Authors: Gärtner, Rolf
Title: "Seid jederzeit gastfreundlich!" (Röm 12,13) - Ein Leitbild für heutige Gemeindepastoral
Language (ISO): de
Abstract: Die Untersuchung geht von der Krise der kirchlichen Sozialform „Gemeinde“ aus, deren Milieuverengung in sozialer und gesellschaftlicher Hinsicht besonders herausgestellt wird. Auf diesem Hintergrund und in methodischer Begrenzung auf die katholische Kirche in Deutschland wird die Metapher „Gastfreundschaft“ als Leitbild für heutige Gemeindepastoral vorgestellt. In einem ersten Teil wird der Begriff der Gastfreundschaft in der Philosophie von Lévinas, Derrida und Ricoeur sowie in der Biblischen, Historischen, Systematischen und Praktischen Theologie durchdekliniert und aus ihrem Dialog miteinander eine theologische Skizze erstellt, die gemeinsame Strukturen des Themas erkennen lässt, nämlich in der existenziellen Erfahrung des Menschen als Gast bzw. als Fremder, in der nicht an Bedingungen geknüpften Annahme des Anderen, d.h. im Geschenkcharakter sowie im Rollentausch von Gastgeber und Gast, im Ort der Transzendenz auf das absolut Fremde, nämlich Gott, hin, in der Verantwortung für andere über die gastliche Praxis hinaus und in der Bestimmung als ekklesialer Selbstvollzug von Kirche. Dabei muss eine solche Theorie die Frage offen lassen, inwieweit sie in die pastorale Praxis umgesetzt werden kann, etwa welche Grenzen der Öffnung einer Gemeinde für Fremde und Fremdes gesetzt sind, damit ihre Identität gefördert und nicht zerstört wird. Ebenso ist zu fragen, wie ein pastorales Leitbild der Gastfreundschaft in die Situation der deutschen Kirche und Gesellschaft passt und welche Erfahrungen es damit gibt. So wird in einem zweiten Teil die gastfreundliche Praxis sieben unterschiedlicher Gemeinden, die über den Rahmen katholischer Kirchengemeinden hinausgehen, exem-plarisch dargestellt und ausgewertet. Dabei wird deutlich, dass Gastfreundschaft nicht als pastorale Methode oder Strategie, sondern als Lebensstil zu verstehen ist, der angesichts verschiedener Formen von Identifikation und Engagement ein hohes Maß an paritätischer Partizipation ermöglicht. Auf diese Weise wird eine kirchliche Mitgliederpastoral überwunden und die Identität der jeweiligen Gemeinden in der Begegnung mit ihren fremden Gästen gefunden. Dies stellt Fragen an die Kirche und die Theologie vor allem im Hinblick auf das Verständnis von innerkirchlicher Partizipation und weltbezogenem, extraekklesialem Handeln. Im dritten Teil der Untersuchung begegnen sich Theorie und Praxis der Gastfreundschaft wieder, um die offenen Fragen mit Hilfe der Communio-Ekklesiologie zu reflektieren und so weit wie möglich zu klären. So werden auf dem Hintergrund der Analogie zur trinitarischen Kommunikation die paritätische Teilhabe wie die inkarnatorische Sendung in die Welt auf die Kirche und ihre Pastoral angewandt. Dabei ist eine hohe Kompatibilität mit der Theorie und Praxis der Gastfreundschaft festzustellen: Weil diese sich ekklesiologisch als Paradigma oder Leitbild der Gemeindepastoral begründet weiß, kann sie Gemeinden Identität und Orientierung verleihen. Dies geschieht auf verschiedenen Wegen, wie die Praxisbeispiele zeigen, indem Gemeinden von kirchlicher Selbstbezogenheit zu diakonisch-kommunialer Identität umkehren und für Menschen und Gott zugänglich werden, was die Begegnung mit Fremdem impliziert. So kann eine Pastoral der Gastfreundschaft, die in christlichen und außerchristlichen Traditionen wurzelt, heute dazu beitragen, als Kriterium für ekklesiale Praxis kirchliche Sozialformen neu zu entwickeln und zu gestalten.
Subject Headings: Gastfreundschaft
Praktische Theologie
Seelsorge
URI: http://hdl.handle.net/2003/28919
http://dx.doi.org/10.17877/DE290R-1903
Issue Date: 2011-07-20
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