Dr. Thomas Coelen DFG-Graduiertenkolleg "Jugendhilfe im Wandel" Universität Bielefeld Fakultät für Pädagogik Postfach 10 01 31 33501 Bielefeld thomas.coelen@uni-bielefeld.de 0521/106-3049 Ganztägige Bildungssysteme im internationalen Vergleich Zum Verhältnis von formeller und nicht-formeller Bildung in Finnland, Frankreich und den Niederlanden Überarbeitetes Impulsreferat zur Moderation der Arbeitsgruppe „Ganztagsschule - Ganztagsbetreuung - Ganztagsbildung“ auf dem Kongress „Bildung über die Lebenszeit“ an der Universität Zürich, 21.-24. März 2004 Vorbemerkung zum Entstehungszusammenhang In der Arbeitsgruppe haben Ulrike Popp (Universität Klagenfurt), Michael Schratz (Universität Inns- bruck), Tassilo Knauf (Universität Duisburg), Markus Mauchle (Schweizerischer Verein Tagesheim- schulen e. V.) und Beat Wirz (Kanton Basel-Landschaft) über den Stand der Debatten und Umsetzun- gen ganztägiger Bildungseinrichtungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz referiert und dis- kutiert. Die Vortragenden repräsentieren sowohl die drei Länder, deren erziehungswissenschaftliche Verbände den Kongress veranstalteten als auch unterschiedliche Perspektiven aus Wissenschaft (in verschiedenen Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft), Verwaltung und zivil-gesellschaftlichen Gruppen. Anlass und Idee der Arbeitsgruppe Der gesamte Kongress trug den Titel „Bildung über die Lebenszeit“. Damit war die implizite These transportiert: Bildung ist weder nach dem 9./10. oder 12./13. Schuljahr beendet, noch um 12 oder 13 oder 14 Uhr! Bildung ist also mehr als Schulausbildung. Nun gehören allerdings Deutschland, Öster- reich und die Schweiz zu den wenigen europäischen Ländern, die keine ganztägigen Bildungssyste- me besitzen. Und diese Halbtägigkeit ist spätestens seit der PISA-Studie - ob daraus ableitbar, sei hier offen gelassen - zumindest in Deutschland in Frage gestellt worden, was sogar zu einem 4 Mrd. Euro umfassenden Investitionsprogramm der deutschen Bundesregierung zum Ausbau von ganztägigen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen geführt hat. Aber, schon durch eine oberflächli- chen internationalen Vergleich sieht man: 1. Nicht alles, was als ganztägig angesehen wird, geht über den ganzen Tag! (z. B. gibt es in Italien sehr große regionale Unterschiede bezüglich solcher Instituti- onsformen, und Finnland hat entgegen der weit verbreiteten Annahme nur eine „Drei-Viertel-Schule“1), 2. Keines der - mehr oder weniger - ganztägigen Bildungssysteme besteht nur aus Schule: In jedem einzelnen Fall sind Institutionen, Professionen und Disziplinen der „außerschulischen Pädagogik“ (Baacke 1985) beteiligt, sei es mit betreuenden, sei es mit bildenden Funktionen. Deshalb war die Arbeitsgruppe – analog zur Rahmenthese des Kongresses – von dem Vorverständnis geleitet, dass in Ganztagssystemen ein Mischungsverhältnis aus „formeller“ und „nicht-formeller“ Bil- dung gewährleistet sein müsste.2 So ist auch ihr Titel zu verstehen: Die Bezeichnungen „Ganztags- 1 Matthies (2002, S. 39) 2 Der Begriff „formelle Bildung“ wird hier auf solche Institutionalisierungsformen verwandt, die curricular gestuft, zertifizierbar strukturiert und für Zugänge berechtigend organisiert sind. Aus Sicht des Individuums stehen in solchen settings Ergebnis- und Produktorientierungen im Vordergrund, mit dem Ziel, die durchlaufenen Bildungsprozesse und erreichten -ergebnisse in zweck- rationaler Absicht verwerten zu können. Hingegen sind mit dem gleichermaßen institutions- wie subjektbezogenen Begriff „nicht- formelle Bildung“ solche settings gemeint, die unter Abwesenheit von berechtigenden Zertifikaten fakultativ wählbar oder freiwil- lig institutionalisiert sind und deren Inhalte und Methoden systematisch einer relativ großen Gestaltbarkeit seitens der Teilneh- menden unterliegen. Aus Sicht des Einzelnen überwiegen hier Verlaufs- und Prozessorientierungen in wertrationaler Absicht. Als notwendige Komponenten der materiellen bzw. symbolischen Reproduktion demokratisch- kapitalistischer Lebensverhält- nisse stehen formelle und nicht-formelle Bildungsprozesse bzw. -institutionen in einem notwendigen Verhältnis (vgl. Habermas 1981, Richter 1998, Coelen 2002a, Rauschenbach 2004). Neben dieser Unterscheidung zwischen formeller und nicht-formeller Bildung werden hier dritterdings unter „in-formeller Bil- dung“ ungeplante und nicht-intendierte Bildungsprozesse verstanden, die sich im Alltag von Familie, Nachbarschaft, Arbeit und Freizeit ergeben, aber auch fehlen können. Sie sind zugleich unverzichtbare Voraussetzungen und „Grundton“, auf dem formel- le und nicht-formelle Bildung aufbauen (Bundesjugendkuratorium 2002). Solche „informellen“ Bildungsprozesse werden in diesem Forschungsvorhaben nicht untersucht. schule - Ganztagsbetreuung - Ganztagsbildung“ stehen für unterschiedliche Typen des Mischungs- verhältnisses aus „formeller“ und „nicht-formeller“ Bildung. Zur Anlage des Vergleichs Mit dem vorliegenden Beitrag ziehe ich eine erste Zwischenbilanz eines kleinen literaturanalytischen Forschungsprojekts, das - aufbauend auf theoretischen und empirischen Vorarbeiten zum Verhältnis von schulischer und außerschulischer Pädagogik (Coelen 2002a und b) - im November 2002 im Rah- men des DFG-Graduiertenkollegs „Jugendhilfe im Wandel“ an der Fakultät für Pädagogik der Universi- tät Bielefeld begonnen wurde und 2005 in Form einer Typologie ganztägiger Bildungssysteme abge- schlossen sein soll. Diese Zwischenbilanz ist in Form einer Zusammenschau von drei - mehr oder weniger - ‚ganztägigen’ Systemen angelegt.3 Die Angaben zu den jeweiligen nationalen Bildungssystemen sind den Beiträgen von Referent(inn)en der internationalen Konferenz „integrating formal and non-formal education. Ganztagsbildung in der Wissensgesellschaft. Kooperation von Jugendhilfe und Schule im internationalen Vergleich” vom 9. bis 11. Oktober 2003 in Bielefeld entnommen (http://www.uni-bielefeld.de/paedagogik/agn/ag8/ Ganz- tagsbildung.html), die für den diesbezüglichen Tagungsband (Otto/Coelen 2004b) überarbeitet wur- den. Die Autor(inn)en: Wolfgang Hörner (Frankreich), Lea Pulkkinen/Raija Pirttimaa (Finnland) und Manuela du Bois-Reymond (Niederlande) haben sich beim Verfassen ihrer Beiträge an einem Ver- gleichsraster orientiert, das eine Zusammenstellung von verschiedenen Ebenen und Kriterien der Bildungssysteme ermöglicht.4 tertium comparationis In diesem Vergleichsraster werden vier Ebenen unterschieden: organisationsbezogene Fragen (1), personalbezogene Merkmale (2), die Perspektive der Adressaten (3) und schließlich disziplinär- theoretische Aspekte (4). Die vier Ebenen sind nach je drei bis vier Vergleichsdimensionen differen- ziert:5 1. Unter organisatorischen Gesichtspunkten erscheinen vor allem die Trägerschaft und die Fi- nanzierung der Bildungssysteme, die darin vertretenen Formen von Bildung (formell, nicht- formell, informell) und die schul- bzw. unterrichtsbezogenen Funktionen der außerschulischen Arrangements relevant. 2. Im Hinblick auf das die ‚Ganztägigkeit’ gewährleistende Personal sind vor allem ihre formalen Ausbildungsgänge und inhaltlichen Ausbildungsrichtungen, der Grad der Professionalisierung in den Institutionen und das gesellschaftliche Ansehen pädagogischer Berufe von Belang. 3. Aus Sicht der Kinder und Jugendlichen bzw. der Schüler(innen) als unmittelbaren Adressaten wie auch ihrer Eltern als ‚indirekten’ Adressaten der Bildungssysteme erscheinen vor allem die pädagogisch-institutionell verbrachten Zeiten, die Rechtsgrundlagen für den Besuch der Ein- richtungen, die ggf. zu entrichtenden Beiträge und die auf die Adressaten bezogenen Effekte der institutionellen Arrangements von Interesse. 4. Unter einem disziplinär-theoretischen Blickwinkel erscheinen vor allem der Formalstatus der beteiligten Fachdisziplinen in den Wissenschaftssystemen, die verbreiteten – ggf. gemein- samen – Leitbegriffe und der Grad der akademischen Vernetzung relevant. Die Operationalisierung der vier Vergleichsebenen und ihrer jeweiligen -dimensionen geschieht an- hand von je drei bis vier Kriterien, wie aus der folgenden Übersicht hervorgeht (Tab. 1): 3 Die Bezeichnung ‚ganztägig’ ist in Anführungszeichen gesetzt, da von den analysierten Ländern - entgegen der weit verbreite- ten Meinung - nur Frankreich über ein flächendeckendes Ganztags(schul)system verfügt. Hingegen hat Finnland, bis auf ein kleines Modellprojekt, „Drei-Viertel-Schulen“ (Vormittagsunterricht plus Mittagsessen) und die Mehrheit der finnischen Leh- rer(innen) lehnt die Einführung von Ganztagsschulen ab (vgl. Arbeitsgruppe „Internationale Vergleichsstudie“ 2003, S. 186); in den Niederlanden nimmt die Zahl der ganztägigen Bildungsangebote (in Kooperation zwischen schulischen und außerschuli- schen Anbietern) erst in den letzten Jahren zu. 4 Selbstverständlich können Länderdarstellungen einzelner Autor(inn)en nicht als erschöpfende Forschungsquellen für eine solche Zusammenstellung ganztägiger Bildungssysteme gelten. Deshalb ist die vorliegende Darstellung des französischen Systems ergänzt durch Angaben von Alix (2003), Allemann-Ghionda (2003) und Testu (2003) sowie weitere Angaben von Hörner (2002b), die Darstellung des finnischen Systems durch Daten von Kansanen (2002), Matthies (2002) und Renz (2003), die Darstellung des niederländischen Systems durch Nennungen von Brinkmann (1996), Nieslony (1998) und van de Ven (2002); alle Länderdarstellungen sind außerdem ergänzt um die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Internationale Vergleichsstudie“ (2003) und des Literaturberichts von Radisch/Klieme (2003). 5 Eine englischsprachige Erläuterung der zugrunde liegenden methodologischen Überlegungen und des methodischen Vorge- hens ist zu lesen in Coelen (2004b). Tab.1: Ebenen, Dimensionen und Kriterien für den Vergleich ganztägiger Bildungssysteme Vergleichsebenen Vergleichsdimensionen Vergleichskriterien Träger • staatlich-administrativ (national/regional/kommunal) • zivil-gesellschaftlich (kirchlich/vereinsrechtlich etc.) • privat-gewerblich (kommerziell) • privat-familiär Finanzierung • staatlich • zivil-gesellschaftlich • privat-gewerblich • privat-familiär Bildungsformen • formell • nicht-formell • informell 1. Organisation schul- bzw. unterrichts- bezogene Funktionen • unterstützend • ergänzend • ersetzend • eigenständig Ausbildungsgänge • wissenschaftlich (universitär) • auf wissenschaftlicher Grundlage (fachhochschulisch) • berufsfeldbezogen (fachschulisch) • sonstige Ausbildungsrichtungen • schulpädagogisch • sozialpädagogisch/sozialarbeiterisch • freizeitpädagogisch • sonstige (medizinisch/psychologisch etc.) Professionalisierung • professionell • semi-professionell • ungelernt • ehrenamtlich 2. Personal/Profession Ansehen • öffentliches Bild6 Zeiten • schulisch (unterrichtlich/außerunterrichtlich) • sozial- und freizeitpädagogisch • familiär • außerhalb pädagogischer Institutionen (Peer groups/Medien) Rechtsgrundlagen • Pflicht • Freiwilligkeit (fakultativ/frei gewählt) • Rechtsanspruch Beiträge • für Mahlzeiten • für Betreuungen • für Freizeitangebote 3. Adressaten adressatenbezogene Effekte • Lernleistungen • Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Frauenerwerbsquo- te, Geburtenrate) Formalstatus • universitär • fachhochschulisch • fachschulisch • außerhalb formaler Ausbildungsinstitutionen Leitbegriffe • …7 4. Disziplin/Theorie Vernetzung • Forschungsprojekte • Publikationen • Tagungen Im vorliegenden Papier stelle ich die Angaben der genannten Autor(inn)en8 zu den jeweiligen Ländern gegliedert nach den genannten Ebenen und Dimensionen zusammen; am Ende eines jeden Ab- schnitts weise ich auf Informations- und Forschungslücken hin; zum Abschluss wird der jetzige For- schungsstand bewertet und ein kurzer Ausblick auf das weitere Vorgehen gegeben. Vorweg setzte ich jedoch noch eine knappe methodologische Einordnung. Methodologische Einordnung Die vorliegende Zusammenstellung reiht sich ein in den gegenwärtigen Paradigmenwechsel in der International Vergleichenden Erziehungswissenschaft: Die Entwicklung führt weg von einzelnen Län- 6 Diese Vergleichsdimension wird noch operationalisiert. 7 Diese Vergleichsdimension ist bewusst als kriterienlose, offene Liste gehalten. 8 Vgl. Fußnote 4. derstudien, hin zu themenzentrierten Vergleichen mehrerer Bildungssysteme unter spezifischen Prob- lemstellungen (vgl. vgl. Nóvoa 1995; Allemann-Ghionda 2004, S. 180-184). Von den drei Ebenen in- ternationaler Vergleichen in der Erziehungswissenschaft (Schriewer 2000, S. 505): 1. der komparativ methodisierten erziehungswissenschaftlichen Theoriebildung, 2. der theoriegestützten Erklärung der Vielfalt anderskultureller Phänomene und 3. der Vermittlung praktisch-bildungspolitisch relevanten Handlungswissens ist unter den bisherigen Projektbedingungen nur die Ebene 1 (Theoriebildung) und in Ansätzen die Ebene 3 (Hinweise für Bildungspolitik) möglich. Die Ebene 2 (Kulturerklärung) ist nur als Perspektive andeutbar. Von den vier Funktionen internationaler Vergleiche in der Erziehungswissenschaft (Hörner 2002a, S. 3) muss hier zunächst die ideographische, also die vergleichende Beschreibung ganztägiger Bil- dungssysteme im Vordergrund stehen. Dabei ist das vorgestellte Projekt auf der „Meso-Ebene“ (Trep- tow 2002, S. 904-905) internationaler Vergleiche situiert: Das Gegenstandsfeld sind - nur in Deutsch- land so genannte - ‚ganztägige’ Bildungssysteme; die Kontexte sind die PISA-Studie und verwandte Untersuchungen der OECD, aber auch die UNESCO-Expertisen und die beginnende deutsche Bil- dungsberichterstattung zum nicht-formellen und informellen Lernen (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2004); der Forschungstyp ist ein Organisations- und Systemvergleich. Die Bildungssysteme ausgewählter Länder sollen also unter dem Aspekt ihrer - mehr oder weniger - ganztägigen Organisationsform mit drei Zielperspektiven verglichen werden: 1. In wissenschaftlicher Hinsicht geht es um Vorarbeiten für die theoretische Generierung und empiri- sche Fundierung einer Typologie von Ganztagssystemen anhand der heuristischen Typenbezeich- nungen: „Ganztagsschulsystem“, „Ganztagsbetreuungssystem“ und „Ganztagsbildungssystem“. 2. In pädagogisch-konzeptioneller Hinsicht geht es um komparativ gespeiste Anregungen zur Weiter- entwicklung der vielfältigen Modelle ganztägiger Bildungseinrichtungen in den Ländern der Bundesre- publik Deutschland. Das Forschungsziel ist in dieser Hinsicht ein Set von faktischen und möglichen Umsetzungsalternativen. 3. In bildungs- und gesellschaftspolitischer Hinsicht geht es um einen komparatistisch gewonnenen Beitrag zur aktuellen Debatte über die Einführung von vielfältigen Formen ganztägiger Bildungs- und Betreuungseinrichtungen in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland. 1. Zur Organisation der (ganztägigen) Bildungssysteme Unter organisatorischen Gesichtspunkten erscheinen mir vor allem die Trägerschaft und die Finan- zierung der Bildungssysteme, die darin vertretenen Formen von Bildung und die schul- bzw. unter- richtsbezogenen Funktionen der außerschulischen Arrangements relevant. Trägerschaft Auf der organisatorischen Ebene sind in Bezug auf die Trägerschaft folgende Mischungsverhältnisse zwischen Staat, Öffentlichkeit9 und Familien festzustellen: Es gibt sowohl fast allein kommunal getragene Bildungssysteme (wie z. B. Finnland mit nur 4 % Schülern auf so genannten ‚Privatschulen’), als auch Systeme mit weit überwiegend staatlicher Trä- gerschaft (wie Frankreich mit 14 % Privatschülern im Primar- und 20 % im Sekundarbereich) als auch Bildungssysteme mit überwiegend öffentlich getragenen Schule (wie die Niederlande mit 65 % der Schulen in Freier Trägerschaft durch Kirchen, Stiftungen, Vereine etc.). Wie in den meisten Ländern werden die Bildungseinrichtungen in Finnland und den Niederlanden von den lokalen Behörden verwaltet:10 In Finnland sind die Kommunen Besitzer der Schulen, die durch gewählte Gemeinderäte verwaltet werden und dabei unter Aufsicht des nationalen Bildungsministeri- ums stehen. In den Niederlanden werden die kommunalen Schulen (nur 1/3 aller Schulen des Lan- des) zunehmend durch eine juristische Körperschaft im Rahmen des Gemeindegesetzes verwaltet, diese oder die Gemeindräte stellen Lehrer(innen) und Schulleiter(innen) ein. Wie auch die Mehrheit 9 Im Folgenden unterscheide ich zwischen „staatlich-administrativen“ (in den meisten Ländern genauer: kommunal getragenen), „öffentlichen“ (in vielen Ländern durch zivil-gesellschaftliche Stiftungen, Vereinen/Verbänden, Religionsgemeinschaften getra- genen) und „privat-gewerblichen“ (durch kommerzielle Anbieter) getragenen Schulen sowie „privaten Lösungen“ (in den aller- meisten Fällen durch Familienmitglieder oder Bekannte gewährleistete Betreuungen). Die weit verbreitete Unterscheidung in „staatlich = öffentlich“ einerseits und „privat = gewerblich“ andererseits ist – besonders bei der hier verfolgten Fragestellung – irreführend. Beispielsweise unterscheidet die OECD in ihrem Bericht 2003 zwischen „öffentlichen“ (= staatlichen), „staatlich- subventionierten privaten“ (zu mehr als der Hälfte staatlich finanzierten) und „unabhängig privaten“ (zu weniger als der Hälfte staatlich finanzierten) Bildungseinrichtungen. Unter „privat“ fasst die OECD unterschiedslos kirchliche, gewerkschaftliche und unternehmerisch getragene Bildungseinrichtungen (S. 496). 10 In Frankreich sind knapp 80 % der Schulen in direkter Trägerschaft des Staates. Die Kommunen haben im französischen Schulwesen (noch) keine nennenswerten Kompetenzen, lediglich bei den Vor- und Grundschulen sind sie Arbeitgeber des technischen und Verwaltungspersonals sowie der schulischen Sozialarbeiter(innen), Krankenschwestern und Berufsbera- ter(innen). der niederländischen Schulen unterliegen sie einer komplizierten Kopplung von einer zentralistischen Bildungspolitik an eine äußerst stark dezentralisierte Verwaltung. Zur vollständigen Gewährleistung der ‚ganztägigen’ Bildungsangebote in diesen Ländern gehört noch eine Reihe weiterer Institutionen: • die Nachmittagsclubs in den Schulen (in Finnland sind diese von Lehrern geleiteten Arbeits- gemeinschaften allerdings seit den 1990er Jahren stark gekürzt); • diverse Sportgruppen (die in Frankreich am freien Mittwochnachmittag eine entscheidende Rolle spielen; sie werden meist von Sportlehrer(inne)n geleitet und von der Union Nationale des Sports Scolaires et Universitaires getragen); • die Nachmittagsbetreuungen in kommunalen Kindertagesstätten, wie z. B. Hortangebote mit Hausaufgabehilfen und Freizeitgestaltung (in Finnland werden diese seit den 1990er Jahren stark gekürzt, was dort u. a. zu der momentanen Diskussion um die Einführung eines Ganz- tagssystems beigetragen hat); • die Angebote der Freien Träger (durch Beiträge oder Projekt- und Eigenmittel finanzierte Nachmittagsgestaltungen durch Vereine, Verbände und Initiativen; in Frankreich fällt darunter der foyer socio-éducatif, ein an fast jeder Schule vorhandener gemeinnütziger Klub,11 der Frei- zeitangebote mittags und spätnachmittags macht); • religiöser Unterricht und Jugendarbeit seitens der Kirchen (vor allem in Frankreich spielt dies für die Schließung der ‚Mittwochs-Lücke’ eine große Rolle). Daneben gibt es noch eine ganze Reihe privater Lösungen: Vor allem in Frankreich verursacht der schulfreie Mittwoch(-nachmittag) erhebliche Probleme; in den Niederlanden ist die schulfreie Mittags- zeit für viele Familien schwierig zu gestalten; in Finnland bleiben aufgrund der enorm hohen Beschäf- tigungsrate beider Geschlechter viele Kinder an den schulfreien Nachmittagen unbeaufsichtigt. In allen drei Ländern sind aktuell Entwicklungen zu veränderten Trägerschaften im Hinblick auf ‚ganz- tägige’ Strukturen zu beobachten: • Da ist z. B. das verstärkte Bemühen von Ganztagsschulen um Kooperationen mit kommuna- len Angeboten für Kinder und Jugendliche sowie mit Vereinen und Wohlfahrtseinrichtungen u. ä. zu nennen, wie z. B. in Frankreich, wo dafür neuerdings besondere Mittel und Verträge be- reitgestellt werden (contrats d’aménagement du temps de l’enfant).12 • Da entwickeln sich Schulen zu Knotenpunkten verschiedener schulischer und außerschuli- scher Aktivitäten von unterschiedlichen Akteuren, die auf dem Schulgelände stattfinden und vom Schulleiter koordiniert und verantwortet werden, um eine Ganztagsbetreuung zu gewähr- leisten, wie z. B. im Modellprojekt MUKAVA in Finnland.13 • Und da gibt es Ganztagsbildungseinrichtungen, die sich nur durch Kooperationen zwischen schulischen und außerschulischen Trägern konstituieren können und daraufhin durch staatli- che Stellen (nationale und kommunale) finanziert werden, wie z. B. in den brede scholen in den Niederlanden.14 Finanzierung Bei der anteilig staatlichen, öffentlichen und privaten15 Finanzierung der Bildungssysteme gibt es folgende Mischungsverhältnisse: • eine vollständig nationalstaatliche Finanzierung,16 über die überwiegend öffentlichen Schul- träger und die finanzautonomen Schulen mit den Mittel zuweisenden Kommunen verhandeln 11 Siehe das Interview mit einer Schulleiterin bei Alix (2003, S. 9). 12 Das Vorläuferprojekt seit Mitte der 1990er Jahre hatte ein gewaltpräventive Intention und wurde anteilig durch die Kindergeld- kasse, das Jugend- und Sportministerium, den Rat des départements und die Stadtverwaltung finanziert und von mehreren Vereinen aus dem jeweiligen Stadtteil mit Leben gefüllt (vgl. Alix S. 8-9). 13 An „MUKAVA“, das seit 2002 in vier Städten durchgeführt wird, nehmen sieben Schulen und ca. 2.000 Schüler(innen) der Klassen 1-9 teil. 14 Die brede school ist die „erweiterte pädagogische Form“ (du Bois-Reymond) des Konzepts des verlengde schooldag (verlän- gerten Schultages). Formal untersteht eine brede school den beiden Ministerien, die für Jugend und für Bildung zuständig sind; ob und in welcher Form die gründenden lokalen Initiativen akzeptiert werden, entscheidet jede Gemeinde für sich entsprechend ihren kinder-/jugend- und schulpolitischen Prioritäten. Ab ca. 2010 wird ungefähr jede siebte basisschool (die niederländische Grundschule für die 4/5 bis 12-Jährigen) eine brede school sein. Van de Ven (2002, S. 343) sieht darin „mehr als ein(en) Trend“. 15 „Privat“ ist zu differenzieren nach privat-gewerblicher und privat-familiärer Finanzierung (Vgl. Fußnote 9). Der Anteil der nicht-staatlichen Finanzierung liegt im schulischen (!) Primar- und Sekundarbereich nach Angaben der OECD (2003, S. 248) bei 8 % (Frankreich), 6 % (Niederlande) und 2 % Finnland. 16 Im Falle der brede scholen anteilig aus den Ressorts, die für Schule und für Jugendarbeit zuständig sind. (z. T. entsprechend dem Anteil benachteiligter Schüler),17 bei gleichzeitiger privater Finanzie- rung von (nach-)mittäglicher Betreuung,18 wie z. B. in den Niederlanden.19 • eine fast vollständig nationalstaatliche Finanzierung des formellen Bildungssystems: Schule und Vorschule, die deshalb für die Adressaten kostenfrei ist,20 bei gleichzeitiger Finanzierung der nicht-formellen Lücken dieses Systems: Betreuung (garderie) für jüngere Kinder vor und nach dem Unterricht, mittags und spätnachmittags (foyer socio-éducatif), mitt- wochs(nachmittags) und in den Ferien durch öffentliche Träger (z. B. kirchliche oder laizisti- sche Vereine/Verbände) sowie durch die Kommunen oder private Lösungen, die deshalb für die Adressaten in vielen Fällen kostenpflichtig sind, wie z. B. in Frankreich.21 • eine gemischt nationalstaatlich-kommunale Finanzierung des Schulwesens22 bei gleichzei- tigem Abbau kommunaler Nachmittagsbetreuungen (z. B. von Kindertagesstätten und Ju- gendzentren)23 sowie einer Reihe von privaten Lösungen seitens der Adressaten, die mit Einkommenseinbußen einhergehen (z. B. Verkürzung oder Pause der elterlichen Arbeitszeit), wie z. B. in Finnland.24 Bildungsformen Die Anteile der formellen, nicht-formellen und informellen Arten von Bildung25 in den Ganztagssys- temen bewegen sich zwischen: • fast ausschließlich formellem Unterricht26 zuzüglich weiteren formellen Bildungsangeboten wie z. B. Förderunterricht (études dirigées) und Hausaufgabenaufsicht (études surveillées) durch schulisches oder kommunales Personal, einer nicht-formellen Betreuung (garderie) für jüngere Kinder vor und nach dem Unterricht, Freizeitangeboten, die vom foyer socio-éducatif in der Mittagspause und nach Unterrichtsschluss durchgeführt werden,27 den bereits erwähn- ten, mittwochs durch Lehrer angebotenen Sportgruppen und den - bis vor kurzem von Fach- personal geleiteten - Schulbibliotheken und Medienzentren (CDI28) im Sekundarbereich sowie Möglichkeiten der informellen Bildung beispielsweise beim gemeinsamen Mittagessen, wie z. B. in Frankreich. • formellem Unterricht mit großen Gestaltungsspielräumen der Einzelschulen29, einem nicht- formellen Bereich, zu dem die Vorschule gehört,30 wie auch die außerschulischen „Auffang- zentren“ (van den Ven 2002) für die 4-12-Jährigen,31 der fakultative Unterricht in den Mutter- sprachen und weitere außercurriculare Aktivitäten, die zur Schulprofilbildung beitragen,32 wie z. B. in den Niederlanden. 17 Diese Pauschalfinanzierung, bemessen an den Schülerzahlen des Vorjahres, hat offensichtlich den Effekt einer ‚Entlas- sungswelle’ nach dem jeweiligen Zähltag. Einer der Vorteile dieser Finanzierung ist die vollständige Deckungsfähigkeit von Personal- und Sachmitteln; Sponsoring, also privat-gewerbliche Finanzierung ist in Grenzen zugelassen; die Schulleiter müssen mehr und mehr Manageraufgaben übernehmen. Du Bois-Reymond (2004) merkt kritisch an, dass die Trägervereine in einigen Fällen zu großen „Bildungsfirmen“ fusioniert wären. 18 Die Kosten für die außerschulischen Betreuungseinrichtungen, die entweder privat-gewerbliche Unternehmen sind oder anteilig von Eltern, Staat und solchen Betrieben finanziert werden, denen an Frauenerwerbsarbeit gelegen ist, sind so teuer, dass sie „in den meisten Familien das Einkommen der halbtags arbeitenden Mütter aufzehren“ (du Bois-Reymond 2004). 19 Die Ausgaben für Bildungseinrichtungen liegen bei 4,7 % des Bruttoinlandsprodukts (darin 0,4 % privat-gewerblich). Zum Vergleich: In Deutschland machen die Ausgaben 5,5 % des BIP aus (darin wegen des dualen Berufsbildungssystems 1,2 % privat-gewerbliche Mittel) (Klemm 2003, S. 83). 20 Die Lehrpersonalkosten werden vom Zentralstaat bestritten, die Sachkosten durch die départements in Sek. I bzw. die Schul- verwaltungsbezirke (académies) in Sek. II. 21 Die Ausgaben für Bildungseinrichtungen liegen bei 6,2 % des Bruttoinlandsprodukts (darin 0,4 % privat-gewerblich). 22 Die lokalen Bildungsträger haben Anspruch auf staatliche Zuschüsse für Gründungs- und Betriebskosten; sie kommen prak- tisch für sämtliche mit der Schule zusammenhängende Ausgaben auf: Unterrichtsmaterial, Mahlzeiten, medizinische Vorsorge, Transport. 23 Nach einem Gesetzesvorhaben für 2004 soll der Nationalstaat nur 57 % des Bildungswesens finanzieren und der Rest die Kommunen und die Eltern. Schon jetzt versuchen die Schulen verstärkt, Mittel aus privaten Quellen einzuwerben. 24 Die Ausgaben für Bildungseinrichtungen liegen bei 5,8 % des Bruttoinlandsprodukts (darin 0,1 % privat-gewerblich). 25 Siehe zu dieser international üblichen - wenngleich auch manchmal mit anderen Zuschnitten getroffenen - Unterscheidung: Bundesjugendkuratorium (2002) und Overwien (2004). 26 Mit einem geringem Anteil von projektartigem Lernen: Laut nationalem Curriculum 10 % der Unterrichtszeit. 27 Zu diesen „sozialerzieherischen Tätigkeiten“ (Hörner 2004) gehören Theatergruppen, die Schülerzeitung, der UNESCO-Club (zu Problemen der Dritten Welt), antirassistische Arbeitsgemeinschaften etc. 28 Das CDI hat montags bis freitags von 8 bis 17 geöffnet und ist ein oft genutzter Ort an französischen Schulen. Nur ein Drittel der Schüler(innen) nutzt die Schulbibliothek „niemals“ (Klemm 2003, S. 92). Zum Vergleich: In Deutschland sind es drei Viertel. 29 In den ersten drei Jahren der Sekundarstufe, der „Basisbildung“, können fast die Hälfte der Unterrichtsstunden von den Schu- len gefüllt werden, z. B. mit Inhalten wie Technik, Informatik, Versorgung. Die Oberstufe, das Studiehuis hat eine neue, offene und selbständige Didaktik. 30 Die Kindergärten sind seit 1985 in die integrierte basischool eingegangen. 31 In Deutschland dem Hort vergleichbar; sie haben nach dem Unterricht und während der Ferien geöffnet. 32 Die Hälfte der Schüler(innen) nutzt die Schulbibliothek - hier nach eigenen Angaben - „niemals“ (Klemm 2003, S. 92). • größtenteils projektartigem Unterricht neben zahlreichen formellen Förderangeboten, weni- gen direkt auf die Schule bezogenen nicht-formellen Bildungsarrangements (Nachmittags- gruppen, Horte etc.) und einem traditionellen Bereich informeller Bildung33 beim gemeinsa- men Mittagessen von Lehrer(inne)n und Schüler(inne)n,34 wie z. B. in Finnland. Funktionen des Außerschulischen Die schulbezogenen Funktionen der außerunterrichtlichen bzw. außerschulischen Angebote in den (ganztägigen) Bildungssystemen schwanken zwischen unterrichts- bzw. schulunterstützend, - ergänzend, -ersetzend und eigenständig. • In Frankreich haben die die außerunterrichtlichen Arrangements vor allem unterrichtsergän- zenden Charakter für schwächere Schüler (études surveillées et dirigées; études du soir); die Arbeitsgemeinschaften im foyer socio-educatif haben „sozialerzieherische“, also schulunter- stützende Funktionen; die mittwöchlichen Sportgruppen haben insofern schulersetzenden Charakter, als dass sie die Lücke des Ganztagsschulsystems zu schließen helfen; die Koope- rationen mit kommunalen und öffentlichen Trägern (über die contrats d’aménagement du temps de l’enfant) haben schulergänzende Funktionen; die mittwöchlichen Angebote der ka- tholischen Kirche und anderer Religionsgruppen und auch die Ferienkolonien in den langen Sommerferien sind als eigenständig zu bezeichnen.35 • In Finnland gibt es zahlreiche unterrichtsunterstützende Förderangebote für schwächere Schüler;36 die seit den 1990er Jahren im Rückgang begriffenen Nachmittagsangebote der Kommunen und der Freien Träger haben z. T. schulergänzende (Horte) und z. T. eigen- ständige (Jugendzentren, Verbände) Funktionen; die Nachmittagsbetreuung des im Aufbau befindlichen finnischen Ganztagsbetreuungssystems hat vor allem beaufsichtigende und inso- fern schulersetzende Funktion, da sie die nachmittägliche ‚Betreuungslücke’ des finnischen Schulsystems schließen soll. • In den Niederlanden haben die außerschulischen Angebote des Ganztagssystems eine weit- gehend eigenständige, weil unabdingbar konstitutive Funktion im verlengde schooldag und vor allem in der brede school. Mit ihrer Verallgemeinerung ist neben die anfänglich kompensa- torische Funktion der brede school die schulergänzende Funktion eines nachmittäglichen Ak- tivitätsprogramms für potenziell alle Kinder und Jugendlichen getreten. Darüber hinaus gibt es auch hier unterrichts- bzw. schul-unterstützende Maßnahmen der Schulen sowie der - wie- derum trägerrechtlich eigenständigen - Schulsozialarbeit.37 Informationslücken Auf der organisationsbezogenen Vergleichsebene fallen folgende Informations- und vielleicht sogar Forschungslücken auf: In Bezug auf Trägerschaft und Finanzierung wäre die Rolle der Provinzen in den Niederlanden und der départements in Frankreich näher zu untersuchen sowie die - vermutlich - ambivalenten Auswirkungen der Dezentralisierung, hin zu mehr ‚Beteiligung’ der Adressaten, und zwar sowohl in finanzieller als auch in demokratischer Hinsicht. Darüber hinaus blieben bisher in allen drei Ländern noch Lücken im Wissensstand über (schulbezogene) nicht-formelle Bildungsinstitutionen. Darüber hinaus scheint es eventuell noch ratsam, ein weiteres Vergleichskriterium einzufügen, näm- lich die räumliche Ausstattungen der (ganztägigen) Organisationen.38 2. Zum Personal der (ganztägigen) Bildungssysteme Im Hinblick auf das die ‚Ganztägigkeit’ gewährleistende Personal erscheinen mir vor allem die forma- len Ausbildungsgänge, die inhaltlichen Ausbildungsrichtungen, der Professionalisierungsgrad und das gesellschaftliche Ansehen pädagogischer Berufe39 relevant. 33 Hier als „soziale und gesundheitliche Fürsorge“ bezeichnet. 34 Die Hälfte der Schüler(innen) nutzt die Schulbibliothek „niemals“ (Klemm 2003, S. 92). 35 Alix (2003) betont den Effekt der „viel(en) gemeinsam verbrachte(n) Zeit“, also die Sozialisationsfunktion der französischen Ganztagsschule. Hörner (2004) fügt dies in einen größeren Rahmen ein, indem er feststellt, dass der Staat - quasi als Nebenef- fekt der ursprünglich beabsichtigten politischen Sozialisationsfunktion - einen verlässlichen Rahmen für Unterricht und Kinder- betreuung vorgibt, auf den die Familien bauen können und der sich insofern familien- und gesellschaftspolitisch auswirkt. 36 So ist das gute PISA-Ergebnis Finnlands durch eine Reihe von Faktoren erklärbar, die nicht der formellen Bildung zuzurech- nen sind: An fast allen Schulen gibt es Förderstunden, Sonderpädagog(inn)en, Lehrerassistent(inn)en, Schulsozialarbei- ter(inn)en und Schulkrankenschwestern. 37 Siehe Nieslony (1998, S. 360). 38 Für Frankreich geht Alix (2003, S. 14) darauf kurz ein: Melderaum, Aufenthaltsräume, Schulbibliothek. 39 Dieses Kriterium habe ich nachträglich aus verstreuten Angaben der Autoren gebildet, es war nicht extra im vorgelegten Vergleichraster ausgewiesen. Ausbildungsgänge Bei den formalen Ausbildungsgängen des Ganztagspersonals ist das Mischungsverhältnis aus wis- senschaftlichen (universitären) Ausbildungen, solchen auf wissenschaftlicher Grundlage (fach- hochschulisch) und berufsfeldbezogenen (fachschulischen) sowie sonstigen Ausbildungsgängen zu beachten. • Es gibt Konstellationen, in denen die Pädagog(inn)en der Vorschule und der Grundschule - zum Teil gemeinsam - in den gleichen universitären Institutionen (institut universitaires pour la formation des maîtres) ausgebildet und beide vom Bildungsministerium angestellt werden, in denen aber der Förderunterricht und die Hausaufgabenaufsicht - die lange Zeit ebenfalls durch Lehrer und fachhochschulisch ausgebildete Erzieher geleistet wurden - seit neuestem vermehrt durch pädagogisches Hilfspersonal (z. B. Studenten), wie z. B. in Frankreich.40 • Es gibt Systeme, in denen an fast allen Schulen Lehrerassistent(inn)en, Schulsozialarbei- ter(inn)en, Schulkrankenschwestern sowie weiteres sozial- und sonderpädagogisches sowie psychologisches und beratendes Personal arbeitet,41 in denen die Mitarbeit in den Horten ei- nen universitären BA-Abschluss, hingegen die Tätigkeit als Klassenlehrer(-in) in der Grund- schule oder als Fachlehrer(-in) in der Sekundarstufe einen universitären MA-Abschluss er- fordern, wie z. B. in Finnland. • Und es gibt Bildungssysteme, in denen Erzieher(innen) und Grundschullehrer(innen) ebenso wie Sozialpädagogen(innen) vier Jahre lang auf Fachhochschulniveau ausgebildet werden (an Pädagogischen Hochschulen), die Sekundarschullehrer(innen) hingegen nach ihrem vier- jährigen Fachstudium ein einjähriges Praxisstudium an Fachbereichen absolvieren, die den Universitäten angegliedert sind; in diesen Systemen gehört die Kooperation zwischen Leh- rer(inne)n und anderen professionellen und semi-professionellen Berufsgruppen zur Kernstra- tegie, um die nachmittäglichen Aktivitäten zu koordinieren, worin auch Spezialisten aus ande- ren Bereichen (Gesundheit; Kinderschutz, Jugendarbeit, Ausländerbeauftragte u. v. a.) eng mit der Schule zusammenarbeiten, z. B. in den Niederlanden. Ausbildungsinhalte In Bezug auf die inhaltlichen Ausbildungsrichtungen des pädagogischen Personals ist nach schul-, sozial- und freizeitpädagogischen sowie sonstigen Inhalten zu unterscheiden. Dabei fällt in allen drei Ländern der große Anteil von nicht-unterrichtendem Personal in den Bildungseinrichtungen auf: • Im französischen Ganztagsschulsystem ist mehr als ein Viertel der Angestellten „pädagogi- sches Hilfspersonal“ (Hörner 2004), damit sind gemeint: für die Anwesenheitskontrolle, die Mittagsaufsicht und einzelne Fördermaßnahmen Studenten oder Absolventen eines Fachstu- diums (surveillants), Erziehungshelfer (aide-educateurs) und neuerdings Erziehungsassisten- ten (assistants d’éducation) - oft ohne pädagogische Ausbildung; hinzu kommen das techni- sche und Verwaltungspersonal, die Kantinenkräfte, eine Krankenschwester, eine Berufsbera- terin, Sozialarbeiter (assistantes sociales) und die CDI-Fachkraft (documentaliste) - meist eine Diplom-Bibliothekarin.42 Die nach ihrem Fachstudium ein Jahr lang schulpädagogisch aus- gebildeten Lehrer geben in diesem System Unterricht und gestalten einige der fakultativen AG’s im foyer socio-educatif bzw. mittwochs(-nachmittags).43 • Im finnischen „Drei-Viertel-Schulsystem“ arbeitet schulpädagogisch, sonderpädagogisch, sozialarbeiterisch, medizinisch und psychologisch ausgebildetes Personal; in den kommuna- len Horten und Jugendzentren sozialpädagogisch ausgebildetes Personal, die Gruppen werden normalerweise von einer qualifizierten Kraft (mit Fachhochschul- oder Berufsschulab- schluss) mit einigen Ehrenamtlichen oder zeitweise angestellten Erwerbslosen geleitet. • Im niederländischen System arbeiten an den basisscholen Lehrer(innen) mit breiten pädago- gischen Ausbildungen, an den weiterführenden Schulen lernstoff-orientiert ausgebildete Leh- rer(innen). An den „Runden Tischen“, die die brede scholen konstituieren und gestalten ver- 40 Diese kostengünstigen pädagogischen Dienstleistungen sind zwar nach Hörner (2004) „die personellen Eckpfeiler der franzö- sischen Ganztagsschule“ (sie sollen zugleich auch der Studienfinanzierung bzw. zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit dienen), werden jedoch im Zuge der Dezentralisierung zunehmend gestrichen und durch ungelernte Honorarkräfte (Rentner, Mütter) ersetzt. Das ist insbesondere im Falle der aides éducateurs problematisch, die bisher kostenfreie Nachhilfe angeboten haben. 41 Neuerdings gibt es eine Tendenz gegen diese Ausdifferenzierung zugunsten einer stärkeren Bündelung in der Profession des Klassenlehrers (vgl. Arbeitsgruppe „Internationale Vergleichsstudie“ 2003). 42 Die documentaliste wird die in jüngster Zeit allerdings in vielen Fällen durch kostengünstigeres Personal ersetzt. 43 An der von Alix (2003, S. 4-13) dokumentierten Beispielschule mit 500 Schüler(innen) arbeiten 35 Lehrer(innen) und 20 Per- sonen, die nicht unterrichten (da die Schule keine eigene Kantine hat, würde normalerweise das Küchenpersonal noch hinzu- kommen). Zum Vergleich führt der Autor eine deutsche Gesamtschule in Frankfurt a. M. mit 540 Schüler(innen) an: Dort arbei- ten 40 Lehrer(innen) und sechs Personen, die nicht unterrichten. sammeln sich Schulpädagogen (Lehrer und Hilfslehrer), Sozialpädagogen/-arbeiter (Krip- penleiterinnen, Schulsozialarbeiter, Mitarbeiter von Kinder- und Jugendclubs, Vertreter des Kinderschutzes) genauso wie Schulärzte, Bibliothekare, Hausmeister, Verwaltungspersonal, Vertreter kommerzieller Freizeiteinrichtungen, Elternvertreter, Ausländerbeauftragte, Nach- barschaftspolizisten und andere Gemeindevertreter u. v. a. Professionalisierung Ein weiteres Augenmerk gilt der Verteilung der ‚ganztägigen’ Tätigkeiten auf professionelle, semi- professionelle, ungelernte und ehrenamtliche Kräfte. • In Frankreich gibt es neben den professionellen Lehrer(inne)n, der Dokumentalistin, dem Kantinenchef, dem technischen und Verwaltungspersonal, der Krankenschwester, dem Be- rufsberater, den Sozialarbeitern und dem Koordinator des außerunterrichtlichen Bereichs (conseiller principal d'éducation: Haupterziehungsberater44) eine ganze Reihe semi- professioneller Aufseher (surveillants; 28 Std./Woche), Erziehungshelfer (aide-educateurs; 35 Stunden/Woche45), Erziehungsassistenten (assistants d’éducation, z. B. Absolventen, Stu- denten) und außerschulische Hilfskräfte (intervenants extérieurs) sowie ungelernte Honorar- kräfte (z. T. Erwerbslose).46 • In Finnland wird die Konzentration der Lehrer(innen) auf den Unterricht durch eine ganze Rei- he anderer professioneller Kräfte ermöglicht (s. o.). In dem nationalen Modellprojekt zur Ganztagsbetreuung an Schulen werden auch die nachmittäglichen Hobbygruppen von dafür extra entlohnten Lehrer(inne)n angeboten. Hingegen wird die Arbeit in den Horten und Ju- gendzentren u. a. durch eine Anzahl semi-professioneller und ehrenamtlicher Kräfte ge- währleistet. • In den Niederlanden haben in den letzten Jahren immer mehr Schulen die lange Mittagspause mit ehrenamtlichen Helfern (meistens Müttern) oder bezahlten Kräften überbrückt. Diese fa- milienpolitisch bzw. pädagogisch unbefriedigenden Lösungen haben mit zur Entwicklung der brede school beigetragen. Daran sind, wie oben bereits erwähnt, eine ganze Reihe professi- oneller und semi-professioneller Kräfte beteiligt. Ansehen Ein weiteres Indiz für die Akzeptanz der (ganztägigen) Bildungssysteme seitens der Adressaten ist das gesellschaftliche Ansehen, das pädagogische Berufe und Institutionen in den jeweiligen Ländern genießen. • In Frankreich wird der Ganztagsschule nicht weniger als die éducation nationale, die Erzie- hung zur Einheit der Nation im Geiste der Republik zugetraut. Da die Schule den französi- schen Laizismus institutionalisiert, werden die Primarschullehrer mitunter sogar als prêtres laics, als weltliche Priester bezeichnet. In der französischen Schule wird als Aufgabe des Staates (als des Vertreters der Gesamtgesellschaft) erkannt und zu realisieren versucht, nicht nur den Unterricht, sondern auch die sozialisatorisch wirkende gemeinsame Zeit zu organisie- ren. Dadurch wird von der Ganztagsschule, d. h. konkret vom nicht-unterrichtenden Personal, aber auch erwartet, dass es viele sozialpolitische Probleme löst. • In Finnland genießen die „Drei-Viertel-Schulen“ und die Lehrer(innen) ein hohes Sozialpresti- ge. Die Schulmahlzeiten werden als Teil der „sozialen Fürsorge“ (Pulkkinen/Pirttimaa) ver- standen, die auch die medizinische und psychologische Beratung und Versorgung einschließt und der im finnischen Schulwesen auch traditionell hohe Bedeutung beigemessen wird. • In den Niederlanden wird der vielfältigen Bildungslandschaft u. a. die große Aufgabe der In- tegration von autochthonen und allochthonen jungen Menschen zuerkannt. Der Lehrerberuf leidet aber unter schwindendem Ansehen, einem hohen Personalaltersdurchschnitts von 45 Jahren - immer noch niedriger als in Deutschland -, zahlreichen (Früh-)Pensionierungen und entsprechendem Nachwuchsmangel. Wahrscheinlich aufgrund dessen wird gegenwärtig der Vorschlag diskutiert, dass Schulen auch Lehrpersonal ohne Lehramtsstudium einstellen kön- nen. 44 Früher: surveillant général (Hauptaufseher); in der heutigen Alltagssprache wird er conseil général genannt. 45 Es handelt sich in den allermeisten Fällen um ABM-Kräfte, die mit privatrechtlichen Verträgen vom Schulleiter angestellt werden. 46 Nicht wenige Lehrkräfte sind der Ansicht, dass individualisierte Hilfsangebote nicht zu ihren Aufgaben gehörten (Arbeitsgrup- pe „Internationale Vergleichsstudie“ 2003, S. 187). Informationslücken Auf der personalbezogenen Vergleichsebene fallen folgende Informations- und vielleicht sogar For- schungslücken auf: In Bezug auf die Ausbildungsniveaus und -inhalte müsste noch mehr über das außerunterrichtliche bzw. -schulische Personal (im französischen foyer d’éducatif und in den Koopera- tionen im Rahmen der contrats d’aménagement du temps de l’enfant, in den Nachmittagsangeboten der finnischen Horte und Jugendzentren und im Modellprojekt MUKAVA, in den Nachmittagspro- grammen der niederländischen brede scholen) in Erfahrung gebracht werden. Darüber hinaus blieben bisher in allen drei Ländern noch Lücken im Wissensstand über die Wochenarbeitszeiten und die Be- zahlung des Personals und - damit verbunden - die gesellschaftliche Anerkennung der verschiedenen pädagogischen Professionen, nicht nur der Lehrer(innen).47 3. Die (ganztägigen) Bildungssysteme aus Sicht der Adressaten Aus Sicht der Kinder und Jugendlichen bzw. der Schüler(innen) als unmittelbaren Adressaten wie auch ihrer Eltern als ‚indirekten’ Adressaten der Bildungssysteme48 erscheinen vor allem die pädago- gisch-institutionell verbrachten Zeiten, die Rechtsgrundlagen für den Besuch der Einrichtungen, die ggf. zu entrichtenden Beiträge und die auf die Adressaten selbst bezogenen Effekte der institutionel- len Arrangements relevant. Zeiten Wenn man als einen wichtigen Ausschnitt aus der Perspektive von Kindern und Jugendlichen die zeit- liche Verteilung ihrer Tagesabläufe auf die unterschiedlichen pädagogischen Institutionen betrachtet - d. h. auf die Schule (differenziert nach Unterrichtszeiten und außerunterrichtlichen Zeiten), auf diverse außerschulische - in Deutschland so genannte „sozial- oder freizeitpädagogische“ Erzie- hungs- und Bildungseinrichtungen und auf die Familien sowie auf Zeiten, die sie außerhalb pädago- gischer Institutionen verbringen (unter Bildungsaspekten sind hier noch Medien und Peer groups relevant) - ergibt sich im Ländervergleich von Frankreich, Finnland und den Niederlanden folgendes Bild: Die vorfindbaren Angaben zu den schulisch verbrachten Stunden pro Jahr schwanken stark (um- gerechnet auf Zeitstunden):49 • für Frankreich zwischen 928 (Klemm), 936 (Arbeitsgruppe „Internationale Vergleichsstudie“50) und 1.022 (PISA) Jahresstunden, • für Finnland zwischen 751 (Klemm), 855 (PISA) und 940 (Arbeitsgruppe „Internationale Ver- gleichsstudie“), • für die Niederlande zwischen 1.029 (PISA), 1.033 (Klemm) und 1.067 (Arbeitsgruppe „Interna- tionale Vergleichsstudie“).51 Wenn man die insgesamt vorgesehene Anzahl an Unterrichtsstunden für die Altersspanne von 7 bis 14 Jahren hinzunimmt, wird deutlich, dass aus allen OECD-Staaten die finnischen Schü- ler(innen) mit ca. 5.500 Stunden am wenigsten Zeit in der Schule verbringen, während Frankreich mit ca. 7.300 Stunden im oberen Drittel liegt.52 Aus der Sicht der Kinder und Jugendlichen ist zudem relevant, wie viel Zeit sie für weitere schulbe- zogene Aktivitäten aufwenden müssen (für Hausaufgaben, Ergänzungs- und Nachhilfeunterricht).53 Nach den Angaben der PISA-Studie ist der Anteil: • in Finnland sehr niedrig (0,5 der Schüler haben Ergänzungs- und 1,9 % Nachhilfeunterricht, zusammen 2,4 %), 47 Zu den Lehrergehältern (im Sekundarbereich I nach 15 Jahren Berufserfahrung) macht Klemm folgende Angaben (in US- Dollar - kaufkraftbereinigt): Finnland - 28.690, Frankreich - 29.331, Niederlande - 34.985, Deutschland - 40.561. 48 In einem weiteren Sinne gelten als „Adressaten“ von Bildungssystemen auch Wirtschaft und Verwaltung (meist in Form eines Arbeitgebers) sowie die politische und kulturelle Öffentlichkeit. Diese Ebenen habe ich aus meiner Analyse weitgehend ausge- klammert, wenngleich ich einige diesbezügliche Bemerkungen der Autoren aufgreife, weil sie interessante Schlaglichter auf die gesellschaftliche Funktion von (ganztägigen) Bildungssystemen werfen. 49 Zum Vergleich: Nach Angaben der PISA-Studie verbringen Schüler(innen) der Sekundarstufe I in Deutschland insgesamt 705 Stunden pro Jahr in der Schule, nach Angaben von Klemm (2003, S. 87) sind es 850 Jahresstunden. 50 Die davon abweichenden Angaben von Klemm, der sich auf den OECD-Bericht von 2002 bezieht, stehen im selben Doku- ment (ebd., S. 87). 51 Van de Ven spricht sogar von mindestens 1.280 Unterrichtsstunden à 50 Minuten pro Schuljahr in der dreijährigen niederlän- dischen „Basisbildung“ der Sekundarstufe I (für 12-15-Jährige). 52 Zum Vergleich: Der OECD-Durchschnitt liegt bei ca. 6.900, Deutschlands Halbtagsschulsystem umfasst ca. 6.200 Unter- richtsstunden für die Altersspanne der 7-14-Jährigen. Die Niederlande sind in dieser Teilstatistik leider nicht aufgeführt, dürften aber anderen Angaben in dem OECD-Bericht zufolge (ebd., S. 362) die höchsten Werte - zusammen mit Italien und Schottland - aufweisen (ca. 8.000 Stunden). 53 Individuelle Zeitbudgetstudien zu diesem Thema konnten bisher nicht herangezogen werden; die folgenden Prozentangaben geben die Anteile der Schüler(innen) wieder, die das jeweilige Angebot nutzen. • in Frankreich deutlich höher (8,6 % haben Ergänzung und 10,9 % Nachhilfe, insgesamt 19,5 %), • in den Niederlanden im mittleren Bereich (5,4 % der Schüler haben Nachhilfe; zum Ergän- zungsunterricht liegen keine Angaben vor).54 Das heißt - bei aller Vorsicht -, dass die Schüler(innen) des deutschen Halbtagsschulsystems nur etwas weniger Zeit in bzw. mit der Schule verbringen, als die Schüler(innen) des französischen Ganz- tagsschulsystems, jedoch deutlich mehr als die Schüler(innen) der im PISA-Test so erfolgreichen fin- nischen „Drei-Viertel-Schule“ und deutlich weniger als die niederländischen Schüler(innen). Aus den Zahlen zu den schulisch verbrachten Stunden (PISA, Arbeitsgruppe „Internationale Ver- gleichsstudie“, Klemm, OECD) ist jedoch nur schwer ersichtlich, wie sich die Verteilung zwischen un- terrichtlichen und außerunterrichtlichen Schulzeiten darstellt.55 Zudem wird nicht klar, inwiefern in diese Berechnungen Zeiten außerschulischer, aber schulbezogener Bildungsangebote (z. B. von Vereinen, Verbänden, Kirchen o. ä.) eingeflossen sind. Das wird ein bisschen deutlicher, wenn man sich die Tagesabläufe der Kinder und Jugendlichen vor Augen führt: • In Frankreich haben die Kinder und Jugendlichen im Grunde genommen neun bis zehn halbe Tage Unterricht (montags, dienstags, donnerstags und freitags jeweils vormittags und nach- mittags zzgl. samstags vormittags und im Sekundarbereich auch mittwochs vormittags); für den Mittwoch(-nachmittag) gibt es wahlweise religiöse, schulische und kommunale Angebote oder private Lösungen; Unterrichtsbeginn ist gewöhnlich um 8.00 oder 8.30 Uhr, der Unter- richtsschluss zwischen 16 und 17 Uhr, d. h. die Schulzeit ist bis auf den Mittwoch(- nachmittag), den Samstagvormittag und die Sommerferien an den Arbeitsrhythmus der meis- ten Eltern angepasst; in der Grundschule gibt es 26 Unterrichtsstunden, im Sekundarbereich bis zu 32 (à 55 Minuten); die Mehrheit der Schüler(innen) nimmt am kostengünstigen Mittag- essen in der beaufsichtigten zweistündigen Mittagspause von 12 bis 14 Uhr teil. Problematisch erscheinen der Wochenrhythmus, durch den zwei ‚Paukblöcke’ à zwei Tage entstehen, und der aufgrund der langen Sommerferien zerrissene Jahresrhythmus.56 Zudem sähen die allermeisten französischen Eltern ihre Kinder lieber über das ganze Wochenende bzw. in verkürzten Sommerferien zuhause und stattdessen mittwochs(nachmittags) in der Schule.57 • In Finnland beginnt der Unterricht typischerweise zwischen acht und neun Uhr; pro Tag dür- fen ab Klasse 3 höchstens sieben Stunden Unterricht (à 40 Minuten) stattfinden, das macht bis zur 6. Klasse 28 Wochenstunden und in den Klassen 7 bis 9 bis zu 36 Stunden; durch das anschließende obligatorische Mittagessen verlängert sich der Schultag auf 14 Uhr, mit fakulta- tiver vor- und nachschulischer Betreuungsmöglichkeit im Hort o. ä. auf acht bis 16 Uhr. Daneben gibt es weitere Lösungen der Adressaten für die Nachmittagsbetreuung: Verkürzung oder Pause der elterlichen Arbeitszeit (gesetzlich ermöglichte und mit verringertem Einkom- men verbundene Lösung für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie), Hobbys der Schüler (vielfältige Möglichkeiten, sich sportlich, musikalisch, kreativ oder medial zu betätigen), Selb- ständigkeit der Kinder (Verabredungen in Peer groups zum Verbringen der gemeinsamen Freizeit). • In den Niederlanden endet der Schultag für die meisten Schüler(innen) gegen drei Uhr. Vor allem die lange Mittagspause zwischen Vormittags- und Nachmittagsunterricht verursacht Probleme für viele Adressaten: Diese Zeit, in der die Kinder früher mehrheitlich zum Essen nachhause gingen bzw. von ihren Müttern abgeholt und anschließend für weitere zwei bis drei Stunden wieder zurückgebracht wurden - was Berufsarbeit unmöglich machte und macht -, muss heute überbrückt werden. Dies hat zum Ausbau von außerschulischen Betreuungs- einrichtungen geführt. Nicht zuletzt aus diesem praktischen Grund steigt auch die Zahl der ganztägigen Bildungseinrichtungen, die zumeist aus lokalen Initiativen und einem Netzwerk pädagogischer Institutionen erwachsen und von der jeweiligen Kommune und der Nationalre- gierung unterstützt werden. 54 Zum Vergleich: In Deutschland haben 3,0 % der Schüler(innen) Ergänzungsunterricht und 14,1 % Nachhilfe, zusammen also 17,1 %. 55 Beispielsweise ist im OECD-Bericht von 2003 (S. 354) offen gelassen, was sich unter den Kategorien „Nicht-Pflichtteil des Lehrplans“, Praktische und berufliche Fähigkeiten und Kenntnisse“ und „Sonstiges“ verbirgt, die zusammen 7-8 % der „vorge- sehenen Unterrichtszeit an öffentlichen Bildungseinrichtungen“ ausmachen. 56 Zur intensiven wissenschaftlichen Kritik an den rythmes scolaires siehe Testu (2003) und Hústi (zit. in: Alix 2003, S. 26-29). 57 Vgl. die Elternbefragung, die Alix (2003, S. 24-25) in seiner Fallstudie anführt. Dennoch steht die „externe Zeitstruktur“, also die Ganztagsform als solche, nicht in Frage, wohl aber die „interne Zeitstruktur“, also die Gestaltung des Schultages. Trotz aller Anstrengungen scheinen die französischen Schüler(innen), einer oft zitierten Untersuchung von Czerwenka (in: ZfPäd 36/90, S. 849-875) zufolge, wesentlich zufriedener mit ihrer ständig präsenten Schule zu sein als die deutschen mit ihrer lockereren Schulorganisation. Rechtsgrundlagen Für die gesellschaftstheoretische Einordnung der ganztägigen Bildungssysteme sind ferner die rechtli- chen Grundlagen für den Besuch der Bildungseinrichtungen relevant. Hier wird nach Pflicht, Freiwil- ligkeit, und Rechtsansprüchen unterschieden: • Zunächst ist grundlegend festzuhalten, dass fast alle - nicht nur die hier genauer untersuchten Länder - eine Schulpflicht kennen:58 In Frankreich beginnt sie mit sechs Jahren (aber fast al- le Drei- bis Fünfjährigen gehen bereits zur école maternelle), in den Niederlanden ebenfalls mit sechs (dennoch gehen bereits fast alle Vier- bis Fünfjährigen in die basisschool) und in Finnland mit sieben (ein Drittel der Fünfjährigen und drei Viertel der Sechsjährigen gehen in die fakultative Vorschule).59 Sie endet in den meisten Ländern mit 16 Jahren (in Finnland mit 17, in den Niederlanden gibt es danach bis zum 18. Lebensjahr noch eine „partielle Lehr- pflicht“). • Zudem ist wichtig - vor allem für den Grad der Vereinbarkeit von Familie und Beruf -, inwiefern Rechtsansprüche auf Betreuungsleistungen bestehen: In Finnland - einem Land mit einer der höchsten Frauenerwerbsquoten weltweit - bezieht sich das Recht eines jeden Kindes auf Nachmittagsbetreuung beispielsweise nur auf Kleinkinder und endet mit dem Eintritt in die Schule. In Frankreich erstreckt sich der ‚Rechtsanspruch’ (in Form der Schulpflicht) auf die schulisch organisierten Zeiten. • Das Kriterium der Freiwilligkeit - zentral für die Kinder- und Jugendarbeit in Deutschland - ist zu differenzieren nach fakultativen Angeboten im Rahmen des Pflichtschulsystems und nach frei gewählten Angeboten außerhalb dieses rechtlichen Rahmens. Beispielsweise weist die niederländische Oberstufe (het Studiehuis) auch innerhalb der verpflichtenden Schulorganisa- tion Elemente von didaktischer Freiwilligkeit auf.60 Auch die Gestaltung der Mittagszeit unter- liegt in den Niederlanden - rechtlich betrachtet - der Freiwilligkeit.61 In Frankreich ist der Be- such der école maternelle freiwillig und die Angebote im (nach)mittäglichen foyer éducatif fa- kultativ. In Finnland ist 20 % der Unterrichtszeit optionalen Angeboten vorbehalten, und der Besuch der Horte und Jugendzentren ist freiwillig, genauso wie natürlich die Mitgliedschaft in Vereinen.62 • Systembedingter Bedarf an zusätzlichen Bildungs- und Betreuungsangeboten - und auf die- sen will ich mich hier beschränken - entsteht in Frankreich vor allem mittwochs(-nachmittags) und in den langen Sommerferien, in Finnland vor allem nachmittags zwischen 15 Uhr und dem Ende des Arbeitstages der Eltern, in den Niederlanden in derselben Tageszeit und zu- sätzlich in der Mittagspause der Schulen. Beiträge63 In den drei untersuchten Ländern ist der schulische Unterricht kostenlos. Darüber hinaus (teil)finan- zieren die Adressaten eine Reihe von Betreuungs- und Bildungsangebote durch Beiträge: • In Frankreich ist das Mittagsessen in den Ganztagsschulen nicht kostenfrei, die durchaus ge- ringen Kostenbeiträge sind jedoch nach dem Einkommen der Eltern gestaffelt. Die Lückenfül- ler des Ganztagsschulsystems, z. B. die Betreuung (garderie) für jüngere Kinder vor und nach dem Unterricht sowie die kommunalen oder kommerziellen Freizeitangebote mitt- wochs(-nachmittags) und in den Ferien, müssen in den meisten Fällen bezahlt werden. • In Finnland sind das Mittagsessen und die Schulbeförderung für die Adressaten kostenfrei. Durch den Rückbau der kommunalen Horte und Jugendzentren wurde jedoch eine Reihe von privaten Nachmittagslösungen notwendig, die zum Teil mit Einkommenseinbußen einherge- hen (z. B. Verkürzung oder Pause der elterlichen Arbeitszeit). • In den Niederlanden sind die Kosten für die außerschulischen Betreuungseinrichtungen, die zum Teil von privat-gewerblichen Trägern, zum Teil von Betrieben angeboten werden, so 58 Zur weltweiten Schul(pflicht)entwicklung - die als „Grundrecht“ aufgefasst wird - siehe Adick (2003) sowie kritisch - mit Blick auf die Demokratisierungspotentiale am Beispiel Osteuropas - Epstein (1997). 59 Kansanen (2002, S. 147) erwähnt, dass es den finnischen Schülern „freigestellt“ sei, in welcher Weise sie die im Lehrplan aufgeführten erforderlichen Fähigkeiten erwerben; dennoch würden praktisch fast alle die neunjährige Gesamtschule besuchen. Es wird noch zu überprüfen sein, inwiefern man im Falle Finnlands von einer Schulpflicht sprechen kann. 60 In der 3. Stunde eines jeden Schultages können die Schüler zu einem Lehrer ihrer Wahl gehen und bei ihm lernen und Fra- gen stellen (siehe van den Ven 2002, S. 342). 61 Gleichwohl kann hier, qualitativ gesehen, kaum von einer freien Gestaltbarkeit gesprochen werden kann. 62 In Finnland sind (einem Handout von Kraav u. a. auf der European Conference for Educational Research (ECER) im August 2003 in Hamburg zufolge) 36 % der 14-16Jährigen Finnen Mitglied in einem Sportverein, 10 % in Jugendorganisationen, 9 % in politischen Parteien und 5 % in religiösen Organisationen. 63 Dieses Kriterium habe ich nachträglich aus verstreuten Angaben der Autoren gebildet, es war nicht extra im vorgelegten Vergleichraster ausgewiesen. hoch, dass sie „in den meisten Familien das Einkommen der halbtags arbeitenden Mütter auf- zehren“ (du Bois-Reymond 2004). Adressatenbezogene Funktionen Aus dem denkbaren Spektrum der Funktionen der (ganztägigen) Bildungssysteme werden diejenigen beiden Kriterien hervorgehoben, die für die Begründung des Bundesinvestitionsprogramms „Zukunft Bildung und Betreuung“ zentral sind: Die Lernleistungen (auch in ihrer Abhängigkeit vom sozio- ökonomischen Status der Eltern) und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.64 Die überprüfbaren Lernleistungen der Schüler(innen) stellen sich in den drei Ländern wie folgt dar: • In PISA haben die Schüler(innen) des französischen Ganztagsschulsystems eine „Lesekom- petenz“ sowie eine „mathematische“ und eine „naturwissenschaftliche Grundbildung“ gezeigt, die jeweils etwas über dem OECD-Durchschnitt lag (14., 10. und 12. von 31 Rängen). Die Korrelation zwischen dem sozio-ökonomischen Status der Eltern und der „Lesekompetenz“ der 15jährigen Schüler(innen) ist in Frankreich mittelstark ausgeprägt (Die Steigung des so- zialen Gradienten steht an 15. Stelle der 32 Teilnehmerstaaten). • Die Schüler(innen) der finnischen „Drei-Viertel-Schule“ haben in Bezug auf die „Lesekompe- tenz“ die besten Werte in PISA erzielt und in „mathematischer“ bzw. „naturwissenschaftlicher Grundbildung“ den vierten bzw. dritten Platz belegt. Die Korrelation zwischen dem sozio- ökonomischen Status der Eltern und der „Lesekompetenz“ der 15jährigen Schüler(innen) ist in Finnland sehr schwach (viertgeringste Steigung des sozialen Gradienten unter 32 Teilneh- merstaaten). • Im Falle der Niederlande konnten die Lernleistungen in PISA nicht ausgewertet werden, weil das Land eine zu niedrige Beteiligungsquote aufwies, war aber „bei früheren Leistungsstudien ausgesprochen erfolgreich“ (Arbeitsgruppe „Internationale Vergleichsstudie“ 2004, S. 16). Ausgewertet werden konnte hingegen die Korrelation zwischen dem sozio-ökonomischen Sta- tus der Eltern und der „Lesekompetenz“ der 15jährigen Schüler(innen): Sie ist in den Nieder- landen, wie in Frankreich, durchschnittlich (Die Steigung des sozialen Gradienten belegt den 18. Rang unter 32 Teilnehmerstaaten). Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den drei Ländern lassen sich folgende Indizien heran- ziehen: • In Frankreich gewährleistet der Staat - quasi als Nebeneffekt der ursprünglich beabsichtigten politischen Sozialisationsfunktion von Betreuung und Unterricht - einen zeitlichen Rahmen, auf den sich die Familien verlassen können. Nicht zuletzt deshalb wird hier die (Vollzeit-)Berufs- tätigkeit von Müttern als völlig normal angesehen und führt zu einer entsprechend hohen Er- werbsquote von Frauen (70 % der 25-50jährigen, durchschnittlich 33 Stunden pro Woche).65 Ein weiterer Effekt des Ganztagssystems könnte möglicherweise die mit 1,89 Kindern pro Frau dritthöchste Geburtenrate unter den EU-Ländern sein.66 • In Finnland besteht traditionell eine hohe Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die zu einer der höchsten Frauenerwerbsquote europaweit geführt hat (77 %, bei Durchschnittlich 37 Stun- den pro Woche).67 Die Geburtenrate liegt bei 1,73 Kindern pro Frau. • In den Niederlanden hat die Erwerbstätigkeit von Frauen, im Vergleich zu Finnland und Frankreich, eine kurze Geschichte. Noch die Elterngeneration heutiger Schüler(innen) kannte arbeitende Mütter nur als Ausnahme. Erst in den letzten Jahren sind die sozialökonomischen Zwänge (die steigenden Kosten des Wohlfahrtsstaates und die stagnierende demographische Entwicklung: Die Geburtenrate liegt bei 1,72 Kindern pro Frau) so stark geworden, dass - um die Frauenerwerbsquote zu erhöhen (74 % der 25-50jährigen, bei durchschnittlich 25 Stunden 64 Bei der Erstellung des Vergleichsrasters war auf dieser Ebene geplant, die Bildungssysteme entlang von Kriterien zu charak- terisieren, die - anlog dem entsprechenden Kriterium auf der Organisationsebene (1.4) - auf familienunterstützende, - ergänzende oder -ersetzende Funktionen hindeuten. Dies erwies sich aber anhand von Länderdarstellungen als nicht durch- führbar. Zu weiteren Funktionen siehe Radisch/Klieme (2003, S. 16-17): Die Autoren kommen in ihrem ausführlichen Literaturbericht insgesamt zu einer sehr zurückhaltenden Einschätzung über etwaige, direkt auf die Ganztägigkeit zurückführbare Effekte. Über weitere mögliche Funktionen der (ganztägigen) Bildungssysteme, wie beispielsweise ihr Anteil an der politischen Sozialisation und Demokratiebildung, lässt sich beim gegenwärtigen Forschungsstand allenfalls mutmaßen. 65 Die Frauenerwerbsquote liegt europaweit bei 67 % der 25-50jährigen (33 Stunden pro Woche) und in Deutschland bei 72 % der 25-50jährigen (32 Stunden pro Woche). Die Angaben zur durchschnittlichen Arbeitsstunden pro Woche sind entnommen aus: Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen www.eurofond.ie/publications/files/ EF0158DE.pdf (abgerufen am 8.3.04). 66 Zum Vergleich: Der EU-Durchschnitt bei den Geburten liegt bei 1,53 Kindern pro Frau; Deutschland hat eine Geburtenrate von 1,34. 67 In Frankreich und Finnland liegt die Quote weniger aus emanzipatorischen als aus ökonomischen Zwängen so hoch (vgl. Alix 2003, bzw. Matthies 2002). pro Woche) - der Ausbau von außerschulischen Betreuungsangeboten vorangetrieben wurde, von denen nicht wenige anteilig von Eltern, Staat und Betrieben finanziert werden. Man kann also zusammenfassen, dass die finnische „Drei-Viertel-Schule“ mitsamt den nur lose damit verbundenen nachmittäglichen Betreuungsmöglichkeiten sehr gute kognitive und gesellschaftspoliti- sche Funktionen besitzt (sehr gute Lernleistungen bei sehr geringer Korrelation mit der sozialen Her- kunft, sehr hohe Vollzeiterwerbsquote von Frauen, hohe Geburtenrate). Die französische Ganztags- schule hat mehr gesellschaftspolitische als kognitive Funktionen (durchschnittliche Lernleistungen bei ebensolcher Korrelation mit der sozialen Herkunft, hohe Vollzeiterwerbsquote von Frauen, sehr hohe Geburtenrate). Und das niederländische Bildungssystem verbindet gute kognitive Funktionen mit mit- telstark ausgeprägten gesellschaftspolitischen Funktionen (gute Lernleistungen bei durchschnittlicher Korrelation mit der sozialen Herkunft, hohe Teilzeiterwerbsquote von Frauen, hohe Geburtenrate). Informationslücken Auf der adressatenbezogenen Vergleichsebene fallen folgende Informations- und vielleicht sogar For- schungslücken auf: In Bezug auf die Rechtsansprüche auf Betreuungsleistungen bzw. das Prinzip der Freiwilligkeit zur Nutzung von Bildungsangeboten im Kontext ganztägiger Bildungsorganisationen bestehen noch Unklarheiten, vor allem im Falle der Niederlande. Generell müssen noch Studien zum individuellen Zeitbudget und zum jeweiligen Bedarf der Adressaten an zusätzlichen Betreuungs- und Bildungsarrangements hinzugezogen werden. Darüber hinaus scheint es eventuell noch ratsam, wei- tere Vergleichskriterien einzufügen, nämlich den Beitrag der Bildungseinrichtungen zur Integration von verschiedenen Ethnien zu nationalen Gesellschaften und die demokratischen Beteiligungsrechte für Adressat(inn)en innerhalb der einzelnen Bildungssysteme.68 4. Zur disziplinär-theoretischen Fundierung der (ganztägigen) Bildungssysteme Unter einem disziplinär-theoretischen Blickwinkel erscheint mir vor allem der Formalstatus der betei- ligten Fachdisziplinen in den Wissenschaftssystemen, die verbreiteten - ggf. gemeinsamen - Leitbeg- riffe und der Grad der akademischen Vernetzung relevant. Formalstatus Der formale Status der an Lehre und Forschung zu den ganztägigen Bildungssystemen beteiligten wissenschaftlichen (Teil-)Disziplinen (z. B. Erziehungswissenschaft, Didaktik/Methodik, Schulpädago- gik, Sozialpädagogik/Sozialarbeit, Medizin, Psychologie etc.) ist nach universitärem, fachhochschu- lischem und fachschulischem Niveau zu unterscheiden sowie nach Forschung außerhalb von Ausbildungsinstitutionen. In allen hier dargestellten Ländern ist die Lehre und Forschung zu den Unterrichtsfächern der Leh- rer(innen) sämtlichst auf universitärem Niveau angesiedelt. • In Frankreich ist die didaktisch-methodische Forschung und Lehre für den Vor-, Grund- und Sekundarschulbereich wie auch für das Bibliothekswesen an Universitätsinstituten angesie- delt. Die Disziplinen zur Forschung und Ausbildung des nicht-lehrenden Personals der franzö- sischen Ganztagsschule (Sozialarbeit, Gesundheitswesen) sind - sofern überhaupt wissen- schaftlich - an den Fachhochschulen angesiedelt. • In Finnland sind die am Kindergarten-, Vorschul- und Schulwesen beteiligten Disziplinen an den Universitäten angesiedelt. Auch die Sozialarbeit ist universitär, im Unterschied zur Sozi- alverwaltung die fachhochschulisch ausgebildet wird. • In den Niederlanden sind die Disziplinen der Erzieher, Sozialpädagogen und Grundschullehrer auf Fachhochschulniveau angesiedelt, die Disziplinen der Sekundarschullehrer hingegen in Fachbereichen, die den Universitäten angegliedert sind oder an gesonderten Fachhoch- schulen (pädagogischen Hochschulen). Leitbegriffe Die - als offen zu verstehende - Liste der (ggf. gemeinsamen) theoretischen Leitbegriffe der an den Bildungssystemen beteiligten Disziplinen und Theorien beinhaltet 68 In Bezug auf die Niederlande merkt van de Ven (2002, S. 336) dazu an, dass die Elternvertreter meistens die wichtigste Rolle in den Vorständen der Schulträgervereine oder der -stiftungen spielen und dass es Beschwerdeausschüsse für alle Beteiligten an den Schulen gebe. In Bezug auf Finnland erwähnt Kansanen (2002, S. 151), dass es seit den Dezentralisierungen der 1990er Jahre auf Schulebene umfassende Diskussionen über die Ziele des Schulsystems und des Lehrplans unter Beteiligung von Eltern und Schülern gebe. • in Frankreich den Begriff des „Laizismus“, also der strikten Trennung von Staat und Kirche und den Begriff der Education Nationale, also die Herstellung der Einheit der Nation im Geiste der Republik, was im Deutschen wohl als „politische Sozialisation“ bezeichnet würde. • In Finnland fallen die Begriffe „soziale Fürsorge“ und „Gesundheitserziehung“ (insbesonde- re in Bezug auf das gemeinsame Mittagessen), und im Kontext des finnischen Modellprojekts zur Ganztagsbetreuung stehen die Begriffe „Kinderschutz“, „psychische Entwicklung“, „so- ziales Kapital“ und „soziale Fähigkeiten“ im Zentrum. • Ebenso wie hier in MUKAVA, so wird auch in den niederländischen brede scholen die Schule als „community center“ begriffen. Darüber hinaus spielen die Begriffe „Integration“ von ver- schiedenen Ethnien eine Rolle wie auch die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Vernetzung Die Vernetzung der an den Bildungssystemen beteiligten wissenschaftlichen (Teil-)Disziplinen - kon- kretisiert möglicherweise in gemeinsamen Forschungsprojekten, Publikationen oder Tagungen - ist in den drei hier dargestellten Ländern bisher kaum erkennbar. Dieser Umstand spiegelt sich auch in der Quellenlage und dem Forschungsstand zu diesem Thema wieder. • In Frankreich69 und in Finnland gibt es Nähen zwischen der pädagogischen und der psycholo- gischen Forschung (Chronobiologie; psycho-soziale Entwicklung), was auch zum finnischen Modellprojekt MUKAVA geführt hat. • Die ansonsten recht vernetzungsfreundliche Situation in den Niederlanden ist geprägt von dem tiefen Graben zwischen den wissenschaftlichen (Fach-)Disziplinen, die für die basis- scholen bzw. die weiterführenden Schulen ausbilden, was die ohnehin getrennten pädagogi- schen Traditionen verstärkt (kind- vs. lehrstoff-orientiert) und die verschiedenen Organisati- onsformen und Professionalisierungsideologien prägt. Informationslücken Auf der disziplinär-theoretischen Vergleichsebene bestehen die größten Informationslücken. Hier muss u. a. noch der Formalstatus derjenigen wissenschaftlichen (Teil-)Disziplinen herausgefunden werden, die für das nicht-unterrichtende Personal in den Bildungssystemen verantwortlich sind. Die Liste der (gemeinsamen) Leitbegriffe kann eh nur als offen verstanden werden. Und hinsichtlich der Vernetzung der einzelnen Disziplinen können bisher kaum Aussagen gemacht werden. Zusammenfassende Bewertung und Ausblick Auf den vier hier zusammengestellten Vergleichsebenen: Organisation, Personal, Adressaten und Theorie, lässt sich über das französische, finnische und niederländische (ganztägige) Bildungssystem zusammenfassend sagen: • Wir haben es mit überwiegend kommunalen Trägerschaften und nationalstaatlichen Finanzie- rungen zu tun, bei gleichzeitig signifikanten - in den letzten Jahren durch Dezentralisierungs- bestrebungen ‚von oben’70 offensichtlich steigenden - Anteilen öffentlicher und privater Träger und Geldgeber. Bei den Formen von Bildung überwiegt die formelle Schulausbildung, bei gleichzeitig signifi- kanten - ebenfalls in den letzten Jahren offensichtlich steigenden - Anteilen nicht-formeller Bil- dung, der zumeist schulunterstützende und -ergänzende Funktionen zugeschrieben werden, und kleineren Anteilen eigenständiger Sozialisationsfunktionen. • Das Personal der Ganztagseinrichtungen setzt sich neben den Lehrer(innen) aus einer relativ großen - ebenfalls in den letzten Jahren offensichtlich steigenden - Anzahl nicht-unterrich- tender Pädagog(inn)en zusammen, deren z. T. deutlich niedriger gestufte formale Ausbil- dungsgänge, zu einem steilen Gefälle in den Professionalisierungsgraden der Bereiche for- meller und nicht-formeller Bildung führt. • Aus Sicht der Adressaten fällt auf, dass die Kinder und Jugendlichen aus den drei Ländern deutlich unterschiedliche Zeitumfänge in bzw. mit der Schule verbringen und die Lücken der ‚Ganztagssysteme’ (mittags, nachmittags, in den Ferien) auf äußerst vielfältige Weise gefüllt werden; dass - bei durchgängiger Schulpflicht - Rechtsansprüche auf darüber hinausgehende Bil- 69 Interessanterweise stützt sich Alix (2003) in seiner Fallstudie auf eine Schule in Marseille, die zu einem länderübergreifenden Forschungsnetzwerk zwischen dem Fachbereich Sozialarbeit/Sozialpädagogik an der Fachhochschule Frankfurt a. M., der Université de la Méditerranée Aix-Marseille II und dem DIPF gehört. 70 Insbesondere in den Niederlanden, aber auch in den anderen beiden hier untersuchten Ländern, verschiebt sich die „Bil- dungspolitik (…) zunehmend vom Staat zur Gemeinde“ (van de Ven 2002, S. 343). dungs- und Betreuungsleistungen offensichtlich wenig verbreitet sind, jedoch ihre frei gewähl- te und fakultative Nutzungen eine große Rolle spielt, zumal wenn der Bedarf daran durch die ‚Ganztagssysteme’ selbst verursacht sind; dass die allermeisten nicht-unterrichtlichen mit direkten oder indirekten finanziellen Beiträge der Adressaten verbunden sind; und dass die Ganztagssystem hinsichtlich der Lernleistungen keinen Kausalzusammenhang erkennen lassen, wohl aber hinsichtlich Frauenerwerbsquote und Geburtenrate. • Hinsichtlich der beteiligten (Teil-)Disziplinen ist zu sagen, dass sie in ihrem Formalstatus höchstens eine Stufe voneinander entfernt sind; dass die verwendeten Leitbegriffe aus dem großen Spektrum zwischen Sozialpolitik, - pädagogik, -medizin und -psychologie entnommen sind; und dass es wenig akademischen Vernetzungen gibt. Die wesentliche Erkenntnis, die sich aus der vorliegenden Synopse ziehen lässt, besteht m. E. darin, dass - wie in Deutschland, so auch in anderen europäischen Ländern - ganztägige Bildungssysteme nur durch die Zusammenarbeit von schulischen und außerschulischen Organisationen, Professionen und Disziplinen möglich sind. Anders gewendet: Es gibt kein Ganztagssystem, welches ausschließlich aus Schule besteht: Andere Organisationen (zumeist kommunal oder vereinsrechtlich gefasste71), anderes Personal (zumeist aus Bereich der personenbezogenen sozialen Dienstleistungen) und ande- re wissenschaftliche Disziplinen (zumeist sozialarbeiterische, medizinische und psychologische) sind in jedem Fall konstitutiv. Letztgenannte Entwicklung ist insofern als ambivalent zu bezeichnen, weil dies in den meisten Fällen Ausdruck einer Inkorporierung außerschulischer Kompetenzen in das jeweilige Schulsystem ist (vor allem in der französischen Ganztagsschule, aber auch im finnischen Modellprojekt zur Ganztags- betreuung) und nur zu einem geringeren Teil Ausdruck einer Integration von schulischer und außer- schulischer Bildung (wie z. B. in den Ansätzen zu einer Ganztagsbildung in den Niederlanden). In der weiteren Beschäftigung mit diesem Thema wird zunächst die vorliegende Zusammenstellung um drei Länder (Japan, Italien, Russland) erweitert, um im darauf folgenden Schritt zu einer Typologie ganztägiger Bildungssysteme zu gelangen, die gesellschafts- und bildungstheoretisch einzurahmen sein wird. Literatur Adick, Christel (2003): Globale Trends weltweiter Schulentwicklung: Empirische Befunde und theoretische Erklärungen, in: ZfE 2/03, S. 173-187. 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