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Bearbeitung, zuletzt am 10. Juni 2005, durch: A. Tschentscher; Djamila Strößner | |||
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Beschluß |
des Ersten Senats vom 3. Juni 1987 |
- 1 BvR 313/85 - |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn H... - Bevollmächtigte: 1. Rechtsanwalt Uwe Maeffert, Bahrenfelder Straße 93, Hamburg 50, 2. Prof. Dr. Lothar Zechlin, Döringweg 7 a, Hamburg 54 - gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg vom 17. Januar 1985 - 1 Ss 168/84 -. |
Entscheidungsformel: |
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen. |
Gründe: | |
A. | |
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen einen strafgerichtlichen Schuldspruch wegen Beleidigung (§ 185 StGB).
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I. | |
1.
Der Beschwerdeführer veröffentlichte in der Zeitschrift "konkret"
mehrere Karikaturen des Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. h.c. Franz
Josef Strauß, die diesen als sich sexuell betätigendes Schwein
darstellen. In der ersten der Zeichnungen kopuliert dieses Schwein mit
einem richterliche Amtstracht tragenden Schwein. Eine weitere Karikatur
zeigte beide Schweinegestalten - teils paarweise, teils einzeln - bei
unterschiedlicher sexueller Betätigung. In einer dritten Zeichnung
wurden vier Schweine dargestellt, von denen drei dem jeweils vor ihm
befindlichen Schwein aufreiten. Auch hier tragen zwei der
Schweinegestalten die Gesichtszüge des Bayerischen Ministerpräsidenten,
zwei sind mit Justizrobe und Barett bekleidet. Über der ersten
Zeichnung steht: "Satire darf alles". Rainer Hachfeld auch?" Die zweite
Zeichnung hat den Begleittext: "Welches ist nun die endgültig richtige
Zeichnung, Herr Staatsanwalt?" Der dritten Karikatur war die unvoll ![]() ![]() | 2 |
2.
Das Amtsgericht verurteilte den Beschwerdeführer aufgrund der
beschriebenen Karikaturen wegen Beleidigung des als Nebenkläger
aufgetretenen Bayerischen Ministerpräsidenten in drei Fällen zu einer
Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen. Auf die Berufung des
Beschwerdeführers hin hob das Landgericht dieses Urteil auf und sprach
den Beschwerdeführer frei.
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Die hiergegen von Staatsanwaltschaft und Nebenkläger
eingelegte Revision war erfolgreich, das Oberlandesgericht hob das
Urteil des Landgerichts unter Aufrechterhaltung der Feststellungen auf
und sprach den Beschwerdeführer der Beleidigung in drei Fällen
schuldig. Zur Entscheidung über den Strafausspruch und über die Kosten
der Rechtsmittel verwies es die Sache an eine andere Kammer des
Landgerichts zurück. Zur Begründung führte es aus: Die Ansicht, die
Zeichnungen hielten sich noch in dem der Satire gestatteten Freiraum,
sei mit den Feststellungen des Landgerichts nicht zu vereinbaren. Die
erste Zeichnung enthalte schon ihrem Aussagekern nach eine Beleidigung,
weil der Nebenkläger durch den Vergleich mit einem kopulierenden
Schwein in provozierender Weise habe lächerlich gemacht werden sollen.
Es liege nahe, die Zeichnung dahin zu verstehen, daß der Nebenkläger an
einer ihm willfährigen Justiz ein tierisches Vergnügen empfinde. Auch
die karikative Einkleidung sei beleidigend. Schon der Vergleich mit
einem Schwein assoziiere die Mißachtung; diese trete noch deutlicher
hervor, wenn das Schwein im Geschlechtsakt gezeigt werde. Aussagekern
sei auch bei der zweiten Zeichnung, Nebenkläger und Justiz verbänden
sich in anstößigster Weise und der Nebenkläger empfinde daran eine
besondere Lust. Damit sei ein klarer Bezug zur ersten Zeichnung
hergestellt. Der sich an die bereits ermittelnde Staatsanwaltschaft
wendende Untertitel unterstreiche diesen Zusammenhang. Der beleidigende
Inhalt dieser Zeichnung übertreffe noch den der ersten. Auch die
Einkleidung ![]() ![]() | 4 |
II. | |
5 | |
![]() ![]() ![]() | 6 |
Die
angegriffene Entscheidung verletze ihn daneben in seinem Anspruch auf
Gewährung rechtlichen Gehörs, weil das Oberlandesgericht den Freispruch
durch einen Schuldspruch ersetzt habe. Die Grundlagen der gerichtlichen
Feststellungen seien nämlich andere, wenn der Angeklagte freigesprochen
als wenn er verurteilt werde. Das freisprechende Urteil biete somit
keine Gewähr für eine vollständige Beweisaufnahme, nicht einmal für die
Ausschöpfung der in der Hauptverhandlung gegenwärtigen Beweismittel. Zu
berücksichtigen sei ferner, daß die Revision eines Angeklagten gegen
ein freisprechendes Urteil unzulässig sei, er daher das Zustandekommen
der Feststellungen nicht mit eigenen Verfahrensrügen bekämpfen könne
und es aus diesem Grunde nicht angehe, ihn gleichwohl aufgrund der
getroffenen Feststellungen schuldig zu sprechen. Schließlich stehe
einer eigenen Sachentscheidung des Revisionsgerichts entgegen, daß bei
einem freisprechenden Urteil nicht die Feststellungen und rechtlichen
Ausführungen zu allen gesetzlichen Merkmalen die Entscheidung trügen.
Diese Mängel einer eigenen Verurteilung durch das Revisionsgericht
lägen im vorliegenden Fall auch tatsächlich vor. Während des
landgerichtlichen Verfahrens habe er eine Reihe von Beweisanträgen
gestellt, die abgelehnt worden seien, weil sie angesichts des sich
abzeichnenden Freispruchs nicht mehr relevant gewesen seien. So habe er
einen Sachverständigen dazu hö ![]() ![]() | 7 |
III. | |
Zu
der Verfassungsbeschwerde haben sich der Bayerische Ministerpräsident
als Beteiligter des Ausgangsverfahrens, der Bundesminister der Justiz
namens der Bundesregierung und die Hamburgische Justizbehörde für den
Senat der Freien und Hansestadt Hamburg geäußert.
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1. Der Bayerische Ministerpräsident hält die
Verfassungsbeschwerde für unbegründet: Soweit es um die Kunstfreiheit
gehe, habe das Oberlandesgericht weder verkannt, daß eine Abwägung
widerstreitender Verfassungsprinzipien erforderlich gewesen sei, noch
beruhe seine Entscheidung auf einer grundsätzlich unrichtigen
Anschauung von der Bedeutung der zur Abwägung stehenden Grundrechte. Es
habe eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts
festgestellt und ausdrücklich ausgeführt, daß die Kunstfreiheit nicht
in der Lage sei, die Straflosigkeit dieser Ehrverletzung zu bewirken.
Auch der Anspruch des Beschwerdeführers auf Gewährung rechtlichen
Gehörs sei hinreichend beachtet worden. Dabei könne dahingestellt
bleiben, ob der Schuldausspruch des Oberlandesgerichts auf der
Grundlage der Feststellungen des freisprechenden Urteils nach der
Strafprozeßordnung zulässig sei. Verfassungsmäßige Rechte des Be ![]() ![]() | 9 |
2.
Der Bundesminister weist darauf hin, daß das Bundesverfassungsgericht
die Tragweite der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleisteten
Kunstfreiheit im Verhältnis zu dem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung
mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Persönlichkeitsrecht in seinem
Beschluß vom 17. Juli 1984 (BVerfGE 67, 213) grundsätzlich geklärt
habe. Auf diese Entscheidung habe das Hanseatische Oberlandesgericht
ausdrücklich Bezug genommen.
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3.
Die Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg hält die
Verfassungsbeschwerde ebenfalls für unbegründet; sie tritt den ihrer
Auffassung nach überzeugenden Argumenten der Stellungnahme des
Bayerischen Ministerpräsidenten bei.
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B. | |
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Beschwerdeführer hat den Rechtsweg gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG erschöpft.
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13 | |
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Die Verfassungsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Die angegriffene
Entscheidung verletzt den Beschwerdeführer weder in seinem Grundrecht
aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, noch in seinem durch Art. 103 Abs. 1 GG
gewährleisteten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
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I. | |
1.
Auch in Verfahren, in denen die Verletzung der Kunstfreiheit gerügt
wird, ist es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts,
fachgerichtliche Entscheidungen daraufhin zu überprüfen, ob sie
einfachrechtlich "richtig" sind (BVerfGE 30, 173 [196 f.]; 67, 213 [222 f.]).
Die Grenzen seiner Eingriffsbefugnisse hat das Gericht allerdings stets
daran ausgerichtet, mit welcher Intensität die fachgerichtliche
Entscheidung die Sphäre des Verurteilten trifft. Deshalb hat es
strafrechtliche Sanktionen für Handlungen, für die der Betroffene die
Freiheit der Meinungsäußerung oder der Kunst beanspruchte, regelmäßig
einer strengen Kontrolle unterworfen. Es hat sich nicht mit der sonst
üblichen Prüfung (BVerfGE 18, 85 [93])
begnügt, ob die angegriffenen Entscheidungen auf einer grundsätzlich
unrichtigen Auffassung von Bedeutung und Tragweite des in Anspruch
genommenen Grundrechts beruhten, sondern die Auslegung des einfachen
Rechts auch in ihren Einzelheiten auf ihre Vereinbarkeit mit den
Grundrechten untersucht (BVerfGE 67, 213 [223] m.w.N.).
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Zu prüfen ist hier deshalb nicht nur, ob die Zeichnungen des
Beschwerdeführers in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG
fallen und - wenn das zu bejahen ist - das Oberlandesgericht den
Schutzbereich dieses Grundrechts bei seiner Entscheidung grundsätzlich
richtig abgesteckt hat; untersucht werden muß auch, ob das Gericht die
Darstellungen anhand der der Kunst eigenen Strukturmerkmale beurteilt
(BVerfGE 30, 173 [188]),
also "werkgerechte" Maßstäbe angelegt (BGH, NJW 1983, S. 1194 [1195]),
und auf dieser Grundlage die der Kunst gesetzten Grenzen im einzelnen
zutreffend gezogen hat. ![]() | 16 |
17 | |
Ungeachtet der Unmöglichkeit, Kunst generell zu
definieren, gebietet die verfassungsrechtliche Verbürgung dieser
Freiheit, ihren Schutzbereich bei der konkreten Rechtsanwendung zu
bestimmen (BVerfGE 67, 213 [225]).
Die Grundanforderungen künstlerischer Tätigkeit festzulegen, ist daher
durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht verboten, sondern
verfassungsrechtlich gefordert. Erlaubt und notwendig ist allerdings
nur die Unterscheidung zwischen Kunst und Nichtkunst; eine
Niveaukontrolle, also eine Differenzierung zwischen "höherer" und
"niederer", "guter" und "schlechter" (und deshalb nicht oder weniger
schutzwürdiger) Kunst, liefe demgegenüber auf eine verfassungsrechtlich
unstatthafte Inhaltskontrolle hinaus (Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art.
5 Abs. 3 Rdnr. 39).
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Die
umstrittenen Karikaturen sind das geformte Ergebnis einer freien
schöpferischen Gestaltung, in welcher der Beschwerdeführer seine
Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse zu unmittelbarer Anschauung
bringt. Sie genügen damit den Anforderungen, die das
Bundesverfassungsgericht als wesentlich für eine künstlerische
Betätigung ansieht (BVerfGE 67, 213 [226] unter Berufung auf BVerfGE 30, 173 [189]).
Daß mit ihnen gleichzeitig eine bestimmte Meinung zum Ausdruck gebracht
wird, nimmt ihnen nicht die Eigenschaft als Kunstwerk. Kunst und
Meinungsäußerung schließen sich nicht aus; eine Meinung kann - wie es
bei der sogenannten engagierten Kunst üblich ist - durchaus in der Form
künstlerischer Betätigung kundgegeben werden (Scholz, a.a.O., Rdnr.
13). Maßgebliches Grundrecht bleibt in diesem Fall Art. 5 Abs. 3 Satz 1
GG, weil es sich um die spezielle Norm handelt (BVerfGE 30, 173 [200]).
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3. Den heute noch gültigen Weg, die Sonderstellung von Satire und
Karikatur methodisch zu erfassen, hat bereits das Reichsgericht
gewiesen (RGSt 62, 183 ff.). Da es dieser Kunstgattung wesenseigen ist,
mit Übertreibungen, Verzerrungen und Verfremdungen zu arbeiten,
erfordert ihre rechtliche Beurteilung die Entkleidung des in "Wort und
Bild gewählten satirischen Gewandes" ![]() ![]() | 20 |
4. Hiernach hält die Entscheidung des Oberlandesgerichts einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand.
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a).
Es hat die Karikaturen zutreffend dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3
Satz 1 GG zugeordnet und bei ihrer strafrechtlichen Beurteilung die
diese Kunstgattung prägenden Eigenheiten hinreichend gewürdigt.
Ausdrücklich nennt das Oberlandesgericht die Kunstfreiheit zwar nur an
einer Stelle seiner Urteilsbegründung; daraus kann jedoch nicht
geschlossen werden, es habe der Bedeutung dieses Grundrechts für die
Auslegung des § 185 StGB nicht in dem gebotenen Maße Rechnung getragen.
Es untersucht nämlich eingehend, ob sich die Zeichnungen in "dem der
Satire gestatteten Freiraum" halten (S. 4 bis 6 des Urteilsabdrucks).
Dadurch verdeutlicht es, daß ihm der Rang des in Art. 5 Abs. 3 Satz 1
GG gewährleisteten Rechts und seine den Straftatbestand der Beleidigung
und damit den Ehrschutz begrenzenden Wirkungen durchaus bewußt waren.
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Es hat den Zeichnungen auch werkgerechte Maßstäbe
angedeihen lassen. Entsprechend der gesicherten Tradition der
Rechtsprechung hat es Aussagekern und Einkleidung der Karikaturen
herausgearbeitet und gesondert auf ihren ehrverletzenden Charakter hin
überprüft. Dem Beschwerdeführer mag eingeräumt werden, daß die
Entscheidungsgründe zunächst den Eindruck vermitteln, das
Oberlandesgericht habe den Aussagekern der ersten Zeichnung
mißverstanden. Wenn es ausführt, das Landgericht habe verkannt, daß der
Aussagekern beleidigend sei, weil der Nebenkläger durch den Vergleich
mit einem kopulierenden Schwein in provozierender Weise habe lächerlich
gemacht werden sollen, scheint es Einkleidung und Aussagekern zu verwech ![]() ![]() | 23 |
b) Das Gericht hat auch die der Kunstfreiheit durch
den Ehrenschutz gezogenen Grenzen zutreffend ermittelt. Die wegen der
Spannungslage zwischen der Kunstfreiheit und dem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht Dritter notwendige Abwägung der widerstreitenden
grundrechtlich geschützten Interessen, mußte im vorliegenden Fall
zwangsläufig zu dem von ihm gefundenen Ergebnis führen. Selbst wenn man
in Rechnung stellt, daß für Karikaturen Übertreibungen
"strukturtypisch" sind und Personen, die wie der Nebenkläger im
öffentlichen Leben stehen, in verstärktem Maße Zielscheibe
öffentlicher, auch satirischer Kritik sind, überschreiten die
Darstellungen bei weitem die Grenze des Zumutbaren. Sie haben mit den
vom Beschwerdeführer beispielhaft genannten Karikaturen von Politikern
nicht mehr gemeinsam, als daß auch dort Menschen in Tiergestalt
gezeichnet wurden. Dem Beschwerdeführer ging es aber anders als in den
üblichen Darstellungen nicht nur darum, bestimmte Charakterzüge oder
die Physiognomie eines Menschen durch die Wahl einer Tiergestalt zu
kennzeichnen oder zu überspitzen, beabsichtigt war offenkundig ein
Angriff auf die personale Würde des Karikierten. Nicht seine
menschlichen Züge, seine persönlichen Eigenarten, sollten ![]() ![]() | 24 |
Das
vernachlässigt der Beschwerdeführer, wenn er dem Oberlandesgericht
vorwirft, es habe keine Güterabwägung zwischen der Kunstfreiheit und
dem Persönlichkeitsrecht des Nebenklägers vorgenommen, sondern
einseitig auf das Persönlichkeitsrecht zu Lasten der Kunstfreiheit
abgestellt. Das Oberlandesgericht hat zutreffend erkannt, daß derartige
Eingriffe in die Menschenwürde nicht durch die Kunstfreiheit
gerechtfertigt sein können. Zwar genießt der Schutz des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts keinen generellen Vorrang gegenüber dem Recht aus
Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, sondern muß auch im Lichte dieses Grundrechts
verstanden werden. Soweit das allgemeine Persönlichkeitsrecht
allerdings unmittelbarer Ausfluß der Menschenwürde ist, wirkt diese
Schranke absolut ohne die Möglichkeit eines Güterausgleichs (Starck,
in: v.Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, 3. Aufl., Art. 5 Abs. 3
Rdnr. 209). Bei Eingriffen in diesen durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützten
Kern menschlicher Ehre liegt immer eine schwerwiegende Beeinträchtigung
des Persönlichkeitsrechts vor, die nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 67, 213 [228]) durch die Freiheit künstlerischer Betätigung nicht mehr gedeckt ist.
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Soweit sich der Beschwerdeführer auf das für die Presse- und
Meinungsäußerungsfreiheit entwickelte "Recht zum Gegenschlag" beruft
(BVerfGE 12, 113 [125f.]; 24, 278 [282 f.]; 42, 143 [152 f.]),
verkennt er bereits, daß sich der Bayrische Ministerpräsident ihm
gegenüber nicht einer den Karikaturen vergleichbaren Sprache bedient
hat. Der Umstand, daß dieser ein im Kreuzfeuer ![]() ![]() | 26 |
II. | |
Eine Verletzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist nicht erkennbar.
| 27 |
Einfachrechtlich
ist zwar umstritten, ob das Verfahren des Oberlandesgerichts - die
Abänderung des Freispruchs in einen Schuldspruch und die auf den
Strafausspruch beschränkte Zurückverweisung an das Landgericht -
zulässig ist (vgl. Meyer, in: Löwe/Rosenberg, StPO, 23. Aufl., § 354
Rdnr. 44 f. m.w.N.). Für die verfassungsrechtliche Beurteilung des
vorliegenden Falles ist die Beantwortung dieser Frage jedoch ohne
Belang, denn das Recht des Beschwerdeführers aus Art. 103 Abs. 1 GG
wurde hierdurch nicht verletzt. Ein derartiger Rechtsverstoß könnte nur
angenommen werden, wenn sich aus den Umständen des Falles ergäbe, daß
das Gericht tatsächliches Vorbringen des Beschwerdeführers entweder
nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich
nicht in Erwägung gezogen hat (BVerfGE 22, 267 [274];
st. Rspr.). Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Das Oberlandesgericht
hat darauf hingewiesen, daß für den Beschwerdeführer günstigere
Feststellungen sowohl im objektiven wie im subjektiven Bereich nach den
ausführlichen Beweisaufnahmen des Amtsgerichts und des Landgerichts mit
Sicherheit ausgeschlossen werden könnten. Dabei muß davon ausgegangen
werden, daß dieser Beurteilung der gesamte Tatsachenstoff der
Vorinstanzen einschließlich der dort gestellten Beweisanträge zugrunde
lag. Jedenfalls gibt es keinen Hinweis dafür, daß das Revisionsgericht
irgendwelches Vorbringen übersehen oder nicht in seine Erwägungen
einbezogen hätte. Das gilt auch für die vom Beschwerdeführer
ausdrücklich genannten Beweisanträge. Diese hat das Landgericht - wie
die Anlage 1 zum Protokoll der Sitzung vom 11. Oktober 1983 zeigt -
nicht etwa deswegen abgelehnt, weil es auf die unter Beweis gestellten
Tatsachen wegen ![]() ![]() | 28 |
Der
Beschwerdeführer hat auch keine konkreten Fehler bei der
Tatsachenfeststellung durch die Instanzgerichte genannt, an deren Rüge
er durch das Verfahren des Oberlandesgerichts gehindert war.
Ebensowenig hat er dargelegt, welcher weitere, in der angegriffenen
Entscheidung nicht berücksichtigte Tatsachenvortrag ihm durch die
Änderung des Schuldspruchs abgeschnitten worden sei. Auch in dieser
Hinsicht scheidet ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG aus.
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Herzog Hesse Niemeyer Heußner Henschel Seidl![]() | |
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