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Humboldt-Universität zu Berlin

Philosophische Fakultät I, Institut für Bibliothekswissenschaft

Prof. Dr. Konrad Umlauf

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konrad.umlauf@rz.hu-berlin.de

Zukunft der Bibliotheken
und
der bibliothekarischen Berufe

Berlin: Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin 1999
(Berliner Handreichungen zur Bibliothekswissenschaft. 51)
http://www.ib.hu-berlin.de/~kumlau/handreichungen/h51/


Übersicht

ABSTRACT

1 EINLEITUNG
    1.1 Institutionsbezogene  Entscheidungsinstanzen
    1.2 Berufsbezogene Entscheidungsinstanzen

2 BERUFSBILDER DER VERBÄNDE
   2.1 Ausgangspunkt der verbandlichen Berufsbilder
   2.2  Verein der Bibliothekare an Öffentlichen Bibliotheken
   2.3 Verein der Diplom-Bibliothekare an wissenschaftlichen Bibliotheken
   2.4 Berufsbild des Vereins Deutscher Bibliothekare
   2.5 Problematik der verbandlichen Berufsbilder
          2.5.1 Bibliothekarischer Beruf als Verschnitt
          2.5.2 Arbeitsmarktpolitische Verengung
          2.5.3 Ambivalenter Berufsbegriff
          2.5.4 Berufsbild der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände
          2.5.5 Perspektiven


LITERATUR

ANMERKUNGEN

3 ASPEKTE DER ZUKUNFT DER BIBLIOTHEKEN
 3.1 Rechtliche, technische, politische, wirtschaftliche Rahmenbedíngungen
         3.1.1 Steigerung der Chipleistung
         3.1.2 Sinkende Datenübertragungskosten
         3.1.3 Vereinheitlichung des Urheberrrechts
         3.1.4 Horizontale Gewaltenteilung
         3.1.5 Steigende Kaufkraft gegenüber den Medienmärkten
         3.1.6 Sinkende Bedeutung für die Mediendistribution
        3.1.7 Infragestellung der Buchpreisbindung
   3.2 Struktur des Bibliothekswesens
        3.2.1 Neue Differenzierungen
        3.2.2 Entinstitutionalisierung des BID-Bereichs
        3.2.3 Informationszugang statt Dokumentensammlung
 3.3 Ausbildung, Fortbildung, Beruf
       3.3.1 Verschiebung in den Qualifikationsebenen
       3.3.2 Wegfall der Spartendifferenzierung
       3.3.3 Nachlassende Bindung der Berufe zu Institutionen
       3.3.4 Konkurrenz für die bibliothekarischen Studiengänge
       3.3.5 Einzug anderer Berufe in die Bibliotheken
       3.3.6 Tendenz zur Entbeamtung
       3.3.7 Steigender Forbildungsbedarf
       3.3.8 Hausfrauisierung der Arbeit
       3.3.9 Verlagerungen bibliothekarischer Arbeitsinhalte
 3.4 Organisation extern
      3.4.1 Budgetierung und Globalhaushalte
      3.4.2 Andere Rechtsformen
      3.4.3 Zusammenfassung mit verwandten Bereichen
 3.5 Organisation intern
      3.5.1 Führungs- und Organisationsstrukturen
      3.5.2 Outsourcing
      3.5.3 Kostenrechnung, Controlling, Berichtswesen
 3.6 Finanzierung
      3.6.1 Nachlassendes Engagement der öffentlichen Hände
      3.6.2 Kostendeckelung
      3.6.3 Alternative Finanzierungsquellen
 3.7 Gebäude
      3.7.1 Sinkende Bau- und Ausstattungsstandards
      3.7.2 Flexibles Bauen
      3.7.3 Ostdeutsche Rekonstruktionen
 3.8 Dienstleistungen
      3.8.1 Medienvermittlung
      3.8.2 Informationsvermittlung
      3.8.3 Kulturelle und soziale Dienstleistungen
 3.9 Ziele und Leitbilder
      3.9.1 Erfordernis spezifischer Bibliotheksleitbilder
      3.9.2 Marketing gegenüber dem Geldgeber

Abstract

Ausgangspunkt ist eine Auseinandersetzung mit den bibliothekarischen Berufsbildern, die die bibliothekarischen Verbände vorgelegt haben. Sowohl die Berufsbilder der bibliothekarischen Personalverbände wie auch das neue bibliothekarische Berufsbild der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände (BDB) nehmen die Institution Bibliothek (das Berufsbild der BDB jedoch spartenneutral) zum Ausgangspunkt. Zukünftig wird es darauf ankommen, ein bibliothekarisches Berufsbild institutionsunabhängig zu formulieren; dieses würde von Kompetenzen auf dem Gebiet der Wissensorganisation und für die Gestaltung der Informationskette ausgehen. Der Hauptteil umreißt Trends, die auf das Bibliothekswesen und verwandte Bereiche einwirken oder innerhalb des Bibliothekswesens oder verwandter Bereiche entstehen: rechtliche, technische, politische, wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die Annäherung des wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliothekswesens, des Dokumentations- und Archivbereichs, Ausbildung, Studium und Berufsinhalte, interne und externe Organisation, Finanzierung, bibliothekarische Dienstleistungen, Ziele und Leitbilder.

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Einleitung

Die Entwicklung der Bibliotheken als Institutionen und die Entwicklung der bibliothekarischen Berufe hängen eng miteinander zusammen. Das in Ausbildung und Studium erworbene Wissen, mehr noch die in Ausbildung und Studium internalisierten Werthaltungen und Weltsichten prägen die Berufsausübung und mithin die Institutionen, in denen die Berufsangehörigen arbeiten; umgekehrt erwachsen aus den Institutionen, die mehr oder minder sensibel auf gesellschaftliche Bedarfe reagieren, Qualifikationsanforderungen, welche in Ausbildung und Studium die curruculare Basis darstellen sollen.

Nur in dem Bereich, in dem die Institutionen die Qualifizierung ihres Nachwuchses selbst durchführen, haben sie unmittelbaren Einfluß auf Inhalte und Formen der Ausbildung. Das ist beim innerbetrieblichen Teil der Berufsausbildung der Fall und bei den Praktika im Rahmen der FH-Studiengänge, der universitären Studiengänge, soweit diese Praktika fordern, und beim praktischen Teil der Ausbildung zum Höheren Bibliotheksdienst im Beamtenanwärterverhältnis.

Auch hier ist dieser Einfluß begrenzt, denn die Ausbildung bzw. die Studiengänge insgesamt unterliegen Ausbildungs- und Studienordnungen, die nicht selbst von den bibliothekarischen Institutionen in Kraft gesetzt werden können. Wohl aber sind Berufsangehörige der bibliothekarischen Berufe (teils als Vertreter der Institutionen, teils als Vertreter der bibliothekarischen Verbände) an der Erarbeitung der Ausbildungsordnungen und teilweise auch der Studienordnungen beteiligt; meistens allerdings in sehr einseitiger Auswahl. So sind Vertreter der Spezialbibliotheken im allgemeinen in Gremien unterrepräsentiert, in denen Ausbildungs- und Studienfragen mit Blick auf Neugestaltung der einschlägigen Verordnungen behandelt werden.

Letztlich wird über beide Angelegenheiten - Institutionen und Ausbildung - an unterschiedlichen Stellen entschieden:

1.1 Institutionsbezogene Entscheidungsinstanzen

Über die die Zukunft der Bibliotheken und mithin der Arbeits-, Praktikums- und Ausbildungsplätze in Bibliotheken entscheiden die Unterhaltsträger:  

die Universitäten,

die Landesministerien,

die Stadtverwaltungen bzw. die Gemeindevertretungen,

die Institute, Behörden und Firmen mit ihren Spezialbibliotheken,

die Kirchengemeinden mit ihren Gemeindebüchereien.

1.2 Berufsbezogene Entscheidungsinstanzen

Die Entscheidungen über die bibliothekarischen Berufe, was den Inhalt der Ausbildung bzw. des Studiums und damit die Auswahl der zu einem Beruf zusammengefaßten Tätigkeitsmuster angeht, werden von anderen Stellen getroffen, ich nenne und schließe dabei die dokumentarischem bzw. informationswissenschaftlichen sowie die archivalischen Ausbildungs- und Studiengänge ein :  

Was den Mittleren Dienst angeht, haben wir die seltsame Situation, daß es im Beamtenverhältnis weiterhin den/die Assistenten/in an Bibliotheken mit einer zweijährigen, vereinzelt auch 18monatigen Ausbildung gibt, während der entsprechende Beruf für Angestellte durch die erwähnte Ausbildung zum Fachangestellten mit einer Dauer von allerdings drei Jahren ersetzt wurde.

die Universitäten mit buch-, bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Studiengängen, meistens als grundständiges Direktstudium mit einer Regelstudien-zeit von 8 oder 9 Semestern im Haupt- und/oder Nebenfach, teilweise als post-graduales Direktstudium, in einem Fall als postgraduales Fernstudium (Humboldt-Universität zu Berlin, Universitäten Düsseldorf, Konstanz, Mainz, Erlangen-Nürnberg, Regensburg, Saarbrücken).

Wer immer über Ausbildungs- bzw. über Studiengänge entscheidet, muß sich fra-gen, ob seine Entscheidungen mit Blick auf den Arbeitsmarkt, also mit Blick auf Qualität und Quantität der Nachfrage nach Arbeitskräften in Bibliotheken einen Sinn machen.

Am engsten wird man diesen Zusammenhang sehen müssen bei der Berufsausbildung und bei der Ausbildung im Beamtenanwärterverhältnis, am losesten naturgemäß beim Universitätsstudium, wenn man einmal, den deutschen Traditionen folgend, voraussetzt, daß ein Universitätsstudium zwar letztlich auch auf eine Berufstätigkeit abzielt, aber nicht auf einen bestimmten, berufsbildmäßig fixierten Beruf, womöglich gar einen Beruf in einer bestimmten Sorte von Institutionen, sondern mehr oder minder der wissenschaftlichen Beschäftigung mit einem bestimmten Gegenstand dient. So kann man zwar Jura oder Medizin studieren, aber nicht das Fach Staatsanwalt oder Krankenhausarzt.

Bereits hier stoßen wir auf eine Frage, die uns im folgenden beschäftigen wird, nämlich auf den Zusammenhang zwischen Institutionen und Ausbildung bzw. Studium.

Das ganze Thema steht im Spannungsfeld der Frage, was überhaupt ein Beruf und speziell der Beruf des/der Bibliothekars/in ist. Deshalb soll eine kurze Überlegung hierzu vorangestellt werden. Sie geht aus von der Beobachtung, daß die bibliothekarischen Verbände in der Vergangenheit Berufsbilder vorgelegt haben, in denen sie formulierten, was nach ihrer Auffassung den Beruf ausmacht.

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Berufsbilder der Verbände

Einige der bibliothekarischen Verbände haben Berufsbilder (1) vorgelegt, die alle einem ähnlichen Argumentationsschema folgen, einem Argumentationsschema, das sonst kaum irgendwo angewendet wird.

2.1 Ausgangspunkt der verbandlichen Berufsbilder

Ausgangspunkt dieser Berufsbilder ist eine mehr oder minder konsistente Beschreibung der Aufgaben von Bibliotheken, genauer: der Aufgaben von Bibliotheken der Sparte wissenschaftliche Bibliotheken bzw. Öffentliche Bibliotheken. Wenn man die Berufsbilder vor dem Hintergrund der tatsächlichen Strukturen und Größenordnungen des Bibliothekswesens betrachtet, muß man eine ziemlich weitgehende, wenn auch nicht ganz durchgreifende, vor allem implizite noch stärkere Einengung feststellen, nämlich auf kommunale Bibliotheken in Mittelstädten beim Berufsbild des Vereins der Bibliothekare an Öffentlichen Bibliotheken bzw. auf Universitäts- und große Landes- und Staatsbibliotheken im Berufsbild des Vereins Deutscher Bibliothekare und im Berufsbild des Vereins der Diplom-Bibliothekare an wissenschaftlichen Bibliotheken.

Dieser implizite Bezug auf jene Bibliotheken führt zu Schwerpunktsetzungen, Raffungen und Betonungen in den Berufsbildern, die, betrachtet man die jeweilige Bibliothekssparte insgesamt, keine Grundlage hätten.

So werden im Berufsbild für den/die Bibliothekar/in an Öffentlichen Bibliotheken Planungs-, Konzeptions-, ja Bau- und Umbaufragen ausführlich behandelt, mit denen der durchschnittliche Berufsangehörige in Mittelstadtbibliotheken stärker konfrontiert ist als in Großstadtbibliotheken. In Großstadtbibliotheken befassen sich Direktoren/innen (Amtsleiter/innen) und Abteilungsleiter mit diesen Fragen, kaum die Masse der Bibliothekare/innen, während in kleineren kommunalen Bibliotheken der Anteil der einschlägigen Aufgabenstellungen mangels Masse an bibliothekarischem Personal entsprechend höher ist.

Das Berufsbild des/der Diplom-Bibliothekars/in an wissenschaftlichen Bibliotheken stellt den Geschäftsgang von der Beschaffung über die Katalogisierung bis zum Management von EDV-Verbünden in den Mittelpunkt, wie er in den großen, stark arbeitsteilig organisierten wissenschaftlichen Bibliotheken verbreitet ist, aber keine Entsprechung in den vielen kleinen Instituts-, Behörden- und Firmenbibliotheken findet, deren Bedeutung für den Arbeitsmarkt ja auch lange unterschätzt wurde. So heißt es (2), daß die Erwerbung der grauen Literatur aus dem allgemeinen Geschäftsgang wegen der komplizierten Beschaffungswege ausgegliedert werden könnte - eine allgemeine Aussage, die in vielen Spezialbibliotheken keinen Sinn macht, weil diese mitunter schwerpunktmäßig graue Literatur beschaffen und gar keinen "allgemeinen" Geschäftsgang haben.

2.2 Berufsbild des Vereins der Bibliothekare an Öffentlichen Bibliotheken

Im Berufsbild des Vereins der Bibliothekare an Öffentlichen Bibliotheken (1986) steht der euphemistische Bezug auf das Grundgesetz und das Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit am Anfang, eine verfassungsrechtlich nicht haltbare Argumentation, wie ich an anderer Stelle (3) ausgeführt habe. Dann werden Ziele der Öffentlichen Bibliothek angeführt (Zugang für jedermann, kostenlose Benutzung, nicht rein kommerziell orientiertes Angebot, politische Pluralität beim Bestandsaufbau, breites, universelles Medien- und Informationsangebot u.a.m.) und einzelne Dienstleistungen diskutiert (Buch contra Neue Medien, Zusammenarbeit mit Schulen und anderen Bildungseinrichtungen, Beratung und Auskunft, Soziale Bibliotheksarbeit, Öffentlichkeits- und Programmarbeit u.a.).

Schließlich sind sogar Anforderungen an das Bibliotheksgebäude festgehalten. Erst am Ende des Berufsbilds, in einem nur etwa 7 % des Textes ausmachenden Abschnitt, ist die Rede von den Aufgaben der Bibliothekare: Als Leiter sind sie zuständig für Personalführung, generell tummeln sie sich in Teams auf Handlungsfeldern wie Bibliothekspolitik und -management, Bestandsaufbau, Beratung und Auskunft. Nicht erklärt wird, warum auf diesen Handlungsfeldern Bibliothekare tätig sein sollen statt - was bei einigen Handlungsfeldern mindestens naheliegt - Betriebswirte, Verwaltungsfachkräfte, Verlagskaufleute, Bibliotheksassistenten, Medien- und Sozialpädagogen. Der Bibliothekar erscheint als Verschnitt all dieser und noch weiterer Berufe, wenn es heißt (4): Eine enge Spezialisierung auf wenige Handlungsfelder oder gar auf Teilbereiche eines einzelnen Feldes ist in der Regel nur innerhalb großer Bibliothekssysteme möglich. Weitaus typischer ist die Situation, daß der einzelne Bibliothekar Aspekte der verschiedenen Handlungsfelder abdecken muß.

2.3 Berufsbild des Vereins der Diplom-Bibliothekare an wissenschaftlichen Bibliotheken

Das Berufsbild des Vereins der Diplom-Bibliothekare an wissenschaftlichen Bibliotheken beginnt ebenso wie das Berufsbild des Vereins Deutscher Bibliothekare mit einer Skizze der Aufgaben und aktuellen Situation der wissenschaftlichen Bibliotheken (mit der oben angesprochenen Einseitigkeit). Beide Berufsbilder sind nach einem ähnlichen Schema aufgebaut: Die Teilaufgaben der Bibliotheken (Informationsvermittlung, Erwerbung, Erschließung, Bereitstellung der Medien, Leitung) werden umrissen, dann werden die Tätigkeiten des Personals der jeweiligen Qualifikationsebene daraus abgeleitet.

Das Berufsbild des Diplom-Bibliothekars an wissenschaftlichen Bibliotheken liefert eine bemerkenswert detaillierte Beschreibung der Teilaufgaben bis hin zur Aufzählung einzelner Arbeitsschritte (5):

Die formale Erschließung setzt sich aus folgenden Arbeitsschritten zusammen:

In beiden Berufsbildern ist das Bemühen um Abgrenzung gegenüber den darunter liegenden bzw. darüber liegenden Qualifikationsebene deutlich erkennbar; darüber hinaus reklamieren die Diplom-Bibliothekare an wissenschaftlichen Bibliotheken natürlich auch die Beteiligung an Leitungsaufgaben, besonders auf Stabsstellen, und die Beteiligung an Aufgaben, die die wissenschaftlichen Bibliothekare als ihre Domäne ansehen:

Die Abgrenzungen der Tätigkeitsfelder zwischen den einzelnen bibliothekarischen Gruppen [gemeint sind hier die Diplom-Bibliothekare einerseits und die Bibliothekare des höheren Dienstes andererseits] sind von der Größe und der Anzahl der Mitarbeiter einer Bibliothek und der Persönlichkeit des Einzelnen abhängig (6).

Darin spiegeln sich natürlich auch die starren Laufbahnvorschriften des öffentlichen Dienstrechts wider. Das wird besonders deutlich im Berufsbild des Vereins Deutscher Bibliothekare, wenn es heißt, sein Berufsbild habe auch zum Ziel, die Laufbahn- und Besoldungs- bzw. tarifrechtliche Eingliederung zu begründen (7).

2.4 Berufsbild des Vereins Deutscher Bibliothekare

Der Verein Deutscher Bibliothekare (VDB), dessen Klientel, verhüllt durch seinen allerdings vom Ende des vorigen Jahrhunderts stammenden Namen, als die heute verbreitete Fachhochschulausbildung für Bibliothekare noch nicht existierte und die wenigen ausgebildeten Bibliothekare stets Akademiker waren, laut Satzung die Bibliothekare mit Universitätsstudium sind, praktisch aber vor allem die Angehörigen des Höheren Bibliotheksdienstes an Universtitäts-, Landes- und Staatsbibliotheken, verwendet große Teile der Darstellung verwendet darauf zu begründen, weshalb für Aufgaben wie Sacherschließung, Erwerbungsentscheidung, Datenbankrecherchen gründliche und breite wissenschaftliche Kenntnisse und die Rezeption neuer wissenschaftlicher und literarischer Entwicklungen (8) unablässig sind.

Schwierig wird das bei den Leitungsaufgaben: Hierfür sei die wissenschaftliche Qualifikation nicht aus fachspezifischen, sondern allgemeinmethodischen Gründen notwendig - eine Begründung, die jüngst aus den Reihen des Vereins Deutscher Bibliothekare selbst in Frage gestellt wurde (9).

2.5 Problematik der verbandlichen Berufsbilder

Als überholt muß heute der Ansatz dieser Berufsbilder gelten, nämlich den Inhalt des bibliothekarischen Berufes ausgehend von der Institution Bibliothek und ihrer gesellschaftlichen Funktion zu bestimmen, und darüber hinaus noch nicht von der Bibliothek schlechthin und allgemein auszugehen, sondern von jeweils einer spezifischen Bibliothekssparte in Verbindung mit einem Qualifikationslevel. Dagegen kann die Funktionsbestimmung der Bibliothek, wie sie in den verbandlichen Berufsbildern vorgenommen wird, weiterhin grundsätzliche Gültigkeit beanspruchen. Es geht heute freilich um Profilierungen, um Schwerpunkte und Akzentverschiebungen innerhalb dieser Funktionsbestimmung. Diese Funktionsbestimmung zum Ausgangspunkt eines beruflichen Selbstverständnisses zu machen, bereitet jedoch folgende Probleme.

2.5.1 Bibliothekarischer Beruf als Verschnitt

Teilfunktionen der Institution können von Angehörigen anderer Berufe (beispielsweise Bibliotheksassistenten, Sozialpädagogen, Betriebswirten, EDV-Kaufleuten, Informatikern) aufgrund ihrer Ausbildung besser wahrgenommen werden.

Der institutionelle Ansatz birgt die Gefahr, den bibliothekarischen Beruf zum Verschnitt aller in der Institution benötigten Qualifikationen, soweit sie sich auf einer Hierarchiestufe der Qualifikationslevels (Ausbildung im dualen System, FH-Studium, Universitätsstudium) zusammenfassen lassen, zu machen.

Damit verliert der Beruf an Profil; für viele vom Beruf des Bibliothekars reklamierte Handlungsfelder gibt es dann Angehörige anderer Berufe, die speziell für diese Tätigkeiten ausgebildet wurden.

2.5.2 Arbeitsmarktpolitische Verengung

Dieser Ansatz fixiert die Berufsangehörigen auf die Institution, was arbeitsmarktpolitisch höchst bedenklich ist und in anderen Berufen ausdrücklich vermieden wird; der Jurist ist nicht ausschließlich für Aufgaben in einem Gericht, der Arzt nicht nur für Aufgaben im Krankenhaus ausgebildet usw. Vielmehr gehört zum beruflichen Selbstverständnis gerade der Juristen der Anspruch, in allen Bereichen der Gesellschaft unverzichtbares Querschnittswissen zu beherrschen - und tatsächlich können sich die Juristen dabei auf die (maßgeblich von Juristen betriebene) fortschreitende Verrechtlichung aller Lebensbereiche berufen und so ein wachsendes Feld von Arbeitsplätzen erfolgreich erobern.

Etwas Vergleichbares könnte den Bibliothekaren einfallen, wenn sie sich von der Vorstellung lösten, vor allem für die Institution Bibliothek ausgebildet zu sein. Freilich müßte dann der Inhalt der Ausbildung verändert werden und betriebswirtschaftliche Kenntnisse, angewandte Informatik und Teile der Philosophie kombinieren (Ethik, Logik, vielleicht auch Erkenntnistheorie). Wenn es richtig ist, daß, wie auch die Bibliothekare herausstellen, Information immer mehr der Stoff ist, der die Gesellschaft im Innersten zusammenhält, Rohstoff ist und Quelle zukünftigen Wohlstands, dann müßten gerade die Informationsberufe die Quer-schnittsberufe der Zukunft sein - aber unabhängig von einzelnen Arten von Institutionen.

Der Ansatz der bibliothekarischen Verbände spiegelt ein sonst nur bei den Beamtenlaufbahnen anzutreffendes Vorgehen wider, obwohl die meisten Bibliothekare jedenfalls an Öffentlichen Bibliotheken Angestellte sind: Die Ausbildung der Beamten richtet sich ausschließlich auf die Verwendung in der öffentlichen Verwaltung bzw. der Rechtsprechung. Insoweit ist der Ansatz für diejenigen bibliothekarischen Verbände, deren Klientel ursprünglich die verbeamteten Bibliothekare an wissenschaftlichen Bibliotheken waren, folgerichtig.

Aber mehr und mehr sind zu dieser Klientel auch angestellte Bibliothekare gestoßen, seien es Bibliothekare an Instituts-, kirchlichen oder Firmenbibliotheken. Und vor allem kann man wohl davon ausgehen, daß in einigen Jahrzehnten auch in Staats-, Landes- und Universitätsbibliotheken kaum noch verbeamtete Bibliothekare anzutreffen sein werden.

2.5.3 Ambivalenter Berufsbegriff

Der Ansatz verabsolutiert den einen Aspekt des Begriffs Beruf. Der Begriff Beruf enthält indessen zwei Aspekte:

Erstens handelt es sich bei einem Beruf um ein Muster spezialisierter Tätigkeiten. Die Befähigung zur normgerechten Ausübung dieser Tätigkeiten erwirbt man durch die Ausbildung. Dieser Aspekt führt zu der Formulierung von Berufsbildern, wie sie durch die Bundesanstalt für Arbeit vorgelegt werden (10).

Zweitens ist ein Beruf ("Berufung") eine innere, auch emotionale Bindung an einen Funktionsausschnitt der Gesellschaft, im Fall des VBB-Berufsbild einen sehr schmalen Funktionsausschnitt, nämlich der Institution Öffentliche Bibliothek. Aus diesem Aspekt des Berufs können Ansprüche nach Selbstverwirklichung im und Freude am Beruf, auch ein gediegenes Berufsethos kommen. Insbesondere darauf hebt das VBB-Berufsbild ab: Bibliothekare sind in einer für die Verwirklichung der Chancengleichheit und der Meinungs- und Informationsfreiheit unverzichtbaren Institution tätig.

Die Überbetonung des ersten Aspekts führt zum Jobbewußtsein und damit zur Vernachlässigung von Gesichtspunkten wie Verantwortung, Identifikation, Sinnhaftigkeit. Die Überbetonung des zweiten Aspekts führt zur Vernachlässigung von Gesichtspunkten wie gesellschaftlichem Wandel und beruflicher Mobilität.

2.5.4 Berufsbild der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände

Zukünftig wird es darauf ankommen, das bibliothekarische Berufsbild und -ethos institutionsunabhängig zu formulieren, das heißt auch unabhängig von einzelnen Typen von Bibliotheken und Informationseinrichtungen. In diesem Sinn ist die Neuformulierung eines bibliothekarischen Berufsbildes durch die einzelnen Verbände mit Blick auf ihre spezifische Klientel nicht mehr zeitgemäß und der Ansatz des Dachverbands der bibliothekarischen Verbände in Deutschland, der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände BDB, ein sparten- und laufbahnübergreifendes Berufsbild zu formulieren, angemessen:

Berufsbild 2000 (1998). Bibliotheken und Bibliothekare im Wandel. Erarbeitet von der Arbeitsgruppe Gemeinsames Berufsbild der BDB unter Leitung von Ute Krauß-Leichert. Berlin: Bundesvereinigung Dt. Bibliotheksverbände=http://www.bdbverband.de/berufsbild/berufsbild.htm

Dieses spartenübergreifende Berufsbild, an dem der Verfasser mitgearbeitet hat, geht von vornherein von Handlungsfeldern des Personals in Bibliotheken aus (Bestandsaufbau, Bestands- und Informations-vermittlung, Bestandserschließung, Management usw.), benennt zu jedem Handlungsfeld Ziele und Inhalte und leitet daraus Tätigkeiten, Ergebnisse der Tätigkeiten, Qualifikations- und Kompetenzanforderungen und schließlich ein Berufsethos ab. Letztlich steht hinter den Zielen und Inhalten natürlich wieder der Bibliotheksbetrieb, so daß auch in diesem sparten- und laufbahnübergreifenden Berufsbild doch wieder die Bibliothek, wenn auch nun nicht mehr auf eine Bibliothekssparte beschränkt, Bezugspunkt des Berufsbildes ist.

Aber dieser Bezug ist anders gefaßt als bei den früheren verbandlichen Berufsbildern: Im Mittelpunkt stehen Tätigkeiten und Qualifikationsanforderungen, nicht eine Bestimmung der gesellschaftlichen Rolle der Bibliothek. Insoweit nähert sich das BDB-Berufsbild den Berufsbildern des Arztes, des Ingenieurs, des Buchhalters oder des Sozialpädagogen an.

2.5.5 Perspektiven

Man könnte sich eine noch deutlichere Abkehr von den bisherigen bibliothekarischen Berufsbildansätzen vorstellen; dann würde dieses Berufsbild zunächst Auskunft darüber geben, was die spezifisch bibliothekarische Qualifikation und Kompetenz ist, um dann Einsatzfelder und Institutionen aufzuzeigen, in denen diese Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse gebraucht werden, seien es kommunale oder universitäre Bibliotheken, Redaktionen, Online-Dienste, Bildagenturen, Informationsvermittlungsstellen oder das Netzmanagement von Bürokommunikationssystemen.

Allerdings ist in diesem Ansatz ein Unterschied zwischen bibliothekarischer, dokumentarischer und archivalischer Qualifikation nicht mehr oder nur noch im Sinn einer Anwendung von Kenntnissen auf einen jeweiligen Gegenstand (Bücher, Akten, Dateien; Fachgebiete und Zielgruppen; Zielsetzung der übergeordneten Institution) erkennbar.

Im Mittelpunkt des bibliothekarisch-dokumentarisch-archivalischen Berufsbildes stünden wahrscheinlich Themen wie Wissensorganisation und die Gestaltung der Informationskette sowie das Training personal-kommunikativer Kompetenzen. Möglicherweise käme auch heraus, daß die früheren bibliothekarischen und dokumentari-schen Studiengänge zu speziellen betriebswirtschaftlichen Studiengängen umgestaltet werden müssen, so wie in den letzten Jahren eine ganze Reihe von speziellen BWL-Studiengängen entstanden sind (Tourismuswirtschaft, Krankenhauswesen, Krankenhaus-/Sozialmanagement, Verkehrsbetriebswirtschaft).

Freilich wäre ein solches Berufsbild Wasser auf die Mühlen einer Entwicklung, die die Institution Bibliothek als einen organisatorischen Apparat, der sich um ein Medienlager und mehr oder minder ausgedehnte Publikumsflächen dreht, zu gefährden scheint. In der Tat wird diese Entwicklung ein Faktor sein, der die bibliothekarischen Berufe in Zukunft beeinflußt - nicht der einzige.

Im folgenden soll ein Blick auf die Veränderungen und Trends geworfen werden, die sich im Bibliothekswesen in den vor uns liegenden Jahren mehr oder minder deutlich auswirken werden. Diese Trends werden maßgebliche Auswirkungen auf das haben, was den Inhalt der Berufe in Bibliotheken ausmacht, und sie werden in diesem Sinn auch Orientierungen für die Ausbildungs- und Studiengänge, die sich auf Tätigkeiten in Bibliotheken richten, abzugeben haben.

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Aspekte der Zukunft der Bibliotheken

In bibliothekarischen Veröffentlichungen wird meistens entweder

Im folgenden wird ein mittlerer Weg zwischen beiden Extremen versucht.

3.1 Rechtliche, technische, politische, wirtschaftliche Rahmenbedingungen

3.1.1 Steigerung der Chipleistung

Alle 9 Monate verdoppelt sich die Chipleistung bei Halbierung des Preises: Zwar schlägt sich diese Verbilligung nur teilweise in einem Preisverfall der Hardware nieder, weil Computer nicht nur aus Chips bestehen, aber die erforderlichen Investitionsmittel werden immer geringer. Andererseits hat die Bibliothek keine Chance, stets mit den neuesten Geräten ausgestattet zu sein.

3.1.2 Sinkende Datenübertragungskosten

Die Telefongebühren sinken und werden weiter sinken. Die je nach Wahl des Netzzugangs heute noch in der Summe beträchtlichen Leitungskosten werden abnehmen und zur Popularisierung von Netzanschlüssen ebenso beitragen wie die sinkenden Hardwarekosten.

 Möglicherweise bringt der preiswerte Netzcomputer den Durchbruch bei den privaten Haushalten. Das von den Bibliotheken vorgetragene Argument, gerade sie garantierten mit ihren Internet-Anschlüssen den Zugang zum Netz für jedermann, hat, wenn überhaupt, nur eine vorübergehende Bedeutung. Heute sind Bücher in Privathaushalten viel weiter verbreitet als Bibliotheksausweise, und so wird es in absehbarer Zeit auch mit Internetanschlüssen sein.

3.1.3 Vereinheitlichung des Urheberrrechts

Die internationale und vor allem zunächst EU-weite Vereinheitlichung des Urheberrechts (Richtlinienvorschlag der EU-Kommission zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und verwandter Schutzrechts in der Informationsgesellschaft vom 10.12.1997), rechtliche Regelungen für die Vergütung bei Nutzung elektronischer Publikationen tangieren die Bibliotheken.

3.1.4 Horizontale Gewaltenteilung

Verstärkte Kooperation und gemeinsame Wahrnehmung von Verantwortung durch Bund, Länder und Kommunen sind dringend geboten und entwickeln sich zögerlich: Sowohl die Finanznot der Unterhaltsträger (bei den Öffentlichen Bibliotheken die Kommunen) wie auch der Förderer (vor allem die Länder als Förderer der Öffentlichen Bibliotheken) wie auch die technischen Gegebenheiten der Entwicklung von Datennetzen und Bibliotheksverbünden erzwingen neue, synergetische Qualitäten der Kooperation und Arbeitsteilung.

3.1.5 Steigende Kaufkraft gegenüber den Medienmärkten

Die weiterhin steigende Kaufkraft der Konsumenten auf den Medienmärkten läßt das Argument, Bibliotheken verschafften der Masse der Bevölkerung den anders nicht leistbaren Zugang zu Medien verblassen. Die sinkenden Realeinkommen führen generell im Einzelhandel, auch im Phonohandel, kaum indessen im Buchhandel zu sinkenden Umsätzen. Allerdings ist die Kaufkraft auch immer ungleichmäßiger verteilt. Bibliotheken müssen die Frage beantworten, ob sie sich vor allem als Medienlieferanten für das untere Drittel der Gesellschaft präsentieren wollen. Durchschlagend wirkt das Kaufkraftargument zur Legitimation von Bibliotheken indessen bei Lehrbuchsammlungen, zumal es aufgrund studentischer Proteste in den Massenmedien breit dargestellt wurde.

3.1.6 Sinkende Bedeutung der Bibliotheken für die Mediendistribution

Alle Medien, physische (Bücher, Tonträger, CD-ROMs, Videos) und flüchtige (Radio, Fernsehen, Online-Dienste, generell das Internet), expandieren, während die Bi-bliotheksetats stagnieren und zurückgehen. Die Bedeutung der traditionellen Bibliotheken im Gefüge der Mediendistribution geht gesamtgesellschaftlich zurück, wenn auch weiterhin bestimmte Bevölkerungsgruppen (vor allem Kinder, Schüler und Studenten, alle Personen in Bildungsinstitutionen, mit Forschung und Entwicklung befaßtes Personal) weiterhin auf spezielle Bibliotheksdienstleistungen angewiesen bleiben. Dies legt nahe, daß Bibliotheken ihre knappen Mittel auf diese Dienstleistungen konzentrieren.

3.1.7 Infragestellung der Buchpreisbindung

Ob die Infragestellung der Buchpreisbindung, wie sie vor allem von der Europäischen Kommission vorgetragen, aber auch durch agressive Strategien einzelner Verlage und Vertriebsketten innerhalb der Buchbranche selbst vorangetrieben wird, zum Sturz dieser kulturschützenden Ausnahme vom Verbot wettbewerbsbehindernder Maßnahmen (§ 16 GWB) führt, ist augenblicklich noch nicht abzusehen. Der Wegfall der Buchpreisbindung würde weit stärker als heute erfordern, daß Bibliothekare Preis- und Kostenbewußtsein entwickeln, Verhandlungs- und Managementtechniken beherrschen müssen (Beschaffungsmanagement statt Bestandsaufbau).

3.2 Struktur des Bibliothekswesens

3.2.1 Neue Differenzierungen statt der ÖB-WB-Unterscheidung

Die bisher vor allem durch das Arbeits- und Laufbahnrecht erzwungene klare ÖB-WB-Differenzierung (Angestellte hier, Beamte dort; starre Zutrittsregelungen für höhere Hierarchieebenen) verblaßt zugunsten von Differenzierungen nach

3.2.2 Entinstitutionalisierung des BID-Bereichs

Wir beobachten eine Entinstitutionalisierung des BID-Bereichs: Früher standen sich idealtypisch die große Staatsbibliothek mit riesigen Buchspeichern und die firmeninterne Informationsvermittlungsstelle mit Terminal, aber ohne Buch gegenüber.

Heute sind Datenbankanschlüsse in jeder großen Bibliothek vorhanden; und die Informationsvermittlungsstellen sind dank PC-Netzen und benutzerfreundlicher Softwareergonomie teils an die Arbeitsplätze der Nutzer gewandert, teils zu multiplen Dienstleistungskomponenten (Informationsressourcenmanagement in Workflowsystemen, Erstellung von individuellen Mehrwertdiensten in der Informationslogistik) geworden. Ähnlich engagieren sich Öffentliche Bibliotheken bei der Entwicklung von digitalen Bürgerinformationssystemen, holen die Verbraucherberatung in die Bibliotheksräume, geben Bücherkisten in Kindergärten und stellen Teilbestände in Jugendfreizeiteinrichtungen auf oder entwickeln Zweigbibliotheken zu Bürgertreffpunkten mit begleitendem Medienangebot.

Tatsächlich leiden die großen Bibliotheken unter schwindender Kaufkraft gegenüber den Medienmärkten, während zugleich die Zahl der Bibliotheken - und zwar vor allem der kleinen BID-Stellen in Institutionen - zunimmt.

In diesem Sinn wird auch die Unterscheidung Bibliothek - Dokumentationsstelle - Archiv unscharf.

3.2.3 Informationszugang statt Dokumentensammlung

Die auf vielen Servern verteilte Vorhaltung von Dokumenten bedeutet, daß der Zugang zur Information wichtiger wird als die Sammlung einer großen Zahl von Informationsträgern (Dokumentlieferdienste, Netzpublikationen, Informationssammlungen auf Servern).

So entstehen, wenn auch langsamer als oft behauptet, virtuelle Bibliotheken. Immer wichtiger werden in den Datennetzen Navigationsfunktionen.

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3.3 Ausbildung, Fortbildung, Beruf

3.3.1 Verschiebung in den Qualifikationsebenen zwischen Berufsbildung und Studium

Die Höherqualifizierung der Berufsausbildung (nun drei Jahre statt zwei Jahre) ohne Differenzierung nach Bibliothekssparten, aber mit einer Differenzierung nach den Fachrichtungen Bibliothek, Archiv, Bildagentur, Information und Dokumentation bedeutet, daß den Diplombibliothekaren Handlungsfelder streitig gemacht werden, auch wenn das in der Verordnung über die Berufsausbildung vorgesehene Qualifikationslevel in den Fachrichtungen Bildagentur und Information und Dokumentation augenscheinlich etwas höher als bei Bibliothek und Archiv angesiedelt ist (z.B. Methoden und Verfahren der inhaltichen Erschließung anwenden, Bildbetextung entwerfen).

Wenn die Absolventen (die erste nach dem neuen Berufsbild ausgebildete Generation wird im Jahr 2001 auf den Arbeitsmarkt treten) tatsächlich gemäß ihrer Ausbildung eingesetzt werden und nicht gemäß dem Qualifikationsprofil der früheren Bibliotheksassistenten, dann werden sie einen Teil der Tätigkeiten übernehmen, für die bisher ein diplombibliothekarisches FH-Studium erforderlich war. Das gilt vor allem für die formale Erfassung, die aber auch heute schon in vielen Spezial- und Öffentlichen Bibliotheken, weniger in großen wissenschaftlichen Bibliotheken von Bibliotheksassistenten erledigt wird, und für die Mitwirkung bei der inhaltlichen Erschließung; das betrifft ferner mittlere Führungsaufgaben, EDV-Nutzung und eine Fülle von Aufgaben in der Öffentlichkeitsarbeit, im Benutzungsdienst und in der Informationsvermittlung einschließlich Beratung über das Dienstleistungs- und Medienangebot und der Recherche in Datenbanken und Datennetzen, ferner bei Beschaffung und Erwerbung.

Entsprechend werden die FH-Absolventen höherwertige Aufgaben für sich reklamieren, besonders was Leitung, Führung, Management angeht.

Bibliothekare mit Universitätsabschluß werden tendenziell nur noch da benötigt, wo die fachwissenschaftliche Qualifikation unabdingbar ist, so vor allem bei der Inhaltserschließung und beim Bestandsaufbau in großen Bibliotheken mit Informations- und Dienstleistungsangeboten für wissenschaftliche Forschung und Lehre.

In der Tat ist das Ausbildungsniveau bei den Diplombibliothekaren in den vergangenen 25 Jahren kontinuierlich gestiegen, nachdem die Erhebung der bibliothekarischen Ausbildungseinrichtungen zu Fachhochschulen zunächst mehr ein formaler Akt war.

3.3.2 Wegfall der Spartendifferenzierung in der Berufsausbildung und im Studium

Die Spartendifferenzierung innerhalb des Bibliothekswesens bei der Berufsausbildung hat es noch nie gegeben (wohl aber bei der Beamtenausbildung für den mittleren Bibliotheksdienst), doch gegenüber dem Dokumentations- und Archivwesen handelte es sich um ein anderes Berufsbild und mithin eine andere Ausbildung. Diese Unterscheidung ist nun beim Berufsbild des Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste entfallen, auch wenn gemäß dem Ausbildungsbetrieb die Wahl zwischen den Fachrichtungen Archiv, Bibliothek, Information und Dokumentation, Bildagentur besteht.

Die Fachhochschulen verzichten bei den Studiengängen mehr und mehr auf die Spartendifferenzierung innerhalb des Bibliothekswesens, teilweise sind Studieninhalte unter Einschluß des Dokumentationsbereichs bereits integriert, wenn auch ein bibliotheksspartenneutrales FH-Diplom noch selten ist. Diese Tendenz wird sich fortsetzen. Nur die Ausbildung im Beamtenanwärterverhältnis bleibt bei den überkommenen, sehr engen Spartenbezügen.

3.3.3 Nachlassende Bindung der Berufe zu Institutionen

Die Bedeutung der traditionellen Berufsgruppen mit ausgeprägt berufsständischem Gebaren schwindet in allen Berufen; die Bindung zwischen Beruf und Institution, in dem dieser Beruf ausgeübt wird, läßt in der ganzen Gesellschaft nach.

Auch die bibliothekarischen Berufe, wenn auch bei weitem noch nicht so stark wie beispielsweise EDV-Berufe, sind von diesem Wertewandel hin zur Durchsetzung von Individualität, Flexibilität und Mobilität erfaßt. Der Beruf des Bibliothekars verbindet sich immer weniger mit einem berufsständisch geprägten Lebensstil, wie das noch in den 50er Jahren ausgeprägt der Fall war. Auszubildende und Studenten sehen ihre Perspektive nicht nur wegen eines schwierigen Arbeitsmarktes, sondern auch infolge dieses Wertewandels immer weniger ausschließlich in Bibliotheken der einen oder der anderen Sparte.

3.3.4 Konkurrenz für die bibliothekarischen Studiengänge

Die Inhalte der bibliothekarischen Studiengänge treten in dem Maße, wie sie sich aktuellen Tendenzen anpassen, in wachsende Konkurrenz zu sowohl etablierten wie auch innovativen Studiengängen an Universitäten, Kunst- und Musikhochschulen und Fachhochschulen, z.B.

mit denen sie teilweise ähnliche Inhalte und Methoden aufweisen, wenn auch in jeweils spezifischem Bezug zu Bibliotheken.

3.3.5 Einzug anderer Berufe in die Bibliotheken

In vielen Bibliotheken ist ein verstärkter Einsatz von anderen Berufen, z.B. Sozialarbeitern, Informatikern, Betriebswirten zu erkennen.

3.3.6 Tendenz zur Entbeamtung

Unklar ist die Tendenz zur Entbeamtung. In den neuen Bundesländern haben, von Ausnahmen abgesehen, Bibliothekare den Beamtenstatus gar nicht erst erlangt; in den alten Bundesländern gibt es einen Trend, freiwerdende Beamtenstellen, wenn sie nicht kassiert werden, in Angestelltenstellen umzuwandeln.

3.3.7 Steigender Forbildungsbedarf

Der wirtschaftlich-technische Wandel (Einführung der Kostenrechnung, Budgetierung, EDV-Einsatz als Arbeitsmittel und als Medium) erzeugt einen wachsenden Fortbildungsbedarf. In einzelnen Bibliotheken beginnt man darüber hinaus, eine systematische Personalentwicklung zu betreiben.

Der massiv wachsende Fortbildungsbedarf muß deutlicher durch planvolle innerbetriebliche Maßnahmen bis hin zur Personalentwicklung gedeckt werden. Die bibliothekarischen Fortbildungsanbieter müssen verstärkt

3.3.8 Hausfrauisierung der Arbeit

Auch im BID-Wesen ist eine gewisse Hausfrauisierung der Arbeit zu beobachten, wenn auch, soweit es sich um Stellen im öffentlichen Dienst handelt, infolge der starren Regelungen des öffentlichen Dienst- und Arbeitsrechts in geringerem Maß als in anderen Branchen:

Heimarbeit findet, wenn auch sehr verhalten, Anwendung; an die Stelle lebenslanger Berufstätigkeit mit ganz ähnlichen Tätigkeiten treten zunehmend diskontinuierliche Berufsverläufe mit Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit, Wechsel der Betriebe und der Arbeitsinhalte, ja der Branche, und besonders bei den Berufsanfängern zunächst nur befristeten Arbeitsverträgen.

3.3.9 Verlagerungen bibliothekarischer Arbeitsinhalte

Bibliothekarische Arbeitsinhalte verlagern sich mehr und mehr:

Die formale Erfassung und Inhaltserschließung (Objektdokumentation und Inhaltsdokumentation) werden wichtiger und bekommen neue Qualitäten.

Nach wie vor bestehen Bibliotheksbestände hauptsächlich aus Texten, auf Papier gedruckt, auf CD-ROMs gespeichert. Der Anteil der Tonträger und Videos geht, abgesehen von Spezialsammlungen wie Musikbibliotheken und Mediotheken, selten über 10 % hinaus. Unabhängig von diesem Anteil handelt es sich immer noch darum, daß Textmedien einerseits und Ton- bzw. Filmdokumente andererseits gesammelt werden.

Die Multimediatechnologie, angewendet bei CD-ROMs bzw. DVDs und in Datennetzen, bringt eine neue Qualität der Verknüpfung von Text, Standbild, Bewegtbild (Video) und Ton. Dies erfordert neue Kategorien und Methoden der Erfassung und Erschließung, wenn die Dokumentbeschreibung (veraltet: das Katalogisat) eine Vorstellung von dem geben soll, was man mit dem ganzen Dokument bzw. dem ganzen Medium bekommt.

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3.4 Organisation extern

3.4.1 Budgetierung und Globalhaushalte

Eine ganze Reihe von Kommunen hat das Neue Steuerungsmodell mehr oder minder unvollkommen bereits eingeführt, andere Kommunen planen oder zögern noch. An Universitäten greift die Einführung von Globalhaushalten um sich.

3.4.2 Andere Rechtsformen

Bisher vereinzelt, aber nach einer verbreiteten Auffassung bald häufiger wählen die Unterhaltsträger andere als die bisher üblichen behördenmäßigen Rechtsformen für ihre Bibliotheken, besonders im kommunalen Bereich (Eigenbetrieb, Stiftung, GmbH, Verein u.a.m.).

Beides erfordert vom bibliothekarischen Personal neue betriebswirtschaftliche, Führungs- und Marketingkompetenzen.

3.4.3 Zusammenfassung der Bibliothek mit verwandten Dienstleistungsbereichen

Ferner beobachten wir häufiger eine organisatorische Zusammenfassung der Bibliothek mit verwandten Einrichtungen oder eine Verschmelzung mit dem Bereich, für den die ehemals organisatorisch abgegrenzte Bibliothek Dienstleistungen erbringt, beispielsweise eine Zusammenfassung mit der Informationsvermittlungsstelle der Forschungs- und Entwicklungsabteilung eines Unternehmens, dem Archiv (z.B. in Rundfunkanstalten, wo teilweise die organisatorische Trennung von betriebsinterner Fachbibliothek und Archiv nie praktiziert wurde), einer Lexikonredaktion bei früheren Fachbibliotheken in Verlagen, dem kommunalen Kulturamt, der Volkshochschule, der Stadt- oder Kreisbildstelle, in mancher Kleinstadt mit dem Museum.

Motive dafür hängen teils mit dem oben angesprochenen Neuen Steuerungsmodell zusammen, bei dem die budgetierten Einheiten größer als die Bibliothek oder die VHS alleine sein sollen, teils mit der Gewinnung von Synergieffekten und der Effizienzsteigerung, wenn neue Formen einer mehr netzartigen Arbeitsteilung angestrebt werden.

Die bibliothekarisch-dokumentarisch-archivalische Dienstleistung soll in unmittelbarer Zusammenarbeit mit den Nutzern dieser Dienstleistung erbracht werden. Der Bibliothekar, wenn man ihn dann noch so nennen will, arbeitet als spezialisierter Dienstleister in einem Team mit, das insgesamt eine andere Aufgabe als eine bibliothekarische Aufgabe hat, sei es die Abfassung von Lexika, das Kulturmanagement einer Mittelstadt oder die Produktion von Nachrichtensendungen.

3.5 Organisation intern

3.5.1 Führungs- und Organisationsstrukturen aus Unternehmen

In Übertragung von Führungs- und Organisationsstrukturen aus Unternehmen treten auch bei öffentlichen Einrichtungen an die Stelle von starren Hierarchien Teamstrukturen, fraktale Strukturen und Strukturen des Lean Managements. Nach dem Modell der profit centers werden Dienstleistungszentren gebildet.

Dies geht einher mit wachsender Eigenverantwortung, aber auch höherem Leistungsdruck für den einzelnen Mitarbeiter. Der Betrieb insgesamt trägt weniger Mitläufer und fordert jeden Mitarbeiter umfassend im Sinn einer dynamischen Organisationskultur.

3.5.2 Outsourcing

Das bisher vor allem an großen Staats- und Universitätsbibliotheken für buchbinderische Leistungen anzutreffende Outsourcing greift um sich und erfaßt möglicherweise bald auch weitere Dienstleistungsbereiche, ja ganze Bibliotheksbetriebe, wenn auch in Deutschland anders als im Großbritannien der Thatcher-Ära die öffentliche Ausschreibung ganzer Bibliotheken zur Übernahme durch private Anbieter, denen man einen Zuschuß in Aussicht stellt, nicht vor der Tür steht.

3.5.3 Kostenrechnung, Controlling, Berichtswesen

Aus dem Unternehmensbereich stammende Instrumente wie Kosten- und Leistungsvergleiche, Prozeßkostenrechnung, Controllingverfahren, Berichtswesen, Entwicklung und Einsatz von Entscheidungsunterstützungssystemen finden mehr und mehr Anwendung in Bibliotheken der öffentlichen Hand; die Schneise führt über die kommunalen Bibliotheken auch in staatliche Bibliotheken.

3.6 Finanzierung

3.6.1 Nachlassendes Engagement der öffentlichen Hände

Das Engagement der öffentlichen Hände für öffentliche Dienstleistungen läßt auf dem Hintergrund der Finanzknappheit nach. Ein verändertes Verständnis öffentlicher Aufgaben ("schlanker Staat") spielt mit hinein.

3.6.2 Kostendeckelung

Die ursprünglich als Instrument einer besseren Steuerung durch die Politik gedachten Instrumente des Globalhaushalts bzw. der Budgetierung finden vor allem als Instrument der Kostendeckelung Anwendung.

3.6.3 Alternative Finanzierungsquellen

Andere Finanzierungsquellen neben dem Zuschuß im Haushaltsplan gewinnen an Bedeutung:

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3.7 Gebäude

3.7.1 Sinkende Bau- und Ausstattungsstandards

Sinkende Standards bei Gebäuden und Ausstattungen sind teils finanziell erzwungen, teils politisch gewollt.

3.7.2 Flexibles Bauen

Konzepte flexiblen Bauens sind gefragt, keine in Beton gegossenen Bibliothekskonzepte, die bei raschen Änderungen der Bibliothekskonzeptionen auf dem Hintergrund rapider technischer und gesellschaftlicher Dynamik über Nacht disfunktional werden können oder aufwendige Umbauten erfordern.

Zunehmend errichten private Investoren Gebäude, deren Vermietung ganz oder stockwerksweise an den Unterhaltsträger der Bibliothek von vornherein geplant ist.

3.7.3 Ostdeutsche Rekonstruktionen

In Ostdeutschland sind weiterhin Rekonstruktionen der maroden Gebäude geboten, aber immer schwieriger finanzierbar.

3.8 Dienstleistungen

3.8.1 Medienvermittlung

Zunehmende Bedeutung erlangt dagegen die fallweise Beschaffung von Medien und Dokumenten in physischer und elektronischer Form bei auftretender aktueller Nachfrage. Die Bibliotheken müssen Beschaffungs- und Bearbeitungswege finden, bei denen auch in diesen Fällen die Wartezeiten für die Benutzer minimiert werden.

Mehrdimensional heißt: Die Recherche ist möglich anhand mehrerer Klassifikationen, die ihrerseits über Registerbegriffe zugänglich sind, anhand von Schlagwörtern, anhand von Thesauri wahlweise auch im systematischen Zugriff, anhand von semantischen Netzen u.a.m. (Schaffung von strukturierten Landkarten des Wissens). Bestellkomponente meint hier: Der Benutzer findet die gewünschten Nachweise in Datennetzen und bestellt zur Lieferung an die Arbeits- oder Privatadresse.

3.8.2 Informationsvermittlung

Ebenso wie beim Bestandsaufbau entsteht ein Zwang zur Profilbildung bei der einzelnen Bibliothek.

3.8.3 Kulturelle und soziale Dienstleistungen

Denselben Zwang zur Kooperation wie beim Bestandsaufbau und bei der Bestandserschließung beobachten wir bei den kulturellen und sozialen Dienstleistungen. Kooperationspartner sind hier bei den kommunalen Bibliotheken Einrichtungen der öffentlichen und kirchlichen Sozialarbeit, Buchhandlungen und Medienkaufhäuser, Einrichtungen der Erwachsenenbildung und der Fortbildung, Kulturveranstalter wie z.B. Kulturämter, Galerien, aber auch private Radio- und Fernsehsender; Kooperationspartner für Landes- und Staatsbibliotheken bei kulturellen Dienstleistungen könnten Museen, Theater- und Konzerthäuser oder große Sender sein. Noch selten ist beispielsweise anzutreffen, daß eine kommunale Bibliothek einem lokalen Privatsender sendefähige Medienbesprechungen liefert und im Gegenzug den Hinweis "Der Tip aus der Stadtbibliothek" als Werbung verbucht.

Eine verstärkte Einbindung in kulturelle Szenen und soziokulturelle Milieus und damit verstärkter Einsatz ehrenamtlicher Kräfte wird wohl deshalb eintreten, weil sich die Gesellschaft generell zunehmend in Subkulturen differenziert, deren Kommunikation untereinander schwächer wird zugunsten der Binnenkommunikation im selben Milieu, so daß Einrichtungen, die als zum anderen Milieu gehörig gelten, gemieden werden. Fragwürdig erscheint, ob kommunale Bibliotheken eine Szenen, Milieus und Ghettos übergreifende Integrationskraft entfalten können.

Aber Bibliotheken können ein Ort realer Begegnung in virtuellen Welten sein: Events werden dann wichtiger als Bestände.

Weniger für die Bürger, mehr durch die Bürger - das wäre die Folge der aufgezeigten Tendenzen in der Schnittmenge kultureller und sozialer Dienstleistungen einerseits und knapper werdender Finanzen bei flexibleren Organisationsformen andererseits.

3.9 Ziele und Leitbilder

3.9.1 Erfordernis spezifischer Bibliotheksleitbilder

Selten sind gegenwärtig noch Zielkonzepte oder Leitbilder von Bibliotheken. Etwas verbreiteter sind Aussagen über strategische Ziele, sei es eine angestrebte Zahl von Benutzern oder das Erfordernis eines Neubaus, wenn die Sammlung die Kapazitäten des vorhandenen Magazins ausschöpft.

Wenn kommunale Bibliotheken ihre Ziele angeben sollen, greifen sie meistens auf allgemeine Zielkataloge zurück, die aber ähnlich oder teilweise wortgleich auch von Bürgerinformationsämtern, von Behörden für Intergrationspolitik, von Volkshochschulen, Kulturämtern oder Buchhandlungen (die sich auch als moderne Mediendienstleister verstehen und ins Internet drängen) vorgetragen werden könnten.

Universitätsbibliotheken beziehen sich auf die in den Hochschulgesetzen genannten Funktionen für Lehre, Forschung und Studium sowie für die Region, können damit aber schwerlich ihr ganzes Leistungsspektrum wie etwa die Sondersammelgebiete (bei Fächern, die womöglich an der eigenen Universität gar nicht mit einem Lehrstuhl vertreten sind) begründen.

Zukünftig wird der Unterhaltsträger immer nachdrücklicher die Bindung aller Aktivitäten seiner Infrastruktureinrichtung Bibliothek an seine konkreten Organisationsziele statt an allgemeine bibliothekarische Deklarationen einfordern und ein Leitbild der Bibliothek erwarten, das gerade eine Konkretisierung seines eigenen Leitbildes darstellt.

3.9.2 Marketing gegenüber dem Geldgeber

In diesem Sinn wird Marketing gegenüber dem Geldgeber wichtiger als gegenüber den Nutzern - an denen die meisten Bibliotheken keinen Mangel haben, während ihnen zugleich die Mittel abgehen, den Bedarf ihrer Nutzer auf gutem Niveau zu decken.

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Literatur

Betriebsvergleich an Öffentlichen Bibliotheken: Band 1 (1997): Empfehlungen und Arbeitsmaterialien für ein output-orientiertes Berichtswesen / hrsg. von Marga Pöhl und Bettina Windau. Bearb. Von Ursula Pantenburg und Kerstin Schmidt. - Gütersloh: Verl. Bertelsmann Stiftung.

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ANMERKUNGEN

1 Berufsbild (1986) der Diplom-Bibliothekarin / des Diplom-Bibliothekars an Öffentlichen Bibliotheken, erarbeitet im Auftrag des Vereins der Bibliothekare an Öffentlichen Bibliotheken VBB. In: BuB 38, S. 318-332. - Der Diplom-Bibliothekar an wissenschaftlichen Bibliotheken (1991). Versuch einer Standortbestimmung. Göttingen: Verein der Diplom-Bibliothekare an wissenschaftlichen Bibliotheken. - Das Berufsbild des Wissenschaftlichen Bibliothekars (1984). In: ZfBB 31, S. 141-150.
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2 Der Diplom-Bibliothekar an wissenschaftlichen Bibliotheken (1991). Versuch einer Standortbestimmung. Göttingen: Verein der Diplom-Bibliothekare an wissenschaftlichen Bibliotheken, S. 18.
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3 Umlauf (1997d), Konrad: Bestandsaufbau an öffentlichen Bibliotheken. Frankfurt a.M.: Klostermann (Das Bibliothekswesen in Einzeldarstellungen), S. 17.
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4 Berufsbild (1986) der Diplom-Bibliothekarin / des Diplom-Bibliothekars an Öffentlichen Bibliotheken, erarbeitet im Auftrag des Vereins der Bibliothekare an Öffentlichen Bibliotheken VBB. In: BuB 38, S. 318-332, hier S. 331.
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5 Der Diplom-Bibliothekar an wissenschaftlichen Bibliotheken (1991). Versuch einer Standortbestimmung. Göttingen: Verein der Diplom-Bibliothekare an wissenschaftlichen Bibliotheken, S. 22, 23.
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6 Der Diplom-Bibliothekar an wissenschaftlichen Bibliotheken (1991). Versuch einer Standortbestimmung. Göttingen: Verein der Diplom-Bibliothekare an wissenschaftlichen Bibliotheken, S. 8.
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7 Das Berufsbild des Wissenschaftlichen Bibliothekars (1984). In: ZfBB 31, S. 141.
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8 Das Berufsbild des Wissenschaftlichen Bibliothekars (1984). In: ZfBB 31, S. 143.
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9 Oehling (1998), Helmut: Wissenschaftlicher Bibliothekar 2000 - quo vadis? 12 Thesen zur Zukunft des Fachreferenten. In: Bibliotheksdienst 1998, H. 2=http://www.dbi-berlin.de/dbi_pub/bd_art/98_02_06.htm .
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10 Umlauf (1996m), Konrad: Diplom-Bibliothekar / Diplom-Bibliothekarin an öffentlichen Bibliotheken. Hrsg. von der Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg. Bielefeld: W. Bertelsmann (Blätter zur Berufskunde. 2 - X B 31).
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11 Heidtmann (1994), Horst: Vergeßt die Leser von gestern! Mediatisierung der Gesellschaft, Tendenzen und Perspektiven. In: Neue Betriebsformen, Jugendliche, Multimedialität. Reutlingen: Einkaufszentrale für öffentl. Bibliotheken (Konzepte. 2), S. 166-183 – Heidtmann (1995), Horst: Multimedia, neue Informationstechnologien, gesellschaftlicher Wandel. In: BuB 47, S. 1015-1022.
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12 Dudeck (1996), Jochen: Weder Nische noch Warenhaus. Zur Standortbestimmung von Öffentlichen Bibliotheken in Zeiten von Multimedia und Internet. In: BuB 48, S. 765-770, hier, S. 770.
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Letzte Aktualisierung: 1.6.1999

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