Monika Cremer, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
Erfahrungen bei der Katalogisierung von Internet-Dokumenten an der SUB Göttingen
Bericht aus der Praxis des WebDoc Projektes


Sie alle kennen inzwischen das Internet, wissen oder haben gehört, wie schnell es Nachrichten und Dokumente transportiert und welche Mengen an relevanter Fachliteratur (vor allem bei den Naturwissenschaften) sich NUR NOCH im Internet findet.

Neben den Newsgroups sind Diskussionslisten entstanden, es gibt inzwischen eine Flut von elektronischen Newslettern und Zeitschriften. Die großen naturwissenschaftlichen Fachgesellschaften stellen auf ihren Servern die Preprints ihrer Wissenschaftler bereit; nicht alle davon werden später zu Zeitschriftenartikeln für Printmedien reifen. Doch sie sind für die Forschung wichtig, treiben sie voran. Daneben finden sich Einzeldokumente von Institutionen, Forschern, und ganze Bücher im Internet, ich erinnere nur an das Projekt Gutenberg.

Vor dieser amorphen Flut stehen die Bibliothekare mit ihren formalen und systematischen Ordnungsprinzipien etwas ratlos da. Alle sagen, sie seien zu Ordnungshütern des Internet prädestiniert - aber wie soll das bei der ständig wachsenden Springflut der Dokumente gelingen?
Einige schwören auf die Suchmaschinen (Yahoo und Lycos sind sicher die bekanntesten neben WebCrawler und ähnlichen), doch muß man sich hier fragen, welche Server diese Werkzeuge absuchen - es sind fast immer nur anglo-amerikanische Server. Jeder Suchdienst hat ein eigenes Segment, das er absucht. Europäische Server stehen hier im Dunkeln und werden selten ausgewertet. Möglicherweise ändert sich das bald einmal, aber alle müssen sich klar darüber sein, daß man mit solchen Suchinstrumenten nur bestimmte Segmente der vorhandenen Dokumente trifft.

Also sollten wir doch "das Internet" katalogisieren, zumindest aber die Dokumente, die das Bibliotheksprofil und die Sammelschwerpunkte der Bibliothek treffen, denn nur so können wir unseren Kunden einen geordneten, strukturierten und fachlich geprüften Zugang zu den Dokumenten bieten. Den brauchen sie, wenn sie nicht von der Masse der Information "erschlagen" werden sollen.

Wir wollen Ihnen heute von den Initiativen berichten, die es dazu bereits gibt - vor allem in USA -, aber auch von den Bestrebungen der Kommission für Erschließung und Katalogmanagement, d.h. hier insbesondere der Expertengruppe RAK, wie der wachsende Bereich der Dokumente im Fernzugriff formal geregelt werden kann, damit Datenerfassung, Datenzugriff und Datentausch im Online-Zeitalter bestehen können.
OCLC hat mit dem Projekt INTERCAT erste Erfahrungen gesammelt, die uns nützlich sein können. Frau Münnich wird einen Überblick über diesen Bereich geben.

Internet-Adressen sind die Signaturen der Dokumente. Ohne zumindest eine URL (Universe Resource Locator) kann man kein Dokument ansteuern. Ohne Telefon-Nummer kann man ja auch nicht telefonieren. Internet-Adressen sind so wenig stabil wie Telefon-Nummern. Sie wechseln häufig. Was verbirgt sich hinter den URLs, URIs, URNs, PURLs? Wie kann man den Wechsel nachvollziehen, vielleicht sogar maschinell?
In die Hintergründe und das Eigenleben dieser Adressen wird Frau Payer Sie einführen.

Nach diesen Grundzügen, den Basics für alles Folgende, kommen wir nun zur Praxis, und die heißt momentan WebDOC.
Die Heimatseiten der Bibliotheken weisen alle Links zu Dokumentadressen in der Ferne auf. Sie sind thematisch gegliedert, man hantelt sich durch die Seite oder klickt sich durch. Das kann teilweise schon etwas unübersichtlich werden. Jedenfalls kann ich auf diese Weise nicht den schnellen Zugriff auf bestimmte Dokumente sicherstellen, zu denen ich Angaben habe.
Die Instabilität der URLs kommt zusätzlich als Problem hinzu.
PICA hat letztes Jahr ein länderübergreifendes Projekt, WEBDOC, gestartet, daß die formale und sachliche Erschließung der Dokumente und den Zugriff auf sie sichern soll. Über dieses Projekt und unsere ersten Erfahrungen mit WebDoc werde ich nachher berichten.

Muß das alles denn sein, werden Sie fragen. Auf beinahe allen Homepages von Bibliotheken finde ich Links zu elektronischen Dokumenten, die als interessant ausgewählt wurden. Reicht das nicht? Muß nun alles wieder in das RAK- und RSWK-Korsett gepresst werden? Das, genau das möchten wir mit danach Ihnen diskutieren!