Analysis and genotoxicity of the isoflavones genistein, daidzein and equol, and risk assessment for consumption in human diet
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Date
2005-11-22T14:04:13Z
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Hormonaktive Industriechemikalien und natürlich vorkommende Phytoöstrogene sind als „endokrine Disruptoren“ ein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Der größte Teil der Exposition des Menschen gegenüber Phytoöstrogenen bezieht sich auf Isoflavone. Natürliche Isoflavone sind Genistein und Daidzein, die insbesondere in Sojabohnen vorkommen und daher auch in Produkten, die aus Soja hergestellt sind. Phytoöstrogene verhalten sich biologisch als partielle Östrogen-Agonisten oder Antagonisten; die Primäreffekte dieser Wirkungen werden durch Interaktion mit dem Östrogenrezeptor mediiert. Neben den östrogenen Eigenschaften werden Soja- Isoflavonen auch genotoxische Effekte zugeschrieben.
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Das Ziel der hier vorgelegten Arbeit war, das Risiko der Genotoxizität der Isoflavone Daidzein, Genistein und des Daidzein-Metaboliten Equol zu charakterisieren. Dazu wurde eine Abschätzung der Humanexposition aus der Nahrung erstellt, basierend auf Literaturdaten und auf einer eigenen Studie der Toxikokinetik der Stoffe. Zu diesem Zwecke wurde eine experimentelle Studie an Ratten herangezogen, um in Bezug zur dort oral aufgenommenen Dosis von Isoflavonen die resultierenden Blutspiegel und deren Verlauf zu bestimmen. Ein Teil der Tiere wurde unter einer kommerziellen Standarddiät (Ssniff) gehalten, welche (nach Literaturangaben) etwa 400 µg Gesamt-Isoflavone/g Rattenfutter enthielt; unter diesen Bedingungen zeigten sich durchschnittliche Plasmaspiegel zwischen von 202 bzw. 221 ng/ml für Daidzein bzw. Genistein. Tiere, die unter einer speziellen Diät mit geringem Isoflavonengehalt (< 10 µg/Isoflavon/g Futter) für 6 Wochen gehalten wurden, zeigten hingegen einen mittleren Isofavonspiegel von 23,1 µg/ml Daidzein und nicht detektierbare Spiegel (< 20 µg/ml) von Genistein im Blutplasma. Nach 12 Wochen zeigten die Tiere, die unter der Diät mit geringem Isoflavonengehalt gehalten worden waren, nicht detektierbare Spiegel an beiden Isoflavonen. Die Tiere unter einer speziellen isoflavonreichen Diät (mittleres eigenes Analysenergebnis: 472 µg Gesamtisoflavon/g Futter) zeigten einen Isoflavonplasmaspiegel im Mittel von 100,3 ng/ml Genistein bzw. von 93,6 ng/ml Daidzein nach 6 Wochen und von 87,4 ng/ml an Genistein bzw. 63,8 ng/ml an Daidzein nach 12 Wochen.
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Nach der Abschätzung der durch Nahrungs-Exposition erzielten Blutspiegel wurde eine qualitative und quantitative Beschreibung toxikologischer Effekte der Substanzen vorgenommen. Diese Abschätzung basierte zunächst wiederum auf Daten aus der Literatur, die dann durch eigene experimentelle Daten über die Dosiswirkungsabhängigkeit der Gentoxizität der Stoffe und zu möglichen Wirkungsmechanismen supplementiert wurden. Zu diesem Zwecke wurde der Mikronukleus (MN) Test an V79 Zellen zum Studium der chromosomalen Gentoxizität herangezogen. Genistein verursachte eine klare dosisbezogene Induktion von MN innerhalb des Konzentrationsbereiches von 5-25 µM; die Mikronukleusraten nahmen bei noch höheren Konzentrationen, bedingt durch die dann auftretende Zytotoxizität des Genistein, wieder ab. Daidzein verursachte in diesem Testsystem einen nur flachen Anstieg in der Zahl von Mikronuklei im Bereich zwischen 25 und 100 µM. Im Gegensatz dazu verursachte der Daidzein-Metabolit Equol einen Anstieg der Zahl von Mikronuklei bis zu einem Maximum bei 25 µM, wobei bei höheren Dosen kein weiterer Anstieg mehr zu verzeichnen war. Zum Studium zugrunde liegender Mechanismen wurden weitere Untersuchungen durchgeführt. Die Gleitgeschwindigkeit von Mikrotubuli entlang von immobilisierten Kinesinmolekülen wurde bei Anwesenheit von 100 und bei 500 µM der Phytoöstrogene Daidzein und Genistein untersucht. Dieses System diente als Indikator für Effekte auf das Cytoskelett bzw. auf Motorproteinfunktionen. Ein Effekt in diesem System wurde bei keinem der Isoflavone gefunden. Die Mikronuklei zeigten bei Induktion durch Genistein CREST-positive Eigenschaften (Fehlen der Kinetochor-Strukturen von Chromosomen/Chromatiden). Daidzein zeigte hingegen einen gemischten Effekt. Die Mehrzahl der Mikronuklei, die durch den Daidzein-Metaboliten Equol hervorgerufen wurden, waren CREST-positiv, was auf einem vornehmlich aneugenen Effekt hinweist.
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Klastogene Substanzen provozieren Chromosomenbrüche, die zum Teil durch den „COMET-Assay“ (Einzelzell-Elektrophorese) nachgewiesen werden können. Es zeigte sich, dass nur bei sehr hohen und bereits cytotoxischen Konzentrationen (über 250 µM) von Genistein ein solcher Schaden hervorgerufen wird.
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Insgesamt bestätigen die neu gewonnenen Daten im Prinzip die Vermutung von Kulling und Metzler (1997), dass Genistein einen klastogenen Effekt besitzt. Sie zeigen weiterhin einen quantitativen Unterschied in der Potenz zwischen den Phytoöstrogenen Genistein und Daidzein, und sie weisen schließlich auch ein genotoxisches Potential für den Isoflavon-Metaboliten Equol aus.
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In dem abschließenden Teil der vorgelegten Arbeit wurden die o.a. Betrachtungen der möglichen Humanexposition und die Dosisabhängigkeit der gefundenen Effekte miteinander in Beziehung gesetzt, um das mögliche Risiko einer Gentoxizität der Substanzen für den menschlichen Verbraucher zu bestimmen. Im Hinblick auf die hormonelle (uterotrope) Wirkung ist eine Dosis von Genistein bzw. Daidzein, die im Tierversuch (Ratte) keine östrogene Wirkung mehr besitzt, mit 10 mg/kg Körpergewicht in der Literatur dokumentiert. Diese Dosis ohne Wirkung führt bei wiederholter täglicher Gabe zu einem resultierenden Genistein Plasma-Spiegel (freier + gebundener Anteil) von 100 ng/ml. Diese Konzentration liegt etwa eine Größenordnung unter der Konzentration, die noch keinen hormonellen Effekt hervorruft, was einem Sicherheitsfaktor von 10 entspricht.
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Bezogen auf die bislang gefundenen bzw. diskutierten Mechanismen der Gentoxizität (Klastogenität) von Genistein wird diskutiert, dass dieser Stoff als nicht interkalierender Topoisomerase II-Inhibitor wirkt, und zwar in Konzentrationen von 10 – 100 µM (Lynch et al., 2003). Dieses spricht gleichzeitig für die Existenz einer Schwellenkonzentration. Eine pragmatische Schwellenkonzentration (noch ohne klastogenen Effekt) würde für Genistein bei 1 µg/ml (3,7 µM) liegen. Diese liegt wiederum eine Größenordnung niedriger als die Blutspiegel von Ratten, die unter isoflavonreicher Diät standen, wie in der vorliegenden Arbeit beschrieben wird. Ähnliche Blutspiegel werden bei humanen Populationen im Fernen Osten (Nahrungspräferenz für Sojaprodukte) gefunden. In westlichen Populationen liegen die Blutspiegel von Isoflavonen generell eine Größenordnung niedriger, so dass hier ein Sicherheitsfaktor von etwa 100, bezogen auf mögliche chromosomale gentoxische Effekte, resultiert.
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Die damit gefundenen Sicherheitsabstände werden üblicherweise im Hinblick auf Nahrungsmittel als (noch) ausreichend angesehen.
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Keywords
Isoflavone, Nahrung, Mutagenität