Lehrstuhl für Gesundheitspsychologie

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    Interessenbasierte Beratungsforschung als psychologische Forschungsmethode
    (2013-11-12) Haimerl, Detlev; Franke, Alexa; Schröder, Annette
    Die Entwicklung der Interessenbasierten Beratungsforschung basiert auf der Erkenntnis, dass es in der psychologischen Forschung Situationen gibt, in denen es methodisch nicht genügt, alles zu tun, um ein möglichst scharfes Bild vom Untersuchungsgegenstand zu bekommen. Denn zum einen kommt es in manchen Forschungsbereichen zu Untersuchungssituationen, in denen das Beobachterproblem kaum zu vernachlässigen ist. Zum zweiten gestaltet es sich manchmal problematisch, den Kontext von Forschung nicht zu berücksichtigen. Gerade die Theorie der systemischen Psychotherapie hat den Blick dafür geschärft, dass kontextuellen Faktoren eine ähnliche Relevanz wie Inhalten zukommen kann. Nun bewegt sich psychologische Forschung regelmäßig im Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit der Beziehungsaufnahme aus Gründen der Inhaltsvalidität und der Notwendigkeit der Distanzierung im Sinne einer Objektivierung. Dieses Dilemma wird regelmäßig so aufgelöst, dass prinzipiell ein objektivistisches Paradigma zugrunde gelegt wird. Auf dieser Basis wird so viel Beziehung wie nötig zugelassen, um im weiteren Verlauf die auf diesem Weg eingeflossene Subjektivität z.B. durch Beobachterkonsens, Triangulierung oder andere Maßnahmen wieder zu neutralisieren. Die Interessenbasierte Beratungsforschung geht den umgekehrten Weg. Sie legt ein relationales Paradigma zugrunde und geht von der Beziehung als der primären Verfasstheit aus. Auf dieser Basis werden in der Folge Überlegungen angestellt, auf welche Weise so viel Distanz wie nötig verwirklicht werden kann und wie das Wissen zu konzipieren ist, das auf diesem Weg generiert wurde. Nachdem in der psychosozialen Praxis immer wieder das Problem auftaucht, dass die Anwendung psychologischen Regelwissen nur schwer mit der Kontextbezogenheit individueller Situationen und dem Prinzip der Selbstverantwortung der Betroffenen vereinbar ist, nutzt die Interessenbasierte Beratungsforschung – zumal sie aufgrund ihrer paradigmatischen Grundlegung die Beziehung Forscher–Proband bejahen kann – die Beratungssituation als Medium für die Datensammlung und –anwendung. Diese Konstruktion hat den Vorteil, dass in ihr die Interessen des Forschers und des Forschungspartners (also des Beratenen) verschränkt werden. Wissenschaft ist damit nach diesem Konzept inhärent bezogen auf gesellschaftlichen Bedarf. Beratung wird dabei als ein mehrfach dekonstruktiver Prozess aufgefasst. Dieser betrifft sowohl die Inhaltsebene der Beratung, in der das Problem des Forschungspartners beleuchtet wird, als auch die Metaebenen, auf denen die Einflüsse auf Forscherseite und seitens der Gesellschaft im Sinne von Diskursanalysen reflektiert werden. Schließlich wird versucht, dem Leser auch für den Text, der die Methode der Beratungsforschung darstellt, die Spurensuche nach latenten Einflüsse zu erleichtern. Die Arbeitsweise der Interessenbasierten Beratungsforschung wird exemplarisch dargestellt anhand der Fragestellung, warum sich Patienten mit onkologischen Erkrankungen unkonventionellen Behandlungen zuwenden – oder, übersetzt in die Logik der Beratungsforschung: wie die Beratung von onkologischen Patienten im Entscheidungskonflikt bezüglich unkonventioneller Behandlungen durch Forschungswissen optimiert werden kann.