Gleich, Philipp2020-02-122020-02-122020http://hdl.handle.net/2003/3856010.17877/DE290R-20479Im Zuge der Nachrechnung bestehender, älterer Spannbetonbrücken nach heute gültiger Norm erweist sich häufig die vorhandene Querkraftbewehrung in Brückenlängsrichtung als stark unterdimensioniert. Dies resultiert teilweise aus dem stetig ansteigenden Schwerlastverkehr, vor allem jedoch aus den im Laufe der letzten Jahrzehnte häufig und mitunter grundlegend modifizierten Querkraftnachweise. Infolge dieser Modifikationen änderten sich auch die konstruktiven Anforderungen an die Querkraftbewehrung. Zudem wurde in Deutschland erst im Jahr 1966 eine verbindliche Mindestquerkraftbewehrung normativ festgelegt. Letztlich ergeben sich aus diesen Modifikationen auf der Einwirkungs- und Widerstandsseite in vielen Fällen (mathematische) Querkrafttragfähigkeitsdefizite, sodass aktuell eine Vielzahl an Betonbrücken querkraftverstärkt oder sogar durch Ersatzneubauten ersetzt werden. Genauere Nachweisverfahren zur Bestimmung der tatsächlichen Querkrafttragfähigkeit sind daher für die Nachrechnung bestehender Spannbetonbrücken von großer Bedeutung. Das den aktuellen Normen zugrundeliegende parallelgurtige Fachwerkmodell mit Rissreibung wurde im Wesentlichen an Querkraftversuchen an einfeldrigen Stahlbetonträgern kalibriert. Derartige Versuche sind in der einschlägigen Literatur umfangreich dokumentiert und liegen in großer Zahl vor. Aufgrund der i.d.R. gegebenen Kleinmaßstäblichkeit und statischen Einfeldträgersystemen blieb das spezifische Tragverhalten durchlaufender Spannbetonbalken bisher jedoch weitgehend unberücksichtigt. Es ist daher zu vermuten, dass das empirisch hergeleitete idealisierte Fachwerkmodell das spezifische Querkrafttragverhalten derartiger Tragsysteme nicht realitätsnah abbilden kann. Das Tragverhalten repräsentativer Spannbetonträger mit Durchlaufwirkung, also Durchlaufträger bzw. Einfeldträger mit ballastiertem Kragarm, wurde bislang jedoch nur im Rahmen weniger Versuche experimentell untersucht und brauchbar dokumentiert. Zur experimentellen Untersuchung des Querkrafttragverhaltens zweifeldriger Spannbetonträger wurden daher an der TU Dortmund umfangreiche Großversuche durchgeführt, wobei der Fokus auf der Variation des Querkraftbewehrungsgrades und der Belastungsart lag. Diese Versuche und die mithilfe umfangreicher Messtechnik bestimmten Ergebnisse werden umfassend dokumentiert und ausgewertet. Die Druckbogenwirkung in den Spannbetonbalken kann dabei auch messtechnisch erfasst und belegt werden. Mithilfe des FE-Programmsystems ABAQUS werden die durchgeführten Großversuche numerisch nichtlinear simuliert und analysiert. Dazu werden zunächst das phänomenologischen Werkstoffverhaltens von Beton, Betonstahl und Spannstahl sowie die Grundalgen der numerischen Umsetzung des jeweiligen Werkstoff- und Verbundverhaltens beschrieben. Im Rahmen der anschließenden numerischen Simulationen wird untersucht, wie sich der Verlauf der inneren Kräfte lastabhängig einstellt. Im Fokus der Auswertungen steht dabei die Untersuchung der Druckbogenwirkung hinsichtlich der Beteiligung am Querkraftlastabtrag. Aufbauend auf den numerischen Simulationen der durchgeführten Großversuche werden weitergehende numerische Parameterstudien durchgeführt. In diesen Studien werden modellierungs-, geometrie- und systemabhängige Einflussgrößen untersucht, welche im Rahmen der experimentellen Untersuchungen nicht variiert und erforscht werden konnten. Es werden zwei analytische Rechenmodelle zur Ermittlung eines zusätzlichen Querkrafttraganteils infolge Druckbogenwirkung bei der Ermittlung der Querkrafttragfähigkeit vorgespannter Balken vorgestellt: das Druckbogenmodell (DBM) nach Maurer und Kiziltan sowie das Erweiterte Druckbogenmodell (EDBM). Bei dem DBM wird dem Fachwerkmodell mit Rissreibung die Tragwirkung eines vereinfacht bestimmten Betondruckbogens überlagert. Der Druckbogenverlauf bestimmt sich aus der Lage der horizontalen Biegedruckkraft in diskreten vertikalen Schnitten unter Berücksichtigung des Biegemomentes und der Vorspannwirkung. Es wird gezeigt, dass das DBM mit ausreichender Genauigkeit zur Ermittlung der Querkrafttragfähigkeit vorgespannter Balken im ungerissenen Zustand I oder bei ausschließlicher Biegerissbildung herangezogen werden kann. Das EDBM hingegen dient der Ermittlung der Querkrafttragfähigkeit vorgespannter Balken bei Schrägrissbildung im Grenzzustand der Tragfähigkeit. Auf Basis dieses Modells lassen sich die experimentell bestimmten Systemtraglasten in sehr guter Näherung erklären und bestimmen. Das EDBM beruht methodisch teilweise auf dem Vorgehen bei Anwendung des DBM. Zusätzlich zur horizontalen Biegedruckkraft wird jedoch auch die horizontale Komponente der geneigten Druckstrebenkräfte aus der Fachwerkwirkung im Steg infolge Querkraft bei der Bestimmung des Druckbogenverlaufes in Ansatz gebracht. Beide Ingenieurmodelle, das DBM und das EDBM, sind insbesondere für die wirklichkeitsnahe Ermittlung der Querkrafttragfähigkeit von Balkenstegen bestehender Betonbrücken entwickelt worden. Bei der Bemessung neuer Brückenbauwerke sollte hingegen weiterhin Wert auf robuste Konstruktionen durch eine querschnittsbezogene Bemessung gelegt werden. Auf Basis der experimentellen, numerischen und analytischen Untersuchungen wird gezeigt, dass sich bei vorgespannten Balken eine deutliche Druckbogenwirkung einstellen kann. Der Druckbogen ist dabei die Stützlinie für die gegebene Belastung. Die Form der Stützlinie unter Einzelbelastung kann näherungsweise durch ein Sprengwerk idealisiert werden; die unter Streckenbelastung entspricht näherungsweise der eines Bogens. Insgesamt zeigen die Versuchsnachrechnungen, dass zur wirklichkeitsnahen Ermittlung der Querkrafttragfähigkeit der untersuchten Versuchsträger der Ansatz eines Betontraganteils infolge Druckbogenwirkung geeignet ist.deBetonbauBrückenbauNachrechnungDruckbogenwirkungQuerkraftInteraktionFEMSpannbetonGroßversucheExperimentelle UntersuchungenAnalytisches Modell690Das Erweiterte Druckbogenmodell zur Beschreibung des Betontraganteils bei Querkraftdoctoral thesisBetonbauBrückenbauQuerkraftSpannbetonFinite-Elemente-Methode