Zentrales Anliegen jeder forschenden Arbeit muß es sein, möglichst schnell, einfach und effektiv die Ergebnisse dieser
Forschungen zu veröffentlichen - im Dienste der Wissenschaft und der eigenen wissenschaftlichen Reputation. Besonders für
'Neu'-Wissenschaftler aber ist diese Forderung ebenso beruflich unabdingbar wie nicht immer unproblematisch zu realisieren: traditionelle
Publikationswege sind mühsam und schwer gangbar, bleiben sie doch leider in der Praxis oft einem bereits existierenden
wissenschaftlichen Ruf vorbehalten. Gerade bei den klassischen Schriften der wissenschaftlichen Neulinge, den Dissertationen, wird
dies eklatant sichtbar: die Publikation in einem Verlag ist nicht einfach erreichbar - womit jedoch in vielen Fällen keineswegs kausal
eine Aussage über den wissenschaftlichen Wert der Dissertation verknüpft ist.
Diese Situation wird sich in den nächsten Jahren vermutlich zuspitzen, betrachtet man die Zahlen der Studierenden und
potentiell an wissenschaftlicher Arbeit Interessierten - eine Entwicklung, die nicht nur für die Sonder- und Heilpädagogik und
nicht nur für Deutschland gilt: die Verdoppelungszeit des wissenschaftlich ausgebildeten Bevölkerungsanteils auf der Welt liegt
derzeit bei unter fünfzehn Jahren. Damit ist ein korrespondierend exponentieller Anstieg der Fachpublikationen verbunden - in
einzelnen Fachbereichen hat der Publikationsumfang bereits die Marke von jährlich bis zu 600.000 Veröffentlichungen erreicht.
Für die rezipierende Wissenschaft ist es entsprechend zunehmend schwierig, der Texte habhaft zu werden, ja oft von ihnen
bibliographisch überhaupt zu erfahren - aber auch für viele Autoren erweist sich das Veröffentlichen eigener Erkenntnisse
als mühselig, da langwierig (bis zum Druck sind manche Forschungsergebnisse bereits 'kalt') und u.U. teuer (mit 2000 bis 4000 DM
läßt sich ein sog. Dissertationsverlag das wissenschaftliche Gesellenstück der Wissenschaftler bezahlen).
Dieses Problem wird allmählich erkannt - und es wird nach Lösungen gesucht: Lösungen mithilfe des Internets.
Modellhaft für die Sonderpädagogik ist etwa ein Ansatz der Universitätsbibliothek Dortmund zu nennen:
ELDORADO - ELektronisches Dokumenten- Retrieval- und Archivsystem
Dortmund;
Allen diesen Bemühungen sind einige Kerngedanken gemeinsam - grundsätzlich nämlich geht es stets darum, ein
Veröffentlichungsmodell zu entwickeln, das drei Aspekte berücksichtigt:
Bereits heute bietet das Internet vielfältige interessante Ressourcen recht unterschiedlicher medialer Couleur: es finden sich
Dokumente von der Länge kurzer Aufsätze bis hin zu umfangreichen buchähnlichen Veröffentlichungen, von
klassischen Texten bis hin zu Multimedia-Gestaltungen. Einige wenige Beispiele sollen dies verdeutlichen:
Das Online-Lexikon Betreuungsrecht von Horst Deinert etwa
offeriert in medienadäquater Aufarbeitung einen sehr umfassenden Überblick über das in der Überschrift in Aussicht
gestellte Thema - direkt in HTML am Bildschirm zu lesen.
Anders verfährt hier Anita Büsing, die Autorin einer eher kurzen Arbeit zum Kontext
Der Offene Kindergarten als Lebensraum für behinderte und nicht behinderte
Kinder - sie präsentiert ihre Publikation als Postscript-Datei zum Herunterladen auf den eigenen Rechner; erst wenn dies
geschehen ist, können sich die potentiellen Rezipienten den Text tatsächlich ansehen. Beide Publikationsweisen kommen im
Internet häufig vor.
Keinen Beitrag eines einzelnen Autors oder einer Autorin, sondern komplexe Aufsatzsammlungen bieten das
V. Dresdner Kolloquium Hochschulstudium für Sehgeschädigte
- Mit der Braillezeile auf die Datenautobahn; Chancen und Probleme der Nutzung des Internet für Sehgeschädigte
und das
11. Österreichische Symposium für die Integration behinderter Menschen. Die Texte des letzteren werden als sofort
lesbare HTML-Dateien oder als auf den eigenen Rechner herunterladbare RTF-Dateien zur Verfügung gestellt
(Anleitungen zum Herunterladen und Öffnen von RTF sind nutzerfreundlich mit eingebunden). Bemerkenswert ist, daß diese
Publikation nur im Internet zur Verfügung steht: eine Papierversion gibt es nicht! Diese Ausschließlichkeit ist eher eine
Ausnahmeerscheinung, Konferenzberichte werden jedoch zunehmend parallel zur Printausgabe über das Netz veröffentlicht -
zum Teil allerdings können Interessierte hier auch nur die Vortragsabstracts lesen, was wohl oft mit der Tagungsfinanzierung
über den Verkauf der Vortragsbände zu tun haben wird.
Sehr interessante Rezeptionsmöglichkeiten bietet die Publikation von (zum Teil multimedial aufbereiteten) Lexika und
Nachschlagewerken im Internet - hier läßt sich etwa das die Gebärdensprache per Visualisierung wiedergebende
Fachgebärdenlexikon Psychologie nennen. Klassisch
textorientiert ausgerichtet ist dagegen beispielsweise das
5. Kapitel der ICD 10, der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen der Weltgesundheitsorganisation WHO.
Ein solches Nachschlagewerk ermöglicht das rasche Recherchieren und Bearbeiten von speziellen Fragen ohne aufwendige
sonstige Literatursuche.
Erwähnt werden soll schließlich der Ratgeber Behinderung
(Copyright Holger Hünermund) - ein typischer Ratgeber ebenfalls mit der Funktion des schnellen, aber hier i.d.R. nicht
wissenschaftlich motivierten Nachschauens zu den Themen Früherkennung und Vorsorge, Therapien, Bildung, Arbeit, Wohnen,
Integration, Pflege, Hilfsmittel, Freizeit, Internet und Behinderung etc.
Volltexte im Internet stellen insgesamt sehr interessante und sinnvolle Datenquellen dar - und ihr Fundus nimmt langsam aber stetig zu.
Mit ihm jedoch steigt auch der Anteil des für den jeweiligen Interessenkontext Irrelevanten. Viele Wissenschaftler fühlen sich
hier eher orientierungslos der schier unüberschaubaren Masse des Möglichen und Zufälligen im Netz ausgeliefert als
durch die Vielfalt des Machbaren bereichert und blicken sich entsprechend hilfesuchend nach Wegweisern im Datendickicht um - oder
haben bereits resigniert und das Internet als nicht in akzeptabler Weise nutzbar abgehakt. Diesem Dilemma will ein Projekt begegnen,
das - unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, Forschung und Technologie - kooperativ in
verschiedenen Universitätsbibliotheken in Deutschland gestartet wurde: das Projekt
IBIS, das Internetbasierte BibliotheksInformationsSystem. IBIS tritt mit dem Ziel an,
genau diese Relevanz-Schneise in den Dokumentendschungel Internet zu schlagen, die sich viele Wissenschaftler dringend
wünschen. In einer Online-Datenbank werden sonderpädagogische Internet-Ressourcen gesammelt und inhaltlich durch
Verschlagwortung und Abstracts erschlossen: Zeitschriften und Bücher, Vorlesungsskripte und Tagungsberichte,
Bibliothekskataloge und Bildungsserver. Dabei werden auch Interdisziplinaritäten abfragbar: die Datenbank umfaßt alle
Wissenschaftsdisziplinen, also etwa den Kontext der Erziehungswissenschaften, der Medizin, der Psychologie etc.
Das Internet erweist sich als geradezu prädestiniert für ein Angebot großer Daten-Sammlungen: durch das
Client-Server-Prinzip des Netzes können die Nutzer mit der Rechnerkapazität vorhandener Großrechner arbeiten und auf
diese Weise riesige Datenmengen nach dem für sie Interessanten durchsuchen. Entsprechend ist IBIS nicht die einzige
Recherchemöglichkeit, die das Internet bietet - wenn auch durch die umfangreiche inhaltliche Erschließung der Texte und vor
allem durch deren direkte Erreichbarkeit über Links sicherlich eine der komfortabelsten. Der Recherche-Regelfall im Netz aber ist
statt solcher unmittelbarer Textanbindung im Moment noch die klassische bibliographische Literatursuche nach den nach wie vor auf dem
traditionellen Papierwege veröffentlichten Texten.
Typische Beispiele für eine solche Literatursuch-Möglichkeit sind die großen Bibliothekskataloge, die fast alle bereits
über das World Wide Web erreichbar sind.
Für den sonderpädagogischen Kontext besonders zu nennen ist hier der
Katalog der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, einer Bibliothek mit
explizitem Literatur-Sammelschwerpunkt im erziehungswissenschaftlichen und sonderpädagogischen Bereich. Leider ist gerade
dieser Katalog sehr unkomfortabel in seiner Handhabbarkeit: unübersichtlich gestaltete Einstiegsseiten und im Kreis führende
Links verweigern Suchenden, die im Besitz von Rechnerversionen mit Windows 3.1 oder 3.11 sind, den Zugriff auf den WWW-Katalog
und verweisen sie auf die äußerst unbequeme Recherche über eine Telnet-Verbindung.
Komfortabler zeigt sich da die Suche im Katalog der Universitätsbibliothek Dortmund.
Die Bibliothek hat innerhalb Nordrhein-Westfalens den entsprechenden Sammelschwerpunkt im Rahmen der Zeitschriften inne, kann aber
nicht zuletzt durch die Größe des ansässigen universitären Fachbereiches Sondererziehung und Rehabilitation auch
gut ausgebaute Buchbestände präsentieren.
Hilfreich ist zudem der
Katalog der Zentralbibliothek für Medizin in Köln.
Er beinhaltet neben der Suche nach Büchern und Zeitschriftentiteln eine kostenpflichtige Bestellmöglichkeit von
Zeitschriften-Aufsätzen, die sich Interessierte per Mail, Fax oder der Gelben Post schicken lassen können.
Fast alle deutschen Bibliotheksbestände sind darüber hinaus parallel abfragbar im KVK, im
Karlsruher Virtuellen Katalog.
Neben solchen Bibliothekskatalogen sind die bibliographischen Datenbanken eine weitere über das Internet zu nutzende
Recherchevariante, die angeboten wird.
Die Datenbank Rehadat etwa ist seit Oktober 1997 online über das Netz
erreichbar. Sie präsentiert sich mit einer in zehn Suchbereiche und dahinterliegende Suchmasken untergliederten Homepage recht
nutzerfreundlich, wenn auch die Handhabung der Suchmasken nicht immer eindeutig ist und eine Lektüre der bereitgestellten
Hilfetexte erfordert. Das Rechercheangebot scheint insgesamt begrüßenswert - nicht zuletzt, weil eine Suche nicht nur auf
Literatur beschränkt bleiben muß: offeriert werden die Kategorien 'Technische Hilfen, Praxisbeispiele, Literatur, Recht, Medien,
Adressen, Einrichtungen, Forschung, Werkstätten, Seminare'.
Ebenfalls ein berichtenswertes Suchinstrument bis zurück zum Jahr 1966 präsentiert
Medline, eine kostenlos zu nutzende, sehr aktuelle medizinische Datenbank mit
neun Millionen Datensätzen. Die bibliographischen Rechercheergebnisse werden über eine Verschlagwortung entsprechend
des medizinischen Fachthesaurus' MeSH Terms erweitert, zum Teil gibt es darüber hinaus auch Abstracts - besonders interessant
aber ist Medline vor allem aufgrund des unter dem Begriff 'Related Articles' angebotenen Suchservice nach verwandten Gebieten,
Begriffen bzw. Texten. Bei der Nutzung zu beachten ist allerdings der deutlich angloamerikanische Schwerpunkt der Datenbank: die
Suche nach 'Autism' ohne Trunkierungszeichen bringt 4740 Treffer, diejenige nach dem deutschen Begriff 'Autismus' gerade drei (die
über 'Related Articles' dann noch auf 135 Treffer aufgepolstert werden können). Die Suche nach dem deutschen Begriff
'Behinderung' ergibt genau einen Treffer.
Eine weitere bibliographische Sammlung wird von Seiten des Deutschen Institutes für internationale pädagogische Forschung
herausgegeben. Dieses Institut vertreibt die CD-ROM Bildung, die nun seit kurzem eine Erweiterung im Internet vorzuweisen hat: die
CD Bildung Aktuell - allerdings stets nur mit den noch nicht
auf der jeweiligen letzten CD-ROM erfaßten bibliographischen Angaben: wird die CD neu gepreßt, verschwinden diese Daten
im Netz und an ihrer Stelle werden neue, noch nicht auf der CD enthaltene gesammelt. Trotz der Einschränkung lohnt die
Recherche, da auf diesem Wege tatsächliche Aktualität des Bibliographierens erreicht werden kann.
Neben diesen eher traditionellen Möglichkeiten bibliographischer Präsentationen tritt im Netz auch eine stärker
medienspezifische Verweisungsform auf: die Linksammlung. Hierbei werden Links, also unmittelbare Verknüpfungen auf einzelne
relevante Internetseiten, zusammengefaßt und können so als Sprungbrett ins Netz dienen.
Eine gute Sammlung ist beispielsweise zu finden bei
BIDOK - BehindertenIntegration-Dokumentation, einer Dokumentation zu Fragen
der Integration behinderter Menschen am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Innsbruck: innerhalb der
Kategorien 'Selbstbestimmt leben, Universitäten, Behinderte an den Universitäten, Eltern-Initiativen / Schulische Integration,
Didaktische Hilfen, Schulforschung, Zeitschriften/ Medien' und der etwas unpräzise benannten Kategorie 'Weiteres' werden
vielfältige Netzressourcen gebündelt und grob kategorisiert angeboten, ergänzt um eine Zusammenstellung englischer,
italienischer und schwedischer Links.
Noch umfangreicher und recht professionell aufbereitet erweist sich eine andere Quelle: unter dem Titel
Internet und Behinderung sind vielfältige Netzangebote konzentriert,
nutzerfreundlich alphabetisch geordnet und mit internen sog. Sprunglinks innerhalb der langen Liste und einer vielfältig
gestreuten Back-Funktion schnell ansteuerbar gemacht. WWW-Angebote von A wie 'ABM - Arbeitsgemeinschaft Behinderte in den
Medien' bis Z wie 'Zentrum für Deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser' werden dabei ebenso
berücksichtigt wie Gopher, Newsgroups und FTP-Server - eine insgesamt sehr differenzierte Sammlung, aufbereitet im Rahmen des
genannten Ratgebers Behinderung.
Eine eigene publizistische Kategorie bilden die elektronischen Zeitschriften und Online-Magazine des sonderpädagogischen
Kontextes. Das Internet enthält bereits heute eine Vielzahl von ihnen - sie müssen sich allerdings zu einem recht großen
Teil noch einen kritischen Blick gefallen lassen sowohl hinsichtlich ihres tatsächlichen inhaltlichen Angebotes als auch hinsichtlich
ihrer gestalterischen Form. So erweisen sich bei näherem Hinsehen etliche der Zeitschriften als reine Bestellformulare oder
Werbeanzeigen für die Print-Versionen der Blätter - ein typisches Phänomen vieler sog. 'laufender Publikationen' im Netz,
die nicht als originäre E-Zines, als tatsächliche Elektronische Zeitschriften erscheinen, sondern lediglich die elektronische
Version eines genuin papierernen Korpus' bilden. Ebenfalls sehr verbreitet, aber inhaltlich schon deutlich sinnvoller als solche
Werbekampagnen sind die Recherche-Angebote über Inhaltsverzeichnisse, zum Teil erweitert um Kurzbeschreibungen und
Verschlagwortungen der einzelnen Artikel der Zeitschriften - ein Desiderat bleibt der Zugriff auf den Text selbst aber gleichwohl.
Trotz solcher Kritik aber kann man erkennen, daß hier eine Entwicklung in Gang gekommen ist, die auch zum gegenwärtigen
Zeitpunkt bereits durchaus interessante Aspekte beinhaltet. Dabei sind wissenschaftliche Zeitschriften ebenso zu nennen wie
Publikationen eines populärwissenschaftlichen Bereiches oder auch Texte von Selbsthilfegruppen, Elternzusammenschlüssen
etc.
Wissenschaftliche Zeitschriften
VHN -
Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
Behindertenpädagogik
Behinderung und Dritte Welt
Zeitschrift für Heilpädagogik
Geistige Behinderung
Sonderpädagogik und Psychologie
Eine eigene Kategorie der Internet-Präsentation nehmen die im Schwerpunkt psychologisch-sonderpädagogischen
Zeitschriften (beispielsweise die Psychologische Rundschau) ein, die bei den Verlagen
Hogrefe und Huber herausgegeben werden . Diese beiden Verlage
erfassen ihre Zeitschriften im Netz unter einer gemeinsamen Homepage. Bei allen Zeitschriften werden die Inhaltsübersichten der
einzelnen Hefte der Jahrgänge 1995 bis 1997 angeboten,
dazu Abstracts der in ihnen enthaltenen Artikel sowie eine Verschlagwortung dieser Artikel, Schlüsselwörter genannt. Es
wäre allerdings wünschenswert, solche an sich sehr sinnvolle Verschlagwortung auch in einer in die Zeitschriften-Homepage
selbst integrierten Suchoption recherchierbar zu machen. Deutliches Desiderat sind darüber hinaus auch in diesem Fall die fast
ausnahmslos fehlenden Volltexte.
Interdisziplinäres
Ästhetik und Kommunikation
Blätter der Wohlfahrtspflege: Deutsche Zeitschrift für Sozialarbeit
Verbandszeitschriften
Management of Neuromuscular Diseases
Das Band
Der Kieselstein
Marburger Beiträge zur Integration Blinder und Sehbehinderter
Die Gegenwart
Muskel-Report
Was nun?
hörgeschädigte kinder
Betroffenenmagazine
Berlin konkret
Leben mit Down-Syndrom
Betrifft: Integration
Die dargelegte Zusammenstellung verschiedener zukünftiger, aber ebenso etlicher schon existierender
Publikationsmöglichkeiten und Veröffentlichungs-Spielarten im Internet läßt erkennen, daß hier eine
Entwicklung in Gang gekommen ist, die für die Sonderpädagogik interessante Perspektiven enthält. Noch sind, das
belegt etwa der Blick auf die Zeitschriften, die ersten publizistischen Gehversuche eher mühsam und dem neuen Medium
gegenüber nicht immer angemessen; auch ist das Internet sicherlich kein Allheilmittel wissenschaftlicher neuralgischer Punkte,
wie manche Apologeten des Netzes dies beteuern. Aber es bietet eigene Vorzüge und zunehmend relevante Inhalte, die zu nutzen
dem sonderpädagogischen Arbeiten, Lehren und Forschen sehr hilfreich sein kann.
(Der Aufsatz ist auch veröffentlicht in:
Zeitschrift für Heilpädagogik 49 (1998), H. 3, S. 90 - 95)
Beate Tröger / Michael Storf
Inhalt
Das Internet ist seit wenigen Jahren ein Wort auch in vieler Sonderpädagogen Munde: kaum ein anderer Begriff löst
gegenwärtig im wissenschaftlichen Zusammenhang so viel konträre Positionen und Diskussionen aus, kaum ein anderer
Begriff verführt so zu Grundsatzerklärungen und Fraktionenbildungen. Dabei erweist sich die Unkenntnis über die
tatsächlichen Gegebenheiten einer Netz-Nutzung keineswegs als Hinderungsgrund solcher Positionierungen - Apologeten wie
völlige Gegner argumentieren häufig mit viel Emphase, jedoch nicht immer mit ebensoviel Hintergrundwissen.
Elektronisches Publizieren - was ist möglich?
ähnliche Bemühungen gibt es disziplinär verschoben auch an anderen Universitäten - nicht zuletzt in
Form einer entsprechenden Initiative wissenschaftlicher Fachgesellschaften unter dem Titel Dissertationen online, an der auch die
Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft beteiligt ist.
Entscheidende Voraussetzung des ganzen Verfahrens ist das Akzeptieren dieser Publikationswege von Seiten der Wissenschaft aus -
beispielsweise durch eine entsprechende Veränderung der Promotionsordnungen, die die elektronische Abgabe des
Prüfungstextes als eine denkbare Abgabeform neben den traditionellen Möglichkeiten der Verlagspublikation oder der
Kopienerstellung anerkennen. Dieses Modell wird seit Jahren an Universitäten im Ausland mit Erfolg praktiziert: an der
Universität Groningen etwa werden - quer durch alle wissenschaftlichen Disziplinen - fünfzig Prozent der Dissertationen
elektronisch abgegeben. Aber auch bei anderen wissenschaftlichen Veröffentlichungen bieten sich die Möglichkeiten des
neuen Mediums an.
... und was ist bereits vorhanden? Volltexte im Internet
Wegweiser im Netz: sonderpädagogisch relevante Daten-Sammlungen
Hinweise auf in IBIS noch aufzunehmende Seiten im Netz nehmen die Datenbank-Organisatoren gerne entgegen - IBIS befindet sich im
Aufbau und ist zur Zeit noch recht klein. Sein Ansatz aber läßt auf mehr hoffen.
Auch die Gestaltung der einzelnen Zeitschriftenseiten scheint an einigen Stellen noch nicht ausgereift. Lange, linear strukturierte
Text-Listen etwa sind dem Medium Internet gegenüber eine inadäquate Gestaltungsform: das gezielte Aufsuchen oder auch
das Ausdrucken einzelner Artikel wird so fast unmöglich gemacht. Ebenso medien-unangemessen ist das häufige Fehlen von
Back-Funktionalitäten auf solchen Seiten - selbst am Ende der langen Textfolge angelangt, wird oft keine Verlinkung zurück
zum Seitenanfang ermöglicht. Ursache solcher Gestaltungen ist die Übertragung eines Denkens in Papier-Ausgaben auf das
neue Publikationsmittels, ohne dessen mediale Spezifika wahrzunehmen bzw. ihnen Genüge zu tun. Möglichkeiten, aber auch
Notwendigkeiten einer gegenüber der traditionellen Veröffentlichungsform veränderten Publikationspraxis bleiben
unberücksichtigt.
Ein kurzer Überblick über einige Beispiele dieses gesamten Veröffentlichungsspektrums soll die aktuelle
Publikationssituation im Netz ein wenig verdeutlichen. Die vorgenommene Gliederung der Zeitschriften ist dabei als reine
Lektürehilfe zu werten.
Sonderpädagogik i.e.S.
"Die VHN gilt als eine der führenden wissenschaftlichen Fachzeitschriften im Bereich der Heil- und Sonderpädagogik im
deutschsprachigen Raum" - mit diesen Worten kennzeichnet sich die Zeitschrift auf ihrer Homepage im Internet selbst. Sie beschreibt
weiterhin die Möglichkeiten und Kosten einer Abonnierung ihrer Papierausgabe - an die eigentlichen Volltexte der Zeitschrift, die
eigentlichen Artikel aber kommen interessierte Leser auf diesem Wege nicht heran. Die tatsächliche Lektüre erfordert nach
wie vor den Griff zum Print-Exemplar der Zeitschrift. Daß das hier vorliegende Internet-Angebot der Vierteljahresschrift gleichwohl
von Interesse ist, verdankt sich der Tatsache, daß den Suchenden ab Heft 1/1995 kurze Abstracts der einzelnen Themenartikel
offeriert werden.
Die Zeitschrift Behindertenpädagogik liefert einen solchen sinnvollen Service leider nicht in ihrer Internet-Version: hier erhalten
interessierte Leser lediglich die Möglichkeit, ein Abonnement der Papierausgabe per Mail abzuschließen. Allerdings werden -
und dies wiederum kann unter Umständen dann doch interessant sein - die Inhaltsverzeichnisse nicht nur der aktuellen Hefte
angeboten, sondern als sofort lesbare HTML-Version die Indices der Jahrgänge 1995 und 1996 sowie die Jahrgänge 1980 bis
1996 als sog. gepackte DBASE-Datei (wobei nutzerfreundlich ein Windows-Browser zum Herunterladen per Link neben die Datei gelegt
ist) bzw. die Jahrgänge 1980 bis 1995 als ebenfalls gepackte WINDOWS-WRITE-Datei. Das mit der tatsächlichen Rezeption
dieser beiden Versionen eines Gesamt-Inhaltsverzeichnisses eingeforderte technische Wissen der Nutzer beim Laden der Dateien auf
den eigenen Rechner ist nicht besonders groß, mag aber doch bei einigen die Lektüre verhindern - eine andere Angebotsform
der Indices ist sicherlich wünschenswert.
Behinderung und Dritte Welt erscheint 1997 im achten Jahrgang ihrer Printausgabe - und seit Heft 1/1991 ist laut Aussage der
Zeitschriften-Homepage fast der gesamte Zeitraum auch im Internet rezipierbar. Dies wäre ein sehr erfreulicher Umstand - leider
erhält der Interessierte bei den Versuchen, die Hefte 1/1991 bis 2/1995 tatsächlich anzuklicken, bislang jedoch nur
Fehlermeldungen. Hier ist aber auf Verbesserung und damit auf Zugriffsmöglichkeiten auf die Zeitschrift zu hoffen, wie sie für
die Hefte 1/1996 - 3/1996 bereits gegeben sind: die einzelnen Artikel sind alle als Volltexte direkt auf dem Bildschirm lesbar - allerdings
in nicht sehr nutzerfreundlich gestalteter linearer Textfolge.
Die Zeitschrift für Heilpädagogik ist bislang nur mit einer sehr knappen, wenige Sätze umfassenden Selbstdarstellung unter
der Homepage des Verbandes Deutscher Sonderschulen im Internet vertreten - weiteres ist aber angekündigt. Man darf gespannt
sein ...
Geistige Behinderung erscheint als Papierversion 1997 bereits in ihrem 36. Jahrgang - im Internet bietet sie neben den Angaben
über die Abonnement-Möglichkeiten der Printausgabe jedoch lediglich das Inhaltsverzeichnis des je aktuellen Heftes, dieses
allerdings mit Abstracts der einzelnen Artikel versehen. Hier wäre mehr zu wünschen.
Ästhetik und Kommunikation erscheint bereits in ihrem 28. Jahrgang mit Heft 88 (1/1995), wenn sie sich im Februar 1995 erstmals
ins Internet begibt - zunächst aber nur mit einer Übersicht über die Inhaltsverzeichnisse der Papierausgabe. Mit Heft
96 (1/1997) und dem passenden Thema "Online-Verstrickungen" jedoch ändert sich diese Ausrichtung ein wenig: jetzt werden
auch einzelne Texte in Vollform angeboten; die gesamte Gestaltung präsentiert sich zudem durch die nun existierenden Links
etwas übersichtlicher, wenn auch noch nicht wirklich medienspezifisch mit ihrer langen linearen Liste von Heft-Titeln.
Die Blätter der Wohlfahrtspflege liegen seit dem Heft 7/8 1996 der Papierversion auch im Netz vor. Ein Suchmodus erlaubt die
gezielte Suche nach bestimmten Themen zugleich in allen online verfügbaren Heften - leider aber nicht mit dem daran
angebundenen Direktzugriff auf den Volltext: verfügbar ist im Regelfall lediglich ein Überblick über die
Inhaltsverzeichnisse der einzelnen Hefte. Teilweise werden diese Basisangebote erweitert um anklickbare Abstracts der einzelnen
Artikel; einige wenige Aufsätze sind auch als Volltext verlinkt. Für die älteren Hefte der Blätter wird eine
Überblicksliste der jeweiligen Themenstellungen angeboten.
Die trotz des englischen Titels bislang deutschsprachige Publikation der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke offeriert seit
der Nummer 1 September 1995 ein bis zwei Artikel als Volltexte im Internet. Leider braucht die Zeitschrift beim Laden auf den eigenen
Rechner relativ viel Zeit; auch ist das Layout nicht sehr geschickt gewählt - nicht zuletzt durch die Einbindung von Frames, deren
Lesbarkeit auf dem PC eine gewisse technische Grundausstattung erfordern, die die Gestalter von Internet-Seiten sinnvollerweise nicht
als selbstverständlich gegeben voraussetzen sollten.
Das Band, die Zeitschrift des Bundesverbandes für Köper- und Mehrfachbehinderte, begreift sich selbst als Mischung aus
Elternzeitschrift, Fachorgan, Diskussionsforum und Betroffenenmagazin. Sie liegt seit 1996 in einer elektronischen Version ihrer
Printausgabe vor. Zum Teil werden auch hier nur die Heft-Inhaltsverzeichnisse offeriert, zum Teil jedoch gibt es auch Links zu Volltexten.
Von den sechs Titelthemen 1996 beispielsweise liegen zu 'Behinderung und Sexualität' und 'Spannungsfeld Pflege' Texte vor,
1997 zu 'Alter und Behinderung'.
Der Kieselstein als Informationsmedium der Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe hat sich in seiner seit 1978 bestehenden
Printausgabe vier Schwerpunkte gesetzt, die auch die seit Heft 6/1997 existierenden Internet-Version verfolgt: 'Hilfe zur Selbsthilfe',
'Erfahrungsaustausch' und 'Seminar- und Vereinsinformationen', aber auch ein 'fachlicher Überblick' wird auf die eigenen
Veröffentlichungsfahnen geschrieben. Leider sind auch hier die Texte nur zum Teil als Volltext abrufbar; im Gegensatz zu anderen
Zeitschriften aber ist offensichtlich der Versuch unternommen worden, die recherchierbaren Inhaltsverzeichnisse über interne Links
ein wenig mediengerecht aufzubereiten.
Einen ähnlichen Versuch haben die Marburger Beiträge, herausgegeben vom Deutschen Verein der Blinden und
Sehbehinderten in Studium und Beruf und der Deutschen Blindenstudienanstalt, unternommen - auch hier ist mit Hilfe interner
Verlinkungen der Texte Rücksicht auf das genutzte Medium Internet genommen worden. Die Marburger Beiträge bestehen als
Papierversion 1997 in ihrem 71. Jahrgang, sind also eine 'altehrwürdige' Zeitschrift, die es mit dem Heft 1/1997 aber schafft,
tatsächliche Volltexte im Internet anzubieten. Die Hefte ab der Nummer 2/1997 fehlen bislang - es ist zu wünschen, daß
sich das Netzangebot auch auf sie ausdehnt.
Die Gegenwart - Magazin für Blinde, Sehbehinderte und ihre Freunde ist das Organ des Deutschen Blindenverbandes. Seit dem
Februar 1995 hat die Print-Zeitschrift diesen Internet-Ableger, in dem bislang aber recht wenige Artikel (meist lediglich kurze Meldungen)
als Volltexte angeboten werden. Die weiteren Heftelemente sind allenfalls über ein Inhaltsverzeichnis erschlossen, das
monatsweise abgerufen werden kann für die Jahre 1995 bis 1997.
Die Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke mit dem Untertitel "Forschungsinitiative und
Muskelkranken-Selbsthilfe" liegt als Volltext im Internet vor - bislang allerdings nur mit den Heften 3/1996 und 1/1997. In Anbetracht
der Tatsache, daß die Papierversion viermal pro Jahr erscheint, ist diese Netz-Speisung also eher zögerlich. Da es sich bei
der Zeitschrift aber um ein Blatt mit durchaus interessanten Inhalten handelt, lohnt es sich, hier auf mehr zu hoffen.
Die Zeitschrift des Bundesverbandes der Elterninitiativen zur Förderung hyperaktiver Kinder liegt lediglich mit Heft 2/1996 der
Printausgabe im Internet vor. Selbst bei diesem einen Heft aber sind nur einzelne wenige Texte als Volltexte verfügbar, so
daß die Internet-Zukunft dieser Zeitschrift noch ungewiß scheint - zumal auf der Homepage betont wird, es handle sich um
eine "Kostprobe". Ob es sich bei der elektronischen Version also um eine weitergehende Internet-Publikationsaktivität handeln
wird, muß sich erst noch erweisen - bei der Qualität der zugreifbaren Volltexte wäre das sicherlich zu wünschen.
Auch die Zeitschrift hörgeschädigte kinder, herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft zur Förderung der
Gehörlosen und Schwerhörigen, präsentiert im Internet lediglich ein Heft (2/1997) - in einer Frameversion mit allen an
solchen Darbietungsformen hängenden technischen Problemen. Gezeigt wird das Inhaltsverzeichnis; dazu gibt es einige Volltexte
vor allem aus der heftübergreifenden Artikelserie "(Computer-) Power to the Deaf".
Die mit Ausgabe 2/1997 im Internet präsente Zeitschrift des Berliner Behindertenverbandes ist ein typisches Beispiel eines lokalen
Blattes mit Betroffenenmagazin-Charakter - gerade für diese Gruppe erweist sich das Netz als ein ideales Publikationsmedium.
Anklickbar sind etliche zum Teil sehr kurze Artikel ohne wissenschaftlichen Anspruch, aber mit dem expliziten Anliegen gezielter
Information. Ob bei einem solchen Anliegen die Seitengestaltung mithilfe mehrerer Frames allerdings eine sinnvolle Layout-Entscheidung
war, bleibt fraglich.
Ähnliches - und zwar Ähnliches nicht nur hinsichtlich der Inhalte, sondern ebenso hinsichtlich der Gestaltung - ist über
andere Zeitschriften mit Betroffenenmagazin-Charakter zu sagen:
Forum etwa, ein "Online Magazin für Behinderte", herausgegeben vom Club
Behinderter und ihrer Freunde in Frankfurt und Umgebung oder die Hannoveraner Zeitschrift
Lädiert - die Online-Zeitschrift für Behinderte und alle, die sich nicht
dafür halten.
Leben mit Down-Syndrom wird herausgegeben von der Selbsthilfegruppe für Menschen mit Down-Syndrom und erscheint in ihrer
Papierversion dreimal jährlich. Die Internetausgabe umfaßt neben den Bestellformularen für diese Papierversion
lediglich "eine Auswahl der Themen in vorigen Ausgaben", wie die Homepage es formuliert, und dazu das Inhaltsverzeichnis des
vorletzten Heftes, bei dem dann einige wenige Artikel als Volltext angeboten werden. Hier wäre in Anbetracht der zum Teil recht
interessanten Themen mehr zu wünschen.
Solche Wünsche erfüllt (trotz einiger technischer Kritik der Seitengestaltung) der Rundbrief einer Kooperation von Integration:
Österreich, Elterninitiative für gemeinsames Leben behinderter und nichtbehinderter Menschen und dem Verein Gemeinsam
leben - Gemeinsam lernen. Seit Heft 2/1995 ist dieser Rundbrief vollständig per Internet abrufbar, ausgestattet mit dem sehr
sinnvollen zusätzlichen Service einer Volltext-Suchmöglichkeit über alle ab diesem Zeitpunkt erschienen Ausgaben
hinweg.
Anschrift der Verfasser:
Dr. Beate Tröger
Fachhochschule Köln, Fachbereich 22
Claudiusstr. 1, 50 678 Köln
Universitätsbibliothek Dortmund
44 222 Dortmund
Beate.Troeger@ub.uni-dortmund.deMichael Storf
Universitätsbibliothek Dortmund
44 222 Dortmund
Michael.Storf@ub.uni-dortmund.de
März 1998