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Zum Tod von Manfred Bofinger
"Künstler im Glück"
Runder Kopf, markante Nase, runde Brille und Stoppelbart - so kannte man Manfred Bofinger. Seit einem Hirnschlag am 29. Dezember 2004 lag "Bofi" im Koma. Am 8. Januar 2006 starb der bekannte Cartoonist und Illustrator im Alter von 64 Jahren. "Bofi lebt! ... Generationen von DDR-Bürgern sind mit seinen Büchern aufgewachsen" schreibt F. W. Bernstein in seinem Nachruf.
Runder Kopf, markante Nase, runde Brille und Stoppelbart - Manfred Bofinger; Rechte: Günter Prust
Runder Kopf, markante Nase, runde Brille und Stoppelbart - Manfred Bofinger
Manfred Bofinger glaubte fest an die Kraft des Humors. Das zeigen seine Plakate, Vignetten, Karikaturen, Schul- und Kinderbuchillustrationen. Er hat sich immer als "Künstler im Glück" betrachtet. Schließlich konnte er als Satirezeichner Ängste und Frust in Humor und Ironie verwandeln. Doch vor mehr als einem Jahr erlitt er selbst einen schweren Schicksalsschlag. Seit einem Hirnschlag am 29. Dezember 2004 lag er im Koma. Auf Besserung seines Zustandes war im vergangenen Jahr kaum noch zu hoffen. Am 8. Januar 2006 verstarb er im Alter von 64 Jahren in einem Berliner Krankenhaus.
 
Vom Schriftsetzer zum "Eulenspiegel"-Karikaturisten
Geboren wurde Manfred Bofinger am 5. Oktober 1941 in Berlin. Er stammte aus einfachen Verhältnissen: Sein Vater war Plakatmaler, seine Mutter Verkäuferin. Nach dem Abitur absolvierte er ab 1959 eine zweijährige Ausbildung zum Schriftsetzer. Von 1961 bis 1968 war er als Typograf bei der Satirezeitschrift "Eulenspiegel" beschäftigt. Als Autodidakt zur Karikatur gekommen, arbeitete er seitdem als freiberuflicher Buchillustrator, Cartoonist und Grafiker, dabei auch weiterhin für den "Eulenspiegel". Insgesamt illustrierte er mehr als 300 Bücher und erfand auch selbst Bildgeschichten. Er war einer der beliebtesten deutschen Kinderbuch-Zeichner.
 
1972 erschien das erste von Manfred Bofinger illustrierte Kinderbuch, ausgezeichnet als "Schönstes Buch des DDR".; Rechte: Beltz & Gelberg Verlag Weinheim
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1972 erschien das erste von Manfred Bofinger illustrierte Kinderbuch, ausgezeichnet als "Schönstes Buch des DDR".
Legendäre Zeichennachmittage
Bofingers Publikum fand sich in jeder Altersgruppe - und er nahm es stets ernst, Kinder wie Erwachsene. In Kindergruppen und Schulen hielt er Zeichennachmittage ab, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Auch er hat das Kindliche nie ganz verloren, wie in seinen Illustrationen deutlich wird. Er hat nie versucht, Kindern eine Scheinharmonie vorzugaukeln, sie mit Heile-Welt-Bildern zu beschwichtigen.
"Kinder haben einen ausgeprägten Sinn für Gut und Schlecht. Man darf ihnen einiges zutraun."
Manfred Bofinger
Berliner Zeitung
 
Cover der Geschichtensammlung "Ein dicker Hund".; Rechte: Aufbau-Verlag
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Cover der Geschichtensammlung "Ein dicker Hund".
Geschichtenerzähler für Groß und Klein
Zu Bofingers bekanntesten Werken gehören unter anderem die Illustrationen zu "Graffunda räumt auf" von Renate Holland-Moritz 1969, zu Ottokar Dommas Ottokar-Büchern sowie zu Heinrich Hannovers "Die untreue Maulwürfin" im Jahr 2000. Seine eigenen literarischen Werke "Der krumme Löffel. Miniaturen einer Kindheit" oder die Geschichtensammlung "Ein dicker Hund", die im Aufbau-Verlag erschienen sind, aber auch die Illustrationen zu Wolfdietrich Schnurres "Kasimir hat einen Vogel" zeigen ihn als Geschichtenerzähler für Groß und Klein, der mit sparsamen Strichen und munter gesetzten Worten die Berliner Nachkriegszeit und die Welt der Kinder plastisch erstehen ließ.
"Ein gutes Kinderbuch muss mich faszinieren, mit schönen Illustrationen. Man muss es in die Tasche stecken und überallhin mitnehmen können. Dass man damit in den Arm genommen wird und daraus vorgelesen bekommt. Da wird dann Sehnsucht draus, das immer wieder zu haben."
Manfred Bofinger
Thüringer Allgemeine
 
Manfred Bofinger: "Ich bin Hartz IV", Einreichung zum Deutschen Karikaturenpreis, seit 2000 jährlich vergeben von der "Sächsischen Zeitung" in Dresden; Rechte: Deutscher Karikaturenpreis
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Manfred Bofinger: "Ich bin Hartz IV", Einreichung zum Deutschen Karikaturenpreis, seit 2000 jährlich vergeben von der "Sächsischen Zeitung" in Dresden
Berliner Luft als Inspiration
Viele Karikaturisten ziehen sich zurück, brauchen Abgeschiedenheit für ihre Kreativität. Bei Manfred Bofinger war das anders: Er wollte immer mittendrin sein in der Gesellschaft, die ihm Anreiz für seine Zeichnungen gab. Zentrales Thema seiner Karikaturen war das Leben in der DDR. Der sozialistische Alltag hat in ihm einen seiner besten Kritiker gefunden. Wer in den 1970er Jahren in der DDR aufwuchs, tat dies mit Bofinger. In den 1990er Jahren verabschiedete er sich dann von den rundlichen Figuren, wurde weniger friedlich, teilweise gar bissig. Seine Kunst, das waren aktuelle Kommentare zu Alltag, Gesellschaft und Politik, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Für Bofinger war eines stets Gesetz: Satire muss übertreiben. so trug der grafische Briefwechsel, den er 1991-2003 mit seinem Cartoonisten-Kollegen und Freund F. W. Bernstein führte, den bescheidenen Titel "Die korrigierte Weltgeschichte".
"Ich bin Waage-Mensch, beziehe aus dem Kontrapunktischen Kraft. Man muss schon auf originelle Weise produktiv machen, was einen im Leben beutelt."
Manfred Bofinger
Berliner Zeitung
 
Manfred Bofinger: Selbstbildnis; Rechte: Deutscher Karikaturenpreis
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Manfred Bofinger: Selbstbildnis
Auszeichnungen
Der Illustrator ist mit Ehrungen und Preisen überschüttet worden. Zahlreiche von Bofingers Büchern wurden als "Schönste Bücher" ausgezeichnet. 1981 erhielt er den Kunstpreis der DDR, 1987 den Goethepreis der Stadt Berlin, zwei Jahre später den Hans-Baltzer-Preis. 1995 wurde sein "Gänsehautbuch" von norddeutschen Buchhändlern mit dem "Schnabelsteherpreis für das frechste Buch des Jahres" ausgezeichnet. 2002 erhielt Bofinger die Rahel-Varnhagen-von-Ense-Medaille der Stadt Berlin.

 
Hommage
Zu Bofingers 65. Geburtstag bringt der Aufbau Verlag im Oktober posthum Kiez-Geschichten von Manfred Bofinger heraus. Illustriert wird das Buch mit dem Titel "Das Leben eben. Betrachtungen aus nächster Nähe" von mehr als 30 Zeichnerinnen und Zeichnern – als Hommage an den verstorbenen Kollegen.
 
zuletzt aktualisiert: 11. Januar 2006 | 12:20
 
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Nachruf des Cartoonisten F. W. Bernstein
"Bofi lebt! Dauerhaft lebt er, Supermanfred, weiter in seinen Kinderbüchern, Generationen von DDR-Bürgern sind mit seinen Büchern aufgewachsen, mit "Alfons Zitterbacke" von Gerhard Holtz-Baumert, mit Christoph Heins "Wildpferd unterm Kachelofen" - er hat sie mit unvergesslichen Bildern versehen, wahrhaft "illuminiert", wie man das von frühen mittelalterlichen Handschriften kennt. [...] Er konnte und machte alles: Cartoons, Comics, Plakate, Bühnenmalerei, Illustration, Wandbilder. Für uns Zeichner ein Unerreichbarer als Vorbild: er hatte die Gabe der leichten Hand."
Die Welt, 10. 1. 06
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