Transkulturelle Gründerförderung
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2011-05-19
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Die vorliegende Studie untersucht den Zusammenhang zwischen Existenzgründungen und
kulturellem Kontext in Südafrika und leitet daraus Schlussfolgerungen für das Marketing von
Dienstleistungen der Gründerförderung im Rahmen von Entwicklungshilfeprogrammen ab. Sie fokussiert
kulturelle Implikationen des Aufbaus von Klein- und Kleinstunternehmen durch schwarzafrikanische
Gründer, die nach einem standardisierten globalen Förderkonzept unterstützt wurden. Diese Thematik
ist durch Erfahrungen aus der Förderpraxis in Südafrika angeregt worden, nach denen bis zu 90 %
aller Gründer im Kleinstgewerbebereich innerhalb des ersten Jahres scheitern. Dies steht eklatant
dem Ziel der südafrikanischen Regierung entgegen, vor allem durch Förderung von Neugründungen bis
2014 einen schwarzafrikanischen Anteil am wirtschaftlichen Eigentum von 25 % zu erreichen, um so
die unter Schwarzafrikanern besonders ausgeprägte Armut und Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Die
Studie ist interdisziplinär angelegt, indem sie marketing- theoretische Ansätze mit Konzepten aus
kulturtheoretischen Untersuchungen und aus der Gründerforschung verbindet. Gründerförderung im
Rahmen Technischer Hilfe wird als transkulturelle Beratungsleistung aus der Sicht des
Dienstleistungsmarketings definiert und im Sinne eines von Holzmüller empfohlenen
Forschungsprogramms für das internationale Marketing analysiert. Dem gemäß erfolgt die
Theoriebildung in dieser Untersuchung zwischen den drei Eckpunkten der multikulturellen Identität
von Gründern sowie der intrakulturellen Heterogenität und der kulturellen Dynamik des
Gründerumfeldes.
Ausgangspunkt der Untersuchung war die Vermutung, dass für das Scheitern der nach westlichen
Leitbildern geförderten Gründer maßgeblich die mangelnde Passung zwischen fremdkulturellem
Wissensangebot und eigenkulturellen Anforderungen verantwortlich ist. Um diese Vermutung zu
erhärten, wurde mit einem qualitativ-empirischen Forschungsdesign die Transferierbarkeit von
Förderprogrammen nach Südafrika überprüft, die auf dem Konstrukt der Leistungsmotivation nach
McClelland beruhen. Die geschah exemplarisch anhand des von der deutschen Regierung unterstützten
CEFE Competency-based Economies through Formation of Enterprise-Programms. Hierzu wurden 2003 und
2005 insgesamt 19 Experten aus dem südafrikanischen CEFE-Netzwerk (Gründer, Gründungsberater und
-trainer sowie Vertreter von Behörden) mit Hilfe qualitativer Leitfadeninterviews befragt. Alle
Experten gehörten ethnisch zur schwarzafrikanischen
Bevölkerungsmehrheit, repräsentierten darin aber unterschiedliche Subethnien, beiderlei
Geschlecht, unterschiedliche regionale Herkunft und verschiedene Bildungsniveaus. Die
Datenerhebung orientierte sich an dem Ansatz der ethnografischen Lebensweltanalyse nach Hitzler.
Dabei wurden die Interviews so offen geführt, dass die Probanden in der Lage waren, aus ihrer
Innensicht, mit eigenen Bedeutungszuweisungen und Sinngebungen über Gründungserfahrungen aus ihrer
Lebenswelt zu berichten.
Die Datenauswertung folgte dem rekonstruktiv-typenbildenden Verfahren nach Kelle/Kluge unter
Verwendung der ATLAS.ti-Software. Die Interviews wurden zunächst einer beschreibenden
Kategorienbildung im Hinblick auf personen- und kontextbezogene Merkmale unterzogen. Dem folgte
eine bewertend-interpretative Dimensionierung der Kategorien und schließlich die abstrahierende
Zusammenfassung in Idealtypen kulturspezifischer Gründungsszenarien. Im Ergebnis entstand eine
4-Felder-Typologie mit folgenden Idealtypen: dem dynamischen, dem statisch-regressiven, dem
prospektiven und dem blockierten Gründungsszenario.
Idealtypisch entsprechen die Fördervoraussetzungen in der sogenannten second economy Südafrikas dem
regressiv-statischen Szenario, während eine Gründerförderung nach dem Modell der
Leistungsmotivation nur in einem prospektiven Szenario Aussicht auf Erfolg hat. Um einen
Ausweg aus diesem Dilemma zu finden, stellt die Studie eine Reihe von Übergangsszenarien vor, in
denen schwarzafrikanische Gründer mittels integrativ-partnerschaftlicher Arrangements im modernen
Sektor der südafrikanischen Wirtschaft Fuß fassen konnten. Solche Übergangsszenarien werden als
Leitbilder für eine effizientere Gründerförderung unter Schwarzafrikanern empfohlen. Weiterhin
untersucht die Studie die Verwendung der 4-Felder-Typologie als Referenzrahmen für
die Gestaltung von Programmen der Gründerförderung in unterschiedlichen kulturellen Kontexten. Es
wird gezeigt, wie innerhalb eines solchen konzeptionellen Rahmens die kultursensible
Gestaltung von Förderprogrammen im Sinne einer differenzierten Standardisierung möglich wird.
Description
Table of contents
Keywords
Differenzierte Standardisierung, Entwicklungshilfe, Gründerförderung, Gründungsforschung, Interkulturelles Dienstleistungsmarketing, Leistungsmotivation, Qualitativ-empirischer Forschungsansatz, Rekonstruktiv-typenbildende Datenanalyse, Schwarzafrikanisches Unternehmertum, Südafrika