Vorstellungen von Schülern über Elektrochemie

dc.contributor.authorBurger, Nilsde
dc.date.accepted2000-04-28de
dc.date.accessioned2004-12-06T11:44:10Z
dc.date.available2004-12-06T11:44:10Z
dc.date.created2000de
dc.date.issued2000-05-12de
dc.description.abstractLernen ist ein aktiver Prozeß, bei dem der Lernende sein Wissen erweitert und neu organisiert. Daher ist das Vorwissen der Schüler für den Unterricht von entscheidender Bedeutung. In der vorliegenden Studie wurden Schülervorstellungen zur Elektrochemie untersucht. Besonderes Interesse galt dabei der Frage, wie die einzelnen Vorstellungen miteinander verknüpft sind. Es sollte beispielsweise festgestellt werden, ob Schüler bestimmte Vorstellungen aus anderen ableiten. Eine solche Information ist für den Chemieunterricht von großem Interesse, weil daraus ersichtlich wird, welche Voraussetzungen für das Verstehen bestimmter Sachverhalte gegeben sein müssen. Zunächst wurden Methoden für die Untersuchung der Vernetzung der Schülervorstellungen zur Elektrochemie entwickelt und erprobt. Mit Hilfe dieser Methoden wurden zehn Interviews mit Schülern durchgeführt und analysiert. Die Schüler besuchten zum Zeitpunkt der Interviews die Klassen zwölf und dreizehn der gymnasialen Oberstufe. Alle hatten bereits das Thema Elektrochemie in der Oberstufe behandelt. Es wurden jeweils zwei Schüler eines Chemiekurses befragt. Insgesamt dauerte ein Interview 90 Minuten. Die Gespräche wurden durch zwei Skizzen strukturiert. Die eine Skizzen stellte eine galvanischen Zelle, die andere eine Elektrolysezelle dar. Die Aufgaben, diese Skizzen zu beschreiben, zu beschriften und miteinander zu vergleichen, gewährleisteten, daß im Interview über alle grundlegenden Konzepte der Schulelektrochemie gesprochen wurde. Gleichzeitig waren die Interviews so offen, daß auf die Probleme der einzelnen Schüler mit dem Thema Elektrochemie eingegangen werden konnte. Die Interviews wurden aufgezeichnet und transkribiert. Bei der Analyse wurden in mehreren Schritten die Argumentationsstränge aus den Gesprächen herausgearbeitet. So wurde eine überschaubare Darstellung der Interviews erreicht. Aus den Argumentationssträngen wurden die einzelnen Vorstellungen der Schüler über Elektrochemie, ihre Vernetzung und Entwicklung in den langen Gesprächen deutlich. Die so erhaltenen Ergebnisse wurden ausgehend von der naturwissenschaftlich anerkannten Beschreibung der Elektrochemie diskutiert und mit den Ergebnissen anderer Forscher verglichen. So konnten einige Probleme, die sich beim Lernen von Elektrochemie aus der Struktur des zu lernenden Inhaltes ergeben, identifiziert und beschrieben werden. Daraus ergaben sich Argumente, die bei der Planung des Chemieunterrichts berücksichtigt werden können. Sie basieren auf der Struktur der Elektrochemie. Über andere Faktoren, die dabei zu berücksichtigen sind, werden hier keine Aussagen getroffen. Zwei in der Elektrochemie besonders wichtige Begriffspaare sind 'Minuspol', 'Pluspol' und 'Anode', 'Kathode'. Für den Unterricht muß die Entscheidung getroffen werden, ob beide Begriffspaare oder nur eines von beiden verwendet werden sollen. Die Auslassung eines Begriffspaares kann eine Vereinfachung darstellen, beide Begriffspaare sind jedoch wichtig. Die Begriffe 'Minuspol' und 'Pluspol' sind beispielsweise bei Experimenten besonders wichtig, da sich leicht bestimmen läßt, welche Elektrode welchem Pol entspricht. Die Begriffe 'Anode' und 'Kathode' sind aus chemischer Sicht interessant, da sie mit den Elektrodenreaktionen verknüpft sind. Wird entschieden, beide Begriffspaare im Unterricht zu verwenden, so sollte das sowohl für galvanische Zellen als auch für Elektrolysezellen geschehen. Sonst entsteht bei den Schülern der falsche Eindruck, die Begriffe 'Anode' und 'Kathode' seien Synonyme der Begriffe 'Pluspol' und 'Minuspol'. Die Begriffe 'Pluspol' und 'Minuspol' können im Unterricht über 'Elektronenmangel' und 'Elektronenüberschuß', die Begriffe 'Anode' und 'Kathode' über 'Oxidation' und 'Reduktion' definiert werden. Letzteres bedeutet, daß an der Anode eine Elektronenabgabe stattfindet. Damit diese Aussage eindeutig wird, muß zusätzlich angegeben werden, daß das Teilchen, welches oxidiert wird, Elektronen an die Elektrode abgibt. Die Schüler können die Aussage ansonsten auch so deuten, daß die Elektrode Elektronen abgebe. Es kann hilfreich sein, zu verdeutlichen, daß die Begriffe 'Pluspol' und 'Minuspol' keine Information über die Richtung des elektrischen Stroms enthalten. Die Begriffe 'Anode' und 'Kathode' sagen hingegen etwas über die Richtung des Stromflusses aus, nicht aber über die Ladungsverteilung im System. Ein Vergleich zwischen galvanischen Zellen und Elektrolysezellen am Beispiel eines Akkumulators kann dies verdeutlichen. Im vorangegangenen Absatz wurde bereits erwähnt, daß der Begriff 'Elektronenabgabe' aus unterschiedlichen Perspektiven gesehen werden kann. Das gilt ganz allgemein für die Beschreibung eines Stroms. So kann man beispielsweise davon ausgehen, daß der Minuspol Elektronen abgebe, weil er negativ geladen sei. Die Annahme, daß der Minuspol negativ sei, weil er Elektronen aufgenommen habe, ist jedoch genauso logisch. In dieser Beschreibung verlieren die Begriffe 'Minuspol' und 'Pluspol' ihre Eindeutigkeit. Aus diesem Beispiel wird deutlich, daß viele Schüler, wenn sie über elektrische Stromkreise nachdenken, keinen stationären Zustand, sondern einen Startvorgang vor Augen haben. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, Sachverhalte aus unterschiedlichen Perspektiven zu beschreiben. Die Tatsache, daß die Schüler unterschiedliche Perspektiven verwenden, führt zu Kommunikationsproblemen. Einige Beschreibungen der Schüler können jedoch nur konsistent sein, wenn innerhalb der Argumentationskette ein Perspektivenwechsel vollzogen wird. Die dadurch auftretenden Probleme können möglicherweise durch eine Bewußtmachung der unterschiedlichen Perspektiven gelöst werden. Die Verwendung des Feldbegriffes im Chemieunterricht scheint nicht sinnvoll zu sein. Der Strombegriff scheint für die Beschreibung der Elektrochemie in der Schule besser geeignet. Das Problem, daß der Strombegriff den globalen Charakter des Systems nicht ausreichend beschreibt, kann durch eine Diskussion auf der Metaebene angegangen werden. Es sind folgende Voraussetzungen notwendig, um zu verstehen, daß durch den inneren Stromkreis einer elektrochemischen Zelle keine freien Elektronen fließen: 1. Der Elektronentransfer zwischen der Oxidations­ und der Reduktionsreaktion findet durch den äußeren Stromkreis statt. 2. Nicht nur der Fluß von Elektronen, sondern jede bewegte Ladung stellt einen elektrischen Strom dar. Folglich genügt der Fluß von Ionen durch die Lösungen, um den Stromkreis zu schließen. 3. Freie Elektronen sind in den Lösungen nicht beständig. Sie bewirken beim Austritt aus einer Elektrode eine Reduktionsreaktion. 4. Der Stromfluß im inneren Stromkreis ist notwendig, um der Ladungstrennung durch die räumlich geordnete Elektronenübertragung über den äußeren Stromkreis entgegenzuwirken. Aus der Annahme, daß Elektronen durch den inneren Stromkreis gelangen müßten, leiten die Schüler falsche Vorstellungen über den Leitungsmechanismus in Elektrolyten ab. Eine korrekte Beschreibung des Leitungsmechanismus setzt außerdem die Annahme voraus, daß sich in den Lösungen Ionen befinden. Die Wissenschaftsgeschichte zeigt, daß dies nicht leicht einzusehen ist. Die Feststellung, daß das Diaphragma zum Schließen des Stromkreises notwendig ist, liefert den Schülern keine ausreichende Erklärung. Die Aussagen, daß das Diaphragma ein Vermischen der Lösungen verhindert und daß es für alle Ionensorten durchlässig ist, sind widersprüchlich. Korrekter müßte es heißen, daß ein derartiges Diaphragma für die Dauer des Versuchs ein merkliches Vermischen der Lösungen verhindert. Aufgrund der hohen Komplexität des Themas Elektrochemie ist es fraglich, ob eine Beschreibung der Elektrodenreaktionen über Hin­ und Rückreaktionen in der Schule sinnvoll ist. Die oben beschriebenen Probleme zeigen, wie logisch die Schüler denken. Viele ihrer 'Fehler' stellen eine große intellektuelle Leistung dar. Oft gehen die Schüler von einer falschen Annahme aus und leiten ihre weiteren Aussagen konsequent daraus ab. Viele dieser falschen Annahmen resultieren aus logischem Denken. Kennt der Lehrer die falschen Annahmen, kann er im Unterricht auf sie eingehen. So können die in der vorliegenden Studie gewonnen Ergebnisse für den Chemieunterricht hilfreich sein.de
dc.identifier.urihttp://hdl.handle.net/2003/2462
dc.identifier.urihttp://dx.doi.org/10.17877/DE290R-327
dc.language.isodede
dc.publisherUniversität Dortmundde
dc.subjectSchülervorstellungende
dc.subjectElektrochemiede
dc.subjectInterviewsde
dc.subject.ddc540de
dc.titleVorstellungen von Schülern über Elektrochemiede
dc.typeTextde
dc.type.publicationtypedoctoralThesisen
dcterms.accessRightsopen access

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