Authors: Stahn, Catharina
Title: Evaluation einer Interventionsmaßnahme zur Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit bei älteren Arbeitnehmern in der Automobilbranche
Language (ISO): de
Abstract: Trotz der gesicherten Erkenntnis, dass der Alterungsprozess nicht per se mit allumfassenden Einbußen im intellektuellen Bereich korreliert ist, wurde vielfach eine altersbedingte Leistungsminderung der für alltagsrelevante Handlungen benötigten fluiden Intelligenz festgestellt. Angesichts des prognostizierten demografischen Wandels – und der damit einhergehenden Verlängerung der Lebensarbeitszeit – werden Möglichkeiten zum Erhalt von Gesundheit und kognitiven Fähigkeiten, die Grundbedingungen der Beschäftigungsfähigkeit darstellen, von der Wissenschaft, der Politik, den Unternehmen sowie den Krankenkassen diskutiert. Die mit der vorliegenden Arbeit vorgenommene Durchführung und Wirksamkeitsprüfung einer formalen PC-gestützten kognitiven Intervention adressierte mit älteren Arbeitnehmern aus dem produktiven Bereich eine bislang unberücksichtigte Zielgruppe in der kognitiven Interventionsforschung. In einem Wartegruppendesign wurden die Studienteilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt. Die Trainingsgruppe nahm an einem rein PC-gestützten kognitiven Training in einem Zeitraum von drei Monaten teil. Nachdem die kognitive Intervention der Trainingsgruppe beendet war, erhielten die Teilnehmer der Wartekontrollgruppe die gleiche Anzahl an Trainingsterminen in einer Kombination aus dem kognitivem Training und entweder einem Training zum Thema Stressbewältigung oder zur psychologischen Gesundheitsförderung. Dieses Vorgehen wurde aus untersuchungsökonomischen Gründen für zwei unabhängige Durchgänge in den Jahren 2009 und 2010 gewählt. Zur Objektivierung der Trainingswirksamkeit wurden zu allen Messzeitpunkten psychometrische Testverfahren eingesetzt, die die trainierten kognitiven Bereiche erfassen. Erwartet wurden größere Leistungssteigerungen in der Trainingsgruppe im Vergleich zur Wartekontrollgruppe. Die Verbesserung der durch das Training geförderten Bereiche konnte vor allem für den zweiten Trainingsdurchgang im Jahr 2010 bestätigt werden. Zusammenfassend ergab die Wirksamkeitsprüfung der kognitiven Intervention Trainingseffekte im verbalen episodischen Langzeitgedächtnis, für exekutive Prozesse des Arbeitsgedächtnisses, für die Sorgfaltsleistung exekutiver Aufmerksamkeitsprozesse, für das Kurzzeitgedächtnis, die Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit sowie für die fokussierte und die geteilte Aufmerksamkeit. Die erzielten Trainingseffekte sprechen für den Einsatz des kognitiven Trainings, da alterungsanfällige und alltagsrelevante kognitive Bereiche signifikant verbessert werden konnten. Das unterschiedliche Ausmaß der gefundenen Trainingseffekte in den beiden Durchgängen der Jahre 2009 und 2010 wurde vor dem Hintergrund der prekären Entwicklungen der Adam Opel GmbH diskutiert. Neben der generellen Wirksamkeitsprüfung wurden auch differenzielle Trainingseffekte analysiert. Lediglich das Training exekutiver Aufmerksamkeitsprozesse und des logischen Denkens erwies sich für verschiedene Untergruppen als differenziell wirksam. Das überwiegende Ausbleiben differenzieller Trainingseffekte ist positiv zu werten, da durch das kognitive Training alle Teilnehmer, unabhängig von Lebensalter und kognitivem Ausgangsniveau, profitieren sollten. In der Trainingsgruppe wurde drei Monate nach Beendigung der kognitiven Intervention eine Follow-up-Messung durchgeführt, die vor allem im ersten Durchgang im Jahr 2009 eine Verbesserung im logischen Denken, der fokussierten Aufmerksamkeit, der Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit sowie in exekutiven Aufmerksamkeitsprozessen ergab. Diese verzögerte Leistungssteigerung bietet eine Erklärung für das Ausbleiben von Trainingseffekten direkt nach Trainingsende. Das Ausbleiben signifikanter Veränderungen in den meisten Variablen zur Follow-up-Messung des zweiten Trainingsdurchgangs im Jahr 2010 spricht für eine Stabilität der erzielten Veränderungen über einen Zeitraum von drei Monaten. Die Aufteilung der Stichprobe in junge (≤ 47 Jahre) versus alte Teilnehmer (> 47 Jahre) er-öglichte die Analyse von Altersunterschieden im kognitiven Ausgangsniveau. Die jüngeren Teilnehmer zeigten hier eine Überlegenheit zum Beispiel in Maßen exekutiver Arbeitsgedächtnisprozesse sowie in der fokussierten und geteilten Aufmerksamkeit. Für die Interaktion aus Lebensalter und Schichttyp zeigte sich der ungünstige Einfluss der Nachtarbeit sowohl bei den jungen als auch bei den alten Teilnehmern in exekutiven Aufmerksamkeitsprozessen, im episodischen Gedächtnis, im räumlichen Denken sowie in der fokussierten Aufmerksamkeit. Kausale Rückschlüsse können aufgrund des querschnittlichen Vergleichs nicht gezogen werden. Die Wirksamkeitsprüfung der in den Wartekontrollgruppen durchgeführten Stressinterventionen erfolgte mittels Fragebogenverfahren, die vor und nach den Interventionen eingesetzt wurden. Hier zeigten sich vor allem im ersten Trainingsdurchgang im Jahr 2009 günstige Veränderungen in beiden stressbezogenen Gruppen für interne Stressreaktionen, die Wahrnehmung äußerer Stressoren sowie für Gesundheitsaspekte. Ein kognitives Training, wie es im Rahmen der vorliegenden Arbeit durchgeführt wurde, ist ein wichtiger Baustein zur Förderung der intellektuellen Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer. Zusätzliche Bedeutung gewinnen früh einsetzende kognitive Interventionen vor dem Hintergrund des progredienten Abbaus der fluiden Intelligenz ab dem dritten Lebensjahrzehnt sowie dem nachteiligen Einfluss bestimmter Tätigkeitsmerkmale wie Nacht- oder Schichtarbeit. Weitere wesentliche Säulen für den Erhalt der Leistungsfähigkeit stellen eine ausgewogene Ernährung, sportliche Aktivität, ein kognitiv stimulierender Lebensstil sowie ein adäquater Umgang mit Stress dar.
Subject Headings: Ältere Arbeitnehmer
Evaluation
Kognitive Leistungsfähigkeit
PC-gestütztes Training
Repetitive Tätigkeiten
URI: http://hdl.handle.net/2003/29183
http://dx.doi.org/10.17877/DE290R-3215
Issue Date: 2011-11-11
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