Kommunikation in virtuellen Bibliotheken

KLAUS TOCHTERMANN


Dr. Klaus Tochtermann ist wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl Informatik 1 der Universitaet Dortmund. Von 1. April 1996 bis 31. Dezember 1996 arbeitet er am "Center for the Study of Digital Libraries" an der Texas A&M University (USA). Seine e-mail-Adresse lautet: tochterm@bush.cs.tamu.edu.

1. Einleitung

Die mit dem Internet und WWW verbundenen Moeglichkeiten zur Informationsvermittlung wurden in juengster Zeit von Bibliotheken erkannt. Dies fuehrte dazu, dass viele Bibliotheken bereits zumindest einen OPAC ueber das Internet anbieten. Zukuenftige Aktivitaeten werden aber dahin gehen, dass auch digitale Dokumente oder Internetressourcen, d.h. Informationen ueber Dokumente im Internet, die nicht zum Bibliotheksbestand gehoeren, von Bibliotheken angeboten werden [OsTr94]. Da diese Entwicklungen die definierenden Eigenschaften einer Bibliothek veraendern, hat sich zur Abgrenzung von "klassischen" Bibliotheken der Begriff "virtuelle" oder "digitale" Bibliothek etabliert. Eine genauere Begriffsbestimmung hierfuer ist in Abschnitt 1.1 zu finden.

Neben der Informationsvermittlung dienen klassische Bibliotheken jedoch auch als Kommunikationszentren, in denen man Studien- und Fachkollegen zum gemeinsamen Arbeiten trifft. Kommunikation findet zudem zwischen Benutzern und Bibliotheksmitarbeitern statt, etwa dann wenn es um Unterstuetzung bei der Literaturrecherche geht. Vor diesem Hintergrund wird es fuer die Akzeptanz virtueller Bibliotheken von grosser Bedeutung sein, dass auch sie geeignete Kommunikationsdienste fuer ihre unterschiedlichen Nutzertypen anbieten. Dieser Beitrag setzt sich nun mit diesem Thema aus Sicht der Informatik auseinander. Aspekte, die etwa darlegen wie virtuelle Bibliotheken aus einer eher bibliothekarischen Sicht die wissenschaftliche Kommunikation aendern koennen, werden hier daher nicht behandelt, vgl. aber [GrLu95].

Der Beitrag ist nun wie folgt aufgebaut: Nach Festlegung der Rahmenbedingungen werden in Abschnitt 2 der Begriff "Kommunikation" erklaert und gaengige Formen der Kommunikation in klassischen Bibliotheken vorgestellt. Abschnitt 3 zeigt dann, ob und wenn ja wie diese Kommunikationsformen in virtuelle Bibliotheken zu integrieren sind. Schliesslich stellt Abschnitt 3 auch neue, speziell auf virtuelle Bibliotheken zugeschnittene Kommunikationsformen vor. In Abschnitt 4 wird unser derzeit in Entwicklung befindliches digitales Bibliothekssystem DogitaLS1 praesentiert. Dabei werden insbesondere die geplanten Kommunikationsdienste sowie erste Erfahrungen dargestellt. Der Beitrag schliesst mit einer kurzen Zusammenfassung und einem Ausblick ab.

1.1 Rahmenbedingungen

Im Rahmen dieser Ausarbeitung soll in Anlehnung an [Toc96b] und an [GlFo94] unter einer virtuellen Bibliothek eine Bibliothek verstanden werden, deren gesamter Dokumentbestand in digitaler Form vorliegt. Die Metadaten einer virtuellen Bibliothek beziehen sich ausschliesslich auf deren Dokumentbestand und sind nur in in digitaler Form verfuegbar. Schliesslich bieten virtuelle Bibliotheken geeignete elektronische Dienste an. Diese entsprechen zum einen den Diensten klassischer Bibliotheken und nutzen zum anderen die Vorteile der digitalen Speicherung der Dokumente und Metadaten. Aufgrund dieser Tatsache koennen die Dienste virtueller Bibliotheken Moeglichkeiten bieten, die in klassischen Bibliotheken nicht anzutreffen sind.

Fuer diesen Beitrag wird zudem angenommen, dass virtuelle Bibliotheken auf der Klienten-Server-Technologie basieren. Diese Klienten-Server-Technologie soll auf dem WWW und dem Internet basieren. Alle Bibliotheksdaten liegen also auf einem oder mehreren Servern, etwa httpd, und werden mittels Klienten, etwa Netscape, bearbeitet. Auch wenn dies die Rahmenbedingungen sind, auf die sich der Grossteil der aktuellen Forschung konzentriert, sind sie fuer virtuelle Bibliotheken sicherlich nicht zwingend erforderlich. Schliesslich werden in dieser Ausarbeitung nur Kommunikationsaspekte zwischen den Nutzertypen "Bibliothekar" und "Benutzer" behandelt. Die Rolle von Autoren und Verlagen vor dem Hintergrund der Kommunikation in virtuellen Bibliotheken wird von uns bislang noch nicht untersucht.

2. Kommunikation und ihr Vorkommen in klassischen Bibliotheken

In diesem Abschnitt wird zunaechst aufgezeigt, was unter dem Begriff "Kommunikation" zu verstehen ist und welche Kommunikationsformen prinzipiell existieren. Anschliessend wird darauf eingegangen, in welcher Auspraegung die genannten Kommunikationsformen in klassischen Bibliotheken anzutreffen sind.

2.1 Kommunikation und Kommunikationsformen

An einer "Kommunikation" sind immer drei Komponenten beteiligt: Eine Quelle, eine oder mehrere Senken sowie ein Medium. Von der Quelle geht die zu kommunizierende Information aus, wird ueber ein Medium, etwa Text, Sprache u.a., uebertragen und erreicht schliesslich die Senken.

Von synchroner Kommunikation spricht man, wenn Quelle und Senke zur selben Zeit miteinander kommunizieren. Demgegenueber versendet bei asynchroner Kommunikation die Quelle ihre Nachricht zu einem anderen Zeitpunkt als sie die Senke empfaengt. Unterscheidet man zusaetzlich noch nach dem Ort der Kommunikation, erhaelt man nach [Joh84] folgende vier Kommunikationsformen:

Synchrone, nicht-verteilte Kommunikation: Hier befinden sich Quelle und Senke zur
selben Zeit am selben Ort (Bsp.: Vorlesung).

Synchrone, verteilte Kommunikation: Hier befinden sich Quelle und Senke zur selben
Zeit an verschiedenen Orten (Bsp.: Telefongespraech).

Asynchrone, nicht-verteilte Kommunikation: Hier befinden sich Quelle und Senke zu
verschiedenen Zeitpunkten am selben Ort (Bsp.: Schwarzes Brett).

Asynchrone, verteilte Kommunikation: Hier befinden sich Quelle und Senke zu
verschiedenen Zeitpunkten an verschiedenen Orten (Bsp.: elektronische Post).

Fuer synchrone Kommunikationsformen soll im Rahmen dieser Ausarbeitung noch eine zusaetzliche Aufteilung in formale und informale Kommunikation vorgenommen werden. In [KrFi93] wird von formaler Kommunikation etwa bei Treffen oder Sitzungen aufgrund zuvor vereinbarter Termine gesprochen. Ein Beispiel fuer eine formale Kommunikation, die synchron und verteilt ist, ist eine Realzeitkonferenz, bei der alle beteiligten Personen von verschiedenen Orten aus zu einem verabredeten Zeitpunkt in einem Video-Konferenzsystem angemeldet sind. Informale Kommunikation ist demgegenueber sehr spontan und interaktiv, sie findet bei zufaelligen Treffen, etwa auf dem Flur, der beteiligten Kommunikationspartner statt.

Wir sind der Meinung, dass es fuer asynchrone Kommunikationsformen keine weitere Unterteilung nach formaler und informaler Kommunikation geben kann, wenn man die Begriffe "formal" und "informal" zur Charakterisierung des Zustandekommens einer Kommunikation verwendet. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass in der Literatur auch von formaler bzw. informaler Kommunikation gesprochen wird, wenn diese an der Art des Nachrichteninhaltes festgemacht wird. So wird etwa in [GiLe96] in diesem Zusammenhang von informaler Kommunikation gesprochen, wenn Benutzer anderen Benutzern Zugang zu persoenlichen HTML-Seiten gestatten.

2.2 Kommunikationsformen in klassischen Bibliotheken

Klassische Bibliotheken nehmen insbesondere eine Rolle als Kommunikationszentrum wahr. Sie sind soziale Treffpunkte, an denen sich Studenten, Wissenschaftler und andere Personengruppen verabreden oder zufaellig treffen, um sich dann auszutauschen oder um gemeinsam an einer Aufgabe zu arbeiten [Nag95], [LeMa95]. Bei genauerer Betrachtung trifft man daher in klassischen Bibliotheken alle in Abschnitt 2.1 genannten Kommunikationsformen an:

Eine formale, synchrone und nicht-verteilte Kommunikation findet in klassischen
Bibliotheken statt, wenn etwa Benutzer eine Einfuehrung in die Bibliothek durch
Bibliotheksmitarbeiter bekommen.

Eine formale, synchrone und verteilte Kommunikation kann prinzipiell auch in einer
Bibliothek, etwa durch Verwendung einer Telefonkonferenz, stattfinden. Dies ist z.B.
dann erforderlich, wenn der Bestand einer Bibliothek ueber verschiedene Orte verteilt ist.

Eine informale, synchrone und nicht-verteilte Kommunikation ist sicherlich die am
haeufigsten in der klassischen Bibliothek anzutreffende Kommunikationsform, da man
oft zufaellig Studien- oder Fachkollegen trifft.

Informale, synchrone und verteilte Kommunikation ist ebenfalls typisch fuer eine
klassische Bibliothek, da etwa Benutzer von ausserhalb anrufen und nach von ihnen
vorbestellten Buechern fragen.

Ein schoenes Beispiel fuer eine asynchrone, nicht-verteilte Kommunikation befindet sich
in der Universitaetsbibliothek Dortmund. Dort koennen Benutzer ueber eine extra dafuer
vorgesehene Kladde Anregungen, Lob und Kritik an die Bibliotheksleitung richten.
Diese nimmt dann in derselben Kladde Stellung zu den jeweils gemachten Eintraegen.

Schliesslich trifft man eine asynchrone, verteilte Kommunikationsform in klassischen
Bibliotheken an, da diese insbesondere zur wissenschaftlichen Kommunikation
beitragen. So koennen sich Wissenschaftler ueber Zeitschriftenartikel oder Buecher
anderen Fachkollegen mitteilen.

3. Kommunikation in virtuellen Bibliotheken

Nach der in der Einleitung gegebenen Begriffsdefinition sollen virtuelle Bibliotheken nach Moeglichkeit die Dienste klassischer Bibliotheken anbieten. Darueberhinaus sollen aber auch neue, aufgrund der Technologie ueberhaupt erst machbare Dienste bereitgestellt werden. Dieser Abschnitt diskutiert zunaechst, welche Kommunikationsmoeglichkeiten klassischer Bibliotheken wie in virtuellen Bibliotheken angeboten werden koennen. Anschliessend werden neue, auf virtuelle Bibliotheken zugeschnittene Kommunikationsformen vorgestellt.

3.1 Klassische Kommunikationsformen in virtuellen Bibliotheken

Unter klassischen Kommunikationsformen werden hier alle unter Kapitel 2 aufgefuehrten Moeglichkeiten der Kommunikation aufgefasst. Dieser Begriff wird von nun an verwendet, um die bislang bekannten Kommunikationsformen von den neuen, speziell auf virtuelle Bibliotheken zugeschnittenen abgrenzen zu koennen.

Anders als bei klassischen Bibliotheken, die definiert sind als der Ort, an denen ihr Bestand aufgestellt ist, gibt es fuer virtuelle Bibliotheken kein Bibliotheksgebaeude mehr. Moechte man daher klassische Kommunikationsformen auf virtuelle Bibliotheken uebertragen, so faellt zunaechst auf, dass virtuelle Bibliotheken von den synchronen Kommunikationsformen nur die verteilten, nicht aber die nicht-verteilten unterstuetzen koennen. Es wird also in virtuellen Bibliotheken keine formale, synchrone und nicht-verteilte sowie keine informale, synchrone und nicht-verteilte Kommunikationsform mehr geben. Da kein Bibliotheksgebaeude existiert, in dem man sich treffen und gemeinsam arbeiten kann, werden Benutzer ueber ihre Klienten in dem Bibliothekssystem eingeloggt sein und von dort aus ihre Recherchen und Arbeiten durchfuehren. Hier kann eine nicht-verteilte Kommunikation nur dann stattfinden, wenn etwa zwei Benutzer ueber einen gemeinsamen Klienten in einer virtuellen Bibliothek arbeiten. Allerdings handelt es sich dann hierbei nicht mehr um eine Kommunikationsform, die ueber einen entsprechenden Dienst der virtuellen Bibliothek unterstuetzt wird.

Von den synchronen Kommunikationsformen koennen somit nur verteilte, formale bzw. verteilte, informale Auspraegungen uebernommen werden. Die Notwendigkeit hierfuer sowie illustrierende Umsetzungsvorschlaege werden im folgenden diskutiert.

Synchrone, formale und verteilte Kommunikation

Da der Datenbestand einer virtuellen Bibliothek ueber verschiedene Rechner und Speichermedien verteilt sein kann, ist es auch nicht mehr erforderlich, dass alle Bibliothekare an einem gemeinsamen Ort ihre Arbeit verrichten. Dennoch muessen sie mit ihrer Arbeit ein gemeinsames Ziel erreichen. Es werden also immer wieder Sitzungen zur Koordination erforderlich sein. Eine virtuelle Bibliothek sollte daher entsprechende Dienste, etwa Moeglichkeiten fuer Audio-Video-Konferenzen anbieten. Wie in vielen virtuellen Buerosystemen, etwa DIVA [SoCh94], oder elektronischen Sitzungsraeumen, etwa DOLPHIN [StGe94], sollten auch gemeinsame Arbeitsbereiche existieren. Auf die unterschiedlichen Aspekte, die bei derartigen Konferenzsystemen zu beachten sind, etwa Kontrollmechanismen (wer darf wann etwas sagen), Auswahl geeigneter Metaphern an der Benutzungsschnittstelle u.v.a., soll hier nicht naeher eingegangen werden. Virtuelle Bibliotheken koennen neben speziellen Forschungsprototypen in Zukunft auch allgemein einsetzbare Software verwenden, die die Moeglichkeiten des Internets ausnutzt. Beispielsweise ermoeglichen die Produkte DigiPhone Deluxe [Dig96] oder VocalTec [Voc96] Telefonkonferenzen ueber das Internet. Fuer Videokonferenzen werden haeufig MBone (Multimedia Backbone) [MBo96] oder Cu-SeeMe [CuS96] eingesetzt. Der Einsatz von MBone in virtuellen Bibliotheken ist z.B. aus dem RPID-Projekt [DeJe95] bekannt. Weiterhin wird zur neuesten Netscape-Version ("Atlas" genannt [Atl96]) ein Hilfswerkzeug namens CoolTalk angeboten. Damit koennen Benutzer ueber das Internet in Echtzeit Audiokonferenzen durchfuehren. Zudem bietet CoolTalk ein Whiteboard zum kooperativen Arbeiten mehrerer Benutzer an denselben Daten (Text oder Grafik). Schliesslich hat Marc Andreessen, ein Gruendungsmitglied von Netscape, in der amerikanischen Presse angekuendigt, dass innerhalb der naechsten sechs Monate eine Software namens InSoft entwickelt wird. Mit InSoft wird es moeglich sein, direkt von Netscape aus, also ohne Hilfswerkzeug, Telefonate ueber das Internet zu fuehren.

Synchrone, informale und verteilte Kommunikation

Informale Kommunikation zeichnet sich insbesondere durch ihre Spontanitaet aus. Da Benutzer beim Arbeiten in der virtuellen Bibliothek ueber einen Klienten auf das Bibliothekssystem zugreifen, ist zunaechst nicht ersichtlich, welche anderen Benutzer derzeit ebenfalls in der Bibliothek angemeldet sind. Hier muss demnach eine virtuelle Bibliothek einen Dienst anbieten, ueber den man sich alle angemeldeten Benutzer anzeigen lassen kann. Weiterhin ist es auch erforderlich, dass man sich nach Auswahl eines oder mehrerer Benutzer mit diesen zur Kommunikation in Verbindung setzt. Hierfuer koennen die fuer die synchrone, formale und verteilte Kommunikation angesprochenen Werkzeuge eingesetzt werden.

Asynchrone und nicht-verteilte Kommunikation

Ein typisches Beispiel fuer diese Kommunikationsform ist ein Schwarzes Brett. Dieses kann direkt in virtuelle Bibliotheken uebernommen werden, wenn Bereiche existieren, in die jeder Benutzer Dokumente allgemein zugaenglich ablegen kann. Ein Bereich kann z.B. eine HTML-Seite sein, in die Benutzer ueber ein HTML-Formular ihre Mitteilung eintragen koennen. Ein anderes Beispiel ist die Verwendung von Annotationen fuer Dokumente. Das Internet-Informationsystem Hyper-G bzw. dessen kommerzielle Version HyperWave [DaHe95], [HyWa96], [Mau96] gestattet es bspw., jedes Dokument zu annotieren. Diese Annotationen koennen ihrerseits selbst wieder annotiert werden. Weiterhin ist es moeglich, Annotationen nur bestimmten Benutzern oder Gruppen zugaenglich zu machen. Schliesslich gibt es noch textuelle WWW-Konferenzsysteme, wie HyperNews [HyNe96], die es erlauben, strukturierte Gruppendiskussionen zu fuehren.

Asynchrone und verteilte Kommunikation

Wie auch bei der synchronen Kommunikation muessen Bibliotheksbenutzer zunaechst feststellen koennen, welche anderen Benutzer in der Bibliothek existieren und wie diese angesprochen werden koennen. Hyper-G erlaubt es, sich anzeigen zu lassen, welche anderen Benutzer derzeit in dem entsprechenden Server eingeloggt sind. Ueber ein in die Hyper-G-Klienten Amadeus und Harmony integriertes text-basiertes Nachrichtensystem kann auch Kontakt zu einem Benutzer aufgenommen werden. Dieses Nachrichtensystem kann als eine Kombination von e-mail und dem Kommunikationswerkzeug "Talk" unter Unix aufgefasst werden. Anders als bei e-mail wird der Empfaenger nach dem Versenden einer Nachricht nicht nur informiert, dass eine Nachricht angekommen ist, sondern die Nachricht an sich wird sofort von dem entsprechenden Klienten angezeigt. Die Kommunikation ist jedoch nicht synchron wie bei Talk, wo beide Kommunikationspartner gleichzeitig sehen, was der jeweils andere eintippt. Dieses Kommunikationsmedium ist sicher nicht befriedigend zumal Untersuchungen [LeEh95] gezeigt haben, dass sogar Telefon- und Videokonferenzen eine "Face-to-Face" Kommunikation nicht gleichwertig ersetzen koennen. Allerdings wird hieran deutlich, wie prinzipiell eine Kontaktaufnahme zwischen Bibliotheksnutzern aussehen kann.

Das obige Szenario ist so gestaltet, dass der Versender einer Nachricht sich an einen Empfaenger richtet, der ihm jedoch aufgrund einer zuvor getroffenen Auswahl bekannt ist. Natuerlich sollten - aehnlich wie bei e-mail - auch Moeglichkeiten vorhanden sein, ueber die sich der Versender an eine Personengruppe wendet, ohne einzelne Personen auswaehlen zu muessen. In virtuellen Bibliotheken koennten somit von der Bibliotheksleitung Nachrichten an Gruppen, etwa an alle Bibliotheksmitarbeiter, die an der Katalogisierung beteiligt sind, versendet werden. Dieser Aspekt wird z.B. von Hyper-G derzeit leider nicht abgedeckt. Schliesslich findet eine asynchrone und verteilte Kommunikation in virtuellen Bibliotheken allein deshalb statt, weil z.B. Wissenschaftler dort ihre Forschungsergebnisse einer breiten Oeffentlichkeit zur Verfuegung stellen.

3.2 Neue Kommunikationsformen in virtuellen Bibliotheken

Eine grosse Herausforderung besteht fuer uns darin, neue, aufgrund der verwendeten Technologie ueberhaupt erst moegliche Kommunikationsformen zu identifizieren und umzusetzen. So kann man in virtuellen Bibliotheken, digitale Agenten zur Kommunikation einsetzen. Ein digitaler Agent ist ein Prozess, der eine wohldefinierte Aufgabe durchfuehrt. Hiermit wird es in virtuellen Bibliotheken moeglich sein, dass zum einen eine Kommunikation zwischen Nutzern durch den Einsatz von Agenten unterstuetzt wird. Zum anderen kann aber auch eine Kommunikation zwischen Nutzern und digitalen Agenten stattfinden.

Die ersten zwei Beispiele illustrieren, wie Profildienste und Informationsfilter als digitale Agenten die Kommunikation zwischen Bibliothekaren und Benutzern unterstuetzen koennen: In klassischen Bibliotheken werden Benutzer ueber Neuanschaffungen etwa dadurch informiert, dass diese Dokumente in einem eigens dafuer vorgesehenen Regal eine gewisse Zeit ausliegen. Auf diese Art findet eine asynchrone und nicht-verteilte Kommunikation zwischen Bibliothekaren und Benutzern statt. In virtuellen Bibliotheken ist dies analog moeglich, wenn etwa bestimmte Bereiche fuer neue Dokumente vorgesehen werden, etwa eine HTML-Seite mit Verweisen auf die neuen Dokumente. Der Nachteil in beiden Faellen liegt jedoch darin, dass Benutzer selbst aktiv werden muessen, also nicht automatisch ueber eine Neuanschaffung informiert werden, und zudem nicht angeben koennen, welche Dokumente sie besonders interessieren. In virtuellen Bibliotheken wird es jedoch moeglich sein, dass Benutzer ueber Profildienste automatisch speziell auf sie zugeschnittene Informationen erhalten. So ist es sinnvoll, dass Benutzer ein Profil von sich anlegen koennen, indem z.B. festgelegt wird, wie oft sie ueber Neuerscheinungen informiert werden moechten. Weiterhin sollten Benutzer angeben koennen, dass sie nur an Neuanschaffungen aus ihren konkreten Forschungsbereichen interessiert sind. Jedesmal, wenn nun ein neu angeschafftes Dokument von Bibliotheksmitarbeitern in einer virtuellen Bibliothek "ausgelegt" wird, schaltet sich der Profildienst ein und informiert die einzelnen Benutzer in Abhaengigkeit ihres Profils ueber diese Neubeschaffung.

Weitere Einsatzmoeglichkeiten fuer digitale Agenten in virtuellen Bibliotheken lassen sich ueberall dort finden, wo Kommunikation zur Kooperation zwischen mehreren Einzelpersonen eingesetzt wird: In Situationen, in denen Nachrichten mehr Information enthalten als der Empfaenger eigentlich benoetigt, koennen Agenten als Informationsfilter die Nachrichten so modifizieren, dass nur fuer den Empfaenger tatsaechlich relevante Information weitergeleitet wird. Zum Beispiel ist die Katalogisierung von Dokumenten eine kooperative Taetigkeit, an der meist mehr als eine Person in einer bestimmten Reihenfolge beteiligt sind. Da in der Regel nicht in jedem Schritt die gesamte Information des vorherigen Schrittes erforderlich ist, kann hier eine Filterinstanz zwischen zwei Personen geschaltet werden. Wenn also eine Person ihre Eintragungen gemacht hat und diese zum naechsten Bearbeitungsschritt an eine weitere Person weiterleitet, kann ein digitaler Agent die Nachricht so aufbereiten, dass nur die tatsaechlich relevante Information sichtbar ist.

Schliesslich ist es in virtuellen Bibliotheken auch moeglich, dass Nachrichten nicht mehr nur zwischen Personen oder Personengruppen sondern auch zwischen digitalen Agenten und Personen oder Personengruppen versendet werden koennen. Dies wird erneut am Beispiel eines Profildienstes illustriert: Eine konkrete Realisierung eines Profildienstes ist derzeit aus dem Ariadne-Projekt [Ari96], einem Teilprojekt des von der Gesellschaft fuer Informatik initiierten elektronischen Bibliotheksprojektes MeDoc [MeD96], bekannt. In Ariadne werden URLs zu im Internet verfuegbaren Dokumenten aus dem Bereich Informatik in einem systematischen Katalog zusammengestellt. Benutzer koennen von sich ein Profil anlegen, um ueber Aenderungen der fuer sie relevanten URLs informiert zu werden. Derartige Aenderungen koennen z.T. ueber in der Regel frei verfuegbare Web-Spider erkannt werden [Toc96a]. Der Profildienst von Ariadne berichtet dann in von den Benutzern festgelegten Zeitabstaenden, ob Aenderungen an den sie interessierenden URLs stattgefunden haben.

4. Einfuehrung in DogitaLS1

DogitaLS1 ist ein Akronym fuer "Dortmund Digital Library System of LS1", das am Lehrstuhl Informatik 1 der Universitaet Dortmund entwickelt wird. Derzeit findet auch eine Zusammenarbeit mit dem "Center for the Study of Digital Libraries" (CSDL) an der Texas A&M University (USA) statt. Ziel von DogitaLS1 ist es im Moment weniger, riesige Dokumentbestaende in digitaler Form anzubieten. Vielmehr liegen die Schwerpunkte darin, organisatorische Strukturen fuer virtuelle und auf dem Internet basierende Bibliotheken zu konzipieren. Zudem moechten wir erforderliche Funktionalitaet fuer virtuelle Bibliotheken identifizieren und in unseren Forschungsprototypen implementieren. Bei der Funktionalitaet konzentrieren wir uns derzeit insbesondere auf Kommunikationsdienste.

Bei der Entwicklung von DogitaLS1 standen wir zunaechst vor der Frage, das System entweder auf existierender Software aufzusetzen oder von Grund auf neu zu entwickeln. Wir haben uns dafuer entschlossen, auf existierenden Werkzeugen aufzusetzen, da dies aus unserer Sicht auch der Weg sein wird, den klassische Bibliotheken auf dem Weg zur virtuellen Bibliothek gehen werden.

DogitaLS1 setzt daher auf dem Internet-Informationssystem Hyper-G auf. Dieses deckt bereits zahlreiche Aspekte ab, die fuer den Aufbau virtueller Bibliotheken hilfreich sind. Exemplarisch seien hier die Moeglichkeiten zum strukturierten Aufbau von Dokumentbestaenden, zur Kostenabrechnung nach dem Pay-Per-View Kostenmodell und zur Lizenzierung elektronischer Dokumente genannt. Eine ausfuehrliche Diskussion ueber den Einsatz von Hyper-G in virtuellen Bibliotheken ist in [Toc96b] zu finden.

4.1 Struktureller Aufbau von DogitaLS1

Bevor wir uns ueber den Aufbau von DogitaLS1 Gedanken gemacht haben, haben wir festgelegt, welche Arten von Dokumenten ueberhaupt durch die Bibliothek zugaenglich gemacht werden sollten. Wir haben uns dazu entschlossen, digitale Dokumente, Internetressourcen und Katalogisierungsdaten aufzunehmen. Die Katalogisate koennen sich auf den Buchbestand der Lehrstuhlbibliothek, auf die digitalen Dokumente sowie auf die erfassten Internetressourcen beziehen. Die Entscheidung liegt darin begruendet, dass nach unserer Auffassung dies auch die typischen Dokumentarten sein werden, die von klassischen Bibliotheken in zukuenftige virtuelle Bibliotheken uebernommen werden. Der derzeitige Dokumentbestand von DogitaLS1 umfasst ca. 500 formale Katalogisierungsdaten der in der Lehrstuhlbibliothek vorhandenen Buecher, Videos und Zeitschriften. Digitale Dokumente sowie existierende Internetressourcen werden demnaechst in das System eingebracht. DogitaLS1 ist somit keine rein virtuelle Bibliothek in dem in Abschnitt 1.1 eingefuehrten Sinne, da z.B. Metadaten ueber traditionelle Dokumente vorliegen.

Anders als bei klassischen WWW-Servern, etwa httpd, liegen die Daten nicht auf dem Dateisystem des jeweiligen Rechners, sondern in einem in Hyper-G integrierten objekt-orientierten Datenspeicher. Objekte dieses Datenspeichers koennen mittels Kollektionen strukturiert werden. Dabei koennen Kollektionen prinzipiell mit Ordnern in Dateisystemen verglichen werden. Kollektionen koennen auch andere Kollektionen enthalten.

In DogitaLS1 gibt es nun auf oberster Ebene sechs Kollektionen, je eine fuer Kataloge, digitale Dokumente, Internetressourcen, Online-Hilfe, Dienste und fuer Arbeitsbereiche. Jede dieser Kollektionen enthaelt weitere Kollektionen. So werden in der Kollektion "Kataloge" die Kollektionen "Alphabetischer Katalog" und "Systematische Kataloge" fuer die entsprechenden Katalogtypen angeboten.

Im Rahmen dieser Ausarbeitung sollen nur die Kollektionen fuer Dienste und fuer Arbeitsbereiche kurz naeher vorgestellt werden. In der Kollektion "Dienste" findet man in Form von HTML-Formularen den Zugang zu den auf die unterschiedlichen Nutzertypen zugeschnittenen Dienstleistungen (CGI-Skripte). Dabei unterscheiden wir neben anderen Diensten die Dienste fuer Bibliotheksmitarbeiter und fuer Benutzer. Unter Verwendung des in Hyper-G integrierten Gruppenkonzeptes werden unberechtigte Zugriffe vermieden, etwa der Zugriff von Benutzern auf Dienste, die nur fuer Bibliotheksmitarbeiter vorgesehen sind. In der Kollektion fuer Arbeitsbereiche haben sowohl Bibliotheksmitarbeiter als auch Benutzer persoenliche, nur fuer sie einsehbare Kollektionen. Diese koennen nach den Wuenschen des Besitzers weiter unterteilt werden. Bibliotheksmitarbeiter koennen sich hier ihre persoenliche Arbeitsumgebung konfigurieren. Fuer diese Zwecke nutzen wir eine Moeglichkeit in Hyper-G, die es gestattet, logische Kopien existierender Dokumente anzulegen. Somit koennen Bibliotheksmitarbeiter Kopien der fuer sie relevanten HTML-Formulare aus der Dienstekollektion in ihrem Arbeitsbereich ablegen. Dieser Ansatz gestattet es uns, in der Grundstruktur von DogitaLS1 Daten von Diensten zu trennen. Benutzer koennen in ihren Arbeitsbereichen, beliebige andere Internetressourcen ablegen oder etwa auch Kopien der fuer sie relevanten, von der Bibliothek angebotenen Dienste. Insbesondere sollen die Arbeitsbereiche der Benutzer fuer Mitteilungen von seiten der Bibliothek oder von anderen Benutzern benutzt werden. Ein Beispiel ist etwa eine Nachricht der Bibliothek darueber, dass ein von einem Benutzer vorgemerktes Buch zur Ausleihe bereit liegt.

4.2 Kommunikationsdienste in DogitaLS1

Ein Ziel von DogitaLS1 besteht darin, Kommunikations- und spaeter auch Kooperationsdienste fuer virtuelle Bibliotheken zu konzipieren und zu implementieren. Im ersten Schritt stehen dabei asynchrone Kommunikationsmoeglichkeiten im Vordergrund. Es folgt eine Auswahl der Dienste, die sich derzeit in Entwicklung befinden:

Asynchrone und verteilte Kommunikation

Benutzer sollen ein Profil von sich anlegen koennen. Auf dieser Basis soll ein digitaler
Agent die Benutzer ueber fuer sie relevante Neubeschaffungen informieren. Die
Mitteilungen des Agenten werden als e-mail automatisch an die jeweiligen Benutzer
versendet. Alternativ wird darueber nachgedacht, ob der Agent die Information als
Dokument in einen eigens dafuer vorgesehenen Arbeitsbereich des Benutzers legen soll.
Der Vorteil dieser Loesung laege darin, dass nicht jeder Benutzer einer virtuellen
Bibliothek einen Zugang zu e-mail haben muss.

Benutzer sollen Anfragen, etwa zur Literaturrecherche von Internetressourcen, an die
Bibliothek stellen koennen. Ein entsprechendes Anfragedokument wird dann in einen
dafuer vorgesehenen Arbeitsbereich der Bibliotheksmitarbeiter abgelegt. Das Ergebnis
der Recherche der Bibliotheksmitarbeiter wird als e-mail zurueckgeschickt oder in den
Arbeitsbereich des betroffenen Benutzers gelegt.

Der bisherige Kommunikationsdienst in Hyper-G gestattet nur eine Kommunikation,
wenn beide Kommunikationspartner in das System eingeloggt sind. Daher
sollen zunaechst asynchrone Kommunikationsmoeglichkeiten in das System integriert
werden, bei denen es nicht erforderlich ist, dass beide Nutzer online sind.

Asynchrone und nicht-verteilte Kommunikation

Es soll eine Moeglichkeit angeboten werden, mit der sich verschiedene Nutzer zu einer
virtuellen Arbeitsgruppe zusammenschliessen und eine neue Kollektion als
gemeinsamen Arbeitsbereich einrichten koennen. Alle Gruppenmitglieder haben
dieselben Rechte bzgl. der im Arbeitsbereich abgelegten Dokumente. Es koennen zu
beliebigen Zeitpunkten einzelne Nutzer neu aufgenommen bzw. abgemeldet werden.
Hiermit wird eine Moeglichkeit geschaffen, um bspw. innerhalb einer virtuellen
Arbeitsgruppe interessante Dokumente "verteilen" zu koennen.

Im Bereich Computer Supported Cooperative Work gibt es zudem neben
Kommunikations- und Kooperationsaspekten noch einen dritten Bereich, das
Kooperationsbewusstsein, der in der Regel zu beruecksichtigen ist. Beim
Kooperationsbewusstsein geht es darum, dass man Moeglichkeiten anbietet, um
festzustellen, was andere Nutzer des Systems gerade machen bzw. kuerzlich gemacht
haben. Hier bietet Hyper-G bereits jetzt die Moeglichkeit, zu ermitteln, welcher Nutzer
welche Dokumente in einem bestimmten Zeitraum erstellt hat. Diese
Funktionalitaet soll vor dem Hintergund gemeinsamer Arbeitsbereiche fuer virtuelle
Arbeitsgruppen eingesetzt werden.

Annotationen sollen ausgenutzt werden, um Informationen zu Dokumenten zwischen
Mitgliedern einer Arbeitsgruppe austauschen zu koennen. Zudem sollen die
Gruppenmitglieder automatisch ueber neue Annotationen informiert werden.

Es soll eine Kollektion mit der Funktionalitaet eines Schwarzen Brettes angelegt werden.
Dort darf jeder Nutzer beliebige Dokumente anbringen. Alle Dokumente bekommen ein
Datum, an dem sie auslaufen und damit automatisch aus der Kollektion entfernt werden.
Damit wird vermieden, dass zuviele alte Dokumente im Schwarzen Brett liegen.

4.3 Bisherige Erfahrungen

Auch wenn die jetzige Struktur von DogitaLS1 relativ klar ist, hatte es sehr viel Diskussionen darueber gegeben. Unsere erste Struktur sah z.B. keine so strenge Trennung zwischen Daten und Diensten vor. So wurden die originalen Dienste in die jeweiligen Arbeitsbereiche der Bibliotheksmitarbeiter bzw. der Benutzer gelegt. Dies war jedoch mit dem Nachteil verbunden, dass man nicht an einer zentralen Stelle einen Ueberblick ueber alle vorhandenen Dienste bekommen konnte. Zudem waere es dann schwierig, neue Bibliotheksmitarbeiter zu integrieren, da die fuer sie notwendigen Dienste mitunter ueber das ganze System verteilt waeren. Mit dem jetzigen Ansatz koennen sich neue Bibliotheksmitarbeiter Kopien der fuer sie relevanten Dienste, von der zentralen Kollektion "Dienste" holen und in ihrem Arbeitsbereich ablegen. Weiterhin war anfangs nicht klar, ob digitale Dokumente und Internetressourcen zusammenfallen und daher in einer Kollektion aufgenommen werden. Digitale Dokumente stehen jedoch im Gegensatz zu den ueber Internetressourcen erreichbaren Dokumenten unter der Kontrolle von DogitaLS1, so dass wir einen qualitativen Unterschied zwischen beiden Dokumentarten sehen. Aus diesem Grund halten wir es fuer geeigneter, dies auch in der Struktur der Bibliothek durch entsprechende Kollektionen zum Ausdruck zu bringen. Weiterhin hat sich bislang gezeigt, dass sehr viel der von Hyper-G angebotenen Funktionalitaet auf Beduerfnisse virtueller Bibliotheken angepasst und dort verwendet werden kann.

Da sich die Kommunikationsdienste derzeit noch in Entwicklung befinden, koennen wir kaum ueber Erfahrungen bzgl. Akzeptanz etc. berichten. Allerdings hatten wir einige Designfragen zu loesen. So war anfangs nicht klar, ob Kommunikationsdienste in den Code des Servers integriert werden sollen oder ob diese Dienste als eigenstaendige CGI-Skripte abgelegt werden sollen. Wir haben uns dafuer entschieden, die Funktionalitaet nicht in den Server zu integrieren. Hier haette die Gefahr bestanden, dass die Kompatibilitaet des Hyper-G Servers zu anderen Hyper-G Servern oder klassischen WWW-Servern, etwa httpd, verloren geht. Dies war fuer uns jedoch nicht akzeptabel, da auch beliebige Internetressourcen anderer Server zum Dokumentbestand von DogitaLS1 gehoeren sollen. Zudem soll man weiterhin mit beliebigen WWW-Klienten auf den Server zugreifen koennen.

Schliesslich meinen wir, dass alle Fragen bezueglich des strukturelles Aufbaus einer virtuellen Bibliothek auch dann zu klaeren sind, wenn andere Systeme, etwa klassische WWW-Server, eingesetzt werden. Genauso werden sich auch unsere Kommunikationskonzepte in anderen Umgebungen realisieren lassen.

5. Zusammenfassung und Ausblick

Da klassische Bibliotheken Kommunikationszentren sind, werden virtuelle Bibliotheken ebenfalls ihren Nutzern Moeglichkeiten zur Kommunikation anbieten muessen. Dieser Beitrag hat hierzu zunaechst allgemein vorgestellt, wie etablierte Kommunikationsformen in virtuellen Bibliotheken zum Einsatz kommen koennen. Am Beispiel von DogitaLS1 wurde dann eine kleine Auswahl sehr konkreter Kommunikationsdienste vorgestellt. Es wird sich allerdings erst mit der Zeit zeigen, welche weiteren Anforderungen bzgl. Kommunikation und auch Kooperation an virtuelle Bibliotheken zu stellen sind.

Fuer die Zukunft planen wir u.a. die Bearbeitung der folgenden Bereiche:

Bei unseren Aktivitaeten im Rahmen von DogitaLS1 liegt derzeit z.B. nur ein Server
zugrunde. Sicherlich kommen weitere Anforderungen hinzu, wenn eine virtuelle
Bibliothek mehrere Server umfasst, die alle aufeinander abzustimmen sind.

Zum Dokumentbestand virtueller Bibliotheken koennen digitale Dokumente mit
unterschiedlichen Eigenschaften gehoeren. In Abhaengigkeit dieser Eigenschaften ist es
sinnvoll, dass Benutzer der virtuellen Bibliothek mitteilen, wenn sie mit solchen
Dokumenten arbeiten. Beispielsweise koennen virtuelle Bibliotheken dynamische, also
sich noch in Bearbeitung befindliche Dokumente anbieten [LeMa95]. Ein
Kommunikationsdienst sollte daher die fuer ein dynamisches Dokument angemeldeten
Benutzer informieren, wenn Aenderungen an dem Dokument stattgefunden haben.

Bislang haben wir nur Kommunikationsaspekte fuer die Nutzertypen "Benutzer" und
"Bibliothekar" betrachtet. In Zukunft werden wir uns sicherlich auch mit der Rolle von
Verlagen und Autoren vor dem Hintergrund der Kommunikation in virtuellen
Bibliotheken auseinandersetzen muessen.

Schliesslich sollen auch synchrone Kommunikationsmoeglichkeiten auf der Basis
existierender Software integriert werden.

Danksagung

Mein ganz besonderer Dank gilt Thomas Alders, mit dem ich asynchron ueber e-mail sowie ueber das in Hyper-G integrierte Kommunikationswerkzeug die Struktur von DogitaLS1 besprechen konnte. Eine synchrone Diskussion ueber diese Ausarbeitung fand zudem waehrend eines Forschungsaufenthaltes von Herrn Alders am CSDL statt. Weiterhin danke ich Andreas Seifert und Petra Oberthuer, die ebenfalls an der Entwicklung von DogitaLS1 in Dortmund beteiligt sind. Schliesslich moechte ich die Max-Kade-Stiftung, New York (USA) dankend erwaehnen, die meine Forschungsarbeit am CSDL der Texas A&M University (USA) finanziell unterstuetzt.

Literatur

[Ari96] Informationen ueber Ariadne sind zu finden unter der URL:
http://ariadne.inf.fu-berlin.de:8000 (Stand: 5/96).

[Atl96] Informationen ueber Atlas sind zu finden unter der URL:
http://home.netscape.com/eng/mozilla/3.0/relnotes/mac-3.0b2.html (Stand: 5/96).

[CuS96] Informationen ueber Cu-SeeMe sind zu finden unter der URL:
http://cu-seeme.cornell.edu (Stand: 5/96).

[DaHe95] W. Dalitz, G. Heyer: "Hyper-G Das Internet-Informationssystem der 2. Generation". dpunkt Verlag, Heidelberg, 1995.

[DeJe95] P. Dewan, K. Jeffaz, J. Smith, D. Stotts, W. Oliver: "Early Prototypes of the Repository for Patterned Injury Data". Digital Libraries '95 - Second Annual Conference on the Theory and Practice of Digital Libraries, Austin, Texas (USA), Juni 1995,
S. 123-130. URL: http://www.csdl.tamu.edu/DL95/ (Stand: 5/96).

[Dig96] Informationen zu DigiPhone sind zu finden unter der URL:
http://www.planeteers.com/ (Stand: 5/96).

[GiLe96] A. Girgensohn, A. Lee, K. Schlueter: "Experiences in Developing Collaborative Applications Using the World Wide Web Shell". Proceedings of 7th. ACM Conference on Hypertext, ACM Press, Washington D.C. (USA), Maerz 1996, S. 246-255.

[GlFo94] H. Gladney, E. Fox, Z. Ahmed, R. Ashany, N. Belkin, M. Zemankova: "Digital Libraries: Gross Structure and Requirements: Report from a March 1994 Workshop". Digital Libraries '94 - First Annual Conference on the Theory and Practice of Digital Libraries, College Station, Texas (USA), Juni 1994, S. 101-106. URL:
http://www.csdl.tamu.edu/DL94/ (Stand: 5/96).

[GrLu95] M. Groetschel, J. Luegger: "Wissenschaftliche Kommunikation am Wendepunkt - Bibliotheken im Zeitalter globaler elektronischer Netze". Zeitschrift fuer Bibliothekswesen und Bibliographie, Bd.42, Nr.3, 1995, S. 287-312.

[HyNe96] Informationen zu HyperNews sind zu finden unter der URL:
http://union.ncsa.uiuc.edu/HyperNews/get/hypernews.html (Stand: 5/96).

[HyWa96] Informationen zu HyperWave sind zu finden unter der URL: http://www.hyperwave.com/ (Stand: 5/96).

[Joh84] R. Johannsen: "Teleconferencing and Beyond: Communications in the Office of the Future". McGraw-Hill, New York (USA), 1984.

[KrFi93] R. Kraut, R. Fish, R. Root, B. Chalfonte: "Informal Communication in Organizations: Form, Function, and Technology". Groupware and Computer-Supported Cooperative Work - Assisting Human-Human Collaboration, (Hrsg.) R. Baecker, Morgan Kaufmann Publishers, San Francisco (USA), 1993, S. 287-314.

[LeEh95] S. Levine, S. Ehrlich: "The Freestyle System - A Design Perspective". Readings in Human-Computer Interaction: Toward the Year 2000, (Hrsg.) R. Baecker, J. Grudin, W. Buxton, S. Greenberg, Morgan Kaufmann Publishers, San Francisco (USA), 1995, S. 871-880.

[LeMa95] D. Levy, C. Marshall: "Going Digital: A Look at Assumptions Underlying Digital Libraries". Communications of the ACM, Bd. 38, Nr. 4, April 1995, S. 67-75.

[Mau96] H. Maurer: "HyperWave - The Next Generation Web Solution". ISBN 0-201-40346-3, Addison Wesley, 1996. URL: http://hyperg.iicm.tu-graz.ac.at/hgbook (Stand: 5/96).

[MBo96] Informationen zu MBone sind zu finden unter der URL:
http://www.vancouver-webpages.com/mbone/ (Stand: 5/96).

[MeD96] Informationen zu MeDoc sind zu finden unter der URL:
http://medoc.informatik.tu-muenchen.de/ (Stand: 5/96).

[Nag95] M. Nagelsmeier-Linke: "Antrittsvortrag als Bibliotheksleiterin der Universitaetsbibliothek Dortmund". Gehalten am 17.12.1995 im Audimax der Universitaet Dortmund.

[OsTr94] A. Osswald, T. Koch: "Internet und Bibliotheken - Ein einfuehrender Ueberblick". Zeitschrift fuer Bibliothekswesen und Bibliographie, Bd.41, Nr.1, 1994,
S. 1-31.

[SoCh94] M. Sohlenkamp, G. Chwelos: "Integrating Communication, Cooperation, and Awareness: The DIVA Virtual Office Environment". Proceedings of the ACM Conference on Computer Supported Cooperative Work, ACM Press, Chapel Hill (USA), 1994, S. 331-343.

[StGe94] N. Streitz, J. Geissler, J. Haake, J. Hol: "DOLPHIN: Integrated Meeting Support across Local and Remote Desktop Environments and LiveBoards". Proceedings of the ACM Conference on Computer Supported Cooperative Work, ACM Press, Chapel Hill (USA), 1994, S. 345-358.

[Toc96a] K. Tochtermann: "Organisation und Verwaltung der Verweise im WWW". DFG-Workshop Internet-basierte Informationssysteme der Bibliotheken, Bielefeld, Januar 1996. URL: http://web.urz.uni-heidelberg.de/AndereOrg/DFG/workshop/tochtermann/index.html (Stand: 5/96).

[Toc96b] K. Tochtermann: "Hyper-G und virtuelle Bibliotheken". Tagungsband der Tagung "Weiter auf dem Weg zur virtuellen Bibliothek! Bibliotheken nutzen das Internet (1. INETBIB-Tagung in der Universitaetsbibliothek Dortmund), Dortmund, Maerz 1996,
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[Voc96] Informationen zu VocalTec sind zu finden unter der URL:
http://www.vocaltec.com (Stand: 5/96).