Jugendkriminalität
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Date
2010-05-18T12:51:17Z
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Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre führte die Zunahme der Jugendkriminalität, insbesondere der Gewaltkriminalität von jugendlichen und heranwachsenden Tätern zu vermehrten öffentlichen, wissenschaftlichen sowie kriminalpolitischen Debatten. Zudem rückte die wiederholte und intensive Delinquenz junger Menschen in den Fokus kriminologischer Forschung. Studien belegen, dass ein kleiner Teil der jugendlichen Täter „chronische“ Wiederholungstäter und für einen Großteil der Jugendstraftaten insgesamt verantwortlich sind. Es kristallisiert sich demnach eine Gruppe von Jugendlichen heraus, die besonders kriminalitätsbelastet ist. Ging es darum, Motive von Jugendlichen für abweichendes Verhalten zu erklären und zu beschreiben, begründete man diese in der Regel unter Verwendung einer jeweilig favorisierten Kriminalitätstheorie oder kombinierte personenbezogene Daten von jugendlichen Tätern zu einem Kombinationsmuster und stellte dieses für kriminelles Verhalten in den Vordergrund. Die Theorien an sich oder aus den Theorien abgeleitete Interpretationen müssen sich dabei nicht mit den Selbstdeutungen der Jugendlichen decken. Genauso können risikorelevante persönliche Daten nicht immer kausal mit Kriminalität in Verbindung gebracht werden. Qualitative Studien zu Biografien und Selbstdeutungen straffälliger Jugendlicher sind in der erziehungswissenschaftlichen Forschung höchst selten. Als eine der wenigen Studien ist die von Marianne Kieper zur Lebenswelt von straffälligen Mädchen von 1980 zu nennen. Die sozialwissenschaftliche und kriminologische Forschung hat in den letzten Jahren einige Untersuchungen zu jugendlichen Straftätern vorgelegt, allerdings wurde die lebensweltliche Perspektive der Jugendlichen dabei vernachlässigt. Genau hier setzt die vorliegende Untersuchung an. Es geht dabei um die Frage, wie jugendliche Wiederholungstäter ihre aktuellen Lebensumstände und biografischen Erfahrungen sowie ihre Straftaten selbst deuten. Ein wesentliches Ziel der Arbeit war die Typisierung von Lebenslagen und biografischen Erfahrungen Jugendlicher im Kontext von Kriminalität. Der Fokus lag dabei auf den subjektiven Selbstbildern und Lebenskonzepten von jugendlichen Wiederholungstätern unter Berücksichtigung der familiären, schulischen und Gleichaltrigen-Kontexte. Theoretisch und methodologisch handelt es sich um eine hermeneutisch-qualitative Studie der Lebenswelt von jugendlichen Straftätern auf der Basis von 11 leitfadengestützten Interviews. Anhand des Interviewmaterials wurden in verschiedenen Kategorien Deutungsmuster und Typen gebildet.
Als Ergebnis kristallisierte sich ein „subkulturell verhafteter Lebenslagentyp“ heraus, der eine unbelastete Biografie aufwies, jedoch im Kontext von Freundschaften straffällig wurde und sich noch zum Zeitpunkt des Interviews im kriminellen Milieu aufhielt. Zum zweiten fand sich ein „biografisch belasteter und subkulturell verhafteter Lebenslagentyp“. Dieser wurde im Kreis einer Clique straffällig, wobei familiär belastende Erfahrungen vorausgingen und zum Teil mit Straftaten in Verbindung gebracht werden konnten. Als dritter ergab sich ein „biografisch belasteter Lebenslagentyp mit ausstiegsorientierten Tendenzen“. Er wies eine stark belastete Biografie auf, war aber erstaunlicherweise derjenige, der sich auf dem besten Weg in ein straffreies Leben befand. Anhand dieser Stichprobe wurde deutlich, dass eine stark belastete Biografie nicht automatisch dazu führt, dass sich diese Jugendlichen länger als andere in einer kriminellen Phase befinden. Eine zentrale These der Arbeit hinsichtlich des biografisch stark belasteten Typs erschließt sich daraus, dass dieser gerade durch den lang anhaltenden sozialen Leidensdruck eine hohe biografische Reflexionskompetenz entwickelt und aufgebaut hat, die letztlich zum Entwurf eines neuen sozial akzeptierten Lebenskonzept führte.
Description
Table of contents
Keywords
Jugendkriminaliät, Wiederholungstäter, Selbstdeutungsmuster, Biografie