Gesundheitsbezogene Stadtverhältnisse und Gerechtigkeit - Einsichten in gewobene Denk- und Wissenspraktiken
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2021
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Die derzeitige Covid-19-Pandemie zeigt, dass das Risiko (schwerer) zu erkranken aufgrund zuvor bestehender struktureller Ungleichheiten steigt. Strukturelle Ungleichheiten sind nicht gleichmäßig verteilt: Vor allem einkommensschwächere Schwarze Menschen, Indigene Menschen und Menschen of Colour (BIPoCs) leben weltweit unter ungesunden räumlichen Bedingungen. Als Gründe werden an Stelle von strukturellen Ungerechtigkeiten aufgrund kolonialer Herrschaftsmuster vor allem individuelles Verhalten benannt. Die Dissertation zeigt demgegenüber die Notwendigkeit auf, gesundheitsbezogene Ungleichheiten als das Ergebnis historischer, ökonomischer, politischer und sozialer Verhältnisse zu betrachten und plädiert dafür, bisher unsichtbar gemachte Denkweisen über gesundheitsbezogene Stadtverhältnisse sichtbar zu machen (Santos 2018). Hierfür wird in Anlehnung an die Metapher Ch'ixi von Silvia Rivera Cusicanqui (2010; 2018) und das Leitbild der umweltbezogenen Gerechtigkeit (Köckler 2017; 2020) die gleichberechtigte Koexistenz vielfältiger gesundheitsbezogener Imaginarios vorgeschlagen. Mit dem Konzept Imaginarios wird analysiert, wie unterschiedliche Akteure ihr Umfeld betrachten und mit Bedeutung füllen (Vera 2019
Angeregt von dekolonialen, feministischen Perspektiven wird in der Dissertation gezeigt, dass organisierte Bewohner*innen in Lo Hermida (Santiago de Chile) und Chican@s in Barrio Logan (San Diego, USA) Wissen über gesundheitsbezogene Stadtverhältnisse abseits kolonialer und imperialer Logiken sowie rassistischer Ideologien ermöglichen (Paredes 2017; Espinosa Miñoso/Gómez Correal/Ochoa Muñoz 2014). Auf Grundlage des Wissens dieser organisierten Bewohner*innen wird ein gesundheitsbezogener Gerechtigkeitsrahmen gewoben. Konkret werden für die Erstellung des Gerechtigkeitsrahmens Imaginarios am Beispiel gelebter Stadträume (Interpretation subjektiver Perspektiven organisierter Bewohner*innen), wahrgenommener Stadträume (räumlich-kulturelle Darstellungen) und gedachter Stadträume (technische Planungssichtweisen) dargestellt. Zudem wird ein mehrdimensionaler Analysezugang gewählt, der Imaginarios entlang von drei Dimensionen analysiert: sozial-gesundheitlich, politisch-institutionell und symbolisch-kulturell.
Es wird gezeigt, dass historisch gewachsene Ungerechtigkeiten weder in Chile noch in den USA eine Rolle in stadtentwicklungspolitischen Dokumenten und Planungsprozessen spielen und Perspektiven von organisierten Bewohner*innen die Diskussionen über Stadtplanung und -entwicklung bereichern. Vor allem, da sie Einblicke in die koloniale Vergangenheit dominanter Wissensproduktionen, wirtschaftlicher Ausbeutung und politischer Abhängigkeiten geben und deren Einfluss auf Ungleichheit und Ausgrenzung in räumlichen Verhältnissen aufzeigen.
Description
Table of contents
Keywords
Urbane Umweltgerechtigkeit, Gesundheitsbezogene Ungleichheit, Dekolonisierung, Epistemische Gerechtigkeit, Gleichberechtigte Koexistenz