 |
 |
Johannes B. Kerner
Der Mann mit der Harpune
Das
ZDF verlängert den Vertrag mit Kerner – unter strengen Auflagen. Ab nun
muss das ZDF zustimmen, wenn der Überall-Moderator Werbung machen will.
Von Hans-Jürgen Jakobs
|
In
diesen Tagen hat der Überall-Moderator Johannes B. Kerner abends in der
Berliner „Arena“ des ZDF oft seine Show. Vor und nach den
TV-Übertragungen der Fußball-WM-Spiele herzt und knufft er
Gesprächspartner und hält vor dem Live-Publikum den Jubelpegel hoch.
Dieser
Mann lebt bei Events spür- und hörbar auf. Ein Höhepunkt seines
Schaffens war jüngst der Auftritt mit Thomas Gottschalk bei der
Fifa-WM-Ticket-Show – in Partylaune hantierte er mit einer Art
Oberwasser-Harpune, die T-Shirts ins Publikum schoss.
Mein Gott,
war das lustig. Im eigenen Sender findet Kerner nicht immer so viel
Beifall. Der freiberufliche Mitarbeiter, dessen Moderationen fein
abgegolten werden und von einem Subauftrag bei der Produktion seiner
Talkshow Johannes B. Kerner ergänzt wird, sorgte mit exzessiven
Werbeauftritten für den Börsengang der umstrittenen Firma Air Berlin
intern für viel Ärger.
|
|

Kerner bei der -WM-Ticket-Show.
Foto: ddp
|
|
Die
ZDF-Vorzeigefigur war, zum Verdruss der Verantwortlichen, im Werbeblock
vor den Heute-Nachrichten zu sehen, die auch über Air Berlin
berichteten. So etwas soll sich nicht wiederholen.
Nun wurde der
Vertrag von Johannes B. Kerner, der Ende 2006 abläuft, um drei Jahre
bis Ende 2009 verlängert – und zugleich eine Werberestriktion
eingeführt. Dafür haben Intendant Markus Schächter und Programmdirektor
Thomas Bellut gesorgt.
Am Freitag passierte der Kontrakt den
ZDF-Verwaltungsrat. Dieses Gremium hat das Werbetreiben des
Dauermoderators kritisch gesehen.
Auf Anfrage bestätigt
ZDF-Sprecher Alexander Stock die Vertragsverlängerung für Kerner. Und
er spricht von „strengeren Regeln“ für Werbeauftritte des bekannten
Mitarbeiters.
Der neue Kurs lautet: weg mit der
„Anzeigepflicht“, her mit der „Genehmigungspflicht“. Früher hat der
Star einfach mitteilen müssen, welcher Wurstfabrik, welchem
Wasserabfüller oder welcher Airline er helfen wolle. Das war’s dann
schon.
Nun aber muss das ZDF einer solchen Kreativarbeit
vorher explizit zustimmen – zuständig dafür ist Programmchef Bellut.
Zur Ablehnung soll es kommen, wenn Überschneidungen zwischen der
kommerziellen Nutzung von Kerners Prominenz und Redaktionsinhalten zu
befürchten sind. Ein Auftrag von Air Berlin rund um einen in der
Öffentlichkeit viel beachteten Börsengang wäre nicht mehr
genehmigungsfähig, sagt ein leitender ZDF-Mann.
|
Im
Mainzer Sender haben die Verantwortlichen deutliche Worte gefunden.
„Ein Journalist wirbt nicht. Wer wirbt, ist kein Journalist“,
deklamiert Chefredakteur Nikolaus Brender. Für den von ihm betreuten
Bereich Sport ist Kerner derzeit bei der Fußball-WM unterwegs.
Die
potenzielle Gefährdung des ein oder anderen Werbeauftrags soll dem
41-Jährigen im Übrigen nicht mit einer höheren Gage kompensiert werden.
Noch eine andere populäre Medienfigur, die sich gern mit Kerner
vor dem Mikro unterhält, sorgt derzeit für Aufregung im ZDF: Es geht um
Franz Beckenbauer, Präsident des FC Bayern München und Chef des
Organisationskomitees der Weltmeisterschaft. Der 60-Jährige ist
voraussichtlich zum letzten Mal für die Mainzer beim Fußball-Turnier
als Länderspiel-Experte tätig.
Sein Vertrag läuft aus. Der
Mann, den sie gerne als „Lichtgestalt“ des deutschen Fußballs
bezeichnen, war ins öffentlich-rechtliche TV als Teil seiner
Abmachungen mit dem Sponsor Postbank gekommen.
Nun aber hat
Beckenbauer eine andere Werbe-Spielfläche gefunden: die der Deutschen
Telekom. Hier soll er im Herbst für Produkte trommeln, insbesondere
fürs Internet-Fernsehen (IP-TV) der Konzernsparte T-Com.
Der
Bonner Konzern lässt sich die IP-TV-Rechte für die Fußball-Bundesliga
pro Saison immerhin rund 50 Millionen Euro kosten – auch wenn das
System technisch erst aufgebaut wird. Gleichwohl tritt die Telekom
somit als Konkurrent für ARD und ZDF auf, die in ihren Sendungen von
2007 an „ T-Com-Bundesliga“ sagen müssen. In dieser Lage will das ZDF
dem „Kaiser Franz“ nicht länger nur huldigen.
„Er soll“, sagt ein TV-Manager, „mal der Telekom zeigen, was er wirklich wert ist.“
(SZ vom 19.6.2006)
|
|
ANZEIGE
|