m m - - - = = = 6 Numerische Untersuchungen 91 ergibt sich sogar ein nahezu identisches Verfestigungsverhalten, z. B. bereits bei -10,5 sm = . Der zunehmende Viskositätseinfluss (kleiner werdender m-Wert) macht sich einerseits in der Steigerung der aufnehmbaren Last bemerkbar, andererseits wird eine anwachsende stabilisie- rende Wirkung im numerischen Algorithmus erreicht. Bei der ratenunabhängigen Berechnung tritt der Lokalisierungsbeginn bereits kurz hinter der maximal aufnehmbaren Last bei 0,0184x ou l = ein. Mit zunehmendem Viskositätseinfluss setzt die Lokalisierung bei den ratenabhängigen Berechnungen später ein, z. B. für -10,05 sm = bei 0,1x ou l = , wenn die Probe bereits eingeschnürt ist und schließlich gar nicht mehr, wie in Abb. 6.13 durch den weißen Bereich dargestellt ist. Dass sich infolge der Ratenabhängigkeit die Entwicklung der Scherbänder verzögert, wird auch von Peirce et al. [84] beschrieben. Für eine 1I - 2J -Fließfunktion ( -120 TPa , 0a c b c= = ) und eine 1I - 2J - 3J -Fließfunktion ( -114,085 TPaa c b c= = ) sind ebenfalls zahlreiche numerische Berechnungen mit verschie- denen Viskositätsparametern m durchgeführt worden. Dabei ergibt sich für beide Fließfunktionen prinzipiell der gleiche Viskositätseinfluss auf die Last-Verschiebungs-Kurven hinsichtlich Steigerung der aufnehmbaren Last, anwachsender stabilisierender Wirkung der numerischen Berechnung und späterem Lokalisierungseintreten, wie zuvor für die 2J -Fließfunktion beschrieben. Aus diesem Grund sind in Abb. 6.18 nur zur 1I - 2J -Fließfunktion gehörende repräsentativ ausgewählte Last-Verschiebungs-Kurven dargestellt. Bei Verwendung der 1I - 2J - 3J -Fließfunktion befindet sich der Bereich der Viskositätspara- meter m, für den die ratenabhängigen Berechnungen eine nahezu identische aufnehmbare Last wie im ratenunabhängigen Fall liefern, in der gleichen Größenordnung wie bei Verwendung der 2J -Fließfunktion. Für die 1I - 2J -Fließfunktion ist dieser Viskositätsparameter-Bereich aufgrund des auftretenden Phänomens von doppelten Scherbändern, wie in Abb. 6.15 dargestellt, deutlich kleiner. In Abb. 6.18 ist repräsentativ für die Viskositätsparameter, die zu doppelten Scherbändern führen, die zu -15 sm = gehörende Last-Verschiebungs-Kurve angegeben. Sie weist in dem Bereich nach Erreichen der Maximallast einen geringeren Lastabfall auf als die zur ratenunab- hängigen Berechnung sowie die zu -10,05 sm = gehörenden Kurven. 6 Numerische Untersuchungen 92 Abbildung 6.18: Last-Verschiebungs-Kurven in Abhängigkeit von dem Viskositätsparameter m bei Verwendung einer 1I - 2J -Fließfunktion ( -120 TPa , 0a c b c= = ) Der 1I -Einfluss auf das Materialverhalten macht sich mit zunehmendem Viskositätseinfluss auch darin bemerkbar, dass die Last-Verschiebungs-Kurven nach Erreichen der maximal aufnehmbaren Last mit zunehmender Verschiebung deutlich stärker voneinander abweichen als bei der reinen 2J -Fließfunktion. Bei der 1I - 2J - 3J -Fließfunktion ist der Einfluss der Viskositätsparameter auf die aufnehmbare Last am geringsten, auch nach Erreichen der aufnehmbaren Maximallast weichen die einzelnen Last-Verschiebungs-Kurven nur wenig voneinander ab. In Abb. 6.19 wird die bezogene aufnehmbare Maximallast – wobei oc die anfängliche raten- abhängige Fließspannung und oA die Ausgangsquerschnittsfläche der Probe bezeichnet – über dem logarithmisch aufgetragenen Viskositätsparameter m für verschiedene Fließfunktio- nen dargestellt. Dabei kann schon der Fall -1500 sm = als ratenunabhängig angesehen werden, da die abgebildeten Kurven im Bereich größerer Viskositätsparameter einen asymptotischen Verlauf zeigen. 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1 0,12 0,14 0,16 0,18 0,2 o 1 1 1 1 ratenunabhängig 5 s 0,05 s 0,01 s 0,005 s Lokalisierungsbeginn m m m m - - - - = = = = [ ] -x o u l [ ] max -P P 6 Numerische Untersuchungen 93 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass sich bei der 1I - 2J -Fließfunktion die Formierung doppelter Scherbänder nicht auf die maximal aufnehmbare Last auswirkt; wie in Abb. 6.18 (Kurve mit -15 sm = ) zu erkennen, bewirken sie einen geringeren Lastabfall nach Erreichen der Maximallast. Mit zunehmendem Viskositätseinfluss (also kleiner werdendem m) steigen die Belastungs- werte nichtlinear an, wobei der Anstieg bei der 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) mit 3,72 %, bezüglich der maximalen Belastung im ratenunabhängigen Fall, am stärksten ist. Infolge des 1I -Einflusses nimmt die maximal aufnehmbare Last mit kleiner werdendem m lediglich um 1,25 % zu, was auch in etwa bei der 1I - 2J - 3J -Fließfunktion ( -114,085 TPaa c b c= = ) zu beobachten ist. Wie für das ratenunabhängige Materialverhalten in Kapitel 6.2.2 gezeigt, ergeben sich auch beim ratenabhängigen Verhalten die größten aufnehmbaren Lasten bei der 2J -Fließfunktion, während die 1I - 2J -Fließfunktion die geringsten liefert. Abbildung 6.19: Darstellung der bezogenen Maximallast bei variierendem Viskositätspara- meter m in Abhängigkeit von verschiedenen Fließfunktionen 1,14 1,16 1,18 1,2 1,22 1,24 1,26 1,28 0,001 0,01 0,1 1 10 100 10001sm -é ùë û -1 -1 0 14,085 TPa 20 TPa , 0 a b c c a b c c a b c c = = = = = = [ ]max 0 0 -P c A× 6 Numerische Untersuchungen 94 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Viskositätsparameter bei dem untersuchten Material einen großen Einfluss auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten hat, wobei eine Abweichung von der isochoren 2J -Abhängigkeit der Vergleichsspannung weitere Effekte mit sich bringen kann. Dies sind z. B. das Auftreten von doppelten plastizierten Bändern bzw. Scherbändern bei der 1I - 2J -Fließfunktion oder eine Veränderung der Lage der plastizierten Bänder zueinander wie bei der 1I - 2J - 3J -Fließfunktion. Unabhängig von der verwendeten Fließfunktion führt ein zunehmender Viskositätseinfluss, der hier durch Variation des Viskositätsparameters gesteuert wird, zu einer Steigerung der aufnehmbaren Last, einer anwachsenden stabilisierenden Wirkung der numerischen Berech- nungen und einem späteren Lokalisierungsbeginn mit veränderter Breite der plastizierten Bänder bzw. Scherbänder oder auch dem Ausbleiben einer Entwicklung von plastizierten Bändern bei Lokalisierungsbeginn. Ein geringerer Viskositätseinfluss führt dagegen zu einem dem ratenunabhängigen nahezu identischen Verhalten. Nachdem der Einfluss der Viskosität auf die Last-Verschiebungs-Kurven und die aufnehm- bare Maximallast in Abhängigkeit von der verwendeten Fließfunktion untersucht worden ist, wird nun der Einfluss der Invarianten 1I und 3J auf die Gesamtentwicklung der aufnehmba- ren Last in Abhängigkeit des Viskositätsparameters m analysiert. Dafür werden die Ergebnisse der vorangegangenen numerischen Berechnungen bei Verwen- dung einer 2J - ( 0a c b c= = ), einer 1I - 2J - ( -120 TPa , 0a c b c= = ) und einer 1I - 2J - 3J - Fließfunktion ( -114,085 TPaa c b c= = ) für den Viskositätsparameter -10,05 sm = bzw. -10,005 sm = in Abb. 6.20 bzw. Abb. 6.21 dargestellt. Für -10,05 sm = verhalten sich die Kurven ähnlich zueinander wie im ratenunabhängigen Fall (siehe Abb. 6.6). Die 2J -Fließfunktion führt über den gesamten globalen Verschiebungsbe- reich zu den größten Belastungswerten, die 1I - 2J -Fließfunktion zu den kleinsten. Der zusätzliche 3J -Einfluss macht sich hier etwas stärker bemerkbar als im ratenunabhängigen Fall, was daran zu erkennen ist, dass hier die zugehörige Last-Verschiebungs-Kurve deutli- cher von der zur 1I - 2J -Fließfunktion gehörenden Kurve abweicht. 6 Numerische Untersuchungen 95 Abbildung 6.20: Last-Verschiebungs-Kurven in Abhängigkeit von der verwendeten Fließ- funktion bei dem Viskositätsparameter m = 0,05 -1s Bei einem Viskositätsparameter von -10,05 sm = sind die viskosen Einflüsse gering, sodass nahezu der Grenzfall des ratenunabhängigen Materialverhaltens erreicht wird. Wird der Viskositätseinfluss gesteigert, ändert sich das Verhältnis der Last-Verschiebungs-Kurven zueinander. Sie verlaufen nach Erreichen der Maximallast nicht mehr parallel wie in Abb. 6.20, sondern schneiden sich. Für den im Rahmen dieser Untersuchungen größten vorhandenen Viskositätseinfluss ( -10,005 sm = ) ist dieser Effekt am stärksten ausgeprägt, siehe Abb. 6.21. Bereits ab einer globalen Dehnung von 6,7 %x ou l ; liefert die 2J -Fließfunktion nicht mehr die größten aufnehmbaren Belastungswerte, sondern die kleinsten. Die 2J -Fließfunktion führt damit zur Vorhersage der größten aufnehmbaren Maximallast, aber gleichzeitig auch zur geringsten aufnehmbaren Last im Bereich fortgeschrittener globaler Dehnung. Bei der maximalen Dehnung 0,156x ou l = beträgt der Unterschied zu der zur 1I - 2J -Fließfunktion gehörenden Belastung etwa 11,9 %. 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1 [ ]-x o u l [ ] max -P P -1 -1 0 20 TPa , 0 14,085 TPa a b c c a b c c a b c c = = = = = = 0 0 0,504 0,519 A A A A = = 6 Numerische Untersuchungen 96 Abbildung 6.21: Last-Verschiebungs-Kurven in Abhängigkeit von der verwendeten Fließ- funktion bei dem Viskositätsparameter m = 0,005 -1s Dieses Verhalten lässt sich anhand der globalen Spannung, die als Verhältnis von aufnehmbarer Last zur aktuellen Querschnittsfläche in Probenmitte definiert wird, und des Verhältnisses der aktuellen Querschnittsflächen zueinander erklären. Im Folgenden wird nur auf die 2J - und die 1I - 2J -Fließfunktion eingegangen, für zusätzlichen 3J -Einfluss gilt Entsprechendes. Zunächst wird dazu der ratenunabhängige Fall betrachtet. In dem Last-Verschiebungs- Diagramm (Abb. 6.6) ergibt sich die Abnahme der aufnehmbaren Last aus der Reduzierung der aktuellen Querschnittsfläche A in Probenmitte infolge der vorhandenen Einschnürung. Bei der 2J -Fließfunktion reduziert sich die Fläche um 13,74 %, bei zusätzlichem 1I -Einfluss um 12,92 % bezogen auf die Ausgangsfläche oA (gemessen bei der maximalen Verschiebung 0,0432x ou l = der 1I - 2J -Fließfunktion). Das Verhältnis von aufnehmbarer Last zur Querschnittsfläche A ist bei der 2J -Fließfunktion größer als bei der 1I - 2J -Fließfunktion und beträgt 2 2 1 2 1 2 1,0418J J I J I JP A P A- -= × . Da der Unterschied der beiden reduzierten Quer- schnittsflächen nur 0,95 % beträgt (d. h. 2 1 2J I JA A -; ), gilt über den gesamten globalen 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1 0,12 0,14 0,16 0,18 [ ]-x o u l [ ] max -P P -1 -1 0 20 TPa , 0 14,085 TPa a b c c a b c c a b c c = = = = = = 0 0 0,575 0, 4384 A A A A = = 0 0,8522A A = 0 0,9398A A = 6 Numerische Untersuchungen 97 Verschiebungsbereich 2 1 2J I JP P -> , d. h. die 2J -Fließfunktion führt zur Vorhersage der größten aufnehmbaren Belastungswerte. Auch bei dem ratenabhängigen Materialverhalten gilt weiterhin, dass die 2J -Fließfunktion zu einer größeren globalen Spannung führt – bei gleichzeitiger stärkerer Reduzierung der Ausgangsfläche oA . Letzteres wird in Abb. 6.22 anhand übereinander projizierter Deformati- onsfiguren unter Verwendung einer 2J - bzw. 1I - 2J -Fließfunktion bei einer Verschiebung von 0,112x ou l = verdeutlicht. Wie in Abb. 6.20 zu erkennen ist, beträgt für beide Fließfunktionen bei dem geringen Visko- sitätseinfluss ( -10,05 sm = ) das Verhältnis der aktuellen Querschnittsfläche A zu der Ausgangsquerschnittsfläche oA bei maximaler globaler Dehnung jeweils nur noch rund 50 %. Der Unterschied der beiden aktuellen Querschnittsflächen 2JA und 1 2I JA - zueinander beträgt aber lediglich 3 %, sodass weiterhin die größere globale Spannung der 2J -Fließfunktion ( 2 2 1 2 1 2 1,0743J J I J I JP A P A- -= × ) zu der größeren aufnehmbaren Belastung führt. Werden die beiden verformten Proben gemäß Abb. 6.22 übereinandergelegt, ist die geringe Abweichung der Einschnürtiefe von 3 % nicht erkennbar, die Deformationsfiguren sind nahezu identisch (weswegen auf eine Darstellung in Abb. 6.22 verzichtet wurde). Abbildung 6.22: Darstellung der Verformungsfiguren der 2J - und 1I - 2J -Fließfunktion bei einer globalen Dehnung von 0,112x ou l = 2J -Fließfunktion 1I - 2J -Fließfunktion 2J -Fließfunktion 1I - 2J -Fließfunktion 6 Numerische Untersuchungen 98 Ein Vergleich verschiedener Last-Verschiebungs-Diagramme mit größerem Viskositätsein- fluss zeigt, dass nicht allein das Verhältnis der aktuellen Querschnittsfläche ausschlaggebend für den unterschiedlichen Lastabfall sein kann. So beträgt z. B. für -10,01 sm = der Unter- schied der Querschnittsflächen im Schnittpunkt der zugehörigen Last-Verschiebungs-Kurven, für den 2 1 2J I JP P -= gilt, etwa 9,8 %. Für -10,005 sm = (siehe Abb. 6.21) beträgt er vor dem Schnittpunkt der beiden Kurven bei 0,056x ou l = sogar 10,28 % (bezogen auf die Ausgangs- fläche oA reduziert sich 2JA um 14,78 % und 1 2I JA - um 6,02 %), die aufnehmbaren Lasten aus der 2J - und 1I - 2J -Fließfunktion stimmen aber erst bei einer Verschiebung von 0 0,0672xu l = mit einem vorhandenen Flächenunterschied von 17,7 % überein (mit 2 0,8082oJA A = und 1 2 0,9516oI JA A- = ). Das bedeutet, dass zusätzlich zum Verhältnis der Querschnittsflächen das Verhältnis der globalen Spannungen einen Einfluss hat. Damit gilt also 2 1 22 2 2 2 1 21 2 1 2 1 2 1 1 . J I JJ J J J I JI J I J I J P PP A A P PP A A - -- - - > Þ >ìï× í< Þ <ïî Die 2J -Fließfunktion führt nur dann zu größeren Belastungswerten, wenn der Zuwachs an globaler Spannung 2 2J JP A gegenüber der globalen Spannung 1 2 1 2I J I JP A- - größer ist als die Reduktion des Querschnitts 2JA verglichen mit 1 2I JA - . So ist bei -10,005 sm = für die Verschiebung 0,156x ou l = die Ausgangsfläche oA bei der von-Mises-Fließfunktion um 56,16 % und infolge zusätzlichen 1I -Einflusses nur um 42,5 % reduziert. Der Unterschied der beiden Flächen zueinander von 31,2 % (also 2 1 2 1 1,312J I JA A - = ) ist hier viel größer als das Verhältnis der zugehörigen globalen Spannungen von 2 2 1 2 1 2 ( ) ( ) 1,1725J J I J I JP A P A- - = . Dies führt dazu, dass die zur von-Mises- Fließfunktion gehörende Belastung 2JP deutlich unter der aus der 1I - 2J -Fließfunktion resultierenden Belastung liegt. Dass die Proben mit zunehmendem Viskositätseinfluss bei gleicher aufgebrachter Verschie- bung 0,112x ou l = eine geringere Einschnürung in Probenmitte aufweisen, und dass sich mit zunehmendem Viskositätseinfluss die unterschiedlich starke Einschnürung der Proben bei Verwendung einer 2J - und 1I - 2J -Fließfunktion immer stärker ausprägt, kann man auch 6 Numerische Untersuchungen 99 anhand der übereinander projizierten unverformten und verformten Zugproben in Abb. 6.22 erkennen. Der zusätzliche 1I -Einfluss führt bei dem Viskositätsparameter -10,01 sm = zu einer deutlich erkennbaren geringeren Einschnürung in Probenmitte bei einer ansonsten der 2J -Fließfunk- tion sehr ähnlichen Deformationsfigur. Mit zunehmender Viskosität macht sich dieser Einfluss auch in einem leicht veränderten globalen Verformungsverhalten bemerkbar. Wie bei der verformten Probe bei -10,005 sm = zu sehen ist, schnürt diese in Probenmitte ein und wird zusätzlich über die gesamte Probenlänge schmaler, was zu einer Reduzierung des Endquerschnitts um 3,23 % führt. In Abb. 6.23 und Abb. 6.24 sind die jeweils auf die Ausgangskonfiguration normierten Verformungsfiguren bei maximal aufgebrachter Verschiebung in Abhängigkeit von verschie- denen Viskositätsparametern für die 2J - und 1I - 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = bzw. -120 TPa , 0a c b c= = ) angegeben. Abbildung 6.23: Darstellung der Verformungsfiguren bei jeweils maximal aufgebrachter Verschiebung ( max 1,0x xu u = ) und der 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) 6 Numerische Untersuchungen 100 Die jeweils maximal aufgebrachte Verschiebung in Abb. 6.23 bzw. Abb. 6.24 differiert dabei stark je nach verwendetem Viskositätsparameter (vgl. dazu Abb. 6.17 bzw. Abb. 6.18). Bei geringem Viskositätseinfluss ( -10,05 sm = ) ist trotz der vorhandenen relativ starken Einschnürung die Ausbildung eines Scherbandes erkennbar, welches sich bei der 1I - 2J - Fließfunktion (Abb. 6.24) etwas deutlicher abzeichnet als bei der 2J -Fließfunktion (Abb. 6.23). Mit zunehmendem Viskositätseinfluss (abnehmender Viskositätsparameter) wird das Defor- mationsverhalten überwiegend durch Einschnürung dominiert. Bei der 1I - 2J -Fließfunktion ist zusätzlich zur Einschnürung eine Querschnittsreduzierung über die gesamte Probenlänge vorhanden (siehe auch Abb. 6.22). Abbildung 6.24: Darstellung der Verformungsfiguren bei Verformungsfiguren bei jeweils maximal aufgebrachter Verschiebung ( max 1,0x xu u = ) und der 1I - 2J - Fließfunktion 6 Numerische Untersuchungen 101 Mit Hilfe von Deformationsfiguren kann das globale Verformungsverhalten der gesamten Probe untersucht werden. Im Folgenden wird zusätzlich auch das lokale inelastische Verfor- mungsverhalten eines einzelnen Elementes untersucht. Dafür wird ein Element, das innerhalb des Scherbandes liegt, ausgewählt. Dort treten im Gegensatz zum restlichen Probenbereich konzentriert hohe inelastische Verzerrungen auf. Das ausgewählte Element ist in Abb. 6.25 bzw. Abb. 6.26 in dem zusätzlich angegebenem diskretisierten Probenviertel grau unterlegt und entspricht dem Element, in dem die Lokalisie- rung, wie in Abb. 6.17 und Abb. 6.18 durch ein Kreissymbol gekennzeichnet, begonnen hat. Es liegt somit mitten im vorhandenen Scherband. In Abb. 6.25 und Abb. 6.26 ist für das ausgewählte Element die inelastische Vergleichsdeh- nung g über den Verschiebungswert x ou l aufgetragen. Dabei ist in Abb. 6.25 die Entwick- lung der inelastischen Vergleichsdehnung in Abhängigkeit von dem Viskositätsparameter m für die 2J -Fließfunktion mit 0a c b c= = berücksichtigt. Repräsentativ sind hier nur die zu m = 0,05 -1s , m = 0,01 -1s und m = 0,005 -1s gehörenden charakteristischen Kurven für das ratenabhängige Materialverhalten, sowie die zur ratenunabhängigen Berechnung gehörende Kurve angegeben. Da sich die Probe anfangs elastisch verhält, also nur reversible Verformungen vorhanden sind, und erst bei bzw. nach Erreichen der anfänglichen Fließspannung das erstmalige inelastische Fließen beginnt, also in ¹H 0& , muss die Kurve der inelastischen Vergleichsdeh- nung im elastischen Bereich null sein und kann erst mit dem Fließbeginn Werte ungleich null annehmen. Dabei tritt das erstmalige inelastische Fließen bei allen Proben unabhängig davon, ob die zugehörige Berechnung ratenunabhängig oder ratenabhängig durchgeführt wird, zum gleichen Zeitpunkt ein. Dies bedeutet, dass alle Kurven bei gleichem Wert der Verschiebung x ou l ein erstmaliges Anwachsen der inelastischen Vergleichsdehnung g erfahren. Die Begründung hierfür liegt wiederum in der ratenunabhängigen Betrachtung des elastischen Materialverhaltens. Die zur ratenunabhängigen Berechnung gehörende Kurve erfährt direkt nach dem Entstehen der inelastischen Verzerrung einen starken Anstieg, bis sie am Ende eine maximale Vergleichsdehnung von max 0,7193g = erreicht. Dies gilt auch für ratenabhängiges Material- verhalten mit geringem Viskositätseinfluss (für -15 sm ³ ). 6 Numerische Untersuchungen 102 Abbildung 6.25: Entwicklung der inelastischen Vergleichsdehnung in Abhängigkeit von dem Viskositätsparameter m bei Verwendung einer 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) Die anderen Kurven aus der ratenabhängigen Berechnung steigen nur allmählich mit zuneh- mender Verschiebung x ou l an. Hier weist die Kurve mit dem geringsten Viskositätseinfluss (m = 0,05 s-1) kurz vor der Verschiebung x ou l = 0,03 einen stärkeren Anstieg auf als die mit dem größeren Viskositätseinfluss. Verglichen mit dem ratenunabhängigen Fall werden dabei um 69 % größere inelastische Vergleichsdehnungen erreicht, für die langsamer ansteigenden Kurven bei m = 0,01 s-1 bzw. m = 0,005 s-1 beträgt die Zunahme 54 % bzw. 65 %. Auch bei Verwendung einer 1I - 2J - oder 1I - 2J - 3J -Fließfunktion lässt sich bei der Entwick- lung der inelastischen Vergleichsdehnung in Abhängigkeit von dem Viskositätsparameter Ähnliches beobachten. Für dasselbe Element sind in Abb. 6.26 ebenfalls die zu m = 0,05 -1s , m = 0,01 -1s und m = 0,005 s-1 gehörenden Kurven sowie die zur ratenunabhängigen Berech- nung gehörende Kurve bei Verwendung der 1I - 2J -Fließfunktion ( -120 TPa , 0a c b c= = ) dargestellt. Ein Vergleich von Abb. 6.25 und Abb. 6.26 zeigt, dass die Kurven der beiden Fließfunktionen für den ratenunabhängigen Fall bzw. für den ratenabhängigen Fall mit geringer Viskosität 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 0 0,03 0,06 0,09 0,12 0,15 0,18 [ ]-x o u l [ ]g - 1 1 1 ratenunabhängig 0,05 s 0,01 s 0,005 s m m m - - - = = = 6 Numerische Untersuchungen 103 ( -10,05 sm = ) nur kleine Unterschiede aufweisen. Das lokale inelastische Verformungsver- halten in dem ausgewählten Element entspricht dem beobachteten globalen Verformungsver- halten in Probenmitte. Bei gleicher aufgebrachter Verschiebung sind die Deformationsfiguren unabhängig von der verwendeten Fließfunktion nahezu identisch. Abbildung 6.26: Entwicklung der inelastischen Vergleichsdehnung in Abhängigkeit von dem Viskositätsparameter m bei Verwendung einer 1I - 2J -Fließfunktion ( -120 TPa , 0a c b c= = ) Je größer der Viskositätseinfluss bei der von 1I und 2J abhängigen Vergleichsspannung wird, desto langsamer nimmt die inelastische Vergleichsdehnung nach Beginn des Fließens zu, wodurch die Kurven in Abb. 6.26 mit kleiner werdendem Viskositätsparameter stärker voneinander abweichen als in Abb. 6.25. Das spiegelt auch das in Abb. 6.22 dargestellte globale Verformungsverhalten im Einschnü- rungsbereich wieder, wo der zusätzliche 1I -Einfluss bei gleichem x ou l zu einer geringeren Einschnürung in Probenmitte führt und sich der Unterschied zur 2J -Fließfunktion mit zunehmender Viskosität immer stärker ausprägt. Diese Übereinstimmung mit dem globalen 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 0 0,03 0,06 0,09 0,12 0,15 0,18 [ ]-x o u l [ ]g - 1 1 1 ratenunabhängig 0,05 s 0,01 s 0,005 s m m m - - - = = = 6 Numerische Untersuchungen 104 Verformungsverhalten konnte erwartet werden, da sich das für das lokale Verformungsver- halten ausgewählte Element in Probenmitte befindet. Die inelastische Vergleichsdehnung g bei der 1I - 2J -Fließfunktion wächst für -10,01 sm = und -10,005 sm = wesentlich langsamer an als bei der 2J -Fließfunktion. Trotzdem sind die maximalen g -Werte fast identisch. Das bedeutet allerdings nicht, dass auch das globale Verformungsverhalten nahezu identisch ist, da einerseits mit der inelastischen Vergleichsdeh- nung das lokale Verformungsverhalten eines einzelnen Punktes untersucht wird, und anderer- seits die maximalen inelastischen Vergleichsdehnungs-Werte bei unterschiedlichen globalen Dehnungen x ou l auftreten. Um das unterschiedliche Anwachsen der inelastischen Vergleichsdehnung in Abhängigkeit vom logarithmisch aufgetragenen Viskositätsparameter m im Anfangsbereich besser zu verdeutlichen, werden die Kurven aus Abb. 6.25 bei 0,0536x ou l = ausgewertet (dieser x ou l -Wert entspricht der maximalen globalen Verschiebung der ratenunabhängigen Berech- nung). An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass in Abb. 6.25 nur einige repräsen- tativ ausgewählte Kurven für die Entwicklung der inelastischen Vergleichsdehnung darge- stellt sind. Die Auswertung bei der Verschiebung 0,0536x ou l = wird jedoch für eine größere Bandbreite von Viskositätsparametern m vorgenommen. Dabei erfolgt die Auswertung, wie sie in Abb. 6.27 dargestellt ist, nur für 0a c b c= = , d. h. für die 2J -Fließfunktion. Bei Verwendung der zusätzlichen Invarianten 1I bzw. 3J traten doppelte plastizierte Bänder bzw. Scherbänder auf (vgl. Abb. 6.14 und Abb. 6.16), sodass dort das Problem besteht, ein Element auszuwählen, das jedes Mal wieder im Scherband liegt. Wie bereits in Abb. 6.25 zu sehen war, ergibt sich bei gleicher aufgebrachter Verschiebung und maximalem Viskositätseinfluss ( -10,005 sm = ) die geringste inelastische Vergleichsdeh- nung g . Mit abnehmendem Viskositätseinfluss steigt die Vergleichsdehnung nichtlinear an, wobei die Vergleichsdehnung g anfangs nur allmählich zunimmt. Mit weiterer Abnahme des Viskositätseinflusses steigt die inelastische Vergleichsdehnung drastisch an und besitzt für m ® ¥ , also Ratenunabhängigkeit, eine Asymptote bei 0,7193g = . Dies entspricht der maximalen inelastischen Vergleichsdehnung der ratenunabhängigen Berechnung. 6 Numerische Untersuchungen 105 Abbildung 6.27: Darstellung der inelastischen Vergleichsdehnung über dem Viskositätspara- meter bei einer globalen Verschiebung von 0,0536x ou l = unter Verwen- dung der 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) Bei gleicher globaler Verschiebung 0,0536x ou l = führt die Ratenunabhängigkeit zur Vorhersage einer lokalen plastischen Vergleichsdehnung im Scherband, die um den Faktor 3,4 größer ist als die inelastische Vergleichsdehnung, die sich aus der ratenabhängigen Berechnung mit dem Viskositätsparameter m = 0,005 s-1 ergibt (vgl. Abb. 6.27). Auch für den Viskositätsparameter m = 0,05 s-1, für den die Last-Verschiebungs-Kurven und Deformations- figuren (bei gleicher aufgebrachter Verschiebung x ou l ) nur geringe Abweichungen zu den Ergebnissen der ratenunabhängigen Berechnung besitzen, ist ein Unterschied bezüglich der inelastischen Vergleichsdehnungen von 92,63 % vorhanden. Eine Ursache für die sehr viel größeren Werte der Vergleichsdehnung im betrachteten Element bei Ratenunabhängigkeit und größeren Viskositätsparametern liegt darin, dass dort zu diesem Zeitpunkt (bei 0,0536x ou l = ) bereits eine Scherbandentwicklung begonnen hat (vgl. Abb. 6.17). Bei den ratenabhängigen Berechnungen mit Viskositätsparametern -1 -10,005 s 0,05 sm£ £ ist im Gegensatz dazu zum gleichen Zeitpunkt nur eine leichte Einschnürung vorhanden. 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,001 0,01 0,1 1 10 100 1000 1sm -é ùë û [ ]g - 0,0536x o u l = 6 Numerische Untersuchungen 106 An dieser Stelle sei noch darauf hingewiesen, dass der in Abb. 6.27 dargestellte nichtlineare Zusammenhang zwischen dem Viskositätsparameter und der inelastischen Vergleichsdehnung nur für die ausgewertete Stelle 0,0536x ou l = gilt. Die Auswertung der Kurven aus Abb. 6.25 bei einer Verschiebung 0,0536x ou l < liefert eine Verteilung mit einer geringeren Abweichung der inelastischen Vergleichsdehnungen, bei ansonsten ähnlichem qualitativen Verlauf. Die Begründung dafür liegt darin, dass die lokal begrenzte Scherbandentwicklung bei Ratenunabhängigkeit und größeren Viskositätsparametern noch nicht so weit fortge- schritten ist (vgl. Abb. 6.17) und damit die inelastischen Verzerrungen innerhalb des Scher- bandes im Vergleich noch nicht so stark angewachsen sind. Eine Auswertung in einem anderen Element, welches z. B. außerhalb des Scherbandes oder näher am Probenrand liegt, würde diese drastischen Unterschiede ebenfalls nicht aufweisen. Zusammenfassend lässt sich bei dem untersuchten Material ein großer Einfluss des Viskosi- tätsparameters auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten feststellen. Unabhängig von der verwendeten Fließfunktion kann die Berücksichtigung der Ratenabhängigkeit des inelastischen Materialverhaltens zu einem verstärkt duktilen Verhalten mit späterem Lokali- sierungsbeginn und veränderter Breite des plastizierten Bandes bzw. Scherbandes oder auch zum Ausbleiben einer Scherbandentwicklung führen. Eine Abweichung von der isochoren 2J -Fließfunktion kann bei dem elastisch-viskoplasti- schen Materialverhalten weitere Effekte mit sich bringen. Dies sind z. B. das Auftreten von doppelten Scherbändern bei zusätzlichem 1I -Einfluss oder eine Veränderung der Lage der plastizierten Bänder zueinander bei zusätzlichem 1I - und 3J -Einfluss. Um zuverlässige Aussagen über das Deformations- und Lokalisierungsverhalten treffen zu können, ist es daher notwendig ein möglichst realitätsnahes Materialmodell zu verwenden. Die Berücksichtigung der Ratenabhängigkeit, des hydrostatischen Spannungszustands (durch 1I ) bzw. des unterschiedlichen Zug- und Druckverhaltens (durch 3J ) in der Fließfunktion kann zu vollkommen anderen Aussagen hinsichtlich des Deformations- und Lokalisierungs- verhaltens führen. Ein solchermaßen erweitertes Modell bildet die für das Materialverhalten ursächlichen physikalischen Zusammenhänge deutlich differenzierter ab als die klassische Metallplastizität. Es leistet somit einen signifikanten Beitrag zur Steigerung der Qualität und Zuverlässigkeit entsprechender Simulationsverfahren. 6 Numerische Untersuchungen 107 6.3.2 Einfluss der Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten Im vorangegangenen Kapitel wurde der Einfluss des Viskositätsparameters m auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten eines ausgewählten hochfesten Stahls bei gleichbleibender Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit untersucht. Um Aussagen darüber treffen zu können, welchen Einfluss die Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit bei konstan- tem Viskositätsparameter auf das Materialverhalten hat, wird die Verschiebung doppelt so schnell aufgebracht, d. h. mit 5 -18 10 sx ou l -= ×& . Die in Abb. 6.1 dargestellte Zugprobe besteht dabei weiterhin aus dem in Kapitel 6.3.1 verwendeten Material, dessen Materialparameter in Kapitel 6.2.1 ermittelt wurden. In Abb. 6.28 sind die zur von-Mises-Fließfunktion ( 0a c b c= = ) gehörenden Last-Ver- schiebungs-Kurven für den Viskositätsparameter m = 0,05 -1s (geringer Viskositätseinfluss) und m = 0,005 -1s (großer Viskositätseinfluss) für die Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkei- ten 5 14 10 sx ou l - -= ×& bzw. 5 18 10 sx ou l - -= ×& dargestellt. Die Kurven für 5 14 10 sx ou l - -= ×& sind Ergebnisse aus den numerischen Berechnungen in Kapitel 6.3.1 (Abb. 6.17). Die Berechnungen wurden hier wie bei der vorangegangenen Parameterstudie für eine Vielzahl von Viskositätsparametern durchgeführt. Die ausgewählten charakteristischen Kurven für m = 0,05 -1s und m = 0,005 -1s stehen repräsentativ für den gesamten untersuchten Bereich. Die größere Verzerrungsgeschwindigkeit führt zu einem Anstieg der aufnehmbaren Last. Allerdings ist bei dem geringeren Viskositätseinfluss (m = 0,05 -1s ) der Anstieg infolge der größeren Verzerrungsgeschwindigkeit eher gering, die Kurven für 5 14 10 sx ou l - -= ×& bzw. 5 18 10 sx ou l - -= ×& weichen erst bei fortgeschrittener globaler Dehnung leicht voneinander ab. Mit größer werdendem Viskositätseinfluss ist bereits bei der aufnehmbaren Maximallast ein deutlicher Anstieg in Abhängigkeit von der Verzerrungsgeschwindigkeit vorhanden. Dabei wird mit zunehmender globaler Dehnung die Abweichung der aufnehmbaren Lasten infolge der höheren Deformationsgeschwindigkeit noch ausgeprägter, wie an den Kurven für m = 0,005 -1s erkennbar ist. 6 Numerische Untersuchungen 108 Abbildung 6.28: Last-Verschiebungs-Kurven in Abhängigkeit von dem Viskositätsparameter m und der Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit x ou l& bei der von-Mises- Fließfunktion ( 0a c b c= = ) Ebenfalls ist mit der größeren Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit eine stabilisierende Wirkung auf die numerische Berechnung zu beobachten, die mit zunehmendem Viskositäts- einfluss anwächst. Weiterhin wird ein später eintretender Lokalisierungsbeginn beobachtet (wie auch bei Peirce et al. [84]) bzw. das Ausbleiben einer Scherbandentwicklung – bei der 2J -Fließfunktion tritt beispielsweise bereits ab m = 0,05 -1s keine Scherbandentwicklung mehr ein. Die numerischen Berechnungen mit der Verzerrungsgeschwindigkeit 5 18 10 sx ou l - -= ×& unter Verwendung einer 1I - 2J - ( -120 TPa , 0a c b c= = ) und 1I - 2J - 3J -Fließfunktion ( 114,085 TPaa c b c -= = ) liefern Last-Verschiebungs-Kurven, die ein entsprechendes Verhalten aufweisen, sodass auf deren Darstellung an dieser Stelle verzichtet wird. Die bezogene maximal aufnehmbare Last – wobei oc die anfängliche ratenabhängige Fließspannung und oA die Ausgangsquerschnittsfläche der Probe bezeichnet – ist in Abb. 6.29 mit dem logarithmisch aufgetragenen Viskositätsparameter m für die reine 2J - 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,02 0,04 0,06 0,08 0,1 0,12 0,14 0,16 0,18 0,2 [ ]-x o u l [ ] max -P P 1 5 1 1 5 1 1 5 1 1 5 1 0,05 s , 4 10 s 0,05 s , 8 10 s 0,005 s , 4 10 s 0,005 s , 8 10 s x o x o x o x o um l um l um l um l - - - - - - - - - - - - = = × = = × = = × = = × g g g g 6 Numerische Untersuchungen 109 Fließfunktion ( 0a c b c= = ) und die 1I - 2J -Fließfunktion ( 120 TPa , 0a c b c-= = ) in Abhängigkeit von der Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit dargestellt. Dabei sind die Kurven für 5 14 10 sx ou l - -= ×& aus Abb. 6.19 übernommen. Analog zu Abb. 6.19 kann auch hier schon der Fall -1500 sm = als ratenunabhängig angesehen werden. Abbildung 6.29: Darstellung der bezogenen Maximallast bei variierendem Viskositäts- parameter m und unterschiedlicher Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit unter Verwendung der 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) und der 1I - 2J - Fließfunktion ( 120 TPa , 0a c b c-= = ) Auch bei der größeren Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit bleibt das zuvor bei 5 14 10 sx ou l - -= ×& in Kapitel 6.3.1 beobachtete Verhalten der aufnehmbaren Maximallast in Abhängigkeit von dem Viskositätsparameter bestehen. Die Kurven besitzen eine Asymptote bei der zur ratenunabhängigen Berechnung gehörenden Maximallast und mit zunehmendem Viskositätseinfluss (kleiner werdendem m) steigt die maximale bezogene Belastung nichtlinear an, wobei der Anstieg für die 2J -Fließfunktion am größten ist. Die größere Verzerrungsgeschwindigkeit 5 18 10 sx ou l - -= ×& führt allerdings zu einem wesentlich stärkeren Anwachsen der maximalen Last. Für m = 0,005 -1s beträgt der Anstieg gegenüber der 1,14 1,16 1,18 1,2 1,22 1,24 1,26 1,28 0,001 0,01 0,1 1 10 100 10001sm -é ùë û 5 1 5 1 -1 5 1 -1 5 1 0 , 8 10 s 0 , 4 10 s 20 TPa , 0 , 8 10 s 20 TPa , 0 , 4 10 s x o x o x o x o ua b c c l ua b c c l ua b c c l ua b c c l - - - - - - - - = = = × = = = × = = = × = = = × g g g g [ ]max 0 0 -P c A× 6 Numerische Untersuchungen 110 Maximallast im ratenunabhängigen Fall 6,05 %, bei der Ingenieur-Verzerrungsgeschwindig- keit 5 14 10 sx ou l - -= ×& lediglich 3,72 %. Bei zusätzlichem 1I -Einfluss ( 120 TPa , 0a c b c-= = ) beträgt der Anstieg 2,69 %, im Vergleich zu 1,25 % unter der geringen Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit. Die Verwendung einer 1I - 2J - 3J -Fließfunktion ( 114,085 TPaa c b c -= = ) führt zu einem Anstieg der aufnehmbaren Maximallast, die sich ungefähr in den gleichen Größenordnungen befindet wie bei der 1I - 2J -Fließfunktion. Aus diesem Grund sind die sich aus der 1I - 2J - 3J - Fließfunktion bei 5 18 10 sx ou l - -= ×& ergebenden Maximallasten hier nicht abgebildet. Mit zunehmender Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit zeigen die verformten Proben bei gleicher globaler Dehnung auch eine geringere Einschnürung in Probenmitte. Dies ist für die 1I - 2J -Fließfunktion in Abb. 6.30 bei einer globalen Dehnung von 0,188x ou l = zu sehen. Abbildung 6.30: Darstellung der Verformungsfiguren als Konturplots bei unterschiedlichen Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeiten x ou l& und dem Viskositätspara- meter m = 0,005 -1s für die 1I - 2J -Fließfunktion ( 120 TPa , 0a c b c-= = ) max 0, 272x ou l = 0,188x ou l = , 6 Numerische Untersuchungen 111 Der in Kapitel 6.3.1 beobachtete Effekt, dass der zusätzliche 1I -Einfluss mit zunehmendem Viskositätseinfluss zu einem leicht veränderten globalen Verformungsverhalten hinsichtlich der Querschnittsreduzierung führt, ist bei der größeren Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit noch stärker ausgeprägt. Zusätzlich zur Einschnürung in Probenmitte wird die Probe über die gesamte Probenlänge schmaler, woraus eine Reduzierung des Endquerschnittes um fast 7 % resultiert. Bei weiterer Belastung schnürt die Probe bei 5 18 10 sx ou l - -= ×& verstärkt in Probenmitte ein und führt schließlich bei der maximal aufgebrachten Verschiebung zu einer Reduzierung des Querschnitts in Probenmitte um 59 %. Bei der 2J -Fließfunktion, Abb. 6.31, hat sich auch bei gesteigerter Ingenieur-Verzerrungsge- schwindigkeit das globale Verformungsverhalten bei maximal aufgebrachter Verschiebung nur unwesentlich gegenüber dem Verformungsverhalten bei 5 14 10 sx ou l - -= ×& geändert. Die Querschnittsreduzierung beschränkt sich weiterhin auf den mittleren Probenbereich. Die dort vorhandene Einschnürung führt aufgrund der größeren aufgebrachten Verschiebung bei 5 18 10 sx ou l - -= ×& zu einer stärkeren Reduzierung des Probenmittenquerschnitts. Abbildung 6.31: Darstellung der Verformungsfiguren als Konturplots bei unterschiedlichen Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeiten x ou l& und dem Viskositätspara- meter m = 0,005 -1s bei jeweils maximal aufgebrachter Verschiebung ( max 1,0x xu u = ) für die 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) 6 Numerische Untersuchungen 112 Der Einfluss der Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit auf die Entwicklung des lokalen inelastischen Verformungsverhaltens wird analog zum vorangegangenen Kapitel an demsel- ben Element der Viertelprobe untersucht. In Abb. 6.32 ist dazu die Entwicklung der inelastischen Vergleichsdehnungen für zwei repräsentative Viskositätsparameter bei den Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeiten 5 14 10 sx ou l - -= ×& und 5 18 10 sx ou l - -= ×& unter Verwendung der 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) dargestellt. Die Kurven für die geringere Verzerrungsgeschwindigkeit sind aus Abb. 6.25 übernommen. Auch für die höhere Verzerrungsgeschwindigkeit zeigen die Ergebnisse der numerischen Berechnungen, dass die inelastischen Vergleichsdehnungen g , die erst mit Beginn des inelastischen Fließens Werte ungleich null annehmen, mit zunehmendem Viskositätseinfluss (kleiner werdendem Viskositätsparameter) langsamer anwachsen. Abbildung 6.32: Entwicklung der inelastischen Vergleichsdehnung in Abhängigkeit von dem Viskositätsparameter m und der Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit x ou l& bei der 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 0 0,03 0,06 0,09 0,12 0,15 0,18 [ ]-x o u l [ ]g - 1 5 1 1 5 1 1 5 1 1 5 1 ratenunabhängig 0,05 s , / 4 10 s 0,05 s , / 8 10 s 0,005 s , / 4 10 s 0,005 s , / 8 10 s x o x o x o x o m u l m u l m u l m u l - - - - - - - - - - - - = = × = = × = = × = = × g g g g 6 Numerische Untersuchungen 113 Die ratenunabhängige Kurve und die ratenabhängige mit m = 0,05 -1s und 5 14 10 sx ou l - -= ×& besitzen den stärksten nichtlinearen Anstieg aufgrund des entstehenden Scherbandes, welches durch das betrachtete Element geht (vgl. Lokalisierungsbeginn in Abb. 6.17 bzw. Abb. 6.28). Es fällt auf, dass die beiden g -Kurven mit dem Viskositätsparameter -10,05 sm = wesentlich stärker voneinander abweichen als die zugehörigen Last-Verschiebungs-Kurven in Abb. 6.28. Dieser Effekt lässt sich ebenfalls damit erklären, dass bei der Verzerrungsgeschwindigkeit 5 14 10 sx ou l - -= ×& , gegenüber 5 18 10 sx ou l - -= ×& , das Auftreten eines Scherbandes mit überlagerter Einschnürung zu beobachten ist. Wie in Abb. 6.33 zu sehen, weist die verformte Probe bei 5 18 10 sx ou l - -= ×& nur eine Einschnürung auf. Das für die Entwicklung der inelastischen Vergleichsdehnung betrachtete Element in Abb. 6.32 ist durch die Einschnürung nicht so stark deformiert wie durch die überlagerten Deformationsmechanismen der Einschnürung und des Scherbandes bei 5 14 10 sx ou l - -= ×& , was so auch für alle Elemente in Probenmitte gilt. Wie bereits bei den Last-Verschiebungs-Kurven, Abb. 6.28, beobachtet, führt auch hier (Abb. 6.32) die größere Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit mit zunehmendem Viskosi- tätseinfluss (kleiner werdende m-Werte) und fortschreitender globaler Dehnung zu einem stärkeren Abweichen der Ergebnisse. Abbildung 6.33: Darstellung der Verformungsfigur für m = 0,05 -1s bei 0,1168x ou l = und unterschiedlicher Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit x ou l& für die 2J - Fließfunktion ( 0a c b c= = ) 5 -14 10 sx o u l -= ×& 5 -18 10 sx o u l -= ×& 6 Numerische Untersuchungen 114 Der Einfluss der Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit auf die Entwicklung der inelastischen Vergleichsdehnung bei der 1I - 2J -Fließfunktion entspricht dem bei der von-Mises-Fließfunk- tion beobachteten Einfluss (vgl. Abb. 6.32), sodass auf die Darstellung dieser Ergebnisse verzichtet wird. Zusammenfassend kann man sagen, dass das Deformations- und Lokalisierungsverhalten der untersuchten Rechteckprobe stark von der Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit abhängt. Eine Steigerung der Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit hat dabei ähnliche Auswirkungen auf dieses Verhalten wie die Reduzierung des Viskositätsparameters. Weiterhin haben die Ergebnisse der numerischen Berechnungen gezeigt, dass sich schon der Einfluss einer etwas größeren Verzerrungsgeschwindigkeit um so stärker bemerkbar macht, je größer der Viskositätseinfluss des betrachteten Materials ist. Für zuverlässige Vorhersagen des Deformations- und Lokalisierungsverhaltens mittels numerischer Berechnungen ist es daher wichtig, die reale Belastungsgeschwindigkeit zu implementieren – bei gleichzeitiger möglichst realitätsnaher Materialmodellierung. Dies gilt auch dann, wenn das Material nur einen geringeren Viskositätseinfluss besitzt. 6.4 Elastisch-viskoplastisches Materialverhalten von X6 CrNi 1811-Stahl In diesem Kapitel wird der Einfluss verschiedener viskoser Gesetze auf das ratenabhängige Deformations- und Lokalisierungsverhalten einer aus X6 CrNi 1811-Stahl bestehenden frei gelagerten Zugprobe analysiert. Die Probe ist in Abb. 6.1 dargestellt, eine geometrische Imperfektion wird gemäß Kapitel 6.1 berücksichtigt. Bei dem für die numerische Simulation des ratenabhängigen inelastischen Materialverhaltens ausgewählten X6 CrNi 1811-Stahl handelt es sich um einen hochwarmfesten austenitischen Stahl, der schon bei Raumtemperatur eine deutliche Geschwindigkeitsabhängigkeit aufweist. Anhand der von Westerhoff [116] durchgeführten experimentellen Untersuchungen bei verschiedenen konstanten Verzerrungsgeschwindigkeiten werden im Anschluss in Kapitel 6.4.1 zunächst die benötigten Materialparameter bestimmt. 6 Numerische Untersuchungen 115 6.4.1 Ermittlung der Materialparameter 6.4.1.1 Einaxialer Zugversuch mit konstanter Verzerrungsgeschwindigkeit Aufgrund der bei hohen Temperaturen (oberhalb von ~500°C) unter langzeitiger mechani- scher Beanspruchung vorhandenen guten Festigkeitseigenschaften und der hohen Säurebe- ständigkeit wird dieser Edelstahl u. a. im Dampfkesselbau, Druckbehälterbau, Leitungsbau in der chemischen Industrie und im Bereich der Kerntechnik verwendet (nähere Angaben siehe VdTÜV Werkstoffblatt 313 [112] und DIN 17460 [29]). Als Grundlage für die Ermittlung der Materialparameter werden die bezüglich wahrer Spannungen und zugehöriger Verzerrungen ausgewerteten einaxialen Zugversuche von Westerhoff [116] bei den konstanten Verzerrungsgeschwindigkeiten 5 -110 se -=& , 4 -110 se -=& , 4 -15 10 se -= ×& , 3 -110 se -=& und 2 110 se - -=& benutzt. Dabei hat sich mit der Verzerrungsge- schwindigkeit 5 110 se - -=& eine Spannungs-Dehnungs-Kurve ergeben, die als statisch (raten- unabhängig) angesehen werden kann. Im Folgenden wird diese Verzerrungsgeschwindigkeit als 5 110 sstate e - -= =& & bezeichnet. Der Elastizitätsmodul entspricht hier 208000 MPaE = und die Querkontraktionszahl 0,3n = . Nach Perzyna [88], [91], [92] lässt sich das unter einer dynamischen Belastung beobachtete makromechanische Verhalten von Metallen durch die Funktion ( )FF beschreiben (siehe Kapitel 3.3.2 und 3.3.3). Perzyna hat hierfür in [92] verschiedene Funktionstypen vorgeschla- gen und diese anhand von Versuchsdaten, wie z. B. von Clark und Duwez [25], Campbell und Duby [21], Harding et al. [38] und Hauser et al. [39], näher untersucht. Dabei hat sich gezeigt, dass die beste Übereinstimmung mit den experimentellen Daten bei Verwendung einer Potenzfunktion ( )F F dF = (6.5) und einer Exponentialbeziehung ( ) exp 1F FF = - (6.6) erzielt wird. Aus diesem Grund werden diese beiden Funktionen im Weiteren verwendet. Aus der Vergleichsspannung (3.43) erhält man mit (3.50), (4.57) und der Umkehrfunktion von (6.5) eine Vergleichsspannung, deren Abhängigkeit von der Verzerrungsrate durch eine Potenzfunktion beschrieben wird: 6 Numerische Untersuchungen 116 1 2( , ) ( ) 1c g m a d g g g g g é ùæ öê ú= + ç ÷ç ÷ê úè øë û & & , (6.7) mit der Umkehrfunktion von (6.6) folgt entsprechend eine Vergleichsspannung: 2( , ) ( ) 1 ln 1c g m ag g g g g é ùæ ö = + +ê úç ÷ç ÷ê úè øë û & & . (6.8) Hier erfolgt die Beschreibung des Zusammenhanges zwischen Vergleichsspannung und Verzerrungsrate über eine Exponentialbeziehung. Im Folgenden werden (6.7) und (6.8) als Potenz- bzw. Exponentialgesetz bezeichnet. Die bereits in (3.29) eingeführte ratenunabhängige Referenzspannung ( )g g , die von den Invarianten 1I , 2J und 3J abhängt, charakterisiert das Verfestigungsverhalten während des makroskopischen inelastischen Fließens. Sie wird analog zu der Vergleichsspannung ( )c g des ratenunabhängigen inelastischen Materialverhaltens in Kapitel 6.2.1 anhand von Ergeb- nissen aus einaxialen Zug- oder Druckversuchen ermittelt, die als statisch (ratenunabhängig) angesehen werden können. Abb. 6.34 zeigt die experimentellen Daten von Westerhoff [116] aus einem entsprechenden Zugversuch ( 5 110 sstate - -=& ), die analog zu Abb. 6.2 bzw. Abb. 6.3 in einem Diagramm der Referenzspannung über die inelastische Vergleichsdehnung dargestellt sind. Zur numerischen Approximation wird eine Sättigungsfunktion ( ) ( ) tanh os o o s o Hg g g g g g gg æ ö= - +ç ÷-è ø (6.9) verwendet, wobei sich mit der ratenunabhängigen Grenzreferenzspannung sg = 160 MPa, der anfänglichen ratenunabhängigen Referenzspannung og = 111 MPa und dem anfänglichen inelastischen Verfestigungsparameter oH = 2300 MPa eine gute Übereinstimmung mit den experimentellen Daten ergibt (vgl. Abb. 6.34). 6 Numerische Untersuchungen 117 Abbildung 6.34: Referenzspannung in Abhängigkeit von der inelastischen Vergleichsdeh- nung für X6 CrNi 1811-Stahl, Experimentdaten: Westerhoff [116] Die experimentellen Daten aus einaxialen Zugversuchen mit konstanten Verzerrungsge- schwindigkeiten 4 -1 4 -1 3 -110 s , 5 10 s , 10 se e e- - -= = × =& & & und 2 110 se - -=& von Westerhoff [116] werden durch die numerische Approximation der ratenabhängigen Vergleichsspannung ( , )c g g& mit (6.7) und (6.8) beschrieben. Dabei wird angenommen, dass die angegebene Verzerrungsgeschwindigkeit der inelastischen entspricht. Die Versuchskurven werden separat für jede Verzerrungsgeschwindigkeit ausgewertet, sodass der Viskositätsparameter m in Abhängigkeit von der globalen inelastischen Vergleichsdehnungsrate ermittelt wird. Für die Beschreibung der Vergleichsspannung ( , )c g g& mittels Potenzgesetz (6.7) und Sättigungsfunktion (6.9), erhält man mit dem Exponenten 5d = und den Viskositätsparame- tern m = 1550 -1 s , m = 220 -1 s , m = 41 -1 s und 23m = -1s (bei den zugehörigen Versuchs- kurven mit 4 -110 se -=& , 4 -15 10 se -= ×& , 3 -110 se -=& und 2 110 se - -=& ) eine gute Übereinstim- mung von experimentellen Daten und numerischer Approximation. Diese sind in Abb. 6.35 dargestellt, wobei für jede Verzerrungsgeschwindigkeit e& die Versuchsdaten und die numerischen Approximationen abgebildet sind. 0 40 80 120 160 200 0 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06 0,07 0,08 0,09 0,1 Experiment Numerische Approximation [ ]g - [ ]MPag 5 110 sstate - -=& 6 Numerische Untersuchungen 118 Die numerische Approximation der Vergleichsspannung mit dem Exponentialgesetz (6.8) und der Sättigungsfunktion (6.9) für ( )g g , ergibt mit den Viskositätsparametern m = 0,0015 -1s , m = 0,0037 -1s , m = 0,0048 -1s und m = 0,0235 -1s (bei den zugehörigen Versuchskurven mit 4 -1 4 -1 3 -110 s , 5 10 s , 10 se e e- - -= = × =& & & und 2 -110 se -=& ) ähnliche Zusammenhänge wie in Abb. 6.35 und damit ebenfalls eine gute Übereinstimmung mit den Versuchsdaten von Westerhoff [116]. Abbildung 6.35: Vergleichsspannung in Abhängigkeit von der inelastischen Vergleichsdeh- nung für X6 CrNi 1811-Stahl, Experimentdaten: Westerhoff [116], Numeri- sche Approximation mittels Potenzgesetz Zusätzlich zu den beiden Gesetzen, (6.7) und (6.8), wird in Anlehnung an Hutchinson [47], Pan und Rice [83] sowie Bodner und Partom [13], die im Rahmen der mikromechanischen Versetzungsdynamik die Geschwindigkeit der Versetzung als Funktion der aufgebrachten Spannung beschreiben, zur numerischen Approximation der makroskopischen ratenabhängi- gen Vergleichsspannung ( , )c c g g= & ein viskoses Verfestigungsgesetz (Norton-Gesetz) verwendet ( , ) ( ) m c g gg g g m æ ö= ç ÷è ø && & . (6.10) 0 40 80 120 160 200 0 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06 0,07 0,08 0,09 0,1 [ ]MPac [ ]g - 2 1 3 1 4 1 4 1 5 1 Experiment 10 s 10 s 5 10 s 10 s 10 sstat e e e e e - - - - - - - - - - = = = × = = g g g g g Numerische Approximation 6 Numerische Untersuchungen 119 Aufgrund seiner einfachen mathematischen Handhabung wird dieses Gesetz häufig bei makromechanischen Untersuchungen des ratenabhängigen inelastischen Materialverhaltens verwendet (siehe z. B. Weber und Anand [115], Brünig [18], da Silva und Ramesh [99]). Es enthält ebenfalls die Referenzspannung ( )g g und den hier im Exponenten auftretenden Viskositätsparameter m sowie die inelastische Referenzverzerrungsrate m& , die sich aus 5 110 sstate - -=& ergibt. Analog zum Potenz- und Exponentialgesetz nach Perzyna [88], [91], [92] wird die ratenab- hängige Vergleichsspannung mit dem Norton-Gesetz (6.10) unter Verwendung der Sätti- gungsfunktion (6.9) numerisch approximiert. Dabei wird mit den Viskositätsparametern 0,018m = , m = 0,022, m = 0,0255 und m = 0,031 (für die Versuchskurven mit 410e -=& -1 s , 45 10e -= ×& -1 s , 310e -=& -1 s und 2 -110 se -=& ) ein ähnlicher Zusammenhang wie in Abb. 6.35 und damit eine gute Approximation der experimentellen Ergebnisse von Westerhoff [116] erzielt. Wird dieses Gesetz, (6.10), zusammen mit der in Kapitel 3.3 hergeleiteten Formulierung des elastisch-viskoplastischen Materialverhaltens verwendet, ist ebenfalls das elastisch-plastische Materialverhalten als Grenzfall enthalten. Die ratenabhängige Vergleichsspannung (6.10) reduziert sich auf ( , ) ( )c gg g g=& , wenn entweder für den Viskositätsparameter m = 0 gilt oder die inelastische Vergleichsdehnungsrate g& der Referenzverzerrungsrate m& entspricht. Wie bereits zuvor in Kapitel 6.2.1 ausführlich beschrieben, lässt sich aus den Versuchen von Spitzig und Richmond [104] bei Stählen für das konstante Verhältnis a c , welches den Einfluss des hydrostatischen Spannungszustands beschreibt, der Wert 20a c = TPa-1 ableiten. Da dies gemäß Kapitel 3.3.3 auch für den ratenabhängigen Fall angenommen wird, kann dieser Wert auch für den X6 CrNi 1811-Stahl verwendet werden. Weiterhin kann damit auch die in (6.3) angegebene Beziehung zwischen a c und dem das unterschiedliche Zug- und Druckverhalten beschreibenden Quotienten b c vorausgesetzt werden. Für die numerische Approximation der von Spitzig et al. [105], [106] beobachteten inelasti- schen Volumenzunahme während des inelastischen Fließens wird analog zu Kapitel 6.2.1 das in (6.4) angegebene Sättigungsgesetz benutzt, wobei für ,vol sg der gleiche Wert wie bei dem Material mit ausgeprägtem Sättigungsverhalten („Martensitstahl“) gewählt wird. 6 Numerische Untersuchungen 120 6.4.1.2 Weiterführende Auswertung In Kapitel 6.4.1.1 wurden anhand von einaxialen Zugversuchen mit konstanter Verzerrungs- geschwindigkeit (Westerhoff [116]) die Vergleichsspannungen ( , )c g g& mittels drei verschie- dener viskoser Gesetze, dem Potenz-, Exponential- und Norton-Gesetz, beschrieben, (6.7), (6.8) und (6.10). Der enthaltene Viskositätsparameter m wurde getrennt für jede Versuchs- kurve mit konstanter globaler Verzerrungsgeschwindigkeit 4 -110 se -=& , 4 -15 10 se -= ×& , 3 -110 se -=& und 2 -110 se -=& ermittelt. Die Viskositätsparameter und die zugehörigen globalen Verzerrungsgeschwindigkeiten sind als ( , )me& -Wertepaare für das Potenzgesetz in Abb. 6.36, für das Exponentialgesetz in Abb. 6.37 und für das Norton-Gesetz in Abb. 6.38 dargestellt, wobei e& logarithmisch aufgetragen ist. Diese Diagramme zeigen, dass m nicht nur von der während des Versuchs konstant gehaltenen globalen Verzerrungsgeschwindigkeit abhängt, sondern auch von dem verwendeten viskosen Gesetz und damit keinen Materialparameter darstellt. Die Wertepaare in Abb. 6.36 und Abb. 6.37 lassen sich durch eine nichtlineare Kurve approximieren. Bei Verwendung eines Potenzgesetzes (6.7) scheint die Kurve mit zunehmen- dem e& eine Asymptote bei 0m = zu besitzen und mit abnehmendem e& gegen unendlich zu tendieren. Wird ein Exponentialgesetz (6.8) verwendet, besitzt die approximierte Kurve die Tendenz mit wachsendem e& gegen unendlich zu verlaufen und mit abnehmendem e& gegen null. Aus Abb. 6.38 lässt sich schließen, dass für das Norton-Gesetz (6.10) die Wertepaare durch eine lineare Beziehung approximiert werden können. Da hier nur eine geringe Anzahl von Versuchen mit konstanter globaler Verzerrungsge- schwindigkeit zur Verfügung stand, können die Approximationen nur zur Beschreibung von Tendenzen benutzt werden, für eine allgemeingültige Aussage wären weitere Versuchsdaten nötig. Mit einer entsprechend abgesicherten Approximation könnten die Diagramme, Abb. 6.36 bis Abb. 6.38, zur Bestimmung des Viskositätsparameters m bei einer beliebigen konstanten globalen Verzerrungsgeschwindigkeit e& dienen, ohne dass Versuchsdaten zu genau dieser konstanten globalen Verzerrungsgeschwindigkeit vorliegen müssten. Damit könnte ein breites Spektrum an numerischen Simulationen des elastisch-viskoplastischen Materialverhaltens bei konstant gehaltener globaler Verzerrungsgeschwindigkeit durchgeführt werden. 6 Numerische Untersuchungen 121 Abbildung 6.36: Darstellung des Viskositätsparameters m in Abhängigkeit von der Verzer- rungsgeschwindigkeit e& bei Verwendung eines Potenzgesetzes Abbildung 6.37: Darstellung des Viskositätsparameters m in Abhängigkeit von der Verzer- rungsgeschwindigkeit e& bei Verwendung eines Exponentialgesetzes 0 400 800 1200 1600 0,0001 0,001 0,01 0,1 1sm -é ùë û -1se é ùë û g 0 0,005 0,01 0,015 0,02 0,025 0,00001 0,0001 0,001 0,01 0,1 1sm -é ùë û -1se é ùë û g 6 Numerische Untersuchungen 122 Abbildung 6.38: Darstellung des Viskositätsparameters m in Abhängigkeit von der Verzer- rungsgeschwindigkeit e& bei Verwendung eines Norton-Gesetzes 6.4.2 Einfluss verschiedener viskoser Gesetze auf das Deformations- und Lokalisie- rungsverhalten Anhand verschiedener viskoser Gesetze wird deren Einfluss auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten einer aus X6 CrNi 1811-Stahl bestehenden Probe bei Verwendung einer nur von 2J , einer von 1I und 2J sowie einer von 1I , 2J und 3J abhängenden Vergleichsspannung untersucht, die aus (3.41) durch entsprechendes Setzen der Parameter a c und b c resultiert. Als viskose Gesetze werden dabei das Potenzgesetz (6.7), das Exponentialgesetz (6.8) und das Norton-Gesetz (6.10) betrachtet, die zuvor in Kapitel 6.4.1.1 vorgestellt wurden. Die numerischen Berechnungen werden getrennt für die 2J -, die 1I - 2J - und die 1I - 2J - 3J - Fließfunktion für das Potenz-, Exponential- und Norton-Gesetz bei den konstanten Ingenieur- Verzerrungsgeschwindigkeiten 4 -110 sx ou l -=& , 4 -1 5 10 sx ou l -= ×& , 3 -110 sx ou l -=& und 0 0,01 0,02 0,03 0,04 0,00001 0,0001 0,001 0,01 0,1 [ ]-m -1se é ùë û g 6 Numerische Untersuchungen 123 2 110 sx ou l - -=& vorgenommen. Die Werte der Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit x ou l& entsprechen den globalen Verzerrungsgeschwindigkeiten e& der Versuchskurven von Westerhoff [116], für die die Viskositätsparameter m in Kapitel 6.4.1.1 bestimmt wurden. Zu Vergleichszwecken wird ebenfalls eine ratenunabhängige elastisch-plastische Berechnung durchgeführt. Für eine von-Mises-Fließfunktion ( 0a c b c= = ) sind in Abb. 6.39 exemplarisch die Last- Verschiebungs-Kurven bei verschiedenen konstanten Verzerrungsgeschwindigkeiten x ou l& und Verwendung des Potenzgesetzes (6.7) dargestellt. Wie bereits bei der Parameterstudie in Kapitel 6.3 zu sehen war, bewirkt eine größere Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit eine Steigerung der aufnehmbaren Last, sowie eine zunehmende stabilisierende Wirkung auf die numerische Berechnung. Abbildung 6.39: Last-Verschiebungs-Kurven bei Verwendung eines Potenzgesetzes bei verschiedenen Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeiten x ou l& für eine 2J - Fließfunktion ( 0a c b c= = ) Die maximal aufnehmbare Last tritt kurz nach einer aufgebrachten Verschiebung von 0,03x ou l = auf, unabhängig davon, ob die Berechnungen ratenunabhängig oder 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 [ ]-x o u l [ ] max -P P 4 1 3 1 2 1 10 s 10 s 10 s ratenunabhängig x o x o x o u l u l u l - - - - - - = = = g g g 6 Numerische Untersuchungen 124 ratenabhängig durchgeführt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Ingenieur-Verzerrungs- geschwindigkeiten geschieht dies nicht zum gleichen Zeitpunkt. Bei größeren x ou l& wird das Lastmaximum schneller erreicht, z. B. bei 2 110 sx ou l - -=& bereits nach 3,5 Sekunden und bei 4 110 sx ou l - -=& erst nach knapp 6 Minuten. Verglichen mit der ratenunabhängigen Berech- nung steigt der Zuwachs der Maximallast in Abhängigkeit von der Ingenieur-Verzerrungsge- schwindigkeit bis auf 24,70 % an (bei 2 110 sx ou l - -=& ). Wie an den mit einem Kreissymbol gekennzeichneten Stellen in Abb. 6.39 zu erkennen ist, beginnt die Lokalisierung (Entwicklung des makroskopisch als Scherband in Erscheinung tretenden Phänomens gemäß Kapitel 5.3) im ratenunabhängigen Fall kurz nach dem Lastma- ximum bei einer globalen Dehnung von 0,039x ou l = . Mit zunehmender Ingenieur-Verzer- rungsgeschwindigkeit tritt der Lokalisierungsbeginn bei immer größeren Verschiebungen auf, so z. B. für 4 110 sx ou l - -=& bei 0,114x ou l = , für 3 110 sx ou l - -=& bei 0,183x ou l = und bei 2 110 sx ou l - -=& erst bei 0,258x ou l = (vgl. Peirce et al. [84]). Die Last-Verschiebungs-Kurven, die aus dem Norton-Gesetz (6.10) bei den unterschiedlichen Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeiten resultieren, zeigen ein ähnliches Verhalten wie die Kurven in Abb. 6.39. Mit dem Exponentialgesetz (6.8) erhält man Last-Verschiebungs-Kurven, die ein anderes Verhalten aufweisen, wie in den folgenden Diagrammen, Abb. 6.40 bis Abb. 6.43, zu sehen ist. Im Gegensatz zu dem Potenz- und Norton-Gesetz wird hierbei keine Lokalisierung vorhergesagt, obwohl die vorangegangene Parameterstudie zum elastisch-viskoplastischen Materialverhalten (Kapitel 6.3.1) gezeigt hat, dass sich für eine von-Mises-Fließfunktion bei Verwendung eines Exponentialgesetzes durchaus Bereiche für den Viskositätsparameter m angeben lassen, in denen eine Lokalisierung stattfindet (vgl. Abb. 6.13 bzw. Abb. 6.17). Der Grund für diese Diskrepanz der Ergebnisse – hinsichtlich der Verwendung des Exponen- tialgesetzes in Kapitel 6.3.1 und diesem Kapitel – liegt darin, dass in der Parameterstudie (Kapitel 6.3.1) für eine fixe globale Verzerrungsgeschwindigkeit der Viskositätsparameter m über sechs Zehnerpotenzen variiert wurde, wogegen hier der Viskositätsparameter separat für jede Verzerrungsgeschwindigkeit aus realen Versuchskurven bestimmt wurde (siehe Kapitel 6.4.1.1). Die Auswertung dieser experimentellen Daten hat dabei ergeben, dass eine feste Abhängigkeit zwischen aufgebrachter globaler Verzerrungsgeschwindigkeit und 6 Numerische Untersuchungen 125 Viskositätsparameter besteht; d. h. zu jeder Verzerrungsgeschwindigkeit gehört genau ein Viskositätsparameter. Aufgrund dessen unterscheiden sich die Ergebnisse der Parameterstudie – bei der kein reales Materialverhalten abgebildet, sondern der Einfluss des Viskositätsparameters m untersucht wird – und die in diesem Kapitel 6.4.2 vorgestellten Ergebnisse – die auf realen Versuchsda- ten basieren und somit realistischer erscheinen. In Abb. 6.40 sind die zur 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) gehörenden Last-Verschiebungs- Kurven dargestellt, die sich für die drei untersuchten viskosen Gesetze (6.7), (6.8) und (6.10) bei einer Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit von 4 110 sx ou l - -=& ergeben. Zusätzlich ist die zur ratenunabhängigen Berechnung gehörende Kurve angegeben. Trotz der geringen Verzerrungsgeschwindigkeit (globale Dehnung von 15 %x ou l = wird nach 25 Minuten erreicht) führen das Potenz- und Norton-Gesetz zu einer fast 5 % größeren Maximallast und das Exponentialgesetz sogar zu einer um 12,22 % größeren als die bei Ratenunabhängigkeit vorhergesagte maximale Last. Obwohl mit dem Potenz- und Norton- Gesetz fast die gleichen Maximallasten erzielt werden, weichen die bis dahin nahezu identi- schen Kurven kurz nach dem Maximum voneinander ab. Das Norton-Gesetz führt anschlie- ßend zu den größeren Belastungswerten, was bedeutet, dass die Probe im weiteren Verlauf eine geringere Einschnürung erfährt als bei Verwendung des Potenzgesetzes. Zur Veranschaulichung sind dazu in Abb. 6.41 die Konturplots der verformten und unver- formten Proben bei einer aufgebrachten Verschiebung von 0,15x ou l = abgebildet, die sich unter Verwendung der verschiedenen viskosen Gesetze ergeben. Deutlich ist bei dem Potenzgesetz eine stärkere Einschnürung in Probenmitte zu erkennen, die zu einer Reduzie- rung des Ausgangsquerschnitts von 48,42 %, bei dem Norton-Gesetz dagegen nur von 37,32 % führt. Auch der Lokalisierungsbeginn tritt bei diesen beiden viskosen Gesetzen zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf. Bei dem Norton-Gesetz geschieht dies etwas später, wie an der mit einem Kreissymbol gekennzeichneten Stelle in Abb. 6.40 zu sehen ist. 6 Numerische Untersuchungen 126 Abbildung 6.40: Last-Verschiebungs-Kurven bei einer Ingenieur-Verzerrungsgeschwindig- keit 4 -110 sx ou l -=& in Abhängigkeit von verschiedenen viskosen Gesetzen für die 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) Die zum Exponentialgesetz gehörende Kurve weist in Abb. 6.40 über den gesamten Verschiebungsbereich die größten Belastungswerte auf. Nach Erreichen des Lastmaximums nimmt die Belastung, verglichen mit den zum Potenz- und Norton-Gesetz gehörenden Kurven, nur allmählich ab. Bei der numerischen Simulation mit dem Exponentialgesetz ist die Einschnürung in Probenmitte also wesentlich geringer als bei den beiden anderen Gesetzen. Die aufgebrachte globale Dehnung beträgt dafür fast das dreifache. Betrachtet man die sich mit dem Exponentialgesetz ergebende verformte Probe bei der aufgebrachten Verschiebung von 0,15x ou l = in Abb. 6.41, dann fällt auf, dass diese keine Einschnürung in Probenmitte aufweist, sondern dass die gesamte Probe nahezu gleichmäßig schmaler wird. Hier wird deutlich, dass die zugrunde gelegten einaxialen Zugversuche allein nicht für eine Beurteilung ausreichen, welches viskose Gesetz das reale Materialverhalten am besten abbildet. Für eine entsprechende Verifikation sind weitere Versuchsdaten nötig. 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 [ ]-x o u l [ ] max -P P Norton-Gesetz Potenzgesetz Exponentialgesetz ratenunabhängig 6 Numerische Untersuchungen 127 Abbildung 6.41: Darstellung der Verformungsfiguren als Konturplots bei einer Ingenieur- Verzerrungsgeschwindigkeit 4 110 sx ou l - -=& und aufgebrachter Verschie- bung von 0,15x ou l = in Abhängigkeit von verschiedenen viskosen Geset- zen für die 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) Wird die Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit auf 3 110 sx ou l - -=& erhöht, ergeben sich die in Abb. 6.42 dargestellten Last-Verschiebungs-Kurven. Bei dieser zwar um eine Zehnerpo- tenz erhöhten Geschwindigkeit, die immer noch als relativ langsam bezeichnet werden kann (globale Dehnung von 15 %x ou l = wird nach 2,5 Minuten erreicht), erhält man mit dem Potenz- und Norton-Gesetz eine um fast 14 % größere Maximallast als im ratenunabhängigen Fall. Mit dem Exponentialgesetz ist diese sogar um 33,71 % größer. Bei dieser Verzerrungsgeschwindigkeit sind die Last-Verschiebungs-Kurven des Potenz- und Norton-Gesetzes nahezu identisch. Dies bedeutet, dass die Einschnürungen in Probenmitte nur noch wenig voneinander abweichen. Auch der Lokalisierungsbeginn tritt bei der gleichen Verschiebung von 0,183x ou l = ein. 6 Numerische Untersuchungen 128 Abbildung 6.42: Last-Verschiebungs-Kurven bei einer Ingenieur-Verzerrungsgeschwindig- keit 3 -110 sx ou l -=& in Abhängigkeit von verschiedenen viskosen Gesetzen für die 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) Die langsam abfallende Kurve, die sich aus der numerischen Berechnung bei Verwendung des Exponentialgesetzes ergibt, ist hier nur bis zu einer Verschiebung von 0,6x ou l = dargestellt, obwohl die numerische Berechnung eine noch größere aufgebrachte Verschiebung zugelassen hätte. Eine weitere Steigerung der Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit auf 2 110 sx ou l - -=& , was im Rahmen der in dieser Arbeit vorgestellten numerischen Untersuchungen der schnellsten Verformungsgeschwindigkeit entspricht (globale Dehnung von 15 %x ou l = in 15 Sekun- den), führt zu den in Abb. 6.43 abgebildeten Last-Verschiebungs-Kurven. Die Abweichung von der zur ratenunabhängigen Berechnung gehörenden Kurve ist hier besonders drastisch. So beträgt die Abweichung der maximalen Belastung bei der ratenab- hängigen Berechnung mit dem Potenz- und Norton-Gesetz bereits 24,7 % und mit dem Exponentialgesetz sogar fast 60 %. Bleibt bei der zum Exponentialgesetz gehörenden Kurve das bereits in Abb. 6.40 und Abb. 6.42 dargestellte Verhalten bestehen, so ändert sich das Verhältnis der zum Potenz- und 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 [ ]-x o u l [ ] max -P P Norton-Gesetz Potenzgesetz Exponentialgesetz ratenunabhängig 6 Numerische Untersuchungen 129 Norton-Gesetz gehörenden Kurven bei dieser Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit erneut. Die beiden Kurven sind bis zu einer aufgebrachten Verschiebung von ungefähr 0,1x ou l = identisch, danach liefert das Potenz-Gesetz die größeren Belastungswerte. Wie in Abb. 6.44, die die zugehörigen Konturplots bei einer aufgebrachten Verschiebung von 0,15x ou l = zeigt, zu sehen ist, liegt das an der weniger stark eingeschnürten Probe des Potenzgesetzes. Die Proben scheinen sich bei dieser Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit bis zu einem gewissen Zeitpunkt in gleicher Weise zu verformen. Ab diesem Punkt bewirkt das Norton-Gesetz im Gegensatz zum Potenzgesetz eine stärkere Einschnürung in Proben- mitte. Abbildung 6.43: Last-Verschiebungs-Kurven bei einer Ingenieur-Verzerrungsgeschwindig- keit 2 -110 sx ou l -=& in Abhängigkeit von verschiedenen viskosen Gesetzen für die 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) Mit dem Exponentialgesetz ergibt sich das bereits in Abb. 6.41 beobachtete Verformungsver- halten einer gleichmäßigen Querschnittsreduzierung über die Probenlänge. 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 [ ]-x o u l [ ] max -P P Norton-Gesetz Potenzgesetz Exponentialgesetz ratenunabhängig 6 Numerische Untersuchungen 130 Abbildung 6.44: Darstellung der Verformungsfiguren als Konturplots bei einer Ingenieur- Verzerrungsgeschwindigkeit 2 110 sx ou l - -=& und aufgebrachter Verschie- bung von 0,15x ou l = in Abhängigkeit von verschiedenen viskosen Geset- zen für die 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) Bei dem Potenz- und Norton-Gesetz tritt die Lokalisierung bei 2 110 sx ou l - -=& wieder zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein. Sie beginnt bei dem Norton-Gesetz etwas früher (vgl. Kreissymbol in Abb. 6.43). Um das in der numerischen Simulation mit dem jeweiligen viskosen Gesetz (6.7), (6.8) und (6.10) vorhergesagte Verformungsverhalten der Zugproben vollständig beurteilen zu können, sind in Abb. 6.45 und Abb. 6.46 die verformten Proben am Ende der numerischen Berech- nung bei der maximal aufgebrachten Verschiebung dargestellt, wobei die jeweils maximal aufgebrachte Verschiebung nach Abb. 6.40 bzw. Abb. 6.43 je nach verwendetem viskosen Gesetz stark differiert. Die verformten Proben sind dabei jeweils auf die unverformte Ausgangsprobe normiert. Zu Referenzzwecken ist zusätzlich die ebenfalls normierte Verfor- mungsfigur aus der ratenunabhängigen Berechnung abgebildet. Bei dieser Probe ist deutlich ein relativ breites Scherband in Probenmitte zu erkennen, welches unter dem für die von- 6 Numerische Untersuchungen 131 Mises-Fließbedingung typischen Winkel von 45° geneigt ist. Zusätzlich weist die Probe eine starke Einschnürung auf, die zu einer Reduzierung des Ausgangsquerschnittes um fast 53 % führt. Mit der noch relativ langsamen Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit 4 -110 sx ou l -=& (siehe Abb. 6.45) ergeben sich mit dem Potenz- und Norton-Gesetz ähnliche Verformungsfiguren. Bei dem Potenzgesetz ist das entstandene Scherband in Probenmitte, im Gegensatz zum Norton-Gesetz, noch relativ gut erkennbar. Dass die Scherbänder hier nicht so deutlich ausgeprägt sind, liegt einerseits an der erst lange nach Erreichen des Lastmaximums eintre- tenden Scherbandentwicklung. Zu diesem Zeitpunkt ist die Einschnürung schon weit fortge- schritten. Andererseits beginnt die Scherbandentwicklung relativ kurz vor Abbruch der numerischen Berechnungen (vgl. Kreissymbole in den Last-Verschiebungs-Diagrammen), sodass die nach dem Lokalisierungseintritt aufgebrachte Verschiebung nicht mehr für eine ausgeprägte Entwicklung des Scherbandes ausreicht. Damit ist die Einschnürung der domi- nante Deformationsmechanismus, der bei beiden zu einer um ungefähr 51 % reduzierten Querschnittsfläche in Probenmitte führt. Mit dem Exponentialgesetz wird ein sehr viel duktileres Verformungsverhalten erzielt. Die Probe weist kein Scherband, sondern nur eine starke Einschnürung in Probenmitte auf, die zu einer Reduzierung des Ausgangsquerschnitts um 54,62 % führt. Aufgrund der aufgebrachten Verschiebung in fast dreifacher Höhe ( max 55,05 %x ou l = ) ist die Probe entsprechend länger als die anderen. Konzentrieren sich bei den anderen dargestellten Verformungsfiguren die inelastischen Deformationen hauptsächlich auf den mittleren Probenbereich, so sind sie bei der zum Exponentialgesetz gehörenden Verformungsfigur über die gesamte Probenlänge verteilt. Sie bewirken ein Schmalerwerden der gesamten Probe, wobei sich der Endquer- schnitt um 20,36 % reduziert. 6 Numerische Untersuchungen 132 Abbildung 6.45: Darstellung der Verformungsfiguren bei einer Ingenieur-Verzerrungsge- schwindigkeit 4 110 sx ou l - -=& und jeweils maximal aufgebrachter Verschie- bung ( max 1,0x xu u = ) in Abhängigkeit von verschiedenen viskosen Gesetzen für die 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) Bei der untersuchten maximalen Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit 2 -110 sx ou l -=& sind, wie in Abb. 6.46 zu sehen, für das Potenz- und Norton-Gesetz keine Scherbänder mehr zu erkennen, sondern nur noch ein starkes Einschnüren der Probenmitten. Die Scherbandent- wicklung tritt hier erst kurz vor Ende der numerischen Berechnungen auf (wie in dem Last- Verschiebungs-Diagramm Abb. 6.43 zu erkennen ist), sodass sich aus den oben genannten Gründen die Scherbänder nicht mehr ausgeprägt entwickeln können. Wie bereits zuvor in Abb. 6.45 bei 4 -110 sx ou l -=& zu beobachten war, weisen auch hier das Potenz- und Norton-Gesetz am Ende der numerischen Berechnung sehr ähnliche Deformati- onsfiguren auf, die sogar die gleiche Reduzierung des Querschnitts in Probenmitte von 52 % 6 Numerische Untersuchungen 133 besitzen. Die Proben sind insgesamt schmaler geworden. Bei dem Norton-Gesetz reduziert sich der Querschnitt am Probenende um knapp 8 % und bei dem Potenzgesetz um 9 % . Die sich mit dem Exponentialgesetz ergebende Verformungsfigur besitzt nur eine minimale Einschnürung, die kaum erkennbar ist. Die nahezu gleichmäßige Querschnittsreduzierung über die Probenlänge, bewirkt eine Reduzierung des Endquerschnitts um sogar 36,18 % gegenüber der unverformten Ausgangsprobe. Bei dieser Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit macht sich der Unterschied im vorherge- sagten globalen Deformationsverhalten gegenüber den beiden anderen viskosen Gesetzen am stärksten bemerkbar. Abbildung 6.46: Darstellung der Verformungsfiguren bei einer Ingenieur-Verzerrungsge- schwindigkeit 2 110 sx ou l - -=& und jeweils maximal aufgebrachter Verschie- bung ( max 1,0x xu u = ) in Abhängigkeit von verschiedenen viskosen Gesetzen für die 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) 6 Numerische Untersuchungen 134 Obwohl in allen Fällen die Materialparameter aus denselben experimentellen Daten ermittelt wurden, führen die numerischen Berechnungen mit den unterschiedlichen viskosen Gesetzen zu zum Teil sehr diskrepanten Ergebnissen. Die verwendeten einaxialen Zugversuche allein reichen also nicht für eine Beurteilung aus, welches vorhergesagte Verhalten das reale Materialverhalten am besten abbildet. Für eine entsprechende Verifikation sind, wie bereits erwähnt, weitere Versuchsdaten erforderlich. Neben dem globalen Verformungsverhalten wird im Folgenden auch das lokale Verfor- mungsverhalten anhand der Entwicklung der inelastischen Vergleichsdehnung in einem ausgewählten Element untersucht. Dazu wird ein Element in Probenmitte ausgewählt (grau unterlegt im diskretisierten Probenviertel in Abb. 6.47 bis Abb. 6.49), da dort aufgrund der eintretenden Lokalisierung konzentriert hohe inelastische Verzerrungen zu erwarten sind. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt wie in Kapitel 6.3.1 erläutert. In Abb. 6.47 sind die Entwicklungen der inelastischen Vergleichsdehnungen g dargestellt, die sich bei einer Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit von 4 -110 sx ou l -=& unter Verwen- dung des Potenz-, Exponential- und Norton-Gesetzes, (6.7), (6.8) bzw. (6.10), ergeben. Zusätzlich ist die zur ratenunabhängigen elastisch-plastischen Berechnung gehörende g - Kurve angegeben. Bei diesem Material sind die Werte der inelastischen Vergleichsdehnung g von Anfang an ungleich null, da sofort nach Aufbringen der Verschiebung das inelastische Fließen eintritt. Ein Bereich reversibler Verformungen, bei dem 0g = gilt, wie in Kapitel 6.3.1 (Abb. 6.25 bzw. Abb. 6.26), ist hier deswegen nicht vorhanden. Zu Beginn steigen alle vier Kurven nahezu linear an, weichen jedoch mit zunehmender aufgebrachter Verschiebung voneinander ab. Die zur ratenunabhängigen Berechnung gehörende Kurve weist zunächst den stärksten Anstieg auf und erreicht am Ende eine maximale inelastische Vergleichsdehnung von max 1,339g = . Bei dem Potenz- und Norton- Gesetz setzt die starke Zunahme von g bei einem späteren Verschiebungszustand ein, wobei das Potenzgesetz bei gleicher aufgebrachter Verschiebung die größeren inelastischen Ver- gleichsdehnungswerte liefert. Die Maximalwerte weichen dagegen kaum voneinander ab (Unterschied von 2 %), was dem globalen Verformungsverhalten bei jeweils maximal aufgebrachter Verschiebung max 1,0x xu u = (Abb. 6.45) entspricht. 6 Numerische Untersuchungen 135 Mit dem Exponentialgesetz wächst die Vergleichsdehnung g bis zu einer globalen Dehnung von fast 20 % nahezu linear an. Ein stärkerer Anstieg ist dann erst bei 40 %x ou l = vorhanden. Am Ende wird fast der gleiche Maximalwert wie bei den beiden anderen Gesetzen erreicht. Abbildung 6.47: Entwicklung der inelastischen Vergleichsdehnung bei einer Ingenieur- Verzerrungsgeschwindigkeit 4 110 sx ou l - -=& in Abhängigkeit von verschie- denen viskosen Gesetzen für die 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) Zu beachten ist hierbei, dass der maximale Wert maxg der ratenunabhängigen Berechnung bei einer aufgebrachten Verschiebung von 0,144x ou l = erst nach 4 Stunden erreicht wird (wobei 5 110 sstate - -=& zugrunde gelegt ist). Bei der noch relativ geringen Verformungsge- schwindigkeit 4 -110 sx ou l -=& wird 0,144x ou l = bereits nach 24 Minuten erreicht, wobei die zugehörigen Werte der inelastischen Vergleichsdehnung für das Potenzgesetz 1,0g @ , für das Norton-Gesetz 0,7g @ und für das Exponentialgesetz 0, 2g @ betragen. Nach 24 Minuten wäre die inelastische Vergleichsdehnung der ratenunabhängigen Berechnung dagegen fast noch null. 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 [ ]-x o u l [ ]g - Norton-Gesetz Potenzgesetz Exponentialgesetz ratenunabhängig 6 Numerische Untersuchungen 136 Ein Grund, warum das Potenzgesetz von den drei viskosen Gesetzen bei gleicher aufge- brachter Verschiebung die größten g -Werte liefert, liegt darin, dass mit diesem Gesetz bei gleichem x ou l die stärkste Einschnürung in Probenmitte erfolgt (vgl. Abb. 6.41). Da sich bei dem Potenz- und Norton-Gesetz, im Gegensatz zum Exponentialgesetz, zusätzlich zur Einschnürung ein Scherband entwickelt, besitzen die zugehörigen Vergleichsdehnungs- Kurven einen wesentlich stärkeren Anstieg. Der bei fortgeschrittener aufgebrachter Verschiebung einsetzende starke Anstieg der inelasti- schen Vergleichsdehnung bei dem Exponentialgesetz lässt sich aus der erst spät einsetzenden Einschnürung der Probenmitte, nachdem die Probe über die gesamte Länge schon relativ schmal geworden ist, erklären (vgl. Abb. 6.41 mit 0,15x ou l = und Abb. 6.45 mit max 1,0x xu u = ). Dass schließlich mit allen drei viskosen Gesetzen nahezu die gleiche maximale inelastische Vergleichsdehnung erreicht wird, ist plausibel, wenn man sich das für Abb. 6.47 ausgewählte verformte Element in den Deformationsfiguren bei der jeweils maximal aufgebrachten Verschiebung max 1,0x xu u = in Abb. 6.45 betrachtet, welches bei allen drei Gesetzen ähnlich stark verformt ist. Wie bereits bei der Untersuchung des globalen Verformungsverhaltens zeigt sich auch hier bei der des lokalen Verformungsverhaltens, dass die zugrunde gelegten einaxialen Zugversuche allein nicht für eine Beurteilung ausreichen, welches viskose Gesetz das reale Materialverhalten am besten beschreibt, sodass weitere Versuchsdaten nötig sind, um die Ergebnisse entsprechend verifizieren zu können. Mit zunehmender Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit x ou l& wächst die inelastische Vergleichsdehnung unabhängig von dem verwendeten viskosen Gesetz immer langsamer an, wie in Abb. 6.48 für 3 -110 sx ou l -=& und in Abb. 6.49 für 2 -110 sx ou l -=& zu sehen. Bei der Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit 3 -110 sx ou l -=& (Abb. 6.48) sind die Kurven der inelastischen Vergleichsdehnungs-Entwicklung bei dem Potenz- und Norton-Gesetz fast identisch, ähnlich wie die zugehörigen Last-Verschiebungs-Kurven in Abb. 6.42. Für die zum Exponentialgesetz gehörende Kurve wächst die inelastische Vergleichsdehnung über den gesamten Verschiebungsbereich nur allmählich an. Ein steiler Anstieg wie zuvor bei 4 -110 sx ou l -=& (Abb. 6.47) ist nicht zu beobachten. Der Maximalwert max 0,7192g = 6 Numerische Untersuchungen 137 entspricht damit auch nur noch 65 % des mit den beiden anderen Gesetzen vorhergesagten Maximums. Abbildung 6.48: Entwicklung der inelastischen Vergleichsdehnung bei einer Ingenieur- Verzerrungsgeschwindigkeit 3 110 sx ou l - -=& in Abhängigkeit von verschie- denen viskosen Gesetzen für die 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) Bei einer Steigerung der globalen Verformungsgeschwindigkeit auf 2 -110 sx ou l -=& sind die zum Potenz- und Norton-Gesetz gehörenden Kurven im Anfangsbereich bis 0,05x ou l =: identisch. Mit weiterer Laststeigerung führt das Norton-Gesetz bei gleicher aufgebrachter Verschiebung zu den größeren g -Werten, das Maximum bleibt wie zuvor mit max 1,1g @ identisch. Dieses unterschiedliche Verhalten ist in Abb. 6.49 dargestellt. Auch hier kann sich dieses Verhalten über die Einschnürung der Probenmitten erklären lassen. Bei dieser Verformungsgeschwindigkeit führt das Norton-Gesetz ab einer bestimmten aufgebrachten Verschiebung bei gleichem x ou l -Wert zu der größeren Einschnürung (vgl. Abb. 6.44). Das globale Verformungsverhalten am Ende der numerischen Berechnung bei max 1,0x xu u = ist dagegen sehr ähnlich (vgl. Abb. 6.46). Das in Abb. 6.49 betrachtete 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 [ ]-x o u l [ ]g - Norton-Gesetz Potenzgesetz Exponentialgesetz ratenunabhängig 6 Numerische Untersuchungen 138 Element ist bei dem Potenz- und Norton-Gesetz ähnlich stark verformt, was u. a. mit zu dem gleichen maxg -Wert beiträgt. Das Exponentialgesetz bewirkt bis auf den etwas geringeren Maximalwert maxg eine sehr ähnliche Entwicklung der inelastischen Vergleichsdehnung wie bei 3 -110 sx ou l -=& (Abb. 6.48). Dass eine stärkere Zunahme der Vergleichsdehnung bei den beiden größeren Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeiten fehlt, lässt sich damit erklären, dass die Proben bei diesen Geschwindigkeiten kaum merklich in der Mitte einschnüren, sondern über die gesamte Länge fast gleichmäßig schmaler werden, wodurch sich im mittleren Bereich lokal keine hohen inelastischen Deformationen konzentrieren. Abbildung 6.49: Entwicklung der inelastischen Vergleichsdehnung bei einer Ingenieur- Verzerrungsgeschwindigkeit 2 110 sx ou l - -=& in Abhängigkeit von verschie- denen viskosen Gesetzen für die 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ) Betrachtet man bei den in Abb. 6.46 dargestellten Deformationsfiguren das für die Entwick- lung der inelastischen Vergleichsdehnung ausgewählte Element, so lässt sich erkennen, dass dieses Element bei dem Exponentialgesetz nicht so stark verzerrt ist wie bei dem Potenz- und Norton-Gesetz. Somit ist der geringere maxg -Wert plausibel. 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 1,4 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 [ ]-x o u l [ ]g - Norton-Gesetz Potenzgesetz Exponentialgesetz ratenunabhängig 6 Numerische Untersuchungen 139 Um auch für dieses Material Aussagen über den Einfluss der Parameter a c und b c auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten bei den verschiedenen viskosen Gesetzen treffen zu können, wurden die gleichen Untersuchungen wie zuvor für die 2J -Fließfunktion ( 0a c b c= = ), sowohl für eine 1I - 2J -Fließfunktion ( -120 TPa , 0a c b c= = in (3.41)) als auch für eine 1I - 2J - 3J -Fließfunktion ( -114,085 TPaa c b c= = ) durchgeführt. Repräsentativ sind dafür in Abb. 6.50 die Last-Verschiebungs-Kurven bei einer Ingenieur- Verzerrungsgeschwindigkeit von 4 110 sx ou l - -=& dargestellt, die sich unter Verwendung des Potenzgesetzes (6.7) und den drei oben genannten Fließfunktionen ergeben. Es ist auch hier ersichtlich, dass die zusätzliche Berücksichtigung des hydrostatischen Spannungszustands bei der Vergleichsspannung (3.41), durch die Invariante 1I , zu den geringsten Belastungswerten führt und die weitere Berücksichtigung des unterschiedlichen Zug- und Druckverhaltens, durch die Invariante 3J , Belastungswerte ergibt, die zwischen denen der 2J - und der 1I - 2J -Fließfunktion liegen. Die Gründe dafür wurden bereits in Kapitel 6.2.2 erläutert. Die Unterschiede sind allerdings bei dem hier betrachteten X6 CrNi- Stahl wesentlich geringer als bei den in Kapitel 6.2 betrachteten Stählen. So beträgt der Unterschied bei der maximal aufnehmbaren Last weniger als 1 %. Auch bei der größeren Verformungsgeschwindigkeit, 2 110 sx ou l - -=& , hat dieser Unterschied bei dem Potenz- und Norton-Gesetz nur eine Größe von 1,1 % und bei dem Exponentialgesetz 1,4 %. Die Last-Verschiebungs-Kurven für die verschiedenen Fließfunktionen in Abb. 6.50 schnei- den sich im Gegensatz zu denen in Abb. 6.21 nicht. Der Grund dafür liegt darin, dass hier die viskoplastischen Materialparameter, wie z. B. der Viskositätsparameter m, anhand von Experimenten mit konstanter Verzerrungsgeschwindigkeit e& bestimmt wurden. Dabei wurden für jedes viskose Gesetz die Versuchskurven separat für jedes e& ausgewertet. Bei dieser Auswertung hat sich gezeigt, dass eine feste Abhängigkeit zwischen aufgebrachter Verzerrungsgeschwindigkeit und Viskositätsparameter besteht, sodass zu jeder Verzerrungs- geschwindigkeit genau ein Viskositätsparameter m gehört (vgl. Kapitel 6.4.1.1). In Kapitel 6.3.1 wurde hingegen eine reine Parameterstudie durchgeführt, bei der für eine angenommene, fix gehaltene Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit der Viskositätsparameter m beliebig über sechs Zehnerpotenzen variiert wurde. 6 Numerische Untersuchungen 140 Abbildung 6.50: Last-Verschiebungs-Kurven bei einer Ingenieur-Verzerrungsgeschwindig- keit 4 110 sx ou l - -=& in Abhängigkeit von verschiedenen Fließfunktionen bei Verwendung eines Potenzgesetzes Die Deformationsfiguren der 2J - und 1I - 2J -Fließfunktion weisen bei den unterschiedlichen viskosen Gesetzen nur minimale Unterschiede auf, weshalb auf deren Darstellung an dieser Stelle ebenso verzichtet wird, wie auf die Darstellung der zur 1I - 2J - 3J -Fließfunktion gehörenden Deformationsfiguren, da diese nur eine sehr geringe Verformung aufweisen. Die Lokalisierung (Entwicklung des makroskopisch als Scherband in Erscheinung tretenden Phänomens gemäß Kapitel 5.3) tritt infolge der zusätzlichen Berücksichtigung der Invarianten 1I in (3.41) etwas früher auf als bei der 2J -Fließfunktion, wie für 4 110 sx ou l - -=& an den mit einem Kreissymbol gekennzeichneten Stellen in Abb. 6.50 erkennbar ist. Die verformte Probe zeigt allerdings ein ähnliches Aussehen wie bei der 2J -Fließfunktion, da die Scherbandent- wicklung erst lange nach Erreichen der Maximallast beginnt, zu einem Zeitpunkt bei dem die Probe schon stark eingeschnürt ist. Da bei diesem Material die Einschnürung der dominante Deformationsmechanismus ist und die Last-Verschiebungs-Kurven einen nahezu identischen Verlauf zeigen, ist dieses Ergebnis plausibel. 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,03 0,06 0,09 0,12 0,15 [ ]-x o u l [ ] max -P P -1 -1 0 20 TPa , 0 14,085 TPa a b c c a b c c a b c c = = = = = = Beginn der Lokalisierung 6 Numerische Untersuchungen 141 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich mit den untersuchten viskosen Gesetzen, deren Materialparameter aus denselben Experimenten abgeleitet wurden, für den hier betrachteten Edelstahl ein zum Teil sehr unterschiedliches Deformations- und Lokalisie- rungsverhalten ergibt, wobei dieses Verhalten allerdings kaum von der zusätzlichen Berück- sichtigung der Invarianten 1I und 3J bei der Vergleichsspannung beeinflusst wird. Es hat sich gezeigt, dass mit einem Exponentialgesetz ein wesentlich duktileres globales Verformungsverhalten vorhergesagt wird, bei dem mit zunehmender Ingenieur-Verzerrungs- geschwindigkeit immer weniger ein Einschnüreffekt in Probenmitte auftritt. Dafür kommt es aber über die gesamte Probenlänge zu einer Querschnittsreduzierung von bis zu 36 %. Mit einem Potenz- oder Norton-Gesetz wird dagegen nicht nur eine starke Einschnürung, sondern auch ein Scherband als Deformationssmechanismus vorhergesagt, wobei sich letzteres mit zunehmender Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit weniger stark ausbildet. Auch wenn bei der maximal aufgebrachten Verschiebung die verformten Proben ein sehr ähnliches globales Verformungsverhalten aufweisen, gilt das nicht unbedingt für das Verhalten bei gleicher aufgebrachter Verschiebung. So führt das Potenzgesetz bei geringer Verzerrungsgeschwindigkeit zu einer stärkeren Einschnürung in Probenmitte als das Norton- Gesetz. Bei einer größeren Verzerrungsgeschwindigkeit führt das Potenzgesetz von einem bestimmten Punkt ab jedoch zu der geringeren Einschnürung. Für zuverlässige Aussagen des Deformations- und Lokalisierungsverhalten durch numerische Simulationen sind die vorhandenen Versuchsdaten aus einaxialen Zugversuchen allein noch nicht ausreichend. Für die Beurteilung, welches der viskosen Gesetze das reale Materialver- halten am besten abbildet, ist die Durchführung weiterer Versuche erforderlich. 7 Zusammenfassung und Ausblick 142 7 Zusammenfassung und Ausblick In der vorliegenden Arbeit wurde ein nichtlineares Finite-Element-Modell zur Analyse des ratenunabhängigen und ratenabhängigen inelastischen Deformations- und Lokalisierungs- verhaltens druckabhängiger Metalle entwickelt. In dem Modell werden Ergebnisse aus mikro- und makromechanischen experimentellen Untersuchungen in einer makroskopischen Materialformulierung sowie große elastisch-plastische und große elastisch-viskoplastische Deformationen berücksichtigt. Die kontinuumsmechanische Formulierung basiert auf der multiplikativen Aufspaltung des gemischtvarianten Metrik-Transformationstensors, womit sich sowohl gemischtvariante logarithmische Verzerrungstensoren als auch gemischtvariante Verzerrungsraten definieren lassen, die sich additiv in einen elastischen und inelastischen Anteil zerlegen lassen. Einen Schwerpunkt dieser Arbeit bildet die Formulierung ratenunabhängiger und ratenabhän- giger inelastischer Materialmodelle mit denen das in Versuchen bei Metallen beobachtete vom hydrostatischen Spannungszustand abhängige, im Zug- und Druckbereich unterschiedli- che und inelastisch volumendilatante Materialverhalten numerisch simuliert werden kann. Dafür wird abweichend von der klassischen von-Mises-Metallplastizität in dem ratenunab- hängigen inelastischen Modell eine 1I - 2J - 3J -Fließbedingung verwendet und analog in dem ratenabhängigen inelastischen Modell eine 1I - 2J - 3J -Fließfunktion sowie eine ratenabhän- gige 1I - 2J - 3J -Vergleichsspannung. Die Ermittlung der inelastischen Verzerrungsrate erfolgt mittels nicht-assoziiertem Fließgesetz. Durch eine entsprechende Grenzfallbetrachtung lässt sich zeigen, dass das ratenunabhängige Materialmodell als Sonderfall in der Formulierung des ratenabhängigen Modells enthalten ist. Für die numerische Integration der konstitutiven Gleichungen wird ein expliziter Algorithmus verwendet, der aus einem inelastischen Prädiktor und elastischen Korrektor besteht und sich als effizient, akkurat und stabil erwiesen hat. Bei diesem auf skalaren Größen basierenden Verfahren ist die Herleitung für die Integration der konstitutiven Gleichungen, die das ratenunabhängige elastisch-plastische Materialverhalten beschreiben, auch als Grenzfall in der Herleitung für das elastisch-viskoplastische Materialverhalten enthalten. Die Finite-Element-Formulierung basiert auf der Variationsformulierung des Prinzips der virtuellen Arbeit. 7 Zusammenfassung und Ausblick 143 Anhand numerischer Untersuchungen wurde die Auswirkung des Materialmodells auf das elastisch-plastische und elastisch-viskoplastische Deformations- und Lokalisierungsverhalten einer ebenen metallischen Zugprobe untersucht, was einen weiteren Schwerpunkt dieser Arbeit bildet. Dafür wurde der Einfluss der die Abhängigkeit vom hydrostatischen Span- nungszustand ( 1I ) und vom unterschiedlichen Zug- und Druckverhalten ( 3J ) beschreibenden Materialparameter analysiert, der Einfluss des Viskositätsparamters, der der Ingenieur- Verzerrungsgeschwindigkeit und der verschiedener viskoser Gesetze, die den Zusammenhang zwischen Vergleichsspannung und inelastischer Verzerrungsrate bestimmen. Die numerische Analyse des elastisch-plastischen Materialverhaltens hat deutlich gemacht, dass die Verwendung einer druckabhängigen Fließbedingung zu einem deutlich veränderten Deformations- und Lokalisierungsverhalten führt. Die zusätzliche Berücksichtigung der Invarianten 1I und 3J bewirkt eine Abnahme der aufnehmbaren Last, einen früheren Lokalisierungsbeginn und eine veränderte Scherbandentwicklung. Infolge des 1I -Einflusses treten wesentlich schmalere und schärfer abgegrenzte Scherbänder auf, während infolge des 3J -Einflusses zwei sich schneidende plastizierte Bänder entstehen. Die Verwendung der klassischen von-Mises-Fließbedingung würde in diesem Fall zu einer Überschätzung der Lastaufnahmekapazität führen. Numerische Untersuchungen zum elastisch-viskoplastischen Materialverhalten haben gezeigt, dass mit abnehmendem Viskositätsparameter (was einem zunehmenden Viskositätseinfluss entspricht) eine Steigerung der aufnehmbaren Last, eine anwachsende stabilisierende Wirkung der numerischen Berechnung sowie ein späterer Lokalisierungsbeginn verbunden sind – verglichen mit den Ergebnissen aus ratenunabhängigen Berechnungen. Entsprechendes lässt sich auch bei zunehmender Ingenieur-Verzerrungsgeschwindigkeit beobachten, wobei sich der Einfluss einer größeren Verzerrungsgeschwindigkeit um so stärker bemerkbar macht, je größer der Viskositätseinfluss des betrachteten Materials ist. Die Verwendung von elastisch-viskoplastischen Materialmodellen, bei denen die Abhängig- keit vom hydrostatischen Spannungszustand berücksichtigt wird, kann dabei einen signifi- kanten Einfluss auf das Deformations- und Lokalisierungsverhalten haben. Die Auswirkung der Invarianten 1I und 3J auf die Ausprägung der Scherbänder entspricht der zuvor für den ratenunabhängigen Fall beschriebenen. Darüber hinaus können im ratenabhängigen Fall weitere Effekte auftreten, wie beispielsweise das Entstehen von doppelten Scherbändern 7 Zusammenfassung und Ausblick 144 infolge des 1I -Einflusses oder eine Änderung der Lage der plastizierten Bänder zueinander infolge des zusätzlichen 3J -Einflusses. Bei der numerischen Simulation des elastisch-viskoplastischen Materialverhaltens hat sich weiterhin gezeigt, dass bereits bei geringen globalen Verzerrungsgeschwindigkeiten die Verwendung verschiedener viskoser Gesetze deutliche Unterschiede im Deformations- und Lokalisierungsverhalten zur Folge haben kann. So wird in Abhängigkeit von dem verwende- ten Gesetz ein Scherband mit überlagerter Einschnürung bzw. ein wesentlich duktileres Verhalten mit starker Einschnürung ohne vorhandene Scherbandbildung vorhergesagt. Der ausgeprägte Einfluss verschiedener viskoser Gesetze auf das Deformations- und Lokali- sierungsverhalten verdeutlicht, dass einaxiale Zugversuche allein nicht für die Beurteilung ausreichen, welches dieser Gesetze das reale Materialverhalten am besten abbildet. Für die Klärung dieser Frage wäre die Durchführung entsprechender Versuchsreihen erforderlich. Weiterhin wurde eine feste Abhängigkeit zwischen Viskositätsparameter und aufgebrachter globaler Verzerrungsgeschwindigkeit für die verschiedenen viskosen Gesetze aufgezeigt. Da die Datenbasis zur Ermittlung dieser Gesetzmäßigkeiten auf einer sehr geringen Zahl von Experimenten resultiert, wären auch zur Verifikation dieser Zusammenhänge weitere Versuche sehr vorteilhaft. Das entwickelte Modell lässt sich nicht nur auf metallische Werkstoffe, sondern auch auf andere duktile Materialien anwenden, sodass deren Untersuchung auf Grundlage entspre- chender Experimente Gegenstand weiterer Arbeiten sein sollte. In der praktischen Anwen- dung gewinnen neue Materialien und deren werkstoffkundliche Weiterentwicklungen, wie z. B. Verbundwerkstoffe oder metallische Schäume, eine immer größere Bedeutung. Eine entsprechende Erweiterung des vorgestellten Modells ist daher wünschenswert, um auch für solche Materialien zuverlässige Aussagen zum Deformations- und Lokalisierungsverhalten treffen zu können. Da bekannt ist, dass das mikromechanische Materialverhalten einen wesentlichen Einfluss auf das makromechanische Verhalten haben kann, wäre weiterhin eine Modellerweiterung sinnvoll, die zusätzlich zu verschiedenen Effekten der inelastischen Ratenabhängigkeit (wie z. B. Kriechen) mikroskopische Materialschädigung sowie deren Entwicklung bis hin zum Bruch berücksichtigt. Dies gilt auch für Temperatur-Effekte, die einen wesentlichen Einfluss auf den mikromechanischen Deformationsmechanismus haben. Die Untersuchungsergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die Berücksichtigung der Abhängig- keit des inelastischen Materialverhaltens vom hydrostatischen Spannungszustand und der 7 Zusammenfassung und Ausblick 145 Verzerrungsrate zu einer deutlichen Verbesserung der Modellqualität beiträgt. Das reale makroskopische Verhalten von Metallen kann mit dieser Materialmodellierung genauer als bisher beschrieben werden. Mit dem in dieser Arbeit entwickelten numerischen Modell ist demnach eine zuverlässigere Vorhersagbarkeit des Deformations- und Lokalisierungsverhal- tens von Bauteilen und Strukturen unter komplexen Beanspruchungen möglich. Damit lassen sich z. B. Konstruktionen durch eine höhere Ausnutzung des Werkstoffs bei der Bauteil- Bemessung wirtschaftlicher herstellen oder Schutzstrukturen entwickeln, die eine erhöhte Sicherheit bei gleichem Gewicht bieten. Des Weiteren ermöglicht die daraus resultierende verbesserte Aussagekraft von Simulationsrechnungen eine Reduzierung des experimentellen Aufwandes und Einsparungen bei aufwändigen Versuchsreihen. Literaturverzeichnis 146 Literaturverzeichnis [1] Anand, L.: Constitutive equations for hot-working metals. Int. J. Plasticity 1 (1985), 213-231. [2] Anand, L.: On H. 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Lebenslauf Name: Simone Berger-Bickendorf Geburtsdatum: 20. Oktober 1970 Geburtsort: Witten Staatsangehörigkeit: österreichisch Familienstand: verheiratet seit 21. Juni 2003 Wohnort: Lachterweg 21 44149 Dortmund Aug. 1977 – Juli 1981: Borbach-Grundschule in Witten Aug. 1981 – Mai 1990: Albert-Martmöller-Gymnasium in Witten Abschluss: Abitur Okt. 1990 – Okt. 1996: Bauingenieur-Studium an der Universität Dortmund; Vertiefungsrichtung: Konstruktiver Ingenieurbau (B2) Abschluss: Diplom-Ingenieurin Okt. 1991 – Dez. 1992: Studentische Hilfskraft im Fach Mathematische Methoden im Bauwesen an der Universität Dortmund Apr. 1993 – Dez. 1995: Studentische Hilfskraft am Lehrstuhl für Baumechanik-Statik der Universität Dortmund seit Nov. 1996: Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Baumechanik- Statik der Universität Dortmund