Wohnungsnot, Geschlecht und Gesundheit

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2023

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Wohnungsnot ist eine der sozialen Fragen unserer Zeit; dennoch besteht ein erheblicher Forschungsbedarf. Insbesondere die der Wohnungsnot inhärenten Stigmatisierung von Wohnungsnot und deren Prozesse sind bisher in ihrem Umfang nicht erfasst. Aufbauend auf einer ausführlichen und detaillierten theoretischen Betrachtung liefert die vorliegende Arbeit eine in Art und Umfang bisher einmalige Multi-Methoden-Untersuchung der Stigmatisierung von Wohnungsnot. Im theoretischen Teil werden unter anderem das dreifache Potential der benützten und der Arbeit zugrundeliegenden Intersektionalen Mehrebenenanalyse nach Winker und Degele (2009) – als Ordnungsrahmen für Wohnungsnot, als theoretischer methodologischer Rahmen der Arbeit sowie als Implikation für das methodische Vorgehen – und die vier von Pryor und Reeder (2011) definierten Manifestationen von Stigmatisierung erläutert. Im Fokus der vorliegenden Untersuchung stehen die Kategorien Geschlecht und Gesundheit sowie deren Auswirkungen auf die Öffentliche und Strukturelle Stigmatisierung von Wohnungsnot – und demnach die Teilhabe von Menschen in Wohnungsnot. Die Multi-Methoden-Untersuchung besteht über zwei Zugänge – Öffentliche Stigmatisierung und Strukturelle Stigmatisierung – aus vier Studien: (I) Eine experimentelle Untersuchung (N = 846) bestätigt mittels verschiedener Interaktionseffekte eine größere Öffentliche Stigmatisierung von Frauen in Wohnungsnot sowie von alkoholabhängigen Menschen in Bezug auf die jeweilige Vergleichsgruppe. Menschen mit psychischen Krankheiten hingegen werden im Vergleich zu Menschen ohne psychische Krankheiten weniger stigmatisiert. Die als Mehrphasen-Mixed-Methods-Design konzipierte Untersuchung der Strukturellen Stigmatisierung besteht aus drei Studien. (II) Die qualitative Dokumentenanalyse von Hilfeplänen (n = 40) erbringt im Ergebnis ein Codebuch,welches wiederum die Grundlage (III) der quantitativen Dokumentenanalyse dieser Hilfepläne (N = 277) ist. (IV) Eine mit verschiedenen Akteur:innen des Hilfesystems durchgeführte Leitfaden-Studie (N = 18) kontextualisiert die gewonnenen Ergebnisse abschließend. Auch wenn keine direkte Strukturelle Stigmatisierung beobachtet werden kann, kann die Persistenz der Stigmatisierung von Wohnungsnot festgestellt werden. Der Strukturellen Stigmatisierung des Hilfesystems sind insbesondere Männer in Wohnungsnot sowie Personen mit Drogen-/Suchtmittelkonsum ausgesetzt. Die Ergebnisse der vier Studien zeichnen ein komplexes Bild der Stigmatisierung von Wohnungsnot. Klar ersichtlich ist der Mehrwert einer intersektionalen Betrachtung von Wohnungsnot und die Notwendigkeit, Stigmatisierung in ihren verschiedenen Manifestationen zu betrachten. Die Kategorien Geschlecht und Gesundheit haben dabei einen entscheidenden Einfluss auf die teils konträre Stigmatisierung von Wohnungsnot. Gleichzeitig bestätigen die Ergebnisse die Bedeutung von Kontakt und dem Verhalten der Menschen in Wohnungsnot für Stigmatisierungsprozesse. Zur Reduktion der Strukturellen Stigmatisierung sind das Hilfesystem der Wohnungslosenhilfe sowie deren Akteur:innen, maßgeblich verantwortlich für die Teilhabe von Menschen in Wohnungsnot, gefordert, sich mit der Kategorie Geschlecht und deren Auswirkungen auseinander zu setzten.

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