Marlene Nagelsmeier-Linke, UB Dortmund
Am Beispiel der UB Dortmund: Wir starten ins Internet


1 Die Internet-Aktivitäten der Universitätsbibliothek Dortmund

Die UB Dortmund verfügt seit Ende 1992 über einen Internet-Anschluß. Seither sind eine Reihe von Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Internet entwickelt worden. Diese beschränkten sich zunächst auf den internen Dienstgebrauch1. Seit Sommer 1995 arbeiten wir auch intensiv daran, das Internet und seine Ressourcen in die Benutzungsdienste der Bibliothek zu integrieren.

Folgende Internet-Aktivitäten sind in der UB Dortmund bislang entwickelt worden:

1.1 Einsatz von EMail als Kommunikationsmittel

Seit die UB Dortmund über einen Internet-Anschluß verfügt, wird auch EMail als einer der Basisdienste des Internet genutzt2. Grad und Intensität der Nutzung hängen dabei natürlich ab von den Faktoren:

Mail wurde aufgrund dieser Faktoren zunächst nur von einigen wenigen Internet-Begeisterten genutzt.

Mittlerweile ist fast die gesamte Bibliothek vernetzt; auch die dezentralen Bereichsbibliotheken sind nunmehr alle an das Netz angeschlossen. Anfang 1996 wurde als letzter großer Bibliotheksbereich das Großraumbüro der Monographienkatalogisierung verkabelt.

Zwar verfügt noch nicht jeder Mitarbeiter, jede Mitarbeiterin über einen eigenen PC am Arbeitsplatz, aber alle haben problemlosen Zugang zu einem PC, den sie auch für EMail nutzen können.

Im Rahmen der Kurse, die die Fort- und Weiterbildungsstelle der Bibliothek anbietet, wird EMail in starkem Maße berücksichtigt, so daß auch die meisten MitarbeiterInnen mittlerweile im Umgang mit dem neuen Medium vertraut sind.

Nachdem diese Voraussetzungen geschaffen sind, kann davon ausgegangen werden, daß die Nutzung von EMail als Mittel der Kommunikation fast so selbstverständlich ist wie die Nutzung von Telefon oder Fax.

Dabei weist EMail im Vergleich zu Telefon bzw. Brief/Fax einige deutliche Vorteile auf, nämlich:

Neben den Mails, die an einzelne MitarbeiterInnen oder Gruppen von MitarbeiterInnen verschickt werden, sind auch die elektronischen Notizbretter des Mailsystems ein wichtiges Forum für die innerbetriebliche Kommunikation. Materialien zu Themen, die von allgemeinem Interesse sind wie etwa die Diskussion um die Einführung der gleitenden Arbeitszeit, werden über diese Notizbretter bekanntgemacht und in ihnen diskutiert.

Darüber hinaus ist EMail auch ein wichtiges Medium für die Kommunikation nach außen. Osteuropäische Partner und Partner auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion sind über EMail weitaus besser zu erreichen als über Telefon oder per Brief bzw. Fax.

Ob bzw. inwieweit EMail möglicherweise auch zu einer Veränderung der Arbeitsorganisation führt, soll in Abschnitt 3 untersucht werden.

1.2 Diskussionslisten im Internet

Diskussionslisten im Internet sind "künstliche" EMail-Adressen, hinter denen sich eine variable Menge von persönlichen Emailadressen verbergen3. Eine EMail an die Adresse solch einer Diskussionsliste wird umgesetzt in viele EMails an jeden einzelnen, der in diese Liste eingetragen ist.

In der UB Dortmund werden 11 Diskussionslisten betreut. Die Tabelle auf der nächsten Seite enthält eine Übersicht über diese Diskussionslisten.

Die älteste dieser Listen ist CDLAN (ursprünglich: CDMLIST). Diese Liste bietet das Diskussionsforum, über das die Netzwerkadministratoren in den nordrhein-westfälischen Hochschulbibliotheken miteinander kommunizieren. In Nordrhein-Westfalen wurden 1991 mit Mitteln des Landesministeriums für Wissenschaft und Forschung alle Hochschulbibliotheken mit CD-ROM-Netzwerken ausgestattet. Die Systemadministratoren, die in den einzelnen Bibliotheken jeweils das Netz zu betreuen hatten, waren nicht immer EDV-Fachleute, sondern mußten häufig als technisch interessierte BibliothekarInnen diese Aufgabe ohne eine spezifische Ausbildung wahrnehmen. Hier erwies sich die Liste als das richtige Medium für gegenseitigen Erfahrungsaustausch und Hilfestellung.

Die mittlerweile bekannteste und wichtigste Diskussionsliste, die in der UB Dortmund betreut wird, ist zweifellos INETBIB, auf die auch die Idee zu dieser Tagung zurückzuführen ist.

Gegenstand von INETBIB sind alle Fragen, die das Themengebiet Internet und Bibliotheken berühren. INETBIB ist wohl die wichtigste Diskussionsliste in Deutschland für diesen Themenkreis. INETBIB wurde im Mai 1993 ins Leben gerufen und hat (Stand: 31.01.96) 820 eingeschriebene TeilnehmerInnen. Der Zuwachs bei INETBIB beträgt etwa 10 neue TeilnehmerInnen pro Woche. Schätzungsweise 10 TeilnehmerInnen sind in der Liste ständig aktiv, weitere 10 bis 20 sporadisch4.

Die von der UB Dortmund betreuten Diskussionslisten
Name Thema Entstehungs-
zeitpunkt
Anzahl TeilnehmerInnen
CDLAN (früher: CDMLIST) CD-ROM im LAN Januar ´93 264
INETBIB Internet in Bibliotheken Mai ´94 820
LIB-L Bibliotheken allgemein Juni ´94 480
AGPC-L PC-AG der Direktorenkonferenz Mitte ´95 12
JASONADMIN Offizielle Ankündigungen zu JASON Anfang ´95 32 (nur für Betreuer)
Netz-L Netzgruppe der UB Dortmund Mitte ´95 10 (für alle offen zum Schreiben, TeilnehmerInnen nur bestimmte MitarbeiterInnen
WWWRED WWW-Redaktion Mitte ´95 8
IBKON Der Kongreß Ende ´95 12
IGBIS Internet-basiertes Informationssystem Ende ´95 12
FOBILIST Fortbildung in Bibliotheken Januar ´96 144
Test-L Testliste

Als Parallelliste wurde fast gleichzeitig mit INETBIB die Liste LIB-L installiert. Gegenstand von LIB-L sind alle bibliothekarischen Themen, die nichts mit dem Internet zutun haben. LIB-L hat derzeit 480 eingeschriebene TeilnehmerInnen, also nur etwas mehr als halb so viel wie INETBIB. Dies mag auf den ersten Blick überraschen, weil das Themengebiet bei LIB-L ja weitaus umfassender ist als das bei INETBIB. Dennoch ist dieses Phänomen plausibel. Denn wer als Bibliothekar überhaupt Diskussionslisten nutzt, verfügt über ein gewisses Maß an Erfahrung mit dem Internet und wird sich primär bei INETBIB eintragen und dann über INETBIB auch solche Fragen einbringen, die streng genommen mit dem Internet nichts zu tun haben.

Die jüngste von der UB Dortmund ins Leben gerufene Liste ist FOBILIST. Sie wurde im Januar 1996 eingerichtet; sie ist bestimmt für alle Fragen, die in Zusammenhang mit der Fort- und Weiterbildung in Bibliotheken stehen.

Die übrigen Listen sind für enge - teilweise auch nur temporäre - Zwecke eingerichtet worden. Einige der o.g. Listen sind daher "beschränkt" bzw. "geschlossen"

INETBIB, LIB-L und CDLAN sind auch international bekannt, d.h. sie werden auch in einigen Veröffentlichungen genannt.

1.3 Aufbau und Pflege eines eigenen WWW-Servers

Die UB Dortmund verfügt seit Sommer 1995 über einen eigenen WWW-Server. Dieser Server wird unter LINUX betrieben. Er befindet sich noch im Aufbau. Eine Arbeitsgruppe befaßt sich gerade mit Inhalt und Präsentation des Informationsangebotes, das zukünftig über diesen Server publiziert werden soll. Der Server wird sich also demnächst in neuer Gestalt präsentieren und dann auch aus den einzelnen Bereichen der Bibliothek mehr Informationen als bisher liefern; an den entsprechenden Texten wird derzeit noch gearbeitet.

Die Informationen sollen auch in Englisch angeboten werden.

1.3.1 Einbindung in das WWW-Angebot der Hochschule

Bereits vor der Bibliothek hat das Hochschulrechenzentrum einen WWW-Server eingerichtet, der u.a. auch allgemeine Informationen über die Hochschule enthält. Mittlerweile ist die Zuständigkeit für diese allgemeinen Informationen auf die Pressestelle der Hochschule übergegangen; physisch wird das WWW-Angebot der Hochschule aber weiterhin über den WWW-Server des Rechenzentrums veröffentlicht.

Eine Arbeitsgruppe, der Vertreter der verschiedenen Hochschulbereiche angehörten und in der auch die Bibliothek vertreten war, hat Vorgaben für die Gestaltung der WWW-Seiten mit den hochschulübergreifenden Informationen erarbeitet. Die Gestaltung der bereichsspezifischen WWW-Seiten liegt in der Hand des jeweiligen Bereiches (Fakultät, Fachbereich, zentrale Einrichtung etc.). Einen Konflikt über Stil und Ästhetik der jeweiligen Web-Seiten hat es in der Universität Dortmund bislang noch nicht gegeben.

1.3.2 Die Zielgruppe des WWW-Angebotes der Bibliothek

Das WWW-Angebot der Bibliothek richtet sich nicht nur an Externe, sondern auch an die Beschäftigten der Bibliothek. Für den innerbetrieblichen Gebrauch soll er Zugriff möglich sein auf

1.3.3 Design

Die Abbildung zeigt die neue Homepage der UB Dortmund.

Diese Homepage bietet auf einem einzigen Bildschirm

Für die Gestaltung der Web-Seiten galt das Prinzip, daß der zu erwartende Informationsbedarf mit möglichst wenigen Schritten befriedigt werden soll. Wer also im Katalog recherchieren möchte, dem soll mit einem einzigen Schritt das Suchmenü angeboten werden, ohne daß er sich über mehrere Seiten hinweg zu dieser Information "durchklicken" muß. Diese Architektur der Web-Seiten ignoriert im Einzelfall den hierarchischen Zusammenhang, in den eine Information eingebettet ist (z.B. also nicht: "Die UB allgemein, Link: "Die Benutzungsabteilung", Link: "Die Kataloge", Link: "Der Alphabetische Katalog"). Sie setzt voraus, daß die vorrangig vom Benutzer nachgefragte Information a priori ermittelt und über die Homepage direkt zugänglich gemacht wird.

Einzelne Informationen können für mehrere Web-Seiten relevant sein (z.B. Benutzungsregeln oder Aufstellungssystematik sowohl bei "Katalog" als auch bei "Ausleihe"). Die Hypertextstruktur des WWW macht es möglich, Informationen einmal abzulegen und von verschiedenen Seiten Links auf diese Informationen zu legen.

1.3.4 Inhalt des WWW-Servers

Der WWW-Server soll folgende Informationen enthalten:

1.3.5 Evaluation

Auskunft darüber, ob die Gestaltung der Web-Seiten wirklich den Bedürfnissen der BenutzerInnen entspricht, soll eine Benutzerbefragung geben.

1.4 Nutzung von Internet-Ressourcen für die tägliche Bibliotheksarbeit

Die Informationsfülle des Internet enthält auch vieles, was nutzbringend für die tägliche Arbeit in der Bibliothek eingesetzt werden kann. In der Bibliothek hat sich eine Arbeitsgruppe damit befaßt, das Internet nach solchen Ressourcen abzusuchen. Als Ergebnis liegt als "TOP TEN FÜR BIBLIOTHEKEN" eine elektronische Liste vor, die aus 10 Gliederungspunkten besteht:

1.5 Installation eines Internet-Arbeitsplatzes für BenutzerInnen

Die Frage, ob die Bibliothek überhaupt dafür zuständig sei, ihren BenutzerInnen Zugang zum Internet zu bieten, war in der Bibliothek anfangs durchaus umstritten. Hinzu kamen Bedenken in Hinblick auf Sicherheitsprobleme (Viren, Mailmißbrauch etc.). Da aber mittlerweile auch andere Bibliotheken erfolgreich Internet-Arbeitsplätze für ihre BenutzerInnen installiert haben, setzte sich auch bei uns die Auffassung durch, daß ein Internet-Arbeitsplatz zum regulären Dienstleistungsangebot einer Hochschulbibliothek gehört.

Seit Herbst 1995 befaßt sich nunmehr eine Arbeitsgruppe in der Bibliothek mit der Frage, wie ein solcher Internet-Benutzerarbeitsplatz gestaltet werden soll.

Eine grundsätzliche Frage ist dabei, ob der Internet-Zugang Teil eines integrierten Angebotes sein soll, d.h. ob es möglich sein soll, von einer gemeinsamen Oberfläche aus die Recherche in den Katalogen der Bibliothek, in den CD-ROM-Datenbanken und im Internet zu starten, oder ob der Zugang zum Internet von bestimmten, nur für diesen Zweck vorgesehenen PCs aus möglich sein soll, auf denen sonst keine weiteren Anwendungen laufen. Gegen die erste Lösung könnte sprechen, daß bei ihr die Internet-Surfer die Benutzer-PCs für alle anderen Informationssuchenden blockieren. Die Entscheidung ist daher zunächst einmal für reine Internet-Arbeitspätze und gegen multifunktionale Arbeitsplätze gefallen. Aufgrund der Erfahrungen, die mit ihnen gesammelt werden, kann dann später noch einmal darüber diskutiert werden, ob nicht doch eine integrierte Lösung realisiert werden sollte.

Als Browser-Software wird Netscape eingesetzt. Das System IBIS, das im folgenden kurz dargestellt wird, wird später auch über den Internet-Benutzerarbeitsplatz zugänglich sein und für die Fachinformation einen vorstrukturierten Einstieg in das Internet ermöglichen.

1.6 Mitarbeit am Projekt IBIS

Von der Arbeitsgemeinschaft der Hochschulbibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen ist der Aufbau eines Internet-basierten Informationssystems der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen (IBIS) beschlossen worden.

Ziel dieses Projektes ist es, in einem kooperativen Verfahren die Ressourcen des Internet unter fachlichen Gesichtspunkten auszuwählen und zu erschließen. Da dieses Projekt an anderer Stelle ausführlich beschrieben wird, soll auf seine Grundzüge hier nicht noch einmal eingegangen werden.

In der UB Dortmund arbeiten drei FachreferentInnen am Projekt IBIS mit, und zwar für die Fachreferate:

2 Das Internet als Thema der betrieblichen Weiterbildung in der UB Dortmund

Die Universitätsbibliothek Dortmund zeichnet sich durch ein hochentwickeltes System innerbetrieblicher Weiterbildung aus, das seinerseits Teil eines Gesamtsystems betrieblicher Bildung ist, innerhalb dessen Weiterbildungsveranstaltungen auf drei Ebenen angeboten werden:

Was die Weiterbildung zum Thema Internet angeht, ist - neben der innerbetrieblichen Weiterbildung - vor allem die bibliotheksübergreifende Fortbildung beim Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen (HBZ) von Bedeutung. So wird z.B. auch diese erste INETBIB-Tagung mit Fortbildungsmitteln des HBZ gefördert.

Bis zum Jahr 1995 gab es in Nordrhein-Westfalen für den Bibliotheksbereich weder eine zentrale und hauptamtliche Zuständigkeit noch ein Fortbildungskonzept. Im Frühjahr 1995 hat nunmehr das Ministerium für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen die Zuständigkeit für die Fortbildung der Beschäftigten der Bibliotheken im Geschäftsbereich des Ministeriums dem HBZ übertragen. Das HBZ hat die ersten Weiterbildungsveranstaltungen ab Oktober 1995 durchgeführt. Ende 1995 hat das HBZ das erste umfassende Fortbildungsprogramm für das erste Halbjahr 1996 vorgelegt.

Es ist sicherlich kein Zufall, daß die Fortbildungsbemühungen für die Beschäftigten in den wissenschaftlichen Bibliotheken auf Landesebene in einer Zeit intensiviert werden, in der das Bibliothekswesen einen Paradigmenwechsel erlebt. Dieser radikale Wandel im Bibliotheksbereich hängt nicht allein mit dem Internet zusammen - andere Entwicklungen wie etwa der Globalhaushalt tragen auch hierzu bei -, aber das Internet und mit ihm das neue Konzept für die Bibliotheksarbeit, das mit dem Schlagwort von der "virtuellen Bibliothek" umrissen wird, tragen maßgeblich zu diesem Wandel bei. Von den 26 Seminaren, die das Fortbildungsprogramm des HBZ für das erste Halbjahr 1996 aufführt, behandeln 11 Seminare Themen aus dem EDV-Bereich; darunter sind wiederum 5 Seminare, die das Internet und die virtuelle Bibliothek i.e.S. zum Thema haben.

Über die Angebote hinaus, die etwa vom HBZ gemacht werden, bietet die UB Dortmund ihren MitarbeiterInnen ein umfangreiches innerbetriebliches Weiterbildungsprogramm.

Zuständig für die innerbetriebliche Weiterbildung in der UB Dortmund ist die sog. Fort- und Weiterbildungsstelle der Bibliothek. In ihr arbeiten zwei BibliothekarInnen des gehobenen Dienstes. Die Fort- und Weiterbildungsstelle ist als Stabsstelle unmittelbar der Direktion unterstellt.

Der Schwerpunkt der Kurse, die von der Fort- und Weiterbildungsstelle angeboten werden liegt beim Themengebiet EDV. Auch hier spielt wiederum das Internet eine wichtige Rolle. 1995 wurden 75 UB-interne Kurse durchgeführt, davon handelte es sich bei 43 Kursen um EDV-Themen, von den wiederum 14 das Internet i.e.S. behandelten.

Die Zulassung zur Teilnahme an diesen Kursen wird sehr liberal gehandhabt. Unter der Voraussetzung, daß der eigentliche Dienstbetrieb nicht darunter leidet, kann jeder an den Kursen teilnehmen. Es wird also nicht gefragt, ob sich die Teilnahme für diesen oder jenen Teilnehmer denn auch "lohne" und ob er oder sie das Gelernte unbedingt für seine "eigentliche" Arbeit braucht. Nur solch eine liberale Praxis garantiert u.E., daß bei einer möglichst großen Anzahl von MitarbeiterInnen die Bereitschaft da ist, Innovationen mitzutragen.

Die intensive Weiterbildung, die in der UB Dortmund betrieben wird, kostet natürlich Ressourcen, ich bin aber davon überzeugt, daß sich der Einsatz dieser Ressourcen in Hinblick auf die gewaltigen Veränderungen, die dem Bibliothekswesen bevorstehen, langfristig lohnen wird.

3 Gruppenarbeit und Internet oder: Revolutioniert das Internet die Arbeitsorganisation in Bibliotheken?

quot;Team gesucht!": in mehreren Ausschreibungstexten, mit denen MitarbeiterInnen für Arbeitsgruppen gesucht wurden, in denen einzelne Probleme im Zusammenhang mit dem Internet-Einsatz in unserer Bibliothek bearbeitet werden sollten, fand sich diese Wendung. M.E. war dies kein Zufall.

Dem Internet wird vielfach ein basis-demokratischer Charakter zugesprochen5. Damit stellt sich tatsächlich die Frage, ob das Internet und seine Nutzung in den Bibliotheken auch deren Arbeitsorganisation verändern und vielleicht sogar revolutionieren wird6.

Vergegenwärtigt man sich einmal, wie das Internet die innerbetriebliche Kommunikation verändert, erscheint dies zumindest möglich. Ist man auf mündliche oder schriftliche Kommunikation angewiesen, ist eine hierarchische Organisation zwar nicht unbedingt zwingend, sie erleichtert die Informationsweiterleitung aber erheblich.

Informationen werden so von oben nach unten bzw. auch von unten nach oben von Stufe zu Stufe weitergegeben. Dabei kann diese Information gefiltert und verändert werden oder sie kann auch auf einer der Stufen "versickern", sodaß sie die nächsthöheren bzw. nächsttieferen Stufen gar nicht mehr erreicht.

Demgegenüber macht das Internet vor allem mit seinem Basisdienst EMail eine ganz andere Art der Kommunikation möglich. Eine bestimmte Information kann - fast ohne Mehraufwand - an eine beliebige Anzahl von Adressaten zeitgleich verteilt werden. Alle diese Adressaten haben dann den gleichen Informationsstand. Dies erleichtert vor allem auch die Arbeit von Gruppen, deren Mitglieder räumlich dezentral arbeiten.

Die UB Dortmund ist derzeit noch streng hierarchisch gegliedert, und es wird stark arbeitsteilig gearbeitet. Hieran wird sich in der Zukunft sicherlich einiges ändern. Diese Veränderungen werden aber sinnvollerweise erst dann in Angriff genommen werden, wenn sich die technischen Rahmenbedingungen für die Bibliotheksarbeit geändert haben. Eine solche Veränderung wird etwa dann gegeben sein, wenn für die Buchbearbeitung ein integriertes System eingesetzt wird.

Auch wenn einmal die technischen Voraussetzungen für einen verstärkten Einsatz von Gruppenarbeit gegeben sind, wird es lange dauern, bis wirklich die Bibliotheksorganisation entsprechend geändert ist. Demgegenüber bieten Projektgruppen die Möglichkeit, parallel zu der ansonsten weiterbestehenden hierarchischen und arbeitsteiligen Struktur komplexe Probleme in Gruppenarbeit zu lösen.

Alle Aufgaben, die in der UB Dortmund bislang im Zusammenhang mit der Nutzung des Internet zu lösen waren, sind in abteilungsübergreifenden Projektgruppen bearbeitet worden.

Als erste dieser Projektgruppen hat sich im März 1994 die sog. Internet-AG konstituiert. In dieser AG haben sich interessierte MitarbeiterInnen aufgrund eigener Initiative und ohne ausdrücklichen Arbeitsauftrag der Direktion zusammengefunden. Einen fest umrissenen Verantwortungsbereich gab es also nicht.
Die Internet-AG hat dann vier Untergruppen konstituiert, in denen die Themen

behandelt wurden bzw. noch werden.

Charakteristisch für alle diese Projektgruppen ist, daß sie - nach einer anfänglichen gemeinsamen Zielabsprache mit der Bibliotheksleitung - weitgehend selbständig und selbstverantwortlich arbeiten. Die Gruppenmitglieder definieren selbständig Verantwortlichkeiten und legen die weitere Arbeit fest.

Die Gruppenarbeit, die in diesen Projektgruppen stattfindet, ist m.E. ein Mosaikstein moderner Personalentwicklung. Personalentwicklung geht über betriebliche Bildungsarbeit hinaus und umfaßt auch Maßnahmen on the job bzw. near the job, wie z.B. die Arbeit in Projektgruppen.

Die Arbeit in solchen Projektgruppen bietet zum einen die Möglichkeit fachlicher Qualifikation. So haben in den Internet-Projektgruppen auch TeilnehmerInnen mitgearbeitet, die keine oder nur wenige Vorkenntnisse zum Thema Internet hatten und die sich erst durch die Mitarbeit in der Gruppe die entsprechenden Kenntnisse und Erfahrungen angeeignet haben.

Die Gruppenarbeit bietet aber auch die Möglichkeit, überfachliche Qualifikationen, die sog. Schlüsselqualifikationen, zu entwickeln. Solche Schlüsselqualifikationen sind z.B.:

Die Arbeit in den Projektgruppen, die sich aus MitarbeiterInnen aus verschiedenen Bibliotheksbereichen zusammensetzen, bietet auch die Möglichkeit, betriebliche Zusammenhänge besser zu verstehen. Da sich die TeilnehmerInnen der Projektgruppen auch aus allen Statusgruppen rekrutieren, haben in ihnen auch MitarbeiterInnen die Gelegenheit, planerisch und gestalterisch tätig zu werden, die hierzu in ihrer täglichen Arbeit gar nicht oder kaum die Gelegenheit haben.

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß Projektgruppen eine Form der Arbeitorganisation darstellen, in der - ohne daß bereits die gesamte Bibliotheksorganisation verändert werden müßte - Gruppenarbeit als fester Bestandteil der Bibliotheksarbeit installiert werden kann und Potentiale von MitarbeiterInnen, die ansonsten brachliegen würden, genutzt werden können. Ob dies die die Bibliotheksarbeit insgesamt revolutionieren wird, wird sich zeigen.


1 Eine detaillierte Darstellung hierzu findet sich bei: Jedwabski, Barbara: Internet für Bibliotheksmitarbeiter. In: Bibliotheksdienst 29 (1995), S. 1138 - 1145.

2 Ein Überblick über die EMail-Nutzung in der UB Dortmund findet sich bei: Schaarwächter, Michael: Electronic-Mail in deutschen Bibliotheken am Beispiel der UB Dortzmund - wie ein Medium die Arbeitsweisen revolutioniert. In: Informationsspezialisten zwischen Technik und gesellschaftlicher Verantwortung. Internationaler Kongreß der Hochschule für Bibliotheks- und Informationswesen vom 4. - 5. Dezember 1995. Stuttgart 1995, S. 174 - 179.

3 Vgl. Schaarwächter, a.a.O. (Fn. 1), S. 177.

4 Vgl. Schaarwächter, a.a.O. (Fn. 1), S. 178.

5 Vgl. etwa Brecht, Stefan: Das Internet - Mutter aller netze. In: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 162 (1995), H. 75, S. 14.

6 Vgl. etwa den Titel des Aufsatzes von Schaarwächter, a.a.O. (Fn. 1), S. 174.