Eine Methode zum Messen von Naherreichbarkeit in Kommunen
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2015
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Erreichbarkeitsfragen betreffen alle Menschen, denn Erreichbarkeit wirkt auf die Existenz und
das Handeln jedes Einzelnen. Ihre Gestaltung ist ein klassisches Themenfeld der Raum- und
Verkehrsplanung in Deutschland. Diese Arbeit befasst sich mit der Modellierbarkeit und Analyse
von Naherreichbarkeit in Kommunen. Naherreichbarkeit umfasst die nahräumliche Erreichbarkeit
menschlicher Aktivitätsziele der Daseinsgrundfunktionen in Wohnungsnähe. Im Zusammenspiel
mit gesellschaftlichen und demographischen Transformationsprozessen verwandeln
die zunehmende Spezialisierung und Konzentration von Standorten und die fortschreitende
Ausweitung von Aktionsräumen die Erreichbarkeit in städtischen und ländlichen Wohnquartieren.
Im Zentrum von Naherreichbarkeitsanalysen stehen alltägliche Aktivitäten wie die Nahversorgung
mit Lebensmitteln, das Aufsuchen von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen oder die
medizinische Grundversorgung. Aufgrund ihrer hohen Distanzsensibilität ist der Anteil an Wegen,
die mit nicht-motorisierten Verkehrsmitteln zurückgelegt werden, hoch. In dem Konzept
von Naherreichbarkeit erfährt die Erreichbarkeit zu Fuß oder mit dem Fahrrad daher eine besondere
Rolle. Erstrebenswert sind gute Naherreichbarkeitsverhältnisse aus sozialen, ökologischen
und wirtschaftlichen Motiven. Denn sie stützen verkehrs-, umwelt- und klimapolitische
Ziele, bewahren die Teilhabechancen am örtlichen Bildungs-, Sozial- und Gesundheitswesen,
reduzieren soziale Exklusionsentwicklungen, fördern die lokale Ökonomie und beleben Wohnquartiere.
In dieser Arbeit wird eine sachliche Bewertungs- und Vergleichsmethode entwickelt, mit der
kleinräumige Veränderungen in der Naherreichbarkeit wissenschaftlich exakt messbar, sichtbar
und überprüfbar gemacht werden können. Aufbauend auf dem Stand der Wissenschaft und
Technik wird ein System von standörtlichen Naherreichbarkeitsindikatoren definiert, das komplex
genug ist, um die Wechselwirkungen zwischen Flächennutzung und Verkehr adäquat wiederzugeben,
das aber auch einfach genug ist, um gut nachvollziehbar und vermittelbar zu sein.
Mit dem Indikatorensystem lassen sich verkehrsmittel- und aktivitätsspezifische Naherreichbarkeitsdisparitäten
oder -engpässe quantifizieren und aus der Sicht verschiedener Bevölkerungsgruppen
bewerten. Bewertungsindizes ermöglichen die Evaluation von Einzelmaßnahmen oder
Maßnahmenbündel der Flächennutzungsplanung, Verkehrsplanung oder relevanter Fachplanungen
hinsichtlich ihrer sozial-räumlichen Auswirkungen auf die Naherreichbarkeit in den
Wohnquartieren und können für ein kommunales Naherreichbarkeitsmonitoring genutzt werden.
Diese Arbeit zielt darauf ab, zu einem tieferen Verständnis und Wissen über Naherreichbarkeit
als bedeutende Informations- und Planungsgrundlage für Kommunen beizutragen. Auf der Entwicklung
einer mit einem Geoinformationssystem anwendbaren Methode zum kleinräumigen
und akkuraten Messen von aktivitäts- und verkehrsmittelspezifischen Naherreichbarkeitsverhältnissen
in Wohnquartieren liegt der Fokus dieser Arbeit. Der praktische Nutzen des Ansatzes
wird am Fallbeispiel der Stadt Dortmund verdeutlicht, für die eine Naherreichbarkeitsanalyse für
zehn Aktivitäts- und vier Verkehrsarten durchgeführt wird. Die Ergebnisse werden in der Arbeit
kartographisch und statistisch aufbereitet dargestellt. Mit standörtlichen Reiseaufwandsindikatoren
können die Reisezeiten zu nächstgelegenen Einrichtungen wiedergegeben werden. Sie
sind besonders gut verständlich und einfach zu vermitteln. Durch die Analyse wird aufgezeigt,
dass die Erreichbarkeit mit dem Pkw in der Stadt Dortmund nahezu ubiquitär gut ist. Die fußläufige
Naherreichbarkeit dagegen wird stark durch die Raumplanung, das heißt durch die räumli16
che Anordnung der Aktivitätsziele bestimmt. In der Regel stellt eine hohe Einwohnerdichte ein
deutliches Indiz für gute Naherreichbarkeitsverhältnisse dar. Unterstützt wird die hier vorhandene
gute Erreichbarkeit durch ein auf die Stadtteilzentren ausgerichtetes ÖPNV-Angebot. In gering
verdichteten Wohnquartieren abseits der ÖPNV-Linien sind die Bewohner für das Erreichen
von Aktivitätszielen der Daseinsgrundfunktionen auf das Fahrrad und den Pkw angewiesen.
Personen ohne Pkw-Verfügbarkeit sind hier benachteiligt und haben entsprechend geringere
Teilhabechancen an der Ausübung sozialer Aktivitäten und wirtschaftlicher Austauschprozesse.
Die Methode zum Messen von Naherreichbarkeit in Kommunen kann zur Etablierung eines kontinuierlichen
Erreichbarkeitsbeobachtungssystems und zur Unterstützung einer integrierten
kommunalen Naherreichbarkeitsplanung genutzt werden, die auf eine abgestimmte Förderung
verbesserter Naherreichbarkeitsbedingungen abzielt.
Description
Table of contents
Keywords
Raumplanung, Verkehrsplanung, Integrierte Planung, Erreichbarkeit, Mobilität