Etablierung von biochemischen und strukturbasierten Systemen zur Charakterisierung wirkstoffresistenter EGFR-Mutanten

Loading...
Thumbnail Image

Date

2019

Journal Title

Journal ISSN

Volume Title

Publisher

Abstract

Die Identifikation von EGFR-Mutationen in Exon19 und Exon21 als prädiktive Biomarker, die mit einer erhöhten Sensitivität gegenüber EGFR-Inhibitoren der ersten Generation assoziiert werden konnten, leitete einen Paradigmenwechsel in der Behandlung von NSCLC-Patienten ein.[1-2] In entsprechenden Studien konnte retrospektiv gezeigt werden, dass lediglich Tumore auf die Behandlung mit Gefitinib ansprachen, wenn eine somatische EGFR-Mutation vorlag und im Umkehrschluss Patienten ohne die entsprechende Mutation nicht von der Behandlung mit Gefitinib profitierten, obwohl die Tumore von einer Entität des gleichen Gewebetyps abgeleitet wurden.[3-4] Anhand dieses Beispiels wurde einerseits das enorme Potential der zielgerichteten Therapie deutlich, aber auch die Tatsache, dass ein tiefgründiges Verständnis der Tumorbiologie eine Voraussetzung für die erfolgreiche zielgerichtete Krebstherapie darstellt. Mit dem Ziel charakteristische Merkmale der einzelnen EGFR-Mutanten herauszuarbeiten und innerhalb von Optimierungsstudien an neuartigen Inhibitoren SAR-Profile erstellen zu können, wurden im Rahmen dieser Arbeit verschiedene biochemische und strukturbiologische Systeme für Untersuchungen an wirkstoffresistenten Varianten des EGF-Rezeptors etabliert. Dazu wurde im ersten Schritt die Proteinexpression für einzelne Mutanten des EGFRs in Insektenzellen etabliert und optimiert, um im Anschluss diese durch geeignete Reinigungsstrategien in ausreichender Menge und Reinheit zu erhalten. Auf diesem Weg wurden die EGFR-del19, EGFR-del19/G724S und die EGFR-L858R/T790M/C797S Mutanten für biochemische Assays und die EGFR-T790M/E865A/E866A/K867A sowie die EGFR-T790M/V948R Variante für Kristallisationsstudien erhalten. Ferner konnten entsprechende aktivitätsbasierte Assaysysteme etabliert und Kristallisationssysteme für die EGFR-T790M/V948R Mutante entwickelt werden. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit lag auf der Charakterisierung von neuartigen Inhibitoren zur Adressierung der EGFR-T790M Mutante, wobei die kovalente Adressierung des Cys797 in vorangegangenen Studien als entscheidender Faktor für die effiziente Inhibition der Türstehermutante identifiziert und durch die Einführung von Michael-Akzeptorsystemen in verschiedene Gerüstklassen realisiert wurde. Aufgrund des kovalenten Charakters der Bindungsmechanismus ist eine Beurteilung der Aktivität in biochemischen Systemen anhand des IC50-Werts nur schätzungsweise möglich. Daher wurden detaillierte kinetische Bindungsstudien zur Bestimmung der initialen reversiblen Affinität Ki einer Verbindung zum Enzym und der Rate der Inaktivierung kinact herangezogen und distinkte Profile der einzelnen Gerüstklassen ermittelt. So zeigte sich für Pyrazolopyrimidin-basierte Inhibitoren und Pyrimidin-abgeleitete Inhibitoren eine hohe Abhängigkeit der inhibitorischen Wirksamkeit vom kovalenten Charakter der Bindung, was sich in hohen kinact-Werten manifestierte. In Korrelation mit diesen Daten, resultierte die Einführung der C797S-Mutation in einem drastischen Verlust der inhibitorischen Aktivität. Weiterhin wurden Pyrrolopyrimidin-basierte Inhibitoren kinetisch evaluiert, für die eine ausgesprochen hohe reversible Affinität nachgewiesen werden konnte und Ki-Werte der Verbindungen im subnanomolaren Bereich gegenüber der EGFR-L858R/T790M Mutante ermittelt wurden. An dieser Stelle konnte zum ersten Mal eine hohe inhibitorische Potenz gegenüber der EGFR-L858R/T790M/C797S Mutante in biochemischen Assays beobachtet werden, so wurde beispielsweise für den Inhibitor RL2029 ein IC50-Wert von etwa 8 nM festgestellt. Im Folgenden konnte diese Aktivität aber nicht in zelluläre Potenz translatiert werden, welches auf die schlechte Zell-Permeabilität der Verbindungen zurückzuführen sein könnte und einen Ansatzpunkt für weitere Optimierungsstudien darstellt. In dieser Arbeit wurde außerdem eine Durchmusterung der laborinternen Substanzbibliothek nach aktiven Verbindungen gegenüber der PC9-T790M/C797S Zelllinie mit Hilfe der semi-automatisierten Screening-Einheit RASPELD vorgenommen. Hierbei wurden initial 148 Verbindungen identifiziert, die eine Reduktion der Viabilität der untersuchten Zellen um 70% hervorriefen. In weiterführenden Hitvalidierungsstudien wurden fünf interessante Substanzen identifiziert, die EC50-Werte im niedrigen mikromolaren Bereich gegenüber EGFR-mutierten Zelllinien zeigten und gleichzeitig keine Aktivität gegenüber EGFR-WT Zelllinien demonstrierten. Jedoch konnte in biochemischen aktivitätsbasierten Assaysystemen keine inhibitorische Aktivität der Hitverbindungen gegenüber den verschiedenen EGFR-Varianten festgestellt werden, sodass Western-Blot Studien angeschlossen werden sollten oder gegebenenfalls andere Zielstrukturen der Verbindungen in Betracht gezogen werden sollten. In einem weiteren Teil dieser Arbeit erfolgte innerhalb eines Kooperationsprojektes eine tiefgreifende Charakterisierung der kürzlich identifizierten EGFR-del19/G724S Mutation, die in Patienten eine Wirkstoffresistenz gegenüber des Drittgenerationsinhibitors Osimertinib vermittelt. In biochemischen Assays konnte die klinische Beobachtung verifiziert und nachgestellt werden, sodass das etablierte System als Grundlage für Screening-Experimente genutzt werden konnte. Die Durchmusterung einer fokussierten Substanzbibliothek ergab signifikante Unterschiede in der Potenz der einzelnen Generationen an EGFR-Inhibitoren, sodass abgeleitet werden konnte, dass die del19/G724S-Mutation eine Resistenz gegenüber allen bekannten Drittgenerationsinhibitoren vermittelt. Weiterhin konnten Zweitgenerationsinhibitoren wie Afatinib und Poziotinib als potente Inhibitoren identifiziert werden, für die auch in kinetischen Profilierungen eine hohe Affinität (Ki<1 nM) gegenüber der Osimertinib-resistenten Mutation nachgewiesen werden konnte. Schlussendlich konnte die hohe inhibitorische Wirksamkeit des Afatinibs gegenüber der EGFR-del19/G724S Mutante in zelluläre Potenz und in vivo Aktivität gezeigt werden.

Description

Table of contents

Keywords

Präzisionsmedizin, NSCLC, EGFR, Kovalente EGFR-Inhibitoren

Citation