Biochemische, kinetische und zelluläre Charakterisierung kovalent-allosterischer Akt-Inhibitoren
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Date
2020
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Die Proteinkinase B (auch: Akt) spielt eine essenzielle Rolle in einer Vielzahl zellulärer Signaltransduktionskaskaden, welche grundlegende Prozesse wie Proliferation, Überleben und Apoptose regulieren. Eine Fehlregulation von Akt ist mit diversen kardiovaskulären, neurodegenerativen sowie onkologischen Krankheitsbildern assoziiert. Häufig sind genetische Läsionen in den vorgeschalteten Proteinen wie PI3K und PTEN ursächlich für derartige Erkrankungen, aber auch Alterationen in membranständigen Rezeptor-Tyrosinkinasen wie EGFR und c-Kit können pathologische Änderungen in der Akt-vermittelten Signalweiterleitung bewirken. Direkte Läsionen in Akt, wie bspw. die aktivierende somatische Mutation E17K oder eine Amplifikation und Überexpression von Akt, treten weniger häufig auf, können jedoch ebenfalls als treibender Bestandteil in der Pathogenese involviert sein. Eine pharmakologische Inhibition von Akt kommt daher als vielseitige Strategie für die therapeutische Behandlung diverser Erkrankungen in Frage. Neben den klassischen ATP-kompetitiven Inhibitoren, welche zumeist unzureichende Selektivitätsprofile aufweisen und signifikante Nebenwirkungen induzieren, existieren für Akt auch allosterische Liganden, welche an der Grenzfläche zwischen regulatorischer PH-Domäne und katalytischer Kinase-Domäne binden. Dieser einzigartige Bindungsmodus gewährt eine ausgezeichnete Selektivität für das Zielprotein verbunden mit einer Minimierung der möglichen off-target-vermittelten Toxizitäten.
In der vorliegenden Arbeit wird das rationale Design sowie die Charakterisierung von kovalent-allosterischen Akt-Inhibitoren in biochemischen und zellulären Systemen beschrieben. Basierend auf Komplexkristallstrukturen mit reversibel bindenden Liganden wurden in computergestützten Modellierungsansätzen initial neue Moleküle, welche zusätzlich mit einem Cystein-reaktiven Michael-Akzeptor dekoriert sind, entworfen. Mithilfe von massenspektrometrischen und Aktivitäts-basierten Analysen konnte für eine fokussierte Substanzbibliothek auf Basis des 1,6-Naphthyridinon-Grundgerüsts ein kovalenter Bindungsmechanismus sowie eine potente Inhibition von Akt1 in vitro nachgewiesen werden. In weiterführenden strukturbiologischen Untersuchungen konnten für vier der dargestellten Verbindungen Komplexkristallstrukturen mit Akt1 gelöst und hierdurch die Besetzung der allosterischen Bindetasche in Akt1 sowie die irreversible Bindung zu Cys296 bzw. Cys310 nachgewiesen werden. Unter Verwendung von zellulären, Krebs-relevanten Modellsystemen konnte die anti-proliferative Wirksamkeit dieser neuartigen Substanzklasse abgebildet werden, welche anhand von Western Blot-Studien auf die on-target-Inhibition von Akt zurückgeführt werden konnte. In Folge von in vitro pharmakokinetischen Untersuchungen konnte mit Verbindung 3a (Borussertib) eine Leitstruktur identifiziert werden, deren vielversprechenden Aktivitäts-, Selektivitäts- und PK-Profile eine anschließende Evaluierung in in vivo-Modellen erlaubten. Trotz einer unzureichenden oralen Bioverfügbarkeit sowie einer moderaten MTD von 20 mg/kg bei intraperitonealer Applikation konnte die in vivo-Wirksamkeit der Leitstruktur in Patient-abgeleiteten Xenograft-Modellen des Kolorektal- sowie Pankreaskarzinoms in Kombination mit dem MEK-Inhibitor Trametinib gezeigt werden. Diese Eigenschaften verdeutlichen das Potential der kovalent-allosterischen Akt-Inhibition und bilden zeitgleich das Rational für die Weiterentwicklung und Optimierung der Leitstruktur zum klinischen Kandidaten.
Ein weiteres Projekt beinhaltete die Identifikation und Charakterisierung von Modulatoren des Keap1/Nrf2-Signalwegs, welcher zytoprotektive Funktionen gegenüber oxidativem Stress und Entzündungsprozessen, die in der Entstehung von kardiovaskulären und neurodegenerativen Krankheitsbildern beteiligt sind, vermittelt. Zusätzlich kann eine Fehlregulation von Nrf2 für die Tumorentstehung und progression förderlich sein. Unter Verwendung eines Fluorophor-markierten, Nrf2-mimikrierenden Sondenpeptids und der rekombinanten Kelch-Domäne von Keap1, welche die Protein-Protein-Interaktion mit Nrf2 vermittelt, wurde ein Hochdurchsatz-kompatibler, Fluoreszenzpolarisations-basierter Assay entwickelt. Mithilfe dieses Assays und der Screening-Plattform RASPELD wurde die ca. 30000 Substanzen-umfassende in-house Bibliothek nach Modulatoren der Keap1/Nrf2-PPI durchmustert. Zwar konnte keins der identifizierten Hit-Moleküle in Folgestudien als Inhibitor validiert werden, der entwickelte Assay erweitert dennoch das Portfolio der Screening-Plattform RASPELD und fungiert dabei als Grundlage für zukünftige Screening-Kampagnen auch hinsichtlich der Identifikation von möglichen Stabilisatoren der Keap1/Nrf2-Interaktion.
Desweiteren wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit Elektronenspinresonanz-Spektroskopie-basierte Studien an der p38α MAPK hinsichtlich der konformationellen Plastizität und Aktivierungsschleifendynamik durchgeführt. Hierfür wurde ein heterolog exprimiertes und positionsspezifisch mit dem spin label MTSSL markiertes p38α-Konstrukt eingesetzt und in An- und Abwesenheit von Typ I- und Typ II-Inhibitoren charakterisiert. Die rotatorische Mobilität des eingebrachten Spinmarkers ermöglichte hierbei die Quantifizierung von konformationellen Zuständen in p38α in Abhängigkeit der Ligandenbindung. Mithilfe dieser Methodik konnten zwei separate Zustände der Aktivierungsschleife identifiziert werden, welche der DFG-in- bzw. der DFG-out-Konformation zugeordnet werden konnten und im apo-Zustand im Verhältnis 9:1 vorlagen. Anders als in vorhandenen Komplexkristallstrukturen konnte für keinen der getesteten Typ I- bzw. Typ II-Inhibitoren eine vollständige Verschiebung des Konformations-gleichgewichts zugunsten eines einzelnen Zustands beobachtet werden. Stattdessen waren unabhängig vom gebundenen Liganden beide Konformationen koexistent. Temperaturabhängige Messungen erlaubten die Evaluierung des Konformationsübergangs von DFG-in nach DFG-out auf thermodynamischer Ebene. Im apo-Zustand sowie in der Typ I-Inhibitor-gebundenen Form von p38α war die Gibbs-Energie ΔG positiv, d. h. der Konformationsübergang ist energetisch ungünstig. Für die Typ II-stabilisierte Konformation wurden im Vergleich geringere Reaktionsenthalpien und -entropien ermittelt, was wiederum für eine bevorzugte Adaption der DFG-out-Konformation spricht. Neben der thermodynamischen Differenzierung zwischen Typ I- und Typ II-Inhibitoren bilden die hier präsentierten Ergebnisse auch die Grundlage für detaillierte Folgestudien wie bspw. Abstands-basierte Multilaterationsansätze. Diese ermöglichen eine dreidimensionale Kartierung von flexiblen und dynamischen Strukturelementen in Proteinen, wie bspw. der Aktivierungsschleife in Proteinkinasen, die in Kristallstrukturen häufig unzureichend aufgelöst sind.
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Keywords
Akt, Proteinkinase B, Kovalente Kinaseinhibitoren, Medizinische Chemie