Autor(en): Klute, Karsten
Titel: Lehrkräfte im Wirkungsfeld der Schulautonomie: motivational-affektive Variablen der individuellen Lehrkraft als Determinanten für die Qualität von Einzelschulen
Sprache (ISO): de
Zusammenfassung: Die vorgelegte Arbeit zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Philosophie (Dr. phil.) elaboriert die Rolle von Lehrkräften im deutschen Schulsystem im Kontext stetiger Reformprozesse und des Wandels von gesellschaftlichen Erwartungen. Dabei wird die übergreifende These verfolgt, dass motivational-affektive Konstrukte wie Commitment, Enthusiasmus, Selbstwirksamkeit oder Motivation der einzelnen Lehrkraft bedeutende Faktoren für das Gelingen von reformspezifischen Implementationsprozessen und – in gegenseitiger Abhängigkeit – die Qualität der schulischen Prozesse darstellen. Die von Rosa (u.a. 2005) beschriebene Beschleunigung von gesellschaftlichen Wandlungsprozessen spiegelt sich auch im deutschen Schulsystem wider. Die letzten Jahrzehnte werden durch zahlreiche Reformbemühungen und Paradigmenwechsel bestimmt, die als Reaktion auf veränderte (gesellschaftliche) Anforderungen entstanden sind beziehungsweise konzipiert wurden. Einige dieser Wandlungs- und Reformprozesse bieten die Ausgangslage für die Analysen der vorliegenden Arbeit. Dazu zählen (1) der verstärkte Fokus auf die Einzelschule als Handlungseinheit, welcher mit einer gesteigerten Schulautonomie und einer ergebnisorientierten Steuerung einhergeht (vgl. Altrichter & Maag Merki, 2016). (2) Die breite Einführung des Ganztagsbetriebs als eine der umfangreichsten Reformbemühungen des deutschen Bildungssystems (vgl. Rollet, 2014) sowie (3) die verstärkte Verantwortung der individuellen Lehrkraft für den schulischen Erfolg der Lernenden, welche sich auf den umfangreichen Meta2 Analysen von Hattie (2009) begründet. Insbesondere unter herausfordernden sozialen und schulischen Bedingungen avancieren die Qualität der Einzelschule und die Leistung der individuellen Lehrkraft zu entscheidenden Größe für den schulischen Output (u.a. Ditton, 2013). Grundlegend für die Struktur der Arbeit ist das Mehrebenenmodell des deutschen Schulsystems nach Fend (u.a. 2008), welches eine Differenzierung zwischen Makro-, Meso- und Mikroebene vornimmt. Auf der Makroebene lässt sich die Bildungsadministration ansiedeln, welche verantwortlich für die Definition von übergreifenden Standards ist und den Ursprung für die Reformen und einhergehende Anforderungen darstellt. Diese Ebene wird in den Analysen nicht tiefgreifender beleuchtet, sondern vielmehr als definitorischer Ausgangspunkt für die thematisierten Reformprozesse und Paradigmenwechsel betrachtet, die wiederum grundlegend für die theoretische Kontextualisierung der Analysen der dieser Arbeit inhärenten Einzelbeiträge sind. Die Einzelbeiträge lassen sich thematisch auf der Meso- und Mikroebene verorten, da zum einen wichtige Größen zur Qualität der Einzelschule als Handlungseinheit (Mesoebene) betrachtet werden und zum anderen ein wechselseitiger Einfluss mit motivational-affektiver Eigenschaften der Lehrkräfte (Mikroebene) sowie das Führungshandeln der Schulleitung analysiert wird. Zur theoretischen Einbettung der Analysen werden auf der Mesoebene einschlägige Modelle zur Schulkultur, Schulqualität und Schulentwicklung erläutert und diskutiert. Auf der Mikroebene werden verschiedene Konzepte zum Führungshandeln der Schulleitung eingeführt und begrifflich differenziert. Mit Blick auf die Lehrkräfte konzentrieren sich neben der grundlegenden Einordnung der (professionellen) Rolle der Lehrkräfte im Kontext der Einzelschule die theoretischen Darlegungen vornehmlich auf der Erläuterung von motivational-affektiven Konstrukten, die ihren Ursprung überwiegend in der psychologischen Forschungstradition finden. Aufbauend auf diesen Einordnungen und begrifflichen Abgrenzungen bieten die Analysen einen erkenntnisreichen Einblick in den Zusammenhang der eingeführten Konzepte und Konstrukte. Der erste Beitrag thematisiert das Commitment der Lehrkräfte als zentrales Konstrukt für die Bindung der Lehrkräfte zu ihrer Schule. Der Fokus liegt hierbei auf dem affektiven Commitment, welches die emotionale Bindung der Lehrkräfte beschreibt. Lehrkräfte mit einem hohen affektiven Commitment zu ihrer Schule sind eher dazu bereit, einschneidende Veränderungen (beispielsweise durch Reformen) des gewohnten Arbeitsalltags zu tolerieren und setzen sich sogar vermehrt aktiv für die Umsetzung der angestrebten Ziele ein, da sie diese als ihre eigenen Ziele internalisieren. 3 Als wichtige Erkenntnis des Beitrags kann gezeigt werden, dass das Gesamtbild der Einzelschule stark durch die Wahrnehmung der individuellen Lehrkraft bedingt ist. So wird in diesem Beitrag aufgezeigt, dass für die Lehrkräfte, die sich aktiv im Ganztag beteiligen und die Lehrkräfte, die dies nicht tun, unterschiedliche Prädiktoren verantwortlich für ein hohes affektives Commitment zur Einzelschule sind. Für Lehrkräfte, die im Ganztag zumindest rudimentär mitwirken, erweisen sich demnach vermehrt ganztagsspezifische Konstrukte als entscheidende Faktoren für das affektive Commitment zur Einzelschule. Beitrag zwei intensiviert den Blick auf motivationale Determinanten der Lehrkräfte und erweitert zugleich das Repertoire der berücksichtigten Konstrukte. Neben dem affektiven Commitment werden der Enthusiasmus für den Ganztag, Selbstwirksamkeitserwartungen sowie die Berufszufriedenheit der Lehrkräfte in den Analyserahmen integriert. Additiv zum Führungshandeln der Schulleitung wird der Einfluss dieser Konstrukte auf die Zufriedenheit mit und Mitwirkung der Lehrkräfte bei ganztagspezifischen Prozessen an den Einzelschulen untersucht. Die Prädiktoren werden hierbei nach Deci und Ryan (u.a. 1985) in intrinsisch und extrinsisch motivierende Faktoren differenziert. Ziel dieses Beitrags ist es, die Bedeutung individueller motivationaler Determinanten für die Einstellung der Lehrkräfte gegenüber der Einführung der Ganztagsschule zu erörtern und Ansatzpunkte für die Steigerung der Bereitschaft zur Mitwirkung an dieser Reformierung zu identifizieren. Zudem wird gezeigt, dass der Schulleitung eine bedeutende Rolle für die Steigerung der Zufriedenheit mit dem Ganztagsbetrieb und der Mitwirkung der Lehrkräfte daran zukommt. Beitrag drei greift diese motivationalen Faktoren in Kombination mit der Einflussnahme der Schulleitung erneut auf und setzt sie in einen anderen Kontext als der Ganztagsschule. Die befragten Lehrkräfte sind alle an Schulen beschäftigt, die sich in einer herausfordernden sozialen Lage befinden. Dieser Artikel blickt vertieft auf die intensivierte Objektivierung der individuellen Leistung der Lehrkräfte und der intraindividuellen Vergleichbarkeit. Abermals wird ein Effekt von motivationalen Determinanten und kulturellen Bedingungen auf ein Schulqualitätsmerkmal untersucht: die Unterrichtsqualität. Grundlage für die Analysen biete das Four-Path-Model von Leithwood et al. (u.a. 2017), welches zwischen einem rationalen-, Emotionen-, organisationalen und Familien-Pfad differenziert. Die Artikel dieser Arbeit liefern einen umfangreichen Einblick in die Wechselwirkungen von 4 kulturellen/organisationalen Bedingungen der Einzelschule, motivationalen Determinanten der Lehrkräfte und dem Erfolg von Reformbemühungen im deutschen Bildungssystem. Dabei wird herausgestellt werden, dass personenbezogene Eigenschaften und Einstellungen der Lehrkräfte grundlegend für die Etablierung von Neuerungen sind.
Schlagwörter: Lehrkräfte
Einzelschule
motivational-affektive Variablen
Schulleitung
Schlagwörter (RSWK): Lehrer
Schule
Autonomie
Schulleitung
Motivation
URI: http://hdl.handle.net/2003/42495
http://dx.doi.org/10.17877/DE290R-24331
Erscheinungsdatum: 2023
Enthalten in den Sammlungen:Institut für Schulentwicklungsforschung

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